XIV

Das Geborgene Land, das einstige Königinnenreich Weyurn, Seenstolz, 6491./6492. Sonnenzyklus, Winter.


Weys Mund bewegte sich schnell, ihre Hände zuckten und formten Zeichen, um das drohende Unheil abzuwenden - aber der Zauber, den ihre Tochter beschworen hatte, erreichte sie zu schnell. Sie schloss die Augen und hielt die Luft an. »Mutter!« Coira schrie das Wort hinaus, als sie die Frau von den grellen Flammen umschlossen sah.

Sisaroth hatte sie dazu verleitet, ihren Zauber viel zu unbedacht auf die Reise zu schicken, und prompt eine Katastrophe ausgelöst. Das magische Feuer brannte heiß wie glühende Kohlen.

Coira wollte einen Gegenspruch anwenden, doch sie vermochte nichts anderes zu tun, als in die Lohen zu starren, in denen ihre Mutter gefangen war. Die junge Frau zitterte, die Lippen fühlten sich taub an.

Der Alb war jedoch nicht verschwunden. Er hatte sich unter dem Ball aus Magie weggeduckt und kauerte am Boden. Von dort stach er mit seinem Zweihänder zu, die Spitze schnellte gegen Coiras Kehle.

»Obacht!« Mallenia riss die vor Grauen gelähmte Maga zurück, die Klinge verfehlte sie. Sisaroth setzte sofort nach und wurde nur durch die Schwerter der Ido aufgehalten. Krachend prallte der Zweihänder gegen die Schneiden. »Die Vermisste!« Er lächelte böse und trat ansatzlos nach ihr. »Dieses Mal entkommst du nicht.«

Mallenia wich dem Stiefel aus und ließ sich aufs Bett fallen. »Coira, tut etwas!«, rief sie und sah den Alb auf sich zuspringen. Sie bewunderte die unfassbare Eleganz, die jeder seiner Bewegungen innewohnte. Das hielt sie aber nicht davon ab, seine nächsten Angriffe zu parieren oder ihnen auszuweichen. »Coira, verwünscht!«

Das Flackern auf dem Gang erlosch, das Geräusch eines fallenden Körpers drang schwach ins Zimmer.

Mallenia blickte an Sisaroth vorbei. Königin Wey die Elfte lag als verkohltes, schwelendes Bündel auf den marmornen Platten; die Augen waren weit aufgerissen und bildeten das einzig Weiße in dem ansonsten schwarz verbrannten Antlitz. Die Haut hing aufgeplatzt herab, und die Haare waren von den Flammen verzehrt worden. Doch - hatten sich nicht eben die Augen bewegt? Sie sah genauer hin. »Coira, Eure Mutter lebt noch!«

Der Alb lachte. »Der Tod hat sie nicht vergessen. Freu dich nicht zu früh.« Er warf seinen Zweihänder überraschend nach der Ido und traf sie ausgerechnet an der Stelle in den Oberarm, wo sie vom Nachtmahr gebissen worden war. Die Klinge durchbohrte das Fleisch, als wäre es zarte Butter, und nagelte Mallenia durch den Knochen hindurch an den Schrank.

Aufstöhnend ließ sie ein Schwert fallen, das andere reckte sich nach vorne. »Bei den Göttern, Prinzessin: Tut etwas, oder wir sind Geschichte!«

Coira machte zwei Schritte zur Seite und hielt sich am Türrahmen fest, ihre Augen schauten suchend umher. Sie hatte den Schrecken noch immer nicht verwunden. Sisaroth musterte die Maga, bevor er sich in aller Ruhe Mallenia widmete. Er setzte sich vor sie aufs Bett. »Die Letzte aus dem Geschlecht von Prinz Mallen«, sagte er zufrieden. »Lange hast du uns beschäftigt und uns mit der Jagd viel Vergnügen bereitet. Doch es hat ein Ende.« Er sah kurz auf den Gang und gab jemandem ein Zeichen, den sie nicht sehen konnte. »In deinem Land wirst du vor aller Augen sterben, Mallenia von den Ido. Auf einem Richtblock. Dein blondes Haar wird in dein Blut fallen. Das ist die Strafe für Aufrührerei, Verschwörung und vielfachen Mord.«

»Ich kenne eure Pläne«, antwortete sie in der Sprache der Albae. »Mir machst du nichts vor.«

Sisaroth verzog das Gesicht, als leide er Qualen. »Welch schreckliche Aussprache du hast! Wer unterrichtete dich? Sag mir seinen Namen, damit ich ihn töte.« »Habe ich eine Folter für euch gefunden?« Sie lachte.

Der Alb bewegte sich kaum, es war mehr ein Zucken, und schon bekam sie einen Schlag seiner Faust gegen die rechte Wange, der ihre Knie weich machte. Kaum sackte sie nach unten, schnitt der Zweihänder ihr tiefer ins Fleisch. Es schepperte zu ihren Füßen. Sie hatte nicht bemerkt, dass sie ihr zweites Schwert hatte fallen lassen.

»Sprich nie wieder in meiner Sprache, oder ich reiße dir die Zunge heraus.« Sisaroth öffnete die Schranktür, an der Mallenia hing, und klappte sie auf, damit sie sah, was auf dem Flur vor sich ging: Die Albin stand über Königin Wey gebeugt und setzte ihr die Spitze des Zweihänders in den Rücken! »Ihr Tod heißt Firüsha«, raunte er düster und erregt.

»Das könnt ihr nicht ernsthaft in Betracht ziehen«, sagte die Ido verzweifelt. »Tötet mich, aber lasst sie am Leben. Ihr habt nichts von ihrem Tod.«

»Oh, doch! Die Dankbarkeit des Drachen. Was er nicht wagte, tun wir für ihn.« Sisaroth hob die Hand, seine Schwester nickte.

»Sie hat eine Nachricht zu Lohasbrand gesandt«, stieß Mallenia rasch hervor. »Der Drache wird annehmen, dass ihr nicht nur sie, sondern auch die Orks und den Präses getötet habt. Er wird den Krieg nach Idoslän und in die Albae-Reiche tragen. In alle! Damit wäre euer Vorhaben zunichtegemacht.« Sie schaute auf die stöhnende Herrscherin. »Nur sie kann euch davor bewahren.«

Sisaroths Züge verloren die Überlegenheit.

Die Albin sah ihn an. »Wenn sie die Wahrheit spricht, sollten wir ihr das Leben lassen.« »Weswegen? Damit sie Lohasbrand noch mehr Lügen erzählen kann? Oder in ihrer Quelle neue Macht schöpft und uns für den Überfall zur Rechenschaft zieht?« Sisaroth schien seine Entscheidung gefällt zu haben. »Es ist die Fügung von Samusin und Tion, dass wir nach Seenstolz gekommen sind. Nun ist es an der Zeit, für Bewegung im Gefüge der Mächtigen des Geborgenen Landes zu sorgen. Warum nicht in Weyurn anfangen und den ersten Pfeil abschießen?«

»Ob es die richtige Wahl ist?«, warf Firüsha ein.

»Ja.« Er stand vom Bett auf, dabei zog er seinen Dolch und ging auf den Korridor hinaus. »Und es tut mir in der Seele weh, die Knochen nicht mitnehmen zu können. Eine Vergeudung.« Der Alb kniete nieder und stach der Maga ins Genick. Rasch trennte er ihren Kopf ab, den er achtlos zur Seite schob, um sicherzugehen, dass kein rettender, heilender Zauber mehr Schädel und Körper verband. Sodann hob er die Augen und sah Coira an. »Die Tochter muss der Mutter folgen. Sei auch ihr Tod, Schwester.« Mallenia biss die Zähne zusammen und ließ sich fallen. Die Klinge des Zweihänders durchtrennte das Fleisch, den Knochen; Blut schoss hervor - aber sie war frei. Ihre Finger schlossen sich um den Griff des Schwerts, und sie rannte zur wehrlosen Maga, um sie gegen Sisaroth zu verteidigen. Eine letzte Tat des Widerstandes. Firüsha sprang ihr in den Weg und führte einen Hieb gegen sie, der die Klinge der Ido zerbersten ließ. »Die Waffen der Menschen taugen nichts.« Sie lachte und packte in Mallenias Wunde, drückte zu und schleuderte die Frau rücklings aufs Bett. »Schönes Blut«, sagte sie über die Schulter zu ihrem Bruder. »Wir sollten es nach der Hinrichtung auffangen. Wer weiß, was man damit alles erschaffen kann.« Dann sah sie Coira an. »Süßes Magablut. Das würde jedem Kunstwerk das Besondere verleihen.« Dann seufzte sie bedauernd. »Und wir haben nichts dabei, um es aufzubewahren.« Auf dem Gang erklangen leise Stimmen, die Wache schien sich zu nähern. »Hierher!«, schrie Mallenia. »Überfall!«

Firüsha und Sisaroth lachten gleichzeitig los. Es zeigte überdeutlich, dass sie sich nicht vor den anstürmenden Soldaten in die Flucht schlagen ließen. Bald würden noch mehr Tote im Palast zu beklagen sein.

Der Alb kam auf Coira zu, den blutigen Dolch in der Linken haltend. Er richtete seine Augen auf das Antlitz der verstörten Frau, um ihren Todeskampf genau verfolgen zu können, und stieß zu.

Im gleichen Moment traf ihn ein Helm am Hinterkopf, und Sisaroths Stich ging fehl. Die Klinge jagte ins Holz und brach über dem Heft ab. Rappelnd hüpfte der Helm über den Boden.

Der Alb wirbelte herum und zog seinen zweiten Doppelklingendolch, als er von einer Feuerwolke eingehüllt wurde!

»Feiger Mörder!«, rief jemand wütend. »Einen Nachfahren des Unglaublichen Rodario kann man nicht so leicht töten!« Fauchend schoss die zweite Lohe heran, aber Sisaroth wich ihr dieses Mal aus.

Mallenia hatte die Stimme von Rodario erkannt. »Holt Hilfe!«, rief sie, weil sie nicht annahm, dass der Mann lange gegen die Albae bestehen würde. Firüsha versetzte ihr mit der breiten Klingenseite einen Schlag gegen den Kopf; halb benommen fiel die Ido in die Kissen. Die Albin wollte ihrem Bruder beispringen... ... da wurde sie von einem grellgelben Strahl gegen die Brust getroffen, der ein armdickes Loch durch sie brannte und sie quer durch den Raum zum geschlossenen Fenster hinausbeförderte. Die Scheiben barsten durch den Einschlag der Energie und schmolzen zu glühenden Tropfen. Mehr als ein überraschtes Aufkeuchen hatte Firüsha nicht mehr zustande gebracht.

Mallenia wälzte sich herum und sah Coira, die mit ausgestreckten Armen und klaren Augen im Zimmer stand. »Den Göttern sei Dank«, ächzte sie.

»Wofür? Für den Tod meiner Mutter?«, gab die Maga bitter zurück und eilte hinaus, von wo der Kampflärm drang.

Die Ido war zu schwach, um aufzustehen. Anhand der Geräusche, des Geschreis, des Waffenklirrens und des immer wieder flackernden Leuchtens, gefolgt von Zischen und Fauchen wie bei einem großen Feuer, nahm sie an, dass das Gefecht gegen den letzten Drilling voll entbrannt war. Gleichzeitig spürte sie, dass ihr Lebensfunke erlosch. Der Blutverlust war zu stark.

Ihre Lider flatterten, sie schienen schwerer als ein Amboss zu wiegen, Schmerzen spürte sie keine mehr. Mallenia stemmte sich gegen die Mattheit, doch sie wollte nur mehr die Augen schließen und schlafen, schlafen, schlafen...



Das Geborgene Land, Dsön Bharä, 12 Meilen nördlich von Dsön, 6491./6492. Sonnenzyklus, Spätwinter.


Der Winter hatte bereits deutlich an Kraft verloren, und der Schnee taute von den Hügeln und Wiesen. Es plätscherte und rauschte überall, kleine Bäche schwollen zu reißenden Strömen an, und das letzte Eis verschwand Tropfen um Tropfen. Die Gruppe um Tungdil mit den Zhadär und den Begehrern ritt durch tiefen Morast, Regenschauer durchweichten die Kleider und setzten den Rüstungen zu. Doch sie näherten sich dem ersten Ziel ihrer Reise unaufhalt sam: Dsön, der zweiten Stadt mit diesem Namen und dem Zuhause der Nord-Albae. »Der Kordrion taucht nicht mehr auf«, stellte Ingrimmsch fest. »Ob er die Lust an der Verfolgung verloren hat?«

»Solange die Brut lebt, wird das Scheusal sie suchen«, beruhigte Tungdil ihn. Ingrimmsch seufzte und fand, dass es den Umständen entsprechend eine schnelle Reise gewesen war. Sie verdankten es Hargorin Todbringer, dass sie sich der Hauptstadt des Albae-Reichs bis auf Sichtweite nähern konnten, ohne von einer Patrouille angehalten zu werden; jeder kannte die Schwarze Schwadron und ihren Anführer. Ingrimmsch bemerkte eine Reitergruppe: Albae, die auf Feuerstieren angeritten kamen und lange Lanzen hielten. Da habe ich mich zu früh gefreut. Er grinste. Mal sehen, ob ich etwas zu tun bekomme.

Tungdil sah zu Hargorin. »Lass mich sprechen. Sie werden ohnehin nach der Bedeutung der Standarte fragen.«

Die Albae zugehen die Stiere, ihr Anführer gab einen kurzen Befehl, und sie senkten ihre Spieße. Er selbst ließ sein Reittier drei weitere Schritte nach vorn machen, der Stier schnaubte tief. »Wir dachten, dass du allein reist, Hargorin Todbringer. Aber uns wurde gesagt, dass sich ein Zwerg unter deinen Leuten befindet, der ein ungewöhnliches Wappen führt.« Er sah dabei auf Tungdil. Die hellen Augen erfassten jede Kleinigkeit, jede Rune auf der Rüstung.

Ingrimmsch beobachtete den Alb, dessen langes blondes Haar unter dem Tioniumhelm hervorschaute; es glich einem Kragen um Schultern und Hals. Das Gesicht sah aus wie alle anderen: schön, grausam und mit schwarzen Augenhöhlen. Ich würde ja mal zu gerne einen fetten Alb sehen. Einen fetten, tollpatschigen Alb, der hässlicher als ein Schweineschnauzenweibchen ist und schiefe Zähne hat. Und lispelt. Der Zwerg feixte hinter seinem geschlossenen Visier und ging in der Masse der Schwadron ebenso unter wie Slin, Balyndar und die dreiundzwanzig Zhadär. Die Tarnung musste unbedingt aufrecht gehalten werden. Davon hing der Erfolg ihres Unterfangens ab. »Ich grüße dich, Ütsintas«, sprach Tungdil mit unglaublich tiefer und Respekt einflößender Stimme, wie es Ingrimmsch von seinem Freund noch nie vernommen hatte. Hargorin hatte ihmzuvor den Namen genannt. »Ich bin Tungdil Goldhand, Großkönig der Zwergenstämme des Geborgenen Landes und Angehöriger des Stammes der Dritten.« Ütsintas öffnete den Mund. »So einfach...«

Tungdil redete ganz selbstverständlich weiter. »Bring mich zu den Dsön Aklän. Ich habe mit ihnen zu verhandeln. Jetzt.«

Ütsintas schloss den Mund wieder, was Boindil unter seinem Helm ein weiteres breites Grinsen ins Gesicht zauberte. So ist mit dem Schwarzauge selten umgesprungen worden.

Tungdil lehnte sich auf seinem Pony etwas nach vorne. »Hast du mich verstanden, Ütsintas? Oder ist dir mein Name nicht geläufig? Bist du noch derart jung, dass man dir nichts von dem Zwerg berichtet hat, der das alte Dsön in Schutt und Asche legte?« »Sicher kenne ich diesen Namen...« Der Alb war verunsichert und blickte zur Standarte. »Was hat das zu bedeuten? Weder albisch noch zwergisch, und doch eine Mischung aus beidem...«

»Es bedeutet, dass ich Feldherr und Herrscher gleichzeitig bin. In dem Land jenseits der Schwarzen Schlucht.« Tungdil ließ sein Pony nach vorne marschieren, bis es dem Feuerstier gegenüberstand. Mit ihm auf den Rücken wirkte das kleine Pferd sogar gegen den mächtigen Bullen überlegen, es zeigte keine Furcht vor dem massigen Leib und den Hörnern.

»Du willst wirklich Tungdil Goldhand und von dort zurückgekehrt sein? Wie sollte es dir möglich gewesen sein?« Ütsintas gewann nach und nach seine Fassung zurück. »Die Barriere fiel für wenige Momente, und somit gelang mir die Rückkehr.« Tungdils Gesicht verfinsterte sich. »Jetzt muss ich mit den Dsön Aklän sprechen. Möchtest du, dass ich an dir vorbeireite, oder begleitest du mich und Hargorin Todbringer?« Ingrimmsch hätte am liebsten laut gelacht. Mein Gelehrter macht ihn zu einem Laufburschen.

»Es ist nicht gestattet, dass andere Kreaturen ihren Fuß in den heiligen Krater setzen.« Tungdil lachte gemein. »Ich bin lange vor dir im echten Dsön gewesen, Ütsintas.« Die Schwarze Schwadron fiel in die Heiterkeit ein und beschämte den Alb noch mehr. »Sei derjenige, der den Pakt zwischen den Dritten und deinem Volk mit einer Krone versehen wird.« Er legte wie zufällig seine Hand auf Blutdürsters Griff. »Ich komme nach Dsön. Mit oder ohne deine Begleitung.« Ütsintas starrte in Tungdils Auge, wie Ingrimmsch deutlich sah - und er nickte. »Ich führe dich.« Er sah zu Hargorin. »Er und seine Leute werden auf dich warten.« »Nein. Mir steht eine Garde zu«, widersprach Tungdil. »Dreißig Männer sind das Geringste. Und wage es nicht, mir weiterhin zu widersprechen!«

Der Alb musste wieder lange nachdenken. »Dreißig. Mehr nicht.«

Tungdil bedeutete den Zhadär, Ingrimmsch, Slin und Balyndar, aus dem Tross auszuscheren. »Das sind die Besten, die Hargorin hat. Sie schworen mir auf der Stelle Treue, und sie sollen die Ehre haben, Dsön zu sehen.«

Ütsintas bedachte sie mit warnendem Blick. »Ihr werdet mir folgen und keinen anderen Weg nehmen. Derjenige, der abweicht, wird mit dem Tod bestraft. Das gilt auch für dich, Tungdil Goldhand.« Er wendete den Feuerstier und ritt langsam voran. Tungdil lächelte bösartig. »Du würdest mich nicht töten können.«

Die ausgesuchten Zwerge folgten ihm; Hargorin fiel hinter ihnen zurück und würde an der gleichen Stelle auf sie warten.

Ingrimmsch musste sich sehr beherrschen, um sich nicht mit Slin zu unterhalten. Er fand, dass Tungdil großartig schauspielerte.

Schweigend ging es die letzten Meilen durch eine Ebene zum Krater mit dem zweiten Dsön darin.

Um sie herum erhoben sich grausige Skulpturen und Denkmäler, die gleichermaßen schön wie furchtbar waren. Geformt aus Knochen, verbunden mit Drähten aus Gold, Tionium und anderen Edelmetallen; abgestorbene Bäume waren mit Schädeln behangen worden, und woanders drehte sich etwas im Wind, das Ingrimmsch an Windmühlenflügel erinnerte, aber in sich viel verschobener und wesentlich größer war. Er ahnte, dass es sich bei der Bespannung um Haut handelte. Welche Art von Haut, wollte er nicht wissen.

Je näher sie an das tiefe Loch ritten, desto mehr dieser Kunstwerke reihten sich aneinander, bis es kaum mehr Platz zwischen ihnen gab und sie wie Gewächse aus einem Albtraum aus der Erde ragten. Die Albae hatten großen Spaß daran, die Vergänglichkeit der Natur nachzubilden und sie im Sterben noch düsterer zu machen. Es schlug aufs Gemüt. Ingrimmsch fiel es immer schwerer, nichts zu sagen. Das Grauen um ihn herum lockerte seine Zunge. Er wollte darüber sprechen, sich mit dem Gelehrten unterhalten und hören, was Balyndar und Slin dazu sagten. Doch sie hatten vereinbart, dass eisernes Schweigen gewahrt wurde.

Die Zhadär hatten ihre Anweisungen erhalten: Sie würden unterwegs den Schlitten mit der Kordrionbrut unauffällig in einem Versteck mitten in der Stadt zurücklassen, vielleicht sogar im Palast der Dsön Aklän.

Ob die Herrscher der Albae den Knochenturm wieder errichtet haben?, fragte sich Ingrimmsch. Der alte Turm in Dsön Baisur hatte aus den Gebeinen der getöteten Feinde bestanden, doch hatten die zweihundert Zyklen ausgereicht, eine entsprechende Menge zu horten? Er reckte sich im Sattel, aber er konnte kein Bauwerk erkennen, dass über den Rand des Kraters hinauswuchs.

Als er ein auffälliges Kunstwerk erblickte, musste er an sich halten, um nicht den Krähenschnabel gegen Ütsintas und seine Begleiter zu schwingen; auch unter Slins Helm vernahm er ein entsetztes Stöhnen. An eigens dafür hochgezogenen Mauern waren Wandreliefs abgebildet. Zu sehen waren stets Albae, die gegen ihre Feinde kämpften und sie niederwarfen. Doch während die Albae durch Tionium und Silber lebensgroß modelliert waren, hatten die Schöpfer für die Gegner echte Tote verwendet. So stierte Ingrimmsch auf verrottende Zwergenleichen.

»Es müssen einhundert sein«, rief Balyndar, der sichtlich mit seiner Beherrschung rang. »Dieses Ende ist eines Kindes des Schmieds nicht würdig!«, fuhr er leiser fort. »Zur Ergötzung der Schwarzaugen verschimmeln wie wertlose Orks - das können wir nicht hinnehmen. Sie brauchen eine Bestattung...«

»Still«, befahl Tungdil kaum hörbar. »Bleibt ruhig, oder ihr verderbt ein viel größeres Vorhaben wegen nichtsnutziger Rache.«

Ütsintas wandte sich um. »Einhundert?«, wiederholte er amüsiert; offenbar hatte er den Rest des geflüsterten Wortwechsels nicht mitbekommen. »Der Künstler benötigt jeden viertel Zyklus neue Leiber, um sie gegen die alten auszutauschen. Im Winter bereitet es weniger Schwierigkeiten, weil der Frost das Fleisch haltbar macht. Und auch die Menschen sind nicht das Problem, von denen gibt es mehr als genug. Aber an die Zwergenstämme ist schwierig heranzukommen. Wir ernten in erster Linie bei den Vierten. Sie sind einfacher zu bekommen.«

»Ernten?«, brach es aus Ingrimmsch heraus.

Ütsintas grinste, dieses Mal hatte er den Ruf vernommen. »Es wundert mich, dass ein Begehrer tut, als sei er zart besaitet. Schließlich liefert ihr uns immer wieder Material.« »Er ist mit dem falschen Fuß aufgestanden«, sagte Tungdil. »Ich habe den ganzen Umlauf schon mit seiner Laune zu kämpfen.«

»Wenn du ihn loswerden möchtest...« Der Alb deutete auf das Wandrelief, das sie passierten.

»Ho, ich kann dich zurechtstutzen, dass du hineinpassen würdest, Schwarzauge!«, gab Ingrimmsch zurück. Er hatte nicht übel Lust, dem Alb die Hochgestochenheit auszutreiben.

»Genug!«, herrschte ihn Tungdil an. »Sonst mache ich von Ütsintas Angebot Gebrauch.«

Ingrimmsch bemerkte verwirrt, dass es sehr echt und keinesfalls gespielt geklungen hatte.

Nicht lange darauf erreichten sie die Serpentinen, die hinab in den Krater führten. Boindil stieß einen Laut des Erstaunens aus, als er sah, was sich unter ihm ausbreitete. Er hatte auf den ersten Blick bemerkt, dass die Wände des Lochs steil nach unten abgegraben worden waren und sich ein Durchmesser von geschätzten zwölf Meilen ergab; nach unten ging es sicherlich drei Meilen tief, wenn nicht sogar mehr. Auf dem Boden des Kraterkessels herrschte Schwärze. Die Albae hatten ihn mit etwas bedeckt, das den Anschein erweckte, es ginge noch tiefer hinab. Etwa zweihundert Häuser in den unmöglichsten Formen erhoben sich in exakten Mustern rund um den Berg in der Mitte. Sie hatten schwarzes und weißes Holz verwendet, um die Gebäude zu errichten, und mit den starken Gegensätzen der Farben gespielt. Mal liefen die Dächer spitz zusammen, dann wieder wiesen sie nur eine große Schräge auf, in die Balkone eingelassen waren; andere Häuser erinnerten an sechseckige Türme, und manche wiederum besaßen scheinbar unendlich viele Kanten.

Da würde ich zu gern einen Blick hineinwerfen, dachte Ingrimmsch. Wie sie wohl Stühle, Tische und Schränke zugeschnitten haben? Die Schwarzaugen, die darin wohnen, tragen sicherlich die ganze Zeit über Helme, weil sie sich an den scharfen Ecken stoßen.

Dort, wo sich keine Häuser befanden, hatten die Albae weitere Skulpturen aufgestellt. Ingrimmsch schätzte den Berg auf eine Meile Höhe und zwei in der Breite. Darauf ruhte ein rechteckiger, länglicher Bau aus dunkelgrauem Marmor, über dessen Mitte sich eine Kuppel aus schwarzem Glas wölbte, in der es unablässig glitzerte und schimmerte. Am hinteren Rand des Berges erhob sich ein massiver Turm, sicherlich zwanzig auf zwanzig Schritt von den Ausmaßen und einhundert Schritt in die Höhe ragend. Von seiner Spitze liefen unzählige Drähte weg und spannten sich über die Stadt bis in die Ränder des Kraters.

Was machen sie denn damit?, fragte sich Ingrimmsch. Um Einzelheiten zu erkennen, müsste er näher herankommen.

»Es sieht nicht aus wie das Dsön, das ich kenne. Ihr habt es gewaltig verändert«, sagte Tungdil zu Ütsintas. »Die Häuser scheinen einsam und verloren in dem Krater.« »Es ist ein Anfang«, meinte der Alb. »Es werden wieder mehr von uns sein, wenn die Fünften endlich besiegt sind.«

»Dann säße immer noch der Kordrion im Grauen Gebirge. Er frisst, was er findet«, warf Tungdil ein.

»Mit ihm werden wir rasch fertig. Er soll uns zuerst einmal die lästigen Felsenwühler vom Hals schaffen. Da spart unsere Kräfte.« Ütsintas deutete auf das Gebäude. »Da herrschen die Dsön Aklän.«

»Der Berg war in der alten Stadt höher, und auch der Krater hat sich verändert. Weswegen?«

»Das wirst du den Dsön Aklän fragen müssen. Er entscheidet, ob es dich etwas angeht oder nicht.« Der Alb lenkte den Feuerstier auf den breiten Weg, und ihr Abstieg begann.

Ingrimmsch bemerkte, dass es mit jeder Biegung in den Serpentinen dunkler wurde. Diese Düsternis, welche die Stadt verströmte, drang tief in seine Seele. Die Schwärze des Bodens rührte von vielen kleinen Steinchen her, die als Belag dienten. Er vermutete, dass sie die Abtragungen des Berges in der Mitte dafür zermahlen hatten. Das ersparte ihnen den mühseligen Abtransport über die Serpentinen. Ihr Weg führte sie über eine sehr breite Straße geradewegs auf den Berg und den Palast auf seiner Spitze zu.

Ingrimmsch hätte seinen Freund zu gerne gefragt, wie die Zhadar es bewerkstelligen konnten, die Brut abzulegen. Sie wurden von den Albae gut bewacht. Die finstere Stimmung drohte ihm seinen Mut und seine Zuversicht zu nehmen.

Er hob den Kopf und sah zum Himmel, der ihm unendlich weit entfernt schien. Vraccas, du weißt, dass mir der Aufenthalt unter der Erde nichts ausmacht, aber das hier bereitet mir so viel Unbehagen, dass ich mich am liebsten in die Sonne stellen würde, betete er leise.

Sie ritten an den Kunstwerken vorbei, die zu Ehren Tions und der Unauslöschlichen sowie der alten Bewohner errichtet worden waren, bevor der Stern der Prüfung sie vernichtet hatte.

Wie auf einen lautlosen Befehl hin, neigten Ütsintas und seine Leute vor ihnen die Köpfe. »Zeigt Respekt«, verlangte der Alb von Tungdil und den Zwergen. »Beugt das Haupt.«

»Vor toten Albae?« Dass Tungdil nicht lachte, war alles.

»Vor den Geistern«, entgegnete Ütsintas leise. »Sie sind geblieben, um den Mondteich vor den Elben zu bewachen. Als die Dsön Aklän zurückkehrten, zeigten sich die Geister und verlangten das, was ihr seht, als Gegenleistung für ihre Wacht.«

Zu Ingrimmschs Verwunderung tat es der Gelehrte, und so blieb dem Tross nichts anderes übrig, als falsche Ehrfurcht zu heucheln.

»Ich erinnere mich, dass ich mich damals, als ich ins alte Dsön gekommen bin, um die Stadt niederzubrennen, niemals richtig alleine fühlte«, sagte Tungdil zu dem Alb. »Ich hielt die Geräusche für das Werk des Windes.«

»Es waren Geister«, wiederholte Ütsintas und trieb seinen Feuerstier an. »Beeilen wir uns. Nach Sonnenuntergang empfängt er gewöhnlich niemanden mehr.« Sie ritten bis zum Fuße des Berges. Eine gewaltige Treppe führte nach oben, die ebenfalls in grauem Marmor gehalten war; rechts und links von ihr flössen rote Bäche, alle dreißig Schritt gab es einen kleinen Absatz, auf dem sich jeweils ein Springbrunnen befand. Auch sie waren aus grauem Marmor, und auch in ihnen sprudelte rotes Wasser. Die Feuerstiere und Ponys nahmen eine Stiege nach der anderen, bis sie zwei Drittel des Weges hinter sich gebracht hatten, danach mussten sie absteigen und zu Fuß weitergehen.

Ingrimmsch fand das Treppenlaufen sehr anstrengend, da der Abstand zwischen den Stufen für Albae und nicht für kurzbeinige Zwerge gedacht war. Er konnte nicht umhin zuzugeben, dass die Steinmetzarbeiten, soweit er es beurteilen konnte, exzellent ausgeführt worden waren. Vollkommen, wie man es von Albae erwarten durfte.

Um der Treppe noch mehr Glanz zu verleihen, war jeder zweite Tritt poliert und mit Edelsteinen eingefasst. Hier bestanden die Stufen gänzlich aus durchsichtigem Kristall, sodass sie das rote Wasser darunter sahen.

»Man hat sich Mühe gegeben«, sagte Tungdil. »Auch wenn ich den Turm aus Elbenbein vermisse.«

»Die Dsön Aklän wollten nicht so vermessen sein und sich mit den Unauslöschlichen vergleichen. Das gebührt einzig Kaiser Aiphatön, der sich an einem anderen Ort aufhält.« Ütsintas nahm die letzte Stiege und erreichte das Plateau vor dem Palast. Tungdil folgte ihm, danach kamen Ingrimmsch und der Rest. Sie standen vierzig Schritt vor der riesigen marmornen Fassade des Palastes. Boindil bezweifelte, dass man mit einer Armbrust hoch genug schießen konnte, um das Dach zu erreichen; die dunkle Kuppel flirrte und glitzerte.

»Und welche Art Palast hat der Kaiser sich bauen lassen?«, wollte Tungdil wissen. »Soweit ich weiß, keinen. Mir war es nicht vergönnt, den Kaiser zu besuchen.« Ütsintas führte sie auf das Portal zu, das hinter einer Reihe aus titanischen Säulen lag, die das Vordach stützten.

Ingrimmsch grinste wieder. Du wirst nicht hindürfen, weil es die Schwarzaugen aus dem Süden nicht zulassen, dachte er. Schlagartig erwuchs in ihm die Einsicht, dass die Patrouillen nicht wegen des gauragarischen Widerstandes durch Dsön Bharä ritten, sondern um die ungeliebte Verwandtschaft auf Abstand zu halten. Ich gehe jede Wette ein, dass noch kein einziger der Süd-Albae in dem Krater gewesen ist.

Die Albae hatten die Vorliebe für den Einsatz von Knochen jeglicher Art doch nicht ganz verloren. Die Zwerge sahen, dass die unterschiedlichsten Gebeine an den Wänden angebracht waren und ein faszinierendes Muster schufen, das die Augen des Betrachters unweigerlich zum Portal zwang. Der Beschlag dieses Portals, welches sieben Schritt hoch und vier breit war, bestand aus zerschnittenen Beinscheiben, die akribisch genau angeordnet worden waren; aus den Lücken ragten knöcherne Gesichter hervor. Sämtliche Rassen des Geborgenen Landes waren unter den Schädeln vertreten, außer den Albae.

Vier Wächter standen vor dem Eingang und öffneten ihn für die Besucher. Dahinter erstreckte sich ein hoher, dunkler Gang, dessen Wände mit karmesinroten Stoffbahnen verkleidet waren. Keine grausigen Bilder, keine Gebeine, nichts, was einem Schauder über den Rücken sandte.

Hm, anders als erwartet. Leidlich verwundert marschierte Ingrimmsch hinter Tungdil und Ütsintas her, der ihnen nach mehreren Gangbiegungen vor einer schwarzen Tür das Anhalten befahl.

»Ich lasse den Dsön Aklän wissen, wer hier ist und was er möchte.« Ihr Führer pochte gegen das Holz, gleich darauf wurde ihm von einem Alb in einer Robe geöffnet, und er verschwand im Raum hinter der Tür.

Ingrimmsch hielt es nicht länger aus. Er schob sein Visier nach oben. »Ich fasse es nicht!«, sagte er gedämpft und wischte sich den Schweiß aus dem Gesicht. Der Aufstieg hatte ihm warm werden lassen. »Ich stehe mitten im Reich der Schwarzaugen!« Tungdil ließ sein Visier mit einer raschen Bewegung nach unten schnappen. »Kein Wort. Sie könnten uns beobachten.«

Ingrimmsch schob es wieder nach oben. »Aber mir steht die Zunge in Flammen, wenn ich nicht gleich...«

»Wirst du wohl endlich schweigen!«, schnaubte Balyndar und versetzte ihm einen Stoß; das Visier schloss sich klackend. »Er wird uns ins Verderben stürzen, weil er schwatzen muss!«

»Schubs mich noch einmal, Fünfter, und...«

Ütsintas erschien und führte sie durch eine zweite, dunkelrote Tür. Dort wurden sie von sieben Albae in langen schwarzen Roben in Empfang genommen. Dass sie sich in der Unterzahl befanden, falls es zu einem Kampf kommen sollte, störte die Albae wohl nicht weiter. Sie ließen Tungdil mitsamt seiner Eskorte zum Herrscher von Dsön vor. Die Zwerge rückten in die vollständig schwarze Halle ein, in der blaue Flämmchen in Feuerschalen loderten. Von der Decke hingen dunkelrote Stoffbahnen herab, es roch nach verbrannten Gewürzen.

Sie hielten auf einen erhöht gebauten Thron zu, der einen Überwurf aus weißem Samt trug, was den gerüsteten, schwarzhaarigen Alb, der darauf saß, besonders hervorhob. Er hielt einenweißen Fächer in der rechten Hand und schirmte sein Antlitz unterhalb der Augen gegen ihre Blicke ab.

Ich könnte sie nummerieren, damit ich nicht durcheinanderkomme, dachte Ingrimmsch feixend hinter seinem Visier.

Tungdil blieb stehen und deutete eine Verneigung an. »Ich bin...«

»Ich weiß, wer du bist«, fiel ihm der Alb unverzüglich ins Wort. »Wenn du auch einen anderen Namen trugst.«

Ingrimmsch schluckte. Ein ungutes Gefühl brachte die Härchen auf seinen Armen dazu, sich aufzurichten. Er spähte zum Ausgang und packte den Griff des Krähenschnabels fester.

Der Alb erhob sich geschmeidig und kam die vier Stufen herab. »Ich habe nicht daran geglaubt, dich jemals wieder zu sehen.«

Tungdils Augen verengten sich. Boindil merkte ihm an, dass er sich zu erinnern versuchte.

»Wie lange ist es her? Zweihundert Zyklen?« Der Alb senkte den Fächer und lächelte den Einäugigen freundlich an. Am Hals hatte er eine schmale Wunde wie von einem Bolzen, auf seiner Wange war eine Narbe zu sehen.

»Tirigon!« Tungdil strahlte und öffnete die Arme weit.

Dann geschah das aus Ingrimmschs Sicht Ungeheuerliche: Der Alb beugte sich nach unten und drückte den Gelehrten wie einen sehr guten Freund kurz an sich, und beide lachten. »Soll ich dich Balodil nennen, oder belassen wir es bei Tungdil?« Der Zwerg hinter Ingrimmsch stieß ein lautes Schluchzen aus. Verwundert wandte er sich um. Es musste einer der Zhadär sein, der dieses merkwürdige und unangebracht rührselige Verhalten zur Schau stellte. »Sei gefälligst still«, raunte er und hob dabei sein Visier etwas an, damit ihn der andere auch verstand. »Der Gelehrte macht das schon.« Und noch während die Worte seinen Mund verließen, befiel ihn Unsicherheit. Die Vertrautheit, mit der sich Tungdil und der Alb begegneten, wie sich die düsteren Gestalten in die Welt des Bösen einfügten, das alles rüttelte die zugeschütteten Zweifel in Ingrimmsch wach.

Der Zhadär gab einen gurgelnden Laut von sich, dann nickte er.

Ingrimmsch wandte sich nach vorn und beobachtete, wie sich Tungdil und der Alb nochmals die Hände reichten und bereits in ein Gespräch versunken schienen. Anscheinend kannten sie sich aus der Zeit in der Schwarzen Schlucht.

Er wollte gerade überlegen, wie es dem Schwarzauge gelungen war, die Barriere vor Tungdil zu durchbrechen, da wurde Ingrimmsch schlecht: Er erinnerte sich unvermittelt daran, wann er den Namen Tirigon zum letzten Mal vernommen hatte: Sie standen einem ebenso legendären wie verdorbenen Alb gegenüber, der die letzten Elben des Geborgenen Landes ausgerottet hatte. Wie er wohl handeln wird, wenn sich einer aus unserer Gruppe verrät?

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