Den 15. September werden wir nie vergessen. An diesem Tage durchstießen wir die Wolkendecke der Venus.
Der geheimnisvolle Schleier, der die Oberfläche des Planeten verborgen hielt, ist nun gelüftet.
Das, was unter dichten Wolken versteckt war und dem menschlichen Auge vor noch so kurzer Zeit als unerreichbar galt, bot sich unseren Blicken dar, und die Kamera hielt alles im Bild fest.
Wir näherten uns der Venus am 14. September etwa um zwölf Uhr. Der Planet, der uns anfangs als eine schmale Sichel erschien, vergrößerte sich schnell und zeigte sich uns gegen zwanzig Uhr in seiner vollen Phase. Die sonnenbeschienene Venus leuchtete wie ein schneeiger Berggipfel an einem klaren, sonnigen Tag auf der Erde. Es waren noch etwa zwei Millionen Kilometer bis zur Venus, und ihre sichtbare Fläche wirkte fast genauso groß wie die des Mondes, wenn wir ihn in der Vollmondphase sehen.
Mit bloßem Auge konnte man erkennen, daß die Oberfläche des Planeten dicht bedeckt war mit weißen Wolken.
Vor dem Hintergrund des schwarzen, sternenbesäten Himmels sah die schneeweiße „Schwester der Erde“ märchenhaft schön aus. Ich klebte förmlich an meinem Fenster, außerstande, mich von diesem Anblick loszureißen, und machte eine Farbfilmaufnahme nach der andern.
Am 15. September um sieben Uhr morgens befahl uns Kamow, die Helme aufzusetzen, und schaltete die Motoren zum Bremsen ein.
Ich hörte das bekannte Getöse, jedoch nicht so stark wie beim ersten Male. Durch die Fensterscheiben drang der Widerschein einer Flamme.
Wieder sein Gewicht zu spüren, war angenehm, aber es trat auch genau das ein, was Kamow vorausgesagt hatte.
Die Bewegungen waren gehemmt, und der Körper kam einem schwerer vor, als er war. In vierundsiebzig Tagen war uns die völlige Schwerelosigkeit zur Gewohnheit geworden.
Die Venus, deren Scheibe indessen ungefähr die zehnfache Größe des Vollmondes angenommen hatte, lag direkt unter uns, und das Schiff stürzte aus einer Höhe von vierzigtausendsechshundert Kilometern mit der ungeheuren Geschwindigkeit von achtundzwanzig Kilometern in der Sekunde auf sie hinunter. Die Bremswirkung der Motoren setzte diese Geschwindigkeit langsam, aber stetig herab.
Der Abstieg dauerte siebenundvierzig Minuten. In dieser Zeit verließ ich mein Fenster nur, um die automatischen Filmapparate, die den näher kommenden Planeten im Bild festhielten, zu überprüfen und den Film auszuwechseln.
Der Planet rückte näher.
Nach zwanzig Minuten hatte sich die Geschwindigkeit des Schiffes auf sechseinhalb Kilometer in der Sekunde verringert, und wir waren auf eine Entfernung von vierzehntausend Kilometern herangekommen.
Die Venus nahm nun fast den ganzen sichtbaren Himmelsraum ein. Aus dieser Entfernung schien sie nicht mehr so blendend weiß. Deutlich zeichneten sich Schatten zwischen den einzelnen Wolkenmassiven ab. Ich sah durch ein starkes Fernglas, bemüht, wenigstens einen Spalt in dieser zusammengeballten Masse zu entdecken, aber ich fand keinen. Die Wolkendecke war offenbar sehr stark.
›Sollten Kamows Befürchtungen wirklich zutreffen und die Wolken bis an die Oberfläche des Planeten hinunterreichen?‹ dachte ich. Wie ärgerlich, wenn wir gar nichts zu sehen bekämen! Aber was könnte es überhaupt zu sehen geben? Wie Belopolski sagte, vermuteten die Gelehrten auf der Venus nur Meere und sumpfiges Festland. Inzwischen hat sich herausgestellt, daß das Vorhandensein einer Vegetation so gut wie sicher sei. Vielleicht sehen wir, wenn wir die Wolkenschicht durchstoßen, ein blühendes, bewohntes Land, große Städte, bebaute Felder, Schiffe auf einem Meer. Was für ein Anblick wird sich uns in wenigen Minuten wohl bieten?
Ich war sehr erregt, und meine Gefährten empfanden das gleiche wie ich. Selbst der unerschütterliche Kamow gestand mir später, daß ihn die gleichen Gedanken bewegt hatten wie mich. Zum ersten Male in der Geschichte standen Menschen im Begriff, in das Geheimnis einer andern Welt einzudringen. Auf dem Mond war man zwar schon gewesen, doch hatte man dort von vornherein gewußt, daß einem eine tote Welt ohne jedes Leben begegnen würde, während wir hier vor einem noch ungelösten Rätsel standen. Damals handelte es sich um den kleinen Begleiter der Erde, den man bereits genau erforscht hatte, jetzt aber um einen Planeten, der, fast so groß wie der unsere, noch voller Geheimnisse war.
Es vergingen wieder fünfzehn Minuten, und die Entfernung oder, genauer gesagt, die Höhe schmolz auf fünftausend Kilometer zusammen. Die Geschwindigkeit des Schiffes fiel bis auf siebeneinhalb Kilometer in der Sekunde und nahm immer noch ab. Nach weiteren zehn Minuten war das Schiff dem Planeten bereits so nahe, daß ich die Wolkendecke nicht mehr ganz überblicken konnte.
In diesem Augenblick brach Kamow das Schweigen, das während des Abstiegs geherrscht hatte.
„Konstantin Jewgenjewitsch“, sagte er, „stellen Sie die Entfernung zur oberen Wolkenschicht fest!“
„Hundertfünfundsechzig Kilometer“, antwortete Belopolski prompt.
„Nach dem Funkscheinwerfer beträgt die Entfernung zur Oberfläche des Planeten hundertsiebenundsiebzig Kilometer“, sagte Kamow. „Demnach liegt die obere Grenze der Wolkendecke in zwölf bis dreizehn Kilometer Höhe.“
Der entscheidende Augenblick rückte heran. Die Geschwindigkeit des Schiffes hatte sich so weit verringert, daß die Entfernung von hundertsechzig Kilometern, die wir vor kurzem noch in fünfeinhalb Sekunden zurückgelegt hatten, bereits zum Manövrieren ausreichte.
Kamow drückte auf einen Knopf. Von meinem Fenster aus sah ich, wie sich aus der Bordwand des Schiffes langsam eine breite Tragfläche herausschob. Die gleiche Tragfläche erschien auch auf der andern Seite. Nach wenigen Augenblicken umschloß uns die Wolkendecke des Planeten. Wir befanden uns in dichtem Nebel. Ich vernahm deutlich, wie die Motoren kurz verstummten und wieder einsetzten. Statt zu bremsen, trieben sie uns nun vorwärts. Unser Schiff, das sich in ein Düsenflugzeug verwandelt hatte, sank tiefer und tiefer.
Belopolski verließ seinen Platz und stellte sich ans Pult.
Kamow ließ kein Auge vom Periskop, und Belopolski begann die Flughöhe abzulesen, die der Funkscheinwerfer anzeigte: „Neun Kilometer! … Achteinhalb! … Acht! …
Siebeneinhalb!“
Der dichte milchige Nebel war immer noch undurchdringlich. „Sieben! … Sechseinhalb! … Sechs!“
Mein Herz klopfte zum Zerspringen. Nur noch sechs Kilometer trennten uns von dem fremden Planeten, auf den noch keines Menschen Blick gefallen war. Würden diese verflixten Wolken denn niemals aufhören?
„Fünfeinhalb! … Fünf!“
Ich fühlte, daß das Schiff die Richtung änderte. Nach dem senkrechten Sturzflug flogen wir nun fast waagerecht.
„Unendlichkeit!“ las Belopolski ab.
Vor uns waren also keine hohen Berge.
„Richten Sie den Funkscheinwerfer auf die Venus“, sagte Kamow.
„Vier!“ verkündete Belopolski. „Dreieinhalb! … Drei!“
In diesem Augenblick ertönte die Klingel des Filmapparates, das Zeichen dafür, daß der Film zu Ende ging. Aufspringen und das Band auswechseln war Sache von Sekunden! Trotzdem verpaßte ich den Augenblick, da wir aus den Wolken hervorstießen.
Belopolski hatte eben „Anderthalb!“ verkündet, als Kamow den Kopf wandte und leise sagte: „Die Venus!“
Ich stürzte zu dem einen Fenster, Belopolski zum andern. Unter uns breitete sich, so weit das Auge reichte, eine wildbewegte Wasserfläche. Aus tausendfünfhundert Meter Höhe waren die langen Wogenkämme mit den weißen Schaumkronen deutlich zu sehen. Offenbar wehte ein starker Wind. Von Festland sah man keine Spur. Ob das da unten ein See oder ein großer Ozean war, und ob es überhaupt festes Land gab, wußten wir natürlich nicht. Über uns war ein bleierner Himmel — eine dichte Wolkendecke — › unter uns ein bleiernes Meer und dazwischen trübes Zwielicht, das dieses düstere Panorama beleuchtete. Wir befanden uns über der Tageshälfte der Venus, aber der Beleuchtung nach hätte es eher Abend sein können. Die zehn Kilometer dicke Wolkenschicht ließ das Sonnenlicht nur spärlich durch. Wenn wir trotzdem etwas sahen, so hatten wir das lediglich der Sonnennähe des Planeten zu verdanken. Bei uns auf der Erde wäre es unter solchen Bedingungen völlig dunkel gewesen.
Über uns und um uns zuckten auf allen Seiten bis zum Horizont fast ununterbrochen Blitze. Donnerschläge krachten von elementarer Gewalt. Schwarzen Wänden gleich strömte Regen herab und vereinigte über riesige Strecken hin Himmel und Meer.
Das Schiff flog jetzt horizontal in tausend Meter Höhe mit einer Geschwindigkeit von etwa siebenhundert Stundenkilometern. Kamow mußte alle Augenblicke die Richtung ändern, um den mächtigen Gewitterwolken auszuweichen, die sich uns nacheinander in den Weg stellten.
Nachdem wir vierzig Minuten so geflogen waren, sahen wir uns gezwungen, eine dieser Fronten am Rande zu durchbrechen, und konnten uns mit eigenen Augen davon überzeugen, daß solche Gewitter, wie die auf der Venus, auf der Erde niemals vorkommen.
Der fremde Planet bereitete den ungebetenen Gästen nicht gerade einen liebenswürdigen Empfang. Das Schiff schien in einem Meer zu versinken. Eine einzige Wassermasse umschloß uns von allen Seiten. Es wurde stockfinster. Pausenlos zuckten Blitze auf, getrübt von der dichten Wasserwand, und unaufhörlich dröhnten Donnerschläge, in deren Lärm das Geräusch unseres Motors völlig unterging.
Zum Glück dauerte alles nur eine Minute. Das Schiff durchstieß die Gewitterfront und ließ sie als düstere, schwarze Wand zurück.
Unsere Flughöhe hatte sich inzwischen erheblich verringert. Es waren nicht mehr als dreihundert Meter, die uns noch vom Meeresspiegel trennten. Durch die schweren Wassermassen, die sich über das Schiff ergossen, hatten wir ganze siebenhundert Meter an Höhe eingebüßt. Wären wir der Gewitterfront nicht so schnell entronnen, so hätte es leicht passieren können, daß wir im Meer gelandet wären.
Es wurde etwas heller, die Sicht besserte sich. Ich nutzte die Gelegenheit, um einige Aufnahmen vom Ozean der Venus zu machen.
Daß es kein See, sondern ein Ozean war, zeigte sich immer deutlicher. Wir flogen schon fast zwei Stunden, aber nirgends ließ sich auch nur die Andeutung einer Küste entdecken.
Vor uns tauchte wieder eine breite schwarze Wand auf.
Diese Gewitterfront war so groß, daß es unmöglich war, daran vorbeizukommen. Würde Kamow noch einmal das Wagnis von vorhin unternehmen? Nein, er unternahm es nicht! Unser Schiff stieg steil empor. Eine Minute später flogen wir wieder in milchigweißem Nebel, und das mit unheimlicher Kraft tobende Gewitter blieb unter uns.
„Ein überwältigender Anblick!“ sagte Paitschadse. „Der Planet ist voll junger, unverbrauchter Kräfte. Solche Gewitter hat es auch einmal auf der Erde in ihrem frühen Entwicklungsstadium, vor vielen Millionen Jahren, gegeben. Jetzt bin ich fest davon überzeugt, daß auf der Venus einst Lebewesen existieren werden.“
Wir hatten die Helme längst abgenommen. Der Atmosphärenmotor arbeitete verhältnismäßig leise, so daß man sich mühelos unterhalten konnte.
„Existieren werden?“ fragte ich gedehnt. Insgeheim hatte ich immer noch gehofft, wir würden schon jetzt Leben entdecken; dabei sprach mir Arsen Georgijewitsch von ferner Zukunft.
„Sie hätten wohl gern gesehen, daß es auf diesem herrlichen Planeten schon jetzt Leben gibt?“ fragte er mich.
„Gut, ich will Ihnen entgegenkommen. Es ist durchaus möglich, daß im Meerwasser bereits ganz primitive Organismen entstanden sind. In Millionen Jahren werden sich aus ihnen verschiedene Formen der Tierwelt entwickeln.“
„Warum nur ganz primitive?“ versetzte ich. „Vielleicht sind jetzt schon irgendwelche Ichthyosaurier oder Brontosaurier vorhanden.“
„So suchen Sie sie doch!“ meinte er. „Sehen Sie zu, daß Sie sie mit Ihrer Kamera einfangen.“
„Ich werde es versuchen, sobald Sergej Alexandrowitsch tiefer geht.“
Kamow war inzwischen schon mehrmals heruntergegangen, aber immer wieder aufgestiegen, weil wir das Gewitter noch immer nicht überflogen hatten. So vergingen anderthalb Stunden. Endlich erblickten wir die Oberfläche des Planeten von neuem. Unter uns lag immer noch der Ozean.
„Es muß hier Kontinente oder Inseln geben“, meinte Belopolski. „Der Planet hat zweifellos eine Vegetation, anders läßt sich das Vorhandensein freien Sauerstoffs nicht erklären. Wir werden bestimmt noch Festland sehen.“
Eine Stunde nach der andern verging, aber der Ozean blieb immer derselbe. Das Schiff flog in diese und in jene Richtung, stieg empor und ging wieder tiefer. Kamow manövrierte hin und her, um den zahlreichen Wolkenbrüchen auszuweichen, deren fürchterliche Gewalt wir bereits verspürt hatten.
Unverwandt blickte ich durch mein Fernglas auf die schäumende Oberfläche des Ozeans, in der Hoffnung, wenigstens eine Spur von Leben zu entdecken — aber vergebens. Weder im Wasser noch in der Luft regte sich Leben.
Ich schraubte das stärkste Objektiv auf meinen Apparat und fotografierte den Ozean der Venus Dutzende von Malen. Es konnte ja sein, daß auf einem der Bilder sichtbar wurde, was meinem Auge verborgen blieb.
Wir hatten etwa fünftausend Kilometer zurückgelegt, als das Schiff gegen Ende der achten Stunde schließlich einen Küstenstreifen überflog. Das Wasser wurde von Wald abgelöst. Er war genauso endlos wie der Ozean. Eine dichte Pflanzendecke breitete sich nach allen Seiten bis zum Horizont aus. Aber die Pflanzen waren nicht grün wie auf der Erde, sondern hatten Schattierungen von Orangefarben bis Rot.
Kamow ging noch tiefer. Wir sahen riesige Bäume. Sie standen so dicht beieinander, daß wir bei unserer Geschwindigkeit von zweihundert Metern in der Sekunde unmöglich erkennen konnten, was unter ihnen vorging.
Ich stellte den Filmapparat auf die höchste Aufnahmegeschwindigkeit ein und richtete das Objektiv senkrecht nach unten. Außerdem machte ich mit der Kamera ungefähr hundert Aufnahmen, wobei ich die kürzeste Belichtungsdauer wählte, die der Verschluß hergab. Mehr war nicht zu machen. Kamow konnte die Geschwindigkeit nicht herabsetzen, ohne zu riskieren, daß sich das Schiff in den Boden bohrte.
„Schade, daß wir nicht auf der Venus landen“, meinte ich.
„Wo denn?“ fragte Kamow kurz.
In der Tat, zum Landen war nirgends Platz. Der Wald stand dicht wie eine Mauer und zeigte nicht eine einzige Lichtung. Es war ein Urwald, wie ihn wohl auch die Erde in der Steinkohlenformation gekannt hatte. Welche Baumarten mochten darin vertreten sein? Glichen sie denen auf der Erde? Ich hoffe, meine Aufnahmen werden uns darüber Aufschluß geben.
Gegen Ende der neunten Flugstunde erblickten wir einen gewaltigen Fluß, dessen Ufer ebenfalls dicht bewaldet waren. Offenbar mündete er in den Ozean, den wir vor kurzem überflogen hatten.
Kamow wendete und flog längs des Flußbettes weiter.
Da die Gewitter uns gerade eine Ruhepause gönnten, ging er bis auf hundert Meter hinunter. Paitschadse gesellte sich zu mir, und wir fotografierten zu zweit das nahe Ufer.
Wenn es auf dem Planeten überhaupt Vertreter der Tierwelt gab, dann mußten sie hier anzutreffen sein.
Der Fluß war etwa vier Kilometer breit. Auf seiner glatten Oberfläche schwammen zahlreiche Bäume, die wohl von Stürmen entwurzelt worden waren. Anfangs hielt ich sie für schwimmende Tiere, aber schon bald merkte ich, daß ich mich geirrt hatte.
Im Wasser des Flusses spiegelte sich unser Schiff samt seinen Tragflächen und dem grellroten Feuerschweif hinter seinem Heck.
Manchmal sahen wir schmale Nebenflüsse, die aus dem Waldesdickicht hervorströmten. Nur einmal passierten wir einen Arm von etwa einem Kilometer Breite. Von Leben war jedoch auch hier nirgends eine Spur.
Allmählich wurde der Fluß schmaler. Bald sahen wir, daß wir uns einem hohen Gebirgskamm näherten, dessen Gipfel in die Wolken hineinragten. Mit dem Funkscheinwerfer stellten wir fest, daß die Höhe des Gebirges siebentausend Meter betrug. Wie seine Gipfel beschaffen waren, sollte für uns ein Geheimnis bleiben. Das Schiff überflog sie in zehntausend Meter Höhe.
Das Überqueren des Gebirgskammes verschaffte uns einen unerwarteten und überwältigend schönen Anblick. Der bereits gewöhnte milchigweiße Nebel teilte sich plötzlich.
Wir flogen zwischen zwei Wolkenbergen. Über dem Schiff wölbte sich wieder der dunkelblaue Himmel, an dem die gleißendhelle Sonne strahlte, die hier entschieden größer war, als von der Erde aus gesehen.
Unwillkürlich stießen wir Rufe des Entzückens aus, aber das in seiner Schönheit so ergreifende Bild verschwand ebenso schnell, wie es aufgetaucht war. Das Schiff flog von neuem in eine Wolke. Wieder ballte sich vor den Fensterscheiben dichter Nebel. Wir gingen tiefer. Die Berge lagen nun weiter hinter uns. Unter uns war erneut ein Ozean.
Das Schiff hatte eine Strecke von fast achttausend Kilometern zurückgelegt, als wir bemerkten, daß es dunkler wurde. Offenbar ging der Tag auf dieser Venushälfte zur Neige, und wir flogen in den Bereich der Nacht hinein.
Kamow wandte sich an die beiden Astronomen. „Wie steht es mit Ihrem Pensum?“ erkundigte er sich.
„Alles erledigt!“
„Haben Sie Luftproben entnommen?“
„Ja, vier.“
Wir nahmen tatsächlich Luft von der Venus mit. In die Schiffswände sind hermetisch abgeschlossene luftleere Platinkästchen eingebaut mit kleinen Löchern, die sich elektrisch öffnen und schließen lassen. Vier dieser Kästchen sind jetzt mit Luft von der Venus gefüllt. Auf der Erde soll diese Luft analysiert werden.
„Wie sieht es bei Ihnen aus, Boris Nikolajewitsch?“
fragte midi Kamow.
„Ich habe rund dreihundert Aufnahmen gemacht, die Kinofilme nicht gerechnet.“
Eine Zeitlang schwieg Kamow. Dann sagte er leise mit unterdrückter Erregung: „Das Schiff verläßt die Venus!“
Wie rasch waren diese unvergeßlichen Stunden verflogen! Ich warf einen letzten Blick auf den Planeten, den wir nun verlassen sollten.
Kamow stellte den Motor ab, der in Betrieb war, und schaltete die anderen ein. Vom Heck her ertönte mächtiges Getöse. Das Raumschiff zog die Tragflächen ein und jagte mit zunehmender Geschwindigkeit in die Höhe.