Morgen ist es so weit!
Genau um zehn Uhr vormittags wird das von Kamow gesteuerte Weltraumschiff die Erde verlassen …
Wer hätte gedacht, daß ich ihn begleiten werde!
Viel Wundersames erwartet uns auf der weiten Reise.
Wird es mir gelingen, all denen, die nicht dabei waren, ein lebendiges Bild davon zu vermitteln? Es muß mir gelingen, denn der Zweck meiner Teilnahme an der Expedition ist es ja, alles, was wir sehen und erleben, mit Bleistift, Fotoapparat und Filmkamera festzuhalten. Das Tagebuch, das ich heute beginne, wird mir später, wenn ich nach siebeneinhalb Monaten wieder zur Erde zurückgekehrt bin, als Grundlage für ein Buch über den Flug dienen.
Fange ich also ganz von vorn an …
Am 29. April, es sind nun gerade zwei Monate her, ließ mich unser Chefredakteur zu sich rufen.
Als ich eintrat, bat mich der Chef, Platz zu nehmen.
„Wir wollen Ihnen vorschlagen“, sagte er, „an einer etwas ungewöhnlichen Reise teilzunehmen …“ Er sah mich an, und da er merkte, daß ich antworten wollte, fuhr er rasch fort: „Es handelt sich um eine Expedition, die mit Gefahren verbunden ist.“ Die letzten Worte des Chefs ließen mich aufhorchen.
„Gefahren schrecken mich nicht“, erwiderte ich. „Je ungewöhnlicher eine Aufgabe ist, desto interessanter ist sie.“
„Ich wußte, daß Sie so antworten werden“, sagte der Chef. „Sie sind jung und gesund. Außerdem sind Sie ein tüchtiger Journalist und verstehen mit Fotoapparat und Filmkamera umzugehen. Gerade auf diese Eigenschaften kommt es an. Ich werde aber nicht auf Ihre Zusage dringen. Sie haben das Recht, abzulehnen.“
„Was es auch sein mag, ich denke nicht daran, abzulehnen“, entgegnete ich.
Er sah mich an mit einer Miene, die ich im Augenblick nicht zu deuten wußte, und lächelte. „Um so besser“, meinte er. „Wer Kamow ist, werden Sie wohl wissen?“
Bei dieser Frage fuhr ich zusammen. Kamow? Der Konstrukteur und Kommandant des ersten Raumschiffes der Welt? Der Mann, der bereits zweimal die Erde verlassen hat? Hatte ich mich auch nicht verhört?
„Natürlich“, antwortete ich. „Wer kennt ihn nicht!“
›Also darum hat er die Expedition als gefährlich bezeichnet‹, dachte ich. Der Name Kamow ließ keinen Zweifel daran, daß es sich um einen Flug ins Innere des Sonnensystems, vielleicht gar auf einen Planeten, handelte. Wer von uns hat nicht schon davon geträumt, eine solche Reise zu unternehmen? Aber es ist doch wohl ein Unterschied, ob man nur davon träumt, oder ob man plötzlich zu einer solchen Reise aufgefordert wird.
„Wenn Sie wollen“, sagte der Chef, „können Sie an seiner Expedition teilnehmen.“
„Wohin, wenn ich fragen darf?“
„Das entzieht sich meiner Kenntnis. Wenn Sie zusagen, erfahren Sie alles Weitere von Kamow selbst.“
„Warum machen Sie dieses Angebot gerade mir?“
„Weil Sie der geeignete Mann zu sein scheinen.“
Alles das war für mich so überraschend, daß ich erst einmal meine Gedanken sammeln mußte.
„Gestatten Sie, daß ich Ihnen die Antwort morgen gebe?“
„Übereilen Sie sich nicht!“ warnte der Chef. „Solch ein Angebot will reiflich überlegt sein. Sie könnten sonst Ihren Entschluß später bereuen.“
Am nächsten Morgen sagte ich dem Chef, ich sei bereit, mitzufliegen, wohin es auch immer gehe.
„Ich habe keinen Augenblick daran gezweifelt!“ gab er mir darauf zur Antwort.
Mit verständlicher Erregung drückte ich am Abend desselben Tages auf den Klingelknopf an Kamows Wohnungstür. In wenigen Augenblicken sollte ich dem Mann gegenüberstehen, der als erster in der Geschichte der Menschheit die Erde verlassen und den Weg in die endlose Weite des Weltraumes gebahnt hatte.
Mir öffnete Kamows Frau, Serafima Petrowna Kamowa.
„Sergej Alexandrowitsch erwartet Sie schon“, sagte sie, als ich ihr meinen Namen genannt hatte.
Dann trat ich in das Arbeitszimmer des berühmten Astronautikers.
Ich hatte Kamow vorher noch nicht gesehen, erkannte ihn aber sofort, als er sich hinter seinem Schreibtisch erhob, um mich zu begrüßen. Er sah genauso aus, wie ich ihn mir nach zahllosen Fotografien vorgestellt hatte: ein etwas schwerfällig wirkender mittelgroßer und breitschultriger Mann mit ruhigen, sicheren Bewegungen. Seine ganze Erscheinung ließ auf einen starken Charakter und einen unbeugsamen Willen schließen. Am stärksten beeindruckten mich seine Augen, die unergründlich tief schienen und eine große Ruhe ausstrahlten. Über der hohen Stirn wellte sich weiches stahlgraues Haar. Das Gesicht mit den allzu dichten Brauen und dem ein wenig massiven Unterkiefer war nicht gerade schön, wohl aber energisch und kühn.
Kamow schüttelte mir kräftig die Hand und sagte: „Ich freue mich, Sie kennenzulernen, Genosse Melnikow.“ Er forderte mich auf, in einem Sessel Platz zu nehmen, und ließ sich mir gegenüber nieder.
„Machen wir uns also näher miteinander bekannt“, schlug er vor. „Zunächst — wie alt sind Sie?“
„Siebenundzwanzig.“
„Ihrem Aussehen nach hätte ich Sie jünger geschätzt“, meinte Kamow. „Wo sind Sie denn so braun geworden?
Ihr Haar ist ja ganz weiß im Vergleich zu Ihrem Gesicht!“
Ich erzählte ihm von meiner zweimonatigen Reise durch Kasachstan, von der ich erst vor zwei Tagen zurückgekehrt war.
„Und nun wollen Sie sich schon wieder auf den Weg machen?“ fragte er lächelnd. „Sie sind also fest entschlossen, mitzufahren? Haben Sie es auch gut überlegt? Sie wissen doch noch gar nicht, wohin die Reise geht.“
„Stimmt schon“, gab ich zu, „das Ziel der Expedition ist mir nicht bekannt, aber allein Ihr Name sagt mir, daß ich es nicht auf der Erde zu suchen habe. Wenn es Ihnen nur recht ist, daß ich mitfahre — mein Entschluß steht fest,“
„Und wie ist Ihre Gesundheit? Man wird Sie einer strengen Untersuchung unterziehen.“
„Davor habe ich keine Angst. Ich wurde erst im vorigen Jahr, als es nach dem Südpol ging, von einer Ärztekommission untersucht; man fand absolut nichts an mir auszusetzen. Ich bin kerngesund.“
„Wenn ich Sie mir so ansehe“, sagte er, „glaube ich das gern. Schön! Wir werden also wieder vier Mann sein. Unserer Expedition sollten ursprünglich nur Wissenschaftler angehören. Außer mir noch drei. Die Teilnehmer sind schon seit langem ausgewählt und haben sich in einem einjährigen Kursus vorbereitet. Vor einem Monat ereignete sich aber ein Unglück, durch das wir einen Expeditionsteilnehmer verloren …“ Er schwieg und sah mich prüfend an.
„Unser Freund“, fuhr Kamow fort, „kam bei einem Autounfall ums Leben. Wir können ihn jetzt nicht mehr durch einen anderen Wissenschaftler ersetzen. Die Forschungsarbeit während einer Weltraumfahrt erfordert eine lange Vorbereitung.“
„Und da beschloß man, ihn durch einen Journalisten zu ersetzen?“
„Nun, ganz so ist es nicht“, meinte Kamow. „Es war meine Idee, jemand zu suchen, der Journalist, Fotograf und Kameramann in einem ist. Vor allem ging es uns darum, jemand an Bord zu haben, der astronomische Aufnahmen macht. Unser verunglückter Freund hatte einen solchen Lehrgang hinter sich; wir können nun zwar ohne die Mithilfe eines Astronomen auskommen, aber nicht ohne einen Fotografen und Kameramann. Aus diesem Grunde haben wir Sie um Ihre Teilnahme ersucht.“
„Aber ich habe doch keine Ahnung von astronomischem Fotografieren.“
„Wir bringen es Ihnen bei. Da Sie über Erfahrung verfügen, dürfte es nicht so schwer sein, Sie auch mit der Technik des astronomischen Fotografierens vertraut zu machen.
Und daß Sie ein erfahrener Journalist sind, wird uns ebenfalls zustatten kommen. Nach unserer Rückkehr muß der Weltöffentlichkeit von unserer Fahrt berichtet werden.“
„Ich werde mein möglichstes tun“, sagte ich. „Dürfte ich aber wissen, wohin die Reise geht?“
Kamow schwieg und sah mich lange mit seinen seltsam ruhigen Augen an. „Die Anforderungen, die an die Gesundheit der Passagiere gestellt werden“, sagte er langsam, „sind andere als die sonst üblichen. Es ist möglich, daß Sie nicht zugelassen werden …“ Er hielt wiederum inne und fuhr dann in gewohntem Ton fort: „Sollte dieser Fall jedoch eintreten, dann werden Sie natürlich Stillschweigen bewahren. Sie wissen, daß meine erste Fahrt eine Probefahrt war, die ich allein unternommen habe. Mein Schiff umflog den Mond und kehrte wieder zur Erde zurück. Die zweite Fahrt unternahm ich mit dem Astrophysiker Paitschadse. Wir landeten auf der Mondoberfläche und verbrachten dort einige Stunden. Beide Male hatte in technischer Hinsicht alles reibungslos funktioniert. Hierauf wurde beschlossen, eine dritte Expedition durchzuführen — zum Mars. Unterwegs wollen wir noch die Venus besichtigen. Ist Ihnen nun nicht bange geworden?“
„Keineswegs!“ erwiderte ich, ohne damit eine Unwahrheit zu sagen. „Jetzt brenne ich noch mehr darauf, mitzufliegen, nur bedrückt mich, daß ich dabei so wenig zu tun haben werde. Wird diese Arbeit meine Teilnahme auch rechtfertigen?“
„Wer sagt Ihnen denn, daß Sie wenig zu tun haben werden?“ fragte Kamow.
Ich fühlte, daß ich rot wurde. „Ich denke …“
„Denken Sie lieber nichts“, unterbrach mich Kamow.
„Ihre Aufgabe ist sehr verantwortungsvoll. Die Auswertung der Aufnahmen, die Sie machen werden, ist für die Wissenschaft außerordentlich wichtig. Und sollten Sie trotzdem noch freie Zeit haben, dann werden Sie mir helfen, die Geräte zu bedienen.“
Ich schaute ihn verwundert an.
„Da gibt es nichts zu staunen“, sagte Kamow lächelnd.
„Das ist nicht so schlimm. Während der Fahrt läßt sich das Raumschiff leicht führen. Anders verhält es sich beim Aufstieg, bei der Landung oder in der Nähe der großen Planeten. Da ist die Sache komplizierter. Unsere Steuerkabine hat hervorragende Geräte. Die werden Sie gleich in den ersten Tagen der Fahrt meistern lernen.“
„Wie lange dauert die Expedition?“
„Was meinen Sie wohl?“
„Ich nehme an — zwei, drei Jahre.“
Kamow lachte. „Die Atomtechnik entwickelt sich schnell“, sagte er. „Wenn die erste Mondfahrt noch zwei und die zweite einen Tag in Anspruch nahm, so sind wir seitdem ein großes Stück vorangekommen. Die gesamte Expedition soll zweihundertfünfundzwanzig Tage dauern, also siebeneinhalb Monate.“
„Nicht länger?“
„In diesen siebeneinhalb Monaten“, fuhr Kamow fort, „legen wir rund eine halbe Milliarde Kilometer zurück. Die Durchschnittsgeschwindigkeit wird hundertzweitausendsechshundert Kilometer in der Stunde betragen.“
„Das klingt ja wie ein Märchen!“
Kamow schüttelte den Kopf. „Diese Geschwindigkeit ist nicht so groß, wie Sie glauben“, sagte er. „Die Technik ist dabei, Geschwindigkeiten zu erreichen, die den freien Flug zu jedem Planeten gestatten, ohne daß man an Termine gebunden wäre. Unser Schiff aber muß sich an einen genauen Zeitplan halten, weil seine Geschwindigkeit geringer ist als die Bahngeschwindigkeit der Erde. Die Erde einzuholen sind wir zunächst noch nicht imstande.“
„Sie sagten, Sie hätten vor, auf dem Weg zum Mars die Venus zu besichtigen. Das verstehe ich nicht ganz.“
„Was ist Ihnen daran nicht klar?“
„Wie Sie auf dem Weg zum Mars zur Venus kommen wollen. Die Erde hat doch ihren Platz zwischen den beiden Planeten.“
„Ihre Verwunderung wäre gerechtfertigt“, entgegnete Kamow, „wenn die Planeten unbeweglich wären. Sie bewegen sich jedoch, und obendrein mit verschiedener Geschwindigkeit. Oft befinden sich beide, das heißt Venus und Mars, von der Erde aus in ein und derselben Richtung.
Damit Ihnen unsere Flugbahn klarer werde, will ich sie Ihnen einmal aufzeichnen.“
Er nahm ein Blatt Papier und zog darauf mit einem Bleistift rasch ein paar Kreise. „Sehen Sie her“, sagte er. „Der Punkt in der Mitte, um den ein kleiner Kreis beschrieben ist, stellt die Sonne dar. Der erste größere Kreis ist die Bahn der Venus. Zwischen ihr und der Sonne haben wir noch den Planeten Merkur, aber ich lasse seine Bahn weg, weil wir sie nicht brauchen. Der zweite Kreis ist die Erdbahn, der dritte — die Bahn des Mars. Was ich hier zeichne, entspricht natürlich nicht dem richtigen Maßstab, es soll ja auch nur ein Schema sein. Die Kreise, die ich mit einer ›1 versehe, bezeichnen die Stellung der Planeten zur Zeit unseres Starts. Die Planeten bewegen sich auf ihren Bahnen alle in der gleichen Richtung, auf dieser Skizze von rechts nach links. Von dem Kreis aus, der die Erde darstellt, beginnt unsere Flugbahn. Ich markiere sie als gestrichelte Linie. Sehen Sie, hier, an diesem Punkt treffen wir die Venus …“
Er zeichnete einen zweiten Kreis auf der Venusbahn und schrieb daneben die Zahl ›2‹.
„Von da aus fliegen wir zum Mars weiter, den wir hier, an dieser Stelle, erreichen, und danach geht es zurück zur Erde, die inzwischen über die Hälfte ihrer Jahresbahn hinter sich gebracht hat und etwa hier steht …“
„Klar“, sagte ich.
„Diese Zeichnung ist nur ein grobes Schema“, bemerkte Kamow. „Die Bahnen der Planeten bilden in Wirklichkeit keine geschlossenen Kreise, da sich die Sonne, der sie folgen, selbst im Weltraum bewegt, aber so ist es Ihnen verständlicher.“
„Ich danke Ihnen! Jetzt ist mir alles klar.“
„Nun werden Sie auch begreifen, warum wir den Start nicht um einen Tag verschieben können. Das würde alle unsere Pläne über den Haufen werfen.“
„Ich verstehe!“
„Für heute genug davon. In den siebeneinhalb Monaten unserer Reise werden wir noch genügend Zeit und Gelegenheit haben, uns über alle diese Fragen zu unterhalten. Ihre Teilnahme an der Expedition beginnt morgen früh mit der Untersuchung durch die Ärztekommission. Wir müssen jeden Tag nutzen, um Sie auf den Flug vorzubereiten.“
Damit war meine erste Unterredung mit Kamow beendet.
Es war schon gegen Mitternacht, als ich nach Hause kam. Diese Nacht schlief ich sehr schlecht. Erst gegen Morgen schlummerte ich ein; aber nicht einmal im Schlaf verließ mich der Gedanke, daß sich alle meine Hoffnungen zerschlagen konnten.
Meine Befürchtungen erwiesen sich jedoch als unbegründet. Die aus drei Ärzten bestehende Kommission, der ein namhafter Professor vorstand, klopfte, horchte und maß lange an mir herum. Man prüfte meine Augen und mein Gehör, drehte mich auf einem karussellähnlichen Gestell und ließ mich in einer Hängevorrichtung sogar ein paar Minuten mit dem Kopf nach unten baumeln, um darauf abermals endlos lange an mir herumzuhorchen. Zum Schluß klopfte mir der alte Professor auf die Schulter und sprach Worte, die mir wie Musik in den Ohren klangen:
„Ein idealer Organismus! Junger Mann, Sie können sogar zum Polarstern fliegen, wenn es Ihnen einmal auf unserer Erde zu langweilig geworden ist.“
Nach der Untersuchung fuhr ich geradeswegs zu Kamow, um von ihm die ersten Anweisungen entgegenzunehmen. Er freute sich, als er hörte, daß alles gut abgegangen war.
„Es hätte mir leid getan, Sie zu verlieren“, sagte er. „Ich bin froh, daß das nicht der Fall ist. — Machen Sie sich bekannt“, fügte er hinzu und führte mich zu einem hochgewachsenen, hageren Mann, der am Schreibtisch saß. „Das ist Konstantin Jewgenjewitsch Belopolski, mein Gehilfe während der Fahrt,“
Als Kamow mich vorstellte — er erwähnte dabei, daß ich an dem bevorstehenden Flug teilnehme —, drückte Belopolski mir die Hand, tat dies aber, wie mir schien, völlig gleichgültig. Nicht einmal der Anflug eines Lächelns zeigte sich auf seinem Gesicht, das, obwohl er erst fünfundvierzig Jahre zählte, von tiefen Furchen durchzogen war.
Ich weiß noch, daß mich diese schweigsame Begrüßung unangenehm berührte, und ich dachte sogar, daß es kein besonderes Vergnügen sein müßte, auf einer langen Reise einen solchen Gefährten zu haben. Heute weiß ich, daß dieser Mann an und für sich sehr wortkarg ist und nur über Astronomie und Mathematik längere Zeit sprechen kann.
Ganz anders begrüßte mich der vierte Expeditionsteilnehmer, Arsen Georgijewitsch Paitschadse, den ich zwei Tage darauf kennenlernte.
Noch jung, nicht älter als fünfunddreißig Jahre, genoß er schon weit und breit den Ruf eines ausgezeichneten Kenners der Spektralanalyse.
„Boris Nikolajewitsch Melnikow?“ fragte er und drückte mir die Hand mit solcher Kraft, daß ich vor Schmerz das Gesicht verzog.
Paitschadses ganze Erscheinung — seine kleine, schmächtige Gestalt, sein gebräuntes Gesicht mit dem kurzgeschnittenen Schnurrbärtchen über der Oberlippe und seine freundlichen Augen — flößte mir ein solches Zutrauen ein, als kannte ich ihn schon seit Jahren.
Er bat mich, ihm meinen Lebenslauf zu erzählen, berichtete dann von sich selbst, und wir schieden als Freunde. In den zwei Monaten, die seitdem vergangen sind, habe ich mich davon überzeugt, daß Paitschadse ein entgegenkommender, mitteilsamer Mensch ist, der mir ein guter Reisegefährte sein wird. Auf unserem Schiff soll ich die Kajüte mit ihm teilen, und darüber freue ich mich sehr.
Unter angestrengter Arbeit war der Starttag unmerklich herangerückt. Das Schiff und seine Besatzung waren bereit. Drei Tage vor dem Abflug besichtigten wir es zum letzten Male. Alle Geräte und Apparate wurden überprüft, die Ladung kontrolliert. Während Kamow und Belopolski das Schiff inspizierten, kontrollierte Paitschadse die astronomischen Geräte, und ich sah nach meiner Foto- und Filmapparatur. Mir stehen drei Filmapparate zur Verfügung, ein tragbarer und zwei, die in die Schiffswände eingebaut sind und selbsttätig funktionieren können, dazu noch vier ausgezeichnete Kameras, jede mit sechs auswechselbaren Objektiven, und ein kleines Fotolabor.
Kamows Expedition ist überhaupt auf großzügige Weise ausgerüstet. Jede Eventualität ist einbezogen, nichts ist vergessen, nichts außer acht gelassen. Jedes Detail ist sorgfältig bedacht und ausgeführt.
Die nächste Eintragung in mein Tagebuch werde ich bereits während der Fahrt vornehmen.
Für heute ist’s genug … Zehn Minuten nach zwölf …
Um sieben Uhr früh werde ich mit dem Wagen abgeholt.
Meine letzte Nacht also auf der Erde!
Morgen starten wir ins Unbekannte!