Aus dem Geländewagen auszusteigen, erwies sich als gar nicht so leicht. Man konnte keinen Schritt tun, ohne daß der Orkan einen umwarf. Als der Wagen hielt, wurde er im Nu bis an die Fenster mit Sand zugeschüttet. Das in der Nähe liegende Raumschiff war im Dunkel kaum zu erkennen. Nur das grelle Licht des Scheinwerfers ermöglichte es ihnen, sich einigermaßen zu orientieren.
Kamow steuerte den Wagen dicht an das Schiff heran, in den Windschutz der linken Bordwand. Auf seine Bitte ließ Belopolski die Tragfläche ein Stück heraus, so daß der Wagen von oben geschützt war. Die Tür der Ausstiegkammer befand sich nun genau gegenüber der Wagentür.
So war der Übergang an Bord nicht mehr gefährlich, und die Heimgekehrten verließen nacheinander den Wagen.
Der Sturm tobte noch anderthalb Stunden, dann legte er sich ebenso unvermittelt, wie er gekommen war. Die Sandwolke jagte am Raumschiff vorüber und verschwand hinter dem Horizont. Der Wind wehte noch eine Zeitlang, dann hörte auch er auf. Die Umgebung des Schiffes sah wieder so aus wie am Morgen.
„Sonderbar!“ sagte Belopolski. „Wenn wir diesen Sturm verschlafen hätten, würden wir es einfach nicht glauben, daß es ihn gegeben hat.“
In der Tat, weit im Umkreis entdeckte man auch nicht eine Spur mehr von dem Orkan. Die Sandschicht, die den Boden bedeckte, schien unberührt. Das Dickicht der Pflanzen stand da wie zuvor, nicht einmal über ihren Wurzeln hatten sich Sandwehen gebildet. Nur an der rechten Bordwand des Raumschiffes ragte ein gewaltiger Hügel empor und versperrte’ aus allen Fenstern die Aussicht nach dieser Seite.
„Heben Sie das Schiff!“ sagte Kamow zu Melnikow.
Melnikow drückte auf einen Knopf am Pult. Ein Motor lief an, und die Räder schoben sich aus dem Rumpf heraus.
Langsam hob sich das Schiff. Der Sandhügel, der sich an der Bordwand angehäuft hatte, fiel zusammen, und die Fenster wurden wieder frei.
Auch auf dieser Seite hatte sich nichts geändert. Der glatte Spiegel des Sees war blank wie vor dem Sturm.
Bis Sonnenuntergang war noch viel Zeit. Der Rest des Tages wurde für die Errichtung eines Obelisk verwendet, der laut Expeditionsprogramm auf dem Platz aufgestellt werden sollte, auf dem das Raumschiff gelandet war.
Bason war in seine Kajüte eingesperrt; man wollte ihn erst wieder herauslassen, wenn das Schiff den Rückflug antrat.
Die für das Denkmal vorgesehene Stelle lag unweit des Raumschiffes mitten auf einer kleinen, von dichtem Gestrüpp umgebenen Lichtung. Von da bis zu den ersten Sträuchern waren es mehr als zwanzig Meter, so daß das Erscheinen einer Springechse nicht unbemerkt bleiben konnte. Alle Männer waren gut bewaffnet.
Paitschadse bestand darauf, sich in der Ausstiegkammer an der geöffneten Tür aufhalten zu dürfen. Von hier oben war das Gelände gut zu übersehen, und das Auftauchen eines großen Tieres konnte seiner Aufmerksamkeit kaum entgehen. Er selbst war durch den vor der Tür stehenden Geländewagen geschützt.
Nachdem alle Vorsichtsmaßnahmen getroffen waren, machten sich die Weltraumfahrer an die Arbeit.
Eine unvorhergesehene Schwierigkeit ergab sich bei der Beförderung der dünnen Eisenpfähle, die dem Obelisk einen festen Halt im Sand geben sollten. Die Pfähle waren zwölfeinhalb Meter lang; sie durch die Ausstiegkammer hinauszutragen, erwies sich als unmöglich, der enge Raum bot keinen Platz zum Wenden. Man mußte sich der Luke im Observatorium bedienen, durch die die Expeditionsteilnehmer das Schiff beim Start von der Erde betreten hatten, als die Ausstiegkammer vom Gerüst des Startturms verstellt war.
Die vier Pfähle wurden ins Observatorium getragen, die runde Tür, die in die inneren Räume führte, fest geschlossen. Die Räder wurden eingezogen; nun befand sich die Luke dicht über dem Boden. Kamow blieb im Observatorium und reichte den anderen nacheinander die schweren Stangen zu. Dann schloß er die Luke, erneuerte die Luft im Raum und stieg aus, nachdem er den Schiffsrumpf wieder gehoben hatte.
Das Einschlagen der Pfähle erwies sich selbst hier als ein nicht leichtes Unternehmen. Auf der Erde hätten sie zu dritt diese Arbeit überhaupt nicht bewältigen können. Doch die geringere Anziehungskraft des Mars kam ihnen jetzt wieder einmal zugute.
Mit Hilfe der elektrischen Winde wurde der erste Pfahl aufgerichtet. Melnikow und Belopolski, die auf leichten Aluminiumleitern standen, brachten an seinem Ende einen schweren Hammer an. Ebenso wie die Winde wurde der Hammer mit elektrischem Strom betrieben, den die Akkumulatoren des Geländewagens lieferten. Auf der Erde wog der Hammer an die dreihundert Kilogramm, hier aber wog er nur hundertzehn. Doch auch das war noch viel; beide hatten sich tüchtig anzustrengen, um ihn auf diese Höhe zu bringen.
Der Pfahl mußte vorsichtig eingerammt werden. Mit jedem Schlag drang er einen halben Meter tiefer in den Sandboden ein. Den Hammer unter diesen Umständen in der Gewalt zu behalten, war schwierig, Kamow schaltete den Strom nur kurz ein, so daß der Hammer nicht mehr als einen oder zwei Schläge ausführen konnte, worauf Melnikow und Belopolski jedesmal einige Stufen herabstiegen.
Das wurde so lange fortgesetzt, bis das obere Ende der Stange mit der Oberfläche des Sandes abschloß.
Nach einer kurzen Ruhepause begann man den zweiten Pfahl einzurammen. Schließlich war der vierte und letzte Pfahl eingeschlagen. Auf die Pfähle wurde eine dicke Stahlplatte gelegt und fest angeschraubt. Der Sockel war fertig. Was noch zu tun war, ging leicht von der Hand.
Gegen acht Uhr abends war man mit allem fertig. Auf dem Sandplatz erhob sich nun inmitten der wunderlich blaugrauen Pflanzen für lange Zeit ein drei Meter hoher Obelisk aus rostfreiem Stahl. Auf seiner Spitze leuchtete in den Strahlen der untergehenden Sonne ein fünfzackiger Stern.