KAPITEL 36

Neala zuckte zusammen, als die Tür krachend aufflog. Sie presste das Gesicht in das Rehfell unter ihr und wünschte, sie könnte darin versinken.

Schwere Schritte erschütterten den Boden.

Nein!

Sie biss die Zähne zusammen, bemühte sich, nicht zu schreien.

»KRULL!«

Ihr Körper erbebte, erschüttert von der Wucht seines Gebrülls.

Er ist der Teufel! Cordelia hatte recht!

O Gott, wir hätten flüchten sollen!

Jeden Moment würde er die Felle wegreißen, die sie bedeckten.

Gegrüßet seist du, Maria, voll der Gnade, der Herr ist mit dir. Du bist gebenedeit unter den Frauen ...

Robbins beobachtete in seinem Versteck hinter einem herab­hängenden Rehfell, wie die riesige, dunkle Gestalt auf die gegenüberliegende Ecke zustapfte.

Sein Schwert klapperte gegen die Wand.

Die Kreatur wirbelte herum. Und verharrte reglos. Robbins hielt den Atem an. Er starrte das Ding an und erzitterte.

Das breite, ledrige Gesicht wirkte im Kerzenschein röt­lich. Ein Auge fehlte. Die Höhle glich einem dunklen Loch, als wäre das Lid abgerissen worden. Das verbliebene Auge schien Robbins verächtlich anzufunkeln.

Dann blickte es auf den Fellstapel in der Nähe von Robbins' Füßen hinab. Robbins schaute hin. Er sah Nealas Haar. Einige Zentimeter davon ragten unter einem der Felle her­vor, glänzten im goldenen Licht.

Die Kreatur sprang vor. Ihre riesige Hand packte Nealas Haar und riss daran.

Der Kopf kam zum Vorschein.

Das Ding duckte sich tief, als das Auge ihn betrachtete.

Robbins kämpfte sich hinter dem Fell hervor. Mit beiden Händen schwang er den Säbel. Die Klinge traf ihr Ziel und hackte den ausgestreckten Arm ab, der zu Boden fiel, Nealas Haar noch in der Hand.

Robbins zielte auf den Hals der Kreatur. Der verbliebene Arm schlug ihm das Schwert aus den Fingern und schleu­derte Robbins gegen die Wand. Er prallte heftig dagegen und sackte in sich zusammen.

Neala, die sich in der gegenüberliegenden Ecke versteckte, hörte den Kampf. Sie schüttelte die Felle ab und erblickte das Ding, das mit dem Rücken zu ihr über Johnny aufragte. Mit einem Arm fasste es zu ihm hinab und packte ihn an der Kehle.

Leise rannte Neala durch den Raum. Sie sprang auf den

breiten Rücken, grub eine Hand in das wilde Haar und schlitzte mit dem Messer über die Kehle der Kreatur.

Blut spritzte auf Johnny.

Die Kreatur wirbelte brüllend herum und warf sich rück­lings gegen eine Wand. Neala schrie auf. Sie verlor das Messer und rutschte vom Rücken des Dings.

Es streckte sich nach ihr, versuchte, ihre Haare zu ergrei­fen, verlor jedoch den Halt. Stattdessen packte es sie vorne an der Bluse und hob sie vom Boden hoch.

Blut ergoss sich aus der aufgeschlitzten Kehle auf sie. Der Mund öffnete sich weit. Neala schloss die Augen und spürte seitlich an ihrem Gesicht Zähne, die fest zupackten.

Plötzlich taumelte die Kreatur. Ihre Zähne lockerten sich nicht, aber die Hand ließ ihre Bluse los, und sie fiel zu Boden. Beim Aufprall schnitten ihr die Zähne in die Wan­gen.

»Alles in Ordnung.«

Johnnys Stimme.

Die Kiefer öffneten sich, und der Druck des Schädels hob sich von ihr. Johnny hockte über ihr und hielt den gewalti­gen Kopf in beiden Händen. Er warf ihn beiseite.

Dann hob er Neala hoch und drückte sie an sich.

Später entwirrte Robbins Nealas langes, weiches Haar. Er löste es vom Kieferknochen des alten Schädels und warf den Kopf zur Tür hinaus.

Unter den Kreuzen vor der Hütte fand er eines, das sta­biler zu sein schien als die anderen. Darauf spießte er den Kopf von Manfred Krull. Er stellte das Kreuz neben der Tür der Hütte auf.

»Sir!«

Als er sich umdrehte, erblickte er einen Mann, der sich durch das Meer der anderen Kreuze näherte. Der schlanke,

blasse Unbekannte schob die Pflöcke im Gehen beiläufig beiseite.

Neala ergriff Robbins' Arm. Er sah, dass sie den Säbel hielt.

»Fürchtet euch nicht«, sagte der Mann.

Er trat zwischen den Kreuzen hervor. Um seine Beine flatterte ein Schurz aus Haaren. Vor Robbins blieb er stehen.

»Ihr habt den Teufel erschlagen«, sagte er. »Mit seinem Tode habt ihr eure Errettung erkauft. Wir werden euch in Sicherheit geleiten.«

»Wir können gehen?«, fragte Robbins.

»Erzählt niemandem, was ihr in diesen Wäldern gesehen habt, sonst ist euer Leben verwirkt.«

»Was ist mit den anderen?«, hakte Neala nach.

»Es gibt keine anderen.«

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