6


Obwohl nicht einmal eine halbe Stunde vergangen sein konnte, seit er die Zentrale verlassen hatte, hatte sich das Bild auf den Monitoren auf dramatische Art und Weise verändert. Die Nacht war einem künstlichen Tag gewichen, der aus grellen Laserblitzen, dem Widerschein der Explosionen und Brände, den roten Flammenspuren der Gleitertriebwerke und wirbelnder, einzeln nicht identifizierender Bewegungen bestand. Die so trügerisch ruhige Nacht war einem irrsinnigen Kaleidoskop aus peinigender Helligkeit und absoluter Finsternis gewichen, was das menschliche Auge wie die Belichtungsautomatik der Kameras im gleichen Maße uberforderte. Einige Monitore waren ausgefallen, andere zeigten nur sinnlose Schlieren und die vage Andeutung von Bewegung, und über die eingeblendeten Datenfenster huschten Zahlenkolonnen in so schneller Folge, daß auch sie zu unlesbaren Schemen wurden. Die ganze Welt draußen schien in Bewegung geraten zu sein. Die Außenbezirke der Stadt brannten. Der Himmel loderte in einem dunklen, blutfarbenen Rot, und der Fluß spiegelte den Feuerschein wider, als hätte er sich in einen Strom aus Lava verwandelt. Immer wieder flammten am Himmel und am Erdboden grelle Feuerbälle auf, deren Licht von blaustichigem Weiß zu Orange und Rot wechselte, ehe es zu einem brodelnden Ball aus höllischer Glut und Rauch wurde. Das nukleare Inferno, das diese Stadt schon einmal verschlungen hatte, tobte erneut, und obwohl es diesmal keine Menschen waren, die der atomaren Hölle zum Opfer fielen, schmerzte Hartmann der Anblick genausosehr wie beim ersten Mal.

Er wollte etwas sagen, aber es gelang ihm erst beim zweiten Versuch, einen Ton hervorzubringen. »Ich werde meine Männer nicht in diese Hölle hinausschicken«, stieß er schließlich hervor. Er kam sich hilflos und beinahe lächerlich bei diesen Worten vor. Er war eindeutig nicht in der Situation, irgend etwas zu verlangen; nicht einmal zu verwehren. Trotzdem war er erleichtert, es gesagt zu haben. Einen Moment lang wartete er vergebens auf eine Antwort, dann riß er sich fast gewaltsam vom Anblick der Schlacht auf den Bildschirmen los und sah die Gestalt hinter seinem Schreibtisch an.

Als hätte er auf diese Reaktion gewartet, deutete Kyle ein Kopfschütteln an und lächelte. »Das verlangt auch niemand von Ihnen, Herr General«, sagte er. »Ganz davon abgesehen wäre es auch sinnlos. Der Ausgang des Kampfes steht bereits fest. Wir werden gewinnen.«

Hartmann lachte schrill auf. »Sie sind verrückt, Kyle!« Mit einer abgehackten Geste deutete er auf die Bildschirme. »Ich habe die letzten drei Tage nichts anderes getan, als ihrem Aufmarsch zuzusehen. Sie sind Ihnen hundert zu eins überlegen, ist Ihnen das klar? Ganz davon abgesehen, daß sie dort draußen genug Waffen zusammengetragen haben, um diesen ganzen Kontinent in Schutt und Asche zu legen.«

»Sie verstehen nicht«, sagte Kyle. Er lächelte noch immer, aber sein Lächeln war jetzt irgendwie verzeihend. »Wir werden gewinnen, weil wir gar nicht verlieren können. Ihre Zahl spielt keine Rolle. Im Gegenteil. Je mehr sie sind, desto besser ist es für uns. Es war dumm von ihnen, uns überhaupt anzugreifen. Ich verstehe nicht so recht, warum sie es tun.«

Hartmanns Blick kehrte noch einmal zur Monitorwand zurück. Kyles Worte waren von einer überzeugenden, beinahe suggestiven Kraft. Leider standen sie in krassem Gegensatz zu dem, was die Überwachungskameras behaupteten. Seit einer halben Stunde schoß die Gleiterflotte der Moroni das, was von Köln übriggeblieben war, in Trümmer. Und die nachrückenden Bodentruppen überrollten wie eine Lawine das, was dem Feuer der Flugschiffe entgangen sein mochte. Er sah nirgends auch nur das geringste Zeichen von Widerstand.

Seit sie wieder hier heraufgekommen waren, hatte Hartmann begriffen, wie gewaltig er sich in der Zahl der Ameisenkrieger verschätzt hatte. Die Armee, die sich in den letzten Tagen rings um die zerstörte Stadt herum zusammengezogen hatte, zählte nicht nach Hunderttausenden, sondern nach Millionen. Wer um alles in der Welt sollte dieses Heer aufhalten?

Er wollte etwas erwidern, aber Kyle hob die Hand und schnitt ihm das Wort ab. »Lassen Sie uns nicht noch mehr wertvolle Zeit vergeuden, Herr General.«

»Nennen Sie mich nicht so«, sagte Hartmann unfreundlich. »Ich mag das nicht.«

Kyle lächelte. »Wie Sie wünschen.« Für einen ganz kurzen Moment glitt auch sein Blick noch einmal über die Monitore; Hartmann hatte das sichere Gefühl, daß er etwas auf den Bildern suchte, es aber nicht fand. Dann drehte er sich mit einem Ruck um, ging um den Schreibtisch herum und beugte sich über das Computerterminal. Seine Finger berührten eine Taste, zögerten, drückten zwei, drei weitere Tasten und zögerten erneut. Ein konzentrierter Ausdruck erschien auf seinem Gesicht.

»Was tun Sie da?« fragte Hartmann alarmiert.

»Ich fürchte, nichts, was mir weiterhilft«, gestand Kyle. Er schüttelte den Kopf. »Erstaunlich. Ein so primitives System - und doch so effektiv.« Er sah auf, blickte erst Net und dann ganz flüchtig den Wachoffizier an, der an einen Platz neben der Tür zurückgewichen war, und wandte sich dann wieder an Hartmann. »Ich gehe wohl recht in der Annahme, daß man ein bestimmtes Code-Wort braucht, um in das Programm einzudringen.«

»Das kann schon sein«, antwortete Hartmann unfreundlich.

»Sagen Sie es mir«, verlangte Kyle.

Hartmann riß verblüfft die Augen auf. »Sind Sie verrückt?«

»Sie verstehen immer noch nicht, Hartmann«, sagte Kyle seufzend, »daß Sie und ich auf derselben Seite stehen; zumindest im Moment. Glauben Sie mir«, er deutete auf den Computer, »es wäre völlig sinnlos, diese Raketen starten zu wollen. Selbst wenn noch genügend Zeit wäre, sie würden ihr Ziel niemals erreichen. Glauben Sie denn, es wäre so einfach?« Er schüttelte den Kopf und beantwortete seine Frage selbst. »Ganz bestimmt nicht. Und Sie wissen das auch. Sie sind Soldat, Hartmann. Ein guter Soldat. Sie wissen so gut wie ich, daß eine Macht, die eine Million Jahre Erfahrung im Kampf hat, nicht so leicht zu besiegen ist. Sie glauben wirklich, ihr Hauptquartier läge schutzlos da? Nur darauf wartend, von irgend jemandem zerstört zu werden?«

Hartmann antwortete nicht. Nein, er glaubte es nicht. Keiner von ihnen hatte es wirklich geglaubt. Sie alle hatten geahnt, daß ihr verzweifelter Plan einen bisher unerkannten, aber entscheidenden Fehler haben mußte. Aber es war der einzige Plan gewesen, den sie hatten. »Die Idee stammt von Stone«, sagte er und kam sich dabei selbst wie ein störrisches Kind vor.

»Stone«, antwortete Kyle ruhig und sehr ernst, »ist Ihr Sklave. Nicht mehr als ein williges Werkzeug.« Er wandte sich wieder um und deutete abermals auf den Computer auf Hartmanns Schreibtisch. »Es gibt drei Möglichkeiten, Hartmann«, sagt er. »Die eine ist, ich zerstöre dieses Gerät. Aber das möchte ich nicht, denn es ist sehr wertvoll, und es kann sein, daß wir es noch brauchen. Die zweite ist, ich tue nichts und lasse Sie zusehen, wie die Herren der Schwarzen Festung zuerst Ihre Raketen, einen Augenblick später die Startrampen und dann diese ganze Bunkerfestung vernichten. Aber das möchte ich noch sehr viel weniger, denn dabei würden nur sinnlose Leben geopfert werden, und auch diese Station ist ungeheuer wertvoll und darf nicht zerstört werden.«

»Und was ist die dritte Möglichkeit?« fragte Hartmann, als Kyle nicht weitersprach, sondern ihn nur auffordernd anblickte.

In Kyles Gesicht trat eine sonderbare Bewegung. Für einen Moment verwandelte sich die linke Gesichtshälfte, wurde zu einem Gewirr angeschwollener, weißer, pumpender Adern, die dicht unter der Haut wie mißgestaltete Würmer aufeinander zukrochen. Sein Unterkiefer verschob sich, und für einen Moment glaubte Hartmann, anstelle des Auges ein faustgroßes, schimmerndes Facetten-Ding zu sehen. Dann verschwand der unheimliche Anblick wieder.

»Die dritte Möglichkeit«, sagte Kyle ungerührt, »besteht darin, daß Sie das Computerprogramm abbrechen.«

»Warum ... sollte ich das tun?« Es fiel Hartmann schwer, überhaupt zu sprechen. Sein Mund schien völlig wund und ausgetrocknet zu sein. Er wandte den Kopf und warf Net einen beinahe flehenden Blick zu, aber die Wasteländerin sah ihn nur fragend an. Sie hatte hinter Kyle gestanden und nichts von der unheimlichen Metamorphose bemerkt, die für einen Moment mit seinem Gesicht vorgegangen war. Hartmann hob die Hand und deutete anklagend auf Kyle. Seine Finger zitterten, und sein Herz schlug ganz langsam und so hart, daß er jeden einzelnen Hieb bis in die Finger- und Zehenspitzen zu spüren glaubte. Er war fast verrückt vor Angst. »Sie kommen hierher und verlangen, daß ich Ihnen helfe?!« krächzte er. »Nach ... nach allem, was Sie getan haben?«

Kyle ließ seinen Blick kurz über die Monitorwand streifen, fast, als müsse er sich erst überzeugen, ob noch Zeit für etwas so Unbedeutendes wie ein Gespräch mit Hartmann blieb, ehe er antwortete. »Was habe ich denn getan?«

Hartmann wollte schreien, die Fäuste heben und auf Kyle losgehen. Aber er tat nichts von alledem, sondern stand nur zitternd da und starrte den Megamann an, der kein Megamann mehr war, wahrscheinlich aber auch kein Mensch oder ein Jared, sondern eine dritte, neue Spezies, die etwas völlig Unverständliches und Angstmachendes darstellte.

»Ich weiß nicht, wer Sie sind, Kyle«, flüsterte er. »Ich weiß, wer Sie waren, aber ich weiß nicht, was Sie jetzt sind. Aber wenn Sie nicht einmal verstehen, was ich meine, dann hat es auch keinen Sinn mehr, es Ihnen zu erklären.«

Zu seiner Überraschung lächelte Kyle, und hätte Hartmann es nicht besser gewußt, er hätte dieses Lächeln in diesem Moment für vollkommen ehrlich gehalten. »Ich verstehe, was Sie meinen, Hartmann«, sagte Kyle. Seine Stimme klang ruhig, beinahe sanft. Er deutete ein Kopfschütteln an und begleitete es mit einer Geste, mit der man einem verschreckten Kind erklären mochte, daß alles nicht so schlimm war. »Sie irren sich, Hartmann. Sie glauben, daß wir Ihren Männern irgend etwas angetan haben. Daß wir etwas mit ihnen getan haben. Aber das haben wir nicht.«

»Macht es Ihnen Spaß, mich auch noch zu verhöhnen?« murmelte Hartmann. Bevor Kyle antworten konnte, brüllte er plötzlich. »Zehntausend Mann, Kyle! Zehntausend Männer, die dort unten gelegen haben. Und Sie haben sie ... zu ... Monstern gemacht.«

»Wir haben sie gerettet«, sagte Kyle ruhig, aber Hartmann hörte es nicht mehr, sondern fuhr mit schriller, fast überschnappender Stimme fort.

»Es waren noch halbe Kinder, Kyle! Sie haben uns vertraut, verstehen Sie? Keiner von ihnen konnte sichergehen, überhaupt jemals wieder aufzuwachen, aber wir haben ihnen gesagt, daß wir auf sie achtgeben würden, und sie haben uns geglaubt. Und Sie, Sie haben sie zu ... zu Monstern gemacht.«

Wieder blickte Kyle ihn sekundenlang wortlos an, und in seinen Augen erschien ein Ausdruck tiefer, ehrlicher Trauer. »Nicht wir haben das getan, Hartmann«, sagte er leise. »Ihr selbst wart es. Die Maschinen, die diese Männer in Tiefschlaf versetzten, betäubten nur ihre Körper.«

»Lüge!« sagte Hartmann.

»Es ist wahr«, sagte Kyle in ruhigem, beinahe bedauerndem Tonfall. »Ich weiß es, denn sie sind ein Teil von mir, wie ich ein Teil von ihnen bin. Ihr habt ihre Körper betäubt, aber ihre Gedanken blieben wach.« Er beugte sich leicht vor. Seine Stimme wurde eindringlich. »Siebenundfünfzig Jahre, Hartmann. Siebenundfünfzig Jahre eingesperrt, hier drinnen.« Er berührte mit Zeige- und Mittelfinger der rechten Hand seine Schläfe. »Taub und blind und stumm, abgeschnitten von allen Eindrücken, jedem Gefühl, jedem Spüren, Riechen, Schmecken, Tasten. Nicht einmal der Schmerz ist ihnen geblieben. Viele wurden wahnsinnig. Haben Sie schon vergessen, wie viele körperlich völlig unversehrt erwachten, aber ausgebrannt waren? Eure Maschinen haben versagt. Ihr habt diese zehntausend jungen Männer geradewegs in die Hölle geschickt.«

»Lüge!« brüllte Hartmann. Er sprang auf und ballte nun tatsächlich die Fäuste, wie um sich auf Kyle zu stürzen, führte die Bewegung aber nicht zu Ende. »Das ... das ist nicht wahr!« behauptete er. »Auch ich war im Tiefschlaf. Ich habe neun von zehn Jahren darin verbracht. Ich müßte es wissen.«

»Und Sie wissen es auch, Hartmann«, sagte Kyle. »Denken Sie nach. Ihr Bewußtsein und die Erinnerung verdrängt alles, um nicht daran zu zerbrechen, aber sie ist da. Neun Jahre Dunkelheit, Hartmann. Neun Jahre Einsamkeit und Leere. Schreien, ohne schreien zu können. Erinnern Sie sich - falls Sie sich das wirklich antun wollen. Oder glauben Sie mir.«

Hartmann begann immer heftiger zu zittern. Etwas in ihm regte sich. Da war ein Gefühl in seinen Gedanken, die Erinnerung an eine Erinnerung, die er tief, unendlich tief im Grunde seiner Seele vergraben hatte. Ein Schmerz, der so entsetzlich war, daß man ihn mit Worten nicht beschreiben konnte, ein Entsetzen, das alles Vorstellbare überstieg. Einsamkeit. Leere. Dunkelheit und Schwärze, so unendlich tiefe Dunkelheit und so unendlich große, leere Schwärze ...

»Aber wieso ... wieso bin ich ... da nicht verrückt geworden?« stammelte er. »Ich und die ... die anderen, die geweckt wurden.«

»Manche sind es«, sagte Kyle. »Und vielleicht sind zehn Jahre nicht genug. Ihr könnt soviel ertragen, und doch seid ihr so verwundbar. Es ist die Wahrheit, Hartmann, und Sie wissen es. Die Geister dieser Männer waren gefangen in Leere und Schwärze, und so gingen sie hinaus in die Leere und suchten nach etwas, das ihren Schmerz teilte. Und sie fanden es. Verstehen Sie noch immer nicht? Nicht die Jared haben diese Männer geholt. Sie haben Jared erst erschaffen. Es sind die gepeinigten Seelen all dieser Männer, Hartmann, die mit dem Bewußtsein der jungen Königin verschmolzen und etwas Neues, Wunderbares erschufen. Sie glauben, man hätte ihnen etwas genommen, aber auch das ist nicht wahr. Sie haben etwas gewonnen, Hartmann. Etwas unsagbar Kostbares.«

»Ja«, flüsterte Hartmann. »Und sie haben nur eine Kleinigkeit dafür bezahlt, nicht wahr? Nur ihre Menschlichkeit, sonst nichts.«

»Ich wollte, Sie könnten es fühlen, Hartmann«, sagte Kyle. »Ich wollte, Sie könnten am eigenen Leib erleben, was es heißt, Teil eines einzigen, großen Geistes zu sein. Sie glauben, Ihnen würde etwas genommen. Aber das stimmt nicht.«

Hartmann starrte ihn an. Er zitterte am ganzen Leib. Er war nicht sicher, ob er verstand, was Kyle sagte, und im Grunde wollte er es auch nicht. Denn hätte er zugegeben, was er auf einer tieferen Ebene seines Bewußtseins längst wußte, nämlich, daß er sehr wohl begriff, was der Megamann ihm zu erklären versuchte, dann hätte er auch gleichzeitig zugeben müssen, daß Kyle die Wahrheit sagte.

»Was ... was wollen Sie?« fragte er. Selbst diese wenigen Worte hervorzustoßen kostete fast seine ganze Kraft.

Wieder blickte Kyle für einen Moment auf die Monitore, und wieder hatte Hartmann das sichere Gefühl, daß er etwas suchte. »Ich brauche Ihre Hilfe, Hartmann«, sagte er schließlich. »Die Schwarze Festung darf nicht zerstört werden. Es ist sehr wichtig für uns, sie unbeschädigt in die Hand zu bekommen. Aber dazu ist etwas vonnöten, das nur Sie tun können.«

Einen Moment lang blickte Hartmann den Megakrieger fassungslos an, dann starrte er mit aufgerissenem Mund und Augen auf die Monitorwand, die aus verschiedenen Ansichten den Angriff der Moroni-Legionen auf die Stadt zeigte. Die Flotte der Gleiter näherte sich dem Fluß, wobei sie jedes Gebäude, jede Straße, jeden Fußbreit Boden mit den Höllengluten ihrer Laserkanonen überschütteten. Und hinter ihnen wogte die schwarze Flut der Moronikrieger heran. Plötzlich hatte Hartmann Mühe, ein hysterisches Lachen zu unterdrücken. »Ich ... will nicht unhöflich sein, Kyle«, sagte er stockend. »Aber im Moment sieht es für mich so aus, als würden Ihre Freunde Ihnen gewaltig in den Hintern treten.«

Kyle blickte ihn unverwandt an und lächelte. »Werden Sie uns helfen?«

»Sie ... Sie sind völlig verrückt«, stammelte Hartmann. »Selbst wenn ich es könnte - dieses Ding muß zerstört werden. Ganz egal, was es kostet.«

»Ich wußte, daß Sie das sagen würden«, antwortete Kyle ruhig. »Und - glauben Sie mir, ich bin froh, daß Sie es gesagt haben. Aber ich gebe Ihnen mein Wort, daß Ihnen von uns keine Gefahr droht. Wir können Moron schlagen, Hartmann. Helfen Sie uns, die Schwarze Festung in unsere Hand zu bekommen, und ich verspreche Ihnen, daß dieser Planet wieder Ihnen gehören wird, Ihnen allein und niemandem sonst.«

Hartmann starrte Kyle unverwandt an. In dessen Augen lag keine Heimtücke. Aber er hatte gesehen, was hinter der Maske des Megamannes lauerte. Und trotzdem ...

Beinahe hilflos wandte er sich an Net, die noch immer an der Tür stand und bisher kein Wort gesagt hatte. »Ich ... glaube ihm«, flüsterte die Wasteländerin.

Wieder suchte sein Blick die Bildschirme. Der Angriff hatte eher noch an Heftigkeit zugenommen. Was von der ehemals so stolzen Stadt den ersten Angriff aus dem All überstanden hatte, das schmolz jetzt im konzentrierten Beschuß der Laser. »Wir sind nur noch eine Handvoll, Kyle«, murmelte er. »Sie wissen doch selbst am besten, daß ...«

»Ich weiß«, unterbrach ihn Kyle. »Und ich kann Ihnen nicht versprechen, daß Sie es alle überleben werden. Aber ich verspreche Ihnen, daß dieser Planet frei sein wird. Moron wird nie wieder seine Hand nach anderen Welten ausstrecken, wenn es uns gelingt, den Transmitter am Nordpol zu erobern.«

Eine Weile schwieg Hartmann und blickte das Inferno auf den Bildschirmen an, aber er sah weder die zuckenden Laserblitze noch die Flammen oder die sterbende Stadt. Für Augenblicke sah er sie, wie sie einmal gewesen war, groß, stolz und voller Menschen, die ihre Probleme und Sorgen gehabt hatten, aber frei gewesen waren. Er war nicht naiv genug, sich im Ernst einzureden, es könnte jemals wieder so werden. Die Erde hatte Wunden davongetragen, die nie wieder völlig heilen würden. Aber vielleicht hatten sie die Chance, noch einmal anzufangen.

»Und ... Captain Laird?« fragte er.

Diesmal zögerte Kyle mit einer Antwort. »Ich kann Ihnen nichts versprechen, Hartmann«, sagte er dann. »Wir werden tun, was in unserer Macht steht, um sie zu beschützen. Aber ich will Sie nicht belügen.«

Sekunden vergingen, reihten sich zu einer Minute, in der ein tiefes, ungutes Schweigen von der Kommandozentrale des Eifel-Bunkers Besitz ergriff. Dann sagte Hartmann, so leise, daß er nicht einmal sicher war, ob Kyle die Worte überhaupt verstand: »Was verlangen Sie von uns?«

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