19

Auf den goreanischen Straßen erweckte ich kaum Aufmerksamkeit. Es ist nicht ungewöhnlich, einen Mann zu sehen, der seine Sklavin über der Schulter trägt. Mein Ziel war das Haus, das ich mit Beverly vor einiger Zeit schon bewohnt hatte, als ich der Sklavin fälschlicherweise den Status und die Würde einer freien Frau verlieh. Mir gefiel das Haus, und da es meinen Bedürfnissen entsprach, hatte ich es mit einigen Goldstücken gekauft, einem winzigen Teil meiner Beute aus Policrates’ Festung. Natürlich waren dort nicht nur Frauen zu verteilen gewesen, sondern auch Reichtümer aller Art.

In der Tat, nach goreanischen Verhältnissen war ich ein reicher Mann. Ich hätte mir hundert Mädchen von der Sorte leisten können, wie ich sie gerade auf der Schulter trug. Aber ich wollte nur diese eine. Nur diese würde meine Bedürfnisse erfüllen können. Auf diese Sklavin, die ich vor langer Zeit schon auf der Erde gekannt hatte, war meine Wahl gefallen.

Das Haus, das seitlich von einem mauergeschützten Garten gesäumt ist, stand etwas zurückgesetzt an einem kleinen Hügel, in dessen Hang es hineingebaut war. Ich näherte mich ihm von der Seite. Auf dem steinernen Treppenabsatz, vor dem schweren Portal, blieb ich stehen. Ich spürte, wie sich das Mädchen angstvoll auf meiner Schulter wand. Sie wußte, wir hatten ein Ziel erreicht. Aber welches?

Ich ließ sie von der Schulter gleiten, packte sie an Schulter und Oberschenkel und hielt sie einen Augenblick hoch über den Kopf. Sie wimmerte. Sollte sie aus dieser Höhe in eine Grube voller Sleen geworfen werden oder gar in das kalte Wasser des Vosk? Aber dann setzte ich sie auf den Knien neben der Tür ab und öffnete das Schloß. So trug ich sie, einem alten goreanischen Zeremoniell entsprechend, mit den Füßen voran ins Haus – eine Sklavin, die zum erstenmal in das Heim ihres Herrn gebracht wird. Nicht zum erstenmal war dieses Mädchen hier, doch hatte sie zuvor als Miß Henderson hier gelebt, nicht aber als vollkommen unterworfene Sklavin. Ich legte Wert auf den Unterschied.

Das Mädchen schien ein wenig von ihrer Angst verloren zu haben. Sie wirkte zwar noch angespannt, doch hatte sie mitbekommen, daß sie über eine Schwelle getragen worden war und jetzt in einem Zimmer kniete. Sie konnte sich ausrechnen, daß sie mit dem Leben davonkommen würde, wenn sie nur ihrem Herrn gefiel. Und ich hatte keinen Zweifel, daß sie sich darum bemühen würde.

Ich lockerte die Sklavenhaube, ohne sie allerdings ganz abzunehmen, und zog ihr den Knebel aus dem Mund.

»Ich werde dir eine gute Sklavin sein, Herr«, sagte sie. »Du wirst mich nicht strafen müssen.« Schüchtern streckte sie die kleinen Hände aus und berührte meine Waden und Fußgelenke. Dann beugte sie sich vor und küßte mir die Füße. »Verzeih mir, wenn ich dir mißfallen habe, Herr!« sagte sie. »Ich bin deine Sklavin und liebe dich, Herr, ich liebe dich.« Langsam richtete sie sich auf, und ich sah ihre Lippen zittern. »Ich bin voll und ganz die deine, mein goreanischer Herr. Ich unterwerfe mich dir in allen Dingen.«

Ich löste die Hände von meinen Beinen und trat zurück.

Flehend streckte sie die Hände aus. »Herr!« rief sie. »Habe ich dich gekränkt?« Sie wirkte sehr klein in dem großen Zimmer. »Ich will versuchen, den Rest meiner erdgeborenen Zurückhaltung abzuwerfen und dir eine richtige goreanische Sklavin zu sein. Sei gnädig mit mir, Herr! Töte mich nicht!«

Ich wandte mich zur Wand und nahm einen offenen Sklavenkragen von einem Haken. Es war ein Standard-Eisenband, wie es auf Gor von vielen Mädchen getragen wird. Es würde sich gut machen am Hals des Mädchens.

»Bitte töte mich nicht, Herr!« wimmerte das Mädchen und streckte die Hände aus.

»Ein Kragen!« rief sie und berührte das Metall. »Ein Sklavenkragen.« Ihre Finger tasteten sich weiter, umfaßten meine Handgelenke. Inbrünstig küßte sie mir die Finger. »Du willst mir deinen Kragen umlegen, Herr! Oh, vielen Dank, Herr! Vielen Dank! Ich ersehne deinen Kragen! O bitte, Herr, leg mir deinen Kragen um! Ich gehöre dir!«

Es gefiel mir, die frühere Miß Henderson, die auf der Erde so hochmütig gewesen war, nackt vor mir knien zu sehen.

Grob schob ich ihren Kopf herum und legte ihr den Kragen um. An den Oberarmen zog ich sie hoch. Ihr Kopf hing nach hinten. Ich hatte ihr meinen Kragen gegeben. Sie trug meinen Sklavenkragen! In unbezwingbarer Freude schüttelte ich sie. Sie trug meinen Kragen!

»Herr?« japste sie erschrocken.

Am liebsten hätte ich losgebrüllt vor Freude.

»Ich danke meinem Herrn für seinen Kragen«, flüsterte sie. »Ich werde mich bemühen, seiner würdig zu sein.«

Ich betrachtete die vor mir kniende Sklavin, ergriff ihre Hände, hockte mich nieder und führte ihre kleinen Finger an mein Gesicht.

»Mein Herr hat seine Maske abgenommen!« rief sie überrascht. »Aber das hat ja nichts zu besagen, denn ich trage die Sklavenhaube.«

Ich gab ihre Hände frei und stellte mich vor sie hin. Lange Zeit musterte ich die ehemalige Miß Henderson, eine namenlose Sklavin zu meinen Füßen. Schließlich legte ich ihr die Hand unter das Kinn und bedeutete ihr aufzustehen.

»Herr?« fragte sie und gehorchte.

Ich begann die Schnüre der Sklavenhaube zu lösen.

»Willst du mir die Augenbinde abnehmen?« rief sie. »Aber mein Herr trägt keine Maske! Soll ich das Gesicht meines Herrn sehen dürfen?« flüsterte sie. Sie legte die Hand auf meine Finger, die sich um den Rand der gelockerten Sklavenhaube gelegt hatten.

Mit beiden Händen ergriff ich die Haube und schob sie ein Stück hoch. Noch konnte sie mich nicht sehen.

»Ich liebe dich, und ich bin deine Sklavin«, flüsterte sie.

Ich zog die Sklavenhaube zur Seite, legte ihr eine Hand in den Nacken und die andere fest auf den Mund. In den Augen, über meiner Hand stand ein wirrer, ungläubiger Ausdruck. Ich hielt sie einige Zeit fest, damit sie sich fassen und auf die Situation einstellen konnte. Als sie dann wieder etwas ruhiger atmete, ließ ich sie los und trat einen Schritt zurück. Verwirrung und Unsicherheit malten sich in ihrem Blick. Sie sagte nichts. Sie wußte nicht, was sie tun sollte. Sie konnte mit mir nichts anfangen.

»Du?« fragte sie schließlich. »Du bist mein goreanischer Herr? Du hast all diese Dinge mit mir getan?«

»Ja«, erwiderte ich.

»Es war deine Kraft, die mich zähmte, die mir die sklavische Unterwerfung abforderte?«

»Ja.«

»Ich bin unbekleidet«, sagte sie.

»Natürlich.« Am liebsten hätte sie sich wohl abgewandt und ihre Blöße bedeckt. Sie blieb aber dann doch stehen. Sie wußte noch immer nicht, wie sie sich verhalten sollte.

»Dieser Kragen?« fragte sie.

»Gehört mir.«

»Gewiß wirst du ihn mir jetzt abnehmen.«

»Nein.«

»Du weißt doch, was ein solcher Kragen auf Gor bedeutet?« fragte sie.

»Ja.«

»Aber du kannst mich nicht als Sklavin halten, denn ich bin eine Frau der Erde, und du bist ein Mann von der Erde.«

»Diese Realität hat sich längst verändert, außerdem trägst du bereits das goreanische Brandzeichen der Sklavin.«

»Es ist also kein Scherz?«

»Befühl mal den Kragen – er ist doch nicht der erste, den du trägst!«

Sie gehorchte.

»Kannst du ihn lösen?« fragte ich.

Sie schüttelte den Kopf. »Aber du hast uns in unser Haus gebracht.«

»Nicht unser Haus«, antwortete ich, »sondern mein Haus.«

»Du willst mich als Sklavin in einem Haus halten, in dem ich zuvor als freie Frau gelebt habe?«

»Gewiß, aber ich habe inzwischen gewisse Verbesserungen anbringen lassen – unter anderem ein Sklavengehege!«

»Jetzt ist es genug!« rief sie. »Wie ich sehe, mußt du begreifen lernen, wie intelligent und mächtig eine Frau von der Erde sein kann. Nimm mir sofort diesen Kragen ab, Bursche! Ich falle nicht auf deinen Bluff herein!«

Plötzlich schrie sie auf; ich hatte eine Sklavenpeitsche von der Wand gerissen und ihr damit mehrere Hiebe versetzt.

»In die Mitte des Zimmers! Auf die Knie!« befahl ich, und sie gehorchte.

»Nein, du kommst mit deinem Bluff nicht durch, kleine Sklavin!« rief ich zornig.

»Oh! Oh!«

»Bist du heiß in deinem Kragen, kleines Biest?« fragte ich zornig.

»Oh!« rief sie erschaudernd, und ich streichelte ihr mit den Peitschenschnüren vorsichtig über Rücken und die Flanken.

Schluchzend ergab sie sich ihrem Gefühl.

»Was bist du?« fragte ich.

»Eine Sklavin!« rief sie.

»Wessen Sklavin?«

»Die deine, Herr! Die deine!«

»Vielleicht hast du bereits ein wenig von dem begriffen, was es heißt, Sklavin zu sein.«

»Ja, Herr.«

»Und was ist jetzt dein Wunsch?«

»Meinem Herrn zu gefallen.«

»Die Antwort ist geziemend.«

Ich ging um sie herum. »Eine wertlose kleine Schlange bist du, aber hübsch. Und deine Sklavenreflexe können sich sehen lassen.«

»Die du bisher aber noch nicht ausgenutzt hast, Herr«, flüsterte sie.

»Ich frage mich, ob ich dich verkaufen soll.«

»Bitte verkauf mich nicht, Herr! Ich würde einen so niedrigen Preis erbringen, daß der Herr mich genausogut behalten könnte.«

»Nun gut, ich werde dich behalten, wenigstens zunächst.«

»Ich werde mich bemühen, Herr. Vielen, Dank, Herr.«

»Du brauchst ein Bad.«

»Ja, Herr.«

Ein Geräusch ließ mich zur Tür herumfahren. »Wer ist da?«

»Lola, Herr!« ertönte eine Stimme. »Ich habe deine Sachen mitgebracht.« Sie war mir gefolgt und hatte sich dabei weisungsgemäß Zeit gelassen, damit ich das neue Mädchen ins Haus bringen konnte.

Ich ging zur Tür und ließ Lola eintreten, die sofort vor mir niederkniete.

»Du darfst aufstehen«, sagte ich. »Bring meine Sachen herein und schließ die Tür.«

Die Sklavin gehorchte und kam dann in den großen Raum. Dort betrachtete sie die am Boden kniende Sklavin.

»Ach, was haben wir denn da?« fragte sie. »Der Herr weiß wirklich, wie man Sklavinnen behandelt.«

»Ja, Herrin«, sagte das Mädchen.

»Weißt du noch, wie du mich als freie Frau zum Hafen brachtest und verkauftest?«

»Ja, Herrin«, antwortete das Mädchen. »Inzwischen bin ich auch nichts anderes als eine Sklavin.«

»Wer ist hier das erste Mädchen?« fragte Lola.

»Lola ist das erste Mädchen«, sagte ich.

»Du bist das erste Mädchen im Haus!« rief die Sklavin.

»Ein hübsches kleines Ding«, sagte Lola lachend.

»Ich glaube, sie wird sich zufriedenstellend machen«, sagte ich, »bei den Aufgaben, die sie erfüllen soll.«

»Was hast du für Befehle, Herr?« fragte Lola.

»Übermorgen abend«, sagte ich, »werde ich hier ein kleines Abendessen geben, nichts Besonderes, nur einige Freunde kommen. Im wesentlichen wird Tasdrons Taverne die Ausstattung des Festes besorgen, dennoch bleibt auch für dich viel einzukaufen und zu kochen.«

»Ich verstehe, Herr«, sagte Lola.

»Das Haus muß natürlich tadellos in Schuß sein«, sagte ich.

»Ja, Herr.«

»Und ich verlasse mich darauf, daß du es hübsch mit Girlanden und Blumen und so weiter ausschmückst. Und außerdem sorgst du für ein wenig geschmackvolle Unterhaltung.«

»Ja, Herr.«

»Wenn nicht alles bestens läuft, werde ich mich unzufrieden zeigen.«

»Mein Herr wird zufrieden sein«, antwortete sie.

»Es ist spät geworden.«

»Was ist mir ihr?« fragte Lola und deutete mit einer Kopfbewegung auf die kniende Sklavin.

»Du wäschst sie gründlich und steckst sie über Nacht in das Gehege.«

»Schau doch«, sagte Lola plötzlich, »sie ist ohnmächtig geworden. Sie hat das Bewußtsein verloren!« Lola begann zu lachen.

»Sie hat viel durchgemacht«, bemerkte ich. »Sie mußte heute abend viel Neues lernen.«

»Wenn man den Kragen trägt, muß man schnell lernen«, bemerkte Lola.

»Stimmt.« Ich wandte mich ab. Ich war müde.

»Herr?«

»Ja?«

»Wie soll sie behandelt werden?«

»Du bist das erste Mädchen im Haus«, antwortete ich. »Richte dich danach.«

»Du sprachst von einer kleinen Unterhaltung für deine Gäste.«

»Ja?«

»Soll die hübsche kleine Sklavin«, fragte Lola und deutete auf die bewußtlose ehemalige Miß Henderson, »daran mitwirken?«

»Selbstverständlich«, sagte ich.

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