7.

Der Dienstag begann heiß und windstill; eine scharlachrote Sonne schob sich an einem klaren, messing-farbenen Himmel herauf. Den Fuzzys schien das gar nicht zu gefallen — sie waren an diesem Morgen reizbar und unruhig. Vielleicht würde es doch bald einmal regnen. Jack und sein Besucher beschlossen, sich draußen an den Picknicktisch zu setzen. Nach etwa zwanzig Minuten verabschiedete Ben sich, weil er sein Gewehr holen und auf Jagd gehen wollte.

Kurz darauf kamen Ruth Ortheris und Gerd van Riebeek zu Jacks Haus herüber und leisteten ihm beim Frühstück Gesellschaft.

Kaum hatten sie sich an den Tisch gesetzt, kamen einige Fuzzys herübergelaufen; bisher hatten sie in der Umgebung nach Garnelen gesucht. Little Fuzzy sprang auf den Tisch, um nach Leckerbissen zu suchen, Ruth nahm sich Goldlöckchen auf den Schoß, und als Gerd sich nach einigen Minuten ins Gras ausstreckte, setzte sich Ko-Ko auf seine Brust.

Dann erhob sich in Kelloggs Lager ein Gleiter und schwebte herüber. Juan Jimenez steuerte ihn, und als er herankam, steckte Ernst Mallin seinen Kopf heraus und fragte Ruth, ob sie fertig sei. Dann richtete er Gerd aus, daß Kellogg ihn in ein paar Minuten abholen würde. Nachdem Ruth in den Gleiter gestiegen war, setzte Gerd Ko-Ko von seiner Brust herunter und holte eine Zigarette aus der Tasche.

»Ich weiß nicht, was in sie gefahren ist«, sagte er, während er dem Gleiter nachschaute. »Oder doch, ich weiß es: Sie hat eine Anweisung von oben bekommen. Kellogg hat gesprochen. Fuzzys sind einfach dumme kleine Tiere«, sagte er bitter.

»Sie arbeiten doch auch für Kellogg, nicht wahr?«

»Ja, aber das bedeutet noch lange nicht, daß er meine fachlichen Ansichten diktiert. Wissen Sie, in der schlimmen Stunde, als ich den Job annahm…« Er stand auf, um seinen Gürtel auf der einen Seite hochzuziehen, weil seine Kameraausrüstung schwer daran zog. »Jack, hat Ben Rainsford bereits einen Bericht über die Fuzzys an das Institut geschickt?« wechselte er das Thema abrupt.

»Warum?«

»Wenn nicht, dann sagen Sie ihm, er soll sich damit beeilen.«

Sie hatten keine Zeit, sich weiter darüber zu unterhalten, denn in Kelloggs Lager erhob sich ein zweiter Gleiter — zweifelsohne der Kelloggs.

Jack Holloway ließ sich mit seinen Hausarbeiten Zeit, schob vor allem das Abwaschen lange vor sich her. Nach und nach kehrten die gemieteten Gleiter wieder in das andere Lager zurück, und als Jack sich an seinen Wohnzimmertisch gesetzt hatte, nachdem die Fuzzys ihr Mittagsschläfchen begonnen hatten, war auch Gerd van Riebeek wieder da und klopfte an seine Tür.

»Jack, kann ich Sie einen Augenblick sprechen?«

»Natürlich, kommen Sie ‘rein.«

Van Riebeek trat ein, schnallte seinen Waffengurt ab. Er drehte seinen Stuhl so, daß er im Sitzen zur Tür hinausschauen konnte, die Waffe vor sich auf dem Boden. Dann begann er, Leonhard Kellogg in vier oder fünf Sprachen zu verfluchen.

»Nun, im Prinzip bin ich Ihrer Meinung«, sagte Jack. »Aber was hat er denn jetzt getan?«

»Wissen Sie, was dieser Sohn eines Kooghras vorhat?« fragte Gerd. »Er und dieser…« Er benutzte einige Worte in sheshanischer Sprache, die auf Terra nicht ihresgleichen hatten. »Er und dieser Schwachkopf Mallin bereiten einen Bericht vor, in dem sie Ihnen und Ben Rainsdorf vorwerfen, einen handfesten Schwindel inszenieren zu wollen. Sie haben die Fuzzys ein paar Tricks gelehrt, haben ihre Gerätschaften selbst hergestellt, und Sie und Rainsford haben sich zusammengetan, um die Fuzzys zu vernunftbegabten Wesen erklären zu lassen. Jack, wenn das nicht eine elende Gemeinheit wäre, wäre es der größte Witz des Jahrhunderts!«

»Ich nehme an, die beiden wollten, daß Sie diesen Bericht ebenfalls unterzeichnen?«

»Ja, und ich habe Kellogg gesagt, er könne mich…« Was Kellogg hätte tun sollen, war offenbar in jeder Weise unausführbar. Er fluchte erneut, zündete sich dann eine Zigarette an. »Folgendes ist passiert: Kellogg und ich, wir befanden uns etwa dreißig Kilometer nördlich des Cold Creek. Sie wissen sicherlich, wo ich meine? Oben an der Stelle, wo Sie gesprengt haben. Nun, wir fanden eine Stelle, an der Fuzzys gelagert hatten. Und wir entdeckten ein kleines Grab, wo die Fuzzys einen der Ihren bestattet hatten.«

Er hätte mit so etwas rechnen müssen, und doch überraschte es ihn sehr. »Sie meinen, sie begraben ihre Toten? Wie sah das Grab aus?«

»Ein kleiner Steinhügel, in der Fläche etwa neunzig Zentimeter mal einen Meter zwanzig, etwa dreißig Zentimeter hoch. Kellogg sagte, daß sei bloß ich großes Abfalloch, aber ich wußte sofort, worum es sich handelte. Ich habe es geöffnet. Unter den Steinen war festgestampfte Erde und dann ein toter Fuzzy, eingehüllt in Gras. Ein Weibchen; irgendein Raubtier, vielleicht ein Buschgoblin, hatte sie angefallen und zerrissen. Und passen sie gut auf, Jack: sie hatten ihren Garnelentöter mit begraben.«

»Sie begraben ihre Toten! Was hat Kellogg denn getan, während Sie das Grab öffneten?«

»Er rannte hektisch umher, während ich begeistert davon sprach, wie bedeutsam dieser Fund sei. Er drängte ständig nur darauf, endlich wieder ins Lager zurückzukehren. Über Funk forderte er Mallin auf, das auch zu tun, und als er ihm dann erzählte, was wir gefunden hatten, wollte Mallin sofort mit aschfahlem Gesicht wissen, wie wir die Geschichte verheimlichen könnten. Ich fragte ihn, ob er verrückt geworden sei, und dann kam Kellogg damit heraus — sie wollen auf keinen Fall, daß den Fuzzys Vernunft nachgewiesen wird.«

»Weil die Gesellschaft Fuzzyfelle verkaufen will?«

Van Riebeek sah ihn überrascht an. »Daran habe ich noch gar nicht gedacht. Ich glaube, sie aber auch nicht. Nein. Wenn die Fuzzys nämlich intelligente Wesen sind, dann ist der Vertrag der Gesellschaft null und nichtig.«

Diesmal fluchte Jack, aber nicht auf Kellogg, sondern auf sich selbst.

»Was bin ich doch für ein Tattergreis! Mein Gott, ich kenne das Kolonialgesetz, schließlich habe ich mich auf unzähligen Planeten hart an seinem Rand bewegt. Daß ich nie daran gedacht habe — ja, er wäre wertlos, Sie haben recht. Wie stehen Sie jetzt überhaupt zur Gesellschaft?«

»Ich gehöre nicht mehr dazu, aber das ist mein Problem. Ich habe genug Geld auf der Bank, um meine Reise nach Terra bezahlen zu können, ganz abgesehen davon, was ich für meinen Gleiter und einige andere Sachen erhalte. Und Xeno-Naturforscher brauchen sich um einen Job nicht zu sorgen. Da wäre ja noch Ben mit seiner Gruppe. Und, mein Lieber, wenn ich nach Terra zurückkomme, werde ich ordentlich auspacken!«

»Wenn Sie zurückkommen. Wenn Ihnen nicht vor Betreten des Schiffes ein Unfall zustößt.« Jack dachte einen Augenblick lang nach. »Verstehen Sie etwas von Geologie?«

»Nun, ein wenig; ich habe manchmal mit Fossilien zu tun. Ich bin gleichermaßen Paläontologe und Zoologe. Warum?«

»Möchten Sie nicht eine Weile bei mir bleiben und mit mir versteinerte Quallen suchen? Wir werden zu zweit nicht automatisch die doppelte Menge finden, aber während ich in eine Richtung schaue, können Sie die andere im Auge behalten. Dadurch leben wir vielleicht etwas länger.«

»Ist das Ihr Ernst, Jack?«

»Ich hab’s doch gesagt, nicht wahr?«

Van Riebeek erhob sich und streckte Jack seine Hand hin. Jack kam um den Tisch herum und schüttelte sie. Dann griff er nach seinem Waffengurt und schnallte ihn sich um.

»Leg deinen auch lieber um, Partner«, sagte er. »Vermutlich ist Borch der einzige, für den wir eine Pistole brauchen werden, aber…«

Van Riebeek tat es ihm nach, zog seine Pistole, um die Kammer zu laden. »Was tun wir jetzt?« fragte er dann.

»Nun, wir werden versuchen, diese Sache auf legalem Weg zu bereinigen. Ich werde sogar die Polizei verständigen.«

Er betätigte die Kontrollen am Visifon. Der Bildschirm wurde hell, und dann erkannte man darauf das Innere einer Polizeistation. Der Sergeant, der sie ansah, erkannte ihn und grinste.

»Hallo, Jack. Wie geht’s der Familie?« fragte er. »Ich komme mal einen Abend ‘raus, um sie mir anzusehen.«

»Sie können gleich welche sehen.« Ko-Ko, Goldlöckchen und Cinderella kamen aus dem Schlaf räum herüber, und Jack setzte sie alle drei auf den Tisch. Der Sergeant war fasziniert. Dann mußte er bemerkt haben, daß die beiden Anrufer selbst im Haus ihre Waffen trugen. Seine Augen verengten sich.

»Gibt es Schwierigkeiten, Jack?« fragte er.

»Einige kleine, aber sie könnten größer werden. Ich habe hier einige Gäste, die mir nicht mehr willkommen sind. Oder besser: ungebetene Gäste, die ich hinauswerfen möchte. Wenn hier ein paar blaue Uniformen wären, könnte ich mir ein paar Kugeln sparen.«

»Ich verstehe. George hat schon erwähnt, daß Sie noch bedauern würden, diese Bande zu sich eingeladen zu haben.« Er griff nach dem Telefon. »Calderon an Wagen drei«, sagte er. »Hören Sie mich, drei? Jack Holloway hat Ärger mit einigen Besuchern. Ja, ganz richtig. Er will sie wegschicken und befürchtet, daß sie ihm Ärger machen werden. Jawohl, der friedfertige Jack Holloway. Fliegt also mal zu ihm hinüber und jagt diese Leute von seinem Grund. Wenn sie sich aufblasen und anführen, daß sie große Tiere der Gesellschaft seien, so interessiert uns das überhaupt nicht.« Er legte den Hörer zurück. »In einer Stunde werden sie da sein, Jack.«

»Ja, vielen Dank, Phil. Kommen Sie ruhig mal abends herüber und bleiben Sie eine Weile.«

Er schaltete das Gerät ab. »Weißt du«, sagte er dann. »Ich hielte es für fair, Kellogg wenigstens davon zu unterrichten. Wie ist seine Nummer?«

Gerd gab sie ihm, und Jack wählte sie — es war eine dieser komplizierten Kombinationen der Gesellschaft. Augenblicklich erschien Kurt Borch auf dem Bildschirm.

»Ich möchte mit Kellogg sprechen.«

»Dr. Kellogg ist im Augenblick sehr beschäftigt.«

»Er wird noch viel beschäftigter sein, wenn er hört, was ich zu sagen habe. Ihre ganze Bande hat bis achtzehn Uhr Zeit, von meinem Grund und Boden zu verschwinden.«

Borch wurde beiseite geschoben, und Kellogg erschien. »Was soll der Unsinn?« fragte er verärgert.

»Ich befehle Ihnen, zu verschwinden. Wollen Sie auch wissen, warum? Gerd van Riebeek kann es Ihnen sagen.«

»Sie können uns nicht so einfach wegschicken. Sie selbst haben uns doch die Erlaubnis erteilt…«

»Ist hiermit zurückgezogen. Im übrigen schickt Lunt zwei seiner Leute herüber. Ich gehe davon aus, daß Sie Ihre Sachen gepackt haben, wenn die beiden da sind.«

Er schaltete ab, während Kellogg ihm noch zu erklären versuchte, daß alles auf einem Mißverständnis beruhe.

»Ich denke, das wäre alles. Bis Sonnenuntergang ist es noch eine Weile — wir sollten ein wenig auf unsere neue Partnerschaft trinken. Dann gehen wir hinaus und beobachten den Feind.«


Als sie hinauskamen und sich auf die Bank neben der Küchentür setzten, war noch keine Feindtätigkeit zu sehen. Kellogg hatte inzwischen vermutlich die Polizeistation angerufen und sich alles bestätigen lassen, und außerdem gab es sicherlich eine Menge zu packen. Nach einer Weile tauchte Kurt Borch mit einem Antigrav-Heber voller Kisten und anderem Gepäck auf. Jimenez ging daneben her und achtete darauf, daß nichts herunterfiel. Jimenez kletterte auf den Gleiter und Borch hob die Last an und kehrte wieder in die Hütte zurück. Dies wiederholte sich mehrere Male. Unterdessen schienen Kellogg und Mallin einige Meinungsverschiedenheiten zu haben. Ruth Ortheris kam mit einer Mappe unter dem Arm heraus und setzte sich unter dem Sonnenschutzzelt an einen Tisch.

Weder Jack noch Gerd hatten auf die Fuzzys geachtet, bis sie einen entdeckten, der gerade den Weg zu der kleinen Brücke hinunterlief.

»Sieh dir diesen Dummkopf an. Bleib hier, Gerd, ich hol sie schon ein.« Jack hatte Goldlöckchen erkannt.

Er lief den Weg hinunter, aber als er dann die Brücke erreicht hatte, war Goldlöckchen schon hinter einem Gleiter vor Kelloggs Lager verschwunden. Als er näherkam, noch etwa sechs Meter von dem Fahrzeug entfernt war, hörte er plötzlich einen Laut, wie er ihn noch nie zuvor gehört hatte — ein schrilles, dünnes Kreischen, als ob eine Feile auf einem Sägeblatt entlangfuhr. Im gleichen Augenblick schrie Ruth:

»Nicht! Tun Sie es nicht, Leonhard!«

Als Jack den Gleiter umrundete, erstarb das Kreischen urplötzlich. Goldlöckchen lag am Boden, ihr Fell hatte sich gerötet. Kellogg stand über ihr, hatte einen Fuß erhoben. Er trug weiße Schuhe; sie waren beide mit Blut verschmiert. Mit seinem Fuß trat er auf den kleinen, blutenden Körper, und dann war Jack über ihm. Etwas krachte furchtbar, als seine Faust im Gesicht des anderen landete. Wieder und wieder schlug er zu. Später wußte er nicht mehr, wie oft er das getan hatte, als Ruth Ortheris’ Stimme zu ihm durchdrang.

»Jack, passen Sie auf! Hinter Ihnen!«

Er ließ Kelloggs Hemd los, sprang zur Seite, drehte sich um und griff dabei nach seiner Pistole. Kurt Borch stand etwa acht Meter von ihm entfernt und hielt seine Waffe auf ihn gerichtet.

Jack feuerte blitzschnell, immer noch aus der Drehbewegung heraus. Auf Borchs Hemd bildete sich ein roter Fleck, der ein gutes Ziel abgab. Jack drückte noch einmal ab. Borch ließ seine Pistole fallen, die er nicht mehr hatte abfeuern können, knickte in den Knien ein, schlug dann vornüber auf den Boden.

Hinter ihm ertönte Gerd van Riebeeks Stimme. »Keine Bewegung; jeder nimmt die Hände hoch. Sie auch, Kellogg.«

Kellogg, der am Boden gelegen hatte, stemmte sich in die Höhe. Aus der Nase strömte Blut, und er versuchte, es mit dem Ärmel seiner Jacke abzuwischen. Als er auf seine Leute zutaumelte, prallte er mit Ruth Ortheris zusammen, die ihn wütend von sich stieß… Dann kniete sie neben dem kleinen geschundenen Körper nieder und berührte ihn. Ruth begann zu weinen.

Juan Jimenez war aus dem Gleiter geklettert und starrte mit schreckgeweiteten Augen auf die Leiche Kurt Borchs.

»Sie haben ihn umgebracht!« schrie er. »Ermordet!« Er rannte auf das Wohngebäude zu.

Gerd van Riebeek feuerte ihm einen Schuß vor die Beine, worauf er wie angewurzelt stehenblieb.

»Helfen Sie Dr. Kellogg, Juan«, trug er ihm auf. »Er ist verletzt.«

»Rufen Sie die Polizei«, sagte Mallin. »Ruth, machen Sie das, auf Sie wird man nicht schießen.«

»Lassen Sie nur. Ich habe sie ja schon gerufen, wie Sie sich vielleicht erinnern«, warf Jack ein.

Jimenez hatte ein Taschentuch hervorgeholt und versuchte, damit das Nasenbluten seines Vorgesetzten zu stillen. Kellogg versuchte die ganze Zeit mit undeutlicher Stimme Mallin zu erklären, daß das ganze nicht seine Schuld sei.

»Das kleine Biest hat mich angegriffen; es hat mich mit seinem Speer gestochen.«

Ruth Ortheris sah auf. Die anderen Fuzzys kauerten neben ihr um die Leiche von Goldlöckchen.

»Sie zupfte ihn nur am Hosenbein, so wie sie es immer machen, wenn sie jemanden auf sich aufmerksam machen wollen«, sagte sie dann. Sie verstummte, weil ihre Stimme versagte. »Und er hat sie solange getreten, bis sie tot war«, fügte sie dann hinzu.

»Ruth, schweigen Sie!« herrschte Mallin sie an. »Das Tier hat Leonhard angegriffen und hätte ihn ernsthaft verwunden können.«

»Was es auch getan hat!« Kellogg, der sich immer noch das Tuch vor die Nase hielt, zog mit der freien Hand sein Hosenbein in die Höhe, zeigte auf eine blutende Stelle an seinem Schienbein. Sie sah aus wie ein kleiner Kratzer. »Sie haben es selbst gesehen.«

»Ja, das habe ich! Ich sah, wie Sie sie wegstießen und dann auf ihr herumtrampelten. Dabei wollte sie Ihnen nur ihr neues Spielzeug zeigen.«

Jack tat es inzwischen leid, daß er Kellogg nicht in dem Augenblick erschossen hatte, als er sah, was vor sich ging. Die anderen Fuzzys hatten versucht, Goldlöckchen auf die Füße zu stellen. Als sie begriffen hatten, daß das keinen Sinn hatte, ließen sie den toten Körper wieder sinken und kauerten sich im Kreis herum, wobei sie leise Klagelaute von sich gaben.

»Wenn gleich die Polizei kommt, verhalten Sie sich still«, verlangte Mallin. »Überlassen Sie das Reden mir.«

»Sie wollen wohl Zeugen einschüchtern, Mallin, wie?« fragte Gerd. »Wissen Sie denn nicht, daß auf der Polizeistation jeder unter dem Lügendetektor aussagen muß? Und Sie werden als Psychologe bezahlt.« Dann bemerkte er, wie einige der Fuzzys ihre Köpfe hoben und nach Südosten sahen. »Jetzt kommt die Polizei.«

Aber es handelte sich nur um Ben Rainsfords Gleiter, auf dessen Ladedeck eine Zebralope festgebunden war. Ben überflog Kelloggs Lager, landete dann und sprang mit gezogener Waffe heraus.

»Was ist passiert, Jack?« fragte er und sah sich dann um. Sein Blick ging von Kellogg zu Borch und der Waffe neben Borchs Leiche und zu Goldlöckchen. »Ich verstehe. Das letzte Mal, als jemand eine Waffe gegen dich zog, nannte man es Selbstmord.«

»Das war es diesmal auch, mehr oder weniger. Hast du in deinem Fahrzeug eine Filmkamera? Dann mach ein paar Aufnahmen von Borch und Goldlöckchen. Und achte dann darauf, ob die Fuzzys irgend etwas unternehmen; nimm es ebenfalls auf. Ich denke, du wirst nicht enttäuscht sein.«

Rainsford sah ihn verblüfft an, steckte dann aber seine Waffe ein, ging zu seinem Gleiter zurück und kam mit einer Kamera wieder. Mallin bestand darauf, daß er als Arzt das Recht habe, Kelloggs Verletzungen zu behandeln. Gerd van Riebeek folgte ihm in das Wohngebäude, um eine Erste-Hilfe-Ausrüstung zu holen. Sie kamen gerade wieder heraus — van Riebeeks Waffe in Mallins Rücken —, als der Polizeigleiter neben Rainsfords Fahrzeug niederging. Das war nicht Wagen drei. George Lunt sprang heraus, öffnete dabei sein Pistolenhalfter, während Ahmed Khadra ins Funkgerät sprach.

»Was ist geschehen, Jack? Warum haben Sie nicht gewartet, bis wir hier sind?«

»Dieser Verrückte hat mich angegriffen und diesen Mann da drüben ermordet!« erregte sich Kellogg.

»Heißen Sie auch Jack?« fragte Lunt.

»Mein Name ist Leonhard Kellogg, und ich bin Chef der…«

»Dann halten Sie den Mund, bis Sie gefragt werden. Ahmed, rufen Sie die Station an, Knabber und Yorimitsu sollen mit ihren Untersuchungsgeräten herkommen. Und erkundigen Sie sich, was Wagen drei aufhält.«

Mallin hatte inzwischen das Verbandszeug ausgepackt, Gerd seine Waffe eingesteckt. Kellogg drückte sich immer noch das Tuch an die Nase und wollte wissen, was es hier noch zu untersuchen gäbe.

»Da haben Sie doch den Mörder. Sie haben ihn doch auf frischer Tat ertappt. Warum verhaften Sie ihn nicht?«

»Jack, gehen wir dort hinüber, wo wir diese Leute bewachen können, ohne sie ständig hören zu müssen«, sagte Lunt. Er sah zu Goldlöckchens Leiche. »Geschah das zuerst?«

»Vorsicht, Lieutenant!« rief Mallin ihnen nach. »Er hat immer noch eine Pistole.«

Jack Holloway erzählte ihm die Vorkommnisse, und Lunt fragte immer wieder dazwischen. »Kellogg stampfte also auf dem Fuzzy herum, und Sie schlugen ihn dann. Wollten Sie ihn daran hindern?«

»Ganz richtig. Ich sage das auch unter dem Detektor aus, wenn Sie wollen.«

»Schon gut. Ich werde diese ganze Bande dem Lügendetektor unterziehen. Und dieser Borch hatte sein Schießeisen in der Hand, als Sie sich umdrehten? Schon gut, Jack. Wir werden natürlich ein Verhör machen müssen, aber das hier ist eindeutig Notwehr gewesen. Glauben Sie, daß einer von dieser Bande aussagen wird, ohne daß man ihn verhaften und an den Detektor anschließen muß?«

»Ruth Ortheris, denke ich.«

»Schicken Sie sie mir bitte her, ja?«

Sie war immer noch bei den Fuzzys, die klagend quiekten. Ben Rainsford stand neben ihr, half ihr auf. Dann ging sie zu Lunt hinüber.

»Was ist geschehen, Jack?« fragte Rainsford. Er sah hinüber zu Gerd. »Und auf wessen Seite steht er?«

»Auf unserer. Er hat der Gesellschaft gekündigt.«

Inzwischen schwebte Wagen drei heran; Jack mußte die ganze Geschichte noch einmal erzählen. Lunt verhörte der Reihe nach Jimenez und Mallin und Kellogg, als er mit Ruth fertig war. Dann kamen er und ein Mann aus Wagen drei zu Jack und Rainsford herüber.

Gerd van Riebeek stieß zu ihnen, als Lunt gerade sagte:

»Jack, Kellogg hat Sie wegen Mordes angeklagt. Ich sagte ihm, daß es Notwehr gewesen sei, aber er hört nicht auf mich. Nach dem Gesetz muß ich Sie jetzt verhaften.«

»In Ordnung.« Er schnallte seine Waffe ab und reichte sie dem Polizisten. »Und jetzt, George, erhebe ich Anklage gegen Leonhard Kellogg wegen der Tötung eines intelligenten Wesens, nämlich eines Eingeborenen des Planeten Zarathustra, der allgemein unter dem Namen Goldlöckchen bekannt war.«

Lunt sah zu der kleinen Leiche und den sechs klagenden Fuzzys um sie herum.

»Aber, Jack — juristisch sind sie keine vernunftbegabten Wesen.«

»Sowas gibt es nicht. Ein intelligentes Wesen ist intelligent, und das nicht erst, wenn man es dazu erklärt hat.«

»Fuzzys sind vernunftbegabte Wesen«, warf Rainsford ein. »Das ist die Meinung eines qualifizierten Xenowissenschaftlers.«

»Meine auch«, sagte Gerd van Riebeek. »Dies ist der Leichnam eines vernunftbegabten Wesens. Und das ist der Mann, der es ermordet hat. Lieutenant, verhaften Sie ihn; worauf warten Sie?«

»He, einen Augenblick!«

Die Fuzzys waren aufgestanden und schoben ihre Schwert-Schaufeln unter die Leiche Goldlöckchens und hoben sie auf die stählernen Schäfte. Ben Rainsford richtete seine Kamera auf sie, als Cinderella die Waffe ihrer Schwester aufhob und dem Leichenzug damit folgte. Die anderen trugen die Leiche zum anderen Ende der Lichtung. Rainsford blieb dicht hinter ihnen. Von Zeit zu Zeit machte er Bilder, lief ihnen dann wieder nach.

Sie setzten die Leiche ab. Mike, Mitzi und Cinderella begannen zu graben. Die anderen liefen umher und suchten Steine. George Lunt war ihnen gefolgt. Jetzt blieb er stehen, nahm seine Mütze ab und hielt sie in den Händen. Als die in Gras gehüllte Leiche in das kleine Grab gelegt wurde, senkte er seinen Kopf.

Dann, als der Steinhügel vollendet war, setzte er die Mütze wieder auf, zog seine Pistole und lud sie durch.

»Jetzt kann es losgehen, Jack«, sagte er. »Ich werde jetzt Leonhard Kellogg wegen Mordes an einem vernunftbegabten Wesen verhaften.«

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