6.

Die Stimme aus dem Lautsprecher verstummte; einen Augenblick summte das Bandgerät leer. Die Fotozelle klickte zweimal, die, mit einem Relais verbunden, ein Segment des Sonnenschildes öffnete und ein anderes auf der entgegengesetzten Seite der Kuppel schloß. Kommodore Alex Napier blickte von seinem Schreibtisch auf und musterte die zerklüftete Landschaft von Xerxes und die Schwärze des luftleeren Weltraums über dem beunruhigend nahen Horizont. Er griff nach seiner Pfeife und klopfte den Kopf im Aschenbecher aus. Keiner sagte etwas. Langsam stopfte er Tabak in den Pfeifenkopf.

»Nun, meine Herren?« forderte er zu Stellungnahmen auf.

»Pancho?« Captain Conrad Greibenfeld, der Erste Offizier, wandte sich an Lieutenant Ybarra, den Chefpsychologen.

»Wie zuverlässig ist das Zeug?« fragte Ybarra.

»Nun, ich habe Jack Holloway vor dreißig Jahren gekannt, das war auf Fenzis. Ich war damals noch Fähnrich. Er muß jetzt über siebzig Jahre alt sein«, betonte er. »Wenn er etwas sagt, glaube ich es. Und Bennett Rainsford ist natürlich absolut zuverlässig.«

»Und wie steht’s mit dem Agenten?« beharrte Ybarra.

Er und Stephen Aelborg, der Geheimdienstoffizier, tauschten Blicke aus, und Aelborg meinte:

»Einer der besten. Einer von unseren eigenen Leuten, Lieutenant in der Marinereserve. Sie brauchen sich wirklich keine Gedanken wegen seiner Glaubwürdigkeit machen, Pancho.«

»Nach dem, was ich gehört habe, scheinen sie vernunftbegabt zu sein«, sagte Ybarra. »Wissen Sie, das ist etwas, was ich die ganze Zeit halb erhofft und halb befürchtet habe.«

»Sie meinen, ein Grund, dort unten in dieses Durcheinander einmal richtig einzugreifen?« fragte Greibenfeld.

Ybarra sah ihn einen Moment ausdruckslos an. »Nein. Nein, ich meine einen Fall von Vernunft, der gerade an der Grenze liegt; etwas, worauf unsere heilige ›Sprache-und-Feuer-Regel‹ nicht zutrifft. Wie haben wir diese Meldung überhaupt erhalten, Stephen?«

»Nun, sie wurde uns vom Kontaktzentrum in Mallorys Port am späten Freitagabend übermittelt. Im übrigen scheinen mehrere Kopien dieses Berichts auf Band zu existieren; unser Agent gelangte in den Besitz einer solchen Kopie, überspielte sie dem Kontaktzentrum, das uns den Bericht mit den Anmerkungen des Agenten übermittelte«, sagte Aelborg.

»Natürlich«, fuhr er fort, »erkannte Grego sofort, was das zu bedeuten hatte. Er schickte Ernst Mallin, den Chef Psychologen der Gesellschaft, und Kellogg sofort auf den Beta-Kontinent, und sie hatten den Auftrag, Rainsfords und Holloways Behauptungen als dummes Zeug darzustellen. Jetzt hofft die Gesellschaft, die Fuzzys als Pelztiere jagen zu können, bis kein Exemplar mehr da ist, an dem man Rainsfords Theorie auf der Erde überprüfen kann.«

»Letzteres war mir bisher noch nicht bekannt.«

»Nun, wir können das beweisen«, versicherte Aelborg ihm.

»Wenn diese Fuzzys vernunftbegabte Wesen sind«, meinte Conrad Greibenfeld, »dann ist da unten doch alles illegal: Die Gesellschaft, die Kolonialbehörden, alles. Zarathustra wäre dann ein Planet der Klasse IV.«

»Wir werden nicht eingreifen, solange wir nicht dazu gezwungen werden. Pancho, ich denke, die Entscheidung dazu liegt im wesentlichen bei Ihnen.«

Pancho Ybarra erschrak.

»Großer Gott, Alex! Das kann nicht Ihr Ernst sein. Wer bin ich denn? Ein Niemand. Ein ganz gewöhnlicher Doktor der Medizin und der Psychologie. Die besten Psychologen in der ganzen Föderation…«

»… befinden sich nicht auf Zarathustra, Pancho. Sie sind auf Terra, fünfhundert Lichtjahre, sechs Monate Schiffsreise entfernt. Ein Eingriff liegt natürlich in meinem Kompetenzbereich, aber die Frage, ob vernunftbegabt oder nicht, die liegt bei Ihnen. Ich beneide Sie nicht, aber ich kann Ihnen das nicht abnehmen.«


Gerd van Riebeeks Vorschlag, daß alle drei Besucher im Gleiter schlafen sollten, war nicht sehr ernst genommen worden. Gerd selbst wurde in einer Kammer des Wohngebäudes untergebracht, Juan Jimenez begab sich mit Ben Rainsford für die Nacht in dessen Lager. Ruth Ortheris behielt die Kabine des Gleiters für sich allein. Am nächsten Morgen meldete Rainsford sich am Visifon, während Jack, Gerd und Ruth gerade mit den Fuzzys frühstückten; er und Jimenez hatten beschlossen, die Gegend um die Quelle des Cold Creek abzusuchen, da sie davon überzeugt waren, daß es in den dortigen Wäldern noch mehr Fuzzys geben mußte.

Ruth, Gerd und Jack saßen draußen am Frühstückstisch im Freien und plauderten und dachten sich Ausreden dafür aus, nicht abwaschen zu müssen. Mama Fuzzy und Baby rannten im hohen Gras herum. Plötzlich stieß Mama Fuzzy einen schrillen Schrei aus und rannte auf die Hütte zu, wobei sie Baby mit der flachen Seite ihres Schwert-Spatens zur Eile antrieb.

Jack rannte ebenfalls sofort ins Haus. Gerd ergriff seine Kamera und sprang auf den Tisch. Ruth entdeckte als erste den Grund für die Aufregung.

»Jack! Dort drüben!« Sie deutete auf den Rand der Lichtung. »Zwei fremde Fuzzys!«

Jack lief weiter, aber statt seines Gewehrs holte er seine Kamera heraus, zwei zusätzliche Schwert-Spaten und ein wenig Ex-Te-Drei. Als er damit wieder erschien, hatten die beiden Fuzzys bereits die Lichtung betreten und standen jetzt nebeneinander da. Beides waren Weibchen, und beide trugen sie Garnelentöter bei sich.

»Haben Sie ausreichend Filmmaterial?« fragte er Gerd. »Bitte, Ruth, nehmen Sie das.« Er reichte ihr seine Kamera. »Bleiben Sie weit genug von mir weg, um alles festhalten zu können, was ich tue und was sie tun. Ich werde jetzt versuchen, gut Freund mit den beiden zu werden.«

»Unsere Fuzzys befinden sich jetzt hinter Ihnen«, sagte Gerd ihm. »Und zwar in einer richtigen Schlachtreihe, die Schwert-Spaten hoch erhoben. Jetzt bleiben sie stehen, etwa neun Meter hinter Ihnen.«

Jack brach ein Stück Ex-Te-Drei ab, steckte es sich in den Mund und aß. Zwei weitere Stücke hielt er dann den beiden Fuzzys hin. Das war zweifellos eine Versuchung für die beiden, führte aber nicht dazu, daß sie unvorsichtig wurden. Schließlich warf er ihnen die Stücke so hin, daß sie sie erreichen konnten. Ein Fuzzy sprang vor, warf seinem Kameraden ein Stück zu, griff sich das zweite und rannte zurück. Gemeinsam knabberten die beiden dann unter leisen Geräuschen des Wohlgefallens daran herum.

Seine eigene Fuzzy-Familie schien nicht sonderlich erbaut davon zu sein, daß er diese Kostbarkeiten an Außenstehende verschwendete. Die beiden Fremden jedoch beschlossen näherzukommen, und bald hatte er sie soweit, daß sie ihm die Notration aus der Hand aßen. Dann nahm er die beiden stählernen Schwert-Spaten heraus und konnte ihnen seine Absicht deutlich machen, sie einzutauschen. Die beiden Fremden waren unglaublich begeistert — das war zuviel für den bereits vorhandenen Stamm, und ärgerlich quiekend rückte er näher.

Die beiden fremden Weibchen zogen sich ein paar Schritte zurück und hoben ihre Waffen. Alles schien mit einem Kampf zu rechnen, und keiner wollte ihn. Nach allem, was Jack aus der Geschichte Terras wußte, war dies eine Situation, die sich zu ernsten Schwierigkeiten auswachsen konnte. Dann trat Ko-Ko vor, schleppte dabei seinen Garnelentöter in offensichtlich friedlicher Absicht hinter sich her. Mit leisem Quieken näherte er sich den beiden Weibchen, berührte dann erst das eine und dann das andere. Dann legte er seine Waffe auf den Boden und stellte einen Fuß darauf. Die beiden Weibchen begannen ihn zu streicheln.

Augenblicklich war die Krise behoben. Der Rest der Mitglieder kam heran, streckte seine Waffen hin und begann, die Fremden zu streicheln. Dann setzten sich alle im Kreis auf den Boden und schwankten rhythmisch mit den Oberkörpern. Schließlich erhob sich Ko-Ko, die beiden Weibchen folgten ihm, und dann marschierten sie alle hintereinander durch das Gras und auf das Haus zu.

»Haben Sie alles aufgenommen?« fragte Jack Holloway.

»Zumindest auf den Film«, antwortete Gerd. »Aber verstanden habe ich das nicht. Was ist geschehen?«

»Sie haben soeben den ersten Film über die Beziehungen zwischen verschiedenen Fuzzystämmen aufgenommen. Das hier ist das Zuhause der Familie, sie will keine fremden Fuzzys in der Nähe haben. Anfangs wollten sie die Mädchen fortjagen. Dann gefiel Ko-Ko ihr Äußeres, und er beschloß, sich mit ihnen zusammenzutun. Damit war alles anders — die Familie stellte fest, daß sehr wohl noch zwei Fuzzys in diesem Lebensraum Aufnahme finden konnten. Schließlich ist Pappi Jack ja ein guter Versorger. Ich schätze, sie zeigen den Mädchen jetzt die Familienschätze. Wissen Sie, die beiden haben in eine sehr wohlhabende Familie eingeheiratet.«

Die Mädchen bekamen die Namen Goldlöckchen und Cinderella. Während des Essens saßen sie alle im Wohnzimmer und hatten den Fernseher eingeschaltet; nach dem Essen begab sich die ganze Bande auf ein Nickerchen in Pappi Jacks Bett. Er selbst verbrachte den Nachmittag damit, die Filme zu entwickeln, während Gerd und Ruth die Notizen ins Reine schrieben, die sie am Tage zuvor gemacht hatten. Am Spätnachmittag, als sie damit fertig waren, kamen die Fuzzys heraus, um herumzutollen und Garnelen zu jagen.

Sie alle hörten den Gleiter lange vor den Menschen und rannten zu der Bank neben der Küchentür. Es war ein Polizeifahrzeug; es landete, zwei Beamte stiegen aus und erklärten, daß sie nur vorbeigekommen wären, um die Fuzzys zu sehen. Sie wollten wissen, woher die Neuen gekommen waren, und als Jack es ihnen erzählte, sahen sie sich an.

»Wenn wieder welche auftauchen, dann ruft uns und haltet sie auf, bis wir hier sind«, sagte einer von ihnen. »Wir könnten auf unserer Station auch noch einige gebrauchen — hauptsächlich wegen der Garnelen.«

»Was hält George denn davon?« fragte Jack. »Als er neulich abends hier war, schien er sich vor ihnen zu fürchten.«

»Ah, das hat sich gelegt«, sagte einer der Männer. »Er hat mit Ben Rainsford gesprochen; Ben sagte, sie wären völlig ungefährlich. Ben sagte sogar, daß sie keine Tiere, sondern denkende Wesen seien.«

Jack begann, den beiden von dem zu erzählen, was sie bisher mit den Fuzzys erlebt hatten. Noch während er damit beschäftigt war, traf ein zweiter Gleiter ein, und diesmal waren es Ben Rainsford und Juan Jimenez. Sie kletterten aus ihrer Maschine, sobald das Antigrav-Feld abgeschaltet war.

»Jack«, begann Rainsford sofort. »Dort oben wimmelt es nur so von Fuzzys. Sie alle bewegen sich in diese Richtung hier, es ist eine echte Völkerwanderung. Wir entdeckten über fünfzig von ihnen, vier Familien, Einzelwesen und Pärchen. Ich schätze, daß ihre tatsächliche Zahl noch zehnmal höher ist.« Dann entdeckte er Goldlöckchen und Cinderella. »He, wo kommen denn die beiden Mädchen her?«

Jack erklärte es ihm.

Kurz darauf näherte sich ein drittes Fahrzeug, diesmal ein großes Flugboot. Auf seinem Vorderdeck befanden sich zwei Männer, und Jack erkannte in dem einen Kellogg — der andere mußte Ernst Mallin sein. Ein dritter Mann kam aus der Steuerkanzel, nachdem das Antigrav-Feld abgeschaltet war. Jack konnte Mallin nicht leiden. Er hatte ein schmales, verkniffenes Gesicht, dem man Arroganz und Bigotterie ansah. Der dritte Mann war jünger. Sein Gesicht war nichtssagend, aber eine Ausbeulung unter der Schulter verriet einiges. Nachdem Kellogg ihn vorgestellt hatte, stellte Mallin seinerseits den jungen Mann als Kurt Borch, seinen Assistenten, vor.

Kaum daß sie sich dem Lager genähert hatten, interessierte Kellogg sich sehr für die Fuzzys. Er hockte sich hin, um sie zu untersuchen. Dann sagte er etwas zu Mallin, der seine Lippen zusammenpreßte und den Kopf schüttelte. Dann meinte er:

»Wir können sie solange nicht als vernunftbegabte Wesen ansehen, bis wir etwas an ihrem Verhalten finden, das sich durch keine andere Hypothese erklären läßt. Wir lägen weitaus richtiger, wenn wir erst einmal Unvernunft voraussetzen und dann versuchen, diese Annahme zu überprüfen.«


Sie aßen draußen am Picknicktisch, wo die Fuzzys sie interessiert beobachteten. Kellogg und Mallin waren deutlich bemüht, sie nicht zu erwähnen. Erst nach Einbruch der Dunkelheit, als die Fuzzys ihren Ball ins Haus brachten und alle im Wohnzimmer versammelt saßen, brachte Kellogg, der sich wie ein Versammlungsleiter aufführte, das Gespräch auf dieses Thema. Lange Zeit ließ er sich darüber aus, welch wichtige Entdeckung sie doch seien, und kein anderer kam dazu, auch nur ein Wort zu sagen. Die Fuzzys selbst ignorierten ihn und begannen, ihre Konstruktion aus Stangen und Kugeln zu zerlegen. Eine Weile sahen Goldlöckchen und Cinderella interessiert zu, dann beteiligten sie sich auch.

»Unglücklicherweise«, fuhr Kellogg fort, »besteht ein Großteil dessen, was wir wissen, nur aus unbestätigten Angaben Mr. Holloways. Bitte, verstehen Sie mich nicht falsch. Ich selbst bezweifle keine Sekunde lang das, was Mr. Holloway ausgeführt hat, aber Sie müssen sich darüber im klaren sein, daß professionelle Wissenschaftler nur äußerst zögernd unbestätigte Berichte von — entschuldigen Sie bitte — unqualifizierten Beobachtern akzeptieren.«

»So ein Unsinn, Leonhard!« unterbrach Rainsford ihn ungeduldig. »Ich bin professioneller Wissenschaftler und habe ein paar Jahre mehr Praxis als Sie. Ich akzeptiere Jack Holloways Aussagen. Ein Prospektor wie Jack ist ein sehr sorgfältiger und exakter Beobachter. Leute, die das nicht sind, leben auf Grenzplaneten nicht lange.«

»Nein, bitte, verstehen Sie mich nicht falsch«, wiederholte Kellogg. »Ich bezweifle Mr. Holloways Aussagen nicht. Ich dachte nur an die Reaktion auf Terra.«

»Darum würde ich mich nicht sorgen, Leonhard. Das Institut akzeptiert meine Berichte, und ich verbürge mich für die Verläßlichkeit von Jack Holloway. Außerdem kann ich einen Großteil seiner Beobachtungen aus persönlicher Anschauung bestätigen.«

»Und nicht nur das«, warf Gerd van Riebeek ein. »Eine Kamera ist kein unqualifizierter Beobachter. Wir haben eine Menge Filmmaterial über die Fuzzys.«

»Ah ja, solche Filme wurden wohl erwähnt«, sagte Mallin. »Sie haben aber noch keine entwickelt, oder?«

»Eine ganze Menge. Alles bis auf die Aufnahmen, die heute nachmittag im Wald gemacht wurden. Wir können sie sofort vorführen.«

Er zog die Leinwand vor dem Gewehrschrank herunter, holte den Film und legte ihn in den Projektor ein. Die Fuzzys, die gerade eine neue Konstruktion aus Kugeln und Stäben in Angriff genommen hatten, waren zuerst etwas ungehalten, als das Licht erlosch, rannten dann aber aufgeregt herum, als Little Fuzzy persönlich auf der Leinwand erschien, wie er sich eine kleine Abfallgrube grub. Besonders Little Fuzzy war sehr erregt — falls er sich selbst nicht erkannte, dann erkannte er auf jeden Fall den Meißel. Dann sah man ihn, wie er Garnelen tötete und aß, wie er Schraubenmuttern auf- und abdrehte. Dann traten auch die anderen Fuzzys auf, und die Vorstellung endete damit, daß Goldlöckchen und Cinderella zu der Gruppe stießen.

»Die Aufnahmen, die Juan und ich heute nachmittag im Wald machten, sind nicht sehr ergiebig«, sagte Rainsford. »Meist sind nur Hinterteile zu sehen, die in den Büschen verschwinden.«

Mallin und Kellogg sahen sich überrascht an.

»Sie haben uns gar nicht erzählt, daß es noch mehr von ihnen gibt«, sagte Mallin mit einem anklagenden Unterton. Er wandte sich an Kellogg. »Das ändert die Lage natürlich.«

»Ja, allerdings, Ernst«, stieß Kellogg erfreut aus. »Das ist eine wunderbare Gelegenheit. Mr. Holloway, ich gehe doch richtig in der Annahme, daß hier in der Umgebung alles Land Ihnen gehört, oder? Würden Sie uns nun erlauben, auf der Lichtung zu lagern, auf der unser Fahrzeug jetzt steht? Wir werden uns vorgefertigte Hütten besorgen — die nächste Siedlung ist Red Hills, nicht wahr? — und lassen sie von einem Bautrupp der Gesellschaft aufstellen; auf die Weise belästigen wir sie bestimmt nicht. Eigentlich wollten wir nur heute nacht in unserem Fahrzeug hier bleiben und morgen wieder nach Mallorys Port zurückfliegen, aber wenn es hier in den Wäldern von Fuzzys wimmelt, ist daran natürlich nicht mehr zu denken. Sie haben doch nichts dagegen, oder?«

Er hatte sehr viel dagegen. Die ganze Geschichte wuchs sich zu einer spürbaren Last für ihn aus. Aber wenn er Kelloggs Bitte nicht nachkam, würden die drei achtzig oder hundert Kilometer von hier ihr Lager errichten, und dann wären sie von seinem Land weg. Er wußte, was dann kommen würde. Mit Fallen oder mit Betäubungsgas würden sie Fuzzys einfangen, sie in Käfige sperren und Labyrinth- oder Schockexperimente mit ihnen machen. Einige würde man ganz bestimmt sezieren und sich vielleicht nicht einmal die Mühe machen, sie vorher zu töten. Wenn sie auf seinem Land so etwas begannen, konnte er zumindest Maßnahmen dagegen ergreifen.

»Überhaupt nicht. Ich muß Sie nur noch einmal daran erinnern, diese Wesen rücksichtsvoll zu behandeln.«

»Oh, wir werden Ihren Fuzzys nichts tun«, sagte Mallin.

»Nicht einem«, sagte Holloway. »Jedenfalls nicht mehr als einmal.«


Am nächsten Morgen erschienen während des Frühstücks Kellogg und Kurt Borch. Borch hatte sich abgetragene Kleidungsstücke angezogen, dazu hohe Stiefel, und an seinem Gürtel trug er eine Pistole. Sie hatten eine Liste von Dingen bei sich, von denen sie glaubten, daß sie sie für ihr Lager benötigten. Keiner von beiden schien mehr als eine äußerst nebelhafte Vorstellung davon zu haben, was man für ein Lager alles brauchte. Jack machte ein paar Vorschläge, die angenommen wurden. Prompt strich er auch, als er beim Lesen darauf stieß, ein Röntgengerät wieder durch.

»Wir wissen nichts darüber, wie hoch die Strahlungstoleranz der Fuzzys ist«, sagte er. »Und wir werden das nicht auf die Weise herausbekommen, indem einer von ihnen eine tödliche Dosis erhält.«

Zu seiner Überraschung widersprach keiner von beiden. Gerd, Ruth und Kellogg borgten sich seinen Gleiter und flogen nach Norden; er und Borch gingen zu der Lichtung hinüber, und kurz darauf erschienen Rainsford und Jimenez, um Mallin abzuholen. Borch selbst nahm sich ein Boot, um damit nach Red Hill zu fahren. Gegen Mittag kehrte er zurück, und kurz darauf hatten die Experten der Gesellschaft aus Red Hill das neue Lager errichtet.

Zwei Jeeps kehrten am späten Nachmittag zurück, und aufgeregt erzählten die Insassen von den vielen Fuzzys, die sie gesehen hatten. Insgesamt hatte man drei Lagerstätten, eine davon in einem hohlen Kugelbaum, entdeckt. Die ersten beiden hatte man verlassen vorgefunden, die dritte war noch bewohnt gewesen. Kellogg bestand darauf, Jack und Rainsford abends in seinem Lager zu bewirten. Das Mahl war ausgezeichnet, denn sämtliche Gänge waren fertig gekocht geliefert worden und brauchten nur aufgewärmt zu werden.


Rainsford, der am Abend zuvor noch in sein eigenes Lager zurückgeflogen war, kehrte am späten Vormittag von Süden her zurück und landete vor Jacks Haus. Jack war ihm beim Ausladen seines Gepäcks behilflich, dann setzten sie sich unter den großen Federblattbaum, um eine Pfeife zu rauchen und den Fuzzys beim Spielen zuzuschauen. Hin und wieder sahen sie Kurt Borch, der drüben im anderen Lager herumlief.

»Ich habe den Bericht abgeschickt«, sagte Rainsford mit einem Blick auf die Uhr. »Inzwischen dürfte er sich auf unserem Postboot nach Mallorys Port befinden; morgen um diese Zeit ist er bereits im Hyperraum nach Terra unterwegs. Wir werden überhaupt nichts davon sagen, sondern einfach zusehen, wie Kellogg und Mallin sich den Mund fusselig reden, um uns davon abzuhalten.« Er kicherte. »Ich habe ganz eindeutig Vernunft für die Fuzzys reklamiert; als ich soweit war, den Bericht abzuschicken, konnte ich zu keinem anderen Schluß kommen.«

»Ich schon gar nicht. Habt ihr das gehört, Kinder?« fragte er Mike und Mitzi, die herangekommen waren, weil sie irgend etwas von den Männern erwarteten. »Onkel Ben sagt, daß ihr vernunftbegabt seid.«

»Quiek?«

»Sie wollen wissen, ob es gut zu essen ist. Was wird jetzt geschehen?«

»Etwa ein Jahr lang nichts. In sechs Monaten, wenn das Schiff auf Terra eintrifft, wird das Institut den Bericht an die Presse geben, und dann wird man ein Forschungsteam herschicken. Die Regierung wird wohl auch einen Vertreter entsenden. Schließlich sind unterzivilisierte Eingeborene auf kolonisierten Planeten automatisch Mündel der Terraföderation.«

Jack kam zu dem Schluß, daß ihm das gar nicht gefiel. Je weniger er mit der Regierung zu tun hatte, desto besser, und seine Fuzzys waren seine Mündel. Das sagte er auch deutlich.

Rainsford nahm Mitzi auf und streichelte sie. »Ein schönes Fell«, sagte er. »Solch ein Pelz würde gute Preise bringen. Und das wird er auch, wenn wir es nicht erreichen, daß diese Leute hier zu vernunftbegabten Wesen erklärt werden.«

Er sah hinüber ins andere Lager und dachte nach. Vielleicht war Leonhard Kellogg auch schon auf diesen Gedanken gekommen und zählte insgeheim schon den Profit aus den Fuzzy-Pelzen für die Gesellschaft.

Kellogg wollte nicht, daß Fuzzys vernunftbegabt waren. Erklärte man sie nicht dazu, waren es einfache Pelztiere. Jack sah vor seinem geistigen Auge schon einige dekadente reiche Witwen, die ihre fetten Leiber in die Felle von Little Fuzzy, Mama Fuzzy, Mike und Mitzi, Ko-Ko und Cinderella, Goldlöckchen und Baby Fuzzy gehüllt hatten. Bei dem Gedanken wurde ihm schlecht.

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