5.

Er träumte, und - ungewöhnlich genug - er war sich dessen die ganze Zeit über bewußt. Es war ein wirrer, von düsteren Bereichen scheinbar grundloser Furcht durchzogener Fiebertraum, und irgendwie war er sonderbar zweigeteilt: es war, als wäre ein Teil seines Bewußtseins noch immer wach, denn er registrierte sehr wohl, daß er hochgehoben und in eine der Hütten getragen wurde, daß man ihn auszog und auf ein Bett legte und eine angewärmte Decke über ihn breitete, und daß sich kurz darauf kundige Hände an seinem Körper zu schaffen machten. Er hörte Stimmen, die er nur insoweit verstand, daß sie über ihn sprachen und sehr besorgt klangen.

Der andere, weit größere Teil seines Denkens war hilflos in den Klauen des Alptraumes gefangen. Er erlebte alles noch einmal, aber nicht in der richtigen Reihenfolge, sondern als Durcheinander scheinbar zusammenhangloser, auf schreckliche Weise ins Düstere verzerrter Bilder, die in seinem Kopf durcheinanderstürzten. Die Schlacht gegen die Quorrl, den Angriff des Wächters und sein eigener, selbstmörderischer Kampf mit der Sternenbestie, der mit jener schrecklichen Erkenntnis endete, die er selbst jetzt noch aus seinen Gedanken verbannt hatte, um nicht einfach den Verstand zu verlieren. Sein Abschied von Del, der schmerzhaft und erleichternd zugleich gewesen war, und der zweiwöchige Ritt durch ein Land, das vom Krieg verheert wurde, der Weg nach Norden, der sie zuerst einmal in den Westen geführt hatte, mehr als tausend Meilen von ihrem eigentlichen Kurs entfernt. Sein geradezu lächerlicher Entschluß, allein, nur begleitet von einem Kind und fünfzig Quorrl, die zu keinem anderen Zweck in ihre Heimat zurückkehrten, als dort zu sterben, einer Gefahr trotzen zu wollen, die bereits den größten Teil einer ganzen Welt verschlungen hatte. Aber zu all diesen bekannten Bildern und Gesichtern und Stimmen gesellte sich in seinem Traum noch etwas Neues. Zorn. Ein dumpfer, wühlender, unbezwingbarer Zorn, der ihm zugleich auf entsetzliche Weise bekannt wie fremd war. Bekannt, weil es jene Art von mörderischer Wut war, die sich weit jenseits des bewußten Denkens abspielte und alle klare Überlegung ausschaltete, die ihn in der Vergangenheit manchmal zum Ungeheuer hatte werden lassen, das weder Freund noch Feind kannte, das unbesiegbar, aber auch gnadenlos war, und vor dem er sich selbst mehr fürchtete als vor allen Gefahren der Welt. Und fremd, weil sie grundlos war. Es gab keinen Auslöser, nichts, was geschehen war, um das entsetzliche Erbe der Sternengeborenen zu wecken, das tief in seiner Seele eingekerkert war. Er spürte nur Zorn, einen grundlosen, fast unbezwingbaren Zorn, den Willen, zu zerstören, zu kämpfen, zu töten, töten, töten...

Dann geschah etwas. Die Stimmen und Berührungen der Errish verblaßten, und gleichzeitig wurde sein Traum wirklich zur Fieberphantasie, die sinnund handlungslos war und nur noch aus Furcht und verrückten Gedankentrümmer bestand.

Er schlief ein.

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