5. Das Pferd am Meeresgrund

Sanft wogten die hellen grünblauen Wellen des warmen klaren Meeres vor ihm. Dar Weter schritt langsam hinein, bis ihm das Wasser bis zum Hals reichte, und breitete die Arme weit auseinander, um auf dem abschüssigen Grund das Gleichgewicht auszubalancieren. Während er über die sanften Wellen in die glitzernde Ferne blickte, kam es ihm erneut vor, als löste er sich im Meer auf und würde selbst ein Teil dieses grenzenlosen Elements. Er hatte seinen seit Langem verdrängten Kummer hierher, ans Meer, mitgebracht. Den Kummer über die Trennung von der ergreifenden Größe des Kosmos, dem unendlichen Ozean von Erkenntnissen und Gedanken, der harten Anspannung des täglichen Lebens. Sein Leben hatte sich vollkommen verändert. Die wachsende Liebe zu Weda verschönte die Tage ungewohnter Arbeit und trauriger Gedankenfreiheit des durchtrainierten Gehirns. Mit der Begeisterung eines Schülers hatte er sich in die Altertumsforschung vertieft. Der Strom der Zeit, der auf seine Gedanken abfärbte, half ihm, mit den Veränderungen in seinem Leben fertigzuwerden. Er war Weda Kong dankbar dafür, dass sie sich mit dem ihr eigenen Feingefühl um ihn gekümmert und die Reise auf dem Fluggleiter organisiert hatte. So hatte er zum ersten Mal ein Land zu sehen bekommen, das von Menschenhand umgestaltet worden war. Angesichts der Weite des Meeres und der Großartigkeit der Erdarbeiten kam ihm sein Kummer nichtig vor. Dar Weter war dabei, sich mit dem Unabänderlichen abzufinden, so schwer es ihm auch fiel…

Eine leise halb kindliche Stimme rief ihn. Er erkannte Miiko hinter sich und legte sich, nachdem er ihr zugewinkt hatte, auf den Rücken, um auf das Mädchen zu warten. Wie wild stürzte sie sich ins Wasser. Von ihrem steifen, pechschwarzen Haar perlten riesige Tropfen ab, und ihr gelblichbrauner Körper nahm unter der dünnen Wasserschicht eine grüne Färbung an. Sie schwammen nebeneinander der Sonne entgegen, zu einer einsamen, menschenleeren Insel, die sich einen Kilometer vom Ufer entfernt wie ein schwarzer Hügel aus dem Meer erhob. In der Ära des Großen Rings wuchsen alle Kinder am Meer auf und waren ausgezeichnete Schwimmer. Dar Weter besaß dazu noch ein angeborenes Talent. Anfangs schwamm er langsam, aus Angst, Miiko könnte zu sehr ermüden, aber das Mädchen glitt schnell und mühelos neben ihm durchs Wasser. Dar Weter legte an Tempo zu. Aber selbst als er alle seine Kraft aufbot, blieb Miiko nicht zurück; ihrem regungslosen lieben Gesichtchen war keinerlei Anstrengung anzumerken. Bald konnten sie das dumpfe Rauschen der Brandung hören, die auf die zum offenen Meer hingewandte Inselseite rollte. Dar Weter drehte sich auf den Rücken, das Mädchen überholte ihn und kehrte in einem großen Bogen zu ihm zurück.

„Miiko, Sie schwimmen ja wie ein Fisch!“, rief Dar Weter vor Begeisterung und hielt den Atem an, nachdem er seine Lungen mit Luft vollgepumpt hatte.

„Ich kann noch besser tauchen“, gestand das Mädchen, und Dar Weter wunderte sich von Neuem.

„Meine Vorfahren waren Japaner“, fuhr Miiko fort. „Es hat einmal einen ganzen Stamm gegeben, dessen Frauen alle Taucherinnen waren — sie fischten Perlen und sammelten essbaren Tang. Dieser Beruf vererbte sich von einer Generation auf die andere, bis im Laufe der Jahrtausende eine wahre Kunst daraus wurde. Bei mir schlägt sie wieder durch.“

„Ich hätte nie gedacht…“

„Dass aus einer Nachfahrin dieser Taucherinnen einmal eine Altertumsforscherin wird? In unserer Sippe erzählte man sich eine Legende. Vor mehr als tausend Jahren soll es einen japanischen Maler namens Yanagichara Eygoro gegeben haben.“

„Eygoro? Also Ihr Name…?“

„Heutzutage ist es doch oft so, dass man bei der Namensgebung einfach gut klingende Lautverbindungen wählt. Die meisten Leute versuchen Klänge oder Worte der Völker zu wählen, von denen sie abstammen. Ihr Name hat doch, wenn ich mich nicht irre, russische Wurzeln?“

„Ganz recht! Es sind nicht nur Wurzeln, sondern sogar Wörter der russischen Sprache. ›Dar‹ bedeutet Geschenk und ›weter‹ — Wind, Wirbelwind…“

„Ich weiß nicht, was mein Name bedeutet. Aber den Maler hat es tatsächlich gegeben. Mein Urgroßvater hat eines seiner Bilder in irgendeinem Depot ausfindig gemacht. Ein riesiges Gemälde — Sie können es sich bei mir zu Hause ansehen —, für einen Altertumsforscher ist es höchst interessant. Es bildet das harte und mutige Leben des Volkes ab und bringt ausgezeichnet seine Armut und Bescheidenheit zum Ausdruck… Schwimmen wir weiter?“

„Einen Augenblick noch, Miiko! Was hat es mit den Taucherinnen für eine Bewandtnis?“

„Der Maler verliebte sich in eine Taucherin und ließ sich für immer bei ihrem Stamm nieder. Auch seine Töchter wurden Taucherinnen und verdienten sich ihr Leben lang ihr Brot durch die Arbeit im Meer. Sehen Sie, was für eine seltsame Insel — ein runder Behälter oder ein niedriger Turm, wie zur Zuckergewinnung.“

„Zucker!“, platzte Dar Weter unwillkürlich hervor. „Als Kind hatten solche Inseln für mich immer eine besondere Anziehungskraft. Wie sie so einsam mitten im Meer liegen und ihre Geheimnisse zwischen dunklen Felsen oder Gehölz bergen — dort findet man alles, wovon man sonst nur zu träumen wagt.“

Miikos schallendes Gelächter war der Lohn für Weters persönliches Geständnis. Das schweigsame und stets etwas traurige Mädchen war nicht wiederzuerkennen. Fröhlich und unerschrocken schwamm sie gegen die träge plätschernden Wellen an und blieb für Weter immer noch ein Rätsel, eine verschlossene Tür, ganz anders als die leicht zu durchschauende Weda, deren Furchtlosigkeit eher auf übergroßer Vertrauensseligkeit als auf echter Beharrlichkeit gründete.

Unter Wasser zogen sich zwischen den großen Uferfelsen tiefe, sonnendurchflutete Gänge entlang. Der Boden dieser Gänge war mit dunklen Schwämmen bedeckt, die Wände mit fransigem Tang ausgekleidet. Sie führten zur Ostseite der Insel, wo eine unbekannte dunkle Tiefe lag. Dar Weter bedauerte, dass er sich nicht eine detaillierte Küstenkarte bei Weda ausgeliehen hatte. An der westlichen Landzunge glitzerten in einigen Kilometern Entfernung die Flöße der Meeresexpedition. Noch näher befand sich ein steiler Sandstrand, auf dem sich in diesem Moment die gesamte Expedition sonnte, da an diesem Tag die Akkumulatoren in den Maschinen ausgewechselt wurden. Dar Weter jedoch gab sich seiner kindlichen Leidenschaft hin, unbewohnte Inseln zu erforschen.

Steil und bedrohlich ragten Andesitfelsen über den beiden Schwimmenden auf. Man konnte sehen, dass die Bruchstellen an den Felsblöcken noch ganz frisch waren — erst kürzlich hatte ein Erdbeben den brüchigen Teil des Ufers abgebrochen. Auf der Seite zum offenen Meer hin herrschte eine starke Brandung. Miiko und Dar Weter mussten lange durch das dunkle Wasser am Ostufer schwimmen, bis sie einen flachen Felsvorsprung entdeckten, auf den Dar Weter Miiko hinaufzog.

Aufgescheuchte Möwen flogen hin und her, der Wellenschlag war durch den Felsen zu spüren und brachte das Andesitgestein zum Erbeben. Nicht die geringste Spur von Mensch oder Tier, lediglich nackter Fels und stechendes Gestrüpp.

Die beiden Schwimmer stiegen auf den höchsten Punkt der Insel, sahen eine Weile den heranrollenden Wellen zu und kehrten dann zu der Stelle zurück, an der sie an Land gegangen waren. Ein herber Geruch ging von den Sträuchern aus, die aus den Felsspalten herausquollen. Dar Weter streckte sich auf einem warmen Felsen aus und blickte träge in das Wasser auf der südlichen Seite seines Vorsprungs.

Miiko ging am Rande des Felsens in die Hocke und versuchte in der Tiefe etwas auszumachen. Hier gab es keine Sandbank und keine Geröllhaufen. Nur die steile Felswand hing über dem dunklen, öligen Wasser, deren Ränder die Sonne wie mit einem leuchtenden Band einfasste. Und wo sich die Sonnenstrahlen brachen und senkrecht in die Tiefe leuchteten, schimmerte der ebene Meeresgrund aus hellem Sand schwach herauf.

„Was gibt es dort zu sehen, Miiko?“

Das Mädchen war in Gedanken versunken und drehte sich nicht sofort um.

„Nichts. Sie werden eben von menschenleere Inseln angezogen, und ich vom Meeresboden. Mir kommt es so vor, als ob es dort immer etwas Interessantes zu entdecken gibt.“

„Weshalb arbeiten Sie dann in der Steppe?“

„Das ist nicht so einfach zu erklären. Für mich bedeutet das Meer eine so große Freude, dass ich nicht immer in seiner Nähe sein kann. Genauso, wie man nicht ständig seine Lieblingsmusik hören kann, geht es mir mit dem Meer. Dafür freue ich mich umso mehr, wenn ich es nach einiger Zeit wiedersehe…“

Dar Weter nickte zustimmend.

„Also tauchen wir hinunter?“, fragte er und zeigte auf etwas in der Tiefe hell Glitzerndes.

Miiko zog ihre schon von Natur aus an den Schläfen hochgezogenen Brauen noch mehr hoch.

„Ja, können Sie das denn? Hier ist das Wasser mindestens fünfundzwanzig Meter tief — da kommt nur ein erfahrener Taucher runter…“

„Ich werde es versuchen… Und Sie?“

Statt einer Antwort stand Miiko auf, sah sich suchend um und schleppte dann einen großen Stein bis an den Rand des Felsens.

„Lassen Sie es mich zuerst versuchen. Mit einem Stein — das ist zwar gegen meine Grundsätze, aber die Strömung kann dort gar nicht sehr stark sein, da der Grund ja ganz klar ist…“

Das Mädchen hob die Arme, beugte sich vor, richtete sich wieder auf und beugte sich nach hinten. Dar Weter verfolgte ihre Atembewegungen, um sie sich einzuprägen. Wortlos wiederholte Miiko ihre Übung einige Male, hob dann den Stein auf und stürzte sich in das dunkle Wasser wie in einen Abgrund.

Dar Weter verspürte bange Unruhe, als eine Minute vergangen war und von dem Mädchen noch keine Spur zu sehen war. Er stand ebenfalls auf und suchte sich einen Stein als Ballast, wobei er glaubte, einen viel größeren zu brauchen. Gerade hatte er einen vierzig Kilo schweren Andesitbrocken aufgehoben, als Miiko an der Wasseroberfläche auftauchte. Das Mädchen atmete schwer und machte einen erschöpften Eindruck.

„Da… da unten… da steht ein Pferd“, brachte sie mühsam hervor.

„Wie bitte? Ein Pferd?“

„Die Statue eines riesigen Pferdes… da unten… in einer natürlichen Nische. Ich tauche gleich nochmals hinunter und sehe sie mir genauer an.“

„Miiko, das ist zu viel für Sie. Lassen Sie uns zurückschwimmen und Tauchgeräte und ein Boot holen!“

„O nein! Ich möchte es allein schaffen, und zwar jetzt sofort! Das wird mein Sieg und nicht der eines Gerätes. Nachher werden wir die anderen rufen.“

„Aber ich komme mit!“, sagte Dar Weter und umfasste seinen Stein mit beiden Händen.

Miiko lächelte.

„Nehmen Sie einen kleineren, den da! Und wie steht es mit der Atmung?“

Dar Weter machte folgsam die Übungen und sprang dann mit dem Stein in der Hand kopfüber ins Meer. Das Wasser schlug ihm ins Gesicht und drehte ihn mit dem Rücken zu Miiko; seine Brust presste sich zusammen, und in den Ohren verspürte er einen dumpfen Schmerz. Er überwand den Schmerz, indem er alle Muskeln seines Körpers anspannte und die Zähne zusammenbiss. Das kalte, graue Halbdunkel wurde immer dichter, das heitere Tageslicht war bald erloschen. Die kalte und feindselige Macht der Tiefe überwältigte ihn, es schwindelte ihm, und in den Augen verspürte er einen stechenden Schmerz. Plötzlich legte sich Miikos Hand fest auf seine Schulter, und er berührte mit den Füßen den schwach silbern glänzenden, festen Sandboden. Als er mühsam den Kopf in die von Miiko angezeigte Richtung drehte, wich er vor Überraschung zurück und ließ den Stein fallen — augenblicklich wurde er nach oben getrieben. Wenig später konnte er sich nicht mehr erinnern, wie er an die Oberfläche gelangt war, er sah nur roten Nebel vor seinen Augen und versuchte krampfhaft wieder zu Atem zu kommen… Nach einigen Minuten ließen die Wirkung des Wasserdrucks nach, und die Bilder vom Meeresgrund kehrten zurück. Nur ein Augenblick war es gewesen, doch welche Fülle von Einzelheiten hatte sein Auge wahrgenommen und sein Gehirn sich eingeprägt!

Die dunklen Felsen bildeten unter Wasser einen gigantischen Spitzbogen, unter dem die Statue eines riesenhaften Pferdes stand. Nicht eine einzige Alge oder Muschel klebte an der glatt polierten Oberfläche der Statue. Der unbekannte Künstler hatte wohl vor allem die Kraft des Tieres zum Ausdruck bringen wollen, weshalb er den Vorderteil des Rumpfes verstärkt, die Brust maßlos verbreitert und den stark gekrümmten Hals lang gezogen hatte. Das linke Vorderbein war angehoben, sodass dem Betrachter sofort die Rundheit des Kniegelenks in die Augen stach, und der riesige Huf berührte beinahe die Brust. Die drei anderen Beine waren so stark angespannt, als wollte sich das Pferd gerade vom Boden abstoßen, wodurch der Eindruck entstand, das kolossale Pferd hänge über dem Betrachter und erdrücke ihn mit seiner Riesenkraft. Die Mähne auf dem stark gebogenen Hals stellte einen gezackten Kamm dar, das Kinn berührte beinahe die Brust, und die Augen, die unter der gesenkten Stirn hervorblickten, hatten einen drohenden und boshaften Blick, der durch die kleinen angelegten Ohren des steinernen Ungeheuers noch verstärkt wurde.

Miiko war beruhigt, als sie Dar Weter ausgestreckt auf dem flachen Fels liegen sah, und beschloss, nochmals hinunterzutauchen. Endlich hatte sich das Mädchen an ihrem Fund sattgesehen, außerdem war sie vom langen Tauchen erschöpft. Wortlos setzte sie sich neben Dar und schwieg, bis sie wieder normal atmen konnte.

„Wie alt mag die Statue wohl sein“, fragte Miiko gedankenverloren.

Dar Weter zuckte die Achseln und erinnerte sich, was ihn am meisten erstaunt hatte.

„Weshalb ist die Pferdestatue nicht mit Algen oder Muscheln bedeckt?“

Miiko drehte sich ruckartig zu ihm um.

„Ja, genau. Ich habe schon öfters solche Funde gesehen. Sie sind mit einer besonderen Schutzschicht überzogen, die dafür sorgt, dass keine Lebewesen an ihr festwachsen können. Das bedeutet, dass diese Statuen auf das Ende des letzten Jahrhunderts der Ära der Uneinigen Welt zurückgehen.“

Plötzlich war zwischen dem Ufer und der Insel ein Schwimmer zu sehen. Als er näher kam, richtete er sich im Wasser etwas auf und winkte ihnen zu. Dar Weter erkannte die breiten Schultern und die glänzende dunkle Haut von Mwen Maas. Bald darauf kletterte die dunkle Gestalt auf einen Stein, und auf dem nassen Gesicht des neuen Leiters der Außenstationen erstrahlte sein charakteristisches herzliches Lächeln. Er verneigte sich kurz vor der kleinen Miiko und begrüßte Dar Weter mit einer breiten, ausladenden Geste.

„Ich bin mit Ren Boos auf einen Tag hergekommen, um Sie um Rat zu fragen.“

„Mit Ren Boos?“

„Einem Physiker aus der Akademie der Grenzen des Wissens.“

„Ja, ich kenne ihn flüchtig. Er arbeitet doch an dem Problem der Wechselbeziehungen zwischen Raum und Feld. Wo haben Sie ihn denn gelassen?“

„Am Ufer. Er kann nicht schwimmen, wenigstens nicht so wie Sie…“

Ein leichtes Plätschern unterbrach Mwen Maas.

„Ich schwimme ans Ufer, zu Weda!“, rief Miiko aus dem Wasser.

Dar Weter lächelte dem Mädchen zärtlich zu.

„Sie hat eine Entdeckung gemacht!“, erklärte er Mwen Maas und erzählte ihm von dem Pferd, das sie unter Wasser gefunden hatten.

Der Afrikaner hörte ihm zu, ohne Interesse zu zeigen, während er sich mit seinen langen Fingern das Kinn kratzte. In seinen Augen las Dar Weter Sorge und Hoffnung.

„Haben Sie Sorgen? Dann nur heraus mit der Sprache!“

Mwen Maas kam der Aufforderung gerne nach. Er setzte sich an den Rand des Felsens, an dessen Fuß sich auf dem Meeresgrund das geheimnisvolle Pferd befand, und erzählte von seinen schweren Bedenken. Sein Zusammentreffen mit Ren Boos war kein Zufall gewesen. Der Anblick der wunderbaren Welt des Epsilon Tucanae hatte ihn nicht wieder losgelassen. Seit seiner ersten Nacht in der Außenstation träumte er davon, dieser Welt näher zu kommen, den unendlichen Raum auf irgendeine Weise zu überwinden, sodass zwischen der Sendung und dem Empfang einer Nachricht, eines Signals oder eines Bildes nicht mehr die für ein Menschenleben unüberbrückbare Dauer von sechshundert Jahren lagen. Er träumte davon, den Pulsschlag jenes wunderbaren Lebens, das dem irdischen so ähnlich war, fühlen und den Brüdern seine Hand über den Abgrund des Kosmos entgegenstrecken zu können. Mwen Maas hatte sich ganz darauf konzentriert, die ungelösten Fragen und unvollendeten Versuche kennenzulernen, die schon seit einem Jahrtausend zur Erforschung des Raumes als Funktion der Materie angestellt wurden. Im Kern meinte er damit jenes Problem, über das sich Weda Kong in der Nacht ihrer ersten Vorlesung über den Großen Ring den Kopf zerbrochen hatte…

In der Akademie der Grenzen des Wissens leitete Ren Boos, ein junger Mathematiker und Physiker, ähnliche Forschungen. Sein Zusammentreffen mit Mwen Maas und die daraus resultierende Freundschaft waren von gemeinsamen Plänen vorbestimmt gewesen.

Nunmehr hielt Ren Boos die Frage für ausreichend erforscht, um ein Experiment zu starten. Der Versuch konnte aber wie alles, was kosmische Ausmaße hatte, nicht im Labor durchgeführt werden. Die Dimension des Problems erforderte ein gewaltiges Experiment. Ren Boos war zu dem Schluss gekommen, der Versuch müsse über die Außenstationen abgewickelt werden, wobei die gesamte Energie der Erde, das Reservekraftwerk für Q-Energie in der Antarktis eingeschlossen, aufgewendet werden müsste.

Dar Weter erkannte die Gefährlichkeit des Vorhabens, als er Mwen Maas tief in die leuchtenden Augen und auf die bebenden Nasenflügel sah.

„Sie möchten wissen, wie ich handeln würde?“, fragte er ruhig und entschieden.

Mwen Maas nickte und fuhr sich mit der Zunge über die trockenen Lippen.

„Ich würde den Versuch nicht durchführen“, sagte Dar Weter nachdrücklich, ohne die Enttäuschung zu beachten, die für einen kurzen Augenblick auf dem Gesicht des Afrikaners zu sehen war — einem weniger aufmerksamen Gesprächspartner wäre sie überhaupt nicht aufgefallen.

„Das habe ich mir gedacht“, stieß Mwen Maas hervor.

„Weshalb haben Sie dann meinem Rat überhaupt eine Bedeutung beigemessen?“

„Ich hatte geglaubt, wir könnten Sie überzeugen.“

„Na, dann versuchen Sie es doch noch mal! Schwimmen wir zu den anderen zurück. Sie bereiten sicherlich die Tauchgeräte vor, um sich das Pferd anzusehen.“

Weda sang gerade, und zwei unbekannte Frauenstimmen begleiteten sie. Als sie die beiden Schwimmer auf sich zukommen sah, winkte sie ihnen zu, wobei sie die Finger ihrer offenen Hand wie ein Kind auf- und abbewegte. Der Gesang verstummte. Dar Weter erkannte in einer der beiden Frauen Ewda Nal. Es war das erste Mal, dass er die berühmte Nervenärztin ohne ihren weißen Arztkittel sah. Ihre große, geschmeidige Gestalt stach unter den anderen hervor, auch wegen ihrer weißen, noch gänzlich ungebräunten Haut. Offenbar war die Medizinerin in der letzten Zeit sehr beschäftigt gewesen. Ewda trug ihr blauschwarzes, durch einen exakten Mittelscheitel in zwei Hälften geteiltes Haar hochgesteckt. Die hervortretenden Backenknochen über den etwas hohlen Wangen betonten ihre lang geschnittenen, durchdringenden schwarzen Augen. Ihr Gesicht erinnerte auf gewisse Weise an jene altägyptische Sphinx, die in uralten Zeiten am Rande der Wüste vor den Pyramidengräbern der Könige des ältesten Staates auf der Erde gestanden hatte. Heute, zehn Jahrhunderte nachdem diese Wüste verschwunden war, raschelten Gärten blühender Obstbäume im Sand, und über die Sphinx war eine gläserne Haube gestülpt worden, die jedoch die eingefallenen Wangen ihres von der Zeit zerfressenen Gesichtes nicht verbarg.

Dar Weter erinnerte sich, dass Ewda Nal entweder von Peruanern oder Chilenen abstammte. Er begrüßte sie nach der Sitte der alten südamerikanischen Sonnenanbeter.

„Die Arbeit bei den Archäologen hat Ihnen gutgetan“, sagte Ewda. „Sie können Weda dankbar sein…“

Dar Weter wollte sich gerade zu seiner teuren Freundin umdrehen, als diese ihn schon an der Hand nahm und zu einer ihm gänzlich unbekannten Frau führte.

„Das ist Tschara Nandi! Wir sind hier alle bei ihr und dem Maler Kart San zu Gast; die beiden sind schon einen Monat an dieser Küste. Ihr bewegliches Atelier befindet sich am Ende der Bucht.“

Dar Weter streckte der jungen Frau, die ihn aus riesigen blauen Augen ansah, die Hand entgegen. Für einen Augenblick stockte ihm der Atem — diese Frau hatte etwas an sich, was sie von allen Übrigen unterschied. Sie stand zwischen Weda Kong und Ewda Nal, deren natürliche Schönheit durch einen außergewöhnlichen Intellekt und die Disziplin langer Forschungsarbeit verfeinert war. Aber die beiden Frauen verblassten förmlich neben dieser Unbekannten, von deren Schönheit eine ungewöhnlich Kraft ausging.

„Ihr Name ähnelt irgendwie dem meinen“, begann Dar Weter zögernd.

Die Winkel des kleinen Mundes zuckten, als die Unbekannte verhalten und etwas spöttisch lächelte.

„Ja, genau wie Sie selbst Ähnlichkeit mit mir haben.“

Dar Weter hob den Blick über den schwarzen Schopf ihres dicken und glänzenden, leicht gekrausten Haares hinweg und lachte Weda an.

„Weter, Sie verstehen es nicht, Frauen Komplimente zu machen“, sagte Weda verschmitzt und neigte den Kopf etwas zur Seite.

„Ist denn das heutzutage noch notwendig, wo wir uns doch endlich von dem Zwang befreit haben, einander etwas vormachen zu müssen?“

„Ja, das ist es“, mischte sich Ewda Nal ein. „Und tatsächlich wird dieser Zwang nie aussterben!“

„Ich wäre dankbar, wenn mir das jemand erklären könnte“, sagte Dar Weter leicht verstimmt.

„In einem Monat werde ich an der Akademie für Leid und Freude meine Herbstvorlesung halten. Ich werde dabei ausgiebig über die Bedeutung unmittelbarer Emotionen sprechen…“ Ewda nickte Mwen Maas zu, der sich ihnen genähert hatte.

Der Afrikaner ging wie immer gemessenen Schrittes und lautlos. Dar Weter bemerkte, wie sich Tscharas dunkle Wangen mit flammender Röte überzogen. Mwen Maas verbeugte sich gleichgültig.

„Ich werde Ren Boos holen. Er sitzt dort drüben, auf dem Stein.“

„Gehen wir zu ihm“, schlug Weda vor. „Unterwegs treffen wir dann bestimmt auf Miiko. Sie holt gerade die Geräte. Tschara Nandi, kommen Sie mit?“

Das Mädchen schüttelte den Kopf:

„Dort kommt mein Gebieter. Die Sonne hat sich gesenkt, und bald beginnt die Arbeit…“

„Modell zu stehen ist bestimmt nicht einfach, oder?“, fragte Weda. „Es ist eine wahre Heldentat! Ich könnte es nicht.“

„Auch ich habe immer geglaubt, ich könnte es nicht. Aber wenn man von der Idee des Malers gepackt wird, dann entwickelt man selbst schöpferische Kräfte. Man sucht nach der idealen Verkörperung seiner Vorstellungen… Jede Bewegung, jede Stellung hat Tausende von Nuancen! Man muss sie einfangen wie davonfliegende Musiktöne…“

„Tschara, ich glaube, Sie sind ein wahrer Schatz für einen Maler!“

„Ja, das ist sie!“, unterbrach sie ein laute Bassstimme. „Und was glauben Sie, wie ich sie gefunden habe? Das ist eine unwahrscheinliche Geschichte!“, sagte der Maler Kart San und schüttelte seine hoch erhobene mächtige Faust. Sein helles Haar war vom Wind zerzaust und sein gegerbtes Gesicht gerötet.

„Begleiten Sie uns, wenn Sie Zeit haben, und erzählen Sie uns die Geschichte!“, bat Weda“

„Ich bin ein schlechter Erzähler. Aber es ist wirklich interessant. Ich beschäftigte mich damals mit der Rekonstruktion verschiedener Typen der menschlichen Rasse, die es einst, bis zum Beginn der Ära der Uneinigen Welt, gab. Nach dem Erfolg mit meinem Bild ›Die Tochter Gondwanas‹ brannte ich darauf, einen anderen Typus wiedererstehen zu lassen. Die Schönheit des Körpers ist der beste Ausdruck eines jeden Typus nach Generationen gesunden, reinen Lebens. Und jeder Typus besaß in der Vergangenheit seine eigene Wohlgeformtheit, seinen eigenen Kanon des Schönen, der sich noch unter den Bedingungen des wilden Urzustandes herausgebildet hatte. So verstehen es zumindest wir, die Künstler, denen man vorwirft, den Gipfel der Kultur versäumt zu haben… und so haben es Künstler wahrscheinlich seit der Höhlenmalerei in der Altsteinzeit verstanden. Aber ich komme vom Thema ab… Ich hatte also die Idee für ein anderes Bild, nämlich die ›Tochter der Thetis‹, die Tochter des Mittelmeeres. Ich war tief beeindruckt von den Mythen des alten Griechenlandes, Kretas, des Zweistromlandes, Amerikas und Polynesiens, wo alle Götter dem Meer entstammten. Was gibt es Wunderbareres als den hellenischen Mythos der Aphrodite — der Göttin der Liebe und der Schönheit bei den alten Griechen! Schon allein der Name: Aphrodite Anadyomene, die Schaumgeborene, die aus dem Meer Aufsteigende… Eine Göttin, aus Schaum geboren, vom Licht der Sterne über dem nächtlichen Meer gezeugt — welches Volk hat je etwas Poetischeres ersonnen…!“

„Aus Sternenlicht und Meeresschaum“, hörte Weda Kong Tschara flüstern und sah das Mädchen verstohlen an.

Tscharas strenges, wie aus Holz geschnitztes oder aus Stein gemeißeltes Profil erinnerte an die alten Völker. Die kleine, gerade und ein wenig abgerundete Nase, die etwas steile breite Stirn, das kräftige Kinn und vor allem der große Abstand zwischen Nase und Ohr — alle charakteristischen Züge der Völker des antiken Mittelmeeres waren in Tscharas Gesicht verewigt.

Weda musterte sie unauffällig von Kopf bis Fuß und dachte bei sich, dass alles an ihr eigentlich etwas zu viel war. Eine zu glatte Haut, eine zu schmale Taille, zu breite Hüften… Auch ihre Haltung war betont aufrecht, sodass ihre straffen Brüste eine Spur zu üppig wirkten. Aber vielleicht brauchte der Maler ja gerade solch stark ausgeprägte Formen?

Als sie wenig später einen Steinwall auf ihrem Weg überwinden mussten, sah Weda sich gezwungen, ihren Eindruck von Tschara zu revidieren. Tschara Nandi hüpfte leichtfüßig über die Steine, als würde sie über sie hinwegtanzen.

„Sie muss zweifellos indisches Blut in ihren Adern haben“, folgerte Weda. „Ich werde sie nachher fragen…“

„Um die ›Tochter Thetis‹ malen zu können, musste ich mit dem Meer vertraut werden“, fuhr der Maler fort. „Ich wollte es ganz in mich aufnehmen, denn meine Kreterin sollte wie Aphrodite aus dem Meer aufsteigen, und zwar so, dass es jeder Betrachter augenblicklich verstünde. Bevor ich mich an die ›Tochter Gondwanas‹ herangewagt hatte, arbeitete ich drei Jahre lang in einem Forstbetrieb in Äquatorialafrika. Für mein neues Bild ließ ich mich also als Mechaniker auf einem Postgleitboot anstellen und fuhr zwei Jahre lang auf dem Atlantischen Ozean die Post aus — Sie wissen schon, für all die Fischereien, Eiweiß- und Salzfabriken, die dort auf gigantischen Metallflößen schwimmen.

Eines Abends fuhr ich mit meinem Boot im Mittelatlantik, westlich von den Azoren, wo der Gegenstrom auf die nördliche Strömung trifft. Dort herrscht stets hoher Seegang — ein Wellenkamm nach dem anderen rollte heran. Mein Gleitboot wurde abwechselnd von höchsten Höhen in die tiefsten Abgründe gehoben. Mal konnte ich fast die niedrigen Wolken berühren, dann versank ich in den Wellentälern. Die Schraube heulte, ich stand auf der hohen Kommandobrücke neben dem Steuermann. Und plötzlich… ich werde es nie vergessen!

Stellen Sie sich vor, eine Welle, höher als alle anderen, wälzte sich uns entgegen. Und auf dem Kamm dieser Riesenwelle, direkt unter den tief hängenden und dichten perlrosa Wolken, stand ein Mädchen, ihre Haut von dem selben Rotbraun wie Bronze… Die Riesenwelle rollte lautlos weiter, und sie ritt sie, unbeschreiblich stolz in ihrer Einsamkeit inmitten des weiten Ozeans. Mein Gleitboot wurde emporgeschleudert, und wir rasten an dem Mädchen vorbei, das uns freundlich zuwinkte. Da sah ich, dass sie auf einem Brett stand — Sie wissen schon, auf einem dieser Bretter mit Batterie und Motor, die mit den Füßen gesteuert werden.“

„Ich weiß“, erwiderte Dar Weter. „Man nimmt sie zum Wellenreiten.“

„Am meisten beeindruckte mich, dass sie mutterseelenallein war — stellen Sie sich vor, tief hängende Wolken, ein auf hundert Meilen hin leerer Ozean, die Abendsonne und ein Mädchen, das auf einer Riesenwelle reitet. Dieses Mädchen…“

„War Tschara Nandi!“, sagte Ewda Nal. „So viel ist klar. Aber woher war sie gekommen?“

„Keinesfalls aus Schaum oder Sternenlicht!“, sagte Tschara und brach in ein unerwartet helles Lachen aus. „Lediglich vom Floß einer Eiweißfabrik. Wir lagen damals am Rande der Sargassosee, wo wir Chlorella züchteten. Ich arbeitete dort als Biologin.“

„Sicher, sicher“, räumte Kart San ein. „Aber von diesem Augenblick an waren Sie für mich die Tochter des Mittelmeeres, die Schaumgeborene, die ich unbedingt für mein künftiges Bild als Modell gewinnen musste. Ich wartete ein ganzes Jahr.“

„Dürfen wir es uns einmal ansehen?“, fragte Weda Kong.

„Bitte, aber nicht während der Arbeit, am besten abends. Ich male sehr langsam und kann es nicht vertragen, wenn mir jemand dabei zusieht.“

„Malen Sie in Öl?“

„Unsere Malweise hat sich in den Jahrtausenden seit der Entstehung der Malerei kaum verändert. Die optischen Gesetze und das menschliche Auge sind dieselben geblieben. Verfeinert hat sich die Wahrnehmung einiger Schattierungen, neue chromkatoptrische Farben mit Reflexionen innerhalb der Farbschicht sowie einige neue Methoden der Farbharmonisierung wurden erfunden. Im Großen und Ganzen aber hat der Maler in urvordenklicher Zeit genauso gemalt wie ich heute. In mancher Hinsicht sogar besser… Er besaß Zuversicht und Geduld — wir sind heute oft zu energisch und unsicher. Für die Kunst ist strenge Naivität mitunter besser… Ich schweife ja schon wieder ab! Ich muss, wir müssen gehen… Kommen Sie, Tschara!“

Alle blieben stehen und sahen dem Maler und seinem Modell nach.

„Jetzt weiß ich, wer er ist“, murmelte Weda. „Ich habe die ›Tochter Gondwanas‹ gesehen.“

„Ich auch“, sagten Ewda Nal und Mwen Maas wie aus einem Munde.

„Gondwana, kommt das vom Land der Gonds in Indien?“, fragte Dar Weter.

„Nein, es ist ein Sammelbegriff für die Landmassen der südlichen Halbkugel. Im Allgemeinen ist es das Ursprungsland der schwarzen Völker.“

„Und wie sieht diese ›Tochter der Schwarzen‹ aus?“

„Das Bild ist sehr schlicht — vor einem Steppenplateau, im Licht der blendenden Sonne, am Rande eines furchterregenden tropischen Waldes geht ein schwarzhäutiges Mädchen. Die eine Hälfte ihres Gesichtes und ihres überaus plastischen, festen, wie aus Metall gegossenen Körpers ist von flammend rotem Licht überflutet, die andere Hälfte in tiefe Halbschatten getaucht. Um ihren schlanken Hals trägt sie eine Kette aus weißen Raubtierzähnen, das kurze Haar ist am Scheitel zusammengebunden und mit einem Kranz feuerroter Blumen bedeckt. Mit ihrer über den Kopf erhobenen rechten Hand schiebt sie den letzten Zweig eines Baumes, der ihr den Weg versperrt, beiseite, mit der linken hält sie einen dornigen Stängel von ihrem Knie fern. In der zum Stillstand gekommenen Bewegung des Körpers, im freien Atmen, im weiten Ausholen der Arme liegt jugendliche Unbekümmertheit, junges Leben, das vollkommen eins ist mit der sich wie ein Flusslauf ständig ändernden Natur. Dieses Einssein ist gleichbedeutend mit Wissen — mit dem intuitiven Verstehen der Welt… Die dunklen Augen blicken über ein Meer bläulichen Grases hinweg in die Ferne, zu den kaum erkennbaren Konturen der Berge. In ihnen ist ganz deutlich Unruhe zu lesen, die Erwartung schwerer Prüfungen in der neuen, gerade erst entdeckten Welt!“

Ewda Nal verstummte.

„Aber wie konnte Kart San diesen Ausdruck erreichen?“, fragte Weda Kong. „Vielleicht durch die zusammengezogenen schmalen Brauen, den leicht nach vorn geneigten Hals, den unbedeckten wehrlosen Nacken. Die wunderbaren Augen, erfüllt von der geheimnisvollen Weisheit der uralten Natur… Und das Seltsamste — die Harmonie zwischen unbekümmerter tanzender Kraft und beunruhigendem Wissen.“

„Schade, dass ich es nicht gesehen habe!“, seufzte Dar Weter. „Ich muss einmal in den Palast der Geschichte gehen. Ich sehe zwar die Farben des Bildes vor mir, kann mir aber die Pose des Mädchens nicht vorstellen.“

„Die Pose?“, wiederholte Ewda Nal und blieb stehen. „Da haben Sie die ›Tochter Gondwanas‹.“ Sie nahm das Handtuch von der Schulter, hob den rechten Arm angewinkelt in die Höhe und lehnte sich, Dar Weter halb zugewandt, ein wenig zurück. Eines ihrer langen Beine leicht angehoben, so als hätte sie einen kleinen Schritt begonnen, aber nicht zu Ende geführt, stand sie wie erstarrt da, den Boden mit den Zehenspitzen berührend. Ihr geschmeidiger Körper schien zu erblühen.

Alle blieben stehen und sahen sie mit Bewunderung an.

„Ewda, ich hätte mir nie vorgestellt…“, rief Dar Weter. „Sie sind ja gefährlicher als die halb gezückte Klinge eines Dolches.“

„Schon wieder so ein missglücktes Kompliment, Weter!“, sagte Weda lachend. „Warum nur halb und nicht ganz?“

„Er hat ganz recht“, entgegnete Ewda Nal lächelnd, die schon wieder ganz sie selbst war. „Eben nur halb. Unsere neue Bekannte dagegen, die bezaubernde Tschara Nandi, sie ist eine ganz gezückte und blitzende Klinge, um es mit Dar Weters Worten auszudrücken.“

„Ich glaube nicht, dass jemand an Sie herankommt!“, ertönte hinter einem Stein eine etwas heisere Stimme.

Ewda Nal erblickte rotes, kurz geschnittenes Haar und blassblaue Augen, die sie mit solcher Bewunderung ansahen, wie sie es noch nie erlebt hatte.

„Ich bin Ren Boos!“, sagte der rothaarige Mann schüchtern, als seine kleine, schmalschultrige Gestalt hinter dem großen Stein hervorkam.

„Wir haben Sie gesucht“, sagte Weda und nahm den Physiker an der Hand. „Das ist also Dar Weter.“

Ren Boos errötete, wodurch die Sommersprossen hervortraten, mit denen sein Gesicht und sogar sein Hals über und über bedeckt waren.

„Ich habe da oben ganz die Zeit vergessen.“ Ren Boos zeigte auf einen steinigen Abhang. „Dort ist ein altes Grab.“

„Ein berühmter Dichter aus uralten Zeiten liegt dort begraben“, bemerkte Weda.

„Auch eine Inschrift ist eingemeißelt…“ Der Physiker faltete eine Metallfolie auseinander, fuhr mit einem kurzen Lineal darüber, und auf der matten Oberfläche traten vier Zeilen blauer Schriftzeichen hervor.

„Oh, das sind europäische Buchstaben, Schriftzeichen, die vor Einführung des linearen Weltalphabets in Verwendung waren! Sie zeigen absurde Formen, die sie von den noch älteren Piktogrammen übernommen haben. Aber die Sprache ist mir bekannt.“

„Dann lesen Sie, Weda!“

„Ein paar Minuten Ruhe!“, bat sie, und alle setzten sich folgsam auf die Steine.

Weda Kong begann zu lesen:

„Es erlöschen in der Zeit, tauchen unter im Raum

Gedanken, Geschehnisse, Träume und Schiffe…

Ich aber nehme auf meine Wanderung mit

Die schönste Versuchung auf Erden…“

„Großartig!“ Ewda Nal richtete sich kniend auf. „Ein moderner Dichter hätte die Kraft der Zeit nicht treffender ausdrücken können. Ich möchte nur wissen, welche Versuchung der Erde er für die schönste hielt und als letzten Gedanken mit in den Tod nahm?“

In der Ferne zeigte sich ein Boot aus durchsichtigem Kunststoff mit zwei Personen an Bord.

„Da kommt Miiko und mit ihr Sherliss, einer der hiesigen Mechaniker“, sagte Weda. „O nein, das ist Frit Ton, der Leiter der Meeresexpedition selbst! Na gut, dann also bis zum Abend, Weter, Sie drei wollen sicher etwas allein sein, ich nehme Ewda mit.“

Die beiden Frauen liefen auf die sanften Wellen zu und schwammen gemeinsam zur Insel hinüber. Das Boot hielt auf sie zu, aber Weda winkte ab und schickte es voraus. Ren Boos starrte den Schwimmerinnen regungslos hinterher.

„Wachen Sie auf, Ren, lassen Sie uns zur Sache kommen!“, rief ihm Mwen Maas zu. Der Physiker lächelte verlegen und sanftmütig.

Ein Streifen festen Sandes zwischen zwei Steinwällen verwandelte sich in ein wissenschaftliches Auditorium. Ren Boos, mit einem Stück Muschel bewaffnet, zeichnete und schrieb und löschte in seiner Aufregung das Geschriebene mit den Knien wieder aus, sodass er von Neuem beginnen musste. Mwen Maas stimmte dem Physiker zu und ermutigte ihn mit abgehackten Ausrufen. Die Ellbogen auf die Knie gestützt, wischte sich Dar Weter den Schweiß von der Stirn, der von der Anstrengung herrührte, das Gesagte zu verstehen. Schließlich verstummte der rothaarige Physiker und setzte sich, schwer atmend, in den Sand.

„Ja, Ren Boos“, sagte Dar Weter nach längerem Schweigen, „Sie haben eine überragende Entdeckung gemacht!“

„Aber doch nicht ich allein… Schon vor sehr langer Zeit hat der Physiker Heisenberg das Prinzip der Unbestimmtheit entwickelt, das heißt, das Prinzip der Unmöglichkeit, Impuls und Ort eines Elementarteilchens gleichzeitig zu bestimmen. In Wirklichkeit aber ist das Unmögliche möglich, nämlich wenn man die wechselseitigen Übergänge versteht, das heißt, die Repagularrechnung kennt. Ungefähr zur selben Zeit wurden die ringförmige Mesonenwolke des Atomkerns und der Übergangszustand zwischen dem Nukleon und diesem Ring entdeckt, das heißt, man war dem Begriff der Antigravitation bereits sehr nahe gekommen.“

„Mag sein. Ich bin kein Kenner der bipolaren Mathematik, und schon gar nicht eines solchen Bereiches, wie der Repagularrechnung, der Untersuchung der Übergangshindernisse. Aber das, was Sie in Bezug auf die Schattenfunktionen erreicht haben, ist etwas prinzipiell Neues, obwohl es uns gewöhnlichen Sterblichen ohne mathematisches Fachwissen noch unverständlich ist. Aber die Bedeutung der Entdeckung kann ich ermessen, glauben Sie mir. Nur eins…“ Dar Weter geriet ins Stocken.

„Ja?“, fragte Mwen Maas beunruhigt.

„Ich frage mich, wie man dies in ein Experiment umsetzen kann? Mir scheint, wir haben keine Möglichkeit, ein elektromagnetisches Feld dieser Spannung zu schaffen.“

„Um das Gravitationsfeld auszugleichen und einen Übergangszustand zu erreichen?“, fragte Ren Boos.

„Genau. Und dann bleibt der Raum jenseits der Grenzen unseres Systems immer noch außerhalb unseres Einflussbereiches.“

„Ja, das stimmt. Aber wie in der Dialektik muss man einen Ausweg im Entgegengesetzten suchen. Vielleicht kann man einen Antigravitationsschatten vektoriell anstatt unstetig schaffen…“

„Oho! Aber wie?“

Ren Boos zeichnete rasch drei gerade Linien und einen schmalen Sektor auf und durchschnitt all dies mit dem Teil eines Bogens von großem Radius.

„Das war bereits vor der bipolaren Mathematik bekannt. Vor einigen Jahrhunderten nannte man es das Problem der vier Dimensionen — man kannte nicht die Schatteneigenschaften der Gravitation und versuchte, Analogien zu elektromagnetischen Feldern herzustellen, wobei man dachte, dass singuläre Punkte entweder das Verschwinden der Materie oder deren Verwandlung in etwas Unerklärliches bedeuteten. Wie hätte man sich auch den Raum vorstellen sollen bei einer derart beschränkten Kenntnis von der Natur der Phänomene? Aber unsere Vorfahren verstanden immerhin… dass, wenn die Entfernung, sagen wir, von Stern A bis zum Erdmittelpunkt auf der Linie OA zwanzig Quintillionen Kilometer beträgt, die Entfernung bis zum selben Stern auf dem Vektor OB gleich null ist… genaugenommen nicht null, sondern annähernd null. Und sie sagten, die Zeit werde zu null, wenn die Fortbewegungsgeschwindigkeit gleich der Lichtgeschwindigkeit sei. Dabei wurde auch die Kochlearrechnung erst vor nicht allzu langer Zeit entdeckt!“

„Die Spiralbewegung war bereits vor Tausenden von Jahren bekannt“, warf Mwen Maas vorsichtig ein.

Ren Boos winkte geringschätzig ab.

„Ja, die Bewegung, aber nicht ihre Gesetze! Also, wenn das Gravitationsfeld und das elektromagnetische Feld zwei Seiten ein und derselben Eigenschaft der Materie sind, wenn der Raum eine Funktion der Gravitation ist, dann ist die Funktion des elektromagnetischen Feldes der Antiraum. Der Übergang zwischen ihnen ergibt die vektorielle Schattenfunktion des Nullraumes, der in der Umgangssprache als Lichtgeschwindigkeit bekannt ist. Und ich halte es für möglich, einen Nullraum in jeder beliebigen Richtung schaffen zu können… Mwen Maas möchte auf den Epsilon Tucanae, mir ist es einerlei, wohin, Hauptsache, das Experiment wird durchgeführt.“ Die Augen des Physikers mit den kurzen, weißblonden Wimpern zwinkerten vor Müdigkeit, aber er wiederholte hartnäckig: „Die Hauptsache ist das Experiment!“

„Für das Experiment brauchen Sie aber nicht nur die Außenstationen und die Erdenergie, wie Mwen sagte, sondern auch eine Anlage. Und diese ist sicherlich nicht so einfach und rasch herzustellen.“

„In dieser Beziehung haben wir Glück. Wir dürfen die Kor-Yull-Anlage in unmittelbarer Nähe des tibetanischen Observatoriums verwenden. Dort wurden vor hundertsiebzig Jahren Experimente zur Erforschung des Raums durchgeführt. Wir müssen die Anlage nur geringfügig umbauen. Freiwillige Helfer kann ich jederzeit fünf-, zehn- und auch zwanzigtausend beschaffen. Ich brauche sie nur zu rufen, und sie nehmen sich Urlaub.“

„Sie haben wirklich an alles gedacht. Bleibt nur noch eins, das Wichtigste — das Risiko des Experiments. Es könnten sich vollkommen unerwartete Ergebnisse einstellen, und wir wissen alle, dass wir nach den Gesetzen der großen Zahlen keinen Vorversuch in kleinem Maßstab durchführen können, sondern sofort in kosmischem Maßstab operieren müssen…“

„Welcher Wissenschaftler schreckt schon vor einem Risiko zurück?“, sagte Ren Boos achselzuckend.

„Ich meine nicht das persönliche Risiko! Ich weiß, dass sich Tausende melden, wenn ein neues, gefährliches Unternehmen gestartet werden soll. Aber bei diesem Experiment werden die Außenstationen und Observatorien einbezogen, das gesamte System von Anlagen, das die Menschheit gigantische Arbeit gekostet hat. Anlagen, die ein Fenster in den Kosmos aufgetan haben und die Menschheit teilnehmen lassen am Leben, Wirken und Wissen anderer bewohnter Welten. Dieses Fenster ist die größte Errungenschaft des Menschen, und haben Sie, ich oder irgendein anderer einzelner Mensch oder eine Gruppe von Menschen das Recht, ein wenn auch nur vorübergehendes Zuschlagen dieses Fensters zu riskieren? Ich möchte gerne wissen, ob Sie ein solches Recht zu besitzen glauben, und wie Sie es rechtfertigen.“

„Ich habe das Recht“, sagte Mwen Maas und stand auf. „Und ich kann es rechtfertigen. Sie waren selbst bei Ausgrabungen dabei… Rufen uns die Milliarden unbekannter Gebeine in unbekannten Gräbern nicht um Hilfe an, machen sie uns denn keine Vorwürfe? Ich sehe das verflossene Leben von Milliarden von Menschen vor mir, deren Jugend, Schönheit und Lebensfreude wie Sand zwischen den Fingern zerrann — sie fordern von uns, das große Geheimnis der Zeit zu enträtseln, ihrer Diktatur den Kampf anzusagen! Ein Sieg über den Raum wäre auch ein Sieg über die Zeit — deshalb bin ich von der Richtigkeit und von der Bedeutung des geplanten Unternehmens überzeugt!“

„Ich denke anders“, begann Ren Boos. „Aber es ist lediglich eine andere Seite derselben Sache. Der Raum ist im Kosmos noch immer unbezwingbar, er trennt die Welten voneinander, macht es uns unmöglich, Planeten mit einer uns ähnlichen Bevölkerung zu erforschen, uns mit ihnen zu vereinigen in einer einzigen Familie, die grenzenlos reich an Freude und Kraft ist. Das wäre die größte Umwälzung seit der Ära der Wiedervereinigten Welt, seit die Menschheit endlich die Phase des unsinnigen Separatismus ihrer Völker überwand und sich vereinigte, was einen gigantischen Schritt vorwärts in Richtung einer neuen Stufe der Macht über die Natur darstellte. Jeder Schritt auf diesem Weg ist wichtiger als alles andere, als alle anderen Unternehmen und Erkenntnisse.“

Kaum war Ren Boos verstummt, als Mwen Maas von Neuem zu sprechen begann.

„Da ist noch etwas anderes, etwas Persönliches“, sagte er. „In meiner Jugend fiel mir einmal ein Sammelband alter historischer Romane in die Hände. Darin gab es eine Erzählung über Ihre Vorfahren, Dar Weter. Sie wurden von einem mächtigen Eroberer, einem grimmigen Zerstörer allen menschlichen Lebens überfallen, von einer dieser Gestalten, von denen die Geschichte der Menschheit in den Epochen der primitiven Gesellschaft voll ist. Die Erzählung handelte von einem starken Jüngling, der unendlich verliebt war. Sein Mädchen wurde gefangen genommen und geraubt — damals hieß es, das Mädchen wurde vertrieben. Stellen Sie sich vor, gefesselte Frauen und Männer wurden wie Vieh in das Land ihrer Eroberer getrieben. Die Geografie der Erde war unbekannt, die einzigen Fortbewegungsmittel waren Reit- und Lasttiere. Diese Welt war damals rätselhafter und unbezwingbarer, gefährlicher und schwerer passierbar als für uns der kosmische Raum. Der junge Held machte sich auf die Suche nach seinem Traum und irrte jahrelang auf unglaublich gefährlichen Wegen und Saumpfaden in Asien umher. Es ist schwer, die Empfindungen des Jünglings wiederzugeben, aber seitdem glaube ich, dass auch ich über alle Hindernisse des Kosmos hinweg mein geliebtes Ziel erreichen kann!“

Dar Weter lächelte schwach

„Ich verstehe Ihre Empfindungen, aber der logische Zusammenhang zwischen dieser russischen Erzählung und Ihren kosmischen Bestrebungen ist mir nicht ganz klar“, sagte er. „Da kann ich Ren Boos schon besser verstehen. Aber Sie haben ja auch von Anfang deutlich gemacht, dass es sich um etwas Persönliches handelt…“

Dar Weter verstummte. Er schwieg so lange, dass Mwen Maas unruhig wurde.

„Jetzt verstehe ich, weshalb die Menschen früher rauchten, tranken und sich in Stunden der Unsicherheit, Sorge und Einsamkeit mit Drogen Mut machten“, begann Dar Weter von Neuem. „Auch ich bin jetzt einsam und unsicher — was soll ich Ihnen sagen? Wer bin ich schon, dass ich Ihnen dieses großartige Experiment verbieten könnte? Aber kann ich es denn erlauben? Sie müssen sich an den Rat wenden, dann…“

„Nein, nicht so!“ Mwen Maas erhob sich, und sein riesiger Körper war so angespannt, als befände er sich in Todesgefahr. „Antworten Sie uns: Würden Sie das Experiment durchführen? Als Leiter der Außenstationen. Nicht als Ren Boos… Seine Situation ist eine andere!“

„Nein!“, antwortete Dar Weter entschieden. „Ich würde noch warten.“

„Worauf?“

„Auf den Bau einer Versuchsanlage auf dem Mond!“

„Und die Energie?“

„Das Gravitationsfeld des Mondes ist kleiner, und auch der Maßstab des Experiments wäre dann kleiner; man könnte mit einigen Q-Stationen auskommen.“

„Aber das würde hundert Jahre dauern, und ich würde es niemals erleben!“

„Nein, Sie nicht. Aber für die Menschheit ist es nicht so wichtig, ob jetzt oder eine Generation später.“

„Aber für mich wäre es das Ende, das Ende meines Traums! Und für Ren Boos…“

„In diesem Fall wäre es für mich unmöglich, meine Arbeit durch ein Experiment zu überprüfen und folglich auch unmöglich, sie zu korrigieren und fortzusetzen.“

„Ein einzelner Menschenverstand reicht da bei Weitem nicht aus! Wenden Sie sich an den Rat.“

„Der Rat hat bereits entschieden — durch Ihre Gedanken und Worte“, sagte Mwen Maas leise. „Wir haben von ihm nichts anderes zu erwarten.“

„Sie haben recht. Der Rat wird auch ablehnen.“

„Ich werde Sie nun nichts mehr fragen. Ich fühle mich schuldig. Ren Boos und ich haben Ihnen die Last der Entscheidung aufgebürdet.“

„Das ist meine Pflicht, da ich über mehr Erfahrung verfüge. Es ist nicht Ihre Schuld, wenn sich die Aufgabe als großartig und gleichwohl als zu gefährlich herausgestellt hat. Das macht die Sache ja so traurig und schwer zu ertragen…“

Ren Boos schlug als Erster vor, in die provisorischen Unterkünfte der Expedition zurückzukehren. Niedergeschlagen stapften die drei Männer durch den Sand, und jeder von ihnen empfand die Bitterkeit der Ablehnung eines noch nie dagewesenen Experiments auf seine Weise. Dar Weter blickte seine Begleiter von der Seite an und dachte, dass es ihm am schwersten fiel. In seiner Natur war eine verwegene Kühnheit, gegen die er sein ganzes Leben hatte ankämpfen müssen. Er war den alten Räubern irgendwie ähnlich — warum sonst hätte er eine solche Freude und Befriedigung bei seinem wilden Kampf mit dem Stier empfunden…? In der Tiefe seines Herzens war er empört und protestierte gegen eine Entscheidung, die zwar weise, aber keineswegs kühn war.

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