Dunst hing über dem Gerichtshof. Es war nicht nur der wabernde Nebel, der sich des Morgens in der Senke sammelte, sondern eine Wolke aus menschlichem Atem, ergänzt von den Ausdünstungen des Alkohols. Der Große Cymrische Nebel, wie er später scherzhaft genannt wurde, hob sich, wie Ashe vorhergesagt hatte, etwa zur selben Zeit, als die Sonne ihre höchste Position einnahm und auch den hartnäckigsten Tagesschläfer zwang, zu blinzeln, aufzustehen und sich für die zweite Sitzung des Konzils bereit zu machen.
»Welch eine Verschwendung«, flüsterte Rhapsody Gwydion zu, als sie die menschlichen Wracks beobachteten, die in der Senke umhertaumelten und ächzten, während die cymrischen Aufseher wieder einen klaren Kopf zu bekommen versuchten. »Ich kann mir eine nettere Form von Ausschweifung vorstellen, als sich einfach bewusstlos zu saufen.«
»Guter Gedanke«, meinte Gwydion und streichelte ihre Hinterbacken.
Rhapsody hatte Oelendra aufgespürt und ihr die Neuigkeiten mitgeteilt. Die lirinische Meistern weinte vor Freude und bedachte ihre Königin mit einer Umarmung, die mütterlicher war als alles, was Rhapsody seit ihrer Abreise aus der Heimat erlebt hatte. Der neuen cymrischen Herrin schnürte es die Kehle zu. Als sie sich losmachte, schimmerten ihre Augen wie die ihrer alten Freundin.
Sie hatte ein Kleid aus azurblauer Seide angelegt, das an Armen und Hüfte eng anlag, bevor es sich zu einem weiten Rock bauschte, um den sie die Tagessternfanfare in einer Hüftscheide gegürtet hatte. Gwydions Augen hatten geleuchtet, als er sie in dieser Aufmachung gesehen hatte, und er hatte ihr einen Kuss auf die Wange gedrückt.
»Welch ein wunderbares Kleid, wirklich königlich.«
Rhapsody schüttelte den Kopf. »Das ist nur Tarnung. Ich hoffe, ich verschmelze mit dem Himmel. Vielleicht sehen sie mich dann nicht und lassen mich in Ruhe.«
Der Beifall, mit dem der neue Herr und die Herrin begrüßt wurden, war verhaltener als in der Nacht ihrer Wahl, was hauptsächlich den Kopfschmerzen zuzuschreiben war, die allzu heftiges Klatschen und Pfeifen der Versammlung zugefügt hätte. Die Atmosphäre schien sich jedoch rasch zu klären, als Ashe auf die Kanzel stieg, seine Herrin präsentierte und dann um Ruhe für eine wichtige Ankündigung bat.
»Mit großer Freude und vollendeter Demut verkünde ich euch die wunderbare Neuigkeit, dass die cymrische Herrin gnädig zugestimmt hat, meine Gemahlin zu werden.«
Die cymrische Menge schwieg für kurze Zeit. Dann rauschte eine Woge der Erregung durch die Senke und schwoll zu einem zustimmenden Brüllen an. Beifall und Hochrufe in unzähligen Sprachen brachen aus. Die so genannten Bergmesser, die Abordnung der Nain, die Ashe ihr in der Mittsommernacht des vergangenen Jahres beschrieben hatte, stießen ein Kriegsgeschrei aus, das den Gerichtshof erschütterte. Viele ihrer cymrischen Gefährten fühlten sich dabei, als würde ihnen der Kopf gespalten. Rhapsody lächelte die johlende Menge an. Die Sonne spiegelte sich in ihren Rüstungen und Bannern mit einer Helligkeit wider, die Hoffnung auf ein neues Zeitalter machte.
Eine Stimme, die sie vom Tag zuvor als Zwischenrufer aus dem Hause McLeod erkannte, rief durch den fröhlichen Lärm:
»Gwydion ap Llauron, Enkel von Gwylliam dem Misshandler und Anwyn der Beeinflusserin, wie hast du diese Dame bekommen? Sie stammt nicht aus deiner Linie. Was der Grund dafür ist, dass sie so gut aufgenommen wurde? Kannst du der Versammlung garantieren, dass bei dieser Übereinkunft keinerlei Gewalt im Spiel war?«
Das Gebrüll verstummte. Gwydions Gesicht wurde weiß, und seine Hände zitterten vor wachsender Wut. Die Freude, die noch einen Moment zuvor in seinen Augen gelegen hatte, verschwand bei dieser Beleidigung und wurde von etwas Dunklem, Reptilienhaftem ersetzt. Am vergangenen Tag hatte er viele Beschimpfungen und Verleumdungen seiner Familie und seines Hauses ertragen und alle mit Freundlichkeit aufgenommen, doch die Unterstellung, er könne die Hand gegen seine Braut erheben, ging über seine Kräfte. Bevor er etwas sagen konnte, hob Rhapsody die Arme.
»Ich kann es garantieren«, sagte sie. Ihre Worte trugen den Stempel der Wahrheit, und in ihnen lag eine Spur Belustigung. »Ich bin froh, sagen zu dürfen, dass ich zu solchen Mitteln keine Zuflucht nehmen musste. Er hat freiwillig zugestimmt. Ich fürchte, ich habe das Schwert und die Daumenschrauben umsonst gekauft.«
Die Menge nahm ihre Worte zunächst schweigend auf, dann brach sie in Gelächter und Beifall aus, der die Wände des Gerichtshofes erschütterte und von den Zahnfelsen widerhallte; er brandete über Gwydion hinweg und spülte seinen Zorn fort.
Gwydion blinzelte und sah hinunter auf Rhapsody. Sie lächelte ihn an und schenkte ihm einen Blick vollsten Vertrauens, der ihr Antlitz geradezu ätherisch machte. Auch auf Gwydions Gesicht zeigte sich nun ein Lächeln. Rhapsody nahm seinen Kopf zwischen die Hände, reckte sich und küsste ihn vor den Augen des Konzils.
Er zog sie in seine Umarmung, und die fröhlichen Rufe schienen zu verstummen. Es war, als ob sie die Einzigen an diesem Ort wären. Ihre Lippen trafen sich sanft, dann wurde der Kuss drängender, und als sein Körper darunter erzitterte, wurde sich Gwydion wieder des donnernden Lärms aus der Versammlung bewusst. Der Aufruhr erschütterte den Boden unter ihren Füßen. Zumindest glaubte er, es sei der Lärm der Menge. Er wusste, dass es sich genauso angefühlt hätte, wenn er Rhapsody allein auf der Heide oberhalb von Elysian geküsst hätte.
Der süße Duft von Rhapsodys Haut und die Freude darüber, sie endlich wieder in den Armen zu halten, waren wohl verantwortlich für die Verdunkelung seiner Sinne. Sie waren der Glücksschild, der ihn vor dem anwachsenden Rumpeln in der Erde abschirmte. Es wurde von einer unheimlichen Stille begleitet, die über die Menge hinwegfuhr und den Jubel er stickte.
Und als er endlich erkannte, was geschah, war es schon zu spät.