19. Kapitel

Er schwebte einige Zentimeter über seinem eigenen Rasen in der Luft. Er fiel landete sanft und blickte auf die Uhr. 14.01:30.

In diesem Augenblick, wußte er, ging sein früheres Selbst an den Kommunikator und rief Laira an. Ewing befeuchtete seine Lippen. Er würde seine Handlungen sorgfältig abstimmen müssen.

Auf Zehenspitzen lief er um das Haus und betrat es durch die Seitentür, die zu seiner Kellerwerkstatt führte. Er bewegte sichvorsichtig durch den Flur, bis er nur noch wenige Schritte von der Tür entfernt war.

Seine Uhr zeigte 14.03:10. Er wartete einen Augenblick. Um 14.03:30 vernahm er das schwache Klirren, als die Brechstange gegen die Wand gelehnt wurde.

Bis jetzt verlief alles planmäßig.

Er schob sich vor und spähte durch die halboffene Tür in die Werkstatt. Eine vertraute Gestalt saß mit dem Rücken zur Tür über den Zeitprojektor auf dem Tisch gebeugt und nahm genaue Adjustierungen vor, um zehn Minuten in der Zeit zurückzuspringen.

Seine Uhr stand auf 14.05:15.

Er trat rasch in den Raum und ergriff das Brecheisen, das er sich so sorgfältig zurechtgelegt hatte. Mit vier schnellen Sprüngen durchquerte er den Raum; sein Doppelgänger, in seine Arbeit vertieft, bemerkte ihn nicht eher, als bis Ewing eine Hand auf die Schulter des anderen legte und ihn von der Werkbank weghob. Im gleichen Atemzug schwang er die Brechstange; sie krachte in den Zeitprojektor und zertrümmerte ihn.

„Ich habe das ungern getan“, bemerkte er beiläufig. „Es steckte viel Arbeit darin. Aber du weißt, weshalb ich es tat.“

„Ja — ja“, erwiderte der andere unsicher. Die beiden Männer sahen sich an; Baird Ewing musterte Baird Ewing. Ewing betete, daß Laira nicht den Lärm gehört hatte. Alles wäre vergeblich gewesen, wenn sie diesen Moment wählte, um seine Werkstatt zu betreten.

Er sagte langsam zu seinem Doppelgänger: „Du weißt, woher ich komme, nicht wahr?“

Der andere starrte bedauernd auf die Trümmer. „Ich nehme es an. Du bist mir um einen Schritt auf der absoluten Zeitlinie voraus.“

Ewing nickte. „Ganz recht. Und sprich leise. Ich möchte keinen Ärger durch dich haben.“

„Du bist entschlossen, es zu tun?“

Ewing nickte wieder. „Höre mir jetzt gut zu. Ich nehme meinen — unseren — Wagen, fahre nach Broughton und rufe Premierminister Davidson an. Dann fahre ich zum Raumhafen, begebe mich auf ein Schiff und starte. Das ist das letzte, was du jemals von mir hören wirst.

Inzwischen bleibst du mindestens bis 14.20 hier unten. Dann rufe Laira an und teile ihr mit, das Experiment wäre beendet. Beseitige die Trümmer, und wenn du klug bist, baust du keine derartigen Geräte mehr. Ab jetzt keine weiteren Baird Ewings. Und gib gut auf Laira und Blade acht. Ich liebe sie auch.“

Er sah auf seine Uhr. Es war 14.10. Er ging zur Tür und schloß: „Ich werde den Wagen vor dem Raumhafen parken. Denke dir irgendeine Erklärung aus, wie er dorthin gekommen ist.“

Er drehte sich um und verließ den Raum.

Der Wagen stand in seiner Garage; er berührte die einbruchssichere Identiplatte, die die Garagentür kontrollierte, mit dem Finger, und der Wagen rollte heraus. Er stieg ein, stellte den Richtungsweiser an und fuhr über den rückwärtigen Weg, um nicht vom Hause aus gesehen zu werden.

Sobald er sich in sicherer Entfernung befand, schaltete er den Fernsprecher ein und nannte der Vermittlung Davidsons Nummer im Weltgebäude.

Nach einer kurzen Pause meldete sich der Premierminister.

„Tag, Baird. Was haben Sie auf dem Herzen?“

„Einen Gefallen. Sie schulden mir noch einen.“

Davidson lachte. „Ich habe es nicht vergessen, Baird. Nun?“

„Ich möchte ein Raumschiff ausleihen“, erklärte Ewing ruhig; „Ein Einmannschiff.“

„Ein Raumschiff?“ Der Premierminister wirkte ungläubig. „Was wollen Sie denn mit einem Raumschiff?“

„Das spielt keine Rolle. Sagen wir, ich benötige es zu einem Experiment. Ich habe Sie um einen Gefallen gebeten, und Sie versprachen, Sie würden ihn gewähren. Machen Sie jetzt einen Rückzieher?“

„Nein, nein, natürlich nicht. Aber —“

„Jawohl. Ich wünsche ein Raumschiff. Ich bin jetzt auf dem Wege nach Broughton. Wollen Sie anrufen und ein Einmannschiff für mich freigeben oder nicht?“ .


* * *

Es war nahezu 15.00, als er das Raumfeld erreichte. Er ließ seinen Wagen auf dem Parkplatz zurück und ging zu Fuß zu dem Gebäude hinüber, das von dem militärischen Ressort der corwinitischen Regierung eingenommen wurde.

Er wurde auf sein Verlangen zu dem diensthabenden Offizier gebracht. Dieser, ein Colonel, sah fragend auf, als Ewing sein Amtszimmer betrat.

„Sie sind natürlich Ewing.“

„Ganz recht. Hat Premierminister Davidson angerufen?“

Der Colonel nickte. „Er hat mich bevollmächtigt, Ihnen eines unserer Einmannschiffe zur Verfügung zu stellen. Zu fragen, ob Sie es bedienen können, brauche ich wohl nicht?“

Ewing grinste und gab zur Antwort „Kaum.“

„Das Schiff steht im Augenblick auf Feld B. Es ist natürlich voll betankt. Wie lange wollen Sie wegbleiben?“

Achselzuckend entgegnete Ewing: „Darüber bin ich mir wirklich noch nicht klar, Colonel. Ich werde mich aber auf jeden Fall melden, ehe ich lande.“

„Gut.“

„Oh — noch etwas. Ist das Schiff für Kälteschlaf ausgerüstet?“

Der Colonel runzelte die Stirn. „Alle unsere Schiffe besitzen Kälteschlafanlagen. Weshalb fragen Sie? Sie planen doch nicht einen so langen Flug?“

„Kaum“, log Ewing. „Ich wollte den Tank nur noch einmal wiedersehen. Sentimentalität, wissen Sie.“

Der Colonel gab ein Zeichen, und einer der Kadetten führte ihn über das Feld zu dem wartenden Schiff. Es glich dem, das ihn zur Erde getragen hatte, bis aufs Haar; es hätte das gleiche sein können. Er kletterte an Bord, schaltete die Kontrollen ein und teilte mit, er würde Corwin in elf Minuten verlassen.

Aus dem Gedächtnis drückte er auf dem Autopiloten die Koordinaten für seine Reise. Er aktivierte die Anlage, entkleidete sich und stieg in die Nährlösung. Er steckte den Fuß aus und stellte den Mechanismus an. Die Temperatur begann zu sinken.

Dunkelheit hüllte ihn ein.

Загрузка...