15

»Die Nachschubwagen?« fragte Caramon in ruhigem Ton, dem Ton einer Person, die die Antwort bereits kennt.

»Keine Nachricht, Herr«, erwiderte Garik. Er vermied Caramons gelassenen Blick. »Aber... aber wir erwarten sie...«

»Sie werden nicht kommen. Sie wurden überfallen. Das weißt du genau.« Caramon lächelte müde.

»Aber wir haben endlich Wasser gefunden«, berichtete Garik und strengte sich an, fröhlich zu klingen. Er zog einen kleinen Kreis um eine winzige grüne Stelle auf der Karte, die vor ihm auf dem Tisch lag.

Caramon schnaubte. »Ein Loch, das bis Mittag leer sein wird. Sicher, es wird sich über Nacht wieder auffüllen, aber mein eigener Schweiß schmeckt besser. Dieses verdammte Zeug muß mit Salz versetzt worden sein.«

»Es ist aber trinkbar. Wir haben natürlich Wachen aufgestellt.«

»Nun gut«, sagte Caramon und fuhr sich seufzend durch sein lockiges Haar. Es war heiß in dem Zimmer. Ein übereifriger Diener hatte Holz in den Kamin geworfen, bevor Caramon, der an das Leben im Freien gewohnt war, ihn aufhalten konnte. Der große Mann hatte ein Fenster geöffnet, um die frische, klare Luft hereinzulassen, aber das Feuer in seinem Rücken briet ihn trotzdem ganz schön. »Wie viele Fahnenflüchtige haben wir heute?«

Garik räusperte sich. »Ungefähr hundert, Herr«, sagte er.

»Wohin sind sie? Nach Pax Tarkas?«

»Ja, Herr. Das vermuten wir.«

»Was gibt es noch?« fragte Caramon grimmig; seine Augen musterten Gariks Gesicht. »Du hältst doch irgend etwas zurück.«

Der junge Ritter wünschte sich flüchtig, daß gewisse Lügen nicht gegen den Ehrenkodex, den er heilig hielt, verstießen. So wie er sein Leben opfern würde, um diesem Mann Schmerz zu ersparen, so würde er auch lügen. Er zögerte, aber als er zu Caramon aufsah, erkannte er, daß es nicht notwendig war. Der General wußte es bereits.

Caramon nickte langsam. »Die Barbaren?«

Garik sah auf die Karten.

»Alle?«

»Ja, Herr.«

Caramon schloß die Augen. Seufzend hob er eine der kleinen Holzfiguren auf, die auf der Karte plaziert waren und die Aufstellung seiner Soldaten darstellten. Nachdenklich drehte er sie in seinen Fingern. Dann wandte er sich mit einem bitteren Fluch um und schleuderte die Figur ins Feuer. »Ich kann Schattennacht wohl nicht die Schuld geben. Es wird für ihn und seine Männer jetzt nicht einfach sein. Die Bergzwerge halten zweifellos die Bergpässe hinter uns besetzt – darum sind unsere Nachschubwagen auch nicht angekommen. Er muß sich seinen Weg nach Hause erkämpfen. Mögen die Götter bei ihm sein.« Er schwieg kurz, dann ballte er die Fäuste zusammen. »Verflucht sei mein Bruder!« knurrte er. »Verflucht sei er!«

Gariks Blick flog durch das Zimmer, als ob er befürchtete, daß sich die schwarzgekleidete Gestalt aus dem Schatten materialisierte.

»Nun«, sagte Caramon, richtete sich auf und studierte wieder die Karte, »das bringt uns auch nicht weiter. Unsere einzige Hoffnung liegt darin, daß wir den Rest unserer Armee in der Ebene aufstellen. Wir müssen die Zwerge zum Rückzug bewegen, sie zwingen, im Freien zu kämpfen, damit wir unsere Kavallerie einsetzen können. Wir werden niemals ins Gebirge kommen«, fügte er hinzu, »aber zumindest können wir uns mit der Hoffnung zurückziehen, Pax Tarkas mit unseren noch intakten Streitkräften zurückzugewinnen. Wenn wir erst einmal da sind, können wir es befestigen und...«

»General!« Einer der Wächter an der Tür betrat das Zimmer. »Entschuldige, Herr, aber ein Bote ist angekommen.«

»Schick ihn herein.«

Ein junger Mann betrat das Zimmer. Staubbedeckt, die Wangen rot von der Kälte, warf er dem lodernden Feuer einen sehnsüchtigen Blick zu, wollte aber zuerst seine Botschaft überbringen.

»Nein, geh weiter, wärm dich«, sagte Caramon und winkte den Mann zum Kamin hinüber.

»Danke, Herr«, sagte der Mann. Er trat zum Feuer. »Ich habe zu melden, daß die Hügelzwerge aufgebrochen sind.«

»Aufgebrochen?« wiederholte Caramon verblüfft und erhob sich. »Aufgebrochen wohin?«

»Sie marschieren auf Thorbadin zu.« Der Bote zögerte. »Und, Herr, die Ritter sind mit ihnen gegangen.«

»Das ist Wahnsinn!« Caramons Faust schlug auf den Tisch. »Mein Bruder.«

»Nein, Herr. Es waren offensichtlich die Dewaren. Ich wurde angewiesen, dir das zu geben.« Er zog eine Schriftrolle aus seinem Beutel und überreichte sie Caramon, der sie schnell öffnete.

»General Caramon, ich habe von den Dewarenspionen erfahren, daß sich die Tore zum Gebirge öffnen werden, sobald die Trompete ertönt. Wir planen, ihnen ein Schnippchen zu schlagen. Da wir uns in der Morgendämmerung auf den Weg gemacht haben, werden wir dort bei Einbruch der Nacht eintreffen. Es tut mir leid, daß keine Zeit mehr blieb, dich zu informieren. Doch sei versichert, du wirst den Anteil der Beute erhalten, der dir zusteht, auch wenn du zu spät kommst. Das Licht von Reorx möge auf deinen Äxten scheinen.

Regar Feuerschmied«

Caramons Gedanken wanderten zurück zu dem blutverschmierten Fetzen Pergament, den er vor nicht langer Zeit in der Hand gehalten hatte. Der Zauberer hat dich verraten...

»Dewaren!« knurrte Caramon. »Dewarenspione. Spione ja, aber nicht für uns!«

»Eine Falle!« sagte Garik, der sich ebenfalls erhob.

»Und wir sind hineingefallen wie ein Haufen verdammter Hasen«, murmelte Caramon, der an einen anderen Hasen in einer Falle dachte; er sah vor seinem geistigen Auge seinen Bruder, der ihn befreit hatte. »Pax Tarkas fällt. Kein großer Verlust. Es kann jederzeit zurückerobert werden – insbesondere wenn die Verteidiger tot sind. Unsere Leute desertieren in Scharen, die Barbaren verschwinden. Und jetzt marschieren die Hügelzwerge auf Thorbadin zu, und die Dewaren marschieren mit ihnen. Und wenn die Trompete ertönt...«

Der klare Trompetenruf erscholl. Caramon zuckte zusammen. Hörte er ihn wirklich, oder war es ein Traum, getragen von den Flügeln einer schrecklichen Vision? Er konnte die Dewaren sehen, die sich langsam, kaum merklich zwischen den Hügelzwergen ausbreiteten, ihre Reihen infiltrierten. Die Hand glitt zur Axt, zum Hammer...

Die meisten von Regars Männern würden niemals erfahren, was sie getroffen hatte, würden niemals eine Chance haben zurückzuschlagen.

Caramon konnte die Rufe hören, das Zusammenprallen von Waffen und das barsche Schreien tiefer Stimmen. Es war wirklich, so unglaublich wirklich...

In seine Vision verloren, wurde Caramon sich nur schwach der plötzlichen Blässe in Gariks Gesicht bewußt. Sein Schwert ziehend, sprang der junge Ritter mit einem Aufschrei zur Tür, der Caramon wieder in die Wirklichkeit zurückriß. Er wirbelte herum und sah außerhalb der Tür eine schwarze Flut von Dunkelzwergen vorwärtsdrängen. Stahl blitzte auf.

»Ein Hinterhalt!« schrie Garik.

»Zurück!« donnerte Caramon. »Geh nicht hinaus! Die Ritter sind verschwunden – wir sind die einzigen hier! Bleib im Zimmer. Verriegle die Tür!« Er zog den Ritter zurück. »Zieht euch zurück!« schrie er den zwei Wächtern zu, die vor der Tür um ihr Leben kämpften. Er ergriff den Arm eines Wächters, zog den Mann in das Zimmer und ließ gleichzeitig sein Schwert auf den Kopf eines angreifenden Dewars niedersausen. Der Helm des Zwergs zerbrach. Blut spritzte über Caramon, aber er beachtete es nicht. Er warf sich auf die Horde der Dunkelzwerge, die den Korridor füllte, und tötete mit seinem Schwert eine ganze Reihe von ihnen.

»Zurück, du Narr!« schrie er über seine Schulter dem zweiten Wächter zu, der kurz zögerte und dann seinem Befehl nachkam. Caramons wilder Angriff brachte die Dewaren aus dem Gleichgewicht – sie taumelten angesichts seiner Kampfeswut zurück. Aber ihre Verwirrung hielt nur kurz an. Caramon konnte sehen, daß sie ihren Verstand und ihren Mut wiedergewannen.

»General, paß auf!« schrie Garik, der mit seinem Schwert in der Tür stand. Caramon drehte sich um und wich in die Sicherheit des Kartenraums zurück. Aber sein Fuß glitt auf den blutverschmierten Steinen aus, und der große Mann stürzte und verstauchte sich das Knie.

Mit wildem Geheul sprangen die Dewaren auf ihn zu.

»Caramon!« Verzweifelt griff Garik an. Ein Hammerschlag zerschmetterte seinen linken Arm, und er hörte den Knochen brechen. Seine Hand wurde merkwürdig schlaff. Nun, dachte er, den Schmerz nicht wahrnehmend, zumindest war das nicht mein Schwertarm. Seine Klinge blitzte, ein Dunkelzwerg stürzte ohne Kopf zu Boden.

Obgleich er nicht stehen konnte, kämpfte Caramon immer noch. Ein Tritt seines unverletzten Beines ließ zwei Zwerge nach hinten taumeln und mit ihren Kumpanen zusammenprallen. Dann rammte er die Klinge in den Bauch eines anderen. Gariks Angriff rettete sekundenlang sein Leben, aber es schien wirklich nur eine Sekunde zu sein.

»Caramon! Feind über dir!« kreischte Garik, der wild um sich schlug.

Caramon wälzte sich auf den Rücken und erblickte Argat, der mit erhobener Axt über ihm stand. Caramon hob sein Schwert, aber in diesem Moment sprangen vier Dunkelzwerge auf ihn zu und hielten ihn am Boden fest.

Vor Zorn fast weinend, versuchte Garik verzweifelt, Caramon zu retten. Aber zu viele Zwerge waren zwischen ihm und seinem General. Die Axt des Dewars fiel bereits...

Die Axt fiel, aber sie fiel aus kraftlosen Händen. Argat riß die Augen weit auf. Seine Axt fiel klirrend auf den blutdurchnäßten Boden, als er über Caramon stürzte. Garik sah ein kleines Messer aus dem Nacken des Zwergs ragen.

Neben der Leiche des Verräters erhob sich ein Kender.

Garik blinzelte; er dachte, daß er Phantome sehe. Aber es blieb keine Zeit, darüber nachzudenken. Dem jungen Ritter war es endlich gelungen, seinen General zu erreichen. Hinter sich hörte er die Wächter schreien und die Dewaren zurücktreiben, die angesichts ihres gefallenen Anführers ihre Begeisterung für einen Kampf verloren hatten, der eigentlich ein einfaches Abschlachten hätte sein sollen.

Die vier Zwerge, die Caramon festgehalten hatten, stolperten eilig zurück, als er sich unter Argat hervorarbeitete. Garik half Caramon auf die Füße. Der große Mann taumelte und stöhnte, als sein verletztes Knie unter seinem Gewicht nachgab.

»Helft uns!« schrie Garik unnötigerweise den Wachen zu, die bereits an seiner Seite standen. Halb tragend brachten sie Caramon in den Kartenraum.

Garik warf einen schnellen Blick in den Korridor, bevor er ihnen folgte. Die Dunkelzwerge beäugten ihn unsicher. Er erhaschte einen flüchtigen Blick auf andere, hinter ihnen stehende Zwerge – Bergzwerge, stellte er fest.

Und dort lag auch der seltsame Kender, der offenbar aus dem Nichts aufgetaucht war, um Caramons Leben zu retten. Der Kender war leichenblaß. Garik half ihm auf die Füße und brachte ihn ebenfalls in den Kartenraum. Sobald er drinnen war, verriegelten die Wächter die Tür.

Caramons Gesicht war mit Blut und Schweiß bedeckt, aber er grinste Garik an. Dann wurde sein Blick streng. »Du törichter Ritter«, knurrte er. »Ich habe dir einen Befehl erteilt, und du hast nicht gehorcht! Ich sollte...« Aber er verstummte, als der Kender den Kopf hob.

»Tolpan!« flüsterte Caramon.

»Hallo, Caramon«, grüßte Tolpan. »Ich bin furchtbar erfreut, dich wiederzusehen. Ich habe dir eine Menge zu erzählen, und es ist sehr wichtig. Ich sollte es dir sofort erzählen, aber ich glaube... ich werde ohnmächtig.«

»So war das also«, schloß Tolpan. »Er hat mich angelogen, wie das magische Gerät funktioniert. Als ich es versuchte, ist es in meinen Händen auseinandergebrochen. Ich habe das feurige Gebirge fallen sehen«, fügte er hinzu, »und das war den ganzen Ärger fast wert. Es wäre sogar das Sterben wert gewesen. Aber da bin ich mir nicht so sicher, denn ich bin ja nicht gestorben, obgleich ich eine Weile überzeugt war, tot zu sein. Dennoch wäre es sicherlich nicht wert, daß man dafür das Leben nach dem Tod in der Hölle verbrächte, die wirklich kein netter Ort ist. Ich kann mir nicht vorstellen, warum er dorthin will.« Er seufzte. »Nun, ich könnte ihm das noch vergeben, aber nicht, was er mit dem armen Gnimsch getan und was er versucht hat, dir anzutun...« Er biß sich auf die Zunge. Er hatte nicht beabsichtigt, das zu sagen.

Caramon sah ihn an. »Fahr fort, Tolpan«, sagte er. »Was hat er versucht, mir anzutun?« Caramon lächelte bitter. »Ich glaube eigentlich nicht, daß noch etwas übrig ist, was er mir antun könnte.«

»Dich töten lassen«, murmelte Tolpan.

»Ach ja.« Caramons Ausdruck veränderte sich nicht. »Natürlich. Das ist also die Bedeutung der Zwergenbotschaft.«

»Er hat dich... dich den Dewaren überlassen«, erklärte Tolpan jämmerlich. »Sie wollten König Dunkan deinen Kopf bringen. Raistlin hat alle Ritter im Schloß weggeschickt. Er hat ihnen gesagt, daß du sie nach Thorbadin beordert habest. Zu den Dewaren sagte er, du habest hier nur deine Leibwächter.«

Caramon schwieg. Er fühlte nichts – weder Schmerz noch Zorn oder Überraschung. Er war leer. Dann strömte eine gigantische Welle der Sehnsucht nach seinem Zuhause, nach Tika, nach seinen Freunden, nach Tanis, nach Laurana, nach Flußwind und Goldmond über ihn herein und füllte die riesige Leere.

Als ob Tolpan Caramons Gedanken gelesen hätte, legte er seinen Kopf an Caramons Schulter. »Können wir jetzt in unsere Zeit zurückkehren?« fragte er und sah zu Caramon auf. »Ich bin schrecklich müde. Sag mal, glaubst du, ich könnte einige Zeit bei dir und Tika bleiben? Nur so lange, bis es mir besser geht. Ich würde euch nicht zur Last fallen – ich verspreche es...«

Caramon legte den Arm um den Kender und drückte ihn an sich. »Solange du möchtest, Tolpan«, sagte er. Traurig lächelnd starrte er in die Flammen. »Ich werde das Haus fertigstellen. Es wird nur ein paar Monate dauern. Dann werden wir Tanis und Laurana besuchen. Das habe ich Tika versprochen. Ich habe es ihr vor langer Zeit versprochen, aber ich bin nie dazu gekommen. Tika wollte immer schon Palanthas sehen, weißt du. Und vielleicht könnten wir alle Sturms Grab besuchen. Ich hatte niemals eine Gelegenheit, mich von ihm zu verabschieden.«

»Und wir können Elistan besuchen und... Crysania! Ich habe versucht, ihr von Raistlin zu erzählen, aber sie hat mir nicht geglaubt. Wir können sie nicht zurücklassen!« Tolpan sprang auf die Füße und rang verzweifelt die Hände. »Wir können nicht zulassen, daß er sie an diesen entsetzlichen Ort bringt!«

Caramon schüttelte den Kopf. »Wir werden versuchen, noch einmal mit ihr zu reden, Tolpan. Ich glaube nicht, daß sie zuhört, aber wir können es zumindest versuchen.« Er stemmte sich hoch. »Sie werden jetzt am Portal sein. Raistlin kann nicht länger warten. Die Festung wird den Bergzwergen bald in die Hände fallen. – Garik«, sagte er und hinkte zu dem Ritter. »Wie geht es dir?«

Einer der anderen Ritter hatte Gariks gebrochenen Arm gerichtet.

»Mir geht es gut, Herr«, antwortete Garik schwach. »Mach dir keine Sorgen.«

Lächelnd zog Caramon einen Stuhl zu ihm heran. »Kannst du reisen?«

»Natürlich, Herr.«

»Gut. Es bleibt dir auch keine andere Wahl. Dieser Ort wird bald eingenommen sein. Ihr müßt versuchen, hier herauszukommen.« Caramon rieb sich das Kinn. »Regar hat mir erzählt, daß unter den Ebenen Tunnel verlaufen, Tunnel, die von Pax Tarkas nach Thorbadin führen. Mein Rat ist, sie zu suchen. Es sollte nicht schwierig sein, sie zu finden. Diese Erdwälle draußen führen zu ihnen hinab. Ihr solltet die Tunnel auf alle Fälle benutzen, um sicher herauszukommen.«

Garik sagte ruhig: »Du sagst ›mein Rat‹, Herr. Was ist mit dir? Kommst du nicht mit uns?«

Caramon räusperte sich und wollte antworten, aber er brachte keinen Ton heraus. Er starrte auf seine Füße. Vor diesem Augenblick hatte er sich gefürchtet, und jetzt, da es soweit war, war die Rede, die er sorgfältig vorbereitet hatte, geradezu aus seinem Kopf geblasen. »Nein, Garik«, sagte er schließlich. »Ich komme nicht mit. Ich bin geschlagen, aber der Kender und ich haben einen magischen Weg nach Hause.«

Garik sah von einem zum anderen. »Doch nicht dein Bruder!« sagte er und runzelte düster die Stirn.

»Nein«, antwortete Caramon, »nicht mein Bruder. Hier trennen sich seine und meine Wege. Er hat sein eigenes Leben zu leben, und ich – endlich erkenne ich es – habe mein Leben.« Er legte die Hand auf Gariks Schulter. »Geh nach Pax Tarkas. Michael und du solltet alles unternehmen, was in eurer Macht liegt, um den Leuten dort zu helfen.«

»Aber...«

»Das ist ein Befehl, Herr Ritter«, unterbrach ihn Caramon barsch.

»Ja, Herr.« Garik wandte sein Gesicht ab, seine Hand strich schnell über seine Augen.

»Paladin sei mit dir, Garik«, sagte Caramon und umarmte Garik. Er blickte auch die anderen an. »Möge er mit euch allen sein.«

Garik sah erstaunt zu ihm hoch. »Paladin?« fragte er bitter. »Der Gott, der uns verlassen hat?«

»Verlier deinen Glauben nicht, Garik«, mahnte Caramon und erhob sich mit einer schmerzlichen Grimasse. »Wenn du an diesen Gott nicht glauben kannst, lege dein Vertrauen in dein Herz. Höre auf die Stimme, die sich über den Ehrbegriff erhebt.«

»Ja, Herr«, murmelte Garik. »Und mögen die Götter, an die du glaubst, bei dir sein.«

»Ich glaube, sie sind es schon mein ganzes Leben lang«, sagte Caramon und lächelte trübselig. »Ich war einfach zu dickköpfig, um sie zu hören. Aber jetzt solltet ihr lieber verschwinden.« Er verabschiedete sich einzeln von den anderen jungen Rittern.

Vorsichtig öffneten die Ritter die Tür und spähten in den Korridor. Abgesehen von den Leichen war er leer. Die Dewaren waren verschwunden. Aber Caramon hatte keinen Zweifel, daß diese Stille nur so lange anhalten würde, bis sie sich wieder formiert hatten. Vielleicht warteten sie auf Verstärkung.

Als die Ritter verschwunden waren, gingen Tolpan und Caramon in die andere Richtung. Zuvor zog Tolpan sein Messer aus Argats Leiche.

»Du hast einmal gesagt, mit diesem Messer könnte man höchstens Hasen töten«, sagte Tolpan stolz und wischte das Blut von der Klinge des Messers, bevor er es in seinen Gürtel steckte.

»Erwähne nie mehr Hasen«, sagte Caramon mit so merkwürdiger Stimme, daß Tolpan ganz verwundert war.

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