9

Nach einem langen Tagesmarsch, bei dem die Gruppe nur eine kurze Pause einlegte, um Pharaun Zeit genug zu geben, damit er die Nachricht über die Armee von Gracklstugh an Gromph schicken konnte, erreichten sie endlich das Labyrinth. Sie gelangten von gewundenen, gänzlich unerforschten Gängen in ein System aus kilometerlangen natürlichen Stollen, die immer wieder von in den Fels gehauenen Wegen und kleinen, würfelförmigen Kammern unterbrochen wurden. Kohlenhauer, sein Boot und die Verfolger aus Gracklstugh hatten sie mindestens dreißig Kilometer hinter sich gelassen.

Die Tunnel waren aus schwarzem Basalt, kalt und scharfkantig, die erstarrten Überreste der gewaltigen Feuer aus der Zeit, als die Welt ihren Anfang nahm. Von Zeit zu Zeit stieß die Gruppe dort, wo Tunnel an glatten Wänden endeten, auf Hunderte von Metern hohe Klippen, in die man grobschlächtige und gefährlich aussehende Stufen gehauen hatte, die auf andere Ebenen führten, auf denen der Pfad fortgesetzt wurde. Ganze Schichten der Kruste dieser Welt waren hier in sich zusammengesunken oder zerrissen worden, hatten alte Lavatunnel abgetrennt und gewaltige, lichtlose Schächte tief im Erdinneren hinterlassen. Manche dieser Stellen wurden von schmalen Steinbrücken überspannt, oder es verliefen grob behauene Pfade um sie herum, die man in die Felswände geschlagen hatte. Egal, wohin sie sich wandten, zweigten weitere quadratische Gänge und gewundene Tunnel mit glattem Boden von ihrem Weg ab, so daß Halisstra nach gut einer Stunde einräumen mußte, jegliche Orientierung verloren zu haben.

»Ich verstehe, warum man diesen Ort als das Labyrinth bezeichnet«, flüsterte sie, als sich die Gruppe auf einem schmalen Vorsprung bewegte, der eine weitere Schlucht säumte. »Das ist wahrhaftig ein Irrgarten.«

»Es ist noch schlimmer, als Ihr glaubt«, erwiderte Valas, der an der Spitze der Gruppe ging. Er blieb stehen, um den Weg vor ihnen sowie einen der unzähligen Seitengänge zu studieren. »Von Norden nach Süden erstreckt es sich über fast dreihundertfünfzig Kilometer, und von Osten nach Westen mißt es ungefähr die halbe Strecke. Der größte Teil sieht so aus wie dieser Abschnitt hier, also ein Wirrwarr aus Lavatunneln und in den Fels gehauenen Stollen mit Tausenden von Kehren und Verzweigungen.«

»Wie kannst du eigentlich hoffen, hier das Haus Jaelre zu finden?« fragte Ryld. »Kennst du diesen Ort so gut, daß du ihn beherrschst?«

»Ihn beherrschen? Kaum. Man könnte sein ganzes Leben hier verbringen und würde doch nicht jede Stelle zu Gesicht bekommen. Aber ich kenne einige Wege. Auf den nicht allzu gewundenen Pfaden existieren ein paar häufig benutzte Karawanenrouten, allerdings liegt keine davon in unserer Nähe. Nur wenige Reisende dringen wie wir aus dem Osten ins Labyrinth vor.« Der Späher ging ein kleines Stück voraus und strich mit der Hand an der Stelle an der Wand entlang, an der sich wieder ein Tunnel öffnete. Alte, seltsame Symbole leuchteten unter seinen Fingerspitzen grünlich auf. »Zum Glück meißelten die Erbauer Runen in den Fels, um die geheimen Wege zu kennzeichnen. Es ist ein Code, der im gesamten Labyrinth Gültigkeit besitzt. Dieses Rätsel habe ich bei meinem letzten Besuch hier entschlüsselt. Dieser Tunnel ist mir nicht vertraut, aber ich glaube zu wissen, wie wir unser Ziel erreichen.«

»Du bist ein Mann mit vielen Talenten«, stellte Pharaun fest.

»Wer schuf diese Tunnel?« fragte Halisstra. »Wenn dieser Ort so groß ist, wie Ihr sagt, muß es seinerzeit ein mächtiges Reich gewesen sein, doch ich sehe auf den ersten Blick, daß diese Markierungen nicht von unseren Vorfahren stammen. Sie sind auch nicht von Duergar, Illithiden oder Abolethen.«

»Minotauren«, erwiderte Valas. »Ich weiß nicht, wann ihr Reich entstand und unterging, doch irgendwann gab es einmal ein großes Minotauren-Königreich.«

»Minotauren?« gab Quenthel verächtlich zurück. »Das sind bestialische Wilde. Sie können kaum den Verstand oder die Geduld besessen haben, um eine Arbeit von solchen Ausmaßen in Angriff zu nehmen, ganz zu schweigen davon, ein Königreich zu führen.«

Valas zuckte die Achseln und sagte: »Das mag heute so sein, aber wer weiß, was vor tausend Jahren war? Ich fand zahlreiche ihrer Artefakte und Überreste, die hier überall verstreut sind. Ihre gehörnten Schädel sind sehr markant. Meine Freunde im Haus Jaelre sagten mir, viele Minotauren hielten sich noch heute an einsamen Orten und in nicht mehr benutzten Gängen des Labyrinths auf, darunter auch dämonische Bestien, die über mächtige Hexenkräfte verfügen. Ihre Patrouillen liefern sich mit diesen Monstern regelmäßig Kämpfe.«

»Ich frage mich allmählich, ob wir irgendwann auf unserer Reise auch ein Reich vorfinden werden, in dem ein fröhliches, zivilisiertes Völkchen lebt, das wirklich um unser Wohlergehen besorgt ist und uns gerne seine Hilfe gewährt«, murmelte Pharaun.

»Ich glaube bald, unsere schöne Stadt stehe am Boden eines Fasses voller Giftschlangen.«

»Wenn dem so ist, dann sind wir schneller, stärker und giftiger als jede andere Schlange im Faß«, sagte Quenthel lächelnd. »Laßt uns weitergehen. Wenn hier Minotauren unterwegs sind, dann wären sie gut beraten, sich nicht dort zu zeigen, wo die Kinder Menzoberranzans gehen.«

Die Gruppe marschierte noch mehrere weitere Stunden durch die endlosen düsteren Höhlen und gewundenen Gänge, ehe sie eine Pause einlegte, um sich auszuruhen und wieder zu Kräften zu kommen. Der Abschnitt des Labyrinths, in dem sie sich befanden, schien fast völlig verlassen zu sein. Es fanden sich nur wenige Hinweise darauf, daß irgend jemand hier in den letzten Jahren entlanggegangen war, die Jäger des Unterreiches eingeschlossen, die rein instinktiv handelten, aber keinen Verstand besaßen. Um sie herum wirkte alles unnatürlich ruhig, und jedes Mal, wenn die Unterhaltung für einen Moment stockte und Schweigen einsetzte, schien die Stille förmlich auf sie einzustürmen und wirkte auf eine Weise feindselig, als verabscheue das Gestein selbst die Anwesenheit der Gruppe.

Nachdem Valas und Ryld die Wache übernommen hatten, wickelten sich die anderen in ihren Piwafwi und machten es sich auf dem kalten Steinboden der Höhle bequem. Halisstra schloß die Augen halb und versank in tiefe Trance, wobei sie von endlosen Tunneln und von sonderbaren alten Geheimnissen träumte, die tief unter Schimmel begraben waren. Im Traum glaubte sie, in der Stille ein schwaches, fernes Rascheln oder Flüstern zu hören, das so weit entfernt war, daß sie das Gefühl hatte, es deutlicher vernehmen zu können, wenn sie sich ein Stück weit von der Gruppe entfernte und sich tiefer in die Dunkelheit begab. Obwohl sich die Luft nicht im mindesten regte, nahm sie aus der Ferne das tiefe Seufzen eines Windes wahr, der irgendwo in den Tunneln wehte, ein dumpfes Wehklagen, das sich am Rand ihrer Wahrnehmung bewegte – so wie etwas Wichtiges, das ihr entfallen war, aber noch eben greifbar zu sein schien. Manchmal war es Lolth, die so flüsterte, das zischende Seufzen einer wortlosen Botschaft, die eine Priesterin mit dem Wissen erfüllte, welchen Wunsch die Dämonenkönigin hatte.

Furcht und Hoffnung regten sich in Halisstras Herz, und sie kam dem Erwachen näher.

Was ist dein Wunsch, Göttin? schrie sie im Geiste. Sag mir, wie Haus Melarn wieder deine Gunst erlangen kann. Sag mir, wie Ched Nasad wiederauferstehen kann. Ich werde alles tun, was du verlangst!

Treulose Tochter, flüsterte der Wind ihr zu. Schwache Närrin.

Entsetzen riß Halisstra aus ihrer Trance, und sie schrak mit rasendem Herzen auf.

Nur ein Traum, sagte sie sich. Ich habe geträumt, was ich mir wünschte. Ich habe geträumt, wovor ich mich fürchte, weiter nichts. Lolth hat nicht gesprochen. Sie hat mich nicht verdammt.

Ein Stück neben ihr lagen oder saßen die anderen auf dem Boden und waren in ihre eigene Meditation versunken. Etwas weiter entfernt hielt Ryld Wache, eine breitschultrige, reglose Gestalt in der Finsternis. Die Tochter des Hauses Melarn senkte den Blick und lauschte den befremdlichen Geräuschen, die der Wind ringsum in der Finsternis verursachte, die ihre Leute für sich beansprucht hatten.

»Lolth spricht nicht«, flüsterte sie. »Ich habe nur den Wind gehört, sonst nichts.«

Warum hat Lolth uns verstoßen? Warum hat sie den Untergang Ched Nasads zugelassen? Was taten wir, um ihren Zorn zu wecken? fragte sich Halisstra. Tränen der Verbitterung stiegen ihr in die Augen. Sind wir ihrer unwürdig?

Der Wind kam erneut auf, diesmal näher und lauter. Es war kein Pfeifen oder Rauschen, vielmehr erinnerte es sie an ein tieftönendes Horn, das in der Ferne geblasen wurde, vielleicht sogar mehrere. Das Geräusch wurde lauter. Halisstra kniff die Augen zusammen. Handelte es sich um ein merkwürdiges Phänomen des Labyrinths, einen Luftstrom, der durch die röhrengleichen Tunnel in der Dunkelheit pfiff? Derlei war an anderen Orten des Unterreiches nicht unbekannt. In manchen Fällen kamen diese Winde so plötzlich auf und waren so stark, daß sie alles Leben aus einem Tunnel wehen konnten. Dieser Wind hier murmelte und dröhnte, während sie zuhörte, viele große Hörner, die gleichzeitig erschollen –

Halisstra sprang auf. Ryld stand da und beobachtete den Weg, den sie gekommen waren, Splitter funkelte in seiner Hand.

»Hört Ihr sie?« rief sie Ryld zu. »Die Minotauren kommen!«

»Ich dachte, es sei der Wind«, knurrte Ryld. »Weckt die anderen.«

Er rannte den Gang entlang, der nahenden Heerschar entgegen, und rief Valas zu, er solle seinen Posten auf der anderen Seite der Gruppe verlassen und sich ihm anschließen. Halisstra hob ihr Gepäck auf und warf es sich über die Schulter, gleichzeitig weckte sie die Gruppe mit Alarmrufen und einem gelegentlich Fußtritt auf, wenn einer von ihnen nicht schnell genug aus der tiefen Trance erwachte.

Sie machte ihre Armbrust bereit und spannte einen Bolzen ein, während sie den Tunnel hinter ihnen im Auge behielt.

Der Boden begann unter ihren Füßen zu beben. Schwere Schritte, die sich anhörten wie herabstürzende Felsbrocken, kamen immer näher, und von den Wänden des Durchgangs wurde tiefes Bellen und Schnaufen wieder und wieder zurückgeworfen, um sich zu einer gewaltigen Kakophonie zu vereinen. Ein heißer, tierischer Gestank schlug ihr entgegen, und dann sah sie sie – eine heranstürmende Menge aus massigen Kreaturen mit Stierköpfen, zotteligem Fell und schweren Hufen. In ihren kraftvollen Händen hielten sie schwere Äxte und Flegel.

Vor dieser heranrollenden Naturgewalt wurden Ryld und Valas Hune hergetrieben, die auf Halisstra wirkten wie Spatzen, die von einer Sturmfront erfaßt wurden. Sie kämpften mit aller Macht gegen die blutrünstigen Kreaturen um ihr Leben. Halisstra legte an und schoß einem der Monster einen Bolzen genau in die Brust, doch das Geschöpf war so im Blutrausch, daß es das Geschoß einfach ignorierte, das sich in seinen Torso gebohrt hatte. Sie legte den nächsten Bolzen ein und wollte zielen, als sich ihr Jeggred in den Weg stellte.

»Jeggred, du Idiot, es sind zu viele, du kannst sie nicht bekämpfen!« schrie sie.

Der Draegloth nahm keine Notiz von ihr und stürzte der Horde entgegen. Einen Moment lang konnten die Größe und die Wut des Halbdämons dem Ansturm der Minotauren standhalten, doch über Jeggreds weißhaarige Schultern und die aufblitzenden Klingen von Ryld und Valas hinweg konnte Halisstra Dutzende mehr der behaarten Monster erkennen, die mit Reißzähnen bewehrten Mäuler aufgerissen, um Befehle zu schreien, die Augen vor Zorn rotglühend. Einige von ihnen waren Splitter, Valas’ geschwungenen Klingen und Jeggreds Klauen zum Opfer gefallen, doch die kampflüsternen Minotauren ließen sich nur von den schwersten Verletzungen stoppen, ansonsten stiegen sie sogar in den eigenen Reihen übereinander, um zu den Drow-Eindringlingen zu gelangen.

Halisstra beugte sich zu einer Seite und feuerte wieder, während sich Danifae mit der eigenen Armbrust in den Kampf einmischte. Quenthel tänzelte dicht hinter Jeggred hin und her und schlug mit ihrer tödlichen Peitsche nach den Monstern, die versuchten, den Draegloth zu überwinden. Pharaun stieß ein arkanes Wort aus, das eine grelle Kugel aus knisternder Energie in die Gruppe der Minotauren schleuderte. Die Sphäre detonierte mit einem Donnerhall, gleißende Blitze schössen in hohem Bogen durch den Tunnel, die einige Minotauren auf der Stelle zu Asche verbrannten und anderen große schwarze Brandwunden zufügten.

Im sengenden Schein des Lichtblitzes machte Halisstra etwas aus, das größer und schlanker war als die Minotauren, etwas, das sich hinter der vordersten Reihe aufhielt, eine dämonische Präsenz ... nein ... mehrere Dämonen, die die wütenden Kreaturen weiter vorantrieben. Gewaltige schwarze Flügel hüllten die Geschöpfe in Schatten, ihre dunklen Hörner glühten vor Hitze rot.

Grollen und Bellen erfüllte den Gang, während das Dröhnen von Stahl auf Stahl so schnell und heftig kam, daß Halisstra sich kaum noch selbst hören konnte. »Da hinten sind Dämonen!«

»Ich sehe sie«, erwiderte Quenthel. Sie wich ein paar Schritte zurück und packte Pharaun am Arm. »Könnt Ihr sie bannen?«

»Ich habe keinen solchen Zauber bereit«, gab der Magier zurück. »Außerdem wird es uns nicht aus dieser kleinen Zwangslage retten, wenn ich uns von den Dämonen befreite. Ich denke ...«

»Mich interessiert nicht, was Ihr denkt!« schrie QuentheL »Wenn Ihr die Dämonen nicht bannen könnt, dann versperrt ihnen den Weg!«

Pharaun verzog das Gesicht, gehorchte aber und begann einen weiteren Zauber. Halisstra lud nach und suchte nach einer weiteren Gelegenheit, auf die Angreifer zu feuern. Ryld duckte sich und durchtrennte einem Minotaur die Kniesehnen, der ihn mit einer Axt angriff, die massiv genug war, um einen Amboß zu spalten, dann zog der Kämpfer sein Schwert nach oben und schlitzte den Bauch der Kreatur auf, ehe er sich abrollte. Valas wurde von einer Kette getroffen, die ihm die Beine wegriß. Der Späher rollte sich ab und entging nur knapp dem Schlag seines Gegners, der ihm den Schädel zerschmettert hätte.

Einer oder mehrere Dämonen hinter den anstürmenden Minotauren wirbelten den Drow ein Sperrfeuer aus grünen Feuerkugeln entgegen. Eine von ihnen löste sich auf, als sie mit Quenthels angeborener Widerstandskraft gegen Magie in Berührung kam, zwei andere bescherten Pharaun und Danifae ätzende Brandwunden. Dennoch gelang es dem Magier, seinen Zauber zu Ende zu führen.

Etwas, das Halisstra für eine Art unsichtbare Barriere hielt, zwang die meisten Minotauren und ihre dämonischen Herren zum Rückzug, während einige Kämpfer in vorderster Front mit einem Mal von ihresgleichen abgeschnitten waren. Die Angreifer versuchten, gegen Pharauns unsichtbare Mauer anzurennen und sich mit grobschlächtigen, plumpen Waffen einen Weg zu schaffen, in der Zwischenzeit überwältigten die Drow jene Minotauren, die das Pech hatten, auf ihrer Seite in der Falle zu sitzen.

Innerhalb weniger Augenblicke wurden die Schreie und der Kampfeslärm zu einem dumpfen schwachen Gebrüll der Minotauren auf der anderen Seite der Barriere, die durcheinanderrannten und den Drow mit ihren Waffen drohten. Plötzlich machten alle Minotauren kehrt und hasteten in die Richtung davon, aus der sie gekommen waren. Ein Dutzend oder mehr massiger Kadaver wurden auf dem Steinboden zurückgelassen.

Ryld wich zurück und half Valas auf. Jeggred stand keuchend da und blutete aus einem Dutzend kleiner Wunden.

»Wie lange wird die Wand halten?« wollte Quenthel wissen.

»Im besten Fall eine Viertelstunde«, antwortete Pharaun. »Die Dämonen dürften sie durchdringen können, wenn sie es wollten. Aber ich vermute, sie führen die Minotauren durch andere Tunnel, damit sie uns von der anderen Seite her angreifen können. Darf ich vorschlagen, daß wir uns so schnell wie möglich von hier entfernen, ehe wir erfahren, wie sie es anstellen, das Hindernis zu umgehen?«

Quenthel zog die Brauen zusammen, nahm ihr Gepäck und sagte: »Also gut, brechen wir auf.«


Wäre es seine Art gewesen, Sorge zu zeigen, indem er in seinem Arbeitszimmer auf und ab gegangen wäre, dann hätte Gromph in der vergangenen Stunde nichts anderes gemacht als genau das. So aber starrte er in die große Kristallkugel, die im Mittelpunkt seines Ausspähzimmers ruhte und Pharauns Bericht bestätigte. Wie hatte der Meister Sorceres sich gleich noch ausgedrückt?

Gratulation, mächtiger Gromph. Es dürfte Euch interessieren, daß die Armee Gracklstughs gegen Menzoberranzan vorrückt. Wir folgen weiter unserem Weg. Viel Glück!

»Arroganter Laffe«, murmelte Gromph. Der Junge hatte keinerlei Respekt vor Älteren.

Ehe er panisch zu den Muttermatronen stürmte, hatte Gromph natürlich beschlossen, Pharauns Bericht zunächst einmal durch eigenes sorgfältiges Ausspähen und Betrachten nachzugehen. Die milchige Kugel enthüllte vor den Augen des Erzmagiers eine Szene, die eine lange Kolonne marschierender Duergar-Krieger zeigte, die sich den Weg durch das Unterreich bahnten. Riesige Packechsen trugen beträchtliche Vorräte sowie infernalische Kriegsmaschinen. Belagerungseinheiten wurden von langen Reihen von Oger-Sklaven gezogen.

Es war schwierig gewesen, allein diesen Blick auf die vorrük-kende Armee zu werfen, da Duergar-Magier alles unternahmen, um die Bewegungen der Armee ihres Prinzen vor der Ausspähung durch feindliche Magier zu verbergen. Gromph war allerdings ein hervorragender Erkenntniszauberer und hatte zwar eine Weile gebraucht, es letztlich aber geschafft, die Abwehrmechanismen der Duergar-Magier zu durchdringen.

Gromph studierte die Szene gründlich und hielt nach den kleinsten Details Ausschau – dem Emblem der marschierenden Soldaten, der exakten Größe und Beschaffenheit der Tunnel, die sie durchschritten, dem Rhythmus der zwergischen Marschgesänge. Er wollte ganz sicher sein, daß er das Ausmaß und die Unmittelbarkeit der Bedrohung kannte, ehe er den Rat darauf aufmerksam machte, weil er wußte, daß die Muttermatronen davon ausgingen, daß er die Antworten auf all ihre möglichen Fragen ausgespäht hatte. Die beunruhigendste Frage war natürlich, wie lange es wohl gedauert hätte, von der marschierenden Armee zu erfahren, wäre Pharaun nicht zufällig durch Gracklstugh gekommen. Die Duergar konnten die halbe Strecke zwischen den beiden Städten zurückgelegt haben, ehe ein Außenposten oder eine Patrouille auf sie aufmerksam wurde, die weit von Menzoberranzan unterwegs war.

»Verdammt«, grollte der Erzmagier.

Egal ob Menzoberranzan bereit war oder nicht, die nächste Herausforderung an die Stadt sammelte sich gerade hundert-fünfzig Kilometer im Süden in den rauchigen Gruben des Duergar-Reiches. Gromph seufzte und kam zu dem Schluß, daß er sich auch sofort der unerfreulichen Aufgabe stellen konnte, den Rat davon in Kenntnis zu setzen. Er erhob sich, strich sein Gewand glatt und griff nach seinem Lieblingsstab. Es würde ihm nicht gut zu Gesicht stehen, wenn er nicht völlig selbstsicher vor die Muttermatronen trat, schon gar nicht, wenn es sich um so unangenehme Neuigkeiten handelte.

Eben wollte er in den steinernen Schacht im hinteren Teil des Raums eintreten, um sich in seine Gemächer in Sorcere zu begeben, als er ein vertrautes, kribbelndes Gefühl verspürte. Jemand spähte ihn aus – eine bemerkenswerte Leistung, wenn man berücksichtigte, was er alles unternommen hatte, um etwas Derartiges zu verhindern. Gromph machte sich an einen Zauber, der die magische Ausspähung unterbrechen sollte, doch dann hielt er inne. Er war mit nichts befaßt, was er hätte verbergen wollen, und war neugierig, ob wohl ein Duergar-Magier bemerkt hatte, daß Gromph sie ausgespäht hatte.

»Gibt es etwas, das Ihr mir sagen wollt«, fragte er, »oder soll ich Euch dort, wo immer Ihr sitzt, blenden?«

Spart Euch den Zauber, antwortete eine kalte, rauhe Stimme in seinem Kopf. Ich habe schon seit über tausend Jahren keine Augen mehr im Schädel, da bezweifle ich, daß Euer Zauber irgendwelchen Schaden anrichten könnte.

»Meister Dyrr«, sagte Gromph irritiert. »Welcher Ehre verdanke ich den Umstand Eurer Anwesenheit?«

Und wie habt Ihr mich gefunden? fragte er sich, achtete aber darauf, die Frage nicht laut auszusprechen.

Ich will die Unterhaltung fortsetzen, die wir vor einigen Tagen begonnen haben, junger Gromph, erwiderte der Leichnam. Ich will auf mein ursprüngliches Angebot zurückkommen und Euch genauer beschreiben, was mir vorschwebt. Denn wenn ich Euch bitte, mir zu vertrauen, dann werde ich Euch schließlich erst ein Zeichen meines Vertrauens in Euch geben müssen.

»Durchaus. Ich würde mich freuen, Euch zu Diensten zu sein, doch im Moment muß ich mich in einer wichtigen Angelegenheit zum Rat begeben. Vielleicht können wir das Gespräch etwas später führen?«

Gromph sah sich im Raum um und entdeckte die Kristallkugel im Erker der Kammer. In ihr wirbelte ein perlmuttgrünes Farbenspiel.

Ach, natürlich, ging es dem Erzmagier durch den Kopf. Er konnte mich hier finden, wo meine Schutzmaßnahmen gegen feindliches Ausspähen am schwächsten sind, da ich selbst Transparenz zum Ausspähen benötige. Ich muß darüber nachdenken, wie ich den Raum gegen solche Vorkommnisse schützen kann, ohne meine eigenen Möglichkeiten einzuschränken.

Ich fürchte, ich muß jetzt mit Euch reden, drängte Dyrr. Ich werde Euch nicht lange aufhalten, und ich glaube, Ihr werdet froh sein, mir erst zugehört zu haben, ehe Ihr Euch den ränkeschmiedenden Frauen stellt. Darf ich Euch aufsuchen?

Gromph hielt inne und sah hinauf zu der unsichtbaren Präsenz, die ihn beobachtete, wobei er einen finsteren Blick unterdrücken mußte. Eine Kreatur wie Dyrr in seine eigenen Räumlichkeiten einzuladen war keine Sache, die er auf die leichte Schulter nahm. Ganz gleich, wie wichtig das sein mochte, was der alte Hexenmeister zu sagen hatte, so war es doch eine Tatsache, daß die Muttermatronen nicht erfreut darauf reagieren würden, wenn er sie warten ließ. Er trommelte mit den Fingern auf den Holzstab in seiner Hand und überlegte, was er tun sollte. Nach Möglichkeiten wollte er auch Dyrr nicht verärgern, und wer mochte schon sagen, worauf der Leichnam nach Jahrhunderten des Daseins als Untoter ärgerlich reagieren würde. Abgesehen davon war Gromph in seinem Arbeitszimmer, in dem er auf zahlreiche wirkungsvolle magische Verteidigungsmittel zurückgreifen konnte ...

»Gut, Meister Dyrr. Allerdings muß ich darauf bestehen, daß wir uns kurz fassen, denn meine Angelegenheit beim Rat ist von höchster Dringlichkeit.«

Die Luft ein Stück vor dem Erzmagier begann zu brodeln und zu vibrieren, und von einem plötzlichen Krachen und Knistern begleitet tauchte der alte tote Drow vor ihm auf. Die Kreatur stützte sich ebenfalls auf einen Stab, ein beeindruckendes Gerät, das aus vier umeinander gewickelten Diamantspatstäben bestand, die an beiden Enden miteinander verbunden waren. Ein kleiner Schild aus schwarzem Metall in Form eines zu einem idiotischen Grinsen verzerrten Dämonengesichts schwebte in Höhe seines Ellbogens in der Luft. Dyrr machte sich nicht die Mühe, sich als Lebender zu tarnen, sondern stand als gräßliches Skelett mit Augen so schwarz wie der Tod vor ihm.

»Ich grüße Euch, Erzmagier. Entschuldigt, wenn ich ungelegen komme«, sagte der Leichnam und richtete seine leeren Augenhöhlen auf Gromph. »Was gibt es, daß Ihr so rasch eine Audienz bei den Matronen begehrt, junger Gromph?«

»Bei allem nötigen Respekt, Meister Dyrr, glaube ich, daß diese Angelegenheit für ihre Ohren bestimmt sind, nicht für Eure. Welches Angebot wollt Ihr mir unterbreiten, das nicht warten kann?«

»Wie Ihr wollt«, sagte Dyrr. »Aus dem Süden marschiert eine Armee auf Menzoberranzan zu – die Duergar haben offenbar von unseren Schwierigkeiten erfahren und entschieden, diese Gelegenheit zu nutzen, die sich ihnen derzeit bietet.«

»Ich weiß«, gab Gromph schnippisch zurück. »Eben deshalb muß ich sofort aufbrechen. Wenn es sonst nichts mehr gibt ... ?«

Er ging zu dem glatten Steinschacht hinüber, der hinunter in seine Gemächer führte.

»Ich stelle fest, es gefällt mir, daß Euch meine Nachricht nicht überrascht«, sagte der Leichnam. »Hättet Ihr nichts von der Duergar-Armee gewußt, dann hätte ich sicherstellen müssen, daß Ihr auch nichts davon erfahrt, wenn Ihr versteht, was ich meine.« Dyrr drehte sich mit einem schier unerträglichen knirschenden und klickenden Geräusch aneinanderreihender Knochen zu Gromph um, der mit dem Rücken zu ihm stand. »Sicher erinnert Ihr Euch, daß wir vor ein paar Tagen über eine Zeit sprachen, wenn Ihr eine Entscheidung treffen müßt. Diese Zeit ist gekommen.«

Gromph hielt in der Bewegung inne und drehte sich langsam um. Er hatte gehofft, dies sei nicht das Motiv, weshalb der Leichnam mit ihm reden wollte, doch wie es schien, wollte Dyrr das Thema nicht auslassen, ob es dem Erzmagier gefiel oder nicht.

»Eine Entscheidung?«

»Tut nicht, als würdet Ihr mich nicht verstehen. Ich weiß, daß Ihr dafür zu intelligent seid. Ihr müßt nichts weiter tun, als Euren Bericht für ein paar Tage zurückzuhalten, dann könnt Ihr voller Panik zu den Muttermatronen eilen und ihnen von der Duergar-Armee berichten, die vor der Tür steht. Meinen Plänen wäre damit gedient, wenn Ihr es zu einer Zeit und auf eine Weise tätet, die ich Euch vorgebe.«

»Das brächte die Stadt in große Gefahr«, wandte Gromph ein.

»Sie ist bereits in Gefahr, Gromph. Meine Absicht ist es, eine gewisse Ordnung ins Unvermeidbare zu bringen. Ihr könntet mir in den kommenden Tagen eine große Hilfe sein oder ...«

»Ich verstehe«, sagte Gromph.

Er kniff die Augen zusammen und überdachte seine Alternativen. Er konnte vortäuschen, das Angebot anzunehmen, und doch tun, was er wollte, doch damit würde er den Zorn Dyrrs auf sich lenken, der sich zu einer von ihm bestimmten Zeit an einem von ihm bestimmten Ort auf Gromph entladen würde. Er konnte sich auch weigern, was wohl auf der Stelle zu einem tödlichen Wettstreit führen würde, um zu sehen, wessen Wille obsiegen würde.

Oder ich nehme sein Angebot an, dachte er. Wer kann schon sagen, daß es uns nicht gelingen wird, die gegen die Stadt gerichteten Kräfte so zu lenken, daß ein für uns nützliches Chaos, ein wertvoller Fortschritt entsteht? Der Schaden wird sicherlich beträchtlich sein, doch das Menzoberranzan, das aus einem solchen Schmelztiegel aus Blut und Feuer hervorgehen würde, mochte eine bessere und stärkere Stadt werden – eine Stadt befreit von der unerbittlichen Tyrannei durch sadistische Priesterinnen und statt dessen regiert von der kühlen, leidenschaftslosen Intelligenz pragmatischer Magier. Jede Grausamkeit, jeder Exzeß würde einem vernünftigen Zweck dienen, um eine Stadt hervorzubringen, deren Energie nicht auf interne Streitigkeiten vergeudet wurde. Wäre es eine solche Stadt nicht wert, ihr gegenüber loyal zu sein?

Gäbe es in einer solchen Stadt Platz für einen Baenre? überlegte er.

Keine Revolution von den Dimensionen, wie Dyrr sie sich erträumte, konnte einen anderen Ausgang nehmen als die vollständige Auslöschung des Ersten Hauses Menzoberranzans. Auch wenn Gromph seine Schwester verabscheute und viele der einfältigen Verwandten haßte, die Burg Baenre bevölkerten, würde er doch verdammt sein, wenn er einem niederen Haus gestattete, seine Familie als höchste Macht in der Stadt vom Thron zu stoßen. Es konnte auf dieses Angebot nur eine Antwort geben.

So schnell, wie der Gedanke benötigte, um sich zu formen, hob Gromph seine Hand und entfesselte eine verheerend grelle Farbexplosion, die er auf den Leichnam richtete – ein Zauber, dessen Energie er mit solcher Sorgfalt und Anstrengung vorbereitet hatte, daß der kleinste Willensakt genügte, um ihn anzuwenden. Farben, die in der Düsternis der Höhlenstadt noch niemand gesehen hatte, bohrten sich durch seine Beschwörung.

Jede von ihnen trug eine andere Form von Verderben, Zerstörung oder Energie mit sich. Ein zuckender blauer Blitz aus Elektrizität schoß so dicht an Dyrr vorbei, daß die alten Gewänder des Leichnams Funken sprühten, während ein greller, orangefarbener Strahl mit einer Säure verbrannte, die stark genug war, um Steine schmelzen zu lassen. Ein dritter Strahl von heimtückischem Violett wurde vom lebenden Schild der Kreatur abgewehrt. Das Ding kicherte wie ein gehässiges Kind, als der Angriff abgewehrt wurde.

»Ich bin der Erzmagier Menzoberranzans«, brüllte Gromph. »Ich spiele für niemanden den Laufburschen!«

Dyrr wich mit einem Wutschrei zurück, als die Säure umherspritzte und zu zischen begann, während sie an seinem alten Fleisch nagte. Der Gestank brennender Knochen verlieh der grandiosen Beschwörung einen widerwärtigen Beigeschmack. Gromph ließ seinem ersten Angriff einen zweiten folgen, indem er einen Zauber beschwor, von dem er hoffte, er würde Dyrrs Zauber gegen ihn selbst umlenken. Der Erzmagier rechnete damit, daß jede Täuschung, jede Abwehr und jeder todbringende Zauber notwendig sein würde, um etwas zu vernichten, das so mächtig war wie Meister Dyrr.

Gromph beendete seinen Umkehrzauber gerade noch rechtzeitig, da sich Dyrr von der Attacke unglaublich schnell erholte und mit einem unheilbringenden schwarzen Strahl aus verheerender Energie reagierte, die große Teile der Lebenskraft des Erzmagus weggerissen hätte, wäre sie an ihr Ziel gelangt. Statt dessen prallte der schwarze Strahl von Gromphs Schild ab und traf Dyrr mitten in den Rumpf. Das zog eine unvorhersehbare Reaktion nach sich. Denn anstatt die Lebensenergie des alten Leichnams zu zerreißen, erfüllte die knisternde schwarze Energie den Herrn Agrach Dyrrs mit ihrer entsetzlichen Energie, woraufhin der Leichnam auflachte.

»Ein guter Zug, Gromph, aber hier fehl am Platz, fürchte ich. Lebewesen werden von diesem Zauber schwer in Mitleidenschaft gezogen, doch die Untoten werden durch ihn mit neuer Kraft erfüllt.«

Der Erzmagier fluchte leise und schlug wieder zu, diesmal mit einem grünen Strahl, der ein absolut rundes Loch in Dyrrs Brustbein bohrte und untotes Fleisch und Knochen zu Staub werden ließ. Der Leichnam kreischte vor Schmerz und machte einen Satz zur Seite, ehe Gromph ihn völlig vernichten konnte.

Noch während der Erzmagier den nächsten Zauber wirkte, zischte Dyrr die Worte für einen finsteren, mörderischen Zauber, der sich brutal an Gromphs Fleisch festkrallte, mit Tausenden schmerzender Nadeln an seinen Körpersäften sog und seine Haut bleich werden ließ. Gromph keuchte schmerzerfüllt auf, vertat den Zauber, den er eben hatte wirken wollen, taumelte nach hinten, fiel über eine Marmorbank und stürzte schwer.

Verdammt, dachte er. Ich brauche einen Moment, um mich zu erholen.

Zum Glück befand er sich in seinem eigenen Arbeitszimmer und hatte ein Dutzend Waffen griffbereit, die er einsetzen konnte.

Gromph rollte sich auf die Ellbogen und schrie: »Szashune! Vernichte ihn!«

In einem Alkoven des Raums erwachte die Statue eines großen, vierarmigen Schwertkämpfers aus perfektem schwarzem Obsidian zum Leben. Wie ein lebendiger Krieger trat sie in den Raum und griff mit ihren schwarzen Klingen an.

Dyrr wich einige Schritte zurück, dann sprach er ein einzelnes Wort. Der Leichnam stieg auf und entzog sich damit dem Zugriff des Golems aus Spinnenstein. Gromph nutzte diese Ablenkung, um den zerstörerischsten Zauber zu wirken, den er kannte, und ihn dem schwebenden Leichnam entgegenzuschleudern. Von seinen ausgestreckten Händen schossen acht strahlende Kugeln aus blendendweißer Energie nach vorn und fraßen sich durch die untote Gestalt des Leichnams, wobei jede von ihnen mit einer Heftigkeit explodierte, die Stein erschüttern ließ und klaffende Löcher in den Untoten riß. Die explodierenden Meteore richteten in Gromphs Arbeitszimmer erheblichen Schaden an, zertrümmerten alte Bücherregale und rissen dem Spinnenstein-Golem einen Arm ab, als handele es sich um ein Spielzeug, das von einem ungezogenen Kind beschädigt wurde. Gromph jubelte triumphierend, als etliche Stücke Dyrrs auf dem Boden aufschlugen.

Staub stieg von der schwebenden Gestalt des Leichnams auf, und sein Schädel nickte in Richtung des Brustbeins, als versage ihm die Magie, die ihn mit Leben erfüllt hatte, ihren Dienst. Doch die knochige Kreatur kehrte mit erschreckender Schnelligkeit zu ihrem alten Selbst zurück. Dyrr sah auf, in seinen Augenhöhlen strahlte ein gefährliches grünes Licht, und der Leichnam begann zu lachen.

»Meine alten Knochen sind nicht alles, was mich ausmacht«, röchelte er. »Was Ihr ihnen antut, zeigt kaum Wirkung.«

Er setzte zu einem weiteren Zauber an, doch der Erzmagier schlug abermals zu, darum bemüht, sämtliche Zauber und Beschwörungen aufzuheben, die den Leichnam schützten. Dyrrs Flugzauber versagte, und so sank der Leichnam in Reichweite der Klingen, die die lebende Statue am Boden in den Händen hielt.

Der Golem eilte vor und hieb mit seinen drei verbliebenen Armen auf den Leichnam ein, wobei sein glänzendes Gesicht keine Regung zeigte. Die Beschwörung wurde vom gewaltigen Aufprall der Treffer erschüttert. Gromph bleckte die Zähne zu einem gehässigen Grinsen.

»Mag sein, daß Ihr nicht an Euren verwesenden Leib gebunden seid, Leichnam, aber es wird Euch schwerfallen, einen Zauber zu wirken, wenn Ihr zerstückelt und an einem Dutzend verschiedener Stellen beerdigt seid«, rief er. »Es war dumm von Euch, mich hier herauszufordern!«

Gromph kam näher und suchte nach einer Lücke, um mit dem nächsten Zauber zuschlagen zu können.

Dyrr nahm zwei, dann drei gewaltige Treffer der hoch aufragenden Statue hin und schwankte bei jedem Schritt, wenn weitere Knochen barsten und splitterten. Der dämonengesichtige Schild schoß um ihn herum, lachte schrill und wehrte einen Schlag des steinernen Konstrukts nach dem anderen ab. Der Hexenmeister trat einen Schritte zurück, um das Gleichgewicht wiederzufinden, dann breitete er die Arme aus. Seine glänzenden schwarzen Gewänder schimmerten kurz, dann explodierten sie zu einem Sägeblatt aus rasiermesserscharfen Klingen, die sich in alle Richtungen bewegten, ganze Steinbrocken aus Gromphs Golem rissen und sich unerbittlich durch Tische, Möbelstücke und Bücher schnitten.

Etliche Klingen durchdrangen auch die starken Abwehrzauber des Erzmagiers und verwundeten ihn an Dutzenden von Stellen, ohne ihn aber tödlich zu verletzen. Gromph warf sich auf den Boden, um der Scheibe aus umherwirbelnden Klingen auszuweichen. Er kniff die Augen zusammen, um das Blut zu verdrängen, das sich in ihnen sammelte, und sah mit an, wie sein Golem zu einem nutzlosen Haufen aus schwarzem Stein zerfiel.

Dyrr schrie triumphierend und machte einen Satz auf den Erzmagier zu, während er erschreckend schnell und mühelos mit seinem Stab aus Diamantspat nach ihm ausholte. Gromph tat einen überraschten Ausruf und rollte sich ab, um dem mit beiden Händen geführten Schlag zu entgehen, der den Marmor an der Stelle spaltete, an der er eben noch gelegen hatte.

»Das ist kein Verhalten für Magier von Rang!« rief Gromph und sprang auf.

Dyrr reagierte nicht auf diese Bemerkung, sondern verfolgte den Erzmagier weiter und räumte mit ausholenden Schlägen Tische und Regale leer.

Gromph rief einen Zauber, der dem Leichnam die Waffe mit solcher Wucht aus der Hand riß und durch den Raum schleuderte, daß sie sich wie ein von einem Giganten geworfenen Speer ins Mauerwerk bohrte.

Während Dyrr um sein Gleichgewicht rang, nahm sich Gromph einen Augenblick Zeit, um einen mächtigen Abwehrzauber zu wirken, eine schimmernde Kugel, die die Wirkung fast aller Zauber aufheben konnte, ausgenommen lediglich die Mächtigsten. So gewappnet, ging er rasch im Geist die verschiedenen Beschwörungen durch, um nach denen zu suchen, die am besten gegen den Herrn von Agrach Dyrr wirken würden.

»Ah«, meinte Dyrr nur, als er die leuchtende Kugel sah. »Eine exzellente Verteidigung, Gromph, aber leider nicht gegen mich.«

Der Leichnam murmelte etwas, das von gewaltiger Macht war, dann bewegte er sich vorwärts, die Skelettklauen vor sich ausgestreckt. Offenbar ohne jegliche Sorge vor Gromphs Abwehrzauber schob der Leichnam seine Hand in den tanzenden Farbglobus und bekam den Erzmagier am Arm zu fassen. Der schrie auf, als er von der Gewalt des Zaubers getroffen wurde, den der Leichnam gewirkt hatte und der die schützende Kugel in erlöschende Lichtfunken verwandelte. Jeder Muskel wurde im gleichen Moment absolut unbeweglich.

»Gromph, Ihr seid umschlossen«, verkündete Dyrr, dessen blanke Zähne sich leuchtend von der absoluten und entsetzlichen Schwärze des Schädels abhoben.

Dem Erzmagier war ein langer Blick auf den siegreichen Leichnam vergönnt, der über ihm thronte, dann begann er zu fallen. Gromph konnte sich nicht regen und sank im nächsten Moment durch den Boden, um dann durch die flackernden Räume Sorceres zu fallen, bis er in den klaffenden schwarzen Fels eindrang, der sich unter dem Turm, unter der Stadt, unter der ganzen Welt befand. Einen entsetzlichen Augenblick lang hatte Gromph das Gefühl, sich am Grund eines gewaltigen Brunnens zu befinden und unzählige Kilometer über sich die stecknadelgroße Gestalt seiner Nemesis zu sehen. Dann stürzte die Finsternis auf ihn ein und erstickte ihn in ihrer Umarmung.


In der Kammer des Erzmagiers in Sorcere stand der Leichnam Dyrr und sah hinab auf die Stelle des Bodens, an der er Gromph Baenre verdammt hatte. Wäre Dyrr ein lebender Magier gewesen, hätte er jetzt vielleicht um Atem gerungen, vor Erschöpfung am ganzen Leib gezittert oder wäre angesichts der tödlichen Wunden, die er in dem gnadenlosen Duell erlitten hätte, vielleicht sogar zu Boden gegangen. Doch die schwarze Magie, die seine untoten Sehnen und Knochen band, wies keine der Schwächen auf, von denen Sterbliche betroffen waren.

»Verharrt dort eine Weile, Gromph«, sagte er in die Leere. »Vielleicht habe ich noch mal Verwendung für Euch, in ein oder zwei Jahrhunderten.«

Mit einer knappen Geste löste er sich dann in Nichts auf.


Der Lärm gewaltiger Donnerschläge hallte durch die in den schwarzen Stein gehauenen Gänge. Es war ein so tiefes, durchdringendes Poltern, daß Halisstra es mehr zu spüren als zu hören glaubte. Sie kauerte im Schatten eines großen steinernen Bogens und riskierte einen raschen Blick in die weitläufige Höhle. Am anderen Ende, ein Stück unterhalb der Drow-Gruppe, erhob sich eine Gruppe wuchtiger Monster und suchte Deckung, während viele mehr inmitten des Gerölls und der Felsblöcke lagen, in die der untere Teil der Höhle verwandelt worden war.

»Das hat den Ansturm gestoppt«, rief Halisstra ihren Gefährten zu. »Aber sie formieren sich neu.«

»Unerschrockene Bastarde«, meinte Pharaun.

Der Magier hatte hinter einer gewaltigen Steinsäule Schutz gesucht und wirkte erschöpft. Im Verlauf der letzten eineinhalb Tage hatte die Gruppe im endlosen Gewirr der Korridore im Labyrinth mindestens fünfzig Kilometer zurückgelegt und war an jeder neuen Abzweigung von scheinbar nicht enden wollenden Horden von Minotauren und Dämonen bestürmt worden. Bei zwei Angriffen waren die Drow nur knapp den teuflischen Anstrengungen ihrer Widersacher entkommen, den jeweiligen Tunnel zu versiegeln, durch den sie die Flucht angetreten hatten.

»Solche Zauber habe ich nur noch wenige in Reserve«, erklärte Pharaun. »Wir müssen eine Stelle finden, an der ich ruhen und neue Zauber vorbereiten kann.«

»Ihr werdet Euch ausruhen, wenn wir alle das tun, Magier«, knurrte Quenthel. Die Baenre und ihre Peitsche waren blutüberströmt, und ihre Rüstung wies mehr als eine häßliche Beule auf, an der ein tödlicher Schlag mit letzter Kraft abgewehrt worden war. »Wir sind den Jaelre so nahe. Wir müssen uns in ihrer Nähe befinden. Laßt uns weiterziehen, ehe die Minotauren den nächsten Angriff organisiert haben.«

Die anderen Drow tauschten flüchtige Blicke aus, erhoben sich dann aber doch und folgten Quenthel und Valas Hune in den nächsten Gang. Der erstreckte sich über eine Länge von gut vierhundert Schritten, ehe er in eine weitere große Höhle überging. Die war geprägt von hohen, geriffelten Säulen, und der Boden war mit exakt gefügten Steinfliesen gepflastert worden. Elegant geschwungene Treppen führten an den Höhlenwänden nach oben, bis sie auf lange, geschützte Galerien trafen, die von einem schwachen Feenfeuer beleuchtet wurden, in dessen Schein Räume erkennbar waren, die an einstige Werkstätten, Handelshäuser oder einfach nur bescheidene Unterkünfte erinnerten.

»Schon wieder die Arbeit von Drow«, stellte Ryld fest, »und abermals verlassen. Bist du sicher, daß wir hier richtig sind?«

Der Späher nickte. Seine rechte Hand bedeckte eine oberflächliche, aber stark blutende Wunde an seiner linken Schulter.

»Ich war schon einmal hier«, erwiderte er. »Das sind Gebäude der Jaelre. Dort oben lebten mehrere Waffenschmiede, und an der Wand da drüben gab es ein Gasthaus, in dem ich selbst schon übernachtete. Der Palast der Jaelre-Adligen liegt am Ende dieses Gangs dort drüben.«

Quenthel eilte eine kurze, geschwungene Treppe hinauf und sah in ein Geschäft, dessen Fenster dunkel und leer waren. Sie fluchte und ging an einer Reihe weiterer Läden vorbei, ehe sie zu den anderen zurückkehrte.

»Wenn das hier Häuser der Jaelre sind, wo bei allen Höllen sind dann die Jaelre?« fragte sie laut. »Haben diese verfluchten Minotauren sie alle getötet?«

»Das bezweifle ich«, sagte Halisstra. »Hier wurde kein Kampf ausgetragen, sonst würden wir dafür Hinweise finden. Selbst wenn die Minotauren alle Leichen weggeschafft hätten, gäbe es Brandstellen, zerborstene Fliesen, die Überreste irgendwelcher Waffen. Ich glaube, die Jaelre haben diesen Ort verlassen.«

»Wie lange ist es her, daß du zum letzten Mal hier warst, Valas?« fragte Ryld.

»Fast fünfzig Jahre«, antwortete der Späher. »Also nicht sehr lange. Die Jaelre lieferten sich schon damals immer wieder kleine Kämpfe mit den Minotauren, aber die Höhlen waren durch stoffliche und magische Verteidigungsmaßnahmen gesichert.« Er sah sich aufmerksam um. »Laßt mich ein Stück vorgehen, vielleicht kann ich im Palast etwas finden, das Licht in dieses Geheimnis bringt.«

»Sollen wir alle gehen?« überlegte Ryld.

»Besser nicht. Es gibt nur einen Eingang zum Palast, und wenn die Minotauren in großer Zahl zurückkehren, könnten wir in der Falle sitzen. Bleibt draußen, damit ihr fliehen könnt. Ich bin gleich zurück.«

Der Späher tauchte in die Finsternis ein und ließ die Gruppe in der leeren Höhle zurück.

»Ich glaube, ich muß Herrin Melarn zustimmen«, sagte Ryld. »Es sieht wirklich so aus, als hätten die Jaelre alles zusammengepackt und seien aufgebrochen.«

»Dann haben wir uns umsonst angestrengt«, stellte Pharaun fest. »Ich glaube, es gibt nichts, was so enttäuschend ist wie vergebliche Mühen.«

Die Gruppe stand einen Moment lang schweigend da, jeder ging seinen Gedanken nach.

Halisstra war so erschöpft, daß es wehtat, und ihre Beine zitterten wie Espenlaub. Sie hatte es zwar gescharrt, jeglicher schwerer Verletzung zu entgehen, doch im Verlauf der letzten Stunden hatte sie fast sämtliche magischen Vorräte aufgebraucht, als sie ihre Bae’qeshel-Lieder eingesetzt hatte, um die angreifenden Horden zu verwirren, ihre Gefährten zu stärken und die schlimmsten Wunden zu heilen.

Jeggred, der die Nachhut der Gruppe bildete und sich am Eingang zu dem Tunnel befand, der zurück in die vorherige Höhle führte, brach das herrschende Schweigen.

»Wenn Valas nicht bald zurückkehrt, werden wir wieder kämpfen müssen«, sagte der Draegloth. »Ich kann die Minotauren nicht mehr hören, was bedeuten dürfte, daß sie sich um uns herum bewegen, um uns aus einer anderen Richtung anzugreifen.«

»Ich denke, wir haben ihnen klargemacht, daß sie uns nicht durch lange, gerade Tunnel angreifen sollten«, stellte Ryld fest und sah sich mit kenntnisreichem Blick die Jaelre-Höhle an. »Es wäre am besten, wenn wir uns nicht ungeschützt von ihnen überraschen lassen. Sie könnten uns durch schiere zahlenmäßige Überlegenheit überwältigen.«

»Was, wenn das eine Sackgasse ist?« flüsterte Danifae.

»Unmöglich«, sagte Quenthel. »Irgendwo in diesen Höhlen werden wir eine Erklärung finden, wohin die Jaelre geflohen sind, und ihnen dann folgen. Ich bin zu weit gereist, um mit leeren Händen nach Menzoberranzan zurückzukehren.«

»Das ist ja alles schön und gut«, warf Pharaun ein. »Ich sehe mich allerdings gezwungen, darauf hinzuweisen, daß wir gänzlich erschöpft sind und fast unsere gesamte magische Kraft aufgebraucht haben. Durch diese Höhlen und Gänge zu irren, bis uns die Minotauren in eine Falle locken und töten, ist pure Dummheit. Warum verstecken wir uns nicht im Heim eines Handwerkers wie zum Beispiel dort oben auf der Galerie und ruhen uns aus, bis wir uns in der Lage fühlen, weiterzuziehen? Ich glaube, ich kann unser Versteck vor unseren Verfolgern tarnen.«

Quenthels Augen blitzten wütend, als sie erwiderte: »Wir werden ausruhen, wenn ich das sage. Bis dahin ziehen wir weiter.«

»Ich glaube, Ihr versteht nicht, was ich zu sagen versuche«, konterte Pharaun abgehackt und stand auf.

»Ich glaube, Ihr versteht nicht, was ich Euch befehle!« herrschte Quenthel ihn an. Sie wirbelte herum und kam näher, während die Schlangen an ihrer Peitsche sich aufgeregt wanden. »Ihr werdet endlich aufhören, unablässig meine Entscheidungen in Frage zu stellen.«

»Das werde ich, sobald Ihr anfangt, intelligente Entscheidungen zu treffen«, gab Pharaun, dessen Gelassenheit mit einem Mal deutliche Risse zeigte, zurück. »Nun hört mir gut zu ...«

Jeggred sprang knurrend auf, umfaßte die Oberarme des Magiers mit seinen riesigen Klauen und zerrte ihn von Quenthel fort, während er ihn gleichzeitig zu Boden zog.

»Zeigt Respekt!« fuhr der Draegloth ihn an. »Vor Euch steht die Hohepriesterin Quenthel Baenre, Herrin Arach-Tiniliths, Meisterin der Akademie, Herrin Tier Breches, Erste Schwester des Hauses Baenre von Menzoberranzan ... ungehorsamer Hund!«

Pharauns Augen blitzten, als er aufsprang. Jeglicher Humor war verschwunden und kaltem, allumfassenden Haß gewichen.

»Faß mich nie wieder an!« zischte er.

Seine Hände nahmen eine Haltung ein, die zeigte, daß er bereit war, schreckliche Zauber gegen Jeggred zu schleudern. Der kauerte sprungbereit vor ihm.

Quenthel veränderte den Griff um ihre Peitsche und kam näher, während die Schlangenköpfe nach vorn schossen und zuschnappten, aber nur Luft zu fassen bekamen. Ryld legte eine Hand um Splitters Heft und beobachtete die drei. Sein Gesicht war reglos wie ein Maske und verriet nicht, was in seinem Kopf vorging.

»Das ist Wahnsinn«, sagte Halisstra, die ein Stück zurückwich und die Armbrust auf den Boden gerichtet hielt. »Wir müssen zusammenarbeiten, wenn wir hier lebend herauskommen wollen!«

Quenthel öffnete den Mund, um etwas zu sagen, womöglich um Jeggred den Befehl zu geben, ohne Rücksicht auf die Folgen Pharaun anzugreifen. In dem Augenblick jedoch kam Valas zu der Gruppe zurück. Der Späher blieb stehen und erfaßte mit einem Blick die Lage.

»Was ist hier los?« fragte er.

Als niemand antwortete, sah der Mann von Bregan D’aerthe einen nach dem anderen an.

»Es ist nicht zu fassen. Habt Ihr in den letzten Stunden noch nicht genug gekämpft? Wie könnt Ihr nur auf den Gedanken kommen, Euch mit dem letzten Rest an Kraft, Magie und Blut gegenseitig abzuschlachten, nachdem wir schon die Hälfte des Weges durch das Labyrinth nichts anderes getan haben als zu kämpfen?«

»Wir sind nicht in der Stimmung, uns Vorhaltungen machen zu lassen«, entgegnete Quenthel. »Schweigt.« Ihr Blick ruhte auf Pharaun, als sie die Peitsche wieder in den Gürtel schob. »Es führt zu nichts, wenn wir uns gegenseitig bekämpfen.«

»Stimmt«, gab Pharaun die wohl knappste Antwort, die Ha-lisstra von ihm je gehört hatte. Eine unerwartete Disziplin erfüllte den Magier, der seine Wut unter Kontrolle brachte und sich entspannte. »Allerdings werde ich mich von Euch nicht länger wie ein dahergelaufener Goblin behandeln lassen. Das werde ich nicht dulden.«

»Ich werde mich von euch meinerseits nicht bei jedem Schritt verhöhnen und verspotten lassen«, gab Quenthel zurück und wandte sich Valas zu. »Meister Hune, habt Ihr im Palast etwas entdecken können?«

Der Späher sah wie Halisstra und Danifae nervös zu Quenthel und Pharaun.

»Ja«, antwortete er. »Im großen Saal des Palastes befindet sich ein Portal. Wenn ich die Zeichen nicht falsch gedeutet habe, wurde es von einer großen Zahl Personen benutzt, so daß zu vermuten ist, daß das Haus Jaelre sich nun in irgendeinem neuen Reich auf der anderen Seite dieses Portals befindet.«

»Wohin führt das Portal?« fragte Ryld.

Valas zuckte die Achseln. »Ich habe keine Ahnung, aber es gibt eine Methode, es herauszufinden.«

»Gut«, erklärte Quenthel. »Wir werden Euer Portal testen, ehe die Minotauren und ihre Dämonen zurückkehren. In wenigen Minuten wird jeder Ort besser sein als dieser hier.«

Sie ließ ihren Blick lange auf Pharaun ruhen, der schließlich so vernünftig war, in eine andere Richtung zu sehen, was einer Verbeugung gleichkam.

Halisstra atmete aus, obwohl ihr nicht bewußt gewesen war, daß sie den Atem angehalten hatte.

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