Kurz nach Anbruch der Dämmerung erreichten wir das Ufer des Larius. Es war neblig und kalt, und die Mädchen waren zwischen die Planen gekrochen, die den Boden der Wagen bedeckten. Ich und einige andere Mädchen hoben die Seitenplane an und starrten in den Nebel des frühen Morgens hinaus. Wir rochen den Fluß.
Durch den Nebel sahen wir Männergestalten und da und dort niedrige Holzhütten. Bei den Männern mußte es sich um Fischer handeln, die bereits mit dem ersten Fang zurückkamen. Andere, mit Netzen bewaffnet, gingen zum Wasser. Wir sahen zahlreiche Pfähle, an denen Fische hingen. Auch andere Wagen bewegten sich in die gleiche Richtung wie wir. Ich sah Männer mit Bündeln, Säcken und Holzlasten auf dem Rücken. In der Tür einer kleine Holzhütte stand ein Sklavenmädchen und sah uns nach.
Plötzlich fuhr ein Speerschaft über die Plane, worauf wir sie hastig fallen ließen.
Ich sah mich um. Die anderen Mädchen waren wach. Sie schienen aufgeregt zu sein. Laura war die erste goreanische Stadt, die ich sah. Gab es hier jemand, der mir ein Zuhause bereitete? Wie unangenehm, daß ich hier im Wagen angekettet war — sogar die hintere Plane war nun festgezurrt worden. Der Stoff war feucht Ich hätte am liebsten geweint und um Hilfe geschrien. Doch ich ballte die Fäuste und beherrschte mich.
In diesem Augenblick neigte sich der Wagen nach vorn, und ich wußte, daß wir zum Flußufer hinabfuhren. Ich merkte auch daß die Räder im Schlamm zu rutschen begannen, und hörte das Knirschen der mächtigen Bremse, die das vordere linke Rad blockierte. So glitt der Wagen, von der abwechselnd angezogenen und gelösten Bremse im Zaum gehalten, ruckelnd hangabwärts. Schließlich hörte ich Kieselsteine unter den Rädern, und der Wagen stellte sich wieder waagerecht.
Nun blieben wir mehrere Minuten lang stehen, und nach einiger Zeit hörten wir Targo mit einem Fährmann um die Passage über den Fluß feilschen. Schließlich fuhren die Wagen auf einen Holzpier. Die Bosks bellten tief. Der Geruch des Flusses war stärker geworden. Die Luft war kalt und feucht.
»Sklaven raus!« erklang der Befehl.
Die hintere Plane wurde aufgeschnürt. Der einäugige Wächte löste unsere Ketten von den Ringen und führte uns an die Flußseite des Piers. Ich fror. Plötzlich sah ich eine Bewegung im Wasser; eine schwarze, dreieckige Flosse zuckte dahin. Ich schrie auf. Lana hob die Hand. »Ein Flußhai!« rief sie aufgeregt. Mehre Mädchen blickten der Erscheinung nach, die im Nebel verschwand. Ich wich von der Pier zurück, drängte mich zwischen Inge und Ute. Ute legte mir den Arm um die Schultern.
Eine breite, flache Barke näherte sich dem Pier. Sie hatte zwei große Steuerruder, die von Schiffern bedient wurden. Den Antrieb lieferten zwei riesige mit Schwimmflossen bewehrte Fluß-Tharlarion. Es waren die ersten Tharlarion, die ich überhaupt zu Gesicht bekam, und sie machten mir Angst. Es waren riesige schuppige Tiere mit langen Hälsen, die sich trotz ihrer Größe anmutig im Wasser bewegten. Sie waren mit einer Art Geschirr vor die Barke gespannt und wurden von einem Schiffer mit einem langen Stock gesteuert. Der Mann stand in einem Lederkorb zwischen den beiden Tieren. Er rief ihnen mit lauter Stimme seine Kommandos zu, durchsetzt mit blumenreichen goreanischen Flüchen. Die Barke bewegte sich knirschend am Pier entlang.
Der Preis für den Transport einer freien Person über den Laurius betrug einen Silbertarsk. Für ein Tier brauchte man jedoch nur einen Kupfertarsk zu bezahlen, und ich bemerkte, daß der Tarif für einen Sklaven derselbe war. Targo mußte für seine Mädchen und die Bosks insgesamt fünfundzwanzig Kupfertarsk bezahlen. Die Tiere wurden ausgeschirrt und vorn auf der Barke angebunden. Dort befand sich auch ein Sklavenkäfig, in dem wir unterkamen.
Ich klammerte mich an die Gitterstäbe und blickte über den Fluß nach Laura hinüber. Hinter mir hörte ich das Rollen der Wagen, die auf die Barke gebracht und mit Ketten auf Drehscheiben festgezurrt wurden, damit sie bei der Ankunft auch vorwärts wieder an Land gezogen werden konnten. Der Nebel begann sich langsam zu lichten und gab die Oberfläche des Flusses frei, der Träge dahinströmte. Einige Meter entfernt sprang ein Fisch aus dem Wasser und verschwand wieder darin, eine Spur konzentrischer Wellen hinterlassend. Über uns schrien möwenähnliche Vögel.
Der Schiffer in seinem Lederkorb stieß einen schrillen Pfiff aus und versetzte den beiden Tharlarion einen Schlag mit seinem Stab. Es waren noch andere Barken auf dem Fluß — einige, die mit der Strömung trieben, andere, die wie wir den Fluß überquerten. Die Barken, die gegen den Strom fuhren, wurden von riesigen Land-Tharlarion getreidelt, die auf Pfahlstraßen am Ufer entlangstapften. Auf den Barken, die flußabwärts geschleppt wurden, sah ich viele Kisten, die allerlei Güter wie Metalle und Werkzeuge und Stoffe enthalten mochten. Die mit dem Strom nach Lydius schwimmenden Barken transportierten Waren wie Bretter, Tonnen mit Fisch und Salz, Steinladungen und Pelzballen. Auf einigen Barken sah ich leere Sklavenkäfige und in einem dieser Käfige vier nackte männliche Sklaven, die niedergeschlagen in einer Ecke hockten. Eine breite Schneise war ihnen durchs Haar geschoren. Als Lana das sah, stimmte sie ein lautes Hohngelächter an und verspottete die Männer, doch diese rührten sich nicht.
Ich wandte mich fragend an Ute.
»Das Zeichen bedeutet, daß diese Männer von Frauen gefangen wurden«, sagte Ute und deutete auf die Hügel und Walde nördlich von Laura. »Dort liegen die großen Wälder. Niemand weiß genau, wie weit sie sich nach Osten erstrecken, und im Norden reichen sie bis nach Torvaldsland. In diesen Wäldern leben die Landvölker, aber auch viele Räuberbanden, darunter einige Frauenbanden.«
»Frauen?« fragte ich.
»Einige nennen sich Waldmädchen«, sagte Ute. »Andere Panthermädchen, weil sei sich in die Felle von Waldpanthern kleiden, die sie mit Speeren und Pfeil und Bogen erlegen.«
»Was sind das für Frauen?« fragte ich. »Woher kommen sie?«| »Einige waren bestimmt früher Sklaven«, sagte Ute, »andere frei. Vielleicht gefielen ihnen die Ehepartner nicht, die die Eltern für sie aussuchten. Vielleicht gefiel ihnen das Verhalten der anderen Bürger gegenüber Frauen nicht. Wer kann das wissen? In manchen Städten darf eine freie Frau ohne Erlaubnis ihres Familienvorstands nicht einmal das Haus verlassen!« Ute lächelte mich! an. »In manchen Städten ist ein Sklavenmädchen fast besser dran. Sei also nicht traurig, El-in-or. Wenn du erst einen Kragen trägst und einen Herrn hast, wirst du glücklicher sein.«
»Ich werde niemals einen Herrn haben!« zischte ich. »Niemand soll mich besitzen!«
»Aber du bist eine Frau«, sagte Ute. »Du wirst doch deine Träume haben.«
Ich fuhr unwillig herum. »Ich habe keine Träume.«
»Oh«, meinte Ute.
»El-in-or ist ein kalter Fisch«, schaltete sich Lana ein. Ich starrte sie an, Tränen in den Augen.
»El-in-or will einen Herrn«, rief Lana laut.
Die anderen Mädchen begannen zu lachen und mich zu verspotten. Wütend preßte ich das Gesicht gegen die Gitterstäbe.
»Schaut!« rief Inge in diesem Augenblick und hob den Arm. Am östlichen Himmel über Laura zog eine Gruppe Tarnkämpfer dahin, etwa vierzig Krieger, auf ihren großen, wilden, falkengleichen Sattelvögeln, den riesigen, wilden Tarns, Brüder des Windes genannt, Sie trugen Speere und Helme und hatten Schilde rechts an den Sätteln hängen.
Aufgeregt durcheinanderschreiend drängten die Mädchen zu den Gitterstäben.
Die Reiter waren zwar weit entfernt, doch auch so überkam mich Angst. Was waren das für Männer, die solche geflügelten Ungeheuer beherrschten! Ich wich entsetzt zurück.
In diesem Augenblick kam Targo herbei, schirmte seine Augen vor der Sonne des frühen Morgens ab und starrte zum Himmel hinauf. Er wandte sich an den einäugigen Wächter, der hinter ihm stand. »Es ist Haakon aus Skjern«, sagte er.
Der Einäugige nickte nur.
Targo schien sich zu freuen.
Die Tarnkämpfer landeten irgendwo hinter Laura.
»Die Gehege des Haakon liegen außerhalb Lauras, im Norden«, sagte Targo.
Dann wandte er sich mit seinem Wächter zum Heck der Barke, wo zwei Schiffer die großen Steuerruder bedienten. Die Fähre hatte insgesamt sechs Mann Besatzung — den Mann, der die beiden Tharlarion lenkte, die beiden Steuerleute, den Kapitän und zwei Gehilfen, die sich um die Ladung und das Festmachen und Ablegen kümmerten. Einer dieser Männer hatte unseren Sklavenkäfig verschlossen.
Wir hatten nun mehr als zwei Drittel unseres Wegs über den breiten Fluß zurückgelegt.
Am Ufer sahen wir Steine, Nutzholz und Fässer mit Fisch und Salz aufgestapelt. Hinter den Docks führten lange Rampen zu den Lagerhäusern, die aus geglätteten und gebeizten Brettern zu bestehen schienen. Die meisten hatten Dächer aus schwarz bemalten Holzschindeln. Viele waren verziert, besonders über den Toren. Im Innern der Lagerhäuser sah ich große Ladeflächen und verschiedene Stockwerke, die durch Rampen verbunden waren. Zahlreiche Güter lagerten hier; viele Menschen bewegten sich hin und her, kleine Barken wurden beladen oder gelöscht. Laura bildete das Zivilisationszentrum für diese Gegend; Lydius, der freie Hafen an der Lauriusmündung, war über zweihundert Pasang entfernt.
Die Tharlarion drehten sich jetzt langsam im breiten Fluß und schoben die Barke unter dem Geschrei der Schifferleute rückwärtsgehend an den Pier. Es gab eine leichte Erschütterung, als die zusammengerollten nassen Felle außenbords am Heck gegen den Pier stießen. Die beiden Schiffer standen mit ihren Seilen bereit und machten die Fähre fest. Sofort wurde mit der Entladung der Wagen begonnen.
Ein Mann kam nach vorn, löste die Bosks von ihren Ringen und führte sie zu den Wagen. Einige Passanten kamen auf den Pier und sahen zu. Sie trugen rauhes Arbeitszeug und wirkten sehr kräftig.
Ein durchdringender Geruch nach Salz und Fisch hing in der Luft. Für die Luxusgüter Gors besteht in Laura wenig Bedarf. Selten findet man hier torianischen Golddraht oder verzahnte Silberwürfel aus Tharna, Rubine aus Schendi, zu kleinen brennenden Panthern geformt, selten auch Nußspeisen und Gewürze und Pfeffer aus den Ländern östlich Bazis, oder blumengeschmückten Brokat oder die durchsichtige Seide des herrlichen Ar. Selbst für goreanische Verhältnisse ist das Leben in und um Laura primitiv besonders weiter nördlich in den großen Wäldern bis hinauf nach Torvaldsland. Doch ich bezweifelte nicht, daß die starken Männer dieser Stadt den Körper eines Sklavenmädchens zu schätzen wußten.
»Tal, Kajirae!« rief einer herüber.
Ute preßte sich gegen die Käfigstäbe und winkte zurück.
In diesem Augenblick kam einer der Schiffer nach vorn und öffnete mit seinem schweren Schlüssel den Käfig, in dem wir uns befanden. Quietschend schwang die Tür auf.
Hinter ihm tauchten unsere Wächter auf. »Sklaven raus«, sagte einer. Wir sahen, daß die Bosks inzwischen angeschirrt waren.
Als wir aus dem Käfig kamen, wurden wir am Hals hinterereinandergefesselt, Hände und Füße blieben frei. Barfuß verließen wir die Barke und wurden neben den Wagen auf den Pier führt.
Ich sah, daß eine Holzrampe vom Pier zu einer aus Holz gezimmerten Straße führte, die sich zwischen den zahlreichen Lagerhäusern hindurchwand. Dieser Straße folgten wir. Mir gefiel der Geruch Lauras, das frische Grün der Felder, die sich bis zu den Wäldern hinzogen, der Duft des Flusses und des Holzes. Wir kamen an Lederschlitten vorbei, auf denen Granitblöcke aus den Steinbrüchen im Osten gestapelt waren, und an Ballen von Sleen und Pantherfellen aus den Wäldern. Ich streckte die Hand aus und berührte einige Felle im Vorbeigehen; sie fühlten sich sehr angenehm an.
Der Geruch nach gebratenem Tarsk wurde stärker, und zu unserer Freude bogen die Wagen ab und verschwanden in einem der riesigen Lagerhäuser. Hier war der Boden glatt. Als wir drin waren, wurden die Türen geschlossen. Wir erhielten frische Milch und gebratenes Tarskfleisch und aßen.
Plötzlich merkte ich, daß Targo vor mir stand. »Du bist hübscher geworden, seit du bei mir lebst«, sagte er.
»Ja«, sagte der einäugige Wächter hinter ihm, »und es gibt heuer einen guten Markt für Mädchen von weißer Seide.«
»Tu sie an sechste Stelle.« Targo wandte sich zum Gehen. Ich senkte erfreut den Blick. Das bedeutete ein Aufrücken um zwei Plätze an der Vorführkette — zum Leidwesen der anderen Mädchen. Aber Targo stellte seine Mädchen nicht in Laura zum Verkauf, was mich sehr erleichterte; er wollte bessere Preise.
Nach dem Essen setzten wir unseren Weg fort und wanderten über die Holzstraße, den Wagen folgend. Als wir an einer Pagataverne vorbeikamen, sah ich ein Sklavenmädchen nackt zwischen den Tischen tanzen. Unwillkürlich blieb ich stehen und starrte sie an — so etwas hatte ich noch nie gesehen. Doch ein Speerschaft trieb mich schnell weiter. Gegen Mittag erreichten wir ein Sklavengehege im Norden von Laura. Es gab dort mehrere ähnliche Anlagen. Unser Gehege hatte eine gemeinsame Gitterwand mit dem Gehege Haakons aus Skjern, den Targo hier aus geschäftlichen Gründen treffen wollte. Gehege dieser Art bestehen aus einem fensterlosen Gebäude aus Balken mit einem Steinfußboden, auf dem Stroh zum Schlafen ausgebreitet wird; eine Tür führt aus diesem Gebäude in einen von Gittern umschlossenen Übungshof, der auch zum Himmel hin mit Stangen abgesichert ist. Im Nachbargehege befanden sich etwa zweihundertfünfzig bis dreihundert Dorfmädchen, von denen manche ziemlich viel jammerten. Ich war froh, daß die Wächter wenigstens nachts für Ruhe sorgten. So konnten wir etwas schlafen.
Sie waren bereits versklavt, doch jeden Morgen setzten sie sich hin und flochten einander das lange blonde Haar. Dieser Vorgang schien ihnen wichtig zu sein, und man ließ sie auch gewähren. Targos andere Mädchen, zu denen ich gehörte, trugen ihr Haar lang und glatt ausgekämmt. Ich hoffte, daß mein Haar schnell wachsen würde. Lana hatte das längste Haar von uns allen; es reichte ihr bis zur Hüfte. Die meisten Dorfmädchen waren noch nicht mit Brandzeichen gekennzeichnet und trugen auch noch keinen Kragen. Sie waren zumeist blauäugig, von den Räubern Haakons in den Dörfern nördlich des Laurius gefangengenommen. Die meisten wirkten keineswegs bekümmert angesichts ihre Schicksals — vermutlich war das Dorfleben für ein Mädchen ohnehin kein Zuckerschlecken. Targo durfte sich aus dieser Gruppe hundert Mädchen aussuchen. Ich hatte gesehen, wie er dem finsteren Haakon die restlichen hundertfünfzig Goldstücke zahlt und sich dann an die Arbeit machte. Die Mädchen, die zu uns ins Gehege kamen, hielten sich im Hintergrund.
Von da an hatte ich die Aufsicht über Rena aus Lydius zu führen, die abseits gehalten wurde, damit niemand sie erkannte. Ich behandelte sie nicht gut, da ich eine Abneigung gegen sie gefaßt hatte. Mehr als einmal aß ich ihre Ration auf.
Hinter Haakons Gehege machte ich den Käfig aus, in dem seine gewaltigen Tarns angekettet waren. Die großen Vögel saßen unruhig auf den Stangen, warfen die Köpfe zurück und rissen große Fetzen aus den Boskkadavern, die ihnen vorgeworfen wurden den. Manchmal zerrten sie an ihren Fußfesseln und hieben mit, den gewaltigen gelben Krummschnäbeln nach ihren Wächtern; Der Wind, den ihre wildschlagenden Flügel erzeugten, konnte einen Menschen von den Füßen reißen. Obwohl ich durch, drei Gitterwände von diesen Tieren getrennt war, hatte ich große Angst vor ihnen. Auch die nordischen Schönheiten des Haakon duckten vor den Vögeln die Köpfe oder flüchteten ängstlich auf die andere Seite des Käfigs, wenn die Tarns ihr wildes Geschrei anstimmten. Ich weiß nicht, warum sich Frauen vor den Tarns so sehr fürchten, aber bei den Männern ist das oft nicht anders, gibt nur wenige, die sich einem solchen Tier zu nähern wagen. heißt, ein Tarn weiß sofort, wer ein richtiger Tarnreiter ist und wer nicht — und wenn ein Unbefugter ihm nahe kommt, reißt er ihn in Stücke. So ist die Kaste der Tarnkrieger nur klein. Diese Männer verbrachten einen Großteil ihrer Zeit in den Tavernen Lauras und stritten, spielten und tranken im Oberfluß, während sie von aufgeregten Sklavenmädchen bedient wurden. Kein Wunder, daß viele Männer, sogar Krieger, die arroganten, überlegenen Tarnreiter haßten, die an einem Abend reich, am nächsten verarmt waren, stets am Rande des Abenteuers lebend. Haakon war ein solcher Tarnkämpfer, und er erschreckte mich. Er war häßlich und machte einen verschlagenen Eindruck.
Auch Targo schien nervös zu sein, wenn er mit diesem Mann zu tun hatte.
Wir blieben sechs volle Tage in dem gemieteten Gehege vor Laura. An fünf Tagen wurde ich morgens mit vier anderen Mädchen in die Stadt geschickt, um Vorräte zu holen. Zwei Wächter begleiteten uns. Doch vor einem bestimmten Gebäude trennte mich ein Wächter von den anderen Mädchen und führte mich jeden Morgen in das Haus, während die anderen zum Markt weitergingen. Bei der Rückkehr warteten sie auf der Straße, bis ich und mein Wächter wieder zu der Gruppe stießen. Ich wurde wieder an die anderen gefesselt, die Lasten wurden neu verteilt, und es ging zurück zum Gehege.
Das Gebäude, in das ich geführt wurde, gehörte einem Arzt. Ich wurde durch einen Korridor in einen besonderen Raum gebracht, in dem Sklaven behandelt wurden. Dort wurde mir der Kamisk abgenommen. Am ersten Tag untersuchte mich der Arzt, ein ruhiger Mann in der grünen Kleidung seiner Kaste. Seine Instrumente, die Versuche, die er machte — all dies ähnelte sehr den Untersuchungsmethoden auf der Erde. Besonders interessant fand ich die Tatsache, daß das Zimmer durch eine sogenannte Energiekugel erhellt wurde, eine Erfindung der Hausbauer. Diese Lampe schien keine Zuleitung und auch keine Batterien zu haben und erleuchtete doch den Raum bis in die letzten Winkel. Die Instrumente des Arztes waren ganz und gar nicht primitiv. Zum Beispiel verfügte er über eine kleine Maschine mit Anzeigegeräten und Kontrollampen. In dieses Gerät führte er Objektträger mit Blutstropfen und Urin, Hautproben und Haarmustern ein. Mit einem Stift notierte er die Ergebnisse, die die Maschine anzeigte, die außerdem eine Art Mikroskopbild erscheinen ließ. Der Wächter hatte mir streng verboten, mit dem Arzt zu sprechen, wenn ich nicht angesprochen wurde. Obwohl der Mann nicht unfreundlich zu mir war, schien er mich doch bestenfalls für ein Tier zu halten.
Als er mit der Untersuchung fertig war, mischte er mehrere Pulver in drei oder vier Behälter zusammen, tat Wasser hinzu und rührte sie um. Dieses Mittel mußte ich trinken.
»Sie muß das Stabilisationsserum erhalten«, sagte der Arzt. Der Wächter nickte.
»Das wird in vier Injektionen eingegeben«, sagte der Arzt, und der Wächter nickte und führte mich zu einem Tisch, über den ich mich beugen mußte. Die Injektion erfolgte oberhalb der linken Hüfte und war schmerzhaft.
Nach der Behandlung durfte ich mich wieder anziehen. Ich wollte dringend mit dem Arzt sprechen — in seinem Haus, in diesem Raum. Ich hatte hier Instrumente gesehen, die auf eine fortschrittliche Technologie hindeuteten — sehr im Gegensatz zu an deren Lebensbereichen auf dieser primitiven Welt. Doch der Wächter drängte mich aus dem Zimmer, und der Arzt blickte mir überrascht nach, so flehend hatte ich ihn angesehen.
Draußen hatte ich den Eindruck, als würden wir von einem kleinen schwarzgekleideten Mann beobachtet, aber ich war meiner Sache nicht sicher.
Die anderen Mädchen warteten bereits.
Wir kehrten in den nächsten Tagen in das Haus des Arztes zurück. Am zweiten, dritten und vierten Tag erhielt ich die restlichen Stabilisierungsinjektionen. Am fünften Tag untersuchte mich der Arzt noch einmal und bestätigte dem Wächter, daß das Serum angeschlagen habe.
Am zweiten Tag hatte ich versucht, mit dem Mediziner zu sprechen; dafür wurde ich vom Wächter bestraft. Vor dem Haus sah er mich amüsiert an. »Du willst wohl den Heimweg geknebelt zurücklegen?« fragte er.
Ich schüttelte heftig den Kopf. Nein, es durfte nicht geschehen, daß Targo sich erkundigte, was ich ausgefressen hatte.
»Will die kleine Sklavin ihren Wächter um Verzeihung bitten?« fragte er spöttisch.
Ich nickte ergeben.
»Nur schade, daß du von weißer Seide bist«, sagte der Mann; kopfschüttelnd und führte mich zu den anderen Mädchen. Ich spürte, daß er mich haben wollte, und das erfüllte mich seltsamerweise mit Stolz. Ich hatte meine Macht über die Männer also doch noch nicht verloren.
Als ich am fünften Tag das Haus des Arztes verließ, hörte ich, ihn zu meinem Wächter sagen: »Ein ausgezeichnetes Exemplar!«; Es stimmte, daß ich mich in diesen Tagen gesund fühlte wie nie zuvor, auch war mir die Luft noch nie so rein und klar, der Himmel so blau vorgekommen. Mir wurde plötzlich klar, daß ich trotz meiner Situation zufrieden war. Auch wenn ich barfuß laufen mußte und herumkommandiert wurde, auch wenn ich als Sklavin der Gnade der Männer ausgeliefert war, fühlte ich mich paradoxerweise zum erstenmal richtig am Leben. Ich dachte öfter an Männer, nachdem ich nun wußte, daß sie mich attraktiv fanden. Und auch ich schien seltsamerweise ein neues Verhältnis zu ihnen zu finden, schien sie mit anderen Augen zu sehen. Der eine hielt den Kopf auf eine bestimmte Weise, ein anderer lachte frisch und aus vollem Herzen, ein dritter hatte stämmige Beine, wieder ein anderer schöne Arme und starke Hände, eine schöne Brust oder einen wohlgeformten Kopf. Ich stellte fest, daß ich mir die Männer anzuschauen begann, daß ich ihre Nähe suchte, daß es mir nichts mehr ausmachte, ihre Sandalen zu putzen oder im Fluß nahe dem Gehege ihre Kleidung zu waschen. Einmal ertappte mich Ute dabei, wie ich verträumt die Tunika des Wächters anstarrte, der mich zum Arzt begleitet hatte. Sie stieß einen Freudenschrei aus, sprang auf und deutete auf mich. Auch die anderen Mädchen blickten lachend herüber. »El-in-or wünscht sich einen Herrn!« kreischte Ute. Ich jagte sie durch das Wasser, und sie ergriff stolpernd die Flucht, eilte ans Ufer und blickte schweratmend auf mich herab. »El-in-or wünscht sich einen Herrn!« rief sie lachend.
Ich stand im Wasser, wütend, die Fäuste geballt. »Ja, na und?« fragte ich.
Aufgebracht kehrte ich an meine Arbeit zurück, und auch die anderen Mädchen wuschen weiter. Aber die Atmosphäre hatte sich irgendwie verändert. Ich lauschte, wie sie fröhlich miteinander plauderten. Was war anders? Ich trug meinen Kamisk und arbeitete wie die anderen. Es gab hier kein Penthouse, keinen Maserati, kein Vermögen, keine Hochhäuser, keinen Autolärm, kein Kreischen von Flugzeugen, keinen Smog. Nur das Lachen der Mädchen, das Rauschen des Wassers, die Arbeit, den blauen Himmel, die weißen Wolken, den Wind des weiten Landes und das wogende Gras.
Ich unterbrach meine Arbeit und atmete tief ein. Ich war nicht mehr wütend.
»Weitermachen«, sagte ein Wächter.
Ute, die ihre Wäsche auf die flachen Felsen klatschte und im kalten Wasser ausspülte, begann zu singen.
Ich war tatsächlich glücklich! Ich gehörte zu diesen Mädchen. Ich hatte mich mit meinem Schicksal abgefunden. Wie hatten sie das geschafft? Allmählich begann ich mich auf den Moment zu freuen, da ich verkauft sein würde. Ich hatte nichts dagegen, in Laura veräußert zu werden. Mir gefiel diese Stadt, dieser einfache, primitive Ort mit der herrlichen Luft, dem Wald im Norden und dem Fluß im Süden. Ich liebte die Rampen, die zum Fluß hinabführten und sich zwischen den Lagerhäusern hindurchwanden, den geschnitzten, bunten Holzschmuck an den Häusern, die schwarzen Dach schindeln, den Geruch nach Bosks auf den Rampen und das Knarren der Wagen, den Duft nach Fisch und Salz und schimmernden Tharlarion, den Geruch nach Fellen und frisch gesägtem Holz an den Docks. Und die Männer dieser Stadt gefiele mir in ihren groben Tuniken, lebensstrotzende, kräftige Männer mit fröhlichem Lachen, Männer, die fest zupackend in der klaren Luft und auf dem Fluß arbeiteten. Ich fragte mich, ob es mein Schicksal sein würde, mit einem von ihnen auf dem Wagen zu fahren oder in Gesellschaft eines Fischers nachts mit Fackeln auf den Fluß hinauszufahren. Ich fragte mich, ob ich geschickt auf dem Marktplatz würde schachern müssen, und ob mein zukünftig ger Herr wohl meine Küche mochte. Ich fragte mich, ob er mich auf Reisen mitnehmen würde. Ja, zum erstenmal im Leben hatte ich nichts dagegen, eine Frau zu sein und an der Seite eines einfachen Mannes ein entbehrungsreiches aber erfülltes Leben zu führen. An diesem Nachmittag rief mich Targo zu sich. Erschreckt kniete ich vor ihm nieder.
»Heb den Kopf«, sagte er.
Ich gehorchte.
»Wenn die Vorführkette ausgelegt wird«, sagte er, »bist du ab heute elftes Mädchen.«
Ich traute meinen Ohren kaum. »Danke, Herr«, sagte ich leise. Zur Kette des Targo gehörten noch sechzehn Mädchen. Die hundert Dorfmädchen zählten nicht; sie sollten nur in Ar verkauft werden.
»Du bist jetzt hoch oben an der Kette«, sagte Targo, »ich bin zufrieden mit dir.«
Ich freute mich sehr über seine Bemerkung. Hastig lief ich zum Gehege zurück, und der Wächter öffnete mir den Käfig und ließ mich eintreten. Ich ging sofort zu Ute und erzählte ihr, daß ich nun elftes Mädchen war.
Wir umarmten uns vor Freude.
Lana war ranghöchstes Mädchen, die Nummer sechzehn. Dann kam Inge, weil sie einer hohen Kaste angehört hatte. Ute war vierzehntes Mädchen.
Es bringt nicht nur Prestige, hoch an der Kette zu stehen, sondern in der Regel erzielt man dann auch einen besseren Preis und bekommt einen gut bestallten Herrn. |
Stolz spazierte ich vor Ute und Inge auf und ab. »Ich hätte nichts dagegen«, sagte ich hochmütig, »wenn mein Herr mich in Seide kleidet.«
Wir lachten.
»Hoffen wir nur«, sagte Inge, »daß du nicht von einem Pagawirt gekauft wirst.«
Ich blickte sie verärgert an.
»Die können sich oft die besten Mädchen leisten«, sagte Inge, und ich schluckte. »Allerdings«, fuhr sie fort, »kommen nur sehr wenige Mädchen in Tavernen. Vielleicht wirst du Bedienungssklavin oder Haussklavin.«
Ich reckte mich wohlig. »Nein«, sagte ich. »Ich glaube, ich werde Vergnügungssklavin.«
»Ohne Training?« fragte Inge lachend.
»Das kann ich alles lernen«, versicherte ich.
»Wie ich gehört habe«, schaltete sich Ute ein, »sollen wir alle in Ko-ro-ba ausgebildet werden.«
»Ich lerne bestimmt ausgezeichnet«, sagte ich.
»Wie sehr du dich verändert hast!« rief Ute aus. »Sie haben dir Spritzen gegeben, nicht wahr?«
»Was hat das damit zu tun?« fragte ich geringschätzig.
»Oh, eine ganze Menge«, versicherte Inge, und wir lachten. Am Nachmittag dieses Tages gab es im Gehege eine kleine Abwechslung. Ein Jahrmarktsgaukler mit spitzem Hut und einer Feder daran, in eine schreiend bunte Robe gekleidet und clownisch bunt angemalt, führte ein seltsames Tier bei sich. Für eine kupferne Tarnmünze wollte er uns eine kleine Vorstellung geben, Wir alle — sogar die Dorfmädchen — flehten Targo an, die Erlaubnis zu geben. Zu unserer Freude willigte Targo ein, und der kleine Marktschreier mit dem seltsamen Tier schuf sich eine kleine Bühne auf der anderen Seite, abseits des Gitters, das die gemeinsame Trennwand zwischen unserem und Haakons Gehege bildete. Wir und die hundert Dorfmädchen drückten uns begeistert an das Gitter, um ihm zuzuschauen.
Der kleine Mann mit der weiten, lustigen Kleidung und dem angemalten Gesicht kam mir irgendwie bekannt vor, doch ich wußte, daß das unmöglich war. Wie absurd! Er tanzte und schlug Saltos und sang lustige Lieder vor dem Gitter. Er war ein kleiner, agiler Mann. Er hatte scharfe Augen und schnelle Hände. Und er erzählte lustige Geschichten und Witze. Er führte auch Zauberkunststücke vor — mit Seidentüchern und Halsbändern — und jonglierte mit farbigen Reifen herum, die er an seinem Gürtel trug. Schließlich griff er durch die Gitterstäbe und tat, als finde er Münzen im Haar der Mädchen. Zu meinem Entzücken zog er aus meinem Haar einen Silbertarsk. Die anderen schrien neidisch auf — das war die kostbarste Münze, die er fand. Ich errötete vor Freude, und Lana war beleidigt.
Während der ganzen Vorstellung hatte das Ungeheuer des Mannes geschlafen, im Gras zusammengerollt; seine Kette wurde von einem Wächter gehalten.
Schließlich wandte sich der Marktschreier mit einer Verbeugung an sein Tier, nahm dem Wächter die Kette ab und sagte im Befehlston: »Wach auf, du Faulpelz! Steh gerade!«
Das Tier machte uns angst. Wir freuten uns, daß es so zahm war und dem kleinen Mann offenbar aufs Wort gehorchte.
Langsam stemmte sich das Tier auf die Hinterbeine, hob die Pfoten und gähnte.
Mehrere Mädchen schrien auf, und ich wich einige Zentimeter zurück. Es war ein unglaublich häßliches, großäugiges Pelzwesen. Es hatte lange, spitze Ohren, war etwa zweieinhalb Meter groß und mochte an die siebenhundert Pfund schwer sein. Es hatte eine breite, ledrige Schnauze mit zwei Nüstern. Das Maul war riesig, groß genug, um einen Menschenkopf zu verschlingen, und mit zwei Reihen spitzer Zähne ausgerüstet. Vier große Hauer vervollständigten das Gebiß, von denen die beiden oberen Reißzähne auch bei geschlossenem Maul herausragten. Das Biest hatte eine lange, dunkle Zunge. Die Vorderbeine waren länger als die Hinterbeine. Ich hatte schon gesehen, wie es sich trottend auf den Hinterbeinen und Gelenken der Vorderpfoten bewegte, aber jetzt sah ich, daß die Vorderpfoten mehr wie Arme und Hände wirkten. Ja, sie hatten sechs Gelenke und waren beweglich wie Tentakel, die in klauengleichen Fingern endeten. Auch an den Hinterbeinen hatte es Klauen, die sich einziehen ließen, wie uns der Marktschreier mit scharfen Kommandos vorführte. Die Klauen waren fast zehn Zentimeter lang, sichelförmig und sehr spitz. Ich vermochte mir nicht darüber klar zu werden, ob ich mir dieses Tier als Vierbeiner oder als menschenähnliches Wesen mit zwei Beinen und zwei Armen vorstellen sollte. Einen Schwanz hatte es jedenfalls nicht. Am auffälligsten waren vielleicht die Augen. Sie waren groß und hatten schwarze Pupillen. Einen Moment lang bildete ich mir ein, sie wären auf mich gerichtet — nicht als die Augen eines Tiers, sondern als die eines Vernunftwesens, das mich erkannt hatte. Doch im nächsten Moment war der Blick wieder leer und nichtssagend, der stumpfe Blick eines dressierten Bären, der seine Nummern vorführt. Ich verdrängte das Unbehagen, das ich empfand.
Wir klatschten Beifall, als das Tier seine Vorstellung fortsetzte. Es hockte sich auf den Hintern und machte mit den Vorderpfoten komische Bewegungen. Dann wieder purzelte es kopfüber durch den Sand. Schließlich stimmte es ein durchdringendes Jammergeschrei an. Der Gaukler warf dem Tier ständig kleine Stücke Boskfleisch zu — als Belohnung für gelungene Kunststücke. Manchmal beschimpfte er es und zögerte, das Fleisch aus der Hand zu geben. In solchen Fällen senkte das Tier den Kopf wie ein gescholtenes Kind, woraufhin es dann doch sein Fleisch bekam.
Den Wächtern gefiel die Vorstellung ebenso wie uns Mädchen. Ich sah, daß auch Targo lachte und sich den mächtigen Bauch hielt. Manchmal gab der kleine Mann auch den Mädchen die Fleischstücke, damit sie das Tier fütterten. Lana durfte es wiederholt tun und sah mich triumphierend an. Ich hatte zuviel Angst vor dem Ungeheuer, um mich mehr als einmal zu melden. Das Stück Fleisch verschwand in dem gewaltigen Maul, und die großen runden Augen blinzelten schläfrig und zufrieden. Die Mädchen lachten. Ich wich erschrocken zurück, als mich diese Augen wieder so merkwürdig musterten.
Am Schluß der Vorstellung verbeugte sich der Gaukler tief vor uns und setzte schwungvoll seine spitze Kappe auf. Wie sehr uns diese Demutsgeste freute! Wir schlugen uns mit der linken Hand gegen die rechte Schulter, streckten ihm durch die Gitterstäbe die Arme entgegen. Doch die Vorstellung war aus.
Der Mann trat zurück.
Stille trat ein.
Das Ungeheuer stemmte sich schläfrig auf den Hinterpfoten hoch und betrachtete uns. Plötzlich stieß es ein schreckliches Brüllen aus und sprang auf das Gitter zu, die riesigen Klauen nach uns ausgestreckt, das gewaltige, zahnbewehrte Maul aufgerissen. Es prallte gegen die Gitterwand, langte hindurch; seine Zähne scharrten am Metall entlang, seine Kette klirrte gegen die Stäbe. Wir stolperten erschrocken kreischend zurück, versuchten zu fliehen, behinderten uns jedoch gegenseitig.
Von allen Seiten bedrängten mich die anderen fliehenden Sklavinnen, drückten gegen mich, warfen mich um. Und ich konnte mich nicht in Sicherheit bringen, denn die anderen, die weiter hinten gestanden hatten, begriffen nicht gleich, was los war. Ich schrie verzweifelt. Schließlich merkten wir, daß die Wächter und, Targo aus vollem Halse lachten. Sie hatten Bescheid gewußt. Der Angriff des Tiers hatte noch zur Vorstellung gehört — etwas, das uns gar nicht schmeckte. Wie komisch mußten wir gewirkt haben, wie wir uns entsetzt vor dem Ungeheuer in Sicherheit bringen wollten: Wie belustigend für die Wachen und für Targo und den kleinen Gaukler, der ungeniert den wild strampelnden Haufen Mädchen betrachtete. Das Monstrum saß ruhig neben ihm und fuhr sich schläfrig mit der Zunge über die Lefzen, blinzelte in die Runde.
Nach und nach entflochten wir den Wirrwarr. Wir waren beschämt und verlegen, so sehr hatten wir uns täuschen lassen, so elend war unsere Flucht mißlungen. Aber schließlich hatten wir Angst gehabt. Einige standen in der Nähe der winzigen Tür zu dem schweren Holzhaus, jeden Augenblick bereit, die Flucht zu ergreifen. Andere hatten sich an der gegenüberliegenden Gitterwand in Sicherheit gebracht. Die meisten standen einige Meter von dem Gitter entfernt, glätteten ihre Kamisks und starrten erbost auf die lachenden Männer. Für wie schlau sie sich hielten! Wahrscheinlich waren sie mutige Kämpfer, die sich des Ungeheuers erwehrt hätten, während wir wie furchtsame Kinder zurückgescheut waren! Aber was hatten sie erwartet — so war es nun einmal! Sie waren das stärkere Geschlecht, auf dieser Welt mehr als sonstwo!
Ute und mehrere Mädchen begannen zu lachen — über sich selbst, über uns Mädchen. Es war ein herrlicher Spaß auf unsere Kosten gewesen. Was für ein schöner Abschluß der Vorstellung! Ich konnte nicht lachen, aber ich brachte wenigstens ein Lächeln zustande. Die Mädchen winkten nun dem Clown zu, der sich lächelnd verbeugte, die Kette seines seltsamen Tiers nahm und sich zum Gehen wandte.
Einige Mädchen setzten sich zum Spielen zusammen, woran sich erstmals auch Mädchen aus dem Norden beteiligten. Wir hatten uns einen Tuchball zurechtgemacht und warfen ihn lachend herum. Andere hockten zusammen und erzählten sich, was sie alles erlebt hatten. Wieder andere saßen sich kniend gegenüber und spielten mit Bindfaden ein kompliziertes Musterspiel.
Einige spielten ›Steine‹, wobei ein Spieler die Anzahl der Steine erraten muß, die der andere in der Hand hält. Ich versuchte mich am Bindfadenspiel, brachte es jedoch nicht weit. Ich kam immer durcheinander, wenn ich die komplizierten Muster nachzuahmen versuchte. Die anderen Mädchen belächelten meine Ungeschicklichkeit. Besonders die Sklavinnen aus dem Norden stellten sich sehr geschickt an.
»Das erfordert viel Übung«, bemerkte Ute.
»In den Dörfern hat man auch kaum anderes zu tun«, sagte Lana, die sich weigerte, an dem Spiel teilzunehmen.
Beim ›Stein‹-Spiel jedoch war ich sehr zufrieden mit mir. Zwei Spieler sind abwechselnd an der Reihe. Jeder Spieler hat die gleiche Anzahl ›Steine‹, gewöhnlich zwei bis fünf pro Teilnehmer. Diese ›Steine‹ sind Kiesel oder Glasperlen, doch in den Städten kann man kleine polierte Kisten mit zehn ›Steinen‹ kaufen, bei denen es sich um polierte Ovalsteine mit hübschen Mustern bis zu kostbaren Juwelen handeln konnte. Der Zweck des Spiels ist es, die Anzahl der Steine zu erraten, die der andere in der Hand oder in den Händen verbirgt. Rät man richtig, gibt es einen Punkt. Das Spiel wird zu Anfang auf eine bestimmte Anzahl von wechselseitigen Ratevorgängen festgelegt, gewöhnlich fünfzig. In der Regel versucht man, einen der Gegner zu überlisten, indem man die Anzahl der gehaltenen Steine wechselt. Ich war hierbei recht erfolgreich und besiegte die meisten Mädchen, sogar Inge. Ich forderte Lana heraus, die jedoch nicht mit mir spielen wollte. Nur Ute vermochte ich nicht zu schlagen. Das ärgerte mich, denn Ute war ein kleines Dummerchen. Sie sprach ja nicht mal ihre eigene Sprache richtig! Aber es fiel mir schwer, Ute etwas nachzutragen.
Der Nachmittag war ein voller Erfolg gewesen. Ich war elftes Mädchen geworden, hatte die Vorstellung des Gauklers gesehen und mich bei Spielen vergnügt.
Kurz darauf sah ich einen Wagen voller Pagafässer im Gehege eintreffen. Die Fuhre wurde von den Wächtern freudig begrüßt. Heute abend sollte gefeiert werden. Morgen sollten wir dann das Gehege verlassen und die Überlandreise in südöstlicher Richtung nach Ko-ro-ba antreten — und von dort ging es dann weiter nach Ar.
Targos Wagen, nun sechzehn Fahrzeuge, die in Laura samt Ihren Boskgespannen hinzugekauft worden waren, standen in verschiedenen Entfernungen vom Gehege zu zweit oder dritt beieinander und bildeten isolierte Lager für die Wächter. Außer den neun Männern, die bei meiner Gefangennahme zu Targo gehört hatten, waren achtzehn neue Wächter zur Mannschaft gestoßen. Sie waren in Laura angeworben worden, ausgesuchte, zuverlässige Männer, keine unbekannten Söldner. Auf seine Weise verstand es Targo, seinen Besitz zu sichern.
Ute eilte fröhlich herbei und nahm meinen Arm.
»Wenn heute abend das Essen ausgegeben wird«, sagte sie lachend, »sollen Lana, du und ich nicht hingehen.«
»Warum nicht?« fragte ich.
Ute deutete durch die Gitterstäbe auf eine der Wagengruppen etwa hundert Meter vom Gehege entfernt. Fünf Wächter kampierten dort. »Sie haben Targo gebeten, daß wir sie bedienen dürfen!«
Ich freute mich. Es gefiel mir, mich wieder einmal außerhalb des Geheges bewegen zu dürfen, und auch gegen die Gesellschaft der Männer hatte ich nichts, die zu Targos alter Mannschaft gehörten. Als es dunkel wurde, gingen Lana, Ute und ich nicht zum Essen. Ich brachte Rena aus Lydius ihre Ration und ihr Wasser Anschließend hängte ich den Wasserbeutel wieder an seinen Ort und gab die Schale an ein Nordmädchen weiter, das mit einigen anderen Küchendienst hatte. Dann ging ich mit Ute und Lana zur Gittertor, um zu warten. Ich hatte Hunger.
»Wann können wir denn essen? fragte ich Ute.
»Wenn es den Herren gefällt — und wenn wir den Herren gefallen haben.« Ich sah sie besorgt an. »Keine Sorge — du bist von weißer Seide, dir passiert schon nichts.«
Wenige Minuten später wurden wir von drei Wächtern abgeholt. Das Tor wurde aufgeschlossen, und wir eilten hinaus. Ich war aufgeregt; dieser Abend mochte spannend werden.
Im Lager der Wächter bereiteten wir sorgfältig das Mahl. Männer waren in bester Laune und belohnten uns, indem sie uns Fleischstücke zukommen ließen.
»Hol Paga!« befahl einer der Männer, als sie gesättigt waren Ich ging zum Wagen, um eine der großen Pagahäute zu holen, die dort hingen. Das Gras fühlte sich angenehm an unter meinen bloßen Füßen. Ich glaubte jeden Halm zu spüren. Ich spürte den groben Stoff meines Kamisk am Körper.
Hinter dem Feuer sah ich in der Ferne den schwarzen Streifen der nördlichen Wälder. Aus der Ferne gellte der Schrei eines jagenden Sleen herüber. Ich erschauderte.
Dann hörte ich das Lachen der Männer und wandte mich wieder dem Feuer zu.
Zum Gehege hin sah ich da und dort andere Feuer auf der Wiese, andere Wagengruppen.
Morgen also fuhren Targo und seine Wagen nach Laura zurück, überquerten dort den Fluß und begannen die Landreise nach Ko-ro-ba, auch die Türme des Morgens genannt, und von dort zum luxuriösen Ar. Die Reise war nicht nur lang und beschwerlich, sondern auch gefährlich. »Paga«, rief der Wächter ungeduldig.
Ich eilte zu ihm.
Der Wächter reichte mir ein Stück Fleisch, und ich steckte es mir in den Mund, biß das rauchige verkohlte Äußere durch, bis ich den saftigen Kern des Bissens erreichte. Währenddessen spritzte sich der Mann einen roten Pagastrahl in den Mund.
Ich schloß die Augen und fuhr mit der Zunge über die Lippen und genoß den köstlichen Geschmack des Fleisches.
Ich blickte in die Flammen. Die Schatten tanzten auf den Wagen hin und her.
Ute summte leise vor sich hin.
»Ich will tanzen«, sagte Lana. Sie lag neben einem der Wächter, den Kopf an seine Hüfte geschmiegt.
Die Männer hatten großen Gefallen an uns gefunden — und hatten offenbar schon damit gerechnet, denn zu unserer Freude hatten sie eine kleine Flasche Ka-la-na-Wein mitgebracht, den sie uns schluckweise einflößten. Nie zuvor hatte ich auf der Erde einen so vollmundigen Wein getrunken, der hier auf dieser Welt nur eine kupferne Tarnmünze kostete und reichlich vorhanden war, daß man ihn sogar einer Sklavin geben konnte. Es war der erste goreanische Wein, den ich zu kosten bekam. Es heißt, Ka-la-na habe eine ungewöhnliche Wirkung auf Frauen, und das mag stimmen.
Ich nahm die Hand des Wächters, neben dem ich kniete, und legte sie mir auf die Hüfte. Wir schauten uns an.
»Was hast du mit mir vor, Herr?« fragte ich.
Er lachte. »Du kleiner Seidensleen«, sagte er, nahm seine Hand fort und reichte mir noch ein Stück Fleisch. »Targo würde mir den Rücken blutig peitschen lassen«, knurrte er.
»Ja, Herr«, lächelte ich.
»Sie ist nur von weißer Seide«, sagte Lana. »Aber ich bin von roter Seide. Ich kann dir gefallen.«
»Lana«, sagte ich hochmütig, »könnte nicht einmal einer Urt; gefallen!«
Lana schrie vor Wut auf, und als Ute und die Männer lachten, warf sie sich auf mich. Doch einer der Männer packte ihr Fußgelenk und zerrte sie zurück.
»Wenn du soviel Energie hast«, sagte er, »kannst du ja für uns tanzen.« Lana blickte ihn lächelnd an. »Ja, Lana will tanzen.« Und sie warf mir einen haßerfüllten Blick zu. »Wir wollen mal sehen, wer den Männern Freude machen kann!« rief sie.
Der Wächter reichte ihr noch einmal die Ka-la-na-Flasche, schnallte ihr zwei Tanzglöckchen um und trat zurück.
Lana warf den Kopf in den Nacken, ließ ihre Haare fliegen; dann begann sie mit dem rechten Fuß zu stampfen. Währenddessen fingen Ute und die Männer zu singen an und in die Hände zu klatschen, und einer der Wächter schlug rhythmisch auf seinen Lederschild.
Ich glaubte in der Dunkelheit hinter den Wagen eine Bewegung wahrzunehmen, aber als ich genauer hinschaute, war nichts, zu erkennen.
Lana tanzte im Schein des Feuers. Sie war bildschön. Ich spürte plötzlich, daß sich die Hand des Wächters neben mir um meinen Rücken legte und mich herabzog. Hinter mir erklang das Rasseln von Lanas Glocken, doch ich achtete nicht darauf. Der Mann sah mich an. »Küß mich«, sagte er.
Ich beugte mich über ihn, eine goreanische Kajira, die ihrem Herrn gehorcht. Mein Haar fiel ihm übers Gesicht. Meine Lippen näherten sich gehorsam den seinen. Ich zitterte.
Nein! rief plötzlich eine Stimme in mir. Ich bin keine Sklavin! Ich versuchte zurückzuweichen, doch seine Hände hielten mich fest. Erschrocken wehrte ich mich, versuchte mich loszureißen. Doch ich entkam ihm nicht.
Mein plötzliches Entsetzen schien ihn zu verwirren. Aber ich kam mir wirklich hilflos vor, verzweifelt bei dem Gedanken, den letzten Rest meiner Freiheit zu verlieren.
»Faß mich nicht an!« zischte ich.
Er drehte mich mühelos herum und drückte mich ins Gras.
»Ich hasse dich!« klagte ich leise.
Zorn trat in seine Augen, gefolgt von Entschlossenheit. Ich sollte ihn nicht zum Narren halten! Sein Kopf näherte sich meinem Hals. Lanas Glöckchen klirrten. Weinend wandte ich den Kopf, reglos im Griff der starken Hände.
Plötzlich erschienen Gestalten ringsum. Schläge fielen. Lana begann zu schreien, doch der Laut wurde sofort gedämpft. Auch Ute versuchte zu schreien, brach jedoch ebenfalls ab. Die Männer versuchten sich aufzurichten, ärgerlich brüllend. Schläge fielen in der Dunkelheit, mächtige Schläge. Der Mann, der mich umfangen hielt, sprang halb auf, als ihn etwas Großes und Schweres am Kopf traf. Er sank ohne einen Laut ins Gras. Ich versuchte mich aufzurappeln, doch zwei Gestalten, offensichtlich Mädchen, warfen sich auf mich. Ein drittes Mädchen warf mir eine Würgeschlinge um den Hals und zog sie an, so daß mir fast die Luft abgedreht wurde. Als ich den Mund öffnete, um nach Luft zu schnappen, steckte mir jemand einen Knebel hinein. Daraufhin ließ der Druck um meinen Hals nach, und ich konnte wieder atmen. Man warf mich brutal auf den Bauch und fesselte mir die Handgelenke hinter dem Rücken, ehe ich wieder hochgezerrt wurde.
»Facht das Feuer an!« sagte die Anführerin der Mädchen, eine große, blonde Gestalt. Sie bot einen faszinierenden Anblick. Sie trug einen leichten Speer und Fellkleidung. Goldene Schmuckstücke zierten ihre Arme und ihren Hals.
Ein Mädchen warf Holz aufs Feuer. Ich blickte mich um.
Mädchen knieten neben den letzten beiden Wächtern und fesselten sie, standen schließlich auf.
Ich sah, daß Lana und Ute ebenfalls gefesselt und geknebelt waren. »Wollen wir die Männer versklaven?« fragte ein Mädchen.
»Nein«, sagte die große blonde Frau.
Daraufhin deutete die Fragende auf Ute und Lana: »Was machen wir mit denen, Verna?«
»Ihr habt’s ja gesehen«, erwiderte die Anführerin. »Laßt sie hier. Sie sind Kajirae.«
Es handelte sich offenbar um Panthermädchen, die ungebunden in den nördlichen Wäldern lebten und dort Männer versklavten, wenn ihnen der Sinn danach stand.
Zweifellos hatten sie meinen Kampf gegen den Wächter bemerkt. Ich war keine Kajira! Bestimmt wollten sie mich in ihre Gruppe aufnehmen! Endlich war ich frei! Vielleicht konnten sie mir auch helfen, jemanden zu finden, der mir die Rückkehr zur Erde ermöglichen konnte. Jedenfalls hatte mein Sklavinnendasein nun ein Ende.
Aber vorläufig ließ man mich geknebelt im Gras stehen, die Hände auf dem Rücken gefesselt.
»Zerrt die Männer ans Feuer und legt sie hin«, befahl Verna Zu zweit schoben die Mädchen die Wächter ans Feuer, die nur langsam wieder zu sich kamen. Die Angreiferinnen warfen ihr Knüppel fort, stemmten die Hände in die Hüften und blickten triumphierend auf ihre Opfer nieder. Mich verließ der Mut.
Das große blonde Mädchen näherte sich Lana, die hilflos im Gras lag. Mit dem Speer rollte sie die Liegende auf den Rücken Lana starrte entsetzt zu der wilden Gestalt empor. Verna setzt ihr die Speerspitze an die Kehle.
»Du hast gut getanzt«, sagte sie.
Lana begann zu zittern.
Verna starrte sie verächtlich an, nahm den Speer fort und trat Lana heftig in die Rippen. »Kajira!« sagte sie geringschätzig.
Dann ging sie zu Ute hinüber und wiederholte die Behandlung »Bindet die Männer so fest, daß sie am Feuer sitzen«, befahl Verna schließlich.
Die Mädchen — es mochten etwa fünfzehn sein — gehorchten stumm. Aus der Ferne mußte es so aussehen, als säßen die Männer friedlich am Feuer.
Nun kam Verna auf mich zu. Sie machte mir angst. Sie war groß und kräftig. Ihr Gang, ihre Bewegungen hatten etwas katzenhaft Arrogantes. Sie wirkte großartig und unbezähmbar in ihrer kurzen Fellkleidung mit dem goldenen Schmuck. Sie legte mir die Speerspitze unter das Kinn und hob meinen Kopf an.
»Was machen wir mit den Sklavinnen?« fragte ein Mädchen. Verna drehte sich um und betrachtete Lana und Ute. »Binde sie zu Füßen ihrer Herren fest.« Dann wandte sie sich wieder in meine Richtung und musterte mich lange Zeit. Schließlich sagt sie: »Kajira!« Ich schüttelte wild den Kopf.
Einige Mädchen durchsuchten die Wagen, suchten Nahrungsmittel, Münzen, Flaschen, Messer und andere nützliche Dinge zusammen. Dann war die Gruppe zum Abmarsch bereit.
Die Männer, die am Feuer saßen, bäumten sich hilflos in ihren Fesseln auf, aber sie konnten nichts tun.
Aus der Ferne sah es so aus, als säßen sie feiernd um das Feuer, zwei Kajirae zu ihren Füßen.
Ich blickte zu den anderen Feuern und Wagengruppen hinüber. Niemand hatte den Überfall bemerkt. In einem der Lager wurde gesungen. »Ich bin Verna!« sagte das Mädchen zu den Männern, »ein Panthermädchen aus den Nördlichen Wäldern. Ich versklave Männer, wenn es mir gefällt. Wir verachten euch! Wir haben euch überlistet und euch gefangengenommen. Wenn wir wollten, würden wir euch mitnehmen und euch beibringen, wie es ist, Sklave zu sein!« Mit diesen Worten ließ sie ihren Speer vorzucken, der die Haut der Wächter ritzte. »Männer!« lachte Verna verächtlich und wandte sich ab.
Ohne sich noch einmal umzusehen, marschierte sie auf den Fernen Wald zu.
Ihre Mädchen folgten ihr, das Feuer, die Männer und Ute und Lana zurücklassend. Die Würgeschlinge schnitt mir in den Hals, und halb stolpernd, die Hände auf dem Rücken gefesselt, wurde ich mitgeschleppt, einem Ungewissen Schicksal entgegen, das so dunkel vor mir lag wie der Wald, auf den wir zuhielten.