10

Das großäugige Pelzwesen blinzelte mich an.

»Hab keine Angst«, sagte eine Stimme.

Das Tier war mit einem kräftigen Lederband an einer starken Kette festgemacht.

Ich preßte mich mit dem Rücken an die Hüttenwand. Ich spürte die rauhen Bretter an meinen Fingerspitzen. Ich konnte kaum atmen. Das Ungeheuer betrachtete mich und gähnte. Ich sah, daß die Kette kurz war und daß das Wesen nicht bis in die Mitte des Raumes vordringen konnte.

»Hab keine Angst«, wiederholte die Stimme.

Auf der anderen Seite des Raums beugte sich ein kleiner Mann über eine Wanne, ein Handtuch um den Hals gelegt. Es war der Clown, der uns im Gehege unterhalten hatte, doch anstelle der bunten Roben trug er nun eine gewöhnliche Haustunika.

»Guten Abend«, sagte er.

Seine Stimme kam mir nun anders vor; anders, als bei der Vorstellung, die er uns gegeben hatte, sie war mir irgendwie vertraut, aber ich wußte nicht, wo ich sie früher schon einmal gehört hatte. Ich wußte nur, daß ich entsetzliche Angst hatte.

Er wandte sich der Wasserschale zu und begann sich die Farbe vom Gesicht zu waschen, während ich den Blick nicht von seinem Tier wenden konnte. Das Ungeheuer betrachtete mich schläfrig. Es wirkte in der kleinen Hütte unglaublich groß, wie ein erdrückender schimmernder Fellberg.

»Guten Abend, Miß Brinton«, sagte der Mann. Er hatte Englisch gesprochen!

»Sie!« rief ich.

»Hallo, Schatz«, sagte er.

Es war der kleine Mann, ein Angehöriger der Gruppe, die mich in New York gefangengenommen und auf mein Bett gefesselt hatte. Er war der Mann, der sich von Anfang an für mich interessiert hatte und nur durch den größeren Fremden zurückgehalten worden war.


Seine wieselflinken Augen musterten mich von Kopf bis Fuß. »Du bist ein hübsches kleines Ding«, sagte er.

Ich brachte kein Wort heraus.

Er schnipste mit den Fingern, und mir blieb nichts anderes übrig, als nach Art einer goreanischen Sklavin vor ihm niederzuknien. »Interessant«, sagte er nachdenklich, »wie vorteilhaft sich die goreanische Sklavenhaltung bei einer Frau bemerkbar macht.« »Ja, Herr«, flüsterte ich.

Er ging in eine Ecke des Raums, wo ein Stapel Feuerholz lag. Er nahm ein Scheit und legte es aufs Feuer, das in einem flachen Steinherd flackerte. Funken stoben auf. Rauch kräuselte sie empor, zog durch ein Loch in der Hüttenwand ab.

Ich war wie erstarrt vor Angst und rührte mich nicht. Er setzt sich vor mir auf eine Bank und sagte: »Steh auf und dreh dich um.«

Ich gehorchte.

Zu meiner Überraschung löste er mir die Fesseln. Meine Hände waren gefühllos. Ich konnte kaum die Finger bewegen. Langsam rieb ich mir die Handgelenke und versuchte den Kreislauf wieder in Gang zu bringen.

»Faß!« rief er plötzlich dem goreanischen Ungeheuer zu.

Das Wesen heulte auf und sprang mit schnappenden Kiefer auf mich zu. Ich kreischte auf und floh in die gegenüberliegende Ecke des Raums, wo ich mich niederkauerte, den Kopf in den Winkel zwischen den Wänden gedrückt.

»Hab keine Angst«, sagte er. Seine Stimme war entschuldigend, besorgt, beinahe freundlich.

Verwirrt starrte ich ihn an. Er winkte mich zu sich, rückte einen kleinen Tisch und eine zweite Bank zurecht und forderte mich auf, Platz zu nehmen.

»Zigarette?« fragte er, als ich seinem Wunsch nachgekommen war. Ich sah ihn an und flüsterte: »Ja.«

Er zog zwei Zigaretten aus einem flachen goldenen Etui. Es war die Marke, die ich immer geraucht hatte. Mit einem Streichholz zündete er mir die Zigarette an und inhalierte dann selbst.

Ich betastete die Zigarette. Meine Hand zitterte.

»Bist du nervös?« fragte er.

»Bringen Sie mich zur Erde zurück!« flüsterte ich.

»Du fragst dich bestimmt, warum du auf diese Welt gebracht; wurdest, nicht wahr?«

»Bitte!« flehte ich. »Ich zahle Ihnen jeden Betrag.«

»Geld?«

»Ja!«

»Geld ist unwichtig. Rauch deine Zigarette.«

Ich gehorchte.

»Warst du verblüfft, als du das Brandmal entdecktest?«

»Ja«, flüsterte ich.

»Vielleicht möchtest du wissen, wie es angebracht wurde?« »Ja.«

»Das Gerät«, erklärte er, »ist nicht größer als das da.« Er deutete auf das flache Zigarettenetui. »Ein Griff, der das Heizelement enthält, wird an der Rückseite des Brandstempels eingeführt. Er läßt sich wie eine Taschenlampe ein- und ausschalten und gibt in kurzer Zeit die nötige Hitze ab.«

»Ich habe aber nichts gespürt«, sagte ich.

»Du warst natürlich voll betäubt. Dann kam Salbe auf die Wunde, die schnell verheilte. Als freie Frau bist du zu Bett gegangen, und als du erwachtest, warst du eine Kajira.« »Darf ich noch eine Zigarette haben?« »Natürlich«, sagte er und gab mir erneut Feuer. »Bringen Sie oft Frauen auf diese Welt als Sklavinnen?« »Ja«, sagte er. »Und manchmal auch Männer, wenn es unseren Zwecken dient.«

Ich erinnerte mich an die beiden Männer, die mich in die schmale durchsichtige Röhre steckten, ich erinnerte mich, wie ich in der goreanischen Steppe erwachte, hundert Meter von dem Wrack des Sklavenschiffs entfernt. Ich dachte auch an das Fußband, das mir vor dem Abflug umgelegt wurde und das bei meinem Erwachen verschwunden gewesen war.

Ich blickte ihn an. »Warum bin ich hier auf dieser Welt?« fragte ich. »Wir bringen viele Frauen nach Gor«, bemerkte er. »Weil sie schön sind, und weil es uns Freude macht, sie zu versklaven. Außerdem stellen sie einen gewissen Wert dar.« »Und ich . . .«

»Es dürfte dich interessieren, daß deine Entführung bereits geplant wurde, als du siebzehn Jahre alt warst. In den fünf Jahren seither haben wir dich eingehend beobachtet und haben gesehen, wie du zu einer verdorbenen, reichen, intelligenten und arroganten jungen Frau wurdest — genau die Art Frau, die unter der Peitsche die beste Sklavin abgibt.« Wütend zog ich an meiner Zigarette.

»Ich bin also nur nach Gor gebracht worden, um hier als Sklavin zu leben?« fragte ich.

»Ja — aber leider hatten wir dich verloren«, sagte er, und seine Stirn umwölkte sich. »Das Schiff stürzte ab.« »Ich verstehe.«

»Nach dem Unglück«, fuhr er fort, »orteten wir die Annäherung eines feindlichen Schiffs. Wir verließen unser Fahrzeug und verstreuten uns — wir flohen mit unserer Fracht.«

»Ich gehörte nicht zu Ihrer — Fracht?«

Seine Augen zogen sich zu Schlitzen zusammen. Ich merkte daß er seine Worte sorgfältig wählte.

»Wir haben Feinde«, sagte er. »Wir wollten nicht, daß du denen in die Hände fällst. Wir hatten Angst vor Verfolgung. Als nahmen wir dir den Identifikationsreifen ab und versteckte dich in einiger Entfernung vom Schiff im Gras. Mit den andere Mädchen ergriffen wir dann die Flucht, in der Absicht, uns später wieder zu treffen und dich abzuholen. Der Gegner gab sich offenbar damit zufrieden, das Schiff zu vernichten. Als wir zurückkamen, war nur noch der Krater zu sehen. Und du warst natürlich fort.«

»Wie haben Sie mich gefunden?« fragte ich.

»Als schöne, ungeschützte Frau auf Gor — da bestand kein Zweifel, daß dich der erste Mann, dem du über den Weg liefst zur Sklavin machen würde. Ich reiste also nach Laura, die größte Stadt in der Nähe. Ich rechnete damit, daß du dort zum Verkauf angeboten würdest.« »Und Sie hätten mich gekauft?«

»Ja«, sagte er. »Ganz einfach. Aber leider wurdest du von einem Sklavenhändler gefangengenommen, der dich in den Süden bringen wollte, um einen besseren Preis herauszuschlagen. Also setzten wir die Panthermädchen ein, Verna und ihre Gruppe.« Er lächelte wieder. »So warst du für mich auch billiger.«

»Hundert Pfeilspitzen!« sagte ich wütend.

»Das ärgert dich, was?«

»Woher wußten Sie, daß ich in Targos Gehege war?«

»Dort hätte ich dich bestimmt noch gefunden, aber ich sah dich vorher in Laura — beim Einkaufen mit den anderen Mädchen und den Wächtern.« Ich senkte irritiert den Blick.

»Du verstehst es, einen Weinkrug zu tragen«, sagte er.

»Ich bin keine Sklavin«, sagte ich heftig.

»Aha.«

Ich erinnerte mich, daß ich in Laura einmal einen schwarzgekleideten Mann gesehen hatte, der uns beobachtete.

»Und so haben Sie mich gefunden?«

»Ich verschaffte mir Gewißheit über deine Identität während meiner Vorstellung im Gehege, dabei sah ich mir natürlich die Gegend an und plante sozusagen den Überfall der Panthermädchen.«

»Ihr Glück«, sagte ich hochmütig, »daß ich an dem Abend nicht in den Käfig gesteckt wurde.«

Er lächelte. »Ich hatte mit Targo und den Wächtern gesprochen«, sagte er, »und wußte von dem Fest, das für den Abend geplant war. Auch hatte ich mit den Wächtern gescherzt und von ihnen erfahren, welche Mädchen sie zu sich bitten wollten.«

»Sie sind gründlich.«

»Das muß man auch sein.«

»Und jetzt bin ich also hier«, sagte ich. »Was haben Sie mit mir vor?« »In mancher Hinsicht hattest du Glück, daß du einem Sklavenhändler in die Hände gefallen bist.«

»Oh?«

»Ja, denn zweifellos hast du noch nicht voll als Sklavenmädchen dienen müssen.«

Ich starrte ihn nervös an.

»Du wirst es zweifellos für eine interessante Erfahrung halten«, sagte er, »nicht als freie Frau, sondern als Sklavin zu dienen — einem Mann, der seinem Besitz alles abverlangt. Nur wenigen Erdenfrauen ist diese exquisite Freude vergönnt.«

»Bitte reden Sie nicht so mit mir.«

»Wie es aussieht, wirst du eine phantastische Vergnügungssklavin abgeben.«

»Nein!« rief ich. »Was wollen Sie von mir?«

Plötzlich stieß das Untier ein Knurren aus. Ich erstarrte und wandte mich um. Das Wesen hatte den Kopf gehoben und spitzte die langen Ohren. Es lauschte.

Der Mann und ich beobachteten das Biest, ich verängstigt und besorgt, er wachsam und vorsichtig.

Sein Blick schien dem des Ungeheuers zu begegnen, das die Lefzen hob, den Kopf abwandte und erneut knurrte.

»Draußen ist ein Sleen«, sagte der Mann.

»Als ich hierhergebracht wurde«, sagte ich, »haben die Mädchen zweimal die Witterung eines Sleen aufgenommen.«

»Das Tier hat euch beschlichen.«

»Vielleicht waren es verschiedene Sleen.«

Das Ungeheuer kauerte nun im Stroh, die Nüstern gebläht, seine Augen glitzerten.

»Er ist ganz nahe«, sagte der Mann und sah mich an. »Manchmal folgt der Sleen seinen Opfern pasangweit, ehe er zuschlägt und aus dem Hinterhalt angreift.«

Das Pelzwesen knurrte drohend.

Zu meinem Entsetzen hörte ich ein Schnüffeln an der Tür, dann ein seltsames Jaulen.

Der Mann lächelte. »Der Sleen«, sagte er. »Hab keine Angst. Wir sind hier sicher.«

Ich vernahm ein Kratzen wie von schweren Klauen.

Meine Nackenhaare stellten sich auf.

»Die Tür ist solide. Hier kann uns nichts geschehen.«

Ich blickte auf die Bretter, die das Fenster sicherten. Es war ein kleines Fenster, nur etwa dreißig Zentimeter breit.

»Der Sleen ist wahrscheinlich den Mädchen gefolgt«, sagte der Mann. »Und die Spur führte hierher.«

»Aber warum beschleicht er die Panthermädchen nicht weiter?« flüsterte ich.

»Hätte passieren können«, sagte der Mann. »Aber er ist nun mal hiergeblieben.« Er deutete mit einer Kopfbewegung auf das Pelzwesen. »Auch wittert er ihn. Sleen sind neugierig und möge es nicht, wenn fremde Tiere in ihr Gebiet eindringen.«

Ein wütendes Heulen klang von draußen herein, auf das ein tiefes Schnarren des angeketteten Ungeheuers antwortete.

»Warum verschwindet der Sleen nicht?« fragte ich.

»Vielleicht riecht er das Tier. Oder etwas anderes zu essen.« »Etwas zu essen?« fragte ich.

»Uns beide«, sagte er.

Meine Hand, die die Zigarette hielt, begann zu zittern. »Haben Sie keine Schußwaffen bei sich, mit denen Sie das Vieh töten! können?« fragte ich.

Der Mann lächelte. »Es wäre sehr unklug, so etwas auf Gor bei sich zu tragen.«

Ich verstand seine Antwort nicht.

»Aber wir brauchen hier nichts zu befürchten. Du siehst hübsch aus.« »Danke«, sagte ich und beugte mich vor. »Ich bin doch aber nicht nach Gor gebracht worden, um nur als Sklavin einem Herrn verkauft zu werden — nicht nach einer fünfjährigen Beobachtungszeit. Diese Mühe wäre verschwendet. Da gibt es doch noch etwas anderes, nicht wahr?« »Ja«, sagte er.

Ich lehnte mich zurück, plötzlich beruhigt. Man brauchte mich zu etwas Bestimmtem, man hatte Pläne mit mir. Jetzt hatte ich eine Verhandlungsposition. Vielleicht konnte ich meine Rückkehr zur Erde dabei herausschlagen. Ich mußte es nur geschickt genug anstellen.

»Möchten Sie jetzt das Geschäftliche mit mir besprechen?« fragte ich. »Willst du noch eine Zigarette?« fragte er zurück.

Er reichte mir die Zigarette und beugte sich vor, um mir Feuer zu geben. Die Flamme war noch einen Zentimeter von der Spitze entfernt. Er sah mich forschend an. »Du bist bereit zu verhandeln?« fragte er. Ich lächelte ihn an. »Vielleicht.«

In plötzlicher Wut versetzte er mir einen Hieb ins Gesicht. Das Streichholz fiel zu Boden, die Zigarette wirbelte mir aus der Hand, ich stürzte von der Bank.

Im nächsten Augenblick warf er sich auf mich, begann mich zu schlagen und zu treten. Er riß mich am Haar in die Höhe, umfing mich mit seinem linken Arm und schob mich auf das Ungeheuer zu. Gleichzeitig fesselte er mir die Hände auf dem Rücken.

»Friß!« brüllte er.

Ich schrie auf und warf mich zur Seite, als die gewaltigen Fänge des Ungeheuers auf mich zukamen.

Er riß mich grausam zurück, drückte mich in die Knie, und ich sah, wie die Kiefer nach mir schnappten, die einmal auch meinen Körper streiften, während ich gerade noch außerhalb der Reichweite des Ungeheuers festgehalten wurde. Das Monstrum stemmte sich in seinen Kragen, versuchte mich zu erreichen.

Wütend schleuderte mich der Mann zur Seite. »Schluß!« rief er dem Tier zu.

Von einem Haken an der Wand nahm er ein großes Stück Boskfleisch und warf es dem Pelzwesen zu.

Es begann wild daran zu zerren. So hätte es sich bestimmt auch über mich hergemacht.

Der Mann musterte mich zynisch. »So, nun will ich dir sagen, was wir vorhaben«, sagte er. »Es ist unsere Absicht, dich zur Vergnügungssklavin ausbilden zu lassen. Und dann wirst du in ein ganz bestimmtes Haus geschleust.«

»Ja, Herr«, sagte ich mit gesenktem Kopf.

»Und in diesem Haus wirst du deinen Herrn vergiften.«

Ich sah ihn entsetzt an.

Plötzlich ertönte ein durchdringender Schrei. Holz splitterte. Ich begann zu kreischen.

Der Kopf eines Sleen erschien im zerbrochenen Fenster, mit blitzenden Augen, die langen Nadelzähne entblößt. Schnaufen begann er sich wie eine Katze mit den Schultern durch die Öffnung zu winden. Das Tier in der Hütte drehte durch.

Der Mann, der plötzlich die Beherrschung verlor, schrie angsterfüllt auf und wich zurück. Ich war aufgesprungen und drückte mich mit dem Rücken gegen die Wand.

Der große dreieckige Kopf des Sleen, dessen Nachtaugen in de Feuerglut blitzten, mühte sich ab, sich durch die Fensteröffnung zu zwängen, steckte nun die rechte Vorderpfote hindurch.

Das Pelzwesen bellte wütend und sprang in die Höhe.

Der Mann, den der wilde Schrei seines Tiers zur Vernunft zu bringen schien, nahm die Sklavenpeitsche und eilte zum Fenster wo er wütend auf den Sleen einhieb. Dabei wurde schnell klar, daß der Sleen nicht mehr zurück konnte. Er hatte inzwischen zwei Beine und ein Drittel seines Körpers durch die Öffnung gezwängt und kreischte und zischte vor Wut, packte plötzlich nach der Peitsche und entriß sie dem Mann. Der Goreaner versuchte nun mit einem Stück Feuerholz auf den Eindringling einzudreschen, doch nach wenigen Schlägen zerbrach das Scheit. Eine weitere Tatze wand sich durch das Fenster.

Der Sleen hat sechs Beine und ist lang und geschmeidig. Er ähnelt einer Eidechse, nur besitzt er ein Fell und ist ein Säugetier. Er ist eins der gefährlichsten Tiere auf Gor, vor allem, wenn er gereizt wird. Verzweifelt beugte sich der Mann zum Feuer, nähr, ein glühendes Scheit und stieß es dem Sleen ins Auge. Auf einem Auge geblendet, kreischte das Tier auf. Ein weiteres Bein kam durchs Fenster, und nun war der Sleen fast zur Hälfte durch. Der Mann eilte zur Tür und zog in aller Hast die Riegel zurück. Das angekettete Pelzwesen fauchte ihn an, und er drehte sich entsetzt um, was ich nicht verstand. Ich hatte fast den Eindruck, als habe ihm das Tier befohlen zu bleiben.

Der Sleen, fast wahnsinnig vor Wut und Schmerz, begann sich völlig durch das Fenster zu schieben.

Entsetzt beobachtete ich das Pelzwesen. Es hob die großen Pfoten an den Hals. Die Klauen seiner ›Hände‹ hatten sechs Gelenke und wirkten fast wie pelzartige Tentakel, die in krallenartigen Spitzen endeten. Das Tier löste sich selbst den Kragen vom Hals und warf ihn fort. Dann stürzte es sich mit einem Wutschrei auf den Sleen. Dieser rutschte zum Fenster herein und verbiß sich in seinen Gegner.

Das Pelzungeheuer packte den Sleen am Hals, die großen Kiefer bissen zu, schlossen sich um die Wirbelsäule. Die beiden Biester rollten in der kleinen Hütte herum und fauchten und kreischten wie toll. Tische und Bänke stürzten um. Mit einem entsetzlichen Knirschen biß das Pelzwesen dem Sleen den Hals durch. Reglos stand es da, den erschlafften Sleen in den Klauen, Fell und Blut um das Maul. Der Sleen zuckte konvulsivisch. Das Pelzwesen sah uns an.

»Er ist tot«, sagte der Mann. »Leg ihn hin.«

Das Tier blickte ihn verständnislos an, und ich hatte plötzlich Angst. Auch der Mann schien entsetzt zu sein.

Dann warf das Untier den Kopf in den Nacken, stieß einen wilden Schrei aus und machte sich über den toten Sleen her und öffnete ihm mit seinen Reißzähnen den Leib.

»Nein, nein!« rief der Mann entsetzt. »Nicht fressen! Nicht fressen!« Das Tier hob den Kopf, Gedärme hingen ihm aus dem Maul.

»Nicht fressen!« flehte der Mann.

Ich hatte Angst. Das Tier war offenbar in einer Art Blutrausch. Wahrscheinlich ließ es sich in diesem Zustand nicht mehr lenken. Auf jeden Fall war der Mann, der darüber besser Bescheid wissen mußte als ich, fast außer sich vor Entsetzen.

»Halt!« rief er.

Das Tier starrte ihn mit blitzenden Augen an.

»Gehorche deinem Herrn«, rief ich. »Gehorche deinem Herrn!« Das Tier sah mich an. Das Entsetzen, das ich in diesem Augenblick empfand, werde ich nie vergessen. »Ich bin der Herr«, sagte es knurrend mit kehliger Stimme.

Der Mann schrie auf und floh aus der Hütte. Ich stürzte ihm nach und rannte in die Nacht hinaus.

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