Zwei

Mit einem Mal hatte sich die Anspannung im Konferenzraum um ein Vielfaches gesteigert. Geary wählte seine Worte mit Bedacht, da er wusste, er musste seine Absicht klar und deutlich vermitteln und jegliches Missverständnis vermeiden. »Meine Empfehlungen habe ich detailliert in meinem Bericht formuliert, aber mit wenigen Worten ausgedrückt bitte ich um die Erlaubnis, das Kommando über diese Flotte behalten zu dürfen, Sir. Ferner bitte ich darum, dass die Regierung und meine Dienstvorgesetzten den Plan für die weitere Vorgehensweise gutheißen, den ich ebenfalls mit meinem Bericht vorgelegt habe.«

»Sie reden immer davon, dass Sie um dieses und jenes bitten. Dabei wird Ihnen doch klar sein, dass Sie das alles ebenso gut als Forderung formulieren könnten.«

»Nein, Sir, das könnte ich nicht«, wandte Geary ein.

»Spielen Sie nicht mit uns, Captain«, ermahnte Senatorin Suva ihn missmutig. »Sie wissen so gut wie ich, dass Sie nur mit den Fingern schnippen müssen, um alles zu bekommen, was Sie haben wollen.«

»Madam Senatorin, mir ist klar, dass ich wohl die Macht besitze, um Forderungen zu stellen. Aber ich kann sie nicht stellen. Ich habe gegenüber der Allianz einen Eid abgelegt, und den werde ich nicht brechen. Ich unterstehe Ihren Befehlen und Ihrer Autorität.«

Die stämmige Frau sah ihn mit zusammengekniffenen Augen und mürrischer Miene an. »Sie legen Ihr Schicksal in unsere Hände, Captain, und damit legen Sie auch das Schicksal der Allianz in die Hände einer Gruppe von Leuten, die Ihrer Ansicht nach zweifellos nicht annähernd so fähig sind, wie diese Leute es mit Blick auf die Verantwortung sein sollten, die sie tragen.«

Er hatte nicht damit gerechnet, dass einer der Senatoren zugunsten eines Staatsstreichs argumentieren würde. Es gelang ihm, seine Reaktion darauf zu überspielen, dann sagte er ruhig: »Ich habe mein Schicksal schon vor langer Zeit aus der Hand gegeben, Madam Senatorin. Ich habe geschworen, rechtmäßige Befehle auszuführen, und genau das werde ich auch weiterhin machen. Und falls ich diese Befehle nicht mit meinem Gewissen vereinbaren kann, werde ich mein Offizierspatent zurückgeben.«

Schließlich ergriff Rione mit leiser, aber fester Stimme das Wort. »Das ist sein Ernst. Er spielt Ihnen nichts vor. Ich hatte den gleichen Verdacht wie Sie alle, dass Black Jack als künftiger Diktator auftritt, der seine militärische Rolle nutzt, um die politische Autorität zu ersetzen.« Ihr Blick ruhte kurz auf der stämmigen Frau und einem anderen Senator, womit sie nur beinahe andeutete, dass diese beiden eine solche Entwicklung nicht fürchteten, sondern vielmehr herbeisehnten. »Allerdings bin ich Captain Geary nahe genug gewesen, um Ihnen versichern zu können, dass er es ehrlich meint. Unterziehen Sie ihn einem Verhör, und Sie werden feststellen, er macht Ihnen zu keinem Zeitpunkt etwas vor. Captain Geary trägt nicht den Makel von einem Jahrhundert Krieg, meine verehrten Senatoren. Er glaubt immer noch an alles, was unseren Vorfahren lieb und teuer war. Und er glaubt an Sie, an jeden Einzelnen von Ihnen.«

Ein paar Senatoren schauten weg, als seien ihnen diese Worte peinlich, aber Navarro sah sie forschend an. »Wir haben Berichte gelesen, wonach Sie Captain Geary tatsächlich sehr nahe gewesen sein sollen, Madam Co-Präsidentin. Wird Ihre Meinung über ihn davon in irgendeiner Weise beeinflusst?«

»Es war eine körperliche Beziehung«, räumte Rione wie beiläufig ein. »Sie war von kurzer Dauer.« Dann straffte sie auf einmal die Schultern, und alles Lässige an ihrem Verhalten war verschwunden. »Aus den Informationen, die die Flotte im Syndik-Gebiet sammeln konnte, ergibt sich, dass mein Ehemann von den Syndiks lebend gefangengenommen wurde. Es könnte sein, dass er noch lebt. Meine Loyalität gilt der Allianz und ihm.«

Einer der Senatoren schüttelte den Kopf. »Sie haben mit einem anderen Mann geschlafen, obwohl Ihr Ehemann noch leben könnte? Ein solch unehrenhaftes…«

Rione stieg die Zornesröte ins Gesicht, doch Geary kam ihr zuvor und unterbrach den Senator: »Sie wusste nicht, dass er noch leben könnte. Jedenfalls nicht zu diesem Zeitpunkt. Co-Präsidentin Rione ist eine ehrbare Frau.«

»Wohingegen Sie, Senator Gizelle«, fügte Rione mit gesenkter Stimme an, als sich nach Gearys Bemerkung Schweigen breitgemacht hatte, »das Wort Ehre nicht mal buchstabieren könnten, wenn Ihr Leben davon abhinge.«

Navarro schlug wieder mit der flachen Hand auf den Tisch, um dem Streit ein Ende zu setzen, bevor er eskalieren konnte. »Das reicht. Beantworten Sie nur die Frage, Senatorin Rione. Ist Ihr Urteil neutral?«

»Ja.« Rione nickte und sah sich um. Offenbar hatte sie sich wieder im Griff. »Jeder hier weiß, was Captain Geary in diesem Moment tun könnte, wenn er es wollte. Und was er längst alles getan haben könnte, wenn er es wirklich beabsichtigte. In diesem Moment könnte er im Unity-Sternensystem eintreffen, begleitet von einer Flotte von Kriegsschiffen, auf denen sämtliche Senatsmitglieder in Arrestzellen sitzen, und die Leute würden ihm zujubeln. Haben Sie auch nur eine vage Ahnung davon, wie lange er gebraucht hat, um zu begreifen, dass so etwas möglich wäre? Ein solcher Gedanke war in seinem Universum schlicht undenkbar, und so verhält es sich immer noch. Aber es gibt Leute, die vortäuschen würden, in seinem Namen zu handeln, und wir müssen diese Leute davon abhalten, etwas in Gang zu setzen, was sich möglicherweise nicht mehr stoppen ließe. Hören Sie also bitte mit solchem Unsinn wie der Verhaftung von Captain Geary auf. Er wird seine Kräfte nicht gegen die Allianz wenden.«

»Das möchte ich gern glauben«, erwiderte Navarro. »Aber ich weiß nicht, ob ich das wagen darf.«

»Dann möchte ich Ihnen etwas zeigen.« Rione lud eine Datei herunter, aktivierte sie und Geary sah sich auf der Brücke der Dauntless sitzen. Insgeheim fragte er sich, wie es Rione gelungen war, auf die Logbücher des Flaggschiffs zuzugreifen und wo diese Aufnahme entstanden war, doch als er hörte, was gesagt wurde, fiel es ihm ein. Die Szene zeigte sein Verhalten in dem Moment, als er zu verstehen begann, dass das Personal der Allianz-Flotte beabsichtigte, Kriegsgefangene zu töten, als sei das ein völlig routinemäßiger Vorgang.

Als der Ausschnitt endete, deutete Rione auf Geary. »Das hat sich bei Corvus abgespielt, kurz nachdem er das Kommando über die Flotte übernommen hatte. Meinen Sie, das war gespielt? Dann irren Sie sich. Das waren unsere Vorfahren, die durch diesen Mann zu uns gesprochen haben.«

»Ich muss unbedingt mit meinen Vorfahren reden«, sagte Navarro mehr zu sich selbst, senkte kurz den Blick und sah dann erneut Geary an. »Fassen Sie die von Ihnen empfohlene Vorgehensweise in wenigen Worten zusammen, Captain. Da Sie offenbar nicht vorhaben, mit der Flotte nach Unity zu fliegen und uns ins Gefängnis zu stecken – wohin wollen Sie dann mit ihr?«

Er hätte sich nie träumen lassen, dem Großen Rat persönlich Bericht zu erstatten, doch das wäre immer noch wahrscheinlicher gewesen als eine solche Frage aus dem Mund des Ratsvorsitzenden zu hören zu bekommen. Geary ließ wieder das Sternendisplay anzeigen. »Ich möchte zwei Dinge vorschlagen. Zum einen halte ich es für wichtig, den Schaden auszunutzen, den wir in der letzten Zeit der Syndik-Flotte zugefügt haben. Wenn wir den Syndiks Zeit lassen, werden sie in der Lage sein, ihre Streitkräfte wieder zu verstärken, aber wenn wir sofort zuschlagen, solange sie geschwächt sind, könnte es uns gelingen, sie zu einem Waffenstillstand zu zwingen.« Das Display veränderte sich und konzentrierte sich auf einen Stern. Die leisen Seufzer von der anderen Seite des Tischs bildete sich Geary in diesem Moment nicht bloß ein.

»Das Syndik-Heimatsystem?«, fragte die stämmige Frau ungläubig. »Sind Sie nicht von da entkommen, Captain Geary? Aus dieser Falle, die die Syndiks unserer Flotte gestellt hatten?«

»Richtig, Ma’am, aber jetzt geschieht das unter anderen Vorzeichen. Die Syndik-Flotte ist deutlich dezimiert worden. Ein paar ihrer Kriegsschiffe sind uns entwischt, als wir den Angriff abgewehrt haben, aber selbst mit diesen neu konstruierten Kriegsschiffen, die die Syndiks losgeschickt haben, stehen unsere Chancen immer noch sehr gut.« Er deutete auf den Stern. »Wir haben den Syndik-Hypernetschlüssel sicher nach Hause gebracht, und jetzt können wir diesen Schlüssel benutzen, um mit unserer Flotte zügig in ihr Heimatsystem zu gelangen, die dortige Verteidigung zu zerschlagen und die Führung aufzufordern, ernsthafte Verhandlungen zu beginnen. Wir haben jetzt die Gelegenheit, bis ins Herz des Syndik-Territoriums vorzudringen und ihnen einen schweren Schlag zuzufügen.«

»Und wenn die Syndik-Führer nicht an ernsthaften Verhandlungen interessiert sind?«, wollte Navarro wissen, der die Hände gefaltet hatte und das Kinn auf ihnen ruhen ließ.

»Dann, Sir, können wir immer noch zu unserer tief vordringenden Munition greifen, um einen Wechsel auf der Führungsebene der Syndiks herbeizuführen.« Er hatte genügend Beweise dafür gesehen, dass diese Führer bereit waren, zahlreiche ihrer Leute zu opfern, während sie selbst stets dafür sorgten, dass sie gut geschützt waren. Diesmal allerdings sollten sie dazu gar nicht erst die Gelegenheit bekommen.

»Welche Forderungen sollen wir stellen?«, fragte Senatorin Suva.

»Das muss der Rat entscheiden«, antwortete Rione. »Aber meine Empfehlung geht dahin, zu erwägen, welchen Nutzen wir davon haben, Forderungen zu stellen, wenn die einzige andere Alternative bei einer Ablehnung durch die Syndiks die ist, dass dieser Krieg fortgesetzt wird. Daher schlage ich vor, wir bieten den Syndiks ein Ende der Feindseligkeiten und eine Rückkehr zu den Verhältnissen vor dem Krieg an, einschließlich eines vollständigen Gefangenenaustauschs und eines Austauschs aller verfügbaren Informationen über sämtliches im Verlauf des Krieges in Gefangenschaft geratenes Personal.«

»Dann wären alle unsere Opfer vergebens gewesen«, protestierte die stämmige Senatorin lautstark.

»Was auch für alle Opfer der Syndiks gilt«, stellte Navarro fest. »Das ist ein hervorragendes Argument, Senatorin Rione, zumal Sie so gut wie wir wissen, in welcher Verfassung sich die Allianz derzeit befindet.« Einige Senatoren setzten zum Reden an, doch Navarro brachte sie alle mit einer knappen Geste zum Schweigen. »Wir werden uns zurückziehen und über Ihren Vorschlag, Captain Geary, ebenso diskutieren wie über Co-Präsidentin Riones Idee. Was ist Ihr zweiter Punkt?«

Geary streckte den Arm aus, um auf die entlegene Seite des Syndik-Gebiets zu zeigen. »Dass wir uns nach Möglichkeit mit dem beschäftigen, was sich dort draußen befindet. Wir haben keine Ahnung, wie mächtig sie sind, wie groß ihr Territorium ist, welche Fähigkeiten sie besitzen. Alles deutet darauf hin, dass ihre Technologie unserer auf bestimmten Gebieten überlegen ist – so zum Beispiel bei der Kommunikation, die sie mit Überlichtgeschwindigkeit führen können. Außerdem behaupten sie sich gegen die Syndiks und haben sie sogar aus einigen Sternensystemen verjagt, was kein Kinderspiel gewesen sein kann, so wie wir die Syndiks kennen. Aber sie haben sich auch in die Angelegenheiten der Menschheit eingemischt. Sie haben uns reingelegt, indem sie uns die Technologie für die Hypernet-Portale zugespielt haben, damit wir in allen wichtigen Sternensystemen selbst die Bomben bauen, mit denen sie uns auslöschen können. Sie haben mit Kalixa mindestens ein von Menschen bewohntes System zerstört, und wie ich soeben von Ihnen erfahren musste, haben sie bei Petit offenbar das Gleiche versucht. Diese Aliens müssen begreifen, dass ihre Einmischungen in unsere Angelegenheiten und ihre Angriffe auf die Menschheit ein Ende nehmen müssen.«

Lange Zeit herrschte Schweigen, dann fragte ein Senator mit fast verängstigter Stimme: »Wir sollen einen neuen Krieg anfangen?«

»Nein, Sir, das ist das Letzte, was ich will. Aber es ist möglich, dass bereits ein Krieg auf uns zurollt, von dem wir nur noch nichts wissen. Wir müssen auch diesem Krieg ein Ende setzen oder zumindest einen Waffenstillstand erreichen.«

Rione deutete auf das Sternendisplay. »Die Syndiks hatten ihre Reserveflotte an der uns abgewandten Grenze positioniert, um die Aliens fernzuhalten. Jetzt ist diese Flotte nicht mehr dort. Ein Großteil der Schiffe wurde zerstört, und die Reste sammeln sich vermutlich derzeit im Heimatsystem der Syndiks, um eine letzte Verteidigungslinie zu bilden. Was werden die Aliens machen, wenn ihnen eine leichte Beute quasi auf dem Präsentierteller gereicht wird?«

»Wen kümmert’s?«, grummelte die stämmige Frau. »Es sind Syndiks.«

»Es sind Menschen, Senatorin Costa«, entgegnete Rione. »Jedes Sternensystem, das ihnen abgenommen wird, schwächt die Menschheit und macht die Aliens umso stärker.«

Senatorin Suva lachte. »Sie wollen, dass wir die Syndiks nicht mehr als Feinde ansehen, sondern als Verbündete? Dass wir sie beschützen?«

»Es geht darum, uns selbst zu beschützen«, stellte Rione klar. »Wir können nicht davon ausgehen, dass eine fremde intelligente Spezies uns anders behandelt, als sie es mit den Syndiks macht, nur weil wir uns selbst für etwas anderes halten als die Syndiks.«

Der Blick von Senator Navarro war nach wie vor auf die Region gerichtet, in der das Gebiet der Aliens an das der Syndiks angrenzte. »Wenn da draußen tatsächlich eine andere intelligente Spezies existiert…«

»Es könnte mehr als nur eine sein«, meinte Rione. »Und gegenwärtig befinden sich die Syndiks zwischen uns und der Region, in der diese Spezies leben könnten.«

Plötzlich schnappte Admiral Timbale aufgeregt nach Luft. »Wenn wir in die Verteidigung dieser Grenze einbezogen werden, dann werden wir Zugang zu dem bekommen, was sich jenseits der Grenze befindet.«

»Genau«, stimmte Geary ihm zu. »Und da die Syndiks angezählt sind, könnten sie sich gezwungen sehen, sich damit einverstanden zu erklären. Wenn es uns gelingt, den Krieg mit den Syndiks zu beenden, werden wir unter Umständen in der Lage sein, einige Schiffe in dieses Gebiet zu schicken, um mehr darüber zu erfahren und um vielleicht sogar Kontakt mit diesen Wesen aufzunehmen.«

Navarro nickte verstehend. »Eine faszinierende Vorstellung. Also gut, Captain Geary. Sie haben die Allianz-Flotte und die Allianz selbst gerettet. Sie haben den größten Teil der Syndik-Flotte vernichtet und damit günstige Bedingungen geschaffen, um ein Ende des Kriegs zu erzwingen. Sie haben eine Bedrohung für die gesamte Menschheit erkannt und unschädlich gemacht, und Sie haben Beweise geliefert, die für die Existenz einer nichtmenschlichen intelligenten Spezies sprechen. Gibt es sonst noch etwas?«

»Im Augenblick nicht, Sir.«

»Vielen Dank, Captain Geary. Wenn Sie, Senatorin Rione und Admiral Timbale uns jetzt allein lassen würden, dann werden wir Ihren Bericht und Ihre Empfehlungen diskutieren.«

»Einige von uns haben aber noch Fragen«, meldete sich ein Senator zu Wort.

»Die werden wir ebenfalls unter uns besprechen«, erklärte Navarro und warf dem Mann einen Blick zu, der den sofort verstummen ließ.

Geary wartete noch einen Moment, bis er das Gefühl hatte, dass er tatsächlich den Raum verlassen sollte. Er salutierte und drehte sich um, hielt kurz inne, bis sich Rione und Timbale vor ihm befanden, und folgte ihnen nach draußen. Als sich die Tür hinter den dreien schloss, wandte sich der Admiral an Geary: »Danke, Captain Geary. Dass ich anwesend sein durfte, hat mir viel bedeutet. Ich hätte nicht die ganze Zeit mit dem Amboss verbringen wollen.«

Geary nickte ihm zu. »Wir gehören alle zu einer großen Flotte, Sir.«

»Da haben Sie verdammt recht.«

»Apropos…« Timbale drehte sich zu Rione um. »Madam Co-Präsidentin, wenn Sie gestatten, würde ich gerne nachsehen, was Otropa und Firgani eigentlich treiben.«

»Ja, vielen Dank, Admiral.«

Während Timbale zügig durch den Korridor entschwand, atmete Geary tief durch und sah Rione an. »Ich nehme an, wir werden hier beobachtet.«

Sie schaute auf ihren Armschmuck und tippte auf einzelne Edelsteine. »Sie versuchen es, aber sie können meinen Störsender nicht durchdringen. Mittlerweile konnte ich meine Systeme aufrüsten lassen, damit sie wieder auf dem neuesten Stand sind.«

Ein weiterer Trick aus Riones schier unerschöpflichem Arsenal, einer, der Geary bislang überhaupt nicht bewusst gewesen war. »Aber jetzt wissen die, dass Sie etwas an sich tragen, was Sie dazu in die Lage versetzt, Signale zu stören.«

»Jeder Politiker trägt irgendwelche Sicherheitsausrüstung mit sich herum. Die Unbedeutenderen sind ausreichend ausgerüstet, um zu verhindern, dass jemand sie belauscht, wenn sie über Bestechungsgelder oder Stimmenkauf oder etwas anderes in dieser Art reden. Die wichtigeren Politiker sind entsprechend besser und kostspieliger ausgestattet.« Sie schüttelte den Kopf. »Würde ich ihre Signale nicht stören, wären sie zum einen schockiert, und zum anderen würden sie glauben, dass alles, was ich sie sehen und hören lasse, nur gespielt ist. Machen Sie sich keine Sorgen.«

»Das versuche ich ja. Ich hatte das Gefühl, dass es da drinnen ganz gut gelaufen ist.«

»Möglicherweise ja.«

»Diese eine Senatorin, Costa… sie schien auf unserer Seite zu sein.«

Rione lachte leise auf. »Ja und nein. Costa glaubt, sie unterstützt das Militär, aber sie hätte kein Problem damit gehabt, Selbstmordkommandos auf den Weg zu schicken, damit sie die Hypernet-Portale der Syndiks zerstören. Das haben Sie so deutlich sehen können wie ich. Außerdem bin ich davon überzeugt, dass sie einen Militärputsch begrüßt hätte. Nicht um einen persönlichen Vorteil zu erlangen, sondern weil ihr Patriotismus fehlgeleitet ist. Sie können nicht darauf vertrauen, dass sie wirklich das tut, was am Besten ist.« Sie schaute zur Decke. »Meine Ausrüstung verrät mir, dass da oben ein paar Kameras versteckt sind, aber mein Störsender verschleiert das Bild, damit sie nicht von unseren Lippen ablesen können. Wie gesagt, auf Costa können Sie nicht zählen, aber sie kann von Nutzen sein, wenn man sie richtig anleitet.«

»Ich habe nur bei einigen Ratsmitgliedern offene Feindseligkeit bemerkt«, sagte Geary.

»›Offen‹ ist hier das Zauberwort. Gizelle mag Sie nicht, aber das werte ich als ein Ehrenabzeichen. Er gehört zu den Leuten, die einen Putsch nutzen würden, um jede Menge Geld und noch mehr Macht anzuhäufen.« Rione lächelte ironisch. »Er ärgert sich zweifellos darüber, dass Sie ihm dabei im Weg stehen. Ich bin nie dahintergekommen, was Gizelle mit Admiral Bloch ausgeheckt hatte, aber er hat massiv hinter den Kulissen gewirkt, damit Bloch Zustimmung für seinen Plan erhielt. Und was Bloch erreichen wollte, wissen wir schließlich beide.«

Geary rieb sich die Augen. »Und Senator Navarro? Was sollten diese Spitzen gegen ihn bedeuten?«

»Die bedeuten, dass er unter dem Verdacht steht, heimlich mit den Syndiks gemeinsame Sache zu machen. Er stammt aus dem Abassas-System nahe der Grenze, und während die umliegenden Allianz-Systeme immer wieder von den Syndiks angegriffen werden, herrscht seit Navarros Wahl in den Großen Rat in Abassas völlige Ruhe.«

Das sah nicht gut aus, fand Geary. »Und was glauben Sie? Läuft da was zwischen ihm und den Syndiks?«

Nachdenklich sah Rione zur Seite. »Ich habe nie etwas davon gehört, dass Navarro Bestechung nachgewiesen wurde. Das soll heißen, dass seine Feinde Gerüchte verbreiten, aber er noch nie bei einem Bestechungsakt ertappt worden ist. Wäre es passiert und vertuscht worden, dann wäre es mir trotzdem bekannt. Abgesehen von der auffallenden Tatsache, dass die Syndiks sein Heimatsystem in Ruhe lassen, gibt es keinen Hinweis auf einen Verrat oder andere, nicht so schwerwiegende Verbrechen.« Einen Moment lang hielt sie inne. »Ich glaube, er ist nicht mehr und nicht weniger ehrlich als jeder von uns. Meiner Ansicht nach versucht er, sein Bestes für die Allianz zu geben. Aber er musste zu viele Kompromisse eingehen, damit nicht alles aus den Fugen gerät. Das ist eben der Unterschied zwischen einem guten militärischen Führer und einem guten Politiker, John Geary. Sie haben mir gezeigt, dass ein guter militärischer Führer das Leben seiner Untergebenen nur widerstrebend und voller Bedauern opfert, aber wenn die Umstände es erfordern, dann opfert er diese Leben. Der gute Politiker macht das Gleiche mit seinen Prinzipien. Nur dass es für geopferte Prinzipien kein Heldenbegräbnis gibt.«

»Wollen Sie damit sagen, dass er so ist wie Sie?«

»In vieler Hinsicht.«

»Dann können wir ihm vertrauen, auch wenn Abassas nicht von den Syndiks unter Beschuss genommen wird.«

Rione warf ihm einen aufgebrachten Blick zu. »Ich würde Ihnen nie den Ratschlag geben, mir in jeder Hinsicht zu vertrauen. Aber ich glaube, er wird die Vorgehensweise befürworten, die er als die beste im Sinne der Allianz ansieht. Allerdings haben Sie gesehen, dass seine Fähigkeiten, den Rat zu kontrollieren, durch die gegen ihn geäußerten Verdächtigungen behindert werden.«

Da war noch etwas anderes, was ihn ins Grübeln gebracht hatte, und das sprach Geary nun an: »Hat Navarro deswegen dafür gesorgt, dass der Rat Admiral Blochs Plan zustimmt, obwohl alles dagegen sprach und die Möglichkeit bestand, dass Bloch sich bei einem unerwarteten Erfolg zum Diktator aufschwingen würde?«

»Der Ratsvorsitz rotiert«, ließ Rione ihn wissen. »Als Blochs Plan genehmigt wurde, hatte Costa den Vorsitz. Navarro sprach sich mit Nachdruck gegen Blochs Vorhaben aus, aber wegen der Zweifel, was sein Verhältnis zu den Syndiks betrifft, konnte er sich mit seinen Argumenten nicht durchsetzen. Ein Verräter würde schließlich nicht wollen, dass ein Plan in die Tat umgesetzt wird, der zum Sieg führt, nicht wahr?«

»Verstehe. Aber natürlich würde ein vernünftiges und loyales Individuum ebenfalls keinem Plan zustimmen, der solche Risiken in sich birgt«, erwiderte er und schaute zu der geschlossenen Tür. »Warum wollten Sie mir eigentlich im Vorfeld nichts über diese Politiker sagen, denen ich Bericht erstatten sollte?«

»Weil ich wollte, dass Sie zu unpolitischer und militärischer Hochform auflaufen, Captain Geary«, meinte sie seufzend. »Hätte ich Ihnen zu jedem von ihnen gesagt, was ich über sie weiß, dann hätten Sie womöglich auf einer persönlicheren Ebene reagiert, und das hätte Sie selbst möglicherweise auch wie einen Politiker wirken lassen. So aber waren Sie ganz Militär, völlig distanziert und das Musterbeispiel für einen Flottenoffizier, der nicht mal über Politik nachdenkt, sondern nur darüber, wie er seine Arbeit zu erledigen hat.« Sie lachte verächtlich. »Vermutlich ist Ihnen nicht mal aufgefallen, wie sehr sie das verwirrt hat. Die hatten einen Politiker erwartet, der lediglich eine Uniform trägt, aber so denkt und handelt wie einer von ihnen. Und als Sie davon nichts erkennen ließen, wussten die nicht, wie sie mit Ihnen umgehen sollten. Es gab einen Moment, da konnte ich Navarro anmerken, wie ihm bewusst wurde, dass Sie ihm kein Theater vorspielten. Das war der Moment, als ich zu hoffen begann, dass wir hier erfolgreich sein könnten.« Mit einem Mal schlug ihre Stimmung wieder um, und sie warf Geary einen hämischen Blick zu. »Ist doch eine gute Sache, dass Sie mich in der Hand haben, nicht wahr?«

Er hielt sich davon ab, das zu erwidern, was ihm als Erstes durch den Kopf ging, stattdessen begnügte er sich mit einer harmlosen Feststellung: »Mir war nicht bewusst, dass Sie meinen gesamten Komm-Verkehr überwachen.«

»Das ist nicht der Fall«, versicherte sie ihm. »Ich versuche allerdings, Badayas sämtlichen Komm-Verkehr zu überwachen. Ihre Abschirmungen zu überwinden, ist eine sehr schwierige Sache, was vor allem dem Eifer des befehlshabenden Offiziers der Dauntless zu verdanken ist. Aber in diesem Fall habe ich Badayas Übertragung abgehört. Keine Sorge, ich werde dem Mann nichts tun, solange er nicht außer Kontrolle gerät. Im Augenblick sind seine Illusionen für uns von Nutzen.«

Das hörte sich in Gearys Ohren grundverkehrt an. »Ich täusche den Mann nicht, um einen persönlichen Nutzen daraus zu ziehen. Und Sie machen das auch nicht.«

»Glauben Sie nicht, Sie wüssten alles über mich, Captain Geary.« Rione lächelte ihn frostig an. »Vertrauen Sie jedem nur so weit, wie es sein muss.«

Anstatt sich auf eine Diskussion mit ihr einzulassen, nickte er nur. Rione war und blieb ihm ein Rätsel, doch soweit er das beurteilen konnte, war sie auch weiterhin seine Verbündete. Für ihn gab es keinen Zweifel daran, dass Desjani, Duellos und Tulev sie ständig im Auge behielten und auf Hinweise darauf achteten, ob sie vorhatte, ihm in den Rücken zu fallen.

Das Warten zog sich hin. Geary konnte die ganze Zeit über nur starr dastehen, während sich Rione gegen die Korridorwand lehnte und auf einen weit entfernten Punkt schaute. Es war nicht das erste Mal, dass er sich wünschte zu wissen, was ihr in diesem Moment durch den Kopf ging.

Nach einer Weile kehrte Timbale kopfschüttelnd zu ihnen zurück. »General Firgani war mit einem Plan beschäftigt, wie er die Marines Ihrer ›Ehrengarde‹ ausschalten kann. Ich habe ihn letztlich davon überzeugen können, was für eine dumme Idee das ist, indem ich ihm vor Augen geführt habe, welche Mittel ihm im Gegensatz zur gesamten Flotte zur Verfügung stehen. Und ich konnte ihm deutlich machen, dass er sich unmöglich in einem äußeren Abteil einer Raumstation mit einem ganzen Zug Marines anlegen kann, ohne dass man überall im Sternensystem das unvermeidliche Feuerwerk bemerkt. Nicht mal Firgani ist so dumm, dass er ein Gefecht vom Zaun bricht, das so offensichtlich von vornherein zum Scheitern verurteilt ist.«

»Und Admiral Otropa?«, erkundigte sich Rione.

»Er hat mich ausgefragt, was sich noch alles zugetragen hat, nachdem er hinauskomplimentiert worden war.« Timbale machte keinen Hehl aus seiner Schadenfreude. »Er wollte von mir einen umfassenden Bericht bekommen, aber ich habe ihm gesagt, ich werde hier benötigt.« Die Haltung des Admirals hatte sich deutlich verändert, da Timbale sich jetzt so verhielt, als stehe er voll und ganz hinter Geary, anstatt sich wie zuvor zu fürchten, was der wohl als Nächstes machen würde. »Hier wird kein heimliches Spiel gespielt, oder? Ich kann nichts in der Art erkennen, aber meine Vorfahren wissen, dass ich nicht mal die Hälfte von dem erlebt habe, was Sie im Syndik-Gebiet zu sehen bekommen haben.«

Geary schüttelte den Kopf. »Nein, kein heimliches Spiel, Sir.«

»Das beruhigt mich, aber das muss ich Ihnen wohl nicht noch sagen.« Einen Moment lang wirkte Timbale wie um Jahre gealtert. »Viele von uns wussten, was Bloch beabsichtigte. Zahlreiche andere Offiziere versuchten, auf ähnlichen Wegen das Gleiche für sich zu erreichen.«

»Was hätten Sie gemacht, wenn Bloch als Sieger zurückgekehrt wäre?«, wollte Rione wissen.

Der Admiral atmete tief durch. »Eigentlich sollte ich darauf keine Antwort geben, aber offensichtlich genießen Sie Captain Gearys Vertrauen. Um ganz ehrlich zu sein, ich weiß nicht, was ich getan hätte. Wirklich nicht. So ging es vielen. Wir waren so verzweifelt wie der Rest. Wir hatten kein Vertrauen in die Regierung. Wir wussten, wie zerbrechlich die Allianz geworden war. Wir hatten keine Ahnung, was wir noch tun sollten. Aber ein Putsch… Haben Sie je von der Quantenkatze gehört, Madam Co-Präsidentin? Die Katze, die in einer Kiste sitzt, und man muss erst nachsehen, um herauszufinden, ob sie lebt oder ob sie tot ist, was das Universum erst entscheidet, wenn man tatsächlich die Kiste öffnet? So war auch unsere Situation. Wäre Bloch zurückgekehrt, hätten viele von uns diese Kiste geöffnet, um festzustellen, was ihr Herz ihnen sagt. Erst dann hätten wir die Antwort erfahren. Zu meiner Erleichterung und zu meiner Schande muss ich sagen, dass ich diese Antwort nun niemals erfahren werde. Es ist so, wie einer der Senatoren vorhin sagte: Früher war es einfacher zu wissen, was Loyalität gegenüber der Allianz bedeutet. Aber vielleicht war es auch gar nicht einfacher, und vielleicht ist es jetzt auch gar nicht so kompliziert. Möglicherweise haben sich nicht die Antworten verändert, sondern die Fragen, die wir stellen.«

Rione schien von Timbales offener Art beeindruckt zu sein. »Und was war in dem Moment, als Captain Geary mit der Flotte zurückkehrte? Verspürten Sie da nicht eine ähnliche Ungewissheit?«

»In dem Moment? Sehen Sie, die Flotte wurde als verloren angesehen, die Syndiks tobten sich in diesem Sternensystem aus, unsere Verteidigung kam nur noch mit Mühe hinterher, und dann taucht auf einmal die Flotte auf und stürzt sich wie ein Racheengel auf die Syndiks. Über Komm hören wir, dass Black Jack zurückgekehrt war, dass er die Flotte gerettet hatte und dass er im Begriff war, uns ebenfalls zu retten.« Timbale lachte leise auf. »In dem Moment war Black Jack für uns ein Gott.«

»Das ist nicht…«, begann Geary.

»So hat man Sie wahrgenommen«, unterbrach Rione ihn. »Ich habe Ihnen gesagt, dass es so sein würde.«

»Ganz genau«, bestätigte Timbale. »Black Jack hatte mich nicht nötig, es war bedeutungslos, was ich tat. Hätte ich im Weg gestanden, wäre ich einfach überrannt worden. Ich gebe zu, ich war um mich selbst und um die Allianz besorgt, deswegen blieb ich auf Abstand und beobachtete zunächst nur, was Captain Geary tat. Aber ich bin nicht dem Irrglauben erlegen, er würde meine Unterstützung benötigen oder er würde sich von meinem Widerstand aufhalten lassen.« Er warf Geary einen immer noch verwirrten Blick zu. »Als Sie im Shuttlehangar zu mir sagten, Sie seien hergekommen, um Ihre Befehle zu befolgen, da musste ich einen Moment lang an meinem eigenen Verstand zweifeln. Wie sollte es möglich sein, dass Sie so etwas gesagt hatten? Aber dann ließen Sie all Ihre Marines dort zurück, also musste das entweder Ihr Ernst sein, oder Sie mussten verrückt sein. Ich beschloss darauf zu hoffen, dass es Ihr Ernst war, denn im anderen Fall wären wir alle dem Untergang geweiht gewesen.« Timbale überprüfte seine Komm-Einheit, die sich hartnäckig meldete. »Der Große Rat erwartet uns zurück.«

Rione stieß sich von der Wand ab und ließ die Schultern locker kreisen, dann drückte sie die Finger durch, als mache sie sich für einen Faustkampf bereit. Schließlich führte sie die beiden Männer zurück in den Konferenzraum, wo die Senatoren des Großen Rates an ihrem langen Tisch saßen und schweigend abwarteten.

Senator Navarro ergriff als Erster das Wort, als Geary vor dem Tisch stehen blieb. »Captain Geary, versprechen Sie uns den Sieg in diesem Krieg?«

Nach kurzem Zögern schüttelte er den Kopf. »Nein, Sir. Aber ich habe allen Grund darauf zu vertrauen, dass die Streitkräfte unter meinem Kommando alle Verteidigungslinien der Syndiks überwinden können.«

»Das nennen Sie keinen Sieg?«, warf Costa ein.

»Ich kann einen militärischen Sieg erringen«, antwortete Geary. »Sie fragen mich nach einem Sieg in diesem Krieg, aber ich weiß nicht, wie Sie das definieren.«

»Aber Senatorin Rione hat einen Frieden vorgeschlagen, der der Allianz jeglichen Nutzen aus diesem Krieg versagt!«

»Ja, Madam Senatorin. Und er versagt auch den Syndiks jeglichen Nutzen.«

Rione kam näher, beugte sich vor und tippte mit einem Finger auf die Tischplatte, um ihre Worte zu unterstreichen. »Unser Überleben ist der Nutzen. Wir können genauso wenig gewinnen wie die Syndiks, wenn jede Seite weiterhin versucht, den Gegner zu vernichten. Aber die Syndikatwelten und die Allianz können von innen heraus zerrissen werden. Ich habe Berichte über die Demonstrationen und die Unruhen auf verschiedenen Welten der Allianz gesehen, die sich abgespielt haben, als das Gerücht kursierte, die Flotte sei tatsächlich vernichtet worden. Hätte Captain Geary die Flotte nicht nach Hause gebracht, worauf würden Sie dann hoffen können? Möglicherweise wären Sie dann gezwungen gewesen, zu den Bedingungen zu kapitulieren, die die Syndiks Ihnen diktiert hätten.«

»Aber er hat die Flotte nach Hause gebracht«, beharrte ein Senator.

»Ja. Die lebenden Sterne haben uns ein Geschenk überreicht. Nehmen wir es mit Demut an, oder fordern wir, dass sie uns noch mehr geben? Wer von Ihnen wird sich an seine Vorfahren wenden und sie bitten, eine von Undankbarkeit und Habgier bestimmte Nachricht weiterzuleiten?«

Geary merkte, dass Rione mit ihren Bemerkungen ins Schwarze getroffen hatte, aber ein weiteres Mal sorgte Senator Navarro für Ruhe und verhinderte, dass sich in seinen Reihen lautstarker Protest regen konnte. »Es sieht folgendermaßen aus«, begann der Senator. »Die anscheinende Schlagkraft der Allianz trügt, auch wenn Captain Geary den Syndiks schwere Verluste zugefügt hat. Wir können das Blutvergießen, die Zerstörungen und die Kosten nicht unendlich lange durchhalten, zumal wir diesen Krieg gar nicht begonnen haben.«

Navarro zeigte auf das Sternendisplay, das inzwischen wieder über dem Tisch schwebte. »Die von der Flotte mitgebrachten Informationen über die Syndikatwelten zeigen, welche Belastung der Krieg für sie darstellt. Senatorin Rione hat recht. Wir haben jetzt die Gelegenheit, der Syndik-Führung einen Vorschlag zu unterbreiten, von dem sie zum einen nicht behaupten können, dass er ihre Position schwächt, der ihnen zum anderen aber auch keinen Vorteil aus dem Krieg einbringt, den sie angefangen haben. Dann haben wir die Allianz erfolgreich verteidigt und die Aggressoren mit schweren Verlusten bestraft, und wir werden in der Lage sein, der Allianz weitere Kosten an Menschenleben und Material zu ersparen. So definiere ich im Moment einen Sieg, und so sieht es auch eine Mehrheit im Rat. Da wir bereits abgestimmt haben, sehe ich keinen Grund für weitere Diskussionen, auch wenn wir alle Captain Gearys Antwort auf die Frage nach seiner Definition eines Siegs hören wollten. Captain Geary, dieser Rat war zuvor verzweifelt genug, Admiral Blochs Plan zuzustimmen, und ich bin mir sicher, Sie wissen, dass der Admiral es mit Ihnen nicht aufnehmen konnte. Die Umstände sind nun andere, wir haben einen Befehlshaber, dem wir vertrauen können. Deshalb stimmt der Rat Ihrem vorgeschlagenen Plan eines Angriffs auf die Syndiks zu. Ich muss wohl nicht ausdrücklich erwähnen, dass Sie selbstverständlich das Kommando über die Flotte behalten werden, um den Plan in die Tat umzusetzen.«

Geary hatte das Gefühl, dass ihm eine zentnerschwere Last von den Schultern genommen worden war. »Vielen Dank, Sir.«

»Was ist mit den Aliens?«, wollte Rione wissen.

»Das gestaltet sich als schwierig. Wir müssen noch viel mehr über sie in Erfahrung bringen.« Navarro sah wieder Geary an. »Ohne das Einverständnis der Syndiks könnte es zu riskant sein, in dieses Gebiet vorzudringen, aber die endgültige Entscheidung überlassen wir Ihnen, je nachdem welche Ausgangslage sich ergibt. Wenn Sie dem Krieg ein Ende setzen können und die Syndiks einverstanden sind, Allianz-Kriegsschiffe zu dieser Grenze zu schicken, dann haben Sie schon jetzt unsere Erlaubnis, so zu verfahren. Wir werden auf Sie zählen, dass Sie kein Gefecht beginnen, wenn es nicht unbedingt erforderlich ist. Finden Sie heraus, so viel Sie können, ohne negative Reaktionen dieser Wesen zu provozieren. Sollte es dennoch zum Kampf kommen, beschränken Sie die Kampfhandlungen auf das absolute Minimum, um das Risiko künftiger Aggressionen gegen die Menschheit möglichst gering zu halten.«

Senatorin Costa verdrehte verächtlich die Augen.

Geary verstand diese Geste nur zu gut, da seine Befehle sich selbst widersprachen. Aber vielleicht konnte er diese Tatsache nutzen, um die Befehle etwas großzügiger auszulegen, sollte das erforderlich werden. »Jawohl, Sir. Dann stimmen Sie also meinen Plänen zu?«

»Unsere Vorgaben für diesen Mann sind vage und bedeutungslos«, gab Senator Gizelle laut genug von sich, um von allen im Raum gehört zu werden. Für Costa genügte die Bemerkung, um abermals mit den Augen zu rollen.

»Wir haben darüber diskutiert und abgestimmt«, sagte Navarro. »Ich werde nicht durch detaillierte Anweisungen dafür sorgen, dass einem vertrauenswürdigen Gesandten die Hände bis hin zur Tatenlosigkeit gebunden sind. Und Captain Geary hat sich unser Vertrauen verdient. Angesichts der Tragweite der zu erwartenden Verhandlungen sowohl mit der Syndik-Führung als auch mit dieser nichtmenschlichen Rasse müssen wir diesmal allerdings darauf bestehen, dass Sie von einer größeren Zahl politischer Vertreter der Allianz begleitet werden.« Er schaute zu Rione. »Offenbar hat die Anwesenheit von Co-Präsidentin Rione nicht allzu sehr gestört.«

Zwar war die Flotte in dieser Frage ohne jeden Zweifel geteilter Meinung, dennoch nickte Geary. »Wir haben uns arrangieren können, Sir.«

Mit ungewöhnlicher Zaghaftigkeit in ihrem Tonfall warf Rione daraufhin ein: »Mit Blick auf die Arbeitsbeziehungen, die ich innerhalb der Flotte geschaffen habe, und angesichts der Tatsache, dass Kriegsschiffe der Callas-Republik und der Rift-Föderation weiterhin Teil der Flotte sein werden, bitte ich um die Erlaubnis, auch diesmal die Flotte begleiten zu dürfen.«

Gizelle setzte zu einer Entgegnung an, machte den Mund aber gleich wieder zu, als Navarro ihm einen warnenden Blick zuwarf. »Vielen Dank, Madam Co-Präsidentin«, sagte Navarro. »Ihrer Bitte kann wahrscheinlich entsprochen werden. Ich bin mir sicher, Ihre Arbeitsbeziehungen werden von großem Wert sein. Wer die anderen politischen Repräsentanten sein sollen, werden wir noch entscheiden und Ihnen mitteilen, Captain Geary. Wann wird die Flotte Varandal verlassen?«

»Ich möchte den Schlag gegen die Syndiks so bald wie möglich führen, aber erst sind noch erhebliche Schäden aus den Gefechten zu beheben, und die Vorräte auf allen Schiffen sind so gut wie erschöpft. Ich brauche mindestens noch eine Woche, Sir, bis die dringendsten Reparaturen ausgeführt und alle Vorräte aufgestockt worden sind.«

»Wie denken die Besatzungen darüber?«, wollte ein anderer Senator wissen. »Sie können nur ein paar Wochen daheim verbringen. Wird es Probleme mit der Moral geben? Möglicherweise eine Meuterei?«

Riones schallendes Gelächter hallte von allen Seiten wider. »Entschuldigen Sie, Senator, es ist nur… Ich schlage vor, Sie stellen diese Frage den Besatzungsmitgliedern der Flotte.«

»Dann glauben Sie, die Moral wird keinen Anlass zur Sorge bieten?«, erkundigte sich Costa.

»Solange Black Jack das Kommando hat? Die Besatzungen würden in ein Schwarzes Loch springen, wenn er ihnen das befehlen würde, und auf dem Weg zum Ereignishorizont würden sie ihm dabei noch zujubeln.«

Navarro nickte. »Dieser Eindruck ergibt sich auch aus unseren eigenen Berichten. Captain Geary, es gibt da noch eine Sache, die wir besprechen müssen. Warten Sie bitte draußen, während wir mit Senatorin Rione und Admiral Timbale reden.«

Was sollte das nun geben? Geary wartete im Korridor, diesmal allerdings allein, und da er nun ohne Riones Störsender auskommen musste, wurde er in diesem Augenblick vermutlich von der besten Überwachungstechnologie beobachtet, die die Allianz zu bieten hatte. Auch wenn es nichts gab, was ihn hinsichtlich seiner Pflicht gegenüber der Allianz hätte belasten können, fiel es ihm dennoch überraschend schwer, einen unschuldigen Eindruck zu machen, wenn gleichzeitig so viele Kameras auf ihn gerichtet waren.

Als Senator Navarro, Co-Präsidentin Rione und Admiral Timbale den Konferenzraum verließen, drückte Geary den Rücken durch und straffte die Schultern. »Entspannen Sie sich bitte«, sagte Navarro. »Der Rat musste noch einen Entschluss fassen, und das ist nun geschehen, wenn auch nicht ohne vorherige Diskussion.« Er sah zu Rione. »Es ist wohl offensichtlich, dass ein Captain nicht im Namen der Allianz-Regierung Verhandlungen führen und Entschlüsse fassen kann. Ganz sicher nicht für etwas von so großer Tragweite. Die Flotte benötigt einen Senioroffizier, der das Kommando hat. Wir wissen auch, dass Sie unter Umständen wichtige Entscheidungen treffen müssen, bei denen Ihnen keine Zeit bleibt, um sich mit einer höheren Autorität abzusprechen. Sie selbst benötigen die Autorität, um für die Allianz zu verhandeln und Vereinbarungen zu treffen, die für die Allianz bindend sind.«

Geary musterte Navarro mit wachsendem Unbehagen. »Sir, ich dachte, Co-Präsidentin Rione und andere Senatoren begleiten die Flotte, um die Regierung zu vertreten.«

»Das ist richtig«, bestätigte Navarro. »Aber Ihr Dienstgrad sollte Ihre Position und Ihre Verantwortung widerspiegeln. So hat Admiral Timbale es ausgedrückt. Daher bitten wir Sie, dies im Namen des Großen Rates der Allianz anzunehmen.« Er hielt seine rechte Hand ausgestreckt.

Als Geary auf Navarros Handfläche schaute, benötigte er einige Sekunden um zu begreifen, was er da sah. Es waren goldene Abzeichen in Form von stilisierten Supernovae. »Sir, das muss ein Irrtum sein.«

Der Senator stutzte. »Wieso? Sind das nicht die Abzeichen für den Admiral der Allianz-Flotte?«

Flottenadmiral. Nicht bloß Admiral, sondern Flottenadmiral. Der allerhöchste Dienstgrad. Sein Unbehagen war Unglauben gewichen. »Doch, Sir, aber…«

»Dann ist es auch kein Irrtum. Der Große Rat weiß, dass Sie diese Autorität benötigen, und er ist mehrheitlich der Ansicht, dass Ihnen dieser Dienstgrad anvertraut werden kann. Sie und ich, wir wissen doch beide, dass Sie eigentlich mehr Macht besitzen, als Ihnen durch den Dienstgrad verliehen wird.«

»Sir«, protestierte Geary. »Niemand hat jemals den Rang eines Admirals der Allianz-Flotte bekleidet.«

»Bis jetzt«, warf Rione mit einem schiefen Lächeln ein.

»Aber, Sir, ich…«

Navarro lachte erleichtert auf und sah zu Rione. »Sie hatten recht, er will das wirklich nicht.« Dann drehte er sich wieder zu Geary um. »Wissen Sie, wie viele Admiräle seit Kriegsbeginn um diese Beförderung gebettelt haben? Sie dagegen wollen sie gar nicht erst annehmen.«

»Sir«, versuchte er einen weiteren Anlauf. »Ich besitze dafür gar nicht die nötige Qualifikation.«

»Meinen Sie? Dann werfen Sie mal einen Blick in Ihre Dienstakte, Mann. Eigenständiges Kommando unter den denkbar schwierigsten Umständen, und dazu dort Erfolge, wo jeder andere gescheitert wäre.« Diesmal warf Navarro Admiral Timbale einen Blick zu, der mit einem Nicken reagierte. »Sie haben sich nicht genommen, was Sie sich hätten nehmen können, Captain Geary, aber wir vermuten, dass es auch weiterhin Versuche geben wird, Sie in diese Richtung zu drängen und in den Mittelpunkt zu rücken. Indem Ihnen diese Beförderung zuteil wird, sollten diejenigen zufriedengestellt werden, die wollen, dass Ihnen mehr formale Macht eingeräumt wird, und es sollte helfen, die Gefahr für die Regierung einzudämmen.«

Wieder nickte Timbale, diesmal noch nachdrücklicher. »Ich glaube, das sehen Sie richtig, Sir. Das Personal der Flotte wird es so wahrnehmen, dass seine Sorgen und Bedürfnisse zur Kenntnis genommen worden sind.«

»Vielen Dank, Admiral. Also, Flottenadmiral Geary, werden Sie das hier nun annehmen?«

Angesichts der von Navarro angesprochenen Punkte bekam Geary ein schlechtes Gewissen, weil das Erste, was ihm durch den Kopf ging, nicht der Gedanke war, für diesen Posten hoffnungslos unterqualifiziert zu sein. Seine Hauptsorge war vielmehr etwas rein Persönliches.

Rione beobachtete ihn eine Weile und fragte schließlich: »Was müssen wir tun, damit Sie diese Beförderung annehmen, Captain Geary?«

Er sah zu ihr. Er wusste, dass sie seine größte Sorge kannte, und er fragte sich, ob sogar Rione ihn mit diesem Wissen aufziehen würde. Aber ihre nächsten Worte zeigten, dass es für sie einen anderen Grund für ihre Frage gab. »Sollte es vielleicht nicht auf Dauer sein?«

Geary klammerte sich an diesen Vorschlag wie ein ertrinkender Seemann an einen Rettungsring. »Ja, genau. Eine vorübergehende Beförderung.«

»›Vorübergehend‹?«, wiederholte Navarro verwundert. »Und wie lange soll das sein?«

»Bis… zum Kriegsende. Wenn der Krieg vorüber ist und ich die Flotte nach Abschluss ihrer Missionen nach Hause bringe, werde ich diesen vorübergehenden Dienstgrad wieder ablegen, den Befehl über die Flotte abgeben und meinen Dienstgrad des Captains dauerhaft zurückerhalten.«

Admiral Timbale sah ihn erstaunt an. »Ihnen ist doch klar, dass für uns alles, was auf dem Kriegsende basiert, dauerhaft ist, nicht wahr?«

»Aber nicht für mich, Admiral.« Geary bedachte Navarro mit einem flehenden Blick. »Kann ich diese Bedingung an die Beförderung knüpfen? Als Versprechen der Regierung?«

Navarro dachte kurz nach, dann zuckte er mit den Schultern. »Natürlich. Ich werde das in Ihre Akte aufnehmen. Wenn der Krieg vorüber ist und Sie mit der Flotte ins Allianz-Gebiet zurückgekehrt sind, werden Sie automatisch in den dauerhaften Rang eines Captains zurückgestuft, und gleichzeitig geben Sie das Kommando über die Flotte ab.«

Sekundenlang zögerte Geary, da er sich fragte, wieso Navarro so schnell zugestimmt hatte. Aus seiner Erfahrung wusste er, dass die Leute Black Jack Geary nicht so leicht davonkommen ließen, wenn sie ihn für irgendetwas brauchten. Aber er konnte sich nicht gegen einen Befehl der Regierung stellen, wenn die bereits Bedingungen zugestimmt hatte, die zu stellen er eigentlich gar nicht befugt war. »Gut, Sir.«

Wieder streckte Navarro ihm die Hand hin. »Dann nehmen Sie die Abzeichen, Captain. Oh, entschuldigen Sie. Dann nehmen Sie die Abzeichen, Flottenadmiral

Geary ließ sich die goldenen Supernovae geben und starrte sie eine Zeit lang einfach nur an.

Rione stellte sich zu ihm und drückte ihm die Hand zu, dann sagte sie leise: »Lassen Sie sich von Ihrem Captain helfen, sie an Ihrer Uniform zu befestigen. Das wird sie glücklich machen. Es war nicht meine Idee, aber als der Vorschlag gemacht wurde, habe ich mich mit Nachdruck dafür ausgesprochen.«

Navarro lächelte Geary an. »Viel Glück, Flottenadmiral. Das ist schon eigenartig. Ich habe mich mittlerweile daran gewöhnt, als eine niedere Lebensform angesehen zu werden, der man nicht vertrauen kann, dass sie wirklich im Interesse der Allianz entscheidet. Und jetzt hoffe ich auf einmal, dass ich Sie nicht enttäuschen werde, weil Sie ernsthaft daran glauben, dass ich mehr bin als nur diese Lebensform.«

Eine weitere Last fiel von ihm ab, als sein Shuttle die Station Ambaru wieder verließ und die Marines völlig entspannt im hinteren Abteil saßen. Hätte er nicht immer noch die Abzeichen in der Hand gehalten, dann hätte er sich vermutlich gefühlt, als schwebe er auf Wolke Sieben. Die goldenen Supernovae verhinderten das, da sie ihn nach unten zogen, als hätten sie die gleiche Anziehungskraft wie echte Sterne.

»Sir«, rief der Pilot ihm zu. »Die Dauntless bittet um routinemäßige Identifizierung der Passagiere und ihres Status. Sind Sie… immer noch… ähm…«

Geary fiel auf, dass er und Rione noch niemandem ein Wort gesagt hatten. »Oh, entschuldigen Sie. Ja, ich bin immer noch Befehlshaber der Flotte.«

»Den lebenden Sternen sei… Ich wollte sagen, danke, Sir!«

»Sie wird es im ganzen Sternensystem herumerzählen«, merkte Rione leise an.

»Ich gehe davon aus, dass es in Kürze ohnehin eine offizielle Bekanntmachung geben wird«, erwiderte Geary achselzuckend.

»Das wird nicht das Einzige sein, was sie bekanntgeben werden, Captain Geary.« Dann lehnte sie sich zurück, schloss die Augen und schien sich zu entspannen.

Der vertraute Rumpf der Dauntless rückte schnell näher und schob sich abrupt aus dem Blickfeld, da das Shuttle mit einer zusätzlichen Drehung andockte, als würde es sich auch über die jüngsten Ereignisse freuen. Geary verließ allen voran das Shuttle und lächelte, als er sah, dass Desjani am Fuß der Rampe auf ihn wartete. Sie nickte ihm zu und erwiderte das Lächeln, das sich ein wenig verzog, als ihr Blick auf Rione fiel, während Geary den Sideboys salutierte, die zu Ehren des an Bord zurückgekehrten Flottenbefehlshabers aufgestellt worden waren.

»Da wären wir«, verkündete Rione, als sie das Ende der Rampe erreicht hatten. »Einmal John Geary, unversehrt und wohlbehalten, ohne Kratzer oder Ähnliches.«

Desjani hielt den Blick auf Geary gerichtet. »Sie behalten das Kommando über die Flotte? Wie lange?«

»Bis meine Mission abgeschlossen ist«, erwiderte er.

Was das bedeutete, wusste Desjani, weshalb auch ein Leuchten ihre Augen erfüllte. »Willkommen zurück an Bord, Sir. Wann brechen wir auf?«

Geary sah, dass Rione in eine andere Richtung davonging, während er mit Desjani den Weg zu seinem Quartier einschlug. »Frühestens in einer Woche. Erst müssen die Reparaturen erledigt sein, und wir benötigen Vorräte aller Art, außerdem muss das Personal aufgestockt werden.«

»Ja, das ist alles dringend nötig.« Desjani sah in die Richtung, in die sich Rione entfernt hatte. »Musste sie hierher zurückkommen? Gab es nicht irgendeinen Asteroiden oder Planeten oder ein Straflager, wo sie dringend benötigt wird?«

»Wahrscheinlich wird sie uns wieder begleiten, Tanya«, ließ Geary sie wissen und versuchte, nicht zu lächeln, als er sah, wie sie zusammenzuckte. »Es werden auch noch einige andere Senatoren mitkommen, allerdings weiß ich nicht, wer das sein wird.«

»Ich glaube, ich hätte lieber einen Haufen Syndiks an Bord. Vertraut man Ihnen nicht?«

»Doch, das tun sie.« Er zögerte, da er sich noch nicht in der Lage fühlte, Desjani von der Beförderung zu erzählen. »Der Große Rat hat beide Vorschläge angenommen. Erst nehmen wir uns die Syndiks vor, und wenn die Umstände es zulassen, werden wir ein paar Worte mit den Aliens reden.«

»Hervorragend«, sagte sie und sah ihn triumphierend an. »Ich habe nie an Ihnen gezweifelt. Ich wusste, Sie würden erfolgreich sein.«

»Um erfolgreich sein zu können, müssen wir erst diese Mission hinter uns bringen.«

»Ich werde Sie nicht enttäuschen, und der Rest der Flotte auch nicht. So wie Sie uns auch nicht enttäuscht haben.« Wieder lächelte sie ihn an, als sie sein Quartier erreichten. »Ich nehme an, Sie wollen sich ein wenig ausruhen. Sobald Sie sich dazu bereit fühlen, wäre ich Ihnen dankbar, wenn Sie mir mehr über das Zusammentreffen sagen könnten.«

»Natürlich.« Er hob seine freie Hand, als Desjani weggehen wollte. »Warten Sie, da ist noch etwas, was ich Ihnen zeigen muss.«

Desjani runzelte die Stirn, folgte ihm aber in sein Quartier.

Nachdem sich die Luke hinter ihnen geschlossen hatte, öffnete er schließlich seine Hand und hielt sie Desjani hin.

Sie sah auf die Abzeichen, dann setzte sie ein Lächeln auf, das breiter und breiter wurde. »Meinen Glückwunsch, Flottenadmiral Geary.« Im nächsten Moment wurde sie ernst. »Ist die Beförderung schon wirksam?«

»Zum Flottenadmiral? Ja.«

Mit finsterer Miene sah sie ihn an. »Sie haben uns vor Ihrer Ankunft nicht darüber informiert! Mein Schiff hat einen Flottenadmiral nicht mit den ihm gebührenden Ehren empfangen! Wie konnten Sie mein Schiff so schlecht dastehen lassen?«

»Ich schätze, darüber habe ich mir…«

»Ganz genau, das haben Sie nicht«, unterbrach Desjani ihn und betätigte ihre Komm-Einheit. »Brücke, setzen Sie den Rest der Flotte davon in Kenntnis, dass Captain Geary auf die Dauntless zurückgekehrt ist und dass man ihn zum Flottenadmiral befördert hat.«

Geary hörte die überraschte Reaktion des Wachhabenden auf der Brücke. »Flottenadmiral?«

»Habe ich genuschelt, Lieutenant?«

»Nein, Captain! Ich werde die Flotte sofort informieren.«

Dann richtete sie ihren mürrischen Blick wieder auf ihn. »Warum tragen Sie Ihre Abzeichen nicht?«

»Ich…«

»Ein Flottenadmiral kann nicht ohne Uniform sein.« Sie begann, die alten Rangabzeichen zu entfernen, und befestigte stattdessen die goldenen Supernovae. »Sie können nicht so leger auftreten, Flottenadmiral Geary.«

»Tanya…«

»Warten Sie.« Als sie fertig war, trat sie einen Schritt zurück und musterte ihn kritisch, erst dann nickte sie zufrieden. Sie nahm Habtachthaltung an und salutierte, so förmlich sie nur konnte. »Lassen Sie mich Ihnen als Erste meinen Glückwunsch aussprechen, Flottenadmiral.«

Geary erwiderte den Salut. »Tanya…«

»Sie haben es verdient. Wenn jemand diese Beförderung verdient hat, dann Sie.«

»Ich habe nicht darum gebeten.«

»Meinen Sie, das weiß ich nicht? Ich freue mich unglaublich für Sie.«

»Tanya, wenn der Krieg vorbei ist…«

Ihr professionelles Auftreten bekam für einen Moment lang einen Riss. »Ich verstehe, was das bedeutet.«

»Es ist nicht…«

»Sie mussten die Beförderung zum Wohl der Allianz annehmen. Alle persönlichen Bedenken, die vielleicht vorhanden sind, müssen…«

»Tanya!« Er sah sie aufgebracht an, da er endlich seinen Satz zu Ende sprechen wollte. »Es ist nur vorübergehend! Ich habe ihnen gesagt, dass ich die Beförderung nur akzeptiere, wenn sie von vorübergehender Dauer ist. Wenn der Krieg vorbei ist, werde ich wieder Captain sein.« Sie starrte ihn nur an, ohne einen Ton herauszubringen. »Tanya?«

»Warum?«, fragte sie schließlich.

»Das wissen Sie.«

»Nein, das weiß ich nicht.« Sie machte einen benommenen Eindruck. »Wie kann man auf den Rang eines Flottenadmirals verzichten?«

»Ich habe einen sehr guten Grund dafür. Ich hoffe, eines Tages ehrenvoll das Kommando über diese Flotte abgeben zu können. Aber als Admiral könnte ich niemals eine Beziehung mit einem Captain eingehen, ganz gleich ob sie meinem Befehl untersteht oder nicht.«

»Ich würde nie…«

»Ich habe ein Versprechen gegeben.«

»Unter Druck«, fügte sie hinzu und brüllte ihn dabei fast an. »Und Sie glauben, ich werde Sie zwingen, dieses Versprechen zu halten?«

Er spürte, wie er erneut wütend wurde. »Wie kommen Sie auf die Idee, Sie müssten mich dazu zwingen?«

»Ich wollte Ihre Ehre nicht beleidigen…«

»Das hat mit meiner Ehre nichts zu tun!«

»Dann sind Sie ein Idiot!«

Er starrte Desjani an, die entsetzt darüber zu sein schien, dass ihr diese Worte über die Lippen gekommen waren. »Was soll das heißen?«

»Ich weiß nicht.« Sie schluckte und schüttelte den Kopf. »Ich weiß, wenn Sie etwas so Wichtiges aufgeben…«

»Ich weiß selbst, was für mich wichtig ist, Tanya.«

Sie wich noch einen Schritt vor ihm zurück. »Vielleicht ist das ein Zeichen. Vielleicht soll uns das sagen, dass dies hier verkehrt ist. Wir wissen, es ist verkehrt. Es verstößt gegen die Vorschriften, gegen die Ehre…«

»Wir haben weder etwas gesagt noch getan, das gegen Vorschriften oder gegen die Ehre verstößt!«

Desjani sah ihn eindringlich an. »Es liegt uns im Blut.« Sie presste die Kiefer zusammen. »Niemand ist so wichtig. Und niemand kann von einem anderen ein solches Opfer verlangen und dabei ein reines Gewissen haben.« Abrupt ging sie wieder in Habtachthaltung. »Wenn Sie gestatten, Sir. Die Crew wird eine förmliche Zeremonie aus Anlass Ihrer Beförderung vorbereiten wollen. Ich hoffe, das ist für Sie annehmbar.«

Er nickte und fühlte sich mit einem Mal todmüde. »Ja, Captain Desjani. Vielen Dank.«

Sie verließ sein Quartier, und er ließ sich in einen Sessel sinken, wobei seine Galauniform zerknitterte.

Nach den Mühen mit den Politikern der Allianz würde es ein Kinderspiel werden, die Syndiks zu besiegen. Und verglichen mit seinen Bemühungen, aus Captain Tanya Desjani schlau zu werden, würde es eine Leichtigkeit sein, die Motive der Aliens in Erfahrung zu bringen.

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