12 Die Falle…

Bakaris schlief unruhig in seiner Gefängniszelle.

Obwohl tagsüber arrogant und unverschämt, quälten ihn nachts erotische Träume von Kitiara und Angstträume von seiner Hinrichtung durch die Ritter von Solamnia. Oder vielleicht war es seine Hinrichtung durch Kitiara. Er war sich dessen niemals sicher, wenn er, in kalten Schweiß gebadet, erwachte. Wenn er in seiner frostigen Zelle in den stillen Stunden der Nacht wach lag, verfluchte Bakaris die Elfenfrau, die die Ursache seiner Niederlage gewesen war. Immer wieder schmiedete er Rachepläne.

Bakaris dachte gerade wieder daran, zwischen Schlaf und Wachen schwebend, als das Geräusch eines Schlüssels im Schloß seiner Gefängniszelle ihn auf die Beine brachte. Es war fast Morgendämmerung, fast die Stunde der Hinrichtung! Vielleicht holten ihn die Ritter!

»Wer ist da?« rief Bakaris barsch.

»Pssst!« befahl eine Stimme. »Du befindest dich nicht in Gefahr, wenn du den Mund hältst und das tust, was man dir sagt.«

Bakaris setzte sich erstaunt auf. Er hatte die Stimme erkannt. Warum auch nicht? Jede Nacht hatte sie in seinen Rachegedanken gesprochen. Die Elfenfrau! Und der Kommandant konnte zwei andere Gestalten, kleine Gestalten, im Schatten erkennen. Höchstwahrscheinlich der Zwerg und der Kender. Sie waren immer um die Elfenfrau herum.

Die Zellentür öffnete sich. Die Elfenfrau glitt herein. In ihrer Hand hielt sie einen Umhang.

»Beeil dich«, befahl sie kühl. »Zieh das an.«

»Erst wenn ich weiß, was los ist«, erwiderte Bakaris argwöhnisch, obwohl er innerlich jubelte.

»Wir tauschen dich aus… gegen einen anderen Gefangenen«, antwortete Laurana.

Bakaris runzelte die Stirn. Er durfte nicht allzu neugierig erscheinen.

»Ich glaube dir nicht«, sagte er und legte sich wieder auf sein Bett. »Es ist eine Falle…«

»Es interessiert mich nicht, was du glaubst!« schnappte Laurana ungeduldig. »Du kommst mit, und wenn ich dich ohnmächtig schlagen muß! Es spielt keine Rolle, ob du bei Bewußtsein bist oder nicht, solange ich in der Lage bin, dich Kiti… der Person, die dich will, vorzuzeigen!«

Kitiara! So war das also. Was hatte sie vor? Welches Spiel spielte sie? Bakaris zögerte. Er vertraute Kit genauso wenig wie sie ihm. Sie war fähig, ihn zu benutzen, um ihre eigenen Ziele voranzutreiben, was sie zweifellos gerade wieder tat. Aber vielleicht konnte er sie, als Gegenleistung, auch benutzen. Wenn er nur das Spiel durchschauen würde! Aber als er in Lauranas Gesicht sah, wußte Bakaris, daß sie willens war, ihre Drohung wahrzumachen. Er würde den rechten Moment abwarten müssen.

»Ich habe offenbar keine andere Wahl«, sagte er. Der Mond schien durch ein vergittertes Fenster in die schmutzige Zelle auf Bakaris’ Gesicht. Er war seit Wochen im Gefängnis. Er wußte nicht, wie lange, er hatte jegliches Zeitgefühl verloren. Als er nach dem Umhang griff, sah er in Lauranas kalte grüne Augen, die aufmerksam und vor Ekel leicht verengt auf ihn gerichtet waren.

Unsicher kratzte sich Bakaris mit seiner gesunden Hand am Bart.

»Entschuldigt, meine Dame«, sagte er sarkastisch, »aber die Diener in Eurem Haus haben nicht daran gedacht, mir ein Rasiermesser zu bringen. Ich weiß, daß euch Elfen der Anblick von Gesichtshaaren ekelt!«

Zu seiner Überraschung bemerkte Bakaris, daß seine Worte Gefühlsregungen auslösten. Laurana wurde leichenblaß, ihre Lippen kreideweiß. Nur mit äußerster Kraftanstrengung verlor sie nicht die Beherrschung. »Geh!« sagte sie mit erstickter Stimme.

Der Zwerg betrat mit seiner Streitaxt in der Hand die Zelle.

»Du hast den General gehört«, knurrte Flint. »Mach endlich! Wieso du elendes Aas es überhaupt wert bist, gegen Tanis…«

»Flint!« sagte Laurana kurz.

Plötzlich verstand Bakaris! Kitiaras Plan begann in seinen Gedanken Formen anzunehmen.

»Tanis also! Er ist derjenige, gegen den ich ausgetauscht werde.« Er beobachtete eingehend Lauranas Gesicht. Es zeigte keine Reaktion. Er hätte genausogut über einen Fremden sprechen können statt über einen Mann, von dem er durch Kitiara wußte, daß diese Frau ihn liebte. Er versuchte es noch einmal, um seine Theorie zu überprüfen. »Ich würde ihn jedoch nicht als Gefangenen bezeichnen, höchstens als einen Gefangenen der Liebe. Kit muß ihn leid sein. Na gut. Armer Mann. Ich werde ihn vermissen. Er und ich hatten einiges gemeinsam…«

Jetzt zeigte sich eine Reaktion. Er sah, wie sich ihre zarten Kiefer verkrampften, wie ihre Schultern unter dem Umhang zitterten. Wortlos drehte sich Laurana um und schritt aus der Zelle. Er hatte also recht. Es hatte etwas mit dem bärtigen Halb-Elfen zu tun. Aber was? Tanis hatte Kit in Treibgut verlassen. Hatte sie ihn wiedergefunden? War er zu ihr zurückgekehrt? Bakaris verstummte und zog den Umhang enger um sich. Es spielte keine Rolle, jedenfalls nicht für ihn. Er würde diese neue Information für seine Rache verwenden können. Sich Lauranas angespanntes, blasses Gesicht im Mondlicht vergegenwärtigend, dankte Bakaris der Dunklen Königin für ihr Wohlwollen, während der Zwerg ihn aus der Zellentür schubste. Die Sonne war noch nicht aufgegangen. Nur eine blasse lilafarbene Linie am östlichen Horizont zeigte an, daß der neue Tag in ungefähr einer Stunde dämmern würde. Es war noch dunkel und still in der Stadt Kalaman – die Stadt schlief friedlich nach dem Tag und der Nacht der Festlichkeiten. Selbst die Wachen gähnten auf ihren Posten, und gelegentlich war lautes Schnarchen zu hören. Für die vier Gestalten war es ein einfaches, lautlos durch die Straßen zu huschen, bis sie eine kleine, verschlossene Tür in der Stadtmauer erreichten.

»Diese Tür führte früher zu einigen Stufen, die nach oben zur Mauer gingen, über diese Mauer kommt man dann zur anderen Seite«, flüsterte Tolpan, der in seinen Beuteln hantierte, bis er sein Werkzeug gefunden hatte.

»Woher weißt du das?« murrte Flint, der sich nervös umschaute.

»Ich war früher oft in Kalaman, als ich noch klein war«, antwortete Tolpan. Er fand ein Stück Draht und ließ es in das Schloß gleiten. »Mit meinen Eltern. Wir haben immer diese Tür benutzt.«

»Warum habt ihr nicht das Haupttor benutzt, oder wäre das zu einfach gewesen?« knurrte Flint.

»Beeil dich!« befahl Laurana ungeduldig.

»Wir hätten das Haupttor benutzt«, erklärte Tolpan, der weiter mit Draht arbeitete. »Ach ja.« Er entfernte den Draht, steckte ihn sorgfältig wieder in seinen Beutel zurück, dann schob er leise die alte Tür auf. »Wo war ich? O ja. Wir hätten das Haupttor benutzt, aber Kendern war das Betreten der Stadt nicht erlaubt.«

»Und deine Eltern sind trotzdem gegangen!« schnaufte Flint, während er Tolpan durch die Tür zu einer schmalen Steintreppe folgte. Der Zwerg hörte dem Kender nur halb zu. Er hielt ein wachsames Auge auf Bakaris, der sich nach Flints Ansicht zu willig benahm. Laurana hatte sich völlig in sich zurückgezogen. Ihre einzigen Worte waren kurze Aufforderungen, sich zu beeilen.

»Nun, natürlich«, sagte Tolpan, der fröhlich drauflos plapperte. »Sie hatten es immer als einen Irrtum betrachtet. Ich meine, warum sollten wir mit Goblins gleichgestellt werden? Jemand mußte uns einfach zufällig auf die gleiche Liste gesetzt haben. Aber meine Eltern empfanden es nicht als höflich, darüber zu streiten. Und darum sind wir eben durch die Nebentür ein und aus gegangen. Einfacher für jeden hier in der Gegend. Da sind wir. Öffne die Tür – sie ist gewöhnlich nicht verschlossen. Huch, paß auf. Da ist eine Wache. Warte, bis sie vorbei ist.«

Sie drückten sich gegen die Mauer, bis die Wache müde vorbeigestolpert war. Dann überquerten sie leise die Mauer, traten durch eine weitere Tür, liefen eine andere Treppe hinunter und befanden sich dann außerhalb der Stadtmauern.

Es war niemand da. Bebend hüllte Flint sich tiefer in seinen Umhang. Befürchtungen stiegen in ihm hoch. Was war, wenn Kitiara die Wahrheit gesagt hatte? Was war, wenn Tanis bei ihr war? Was war, wenn er im Sterben lag?

Wütend zwang Flint sich, nicht daran zu denken. Er hoffte fast, daß es eine Falle sein würde! Plötzlich wurden seine düsteren Gedanken von einer barschen Stimme unterbrochen, die so dicht in ihrer Nähe sprach, daß er entsetzt zurückschrak.

»Bist du es, Bakaris?«

»Ja. Gut, dich wiederzusehen, Gakhan.«

Benommen drehte Flint sich um. Eine dunkle Gestalt war aus dem Schatten der Mauer getreten. Sie war völlig vermummt. Er erinnerte sich an Tolpans Beschreibung des Drakoniers.

»Tragen sie noch andere Waffen mit sich?« fragte Gakhan, seine Augen auf Flints Streitaxt gerichtet.

»Nein«, antwortete Laurana scharf.

»Durchsuch sie«, befahl Gakhan Bakaris.

»Du hast mein Ehrenwort«, sagte Laurana wütend. »Ich bin eine Prinzessin der Qualinesti…«

Bakaris trat einen Schritt zu ihr. »Elfen haben ihren eigenen Ehrenkodex«, höhnte er. »Oder so ähnlich hast du es in der Nacht gesagt, als du mich mit deinem verdammten Pfeil angeschossen hast.«

Laurana errötete, sagte aber nichts und rührte sich nicht. Als Bakaris vor ihr stand, hob er seinen rechten Arm mit seiner linken Hand, dann ließ er ihn fallen. »Du hast meine Karriere, mein Leben zerstört.«

Laurana versteifte sich und musterte ihn. »Ich sagte bereits, ich trage keine Waffen.«

»Du kannst mich durchsuchen, wenn du möchtest«, bot Tolpan an und stellte sich zwischen Bakaris und Laurana.

»Hier!« Er ließ den Inhalt eines Beutels auf Bakaris’ Fuß fallen.

»Der Teufel soll dich holen!« fluchte Bakaris und schlug dem Kender auf den Kopf.

»Flint!« warnte Laurana mit zusammengebissenen Zähnen. Sie konnte das Gesicht des Zwerges vor Wut erröten sehen. Bei ihrem Ausruf schluckte der Zwerg seine Wut hinunter.

»Es tut mir leid, wirklich!« schniefte Tolpan, während er seine Sachen zusammensuchte.

»Wenn du noch mehr Zeit vergeudest, können wir uns gleich von der Wache festnehmen lassen«, bemerkte Laurana kühl, »die Sonne geht gleich auf, und sie werden uns deutlich erkennen.«

»Die Elfenfrau hat recht, Bakaris«, sagte Gakhan gereizt.

»Nimm die Streitaxt des Zwerges und laß uns hier verschwinden.«

Bakaris schaute zum heller werdenden Horizont und zum vermummten Drakonier, dann warf er Laurana einen bösen Blick zu und riß die Streitaxt aus der Hand des Zwerges.

»Er stellt keine Gefahr dar! Was sollte ein alter Mann wie er auch schon groß ausrichten?« murmelte Bakaris.

»Beweg dich«, befahl Gakhan Laurana, Bakaris ignorierend.

»Zu dem Wäldchen dort drüben. Versteck dich und versuche nicht, die Wachen zu alarmieren. Ich bin ein Zauberkundiger, und meine Zauber sind tödlich. Die Finstere Herrin hat mir befohlen, dich sicher zu ihr zu bringen, General. Für deine beiden Freunde habe ich keine Anordnungen erhalten.«

Sie folgten Gakhan über das flache, offene Land außerhalb der Stadttore zu einem Wald. Bakaris ging neben Laurana. Sie hielt ihren Kopf hoch erhoben und weigerte sich resolut, selbst seine Existenz wahrzunehmen. Als sie die Bäume erreichten, erklärte Gakhan: »Dort sind unsere Reittiere.«

»Wir gehen nirgendwohin!« sagte Laurana wütend, während sie beunruhigt auf die Kreaturen starrte.

Zuerst dachte Flint, es wären kleine Drachen, aber als er näher trat, hielt der Zwerg die Luft an.

»Lindwürmer«, keuchte er.

Den Drachen entfernt verwandt, sind geflügelte Lindwürmer kleiner und leichter und werden von den Drachenfürsten häufig für Botendienste verwendet, so wie die Greife von den Elfenlords. Nicht ganz so intelligent wie Drachen, waren geflügelte Lindwürmer für ihr grausames und unberechenbares Verhalten bekannt. Die Tiere starrten die Gefährten mit roten Augen an, ihre Schwänze, die wie von Skorpionen wirkten, rollten sich bedrohlich. Der mit Gift versehene Schwanz konnte dem Feind einen Stich zufügen, der innerhalb weniger Sekunden zum Tod führte.

»Wo ist Tanis?« fragte Laurana.

»Sein Zustand hat sich verschlechtert«, antwortete Gakhan.

»Du mußt schon mit nach Burg Dargaard kommen.«

»Nein!« Laurana trat zurück, aber Bakaris’ Hand schloß sich mit festem Griff um ihren Arm.

»Ruf nicht um Hilfe«, sagte er freundlich, »oder einer deiner Freunde wird sterben. Nun, es scheint, daß wir eine kleine Reise nach Burg Dargaard unternehmen. Tanis ist ein teurer Freund. Es tut mir wirklich leid, daß du ihn hier nicht treffen kannst.« Bakaris wandte sich an den Drakonier. »Gakhan, geh nach Kalaman zurück. Berichte uns über die Reaktion der Leute, wenn sie herausfinden, daß ihr General fehlt.«

Gakhan zögerte, seine dunklen Reptilienaugen musterten Bakaris argwöhnisch. Kitiara hatte ihn gewarnt, daß so etwas eintreten könnte. Er konnte sich vorstellen, was Bakaris vorhatte – seine eigene persönliche Rache. Gakhan konnte Bakaris aufhalten, das war nicht das Problem. Aber es bestand die Möglichkeit, daß in solch einer brenzligen Situation einer der Gefangenen fliehen und Hilfe holen würde. Sie befanden sich zu nah an der Stadtmauer. Der Teufel sollte Bakaris holen! Gakhan blickte finster, dann erkannte er, daß er nichts unternehmen und nur hoffen konnte, daß Kitiara für diesen Fall vorgesorgt hatte. Schulterzuckend tröstete sich Gakhan mit dem Gedanken an Bakaris’ Schicksal, wenn er zu der Finsteren Herrin zurückkehren würde.

»Gewiß, Kommandant«, erwiderte der Drakonier zuvorkommend. Er verbeugte sich und verschwand in den Schatten. Sie sahen seine vermummte Gestalt von Baum zu Baum in Richtung Kalaman huschen. Bakaris’ Gesicht wurde ungeduldig, seine grausamen Züge um den bärtigen Mund vertieften sich.

»Komm schon, General.« Bakaris schob Laurana zu den Lindwürmern.

Aber statt vorwärts zu gehen, wirbelte Laurana herum, um dem Mann gegenüberzustehen.

»Sag mir nur eins«, sagte sie mit weißen Lippen. »Ist es wahr? Ist Tanis bei… bei Kitiara? In… in dem Brief hieß es, daß er bei Burg Vingaard verletzt wurde… und im Sterben liegt!«

Als Bakaris die Seelenqualen in ihren Augen sah, Qualen, die dem Halb-Elfen galten, lächelte er. Er hatte sich niemals erträumt, daß Rache so befriedigend sein könnte. »Woher soll ich das wissen? Ich war in deinem stinkenden Gefängnis eingesperrt. Aber mir fällt es schwer zu glauben, daß er verletzt ist. Kit hat niemals zugelassen, daß er sich an einem Kampf beteiligt! Die einzigen Schlachten, die er austrug, waren die der Liebe…«

Laurana ließ ihren Kopf sinken. Bakaris legte in scheinheiligem Mitgefühl eine Hand auf ihren Arm. Laurana riß sich wütend los und wandte ihr Gesicht ab.

»Ich glaube dir nicht!« knurrte Flint. »Tanis würde niemals zulassen, daß Kitiara so etwas tut…«

»Oh, da hast du recht, Zwerg«, erwiderte Bakaris, der schnell erkannte, daß er zu weit gegangen war. »Er weiß nichts davon. Die Finstere Herrin schickte ihn vor Wochen nach Neraka, um unsere Audienz bei der Königin vorzubereiten.«

»Weißt du, Flint«, sagte Tolpan gewichtig. »Tanis war von Kitiara wirklich angetan. Erinnerst du dich an das Fest im Wirtshaus Zur letzten Bleibe? Es war Tanis’ Fest zum Lebenstag. Er wurde gerade ›volljährig‹, nach Elfenmaßstab, und, mein Gott, das war ein Fest! Erinnerst du dich? Caramon bekam einen Bierhumpen auf den Kopf gedroschen, als er nach Dezra grapschte. Und Raistlin trank zuviel Wein, und einer seiner Zaubersprüche mißlang, und Otiks Schürze fing Feuer, und Kit und Tanis saßen in der Ecke neben dem Kamin, und sie waren…«

Bakaris blickte Tolpan wütend an. Dem Kommandanten gefiel es nicht, daran erinnert zu werden, wie Kitiara wirklich zu dem Halb-Elfen stand.

»Der Kender soll seinen Mund halten, General«, knurrte Bakaris, »oder der Lindwurm kann sich um ihn kümmern. Zwei Geiseln würden der Finsteren Herrin gewiß ausreichen…«

»Es ist also eine Falle«, stellte Laurana leise fest und sah sich benommen um. »Tanis liegt nicht im Sterben… er ist nicht einmal da! War ich ein Idiot…«

»Wir gehen nirgendwohin mit dir!« fiel Flint ein.

Bakaris musterte ihn kühl. »Hast du jemals beobachtet, wie ein geflügelter Lindwurm jemanden zu Tode sticht?«

»Nein«, sagte Tolpan interessiert, »aber ich habe mal einen Skorpion gesehen. Ist es so ähnlich? Nicht, daß ich es ausprobieren möchte, falls du nichts dagegen hast«, stammelte der Kender, als er Bakaris’ Gesicht sich verfinstern sah.

»Die Wachen auf den Stadtmauern können zwar deine Schreie hören«, erklärte Bakaris Laurana, die ihn anstarrte, als ob er in einer Fremdsprache reden würde. »Aber bis dahin wäre es zu spät.«

»War ich ein Idiot«, wiederholte Laurana leise.

»Sag ein Wort, Laurana!« drängte Flint dickköpfig. »Wir werden kämpfen…«

»Nein«, sagte sie mit kläglicher Stimme. »Nein. Ich werde nicht euer Leben aufs Spiel setzen. Es war meine Dummheit. Bakaris, nimm mich. Laß meine Freunde gehen…«

»Genug davon!« rief Bakaris ungeduldig. »Ich werde niemanden gehen lassen!« Er bestieg einen Lindwurm und streckte seine Hand Laurana entgegen. »Wir haben nur zwei Tiere.«

Mit ausdruckslosem Gesicht nahm Laurana Bakaris’ Hilfe an und bestieg den geflügelten Drachen. Er legte seinen gesunden Arm um sie und drückte sie grinsend an sich.

Bei seiner Berührung gewann Lauranas Gesicht wieder etwas Farbe. Wütend versuchte sie, sich aus seinem Griff zu befreien.

»So bist du aber sicherer, General«, flüsterte Bakaris in ihr Ohr. »Ich möchte auf keinen Fall, daß du herunterfällst.«

Laurana biß sich auf die Lippe, starrte nach vorn und zwang sich, nicht zu weinen.

»Riechen diese Kreaturen immer so schrecklich?« fragte Tolpan und musterte voller Ekel den Lindwurm, während er Flint beim Aufsteigen half. »Ich glaube, du solltest sie überreden, ein Bad zu nehmen…«

»Paß auf den Schwanz auf«, unterbrach Bakaris kühl. »Der geflügelte Drache tötet im allgemeinen nicht ohne meinen Befehl, aber sie sind sehr reizbar. Schon kleine Dinge können sie sehr aufregen.«

»Oh.« Tolpan schluckte. »Ich wollte bestimmt nicht beleidigend sein. In der Tat vermute ich, daß man sich an den Geruch gewöhnen kann, nach einer Weile…«

Auf ein Signal von Bakaris spreizten die Lindwürmer ihre ledernen Flügel aus und erhoben sich, nicht an Last gewöhnt, langsam in die Luft. Flint hielt sich an Tolpan fest und hielt ein Auge auf Laurana, die mit Bakaris vor ihnen flog. Gelegentlich sah der Zwerg, wie sich Bakaris näher zu Laurana beugte und Laurana Abstand zu halten versuchte. Das Gesicht des Zwerges wurde grimmig.

»Dieser Bakaris hat nichts Gutes im Sinn!« murmelte der Zwerg zu Tolpan.

»Was?« fragte Tolpan und drehte sich um.

»Ich sagte, dieser Bakaris hat nichts Gutes im Sinn!« schrie der Zwerg. »Und ich wette, daß das etwas anderes ist, als seine Befehle zu befolgen. Dieser Gakhan war überhaupt nicht erfreut, weggeschickt zu werden.«

»Was?« gellte Tolpan. »Ich verstehe nichts! Dieser Wind…«

»Ach, macht nichts!« Dem Zwerg wurde plötzlich schwindelig. Er konnte kaum atmen. Um sich abzulenken, starrte er düster auf die Baumspitzen, die mit der aufgehenden Sonne aus den Schatten hervortraten.

Nach einstündigem Flug machte Bakaris ein Handzeichen, und die Lindwürmer begannen langsam zu kreisen, suchten einen geeigneten Landeplatz im dicht bewaldeten Gebirgsland. Bakaris zeigte auf eine kleine Lichtung, die kaum sichtbar war, und schrie seinem Tier Anweisungen zu. Der Lindwurm landete, wie ihm befohlen wurde, und Bakaris stieg ab. Flint blickte sich um, seine schlimmen Vorahnungen schienen sich zu bestätigen. Es gab keinerlei Anzeichen für eine Burg. Nirgends irgendein Lebewesen. Sie befanden sich auf einer kleinen Lichtung, umgeben von hohen Nadelbäumen, deren uralte Äste so dicht und verstrickt waren, daß sie kaum Sonnenlicht durchließen. In dem dunklen Wald bewegten sich Schatten. An einem Ende der Lichtung sah Flint eine kleine Höhle in der Gebirgswand.

»Wo sind wir?« fragte Laurana eisig. »Das kann unmöglich Burg Dargaard sein. Warum haben wir angehalten?«

»Scharfsinnig beobachtet, General«, sagte Bakaris freundlich.

»Burg Dargaard liegt noch über eine Meile entfernt. Man erwartet uns noch nicht. Die Finstere Herrin hat höchstwahrscheinlich noch gar nicht gefrühstückt. Wir wollen doch nicht so unhöflich sein und sie stören, oder?« Er sah zu Tolpan und Flint. »Ihr zwei bleibt sitzen«, befahl er, als der Kender gerade herunterspringen wollte. Tolpan erstarrte. Bakaris stellte sich zu Laurana und legte seine Hand auf den Hals des Lindwurms. Die lidlosen Augen des Tieres folgten jeder seiner Bewegungen so erwartungsvoll, wie ein Hund auf sein Futter wartet.

»Du steigst ab, Lady Laurana«, sagte Bakaris mit tödlicher Sanftheit. Sie saß auf dem Rücken des Lindwurms und musterte ihn voller Verachtung. »Uns bleibt noch Zeit für ein kleines… Frühstück zu zweit…«

Lauranas Augen blitzten auf. Ihre Hand bewegte sich mit solch einer Sicherheit zu ihrem Schwert, daß sie selbst fast überzeugt war, daß sie es trug. »Bleib von mir weg!« befahl sie mit einer Stimme, daß Bakaris einen Moment lang zögerte. Dann grinste er und ergriff ihr Handgelenk.

»Nein, meine Dame. Ich würde mich an deiner Stelle nicht sträuben. Vergiß den Lindwurm nicht – und deine Freunde. Ein Wort von mir, und sie werden auf schreckliche Weise sterben!«

Sich krümmend drehte sich Laurana um und sah den gekrümmten Schwanz des Wurms über Flints Rücken schweben. Das Tier bebte in tödlicher Vorfreude…

»Nein! Laurana…«, begann Flint gequält, aber sie warf ihm einen scharfen Blick zu, der ihn daran erinnerte, daß sie immer noch der General war. Mit blutleerem Gesicht ließ sie zu, daß Bakaris ihr beim Absteigen half.

»Nun, ich dachte, du wärst hungrig«, sagte Bakaris grinsend.

»Laß sie gehen!« verlangte Laurana. »Ich bin es doch, die du willst…«

»In diesem Punkt hast du recht«, gab Bakaris zurück und legte seine Hand um ihre Taille. »Aber ihre Gegenwart scheint dein gutes Benehmen zu garantieren.«

»Mach dir keine Sorgen um uns, Laurana!« brüllte Flint.

»Halt deinen Mund, Zwerg!« schrie Bakaris wütend. Er drückte Laurana gegen den Körper des Lindwurms und drehte sich zu den beiden Gefährten um. Flints Blut gefror, als er den blanken Irrsinn in den Augen des Mannes sah.

»Ich… ich glaube, wir tun besser das, was er sagt, Flint«, sagte Tolpan schluckend. »Er wird Laurana verletzen…«

»Sie verletzen? O nein, nicht viel«, sagte Bakaris lachend.

»Sie wird für Kitiara immer noch nützlich sein, egal, was sie im Sinn hat. Aber beweg dich nicht, Zwerg. Ich könnte mich vergessen!« warnte Bakaris. Dann wandte er sich zu Laurana.

»So wie es aussieht, wird es Kitiara nicht stören, wenn ich zuerst ein bißchen Spaß mit der Dame habe. O nein, werde nur nicht ohnmächtig…«

Es war ein alter Selbstverteidigungstrick der Elfen. Flint hatte das schon oft erlebt und straffte sich, zum Handeln bereit, als sich Lauranas Augen verdrehten, ihre Knie nachzugeben schienen und ihr Körper zusammenfiel.

Instinktiv versuchte Bakaris, sie aufzufangen.

»Nein, nicht! Ich mag meine Frauen lebhaft… au!«

Lauranas Faust landete in seinem Magen. Vom Schmerz überwältigt, fiel er vornüber. Laurana zog ein Knie an und traf ihn direkt unter dem Kinn. Als Bakaris zu Boden sank, packte Flint den erschreckten Kender und glitt von dem geflügelten Drachen.

»Lauft, Flint! Schnell!« keuchte Laurana, während sie von dem geflügelten Drachen und dem vor Schmerz stöhnenden Mann wegsprang. »In den Wald!«

Aber Bakaris, dessen Gesicht vor Wut verzerrt war, streckte seine Hand aus und griff nach Lauranas Fußgelenk. Sie stolperte und fiel zu Boden, wild nach ihm tretend. Flint schwang einen Baumast und sprang auf Bakaris zu, als der Kommandant gerade mühsam aufstand. Als er Flint aufbrüllen hörte, wirbelte er herum und schlug den Zwerg mit dem Handrücken ins Gesicht. Gleichzeitig bekam er Lauranas Arm zu fassen und zog sie auf die Füße. Dann drehte er sich zu Tolpan um, der zu dem bewußtlosen Zwerg gerannt war.

»Die Dame und ich gehen in die Höhle…«, sagte Bakaris schwer atmend. Er verdrehte Lauranas Arm, so daß sie vor Schmerz aufschrie. »Eine Bewegung, Kender, und ich breche ihr den Arm. Wenn wir in der Höhle sind, will ich nicht gestört werden. In meinem Gürtel steckt ein Dolch. Ich werde ihn an ihre Kehle halten. Hast du verstanden, kleiner Dummkopf?«

»Ja, Herr«, stammelte Tolpan. »Ich… ich würde nicht im Traum daran denken zu stören. Ich… ich bleibe nur hier bei… bei Flint.«

»Und geht nicht in den Wald.« Bakaris zog Laurana auf die Höhle zu. »Er wird von Drakoniern bewacht.«

»N…nein, Herr«, stotterte Tolpan, der sich mit weit aufgerissenen Augen zu Flint kniete.

Zufrieden warf Bakaris dem hockenden Kender einen letzten Blick zu, dann schob er Laurana zum Höhleneingang.

Tränenblind stolperte Laurana vorwärts. Als ob er sie daran erinnern wollte, daß sie in der Falle saß, verdrehte Bakaris wieder ihren Arm. Der Schmerz war unerträglich. Es gab keine Möglichkeit, sich dem festen Griff des Mannes zu entziehen. Sich selbst für ihre Dummheit verfluchend, versuchte Laurana, ihre Angst zu bekämpfen und klar zu denken. Es war schwer, die Hand des Mannes war stark, und sein Geruch – der Geruch der Menschen – erinnerte sie auf eine entsetzliche Weise an Tanis.

Als ob er ihre Gedanken erraten hätte, drückte Bakaris sie eng an sich und rieb sein bärtiges Gesicht an ihrer glatten Wange.

»Du wirst eine weitere Frau sein, die der Halb-Elf und ich geteilt haben…«, flüsterte er heiser, dann brach er plötzlich ab. Einen Moment lang wurde Bakaris’ Griff um Lauranas Arm unerträglich fest. Dann lockerte er sich. Seine Hand glitt von ihrem Arm. Laurana riß sich frei und wirbelte herum. Blut tröpfelte zwischen Bakaris’ Fingern, als er an seine Seite griff, wo Tolpans kleines Messer immer noch aus der Wunde ragte. Der Mann zog seinen eigenen Dolch und machte einen Satz auf den trotzigen Kender zu.

Irgend etwas riß in Laurana, setzte eine wilde Wut und einen Haß frei, von denen sie nicht vermutet hatte, daß sie in ihr steckten. Sie spürte keine Angst mehr, es kümmerte sie nicht mehr, ob sie tot oder lebendig war. Laurana hatte nur noch einen Gedanken – diesen menschlichen Mann zu töten. Mit einem wilden Aufschrei stürzte sie sich auf ihn und schlug ihn zu Boden. Er gab ein Ächzen von sich, dann lag er stumm unter ihr. Verzweifelt versuchte Laurana, an sein Messer zu kommen. Dann wurde ihr bewußt, daß er sich nicht mehr bewegte. Langsam erhob sie sich.

Einen Moment lang konnte sie durch den roten Nebel vor ihren Augen nichts erkennen. Als er sich klärte, sah sie Tolpan den Körper umdrehen. Bakaris war tot. Seine Augen starrten in den Himmel, ein Ausdruck tiefen Entsetzens und der Überraschung lag auf seinem Gesicht. Seine Hand hielt immer noch den Dolch umklammert, der in seinen Leib getrieben war.

»Was ist denn geschehen?« flüsterte Laurana, die vor Wut und Abscheu bebte.

»Du hast ihn niedergeschlagen, und er fiel in sein Messer«, erklärte Tolpan gelassen.

»Aber zuvor…«

»Oh, ich habe ihm das Messer in den Körper gestoßen«, sagte Tolpan. Er zog sein Messer aus der Seite des Mannes und betrachtete es stolz. »Und Caramon hat mir gesagt, es wäre nur von Nutzen, wenn ich auf einen bissigen Hasen stoßen würde! Na warte, wenn ich ihm hiervon erzähle! Weißt du, Laurana«, fuhr er etwas traurig fort, »alle unterschätzen uns Kender immer. Bakaris hätte wirklich meine Beutel durchsuchen sollen. Aber mit der Ohnmacht, das war ein toller Trick. Hast du…«

»Wie geht es Flint?« unterbrach Laurana, die nicht an die letzten entsetzlichen Minuten erinnert werden wollte. Ohne recht zu wissen, was sie tat oder warum, nahm sie ihren Umhang ab und warf ihn über das bärtige Gesicht. »Wir müssen hier verschwinden.«

»Ihm geht es ganz gut«, sagte Tolpan, zu dem Zwerg schauend, der stöhnte und seinen Kopf schüttelte. »Was ist mit den Lindwürmern? Meinst du, sie werden uns angreifen?«

»Ich weiß es nicht«, antwortete Laurana, die die Tiere musterte. Die Lindwürmer starrten unruhig herum, unsicher, was mit ihrem Herrn geschehen war. »Ich habe gehört, daß sie nicht besonders intelligent sind. Im allgemeinen handeln sie nicht ohne Befehl. Vielleicht – wenn wir keine schnellen Bewegungen machen – können wir in den Wald verschwinden, bevor sie herausfinden, was passiert ist. Hilf Flint.«

»Komm schon, Flint«, drängte Tolpan und zerrte am Zwerg.

»Wir müssen flieh…«

Die Worte des Kenders wurden von einem wahnsinnigen Schrei übertönt, einem Schrei der Furcht und des Entsetzens, der Tolpans Haare zu Berge stehen ließ. Er schaute hoch; Laurana starrte auf eine Gestalt, die offensichtlich aus den Tiefen der Höhle hervorgekommen war. Bei ihrem Anblick wurde Tolpan von einem grauenvollen Gefühl überflutet. Sein Herz trommelte, seine Hände wurden kalt, er konnte kaum noch atmen.

»Flint!« keuchte er kraftlos.

Der Zwerg, der in der Stimme des Kenders etwas hörte, was er niemals zuvor vernommen hatte, rappelte sich hoch. »Was…«

Tolpan konnte nur zeigen.

Flint sah schwankend in die Richtung, in die Tolpan zeigte.

»Im Namen von Reorx«, sagte der Zwerg mit gebrochener Stimme, »was ist das?«

Die Gestalt bewegte sich unbarmherzig auf Laurana zu, die unter ihrem Zauber stand und ihr nur gelähmt entgegenstarren konnte. In eine uralte Rüstung gekleidet, schien er ein Ritter von Solamnia zu sein. Aber die Rüstung war wie von Feuer geschwärzt. Ein orangefarbenes Licht flackerte hinter seinem Helm, während der Helm selbst in der Luft schwebte. Die Gestalt streckte einen gepanzerten Arm aus. Flint würgte vor Entsetzen. Der Arm endete nicht in einer Hand. Der Ritter schien nach Laurana mit nichts als Luft zu greifen. Aber sie schrie vor Schmerzen auf und sackte bei dem entsetzlichen Anblick in die Knie. Ihr Kopf fiel nach vorn, sie brach zusammen, betäubt von der eisigen Berührung. Der Ritter löste seinen Griff und ließ ihren schlaffen Körper zu Boden gleiten. Er beugte sich runter und hob sie auf seine Arme.

Tolpan wollte sich bewegen, aber der Ritter wandte ihm seinen flackernden orangefarbenen Blick zu, und der Kender blieb stehen und sah in die orangefarbenen Flammenaugen der Kreatur. Weder er noch Flint konnte den Blick abwenden, obwohl das Entsetzen so groß war, daß der Zwerg befürchtete, den Verstand zu verlieren. Nur seine Liebe und seine Sorge um Laurana bewahrten ihn vor dem Wahnsinn. Immer wieder befahl er sich, etwas zu unternehmen, sie zu retten. Aber sein zitternder Körper gehorchte ihm nicht. Der Blick des Ritters glitt über beide.

»Geht nach Kalaman zurück«, sagte eine hohle Stimme. »Sagt ihnen, daß die Elfenfrau in unserer Gewalt ist. Die Finstere Herrin wird morgen Mittag kommen und die Übergabebedingungen bekanntgeben.«

Der Ritter wandte sich um und stieg über Bakaris’ Körper. Die schimmernde Gestalt trat direkt in die Leiche, als ob sie nicht existieren würde. Dann verschwand der Ritter mit Laurana auf seinen Armen im dunklen Wald.

Mit dem Ritter war der Zauber verschwunden. Tolpan, der sich schwach und elend fühlte, begann unbeherrscht zu zittern. Flint erhob sich mühsam.

»Ich gehe hinterher…«, murmelte der Zwerg, obwohl seine Hände so heftig zitterten, daß er seinen Helm kaum aufheben konnte.

»N…nein«, stammelte Tolpan mit verkrampftem und bleichem Gesicht, als er dem Ritter hinterherstarrte. »Was auch immer das war, wir können es nicht bekämpfen. Ich… ich hatte Angst, Flint!« Der Kender schüttelte in seiner Not den Kopf.

»Es… es tut mir leid, aber ich kann diesem – diesem Ding nicht noch einmal gegenüberstehen! Wir müssen nach Kalaman zurück. Vielleicht gibt es dort Hilfe…«

Tolpan begann zu laufen. Einen Moment lang stand Flint wütend und unentschlossen da und starrte in die Richtung, in der Laurana verschwunden war. Dann verzerrte sich sein Gesicht vor Verzweiflung. »Er hat recht«, murmelte er. »Ich kann diesem Ding auch nicht folgen. Was auch immer es war, es war nicht von dieser Welt.«

Als Flint sich umdrehte, fiel sein Blick auf Bakaris, der unter Lauranas Umhang lag. Ein Schmerz griff nach seinem Herzen. Nicht darauf achtend, sagte sich Flint mit plötzlicher Gewißheit: »Er hat über Tanis Lügen erzählt. Und auch Kitiara. Tanis ist nicht bei ihr, das weiß ich!« Der Zwerg ballte seine Faust. »Ich weiß nicht, wo er ist, aber eines Tages werde ich ihm gegenübertreten müssen, und dann muß ich ihm sagen… Ich habe ihn enttäuscht. Er hat sie mir anvertraut, und ich habe versagt!« Der Zwerg schloß seine Augen. Dann hörte er Tolpan schreien. Seufzend stolperte er wie blind hinter dem Kender her, seinen Unken Arm beim Laufen reibend. »Wie kann ich ihm das je sagen?« stöhnte er. »Wie?«

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