9 Sieg

»Soll ich ein bißchen nachhelfen?« fragte Tolpan hilfsbereit.

»Ich… nein! Warte!« schrie Flint. Aber es hatte keinen Sinn mehr. Der tatkräftige Kender hatte bereits den Stiefel des Zwerges fest im Griff und wuchtete ihn hoch, so daß Flint mit dem Kopf direkt in den muskulösen Körper des jungen bronzenen Drachen getrieben wurde. Flint fuchtelte wild mit den Armen herum, bekam das Geschirr am Hals des Drachen zu fassen, klammerte sich daran und drehte sich langsam in der Luft wie ein Sack an einem Haken.

»Was machst du denn da?« fragte Tolpan entrüstet, als er zu Flint hochstarrte. »Wir haben keine Zeit für Spielereien. Nun komm, ich helfe dir…«

»Hör auf! Laß mich in Ruhe!« brüllte Flint und trat gegen Tolpans Hände. »Geh zurück! Geh zurück, sage ich!«

»Dann steig allein auf«, entgegnete Tolpan verletzt und trat zurück.

Der Zwerg ließ sich prustend und mit rotem Gesicht auf den Boden fallen. »Ich steige auf, wann ich will!« sagte er und funkelte den Kender wütend an. »Ohne deine Hilfe!«

»Nun gut, aber dann mach los!« rief Tolpan und wedelte mit den Armen. »Die anderen sind schon fertig!«

Der Zwerg warf dem großen bronzenen Drachen einen kurzen Blick zu und verschränkte seine Arme dickköpfig vor seiner Brust. »Darüber muß ich erst nachdenken…«

»Oh, mach schon, Flint!« bettelte Tolpan. »Du willst es nur hinauszögern. Ich will fliegen! Bitte, Flint, beeil dich!« Der Kender strahlte auf. »Ich könnte allein fliegen…«

»Das wirst du nicht tun!« knurrte der Zwerg. »Der Krieg wendet sich endlich zu unseren Gunsten. Schick einen Kender allein auf einen Drachen los – das wäre das Ende. Genausogut könnten wir dem Drachenfürsten die Schlüssel für die Stadt überreichen. Laurana hat gesagt, du darfst nur mit mir fliegen…«

»Dann komm endlich!« gellte Tolpan schrill. »Oder der Krieg wird zu Ende sein, ich werde Großvater sein, bevor du dich von der Stelle bewegst!«

»Du und Großvater«, murrte Flint und warf dem Drachen wieder einen schnellen Blick zu, der ihn äußerst unfreundlich anstarrte – das fand der Zwerg jedenfalls. »Nun, an dem Tag, an dem du Großvater wirst, wird mein Bart abfallen…«

Khirsah, der Drache, sah auf die beiden mit amüsierter Ungeduld herab. Der junge Drache – Drachen haben ihre eigene Zeitrechnung auf Krynn – stimmte mit dem Kender überein: Es war Zeit zu fliegen, Zeit zu kämpfen. Er war einer der ersten gewesen, die den RUF beantwortet hatten, der zu allen goldenen und silbernen und bronzenen Drachen gedrungen war. Das Feuer der Schlacht brannte heiß in ihm.

Trotz seiner Jugend hatte der bronzene Drache vor den Älteren großen Respekt. Obwohl bei weitem älter als der Zwerg, in Jahren gerechnet, sah Khirsah in Flint jemanden, der ein langes, volles und reiches Leben geführt hatte; jemand, der Respekt verdiente. Aber Khirsah dachte seufzend, daß der Kender recht behalten und die Schlacht zu Ende sein würde, wenn er nichts unternahm.

»Entschuldigt bitte, verehrter Herr«, unterbrach Khirsah sie und bediente sich damit einer respektvollen Floskel, wie sie unter den Zwergen üblich war, »kann ich vielleicht helfen?«

Erschrocken wirbelte Flint herum, um festzustellen, wer da gesprochen hatte.

Der Drache neigte seinen riesigen Kopf. »Verehrter und geschätzter Herr«, wiederholte Khirsah in der Zwergensprache. Erstaunt taumelte Flint nach hinten und stolperte über Tolpan, so daß der Kender auf den Boden fiel.

Der Drache schlängelte seinen Kopf nach unten und ergriff mit seinen Zähnen sanft die Fellweste des Kenders und hob ihn wie ein neugeborenes Kätzchen auf seine Füße.

»Nun, ich… ich weiß nicht«, stammelte Flint, der vor Freude und Verlegenheit über die Anrede des Drachen errötete. »Du könntest… und andererseits könntest du nicht.« Um seine Würde bemüht, war der Zwerg entschlossen, nicht eingeschüchtert zu reagieren. »Ich habe das schon oft getan, weißt du. Auf Drachen zu reiten ist nichts Neues für mich. Es ist nur so, nun, gerade so, daß ich…«

»In deinem ganzen Leben bist du noch nie auf einem Drachen geritten!« unterbrach ihn Tolpan empört. »Und – aua!«

»Es ist nur so, daß ich in letzter Zeit mit wichtigeren Dingen beschäftigt war«, sagte Flint laut, während er Tolpan einen Stoß in die Rippen versetzte, »und ich brauche eine gewisse Zeit, um mich wieder daran zu gewöhnen.«

»Sicherlich, Herr«, erwiderte Khirsah ohne den Anflug eines Lächelns. »Darf ich Euch Flint nennen?«

»Du darfst«, erlaubte der Zwerg schroff.

»Und ich heiße Tolpan Barfuß«, stellte sich der Kender vor und streckte seine kleine Hand aus. »Flint geht nirgendwo ohne mich hin. Oh, ich glaube, du hast keine Hand zum Schütteln. Mach dir nichts draus. Wie heißt du?«

»Die Sterblichen nennen mich Feuerblitz.« Der Drache neigte anmutig seinen Kopf. »Und jetzt, Herr Flint, wenn Ihr Euren Knappen, den Kender, anweisen würdet…«

»Knappe!« wiederholte Tolpan bestürzt. Aber der Drache ignorierte ihn.

»Weist Euren Knappen an aufzusitzen. Ich werde ihm helfen, den Sattel und die Lanze für Euch vorzubereiten.«

Flint strich nachdenklich über seinen Bart. Dann machte er eine hoheitsvolle Geste.

»Du, Knappe«, sagte er zu Tolpan, der ihn mit offenem Mund anstarrte, »steig auf und tu, was dir gesagt wird.«

»Ich… du… wir…«, stotterte Tolpan. Aber der Kender kam nicht dazu, zu sagen, was er sagen wollte, denn der Drache hatte ihn wieder vom Boden gehoben. Khirsah hielt die Fellweste des Kenders fest in seinen Zähnen und ließ ihn auf den Sattel plumpsen, der an seinem bronzenen Körper befestigt war.

Tolpan war so verzaubert, sich tatsächlich auf einem Drachen zu befinden, daß er sofort ruhig wurde, so wie es Khirsahs Absicht gewesen war.

»Nun, Tolpan Barfuß«, sagte der Drache, »versuche, deinem Herrn von hinten in den Sattel zu helfen. Du hast jetzt die richtige Position. Die Metallanzenbefestigung muß auf der vorderen rechten Seite des Reiters sein, im rechten Winkel zu meinem rechten Flügelgelenk und oberhalb meiner rechten Vorderschulter. Verstehst du?«

»Ja, ich verstehe!« schrie Tolpan in höchster Aufregung.

»Der Schild, den du auf dem Boden siehst, wird euch vor den meisten Arten des Drachenatems beschützen…«

»Halt!« schrie der Zwerg, verschränkte seine Arme und schaute wieder dickköpfig. »Was meinst du mit den meisten Arten? Und wie soll ich fliegen und eine Lanze und einen Schild gleichzeitig tragen? Ganz zu schweigen von der Tatsache, daß dieser verdammte Schild größer ist als ich und der Kender zusammen…«

»Ich dachte, Ihr hättet das schon vorher gemacht, Herr Flint!« grölte Tolpan.

Das Gesicht des Zwerges lief vor Wut rot an, und er ließ ein Gebrüll los, das Khirsah aber gewandt unterbrach.

»Herr Flint ist wahrscheinlich nicht an dieses neue Modell gewöhnt, Knappe Barfuß. Der Schild paßt über die Lanze. Die Lanze selbst paßt durch dieses Loch, und der Schild ruht auf dem Sattel und gleitet auf der Schiene von einer Seite zur anderen. Bei einem Angriff braucht ihr euch nur dahinter zu ducken.«

»Reicht mir den Schild, Herr Flint!« kreischte der Kender. Murrend stampfte der Zwerg zu dem riesigen Schild. Unter seinem Gewicht ächzend, schaffte er es doch, ihn hochzuheben und über die Seite des Drachen zu werfen. Mit Hilfe des Drachen konnten der Zwerg und der Kender den Schild befestigen. Dann holte Flint die Drachenlanze. Er warf sie mit der Spitze voran zu Tolpan hoch, der sie ergriff und, nachdem er beinahe das Gleichgewicht verloren hätte und aus dem Sattel gefallen wäre, durch das Loch in dem Schild schob. Als das Ganze gesichert war, bildete die Lanze ein Gegengewicht und schwang leicht und mühelos bei der Führung des Kenders.

»Das ist großartig!« sagte Tolpan, während er experimentierte. »Bums! Da ist ein Drache! Bums! Da kommt ein anderer. Ich… uh!« Tolpan stellte sich auf den Rücken des Drachen und balancierte genauso wie die Lanze. »Flint! Beeil dich! Sie brechen auf. Ich kann Laurana sehen! Sie reitet diesen großen Silberdrachen, und sie fliegt jetzt, um die Linien zu überprüfen. In einer Minute werden sie das Signal geben! Beeil dich, Flint!« Tolpan begann vor Aufregung auf und ab zu hüpfen.

»Zuerst, Herr Flint«, sagte Khirsah, »müßt Ihr die wattierte Weste überziehen. Da… genau. Zieht den Riemen durch diese Schnalle. Nein, nicht diesen. Den anderen… da, Ihr habt es schon.«

»Du siehst aus wie das Wollmammut, das ich einst gesehen habe.« Tolpan kicherte. »Habe ich dir schon diese Geschichte erzählt? Ich…«

»Zum Henker mit dir!« brüllte Flint, der mit der schweren pelzumsäumten Weste kaum laufen konnte. »Wir haben keine Zeit für deine hirnlosen Geschichten.« Der Zwerg stellte sich Nase an Nase mit dem Drachen. »Nun gut, Tier! Wie komme ich jetzt hoch? Und denk daran – wage nicht, einen Zahn an mich zu legen!«

»Gewiß nicht, Herr«, antwortete Khirsah in tiefem Respekt. Der Dache neigte seinen Kopf und breitete einen bronzenen Flügel auf dem Boden aus.

»Nun, das gefällt mir schon besser!« sagte Flint. Stolz strich er über seinen Bart und warf dem erstarrten Kender einen hochmütigen Blick zu. Während sich Flint feierlich am Flügel des Drachen festhielt, wurde er hochgetragen und nahm majestätisch seinen Platz im vorderen Teil des Sattels ein.

»Da ist das Signal!« kreischte Tolpan und sprang hinter Flint in den Sattel zurück. Er stieß seine Absätze gegen die Flanken des Drachen und schrie: »Laßt uns fliegen! Laßt uns fliegen!«

»Nicht so schnell«, gab Flint zurück, der kühl die Funktionsweise der Drachenlanze testete. »He! Wie lenke ich denn?«

»Ihr zeigt mir die Richtung an, indem Dir an den Zügeln zieht«, erklärte Khirsah, während er auf das Signal horchte.

»Ah, ich verstehe«, sagte Flint und griff nach unten.

»Immerhin trage ich die Verantwortung!«

»Gewiß, Herr!« Khirsah erhob sich mit ausgebreiteten Flügeln in die Lüfte.

»Warte, die Zügel…«, schrie Flint und versuchte, sie zu greifen, da sie aus seiner Reichweite glitten.

Still vor sich hinlächelnd, tat Khirsah so, als hätte er nichts gehört.

Die guten Drachen und die Ritter hatten sich auf den östlichen hügeligen Ausläufern der Vingaard-Berge versammelt. Hier waren die eisigen Winterwinde einer warmen Brise aus dem Norden gewichen, die den Frost im Boden wegschmolz. Der schwere Geruch von Wachstum und Erneuerung erfüllte die Luft, als sich die Drachen in blitzenden Bögen erhoben, um ihre Plätze in der Schlachtaufstellung einzunehmen.

Es war ein atemberaubender Anblick. Tolpan wußte, daß er sich ewig daran erinnern würde – und vielleicht sogar noch länger. Bronzene und silberne, goldene und kupferne Flügel leuchteten in der Sonne auf. Die Rüstungen der Ritter strahlten hell. Das Eisvogel-Banner funkelte gegen den blauen Himmel. Die vergangenen Wochen waren glorreich gewesen. Wie Flint gesagt hatte, schien der Verlauf des Krieges schließlich doch noch zu ihren Gunsten umzuschlagen.

Der Goldene General, wie Laurana von ihren Soldaten genannt wurde, hatte scheinbar aus dem Nichts eine Armee geschmiedet. Die Palanthianer hatten sich ihrer Sache angeschlossen. Sie gewann den Respekt der Ritter von Solamnia mit ihren kühnen Ideen und beständigen, entschlossenen Taten. Lauranas Bodenkräfte stürmten aus Palanthas, stoben über die Ebenen, veranlaßten die unorganisierte Armee der Drachenfürstin, der Finsteren Herrin, zu panischer Flucht.

Jetzt, mit einem Sieg nach dem anderen hinter sich und den Drachenarmeen auf der Flucht vor sich, betrachteten die Menschen den Krieg als so gut wie gewonnen.

Aber Laurana wußte es besser. Sie mußten noch die Drachen der Fürstin bekämpfen. Wo sie waren und warum sie noch nicht aufgetaucht waren, hatten Laurana und ihre Offiziere noch nicht herausfinden können. Tag für Tag hielten sich Ritter und Reittiere in Bereitschaft, sich unverzüglich in die Luft zu erheben.

Und jetzt war der Tag gekommen. Die Drachen waren gesichtet worden – Scharen von blauen und roten Drachen strebten, wie berichtet wurde, in westlicher Richtung, um dem unverschämten General und seiner bunt zusammengewürfelten Armee Einhalt zu gebieten.

In einer schimmernden Kette von Silber und Bronze schwebten die Drachen von Weißstein, wie sie genannt wurden, über die Solamnische Ebene. Obwohl alle drachenreitenden Ritter im Fliegen ausgebildet worden waren, soweit es die Zeit erlaubt hatte (mit Ausnahme des Zwerges, der sich standhaft geweigert hatte), war diese Welt der dünnen, niedrighängenden Wolken und der brausenden Luft immer noch neu und fremdartig für sie.

Ihre Banner peitschten wild umher. Die Fußsoldaten unter ihnen wirkten wie Ameisen, die über das Grasland krochen. Für einige Ritter war das Fliegen eine erfrischende Erfahrung, für andere immer wieder eine Mutprobe.

Aber ihnen voran flog immer Laurana, die sie mutig und vorbildlich anführte, auf dem großen Silberdrachen, den ihr Bruder von den Dracheninseln geritten hatte. Das Sonnenlicht war nicht goldener als ihr Haar, das unter ihrem Helm hervorfloß. Sie war für sie, wie die Drachenlanze selbst, zum Symbol geworden – schlank und zierlich, schön und tödlich. Sie wären ihr bis zu den Toren der Hölle gefolgt.

Tolpan, über Flints Schulter spähend, konnte Laurana sehen. Sie ritt an der Spitze, manchmal sah sie sich um, um sicherzugehen, daß alle mitkamen, manchmal neigte sie ihren Kopf, um sich mit ihrem silbernen Reittier zu verständigen. Sie schien alles unter Kontrolle zu haben, so daß der Kender zu dem Entschluß kam, er könnte sich entspannen und den Ritt genießen. Es war wahrhaftig eines der wunderbarsten Erlebnisse seines Lebens. Tränen liefen über sein windgerötetes Gesicht, als er im absoluten Vergnügen hinabschaute. Der kartenliebende Kender hatte die perfekte Karte gefunden. Unter ihm erstreckten sich in winzigen, vollkommenen Einzelheiten Flüsse und Bäume, Hügel und Täler, Städte und Dörfer. Mehr als alles andere in der Welt wünschte sich Tolpan, daß ihm dieser Anblick für immer bleiben könnte.

Warum nicht? fragte er sich plötzlich, ließ Flint los und wühlte in seinen Beuteln. Dann holte er einen Pergamentbogen hervor, den er fest an den Rücken des Zwerges drückte, und begann, mit einem Stück Kohle zu zeichnen.

»Hör auf zu wackeln!« schrie er Flint an, der immer noch mit den Zügeln Schwierigkeiten hatte.

»Was machst du da, du Dummkopf?« gellte der Zwerg, der hektisch hinter seinem Rücken nach Tolpan grabschte, als wollte er sich kratzen.

»Ich zeichne eine Karte!« schrie Tolpan in Ekstase. »Die vollkommene Karte! Ich werde berühmt werden. Sieh mal! Da sind unsere eigenen Soldaten, wie kleine Ameisen! Und da ist Burg Vingaard! Hör auf, dich zu bewegen. Du bringst mich durcheinander.«

Grummelnd gab Flint auf, sowohl nach den Zügeln zu greifen als auch den Kender zu schubsen. Er entschied, sich lieber darauf zu konzentrieren, sich am Drachen festzuhalten und an sein Frühstück zu denken. Er hatte den Fehler begangen, nach unten zu sehen. Jetzt starrte er geradeaus, schaudernd und mit steifem Körper. Der Schweif des Greifs, der seinen Helm schmückte, peitschte bei dem stürmischen Wind heftig um sein Gesicht. Vögel kreisten am Himmel unter ihm. Zuweilen war er sich sicher, daß Drachen, zusammen mit Booten und Pferden, auf die Liste der DINGE, DIE UM JEDEN PREIS ZU VERMEIDEN SIND, gehörten.

»Uh!« keuchte Tolpan aufgeregt. »Da sind Drachensoldaten! Da ist eine Schlacht! Und ich kann das Ganze beobachten!« Der Kender lehnte sich aus dem Sattel und starrte nach unten. Hin und wieder konnte er durch die heftigen Luftwirbel das Klirren von Rüstungen und Schreie und Rufe hören. »Sag mal, können wir nicht mal ein bißchen dichter ranfliegen? Ich – huch! Uh, nein! Meine Karte!«

Khirsah war plötzlich nach unten getaucht. Die Wucht riß das Pergament aus Tolpans Händen. Verzweifelt beobachtete er, wie es wie Laub davonflatterte. Aber ihm blieb keine Zeit, traurig zu sein, denn plötzlich spürte er, wie Flints Körper noch steifer wurde.

»Was? Was ist los?« schrie Tolpan.

Flint schrie etwas und zeigte irgendwohin. Tolpan versuchte verzweifelt, etwas zu sehen oder zu hören, aber in diesem Moment flogen sie in eine niedrighängende Wolke, und der Kender konnte seine eigene Nase nicht mehr erkennen, wie es bei den Gossenzwergen heißt.

Dann tauchte Khirsah aus der Wolkenbank hervor, und Tolpan sah.

»O je!« sagte der Kender eingeschüchtert. Unter ihnen flog eine Drachenschar nach der anderen, die die fernen ameisenkleinen Bodensoldaten überwältigten. Ihre roten und blauen ledernen Flügel waren wie böse Banner ausgebreitet, als sie auf die hilflose Armee des Goldenen Generals herabstießen. Tolpan konnte sehen, wie die festen Reihen der Männer ins Wanken gerieten und auseinanderbrachen, als die furchtbare Drachenangst über sie fegte. Aber sie konnten nirgendwohin laufen, sich nirgendwo im weiten Grasland verstecken. Darum haben die Drachen so lange gewartet, erkannte Tolpan, dem bei dem Gedanken von Feuer und blitzendem Atem, die auf die unbeschützten Soldaten explodieren würden, übel wurde.

»Wir müssen sie aufhalten – uff!«

Khirsah schwenkte so schnell, daß Tolpan beinahe seine Zunge verschluckt hätte. Der Himmel drehte sich um ihn, und einen Augenblick lang hatte der Kender das äußerst interessante Gefühl des Nachobenfallens. Eher instinktiv hielt sich Tolpan an Flints Gürtel fest, als ihm plötzlich einfiel, daß er sich eigentlich auch hätte anschnallen müssen, so wie Flint es getan hatte. Nun, beim nächsten Mal würde er daran denken. Wenn es ein nächstes Mal geben würde. Der Wind umtoste ihn, der Boden drehte sich, als der Drache in Spiralen nach unten schoß. Kender lieben neue Erfahrungen – und dies war sicherlich die aufregendste -, aber Tolpan wünschte sich, daß der Boden bei ihrer Landung nicht aufspringen würde.

»Ich meinte nicht, daß wir sie direkt jetzt aufhalten sollten!« schrie Tolpan Flint zu. Er sah nach oben – oder war es nach unten? – und konnte weit entfernt über ihnen die anderen Drachen erkennen, nein, unter ihnen. Alles war so durcheinander. Jetzt waren die Drachen hinter ihnen! Sie waren an der Spitze! Allein! Was machte Flint überhaupt?

»Nicht so schnell! Mach dieses Ding langsamer!« schrie er Flint an. »Du hast alle anderen hinter uns gelassen! Selbst Laurana!«

Dem Zwerg wäre nichts lieber gewesen, als die Beschleunigung des Drachen zu drosseln. Bei der letzten Drehung waren die Zügel in seine Reichweite geschleudert worden, und jetzt zog er mit seiner ganzen Kraft und schrie: »Brr, Tier, brr!«, denn er erinnerte sich vage, daß dieser Befehl bei Pferden funktionierte. Aber er funktionierte nicht bei einem Drachen.

Für den verängstigten Zwerg war es kein Trost, daß er nicht der einzige war, der Schwierigkeiten mit den Drachen hatte. Hinter ihm brach die leuchtende bronzene und silberne Linie wie durch ein stummes Signal zusammen, als die Drachen in kleinen Gruppen von zwei und drei Tieren davonstoben. Die Ritter zerrten hektisch an den Zügeln, bemüht, die Drachen wieder in eine gerade und ordentliche Reihe zu bringen. Aber die Drachen wußten es besser – der Himmel war ihr Gebiet. Der Luftkampf unterschied sich bei weitem vom Bodenkampf. Sie würden ihren Pferdereitern zeigen, wie man auf einem Drachenrücken kämpft.

Khirsah wirbelte anmutig herum und trieb in eine weitere Wolke, und Tolpan verlor sofort jeglichen Sinn für oben und unten, als der dicke Nebel ihn einhüllte. Dann explodierte der sonnenbeschienene Himmel vor seinen Augen, als der Drache hervorbrach.

Dann brüllte Flint los. Aufgeschreckt sah Tolpan auf und wurde gewahr, daß sie direkt auf eine Schar blauer Drachen zusteuerten, die sie noch nicht gesichtet hatten, da ihre Aufmerksamkeit völlig von der Verfolgung einer Gruppe panischer Fußsoldaten beansprucht war.

»Die Lanze! Die Lanze!« schrie Tolpan.

Flint hantierte mit der Lanze, aber er hatte keine Zeit, sie zurechtzurücken. Es spielte auch keine Rolle. Die blauen Drachen hatten sie immer noch nicht gesehen. Khirsah glitt aus der Wolke und stürzte ihnen nach. Dann raste der junge Drache wie eine bronzene Flamme über die Gruppe der Blauen hinweg. Sein Ziel war ihr Anführer – ein großer blauer Drache mit einem blaubehelmten Reiter. Khirsah schlug auf den führenden Drachen mit allen vier mörderisch scharfen Klauen ein. Die Wucht des Aufschlags warf Flint in seinem Gurt nach vorn. Tolpan fiel auf ihn und drückte den Zwerg nach unten. Hektisch versuchte Flint, wieder hochzukommen, aber Tolpan hielt ihn mit einem Arm fest umklammert. Mit der anderen Hand schlug er auf den Helm des Zwerges und schrie dem Drachen ermutigend zu.

»Das war großartig! Schlag ihn noch mal!« kreischte der Kender wahnsinnig vor Aufregung und schlug Flint wieder auf den Kopf.

Laut in der Zwergensprache fluchend, schleuderte Flint Tolpan von sich. In diesem Moment schwang sich Khirsah nach oben und schoß in eine andere Wolke, bevor die Schar der Blauen auf seinen Angriff reagieren konnte.

Khirsah wartete einen Augenblick, vielleicht um seinen mitgenommenen Reitern eine kurze Erholungspause zu gönnen. Flint setzte sich wieder, und Tolpan legte seine Arme fest um den Zwerg. Er hatte den Eindruck, daß Flint merkwürdig aussah, irgendwie grau im Gesicht und komischerweise besorgt. Aber das war gewiß auch kein normales Erlebnis, erinnerte sich Tolpan. Bevor er Flint fragen konnte, ob er sich gut fühlte, stob Khirsah wieder aus der Wolke.

Tolpan konnte unter sich die blauen Drachen sehen. Der führende Drache hatte mitten in der Luft angehalten und schlug mit seinen riesigen Flügeln. Der Blaue war benommen und leicht verletzt; an seinen Vorderflanken klebte Blut, wo Khirsahs scharfe Krallen die feste, schuppenartige Haut durchrissen hatten. Der Drache und sein blaubehelmter Reiter überprüften den Himmel, suchten nach ihrem Angreifer. Plötzlich zeigte der Reiter auf etwas.

Tolpan riskierte einen schnellen Blick nach hinten und hielt den Atem an. Der Anblick war herrlich. Bronze und Silber blitzten in der Sonne auf, als die Weißstein-Drachen aus der Wolkendecke hervorbrachen und kreischend auf die Schar der Blauen herabstießen. Sofort brach die Formation ihrer Schar zusammen, als die Blauen versuchten, an Höhe zu gewinnen und ihre Verfolger abzuschütteln. Hier und dort entbrannten Kämpfe. Blitze zischten und flackerten, blendeten fast den Kender, als ein riesiger bronzener Drache zu seiner Rechten vor Schmerz aufschrie und vom Himmel stürzte, sein Kopf geschwärzt und brennend. Tolpan sah seinen Reiter hilflos nach den Zügeln greifen, sein Mund zu einem Schrei geöffnet, den der Kender sehen, aber nicht hören konnte, als Drache und Reiter immer tiefer stürzten.

Tolpan starrte auf den Boden und fragte sich gerade benebelt, wie es wohl wäre, im Gras zu zerschmettern, als Khirsah ein Brüllen von sich gab.

Der blaue Anführer erblickte Khirsah und vernahm die Herausforderung. Die anderen Drachen ignorierend, die um ihn herum kämpften, stiegen der blaue Drache und sein Reiter auf, um ihr Duell mit dem bronzenen Drachen fortzusetzen.

»Jetzt seid Ihr an der Reihe, Zwerg! Setzt die Lanze!« schrie Khirsah. Er hob seine Flügel und stob immer weiter nach oben, um die richtige Höhe für ein Manöver zu gewinnen und dem Zwerg Zeit für die Vorbereitungen zu geben.

»Ich halte die Zügel!« schrie Tolpan.

Aber der Kender wußte nicht, ob Flint ihn gehört hatte. Das Gesicht des Zwerges war starr, und er bewegte sich langsam und mechanisch. Fast verrückt vor Ungeduld, konnte Tolpan nichts unternehmen, als die Zügel zu halten und zu beobachten, wie Flint mit seinen grauen Fingern hantierte, bis er es endlich geschafft hatte, den Griff der Lanze unterhalb seiner Schulter zu befestigen und sie zu verankern, wie er es gelernt hatte. Dann bückte er einfach starr nach vorn, sein Gesicht war völlig ausdruckslos.

Khirsah flog immer höher, dann fing er sich, und als Tolpan sich umsah, fragte er sich, wo denn ihre Feinde waren. Er hatte den Blauen und seinen Reiter völlig aus dem Blickfeld verloren. Dann schoß Khirsah plötzlich nach oben, und Tolpan keuchte. Da war ihr Feind – direkt vor ihnen!

Er sah den Blauen sein entsetzliches, mit messerscharfen Zähnen versehenes Maul öffnen. Ihm fielen die Blitze ein, und er duckte sich hinter den Schild. Dann sah er, daß Flint immer noch aufrecht saß und grimmig über den Schild auf den nahenden Drachen starrte! Tolpan griff um Flints Taille, packte den Zwerg am Bart und riß seinen Kopf nach unten hinter den Schild.

Blitze flackerten und krachten um sie herum. Der berstende Donner ließ den Kender und den Zwerg beinahe ohnmächtig werden. Khirsah brüllte vor Schmerz auf, aber er behielt seinen Kurs bei.

Die Drachen schlugen mit den Köpfen gegeneinander, die Drachenlanze durchbohrte ihr Opfer.

Einen Moment lang sah Tolpan nur noch blaue und rote Flecke. Die Welt drehte und drehte sich. Einmal starrten ihn die entsetzlichen feurigen Augen eines Drachen haßerfüllt an. Klauen bewegten sich blitzschnell. Khirsah kreischte auf, der Blaue schrie. Flügel schlugen in der Luft. Der Boden drehte sich in Spiralen, als die kämpfenden Drachen nach unten stürzten.

Warum läßt Feuerblitz nicht los, dachte Tolpan verzweifelt. Dann konnte er es erkennen…

Wir sind ineinander verkeilt, dachte Tolpan benommen. Die Drachenlanze hatte ihr Ziel verfehlt. Sie hatte das Flügelknochengelenk des blauen Drachen getroffen, sich dann in seine Schulter gebogen und saß nun fest. Verzweifelt versuchte der Blaue, sich zu befreien, aber Khirsah, jetzt im Schlachtfieber, peitschte mit seinen scharfen Fängen und reißenden, mit Krallen versehenen Vorderklauen auf den Blauen ein.

Beide Drachen waren in ihren eigenen Kampf so vertieft, daß sie ihre Reiter völlig vergessen hatten. Tolpan hatte auch den anderen Reiter vergessen, bis er plötzlich den blaubehelmten Drachenoffizier bemerkte, der sich nur einige Meter entfernt an seinen Sattel klammerte.

Dann waren Himmel und Erde wieder nur Flecken im wirbelnden Kampf der Drachen. Tolpan sah verschwommen, wie der blaue Helm des Offiziers vom Kopf fiel und sein blondes Haar im Wind flog. Seine Augen waren kalt und hell und nicht im geringsten ängstlich. Er starrte direkt in die Augen des Kenders.

Er kommt mir bekannt vor, dachte Tolpan mit einer merkwürdigen Gleichgültigkeit, als ob das für einen Kender etwas ganz Normales wäre. Wo könnte ich ihn schon einmal gesehen haben? Dann fiel ihm Sturm ein.

Der Drachenoffizier befreite sich aus seinem Gurt und stellte sich in den Bügel auf. Ein Arm – sein rechter Arm – hing schlaff herab, aber die andere Hand griff nach vorn…

Plötzlich wurde Tolpan alles klar. Er wußte genau, was der Offizier beabsichtigte. Es war, als ob der Mann zu ihm gesprochen und ihm seinen Plan ausführlich geschildert hätte.

»Flint!« schrie Tolpan außer sich. »Zieh die Lanze raus! Zieh sie raus!«

Aber der Zwerg hielt die Lanze mit seltsamem abwesendem Blick fest. Die Drachen kämpften und griffen sich mit den Klauen an und bissen sich mitten in der Luft; der Blaue krümmte sich, versuchte, sich von der Lanze zu befreien und gleichzeitig seinen Angreifer abzuwehren. Tolpan sah, daß der Offizier etwas schrie, und der Blaue brach einen Moment den Angriff ab, während er sich in der Luft hielt.

Mit bemerkenswerter Behendigkeit sprang der Offizier von einem Drachen auf den anderen. Mit seinem gesunden Arm packte er Khirsah am Hals und zog sich nach oben, seine kräftigen Beine und Oberschenkel klammerten sich fest um den Hals des kämpfenden Drachen.

Khirsah schenkte dem Menschen keine Beachtung. Seine Gedanken waren völlig auf seinen Feind gerichtet.

Der Offizier warf dem Kender und dem Zwerg schnell einen Blick zu und sah, daß beide keine große Gefahr darstellten; festgeschnallt an ihrem Sattel. Der Offizier zog kühl sein Langschwert und lehnte sich nach unten und begann, die Geschirrgurte am bronzenen Drachen, wo sie die Brust des Tieres vor den Flügeln überkreuzten, zu durchschneiden.

»Flint!« bettelte Tolpan. »Zieh die Lanze heraus! Sieh mal!«

Der Kender schüttelte den Zwerg. »Wenn dieser Offizier das Geschirr durchschneidet, wird unser Sattel hinunterfallen! Die Lanze wird hinunterfallen! Wir werden hinunterfallen!«

Flint drehte in plötzlichem Verstehen langsam seinen Kopf. Er bewegte sich immer noch mit quälender Langsamkeit, seine zitternde Hand fummelte an dem Mechanismus, der die Lanze zurückholen und die Drachen aus ihrer tödlichen Umarmung erlösen würde. Aber würde es noch rechtzeitig geschehen? Tolpan sah das Langschwert in der Luft aufblitzen. Er sah einen Geschirrgurt hängen und dann frei flattern. Es gab keine Zeit zum Denken oder Planen. Während Flint an dem Mechanismus hantierte, hatte sich Tolpan erhoben und die Zügel um seine Taille gebunden. Dann kroch der Kender am Zwerg vorbei, während er sich an den Rand des Sattels klammerte, bis er vor Flint war. Hier legte er sich flach auf den Hals des Drachen, wickelte seine Beine um die dornige Mähne des Drachen, kämpfte sich Zentimeter für Zentimeter nach vorn und kam leise hinter dem Offizier zum Halten.

Der Mann kümmerte sich überhaupt nicht um die beiden Reiter, da er annahm, daß beide sicher in ihren Geschirren gefangen wären. Da seine Aufmerksamkeit nur auf seine Arbeit gerichtet war – das Geschirr war fast gelöst -, wußte er nicht, was ihn traf.

Tolpan hatte sich erhoben und war auf den Rücken des Offiziers gesprungen. Der aufgeschreckte Offizier versuchte verzweifelt, sich am Hals des Drachen festzuklammern, und ließ sein Schwert fallen.

Vor Wut knurrend, versuchte der Offizier auszumachen, was ihn getroffen hatte, als plötzlich alles dunkel wurde. Kleine Arme wickelten sich um seinen Kopf und machten ihn blind. Hektisch lockerte der Offizier seinen Griff am Drachenhals, um sich von dem zu befreien, was – wie er in seiner Wut meinte eine Kreatur mit sechs Armen und Beinen sein mußte – die alle mit einer wanzenähnlichen Hartnäckigkeit an ihm klebten. Aber er spürte, daß er vom Drachen glitt, und war gezwungen, sich wieder an der Mähne festzuhalten.

»Flint! Mach die Lanze frei! Flint…« Tolpan wußte später nicht mehr, was er noch alles gesagt hatte. Der Boden kam immer näher, als die geschwächten Drachen vom Himmel stürzten. Er konnte nicht denken. Weiße Blitze barsten in seinem Kopf, während er sich mit seiner ganzen Kraft an den Offizier hängte, der immer noch unter ihm kämpfte.

Dann ertönte ein metallisches Dröhnen.

Die Lanze war gelöst. Die Drachen waren befreit.

Khirsah breitete seine Flügel aus und zog sich aus dem drehenden Tiefflug hoch. Himmel und Erde waren wieder in ihrer richtigen Position. Tränen strömten über Tolpans Wangen. Ich hatte keine Angst, sagte er sich immer wieder schluchzend. Aber nichts sah so schön aus wie dieser blaue, blaue Himmel der wieder da war, wo er hingehörte!

»Ist mit dir alles in Ordnung?« schrie der Kender.

Der bronzene Drache nickte erschöpft.

»Ich habe einen Gefangenen«, rief Tolpan, dem diese Tatsache plötzlich klar wurde. Langsam ließ er den Mann los, der benommen und halberwürgt seinen Kopf schüttelte.

»Ich nehme an, du wirst jetzt nirgendwohin flüchten«, murmelte Tolpan. Er glitt vom Rücken des Mannes und kroch über die Mähne auf die Schultern des Drachen. Tolpan sah, wie der Offizier in den Himmel spähte und seine Fäuste vor bitterer Wut zusammenballte, als er seine Drachen beobachtete, die von Laurana und ihrer Streitmacht langsam aus dem Himmel getrieben wurden. Der Blick des Offiziers blieb besonders lange auf Laurana haften, und plötzlich wußte Tolpan, wo er ihn schon gesehen hatte.

Der Kender hielt den Atem an. »Du bringst uns lieber nach unten zur Erde, Feuerblitz!« schrie er mit zitternden Händen.

»Beeil dich!«

Der Drache drehte seinen Kopf, um nach seinen Reitern zu sehen, und Tolpan fiel auf, daß ein Auge völlig zugeschwollen war. Eine Seite des bronzenen Kopfes war versengt und voller Brandwunden, und Blut troff aus einer eingerissenen Nüster. Tolpan schaute sich vergeblich nach dem Blauen um.

Als er zum Offizier zurücksah, fühlte sich Tolpan plötzlich herrlich. Ihm fiel wieder ein, was er vollbracht hatte.

»He!« gellte er in Hochstimmung zu Flint. »Wir haben es geschafft! Wir haben einen Drachen bekämpft, und ich habe einen Gefangenen gemacht! Ganz allein!«

Flint nickte langsam. Tolpan drehte sich wieder um und beobachtete, wie der Boden immer näher kam, und der Kender dachte, er habe nie zuvor so… so wunderbar bodenmäßig ausgesehen!

Khirsah landete. Die Fußsoldaten scharten sich um sie, schrien und jubelten. Einer führte den Offizier ab. Tolpan war nicht traurig darüber, bemerkte jedoch, daß der Offizier ihm einen scharfen, durchdringenden Blick zuwarf, bevor er abgeführt wurde. Aber dann vergaß der Kender ihn, als er zu Flint hochsah.

Der Zwerg hing über dem Sattel, sein Gesicht war alt und sah müde aus, seine Lippen waren blau gefärbt.

»Was ist los?«

»Nichts.«

»Aber du hältst deine Brust fest. Bist du verwundet?«

»Nein, bin ich nicht.«

»Warum hältst du dann deine Brust fest?«

Flint knurrte. »Ich vermute, ich werde keinen Frieden finden, bevor ich dir nicht geantwortet habe. Nun gut, wenn du es unbedingt wissen mußt, es liegt an der verdammten Lanze! Und wer auch immer diese dämliche Weste entworfen hat, muß ein größerer Dummkopf als du gewesen sein! Der Schaft der Lanze hat die ganze Zeit direkt gegen mein Schlüsselbein gequetscht. Eine Woche lang werde ich bestimmt grün und blau sein. Und was deinen Gefangenen betrifft, dann ist es ein Wunder, daß ihr beide nicht gestorben seid, du Rattenhirn! Gefangen, pah! Eher ein Zufall, wenn du mich fragst. Und ich sage dir noch etwas! Solange ich lebe, werde ich nie wieder so ein riesiges Vieh besteigen!«

Flint schloß seine Lippen mit einem wütenden Aufschnappen und starrte den Kender so böse an, daß Tolpan sich umdrehte und sich schnell verzog. Der Kender wußte nur zu gut, wenn Flint in dieser Laune war, war es das beste, zu verschwinden und ihn allein zu lassen, damit er sich wieder abregen konnte. Nach dem Abendessen würde es ihm bessergehen.

Erst in der Nacht, als Tolpan sich neben Khirsah zusammengerollt hatte und behaglich an der riesigen bronzenen Flanke des Drachen ruhte, erinnerte er sich, daß Flint die linke Seite seiner Brust umklammert hatte.

Die Lanze war auf der rechten Seite des alten Zwerges gewesen.

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