Ich kniete im Bug des Boots, das dem Mädchen gehörte, und mähte Rence. Mit abgezirkelter Bewegung schwang ich das kleine gebogene Messer schräg durch den Stengel der Pflanze, der mit der linken Hand gehalten wird. Wir schleppten ein zweites Boot hinter uns her, das bereits schwer mit Rence beladen war.
Ich spürte, wie sich das Renceboot bewegte, als das Mädchen hinter mir ihre Balance hielt. Sie war barfuß und trug eine kurze Tunika aus gelbbraunem Rencetuch, und ihr Haar wurde von einem purpurfarbenen Reptuch zusammengehalten. Sie hatte ihren Rock hochgezogen, damit sie sich besser im Boot bewegen konnte. Meine Gedanken beschäftigten sich immer wieder mit ihr. Ihre ziemlich stämmigen Fußgelenke kamen mir kräftig und hübsch vor, ihre Beine eine Idee zu stark, aber wohlgeformt. Ihre Hüften waren süß, ihr Körper biegsam und für die Berührung durch einen Mann wie geschaffen, und ihre vollen Brüste, die sich frei in dem knappen Oberteil des Kleids bewegten, ließen mir keine Ruhe.
Ich war hungrig. Vor Sonnenaufgang hatte sie mir eine Handvoll Rencebrei gegeben, gegen Mittag eine zweite Handvoll.
Ich schnitt Rence. Meine Hände schmerzten und waren wund, aber ich schnitt schweigend weiter.
»Wenn du mir nicht gehorchst«, hatte das Mädchen gesagt, »lasse ich dich fesseln und den Tharlarion zum Fraß vorwerfen. Und hier zu fliehen, hat keinen Sinn. Du wirst von unseren Männern gejagt und von Sumpfspeeren durchbohrt. Du bist mein Sklave!« Und sie hatte recht. Nackt, ohne Waffen, allein im Delta, war eine Flucht unmöglich.
Doch diese äußeren Umstände waren nichts gegen den Zustand meines Herzens. Ich hatte ein Bild von mir gehabt, als Mann, als Krieger – und der Verlust dieses Bildes hatte mich zerbrechen lassen.
Es war heiß. Das Mädchen verschaffte sich Erleichterung, indem sie den Gürtel ihrer Tunika etwas lockerte. Ich konnte den Blick nicht abwenden. Unter dem losen Tuch erahnte ich die Vollkommenheit ihres Körpers.
»Sieh mich nicht so an!« lachte sie. »Kümmere dich um deine Arbeit.«
Ich drehte mich um.
»Du siehst übrigens nett aus in deinem Kragen«, fuhr sie fort. »Hübscher Sklave.«
»Bitte«, sagte ich aufgebracht, »nenn mich nicht so.«
»Ich nenne dich wie ich will«, sagte sie. »Hübscher Sklave.«
Stengel um Stengel schnitt ich, die Zeit teilte sich in die Bewegungen meines Arms. Die Sonne stand schon tief, und Insekten begannen sich lästig bemerkbar zu machen. Das Wasser schimmerte.
Wir schwiegen lange Zeit.
»Darf ich sprechen?« fragte ich schließlich.
»Ja«, sagte sie großzügig.
»Wie kommt es, daß so viele Renceinseln in der Nähe sind?« fragte ich.
»Das Se’Kara-Fest steht bevor«, sagte sie.
»Aber so viele? Das ist doch ungewöhnlich?«
»Du bist recht neugierig für einen Sklaven. Das ist nicht gut. Aber ich will dir sagen, daß Ho-Hak die Inseln aus der näheren Umgebung zu einer Ratsversammlung gerufen hat.«
»Wie viele sind es denn?«
»Fünf«, erwiderte sie. »Es gibt natürlich noch viel mehr – aber sie liegen weiter entfernt, verstreut im Delta.«
»Was ist der Zweck der Versammlung?«
Sie hatte sicher nichts dagegen, mir Auskunft zu geben, war ich doch nur ein Sklave, der dem Sumpf nicht entkommen konnte.
»Er hofft, die Rencebauern zu einen«, sagte sie mit skeptischem Tonfall.
»Wegen des Handels?« fragte ich.
»Deswegen auch«, sagte sie. »Es wäre nützlich, wenn wir ähnliche Qualitätsmerkmale für das Rencepapier hätten, wenn wir es manchmal zusammen ernteten und wenn wir uns manchmal aushelfen könnten. Und natürlich ließe sich gemeinsam ein besserer Preis erzielen.«
»Die Männer aus Port Kar würden sich über eine solche Entwicklung kaum freuen«, sagte ich. »Ich meine die Beamten und die Sklavenhändler.«
»Beamten?« fragte sie. »Ach, die Steuereintreiber im Namen der verschiedenen Ubars der Stadt. Und die Sklavenhändler – zwischen denen und den Steuereintreibern ist manchmal kein Unterschied«, fügte sie bitter hinzu.
»Du glaubst nicht, daß Ho-Haks Plan Erfolg hat?«
»Nein«, sagte sie. »Wir Rencebauern sind unabhängig. Jede unserer Gruppen hat ihre eigene Insel.«
Sie hatte das Boot gewendet und steuerte es nun auf unsere Renceinsel zu, die einen oder zwei Pasang entfernt lag.
»Darf ich sprechen?« fragte ich wieder.
»Ja.«
»Du trägst am linken Arm einen goldenen Armreif. Wie kommt es, daß ein Rencemädchen ein solches Schmuckstück hat?«
»Du darfst nicht sprechen«, sagte sie gereizt. Ich schwieg.
»Hinein«, sagte sie und deutete auf den kleinen runden Eingang zu ihrer Rencehütte.
Ich war überrascht, hatte ich doch erwartet, daß ich wie die Nacht zuvor gefesselt außerhalb im Freien schlafen mußte.
Ich ging auf Hände und Knie nieder, senkte den Kopf und kroch durch die Öffnung.
Sie folgte mir. Die Hütte war zweieinhalb Meter lang und etwa anderthalb Meter breit. Die Wände waren gebogen und gingen ins Dach über, das sich etwa einen Meter über den Boden erhob – eine Hütte, die nur zum Schlafen diente. Das Mädchen entzündete eine winzige Lampe, ein Docht in einer kleinen Kupferschale voll Tharlarionöl. Ihre wenigen Besitztümer befanden sich in der Hütte.
»Morgen ist das Fest«, sagte sie und sah mich an.
Wir knieten nur Zentimeter voneinander entfernt.
»Wenn du mich berührst, mußt du sterben«, sagte sie und begann das Haar zu lösen, das um ihre Schultern herabfiel.
»Dreh dich um, hübscher Sklave«, sagte sie.
Ich ballte die Fäuste und gehorchte. Sie lachte.
»Du bist wirklich ein hübscher Sklave«, sagte sie. »Was für ein Glück für das Mädchen, das dich morgen gewinnt.«
Sie griff in einen Beutel und brachte zwei Händevoll Rencebrei zum Vorschein, den sie mir in den Mund stopfte. Sie selbst knabberte an einem Stück Rencekuchen, während sie mich amüsiert beobachtete, und trank schließlich Wasser aus einer gelben Flasche. Sie stopfte mir den Flaschenhals in den Mund und ließ mich ebenfalls trinken, verschloß die Flasche wieder und stellte sie zur Seite.
»Es ist Zeit zum Schlafen«, sagte sie. »Der hübsche Sklave muß schlafen, denn morgen gibt es viel zu tun.« Sie gab mir ein Zeichen, daß ich mich auf die linke Seite legen sollte, mit dem Gesicht zu ihr. Mit einer Sumpfranke band sie mir dann die Hände auf den Rücken und entrollte ihre Schlafmatte.
Gefesselt mußte ich zusehen, wie sie ihre Tunika löste und von den Schultern gleiten ließ. Sie zog sich vor mir ungeniert nackt aus, als wäre ich ein Tier. Meine Erregung war unübersehbar, und sie hatte nur darauf gewartet.
»Wie ich sehe, mußt du bestraft werden«, sagte sie und schlug heftig zu.
Ich stöhnte auf.
Sie vergaß mich sofort wieder und machte sich daran, einen kleinen Rencebeutel zu stopfen, der in einer Ecke der Hütte hing.
Ich rührte mich währenddessen nicht. Ich war ein Krieger Ko-ro-bas gewesen. Doch hier im Delta des Vosk hatte ich erfahren müssen, daß ich im tiefsten Innern unwürdig und verdorben, wertlos und verängstigt war – kurzum, ein Feigling. Ich war ein Krieger Ko-robas gewesen, doch jetzt war ich nur noch der Sklave eines Mädchens.
»Darf ich sprechen?« fragte ich.
»Ja«, sagte sie, ohne aufzublicken.
»Meine Herrin hat mir nicht einmal ihren Namen genannt. Darf ich diesen Namen erfahren?«
»Telima«, sagte sie und beendete ihre Näharbeit. Sie hängte den Beutel an die Wand, kniete sich auf ihrer Matte nieder und blies die kleine Lampe aus. »Der Name deiner Herrin ist Telima.«
Wir lagen in der Dunkelheit nebeneinander. Ihr Haar berührte mich.
»Schläfst du, hübscher Sklave?« fragte sie schließlich. Ihre Hand berührte meinen Bauch, glitt tiefer und streichelte die Innenseite meiner Schenkel.
»Nein«, keuchte ich, außer mir vor Erregung.
»Anscheinend findest du deine Herrin schön«, sagte sie.
»Ja.«
»Ah, du scheinst deine Lektion noch nicht gelernt zu haben.«
»Bitte schlag mich nicht noch einmal.«
»Ich bin eine freie Frau. Wagst du eine freie Frau zu begehren?«
»Nein«, sagte ich.
Plötzlich umfingen ihre Hände meinen Kopf, und ihre Lippen preßten sich auf die meinen. Zu meinem Entsetzen vermochte ich ihrem Kuß nicht zu widerstehen, und ihre Zähne gruben sich in meine Lippen, und ich schmeckte Blut, mein Blut, dann stieß sie mir ihre Zunge in den Mund, kühn und besitzergreifend – und plötzlich biß sie mich schräg über die Lippen, damit ich am Morgen, wenn ich im Fest als Preis ausgeschrieben war, die Zeichen der Eroberung meiner Herrin deutlich sichtbar zur Schau trug.
Ich war erschüttert. Das Mädchen hatte mir den Kuß der Herrin an einen Schoß-Sklaven gegeben.
»Du tust, was ich dir sage«, befahl sie.
Dann setzte sie sich rittlings auf mich und gebrauchte mich für ihr Vergnügen. 36