11
Drei Leute können ein Geheimnis bewahren, wenn zwei von ihnen tot sind.
– Benjamin Franklin,
›Des armen Richard Almanach‹ (1735)
Drei kalte Tage vergingen. Das Thermometer schaffte es nicht über die Minus-zwanzig-Marke, nicht einmal mittags. Shadow fragte sich, wie die Menschen dieses Wetter vor der Erfindung der Elektrizität überlebt hatten, bevor es Thermogesichtsmasken und Thermounterwäsche gab, bevor das Reisen so leicht war wie heute.
Er war zum Video-, Bräunungs- und Angelausrüstungsladen gefahren und ließ sich Hinzelmanns handgeknüpfte Forellenfliegen zeigen. Sie waren interessanter, als er gedacht hätte: bunte Imitationen des Lebens, aus Federn und Faden gemacht, darunter immer ein Haken versteckt.
Er fragte Hinzelmann.
»Ganz im Ernst jetzt?«, sagte Hinzelmann.
»Ganz im Ernst.«
»Tja«, sagte der Ältere. »Manchmal haben sie es nicht überlebt, sondern sind daran gestorben. Aber undichte Schornsteine und schlecht belüftete Öfen und Herde haben ebenso viele Menschen zu Tode gebracht wie die Kälte. Es waren eben schwere Zeiten – Sommer und Herbst wurden damit verbracht, Vorräte an Nahrung und Feuerholz anzulegen. Das Schlimmste aber war das Wahnsinnigwerden. Ich habe im Radio gehört, dass es was mit dem Sonnenlicht zu tun hat, dass es davon im Winter nicht genug gibt. Mein Vater hat mir mal erzählt, dass die Leute einfach durchgedreht sind – Winterwahn hat man es genannt. In Lakeside ging es noch, aber in anderen Ortschaften der Gegend war es richtig übel. Es gab da eine Redensart, die noch in meiner Kindheit im Umlauf war: Wenn das Hausmädchen im Februar noch nicht versucht hat, einen umzubringen, dann taugt sie nichts.
Geschichtenbücher waren wie Goldstaub – alles was man lesen konnte, wurde wie ein Schatz gehütet, damals, bevor wir die Leihbücherei bekamen. Als mein Großvater von seinem Bruder aus Bayern ein Buch mit Geschichten zugeschickt bekam, haben sich alle Deutschen im Rathaus versammelt, um es sich von ihm vorlesen zu lassen, und die Finnen und die Iren und was es sonst noch gab, die haben sich von den Deutschen die Geschichten nacherzählen lassen.
Zwanzig Meilen südlich von hier, in Jibway, hat man mal eine Frau aufgefunden, die splitternackt im Winter auf der Straße stand, mit einem toten Säugling an der Brust, aber sie hat nicht zugelassen, dass man ihn ihr wegnahm.« Er schüttelte nachdenklich den Kopf und ließ die Fliegenvitrine zuschnappen. »Böse Sache. Möchten Sie einen Videoleihausweis? Irgendwann werden sie zwar auch hier so ein Blockbuster aufmachen, das uns aus dem Geschäft drängt, aber vorerst haben wir hier noch ein ganz ansehnliches Angebot.«
Shadow erinnerte Hinzelmann daran, dass er weder einen Fernseher noch einen Videorecorder besaß. Er genoss Hinzelmanns Gesellschaft – die Erinnerungen, die fantastischen Geschichten, das koboldhafte Grinsen des alten Mannes. Es hätte das Verhältnis zwischen ihnen belasten können, wenn Shadow zugegeben hätte, dass er nicht mehr so scharf aufs Fernsehen war, seit dieses angefangen hatte, Gespräche mit ihm zu führen.
Hinzelmann wühlte in einer Schublade und zog bald darauf eine Blechbüchse hervor – vom Aussehen her eine ehemalige Weihnachtsbüchse, die etwa Schokolade oder Kekse enthalten haben mochte: Ein gefleckter Weihnachtsmann, der eine Kiste Coca-Cola in den Händen hielt, strahlte vom Deckel herunter. Hinzelmann hob vorsichtig den Blechdeckel ab, und darunter kamen ein Notizbuch und ein Stapel unbeschrifteter Loszettel zum Vorschein. »Für wie viele soll ich Sie eintragen?«, sagte er.
»Wie viele was?«
»Rostlauben-Lose. Heute geht sie aufs Eis, also haben wir angefangen, Lose zu verkaufen. Ein Los kostet fünf Dollar, zehn gibt’s für vierzig, zwanzig für fünfundsiebzig. Pro Los sichern Sie sich fünf Minuten. Natürlich können wir nicht versprechen, dass sie in Ihren fünf Minuten untergeht, aber die Person, die am dichtesten dran ist, kann fünfhundert Dollar gewinnen. Sollte sie tatsächlich innerhalb Ihrer fünf Minuten untergehen, gewinnen Sie sogar eintausend Dollar. Je früher Sie Ihre Lose kaufen, desto weniger Zeiten sind schon vergeben. Möchten Sie das Info mal sehen?«
»Klar.«
Hinzelmann reichte Shadow eine Fotokopie. Die Rostlaube war ein altes Auto mit ausgebautem Motor und Benzintank, das im Winter draußen auf dem Eis abgestellt wurde. Irgendwann im Frühling würde das Eis auf dem See schmelzen, bis es zu dünn war, das Gewicht weiter zu tragen, und der Wagen schließlich versank. Als frühestes Datum, an dem die Rostlaube je im See versackt war, wurde der 27. Februar angegeben (»Das war im Winter 1998. Ich glaube nicht, dass man den überhaupt rechtmäßig als Winter bezeichnen konnte«), als spätestes der 1. Mai (»Das war 1950. In dem Jahr schien es, als würde der Winter erst zu Ende gehen, wenn ihm jemand einen Pfahl durchs Herz hämmerte«). Anfang April war offenbar die Zeit, in der das Versinken am wahrscheinlichsten war – für gewöhnlich mitten am Nachmittag.
Alle Nachmittage im April waren bereits vergeben und in Hinzelmanns liniertem Notizbuch abgehakt. Shadow kaufte einen Zeitraum von dreißig Minuten am Morgen des 23. März, von 9 Uhr bis 9 Uhr 30. Er gab Hinzelmann dreißig Dollar.
»Wenn nur alle in der Stadt so gute Käufer wären wie Sie«, sagte Hinzelmann.
»Es ist ein kleines Dankeschön dafür, dass Sie mich in der Nacht, als ich in die Stadt gekommen bin, mitgenommen haben.«
»Nein, Mike«, sagte Hinzelmann. »Es ist für die Kinder.« Für einen Moment sah er ganz ernst aus, keine Spur von Verschmitztheit lag in seinem alten Faltengesicht. »Kommen Sie heute Nachmittag zum See, Sie können uns helfen, die Rostlaube aufs Eis zu schieben.«
Er übergab Shadow sechs blaue Loszettel, auf denen in Hinzelmanns altmodischer Handschrift jeweils Datum und Zeit vermerkt waren, dann trug er den Vorgang in sein Notizbuch ein.
»Hinzelmann«, sagte Shadow. »Haben Sie schon mal von Adlersteinen gehört?«
»Eagle Stones? Ist das nicht nördlich von Rhinelander? Ach nee, das ist Eagle River. Nein, ich glaube nicht.«
»Wie steht’s mit Donnervögeln?«
»Nun, es gab mal die Thunderbird-Rahmengalerie oben in der Fifth Street, aber die hat zugemacht. Ich bin Ihnen keine Hilfe, wie?«
»Nö.«
»Tja, gehen Sie doch zur Bücherei und schlagen Sie dort nach. Nette Leute da, könnten allerdings ein bisschen abgelenkt sein wegen dem Bücherverkauf, der diese Woche läuft. Ich habe Ihnen die Bücherei doch gezeigt, oder?«
Shadow nickte und verabschiedete sich. Es ärgerte ihn, dass er nicht selbst an die Bücherei gedacht hatte. Er stieg in den lila Geländewagen und fuhr auf der Main Street nach Süden und folgte anschließend dem See zum südlichsten Punkt, bis er das schlossähnliche Gebäude erreichte, das die Stadtbücherei beherbergte. Er ging hinein. Ein Schild wies in den Keller: BÜCHEREIVERKAUF stand darauf geschrieben. Die eigentliche Bücherei befand sich im Erdgeschoss. Er stampfte sich den Schnee von den Stiefeln.
Eine streng wirkende Frau mit geschürzten purpurroten Lippen erkundigte sich, ob sie ihm behilflich sein könne.
»Tja, ich brauche wohl einen Leseausweis«, sagte er. »Außerdem möchte ich alles über Donnervögel wissen.«
Alles über die Mythen und Traditionen der amerikanischen Ureinwohner fand auf einem einzelnen Regalbord in einem der schlossartigen Türmchen Platz. Shadow zog einige Bücher heraus und setzte sich damit auf die Fensterbank. Nach wenigen Minuten hatte er erfahren, dass Donnervögel sagenhafte Riesenvögel waren, die auf den Bergspitzen lebten. Blitze ausschickten und mit den Flügeln schlugen, um den Donner zu machen. Es gab einige Stämme, so las er, die glaubten, dass die Donnervögel die Welt erschaffen hatten. Er setzte seine Lektüre noch eine halbe Stunde fort, ohne dass sich weitere Erkenntnisse ergaben; in keinem der Bücher jedoch waren irgendwelche Adlersteine im Register aufgeführt.
Shadow war eben dabei, die letzten Bücher ins Regal zurückzustellen, als er bemerkte, dass ihn jemand beobachtete. Eine kleine, sehr ernst wirkende Person spähte um die schweren Regale herum zu ihm hin. Als er sich umdrehte, verschwand das Gesicht. Er wandte dem Jungen den Rücken zu und warf dann einen Blick über die Schulter, nur um festzustellen, dass er weiterhin beobachtet wurde.
Den Liberty-Dollar trug er nach wie vor in der Hosentasche bei sich. Er zog ihn heraus und hielt ihn mit der rechten Hand hoch, damit der Junge ihn sehen konnte. Dann platzierte er ihn in die Fingerpalmage der linken Hand, zeigte zwei scheinbar leere Hände vor, hob die Linke an den Mund und hustete einmal, wobei er die Münze von der linken in die rechte Hand fallen ließ.
Der Junge starrte ihn mit aufgerissenen Augen an, dann stürmte er davon, um wenige Augenblicke später mit einer unwilligen Marguerite Olsen im Schlepptau zurückzukehren, die Shadow misstrauisch ansah. »Hallo, Mister Ainsel«, sagte sie. »Leon behauptet, Sie hätten ihm was vorgezaubert.«
»Nur ein bisschen Fingerfertigkeit, Ma’am. Übrigens habe ich mich bei Ihnen noch gar nicht für den guten Ratschlag bedankt, wie man die Wohnung beheizt. Inzwischen hab ich’s richtig schön warm bei mir.«
»Sehr schön.« Ihr eisiger Gesichtsausdruck verriet keinerlei Aussichten auf Tauwetter.
»Das ist eine wunderbare Bücherei hier«, sagte Shadow.
»Es ist ein schönes Gebäude. Aber die Stadt hätte etwas nötig, was vielleicht weniger schön, dafür aber praktischer wäre. Gehen Sie noch nach unten zum Büchereiverkauf?«
»Hatte ich eigentlich nicht vor.«
»Das sollten Sie aber. Es ist für einen guten Zweck.«
»Na, dann werde ich es mir nicht nehmen lassen.«
»Gehen Sie durch den Flur und dann die Treppe runter. Bis demnächst, Mister Ainsel.«
»Sagen Sie doch Mike«, sagte er.
Sie sagte gar nichts weiter, sondern nahm Leon stattdessen an die Hand und zog ihn hinüber zur Kinderabteilung.
»Aber Mama«, hörte Shadow den Jungen sagen. »Das waren keine fertigen Finger. Wirklich nicht. Ich hab gesehen, wie sie erst verschwunden und dann aus seiner Nase gefallen ist. Ich hab’s doch gesehen!«
Ein Ölbildnis von Abraham Lincoln blickte von der Wand zu ihm herunter. Shadow stieg die Eichen- und Marmorstufen zum Keller hinab, ging durch eine Tür und betrat einen großen Raum, in dem zahlreiche Tische standen, jeder mit Büchern aller Art bedeckt, bunt gemischt und ohne erkennbare Ordnung: Taschenbücher und Hardcovers, Belletristik und Sachbücher, Zeitschriften und Lexika, alles stand oder lag Seite an Seite auf den Tischen.
Shadow schlenderte durch den Raum zu einem Tisch, auf dem lauter alt aussehende Lederbände lagen, jeweils mit einer weiß aufgemalten Katalognummer auf dem Buchrücken. »Sie sind der Erste überhaupt, der heute in diese Ecke hier kommt«, sagte der Mann, der neben dem Stapel leerer Kisten und Tüten und der kleinen offenen Geldkassette saß. »Die meisten interessieren sich nur für die Krimis, die Kinderbücher und die Liebesromane. Jenny Kerton, Danielle Steele und so weiter.« Der Mann las offenbar gerade in Alibi von Agatha Christie. »Alles, was auf den Tischen liegt, kostet fünfzig Cent pro Buch, oder drei Bücher für einen Dollar.«
Shadow bedankte sich und stöberte weiter. Er fand ein in braunes Leder gebundenes Exemplar von Herodots Historien, das schon in Auflösung begriffen war. Er musste an das Taschenbuchexemplar denken, das er im Gefängnis zurückgelassen hatte. Es gab auch ein Buch namens Sensationelle Salonzaubereien, das so aussah, als könnte es ein paar Münzentricks enthalten. Er trug beide Bücher zu dem Mann mit der Geldkassette.
»Nehmen Sie sich ruhig noch eins, kostet ja trotzdem nur einen Dollar«, sagte der Mann. »Außerdem tun Sie uns einen Gefallen, wenn Sie ein zusätzliches mitnehmen. Wir brauchen den Regalplatz.«
Shadow ging zurück zu den alten Lederbänden. Er beschloss, dasjenige Buch seinem Schicksal zu entreißen, das die geringsten Aussichten besaß, von jemand anders gekauft zu werden, sah sich aber kurz darauf außerstande, eine Entscheidung zwischen Weit verbreitete Erkrankungen der Harnwege, mit ärztlichen Illustrationen und Protokolle des Stadtrats von Lakeside, 1872-1884 zu treffen. Er betrachtete die Illustrationen in dem Medizinbuch und befand, dass es wahrscheinlich irgendwo in der Stadt einen Jungen gab, der das Buch gut gebrauchen konnte, um seine Freunde ein bisschen zu schocken. Er nahm also die Protokolle mit zu dem Mann an der Kasse, der den Dollar in Empfang nahm und alle Bücher in eine braune Einkaufstüte packte.
Shadow verließ die Bücherei. Während der ganzen Fahrt nach Hause hatte er einen klaren Blick auf den See. Er konnte sogar sein Apartmenthaus sehen, das sich wie ein Puppenhaus hinter der Brücke erhob. Da waren Menschen auf dem Eis, nahe der Brücke, vier oder fünf Männer, die gerade ein dunkelgrünes Auto in die Mitte des Sees bugsierten.
»23. März«, beschwor Shadow leise murmelnd den See. »Zwischen neun und neun Uhr dreißig.« Er fragte sich, ob der See oder die Rostlaube ihn würden hören können – und ob sie ihm, falls sie es konnten, überhaupt Beachtung schenken würden. Er hatte da so seine Zweifel.
Der Wind blies ihm scharf ins Gesicht.
Officer Chad Mulligan wartete vor Shadows Wohnung. Shadow klopfte sofort das Herz, als er das Polizeiauto sah; er beruhigte sich erst ein wenig, als er feststellte, dass der Polizist vorn saß und mit irgendwelchem Papierkram beschäftigt war.
Er ging mit der Büchertüte unter dem Arm auf den Wagen zu.
Mulligan ließ das Fenster herunter. »Büchereiverkauf?«
»Ja.«
»Ich hab da vor zwei, drei Jahren eine Kiste mit Büchern von Robert Ludlum gekauft. Wollte ich eigentlich immer mal lesen. Mein Cousin schwört auf den. Na ja, schätze, wenn es mich irgendwann mal auf eine einsame Insel verschlägt und ich meine Robert-Ludlum-Kiste dabeihabe, dann kann ich das alles nachholen.«
»Irgendwas Bestimmtes, das ich für Sie tun kann, Chief?«
»Aber wo. Dachte, ich schau einfach mal vorbei und sehe nach, wie Sie sich eingelebt haben. Vielleicht kennen Sie ja das chinesische Sprichwort: Wer jemandem das Leben gerettet hat, der ist für denjenigen verantwortlich. Na gut, ich will nicht behaupten, dass ich Ihnen letzte Woche das Leben gerettet hätte. Aber ich dachte trotzdem, ich sollte mal nachsehen. Wie macht sich das lila Gunthermobil?«
»Gut«, sagte Shadow. »Läuft tadellos.«
»Freut mich zu hören.«
»Ich habe meine Nachbarin in der Bücherei getroffen«, sagte Shadow. »Marguerite Olsen. Und allmählich frage ich mich …«
»Was ihr in den Hintern gekrochen und dort verendet ist?«
»Wenn Sie es so ausdrücken wollen.«
»Lange Geschichte. Wenn Sie auf eine kleine Tour mitkommen wollen, erzähle ich Ihnen alles.«
Shadow überlegte kurz. »Okay«, sagte er. Er stieg ins Auto und setzte sich auf den Beifahrersitz. Mulligan fuhr nach Norden aus der Stadt heraus. Dann hielt er neben der Straße und schaltete das Licht aus.
»Darren Olsen hat Marge an der University of Wisconsin in Stevens Point kennen gelernt und sie mit zurück in den Norden nach Lakeside gebracht. Ihr Hauptfach war Journalismus. Er studierte, ach Scheiß, Hotelmanagement oder irgend so was. Als sie hier ankamen, haben alle große Augen gemacht. Das war, na, vor dreizehn oder vierzehn Jahren. Sie war so wunderschön … die schwarzen Haare …« Er hielt inne. »Darren führte das Motel America drüben in Camden, zwanzig Meilen westlich von hier. Das Problem war nur, dass anscheinend nie jemand in Camden absteigen wollte, und irgendwann musste das Motel dichtmachen. Sie hatten zwei Jungen. Sandy war zu der Zeit elf. Der Kleine – Leon, stimmt’s? – war noch ein Baby.
Darren Olsen war nie besonders tapfer. Auf der Highschool war er zwar ein guter Footballspieler gewesen, aber das war auch das letzte Mal, dass er sich als Überflieger gezeigt hat. Na egal. Er fand jedenfalls nicht den Mut, Margie zu sagen, dass er seinen Job verloren hatte. Einen Monat, vielleicht zwei Monate lang fuhr er also jeden Morgen früh weg, kam spät am Abend wieder und klagte über den harten Tag, den er im Motel gehabt hätte.«
»Was hat er denn gemacht?«, fragte Shadow.
»Hm. Könnte ich nicht mit Sicherheit sagen. Ich würde vermuten, dass er nach Ironwood raufgefahren ist, vielleicht auch runter nach Green Bay. Er wird auf Arbeitssuche gegangen sein. Bald aber hat er seine Zeit vertrunken, sich zugedröhnt und höchstwahrscheinlich hin und wieder ein bisschen schnelle Befriedigung bei einer Prostituierten verschafft. Kann auch sein, dass er im Spielsalon war. Mit Sicherheit weiß ich aber, dass er ihr gemeinsames Konto innerhalb von zehn Wochen leer geräumt hat. Es war nur eine Frage der Zeit, dass Margie dahinter kam – ah, sieh mal an!«
Er schwenkte den Wagen auf die Straße, schaltete die Sirene und die Alarmlichter ein und jagte damit einem Männlein in einem Auto mit Iowa-Kennzeichen, das gerade mit hundertzwanzig den Hügel heruntergekommen war, einen höllischen Schrecken ein.
Nachdem der iowanische Verkehrsrowdy sein Strafmandat in Empfang genommen hatte, kehrte Mulligan zu seiner Geschichte zurück.
»Wo war ich? Ah ja. Margie schmeißt ihn also raus und reicht die Scheidung ein. Es gibt eine wüste Schlacht ums Sorgerecht. So heißt das immer, wenn die Zeitschrift People über solche Fälle berichtet. Schlacht ums Sorgerecht. Sie bekam die Kinder zugesprochen. Darren erhielt Besuchsrecht und sonst so gut wie nichts. Also, Leon war damals noch ziemlich klein. Sandy war älter, ein guter Junge, so einer, der seinen Daddy anbetet. Wollte nicht zulassen, dass Margie irgendwas Schlechtes über ihn sagt. Sie verloren das Haus – hatten ein hübsches Häuschen in der Daniels Road gehabt. Sie zog in die Wohnung. Er verließ die Stadt. Kam alle sechs Monate auf Besuch und machte alle unglücklich.
Das ging so über ein paar Jahre. Er kam hierher, gab viel Geld für die Kinder aus, und Margie war ein heulendes Elend. Die meisten von uns hatten bald nur noch den Wunsch, dass er nie mehr wiederkommen würde. Seine Eltern waren nach Florida gezogen, als sie in Rente gingen, haben gemeint, sie würden den Winter in Wisconsin nicht mehr ertragen. Letztes Jahr ist er also hier rausgekommen und wollte die Jungen über Weihnachten mit nach Florida nehmen. Margie hat darauf gesagt, das könne er vergessen, er solle sich verziehen. Die Sache wurde ziemlich unangenehm – einmal musste ich sogar einschreiten. Familiäre Streitigkeiten. Als ich ankam, hat Darren vor dem Haus gestanden und rumgegrölt, die Jungen konnten kaum die Fassung bewahren, und Margie war am Weinen.
Ich hab zu Darren gesagt, dass er sich auf eine Nacht in der Zelle einrichten kann, wenn er so weitermachen würde. Kurzfristig dachte ich schon, er würde mich schlagen wollen, aber er war noch nüchtern genug, das bleiben zu lassen. Ich hab ihn dann runter zur Wohnwagenkolonie südlich der Stadt gefahren, hab ihm gesagt, er soll Vernunft annehmen. Er hätte ihr genug angetan … Am nächsten Tag hat er die Stadt verlassen.
Zwei Wochen später ist Sandy verschwunden. Ist nicht in den Schulbus gestiegen. Hat seinem besten Freund erzählt, er würde seinen Dad bald treffen, Darren würde ihm ein besonders cooles Geschenk machen, als Ersatz fürs verpasste Weihnachten in Florida. Seitdem hat ihn niemand gesehen. Entführungsfälle, in denen der nicht sorgeberechtigte Elternteil beteiligt ist, sind die kompliziertesten. Es ist ziemlich schwer, ein Kind zu finden, das nicht gefunden werden will, verstehen Sie?«
Shadow bejahte. Es gab aber noch etwas, was er verstand: Chad Mulligan war in Marguerite Olsen vernarrt. Shadow fragte sich, ob der Mann wusste, wie offensichtlich das war.
Abermals setzte Mulligan den Wagen mit blinkenden Lichtern in Bewegung und ließ ein paar Teenager, die hundert gefahren waren, am Straßenrand halten. Er verpasste ihnen aber keinen Strafzettel, sondern »wollte ihnen nur ein bisschen Gottesfurcht einpflanzen«.
Abends saß Shadow am Küchentisch und versuchte nachzuvollziehen, wie man einen Silberdollar in einen Penny verwandelte. Es handelte sich um einen Trick, auf den er in Sensationelle Salonzaubereien gestoßen war, aber die Anleitung machte ihn wahnsinnig, weil sie undeutlich und deshalb wenig hilfreich war. Formulierungen wie »Lassen Sie den Penny anschließend auf die übliche Weise verschwinden« kamen in beinahe jedem Satz vor. Was war, fragte sich Shadow, in diesem Zusammenhang »die übliche Weise«? Französisches Fallenlassen? In den Ärmel schnippen? »O mein Gott! Achtung, ein Berglöwe!« schreien und die Münze in die Seitentasche stecken, während die Aufmerksamkeit des Publikums abgelenkt war?
Er warf den Silberdollar in die Luft und fing ihn wieder auf, während er kurz an den Mond und an die Frau dachte, von der er den Silberdollar bekommen hatte, dann versuchte er sich an der Illusion. Es schien nicht zu funktionieren. Er ging ins Bad, um es vor dem Spiegel zu probieren, und fand seine Vermutung bestätigt: Der Trick, so wie er beschrieben war, funktionierte einfach nicht. Seufzend steckte er die Münzen wieder in die Tasche und ließ sich auf dem Sofa nieder. Er breitete den billigen Überwurf über den Beinen aus und schlug die Protokolle des Stadtrats von Lakeside, 1872-1884 auf. Die zweispaltig gedruckte Schrift war so klein, dass man sie kaum entziffern konnte. Er blätterte ein bisschen herum und sah sich die Reproduktionen von Fotografien aus der betreffenden Zeit an, die mehrere Inkarnationen des Stadtrats von Lakeside abbildeten: lange Backenbärte, Tonpfeifen, ramponierte und blank gewetzte Hüte, darunter Gesichter, die ihm oft seltsam vertraut vorkamen. Ohne große Überraschung stellte er fest, dass der beleibte Schriftführer des Stadtrats von 1882 ein gewisser Patrick Mulligan gewesen war: Rasierte man ihn und ließ ihn zwanzig Pfund abnehmen, konnte er gut für Chad Mulligan durchgehen, seinen – was? Ururenkel? Shadow forschte, ob auch Hinzelmanns Pioniergroßvater irgendwo abgebildet war, aber anscheinend war dieser kein geeigneter Mann für den Stadtrat gewesen. Shadow meinte, er hätte den Namen Hinzelmann irgendwo im Text auftauchen sehen, als er von Foto zu Foto geblättert hatte, aber als er jetzt zurückblätterte, fand er die Stelle nicht wieder. Die kleine Schrift tat allmählich seinen Augen weh.
Er legte das Buch auf der Brust ab und merkte, dass er schläfrig war. Es wäre töricht, auf dem Sofa einzunicken, befand er nüchtern. Das Schlafzimmer war nur wenige Meter entfernt. Andererseits würden das Schlafzimmer und das Bett auch in fünf Minuten noch da sein, und überhaupt, er hatte gar nicht die Absicht zu schlafen, er wollte nur mal eben die Augen ein bisschen ausruhen …
Tosende Dunkelheit.
Er stand auf freier Ebene. Neben ihm war die Stelle, aus der er einst hervorgekrochen war, aus der ihn die Erde herausgepresst hatte. Immer noch fielen Sterne vom Himmel, und aus jedem Stern, der die rote Erde berührte, wurde ein Mann oder eine Frau. Die Männer hatten langes schwarzes Haar und hohe Wangenknochen. Die Frauen sahen alle aus wie Marguerite Olsen. Es waren die Sternenmenschen.
Sie sahen ihn mit dunklen, stolzen Augen an.
»Erzählt mir von den Donnervögeln«, sagte Shadow. »Bitte. Nicht um meinetwillen. Um meiner Frau willen.«
Einer nach dem anderen wandten sie ihm den Rücken, und als er ihre Gesichter aus den Augen verlor, waren sie verschwunden, waren eins mit der Landschaft geworden. Aber die Letzte von ihnen, die mit den weißen Strähnen im dunkelgrauen Haar, deutete, bevor sie sich abwandte, auf den weinfarbenen Himmel.
»Frage sie selbst«, sagte sie. Sommerblitze flackerten am Horizont und erleuchteten zeitweilig die Landschaft, so weit das Auge reichte.
In seiner Nähe befanden sich hohe Felsen, Türme und Erhebungen aus Sandstein, und Shadow schickte sich an, die nächstgelegene zu erklimmen. Eine spitz zulaufende Erhebung, die die Farbe von altem Elfenbein aufwies. Er griff nach einem Halt und fühlte, wie er sich in die Hand schnitt. Das ist Knochen, dachte Shadow. Kein Stein. Trockener alter Knochen.
Es war ein Traum, und im Traum hat man keine Wahl: Entweder gibt es keine Entscheidungen zu treffen, oder sie sind schon, lange bevor der Traum begann, für einen getroffen worden. Shadow kletterte weiter. Die Hände taten ihm weh. Knochen brachen hervor und zerknirschten unter seinen bloßen Füßen. Der Wind zerrte an ihm. Er drückte sich an den Turm und kletterte immer weiter nach oben.
Der Turm, stellte er fest, bestand aus nur einer einzigen Art von Knochen, die sich fortwährend wiederholte. Alle diese Knochen waren trocken und kugelig. Er stellte sich vor, dass es die Eierschalen eines riesigen Vogels waren. Ein neuerliches Blitzezucken belehrte ihn jedoch eines Besseren: Die Knochen hatten Augenlöcher und Zähne, die zu einem freudlosen Grinsen entblößt waren.
Von irgendwo riefen Vögel. Regen spritzte ihm ins Gesicht.
Er hing gut und gern hundert Meter an einem Knochenturm über dem Boden, während die Blitze in den Flügeln der schattenhaften Vögel zuckten, der Vögel, die die Turmspitze umflogen – gewaltige, schwarze, kondorartige Vögel, alle mit einer weißen Krause am Hals. Es waren riesige, elegante, furchtbare Vögel, und das Schlagen ihrer Flügel hallte in der Nachtluft wie Donner.
Sie kreisten um die Turmspitze.
Sie messen von einer Flügelspitze zur anderen bestimmt fünf, sechs Meter, dachte Shadow.
Auf einmal brach der erste Vogel aus seinem Gleitflug aus und kam, während blaue Blitze in den Flügeln prasselten, auf ihn zu. Shadow drückte sich in einen Schädelspalt hinein, leere Augenhöhlen starrten, elfenbeinerne Zähne grinsten ihn an, aber er hörte nicht auf zu klettern, zog sich an dem Schädelberg hinauf, schnitt sich an jeder scharfen Kante die Haut auf, empfand Ekel, Schrecken und Ehrfurcht.
Ein weiterer Vogel kam heran, und eine handgroße Klaue senkte sich auf seinen Arm.
Er streckte die Hand aus, um eine Feder aus dem Flügel zu reißen – würde er ohne eine Donnervogelfeder zu seinem Stamm zurückkehren, verlöre er nämlich all seine Ehre, würde nie ein ganzer Mann werden können –, aber der Vogel schwang die Flügel empor, sodass Shadow keine Feder erwischen konnte. Der Donnervogel lockerte seinen Griff und glitt zurück in den Wind. Shadow kletterte weiter.
Das müssen tausend Schädel sein, dachte Shadow. Tausend mal tausend. Aber nicht alle sind von Menschen. Schließlich stand er oben auf der Spitze des Turms, die großen Vögel, die Donnervögel, umkreisten ihn langsam, segelten mit kaum merklichen Flügelschlägen durch die Sturmböen hindurch.
Er hörte eine Stimme, die Stimme des Büffelmannes, die der Wind ihm zutrug und die ihm mitteilte, wem die Schädel gehörten …
Der Turm begann einzustürzen, und der größte der Vögel, die Augen das blendende Blauweiß eines gezackten Blitzes, stieß inmitten des Donnergrollens herunter, unmittelbar auf ihn zu, und Shadow fiel in die Tiefe, stürzte vom Turm der Schädel …
Das Telefon schrillte. Shadow hatte gar nicht gewusst, dass es angeschlossen war. Groggy und durchgeschüttelt, nahm er den Hörer ab.
»Was zum Teufel«, rief Wednesday, wütender, als Shadow ihn je erlebt hatte, »was fällt Ihnen eigentlich ein, verdammte Scheiße noch mal?«
»Ich hab geschlafen«, sprach Shadow verdattert in den Hörer.
»Was für einen beschissenen Sinn soll es Ihrer Ansicht nach wohl haben, Sie in einem Topversteck wie Lakeside unterzubringen, wenn Sie da einen solchen Aufstand inszenieren, dass selbst ein Toter darauf aufmerksam werden müsste?«
»Ich habe von Donnervögeln geträumt …«, sagte Shadow. »Und von einem Turm. Schädeln …« Es erschien ihm äußerst wichtig, seinen Traum zu rekapitulieren.
»Ich weiß, wovon Sie geträumt haben. Jeder weiß, wovon Sie geträumt haben, Hergott noch mal. Wozu versteckt man Sie eigentlich, wenn Sie plötzlich anfangen, Anzeigen zu schalten?«
Shadow antwortete nichts darauf.
Am anderen Ende gab es eine kurze Stille. »Ich werde Morgen früh kommen«, sagte Wednesday schließlich. Es klang, als hätte sein Zorn sich gelegt. »Wir gehen nach San Francisco. Blumen im Haar sind aber nicht vorgeschrieben.« Dann war die Leitung wieder tot.
Shadow stellte das Telefon auf dem Teppich ab und setzte sich mit steifen Gliedern auf. Es war sechs Uhr morgens und draußen noch dunkel. Er erhob sich frierend vom Sofa. Er konnte hören, wie der Wind heulend über den gefrorenen See pfiff. Und er konnte jemanden weinen hören, ganz in der Nähe, getrennt nur durch die eine Wandbreite. Er war sich sicher, dass es Marguerite Olsen war: Ihr Schluchzen kam von tief unten und war beharrlich und herzzerreißend.
Shadow begab sich zum Pinkeln ins Bad, danach ging er ins Schlafzimmer, wo er die Tür hinter sich schloss, um das Weinen der Frau nicht länger hören zu müssen. Draußen heulte der Wind, als hätte auch er ein verlorenes Kind zu beklagen.
San Francisco war jetzt im Januar für die Jahreszeit zu warm, so warm jedenfalls, dass Shadow der Schweiß auf der Nackenhaut prickelte. Wednesday trug einen tiefblauen Anzug und eine goldrandige Brille, mit der er wie ein Showbusiness-Anwalt aussah.
Sie gingen die Haight Street entlang. Die Leute, die hier die Straße bevölkerten, die Stricherinnen und die Schnorrer, blickten ihnen hinterher, aber niemand bettelte sie an, niemand richtete auch nur ein Wort an sie.
Wednesday machte ein grimmig entschlossenes Gesicht. Shadow hatte sofort gemerkt, dass der Mann noch immer wütend war, und deshalb keine weiteren Fragen gestellt, als die schwarze Lincoln-Limousine am Morgen vor seiner Wohnung vorgefahren war. Auf dem Weg zum Flughafen hatten sie kein Wort miteinander gesprochen. Es war eine Erleichterung für Shadow gewesen, als sich herausstellte, dass Wednesday in der ersten Klasse, er selbst aber hinten in der Touristenklasse flog.
Jetzt war es spät am Nachmittag. Shadow, der seit seiner Kindheit nicht mehr in San Francisco gewesen war, der die Stadt seither nur als Filmkulisse gesehen hatte, wunderte sich, wie vertraut ihm alles erschien, wie farbenfroh und originell die Holzhäuser, wie steil die Hügel waren, wie einzigartig sich das alles anfühlte.
»Man mag kaum glauben, dass das alles hier zum selben Land gehört wie Lakeside«, sagte er.
Wednesday blickte ihn finster an. Dann sagte er: »Tut es nicht. San Francisco und Lakeside gehören so wenig zum selben Land wie New Orleans und New York oder Miami und Minneapolis.«
»Ach, ist das so?«, sagte Shadow milde.
»In der Tat. Sie mögen gewisse kulturelle Signifikanten gemeinsam haben – das Geld, eine Bundesregierung, Entertainment; es ist natürlich alles derselbe Staat –, aber die einzigen Dinge, die die Illusion nähren, es würde sich um ein und dasselbe Land handeln, sind die amerikanische Währung, die Tonight Show und McDonald’s.« Sie näherten sich dem Park am Ende der Straße. »Seien Sie nett zu der Dame, die wir jetzt gleich besuchen. Aber auch nicht zu nett.«
»Ich werde ganz cool sein«, sagte Shadow.
Sie betraten den Rasen.
Ein junges Mädchen, nicht älter als vierzehn, mit grün, orange und rosa gefärbtem Haar, blickte sie unverhohlen an, als sie an ihr vorbeigingen. Sie saß neben einem Hund, einer Promenadenmischung, die statt Halsband und Leine ein Stück Schnur um den Hals trug. Das Mädchen sah sogar noch hungriger aus als der Hund. Der Hund kläffte Shadow und Wednesday kurz an, wedelte dann aber mit dem Schwanz.
Shadow gab dem Mädchen einen Dollar. Sie starrte den Schein an, als wüsste sie nicht genau, worum es sich handelte. »Kannst Hundefutter davon kaufen«, schlug Shadow ihr vor. Sie nickte und lächelte.
»Lassen Sie es mich unverblümt ausdrücken«, sagte Wednesday. »Was die Dame, die wir nun aufsuchen, betrifft, müssen Sie sich sehr vorsichtig verhalten. Sie könnte Gefallen an Ihnen finden, aber das wäre schlecht.«
»Ist sie eine enge Freundin von Ihnen oder was?«
»Nicht um so ziemlich alles in der Welt«, sagte Wednesday aufgeräumt. Sein Zorn schien verflogen zu sein, oder aber er hatte ihn sich für die Zukunft aufgespart. Shadow hegte den Verdacht, dass Zorn der Motor war, der Wednesday antrieb.
Unter einem Baum saß eine Frau auf dem Rasen. Sie hatte ein Tischtuch aus Papier vor sich ausgebreitet, auf dem allerlei Tupperware-Behälter arrangiert waren.
Sie war – nicht dick, nein, alles andere als das: Was sie am besten beschrieb, das war ein Wort, für dessen Verwendung Shadow bis dahin nie recht Anlass gesehen hatte: kurvenreich. Ihr Haar war so hell, dass man es als weiß bezeichnen konnte, die Sorte platinblonder Locken, die zu einem lange verstorbenen Filmstarlet gepasst hätten, die Lippen waren purpurrot angemalt, und ihr Alter schien irgendwo zwischen fünfundzwanzig und fünfzig zu liegen.
Als sie bei ihr ankamen, nahm sie gerade ein gefülltes Ei aus einer der Schüsseln. Sie blickte auf, als Wednesday herantrat, legte die Eihälfte, die sie sich ausgesucht hatte, wieder beiseite und wischte sich die Hand ab. »Hallo, alter Schwindler«, sagte sie, lächelte aber dabei, und Wednesday beugte sich hinab, ergriff ihre Hand und hob sie an die Lippen.
»Du siehst göttlich aus«, sagte er.
»Wie zum Teufel sollte ich auch sonst aussehen?«, antwortete sie liebenswürdig. »Trotzdem bist du ein Lügner. New Orleans war so eine Pleite – ich habe dort, na, dreißig Pfund zugenommen. Ich schwör’s dir. Mir ist klar geworden, dass ich wegmusste, als ich angefangen habe wie eine Ente zu watscheln. Meine Oberschenkel reiben jetzt aneinander, wenn ich gehe, ist das nicht unglaublich?« Die letzten Worte waren an Shadow gerichtet. Er hatte keine Ahnung, was er darauf erwidern sollte, und fühlte, wie ihm die Schamröte ins Gesicht stieg. Die Frau lachte entzückt. »Er wird rot! Wednesday, mein Lieber, du hast mir einen richtig Schüchternen mitgebracht. Wirklich wundervoll von dir. Wie heißt er denn?«
»Das ist Shadow«, sagte Wednesday. Er schien Spaß an Shadows Unbehagen zu haben. »Shadow, sagen Sie Hallo zu Easter.«
Shadow sagte etwas, das man als »Hallo« verstehen konnte, und die Frau strahlte ihn abermals an. Er fühlte sich, als würden ihn Scheinwerfer erfassen – und zwar die besonders blendende Sorte, mit denen Wilderer das Wild lähmen, bevor sie es abknallen. Er konnte von seinem Standort aus ihr Parfüm riechen, eine berauschende Mischung aus Jasmin und Geißblatt, aus süßer Milch und weiblicher Haut.
»Und? Was macht die Kunst?«, fragte Wednesday.
Die Frau – Easter – lachte, tief und kehlig, vollmundig und freudig. Wie konnte man jemanden nicht mögen, der so lachte? »Alles bestens«, sagte sie. »Und bei dir, alter Wolf?«
»Ich bin in der Hoffnung gekommen, deine Hilfe zu gewinnen.«
»Dann verschwendest du nur deine Zeit.«
»Hör mich wenigstens erst an, bevor du mir eine Abfuhr erteilst.«
»Sinnlos. Gib dir keine Mühe.« Sie sah Shadow an. »Bitte, setzen Sie sich und nehmen Sie sich etwas von dem Essen. Hier, da haben Sie einen Teller, füllen Sie ihn sich ordentlich voll. Es ist alles sehr zu empfehlen. Eier, Brathähnchen, Hühnercurry, Geflügelsalat, und hier drüben, das ist Kaninchen, kaltes Kaninchen, eine Köstlichkeit, und in der Schüssel da ist der Hasenpfeffer – ach, ich kann Ihnen auch selber einen Teller zusammenstellen.« Was sie auch gleich tat. Sie nahm einen Plastikteller, häufte ihn mit Leckereien voll und reichte ihn anschließend Shadow. Dann sah sie Wednesday an. »Willst du nicht auch was essen?«
»Ich stehe ganz zu deinen Diensten, meine Liebe.«
»Du«, sagte sie zu ihm, »redest so viel Scheiße, dass man sich fragt, wieso deine Zähne nicht braun sind.« Sie gab ihm einen leeren Teller. »Bedien dich selbst«, sagte sie.
Die hinter ihr stehende Nachmittagssonne ließ ihr Haar in einer Platinaureole erstrahlen. »Shadow«, sagte sie, während sie herzhaft in eine Hühnerkeule biss. »Das ist ein netter Name. Warum nennen Sie sich so?«
Shadow befeuchtete mit der Zunge seine Lippen. »Als ich noch ein Kind war«, sagte er, »lebten wir, meine Mutter und ich, also, wir waren, ich meine, sie war, na ja, eine Art Sekretärin bei einem Haufen von amerikanischen Botschaften. Wir sind von Stadt zu Stadt gezogen, durch ganz Nordeuropa. Irgendwann ist sie krank geworden und musste sich vorzeitig pensionieren lassen, da sind wir dann in die Staaten zurückgekehrt. Ich wusste nie, was ich mit den anderen Kindern reden sollte, deswegen habe ich mir immer Erwachsene ausgesucht und bin ihnen überallhin wie ein Schatten gefolgt, ohne was zu sagen. Ich brauchte einfach die Nähe von Leuten, nehme ich mal an. Ich weiß nicht. Ich war damals ein etwas klein geratener Junge.«
»Sie sind aber doch noch gewachsen«, sagte sie.
»Ja«, sagte Shadow. »Ich bin gewachsen.«
Sie wandte sich wieder an Wednesday, der eifrig etwas aus einer Schüssel löffelte, das nach kaltem Gumbo aussah. »Ist das der Junge, der überall für so viel Aufregung gesorgt hat?«
»Du hast davon gehört?«
»Ich halte die Ohren offen«, sagte sie. Und zu Shadow: »Gehen Sie denen aus dem Weg. Es gibt zu viele Geheimgesellschaften da draußen, und die kennen keine Loyalität und keine Liebe. Ob kommerziell, unabhängig oder staatlich, die sitzen alle im gleichen Boot. Es gibt welche darunter, deren Kompetenz zweifelhaft ist, aber auch solche, die äußerst gefährlich sind. He, alter Wolf, ich habe neulich einen Witz gehört, der dir gefallen müsste. Woher weiß man, dass der CIA nichts mit der Kennedy-Ermordung zu tun hatte?«
»Den kenn ich schon«, sagte Wednesday.
»Schade.« Sie wandte sich wieder Shadow zu. »Aber das Gruselkabinett, also die Leute, die Sie kennen gelernt haben, die sind noch wieder was anderes. Die existieren, weil jeder weiß, dass sie existieren müssen.« Sie leerte ihren Pappbecher, in dem sich vermutlich Weißwein befunden hatte, und erhob sich. »Shadow ist ein guter Name«, sagte sie. »Ich möchte jetzt einen Moccacino. Kommt mit.« Sie ging los.
»Was ist mit dem Essen?«, fragte Wednesday. »Du kannst es doch nicht einfach hier liegen lassen.«
Sie lächelte ihm zu, zeigte auf das Mädchen mit dem Hund und streckte dann die Arme aus, wie um die Haight und die ganze Welt zu umfassen. »Sollen sie sich davon laben«, sagte sie und ging weiter, sodass Wednesday und Shadow sehen mussten, dass sie hinterherkamen.
»Denk dran«, sagte sie zu Wednesday, nachdem die beiden aufgeschlossen hatten, »ich bin reich. Mir geht es prima. Warum sollte ich dir also beistehen?«
»Du bist eine von uns«, sagte er. »Du bist genauso vergessen und ungeliebt wie wir alle. Da ist es doch ziemlich ersichtlich, auf wessen Seite du stehen solltest.«
Sie kamen zu einem Straßencafé und gingen hinein. Es gab nur eine Kellnerin, eine, die ein Augenbrauen-Piercing sozusagen als Kastenzeichen trug, und eine Frau hinter dem Tresen, die für das Kaffeekochen zuständig war. Die Kellnerin kam mit einem automatischen Lächeln auf sie zu, wies ihnen Plätze an und nahm dann ihre Bestellungen entgegen.
Easter legte ihre schmale Hand auf Wednesdays eckige graue Rechte. »Ich sag’s dir doch«, sagte sie. »Mir geht es großartig. An meinen Festtagen tun sie sich immer noch an Eiern und Kaninchen gütlich, an Süßem und an Fleisch, um Wiedergeburt und Kopulation symbolisch darzustellen. Sie stecken sich Blüten an die Hüte und schenken sich gegenseitig Blumen. Sie tun es in meinem Namen. Jedes Jahr werden es sogar mehr. In meinem Namen, alter Wolf.«
»Und du wirst von ihrem Gottesdienst und ihrer Liebe reich und fett?«, sagte er kühl.
»Sei doch nicht so ein Arschloch.« Plötzlich klang sie sehr müde. Sie nippte an ihrem Moccacino.
»Ernsthafte Frage, meine Liebe. Selbstverständlich würde ich zugeben, dass Millionen und Abermillionen sich in deinem Namen beschenken und dass sie nach wie vor all die Riten deines Festes praktizieren, bis hin zum Suchen nach versteckten Eiern. Aber wie viele von ihnen wissen wirklich, wer du bist? Hä? Entschuldigen Sie, Fräulein?« Letzteres war an die Kellnerin gerichtet.
»Möchten Sie noch einen Espresso?«, fragte sie.
»Nein, meine Liebe. Ich habe nur gerade überlegt, ob Sie nicht vielleicht eine kleine Meinungsverschiedenheit unter uns klären könnten. Meine Bekannte und ich sind uns nicht darüber einig, was das Wort ›Ostern‹ eigentlich bedeutet. Wissen Sie es zufällig?«
Die junge Frau sah ihn an, als wären zwischen seinen Lippen grüne Kröten zum Vorschein gekommen. Dann sagte sie: »Ich kenn mich mit diesem christlichen Zeug nicht aus. Ich bin Heidin.«
»Ich glaube, es ist irgendwie Lateinisch oder so«, sagte die Frau hinter dem Tresen, »und bedeutet ungefähr: ›Christus ist auferstanden.‹«
»Tatsächlich?«, sagte Wednesday.
»Ja klar«, sagte die Frau. »Ostern. Genau wie die Sonne, die im Osten aufgeht.«
»Der aufgegangene beziehungsweise auferstandene Sohn. Natürlich – eine Vermutung von einwandfreier Logik.« Die Frau lächelte und kehrte an ihre Kaffeemühle zurück. Wednesday sah die Kellnerin an. »Ich glaube, ich nehme jetzt doch noch einen Espresso, wenn Sie gestatten. Und sagen Sie, als Heidin, wen beten Sie da an?«
»Anbeten?«
»Ganz recht. Da tut sich Ihnen ja ein weites Feld auf, möchte ich mal annehmen. Also, wem errichten Sie Ihren Hausaltar? Vor wem beugen Sie die Knie? Zu wem beten Sie morgens und abends?«
Ihre Lippen formten mehrfach Worte, die dann doch nicht kamen, bevor sie schließlich sagte: »Das weibliche Prinzip. Es ist eine Sache von Empowerment. Verstehen Sie?«
»Tatsächlich? Und dieses weibliche Prinzip, hat das auch einen Namen?«
»Das ist die Göttin in uns allen«, sagte die Frau mit dem Augenbrauenring. Ihr war die Farbe ins Gesicht gestiegen. »Sie braucht keinen Namen.«
»Ah«, sagte Wednesday mit breitem Affengrinsen, »und veranstalten Sie ihr zu Ehren nächtliche Bacchanale? Trinken Sie Blutwein unter dem Vollmond, während scharlachrote Kerzen in silbernen Kerzenhaltern brennen? Treten Sie nackt ins schäumende Meer und singen ekstatisch zu Ihrer namenlosen Göttin, während die Wellen an Ihren Beinen züngeln und Ihre Schenkel lecken wie die Zungen von eintausend Leoparden?«
»Sie machen sich über mich lustig«, sagte sie. »Wir machen überhaupt nichts von diesem Zeugs.« Sie holte tief Luft. Shadow vermutete, dass sie bis zehn zählte. »Irgendjemand noch einen Kaffee? Noch einen Moccacino für Sie, Ma’am?« Ihr Lächeln hatte jetzt wieder viel Ähnlichkeit mit dem, das sie zu ihrer Begrüßung aufgesetzt hatte.
Beide schüttelten den Kopf, worauf die Kellnerin sich abwandte, um einen neuen Gast willkommen zu heißen.
»Da«, sagte Wednesday, »haben wir jemand, der ›den Glauben nicht hat und das Vergnügen nicht kennen wird‹ – Chesterton. Heidnisch, jawohl. Also. Wollen wir auf die Straße rausgehen, Easter, meine Liebe, und die Übung wiederholen? Herausfinden, wie viele Passanten wissen, dass ihr Osterfest seinen Namen von Eostrae, der germanischen Göttin der Morgenröte, herleitet? Lasst mal sehen – ja, machen wir’s doch so: Wir befragen einhundert Leute. Für jeden, der Bescheid weiß, darfst du mir einen meiner Finger abschneiden und, wenn die mir ausgegangen sind, einen meiner Zehen; und für jeweils zwanzig, die es nicht wissen, verbringst du mit mir eine Nacht im Bett. Deine Chancen stehen hier weiß Gott gut – immerhin sind wir in San Francisco. Auf diesen abschüssigen Straßen laufen jede Menge Gottlose, Heiden und Wiccaner herum.«
Ihre grünen Augen waren auf Wednesday gerichtet. Sie hatten, befand Shadow, genau die gleiche Farbe wie ein sonnendurchschienenes Blatt im Frühling. Sie blieb stumm.
»Wir könnten es versuchen«, fuhr Wednesday fort. »Aber am Ende hätte ich alle meine zehn Finger, zehn Zehen und dazu noch fünf Nächte in deinem Bett. Also mach mir nicht weis, dass sie dich anbeten und deinen Festtag begehen. Sie brabbeln deinen Namen, aber er hat keine Bedeutung für sie. Nicht die geringste.«
Tränen standen ihr in den Augen. »Das weiß ich«, sagte sie leise. »Ich bin doch nicht blöd.«
»Nein«, sagte Wednesday. »Das wohl nicht.«
Er ist zu weit gegangen, dachte Shadow.
Wednesday blickte beschämt zu Boden. »Es tut mir Leid«, sagte er. Shadow konnte echte Aufrichtigkeit in seiner Stimme hören. »Wir brauchen dich. Wir brauchen deine Energie. Wir brauchen deine Macht. Wirst du an unserer Seite kämpfen, wenn der Sturm kommt?«
Sie zögerte. Um ihr linkes Handgelenk war ein Kranz blauer Vergissmeinnicht tätowiert.
»Ia«, sagte sie nach einer Weile. »Ich glaube schon.«
Es ist wohl wahr, was man sagt, dachte Shadow. Wenn man Aufrichtigkeit vortäuschen kann, hat man’s geschafft. Gleich aber bekam er wegen dieses Gedankens ein schlechtes Gewissen.
Wednesday küsste seine Finger und berührte damit dann Easters Wange. Er rief die Kellnerin herbei, den Verzehr zu bezahlen, zählte sorgfältig das Geld ab, faltete es mit der Rechnung zusammen und überreichte es ihr.
Als die Kellnerin sich schon umgedreht hatte, sagte Shadow: »Ma’am? Entschuldigen Sie. Ich glaube, Sie haben das hier fallen lassen.« Er hob einen Zehndollarschein vom Boden auf.
»Nein«, sagte sie, während sie auf die zusammengerollten Scheine in ihrer Hand blickte.
»Ich hab ihn fallen sehen, Ma’am«, sagte Shadow höflich. »Zählen Sie doch mal nach.«
Sie zählte das Geld, machte darauf ein verblüfftes Gesicht und sagte: »Gott, Sie haben Recht. Entschuldigen Sie.« Sie nahm Shadow den Zehndollarschein ab und entfernte sich.
Easter trat mit ihnen hinaus auf den Bürgersteig. Es fing gerade an zu dämmern. Sie nickte Wednesday zu, dann berührte sie Shadow an der Hand und sagte: »Wovon haben Sie letzte Nacht geträumt?«
»Von Donnervögeln«, sagte er. »Einem Berg von Schädeln.«
Sie nickte. »Und wissen Sie, wessen Schädel das waren?«
»Da war eine Stimme zu hören«, sagte er. »In meinem Traum. Sie hat es mir gesagt.«
Sie nickte und wartete.
»Sie sagte, es seien meine. Alte Schädel von mir. Tausende und Abertausende.«
Sie sah Wednesday an und sagte: »Ich glaube, den Jungen können wir nehmen.« Sie zeigte ihr strahlendes Lächeln. Dann tätschelte sie Shadow am Arm, drehte sich um und ging von dannen. Shadow blickte ihr nach und versuchte – allerdings vergeblich –, nicht an ihre Oberschenkel, die beim Gehen aneinander rieben, zu denken.
Im Taxi auf der Fahrt zum Flughafen sagte Wednesday: »Was zum Teufel sollte diese Geschichte mit den zehn Dollar?«
»Sie haben die Frau geprellt. Es geht von ihrem Gehalt ab, wenn sie Fehlbeträge aufweist.«
»Was kümmert Sie das, verdammt noch mal?« Wednesday schien richtiggehend erzürnt zu sein.
Shadow dachte einen Augenblick lang nach. Dann sagte er: »Tja, ich würde auch nicht wollen, dass das jemand mit mir macht. Sie hatte doch niemandem was getan.«
»Ach nein?« Wednesdays Blick streunte in die Ferne.
»Im Alter von sieben Jahren hat sie eine kleine Katze im Schrank eingesperrt. Über mehrere Tage hat sie dem Miauen gelauscht. Als das Miauen aufhörte, hat sie die Katze aus dem Schrank geholt, sie in einen Schuhkarton gelegt und im Garten begraben. Sie hatte den Wunsch, irgendetwas zu begraben. Überall, wo sie arbeitet, stiehlt sie. Meistens kleine Beträge. Letztes Jahr hat sie ihre Großmutter besucht, nachdem man diese in ein Pflegeheim eingewiesen hatte. Sie nahm eine antike Golduhr aus dem Nachttisch der alten Frau, ist anschließend durch mehrere andere Zimmer geschlichen und hat kleinere Geldbeträge und persönliche Besitztümer der ergrauten Leuten an ihrem goldenen Lebensabend gestohlen. Wieder zu Hause, wusste sie nicht, was sie mit ihrer Beute machen sollte, hatte Angst, dass man ihr auf die Schliche kommen würde, und darum alles weggeworfen, mit Ausnahme des Bargelds.«
»Schon kapiert«, sagte Shadow.
»Außerdem hat sie eine asymptomatische Gonorrhö«, sagte Wednesday. »Sie vermutet zwar, sich infiziert zu haben, unternimmt aber nichts dagegen. Als ihr letzter Freund ihr vorgeworfen hat, sie hätte ihm was angehängt, war sie schwer beleidigt und hat ihm den Laufpass gegeben.«
»Es reicht«, sagte Shadow. »Ich sagte doch, ich hab’s kapiert. Das könnten Sie wohl mit jedem machen, was? Schlimme Sachen über ihn erzählen.«
»Natürlich«, sagte Wednesday. »Sie machen alle das Gleiche. Sie mögen sich einbilden, dass ihre Sünden originell sind, aber überwiegend sind sie kleinkariert und eintönig.«
»Und das berechtigt Sie, ihr zehn Dollar vorzuenthalten?«
Wednesday zahlte das Taxi. Die beiden Männer betraten den Flughafen und gingen zu ihrem Schalter. »Was soll ich denn sonst tun, verdammt noch mal?«, sagte Wednesday. »Sie opfern mir weder Widder noch Stiere. Sie schicken mir nicht die Seelen der Mörder und Sklaven, der am Galgen Gehängten und von den Raben Angefressenen. Sie waren es, die mich schufen. Sie haben mich vergessen. Jetzt hole ich mir ein bisschen von ihnen zurück. Ist das nicht gerecht?«
»Wie meine Mutter zu sagen pflegte: Das Leben ist ungerecht«, sagte Shadow.
»Selbstverständlich«, sagte Wednesday. »Das gehört zu den Dingen, die Mütter gern sagen, zusammen mit: Wenn alle deine Freunde von einer Klippe runterspringen, würdest du es dann auch tun?«
»Sie haben das Mädchen um zehn Dollar beschissen, und ich habe ihr halt zehn Dollar zugesteckt«, sagte Shadow hartnäckig. »Es war in der Situation einfach das Richtige.«
Es kam eine Ansage, dass ihr Flugzeug zum Einsteigen bereit sei. Wednesday erhob sich. »Mögen Ihre Entscheidungen immer so eindeutig ausfallen«, sagte er.
Die Kälte schickte sich an, ihren eisigen Griff zu lockern, als Wednesday Shadow frühmorgens absetzte. Es war in Lakeside immer noch widerlich kalt, aber nicht mehr so unfassbar wie zuvor. Die Leuchtschrift an der Seitenwand der M&I Bank zeigte abwechselnd 3:30 und – 20 °C an, als sie dort vorbeifuhren.
Es war schließlich halb zehn, als Polizeichef Chad Mulligan an die Wohnungstür klopfte und Shadow fragte, ob er ein Mädchen namens Alison McGovern kenne.
»Ich glaube nicht«, sagte Shadow verschlafen.
»Hier ist ein Bild von ihr«, sagte Mulligan. Es war ein Foto aus einem Highschool-Jahrbuch. Shadow erkannte die Person auf dem Bild sofort: das Mädchen mit der blauen Gummibandzahnspange, das von seiner Freundin ausgiebig über den Gebrauch von Alka-Seltzer beim Oralverkehr informiert worden war.
»Oh, ja. Okay. Die war mit im Bus, als ich in die Stadt gekommen bin.«
»Wo waren Sie gestern, Mister Ainsel?«
Shadow spürte, wie seine Welt ins Trudeln geriet. Er wusste, dass er keinen Grund hatte, sich schuldig zu fühlen (Du bist ein unter falschem Namen auftretender Schwerverbrecher, der seine Bewährungsauflagen verletzt, flüsterte eine ruhige Stimme in seinem Kopf. Reicht das nicht?)
»In San Francisco«, sagte er. »In Kalifornien. Hab meinem Onkel geholfen, ein Himmelbett zu transportieren.«
»Haben Sie noch einen Flugscheinabriss oder irgendwas in der Richtung?«
»Klar.« Er hatte noch beide Kontrollabschnitte seiner Bordkarten in der Tasche und zog sie rasch hervor. »Was ist denn los?«
Chad Mulligan untersuchte die Bordkarten. »Alison McGovern ist verschwunden. Sie hat bei der Tierschutzvereinigung von Lakeside ausgeholfen. Tiere füttern, Hunde spazieren führen. Immer für ein paar Stunden nach der Schule. So. Dolly Knopf, die Leiterin der Vereinigung, die bringt sie immer nach Hause, wenn abends zugemacht wird. Gestern ist Alison aber gar nicht erst gekommen.«
»Sie ist verschwunden?«
»Genau. Ihre Eltern haben gestern Abend bei uns angerufen. Das törichte Mädchen ist immer per Anhalter gefahren. Die Tierschutzvereinigung liegt draußen an der Landstraße, ziemlich abgelegen. Ihre Eltern haben ihr zwar ständig gesagt, sie soll das nicht tun, aber das ist hier eigentlich keine Gegend, wo so was passiert … Man schließt hier noch nicht mal die Türen ab. Und den Jugendlichen kann man eh nichts sagen. Also, sehen Sie sich das Bild noch mal an.«
Alison McGovern lächelte. Die Zahnspange war auf dem Foto nicht blau, sondern rot.
»Sie können mit bestem Gewissen sagen, dass Sie sie nicht entführt haben, vergewaltigt, ermordet, nichts dergleichen?«
»Ich war in San Francisco. Und so einen Scheiß würde ich nie tun.«
»Das habe ich mir eigentlich auch gedacht, Kamerad. Wollen Sie mitkommen und uns helfen, nach ihr zu suchen?«
»Ich?«
»Ja, Sie. Wir haben heute Morgen schon die Hundestaffel losgeschickt – bisher ohne Ergebnis.« Er seufzte. »Verdammt, Mike. Ich hoffe nur, dass sie irgendwo in den Twin Cities auftaucht, wenn auch zusammen mit irgendeinem übergeschnappten Knaben.«
»Halten Sie das für wahrscheinlich?«
»Ich halte es immerhin für möglich. Also. Wollen Sie sich der Jagdgesellschaft anschließen?«
Shadow erinnerte sich, wie er das Mädchen bei Hennings gesehen hatte, dachte an das Aufblitzen ihres schüchternen, blauspangigen Lächelns und an seine Feststellung, dass sie vermutlich eines Tages richtig hübsch sein würde. »Ich komme mit«, sagte er.
Zwei Dutzend Männer und Frauen warteten im Vorraum der Feuerwehrwache. Shadow erkannte Hinzelmann, und auch einige der anderen Gesichter hatte er schon mal gesehen. Es waren Polizeibeamte unter den Anwesenden sowie einige Männer und Frauen in den braunen Uniformen des Sheriff’s Department von Lumber County.
Chad Mulligan gab bekannt, was Alison am Tag ihres Verschwindens getragen hatte (einen scharlachroten Schneeanzug, grüne Handschuhe, eine blaue Wollmütze), und teilte die Freiwilligen in Dreiergruppen ein. Shadow, Hinzelmann und ein Mann namens Brogan bildeten eine der Gruppen. Sie wurden daran erinnert, wie schnell es dunkel werden würde, und ermahnt, falls sie, was der Himmel verhüten möge, Alisons Leiche fänden, sie nichts – wiederhole: nichts – anrühren, sondern über Funk Hilfe anfordern sollten; wenn sie sie aber lebend auffänden, sollten sie sie warm halten, bis Hilfe eintreffe.
Sie wurden zur Landstraße gefahren und dort abgesetzt.
Hinzelmann, Brogan und Shadow gingen an einem gefrorenen Bach entlang. An jede Dreiergruppe war vor dem Aufbruch ein kleines Walkie-Talkie ausgegeben worden.
Die Wolkendecke hing niedrig, und die Welt war grau. In den letzten sechsunddreißig Stunden war kein Schnee gefallen. In der glitzernden Kruste des verharschten Schnees zeichneten sich deutlich Fußspuren ab.
Brogan sah mit seinem dünnen Schnurrbart und den weißen Schläfen wie ein pensionierter Oberst aus. Er erzählte Shadow, er sei ein pensionierter Highschool-Rektor. »Man wird ja nicht jünger. Ich gebe immer noch ein bisschen Unterricht, bin für die Aufführungen des Schultheaters zuständig – das war sowieso immer der Höhepunkt des Jahres –, aber sonst beschäftige ich mich nur ein bisschen mit der Jagd. Unten am Pike Lake habe ich eine Hütte, wo ich viel zu viel Zeit verbringe.« Als sie sich aufmachten, sagte Brogan: »Einerseits hoffe ich, dass wir sie finden. Andererseits, wenn sie denn gefunden wird, wäre ich sehr dankbar, wenn es jemand anders wäre, der auf sie stößt, und nicht wir. Sie verstehen, was ich meine?«
Shadow verstand sehr gut, was er meinte.
Die drei Männer sprachen nicht viel. Sie stapften voran und hielten nach einem roten Schneeanzug oder grünen Handschuhen oder einer blauen Mütze oder einer weißen Leiche Ausschau. Hin und wieder machte Brogan, der das Walkie-Talkie trug, Meldung bei Chad Mulligan.
Zur Mittagszeit saß der gesamte Suchtrupp in einem requirierten Schulbus, um Hotdogs zu essen und heiße Suppe zu trinken. Jemand zeigte auf einen rotschwänzigen Falken, der auf einem kahlen Baum saß, aber jemand anders meinte, das sähe mehr nach einem Bussard aus. Schließlich flog der Vogel weg, und die Frage blieb ungeklärt.
Hinzelmann erzählte eine Geschichte, die von der Trompete seines Großvaters handelte und davon, wie dieser einmal während eines Kälteeinbruchs auf ihr spielen wollte, es draußen bei der Scheune, wo sich sein Großvater zum Üben hinbegeben hatte, aber so kalt war, dass kein Ton herauskam.
»Als er dann wieder ins Haus ging, hat er die Trompete beim Holzofen abgelegt, damit sie wieder warm wird. Tja, die Familie liegt also nachts in den Betten, und plötzlich kommen all die aufgetauten Lieder aus der Trompete. Meine Großmutter hat fast Zustände gekriegt, so einen Schreck hat sie bekommen.«
Der Nachmittag zog sich endlos hin, unergiebig und deprimierend. Das Tageslicht wurde langsam schwächer, Entfernungen schoben sich zusammen, die Welt wurde indigoblau, und der Wind blies so kalt, dass es einem die Gesichtshaut verätzte. Als es zu dunkel zum Weitersuchen wurde, gab Mulligan per Funk das Signal, für heute Schluss zu machen; sie wurden mit dem Auto abgeholt und wieder zur Feuerwache gefahren.
In der Nachbarschaft der Feuerwache lag die »Bis-hierhin-undnicht-weiter«-Schänke, und hier war es auch, wo sich der Großteil der Suchmannschaft hinterher einfand. Man war erschöpft und niedergeschlagen, sprach darüber, wie kalt es geworden sei, und rechnete stark damit, dass Alison in ein, zwei Tagen wieder auftauchen würde, völlig ahnungslos, was für einen Aufruhr sie verursacht hatte.
»Sie dürfen wegen dieser Sache nicht schlecht über unsere Stadt denken«, sagte Brogan. »Es ist eine gute Stadt.«
»Lakeside«, sagte eine adrette Frau, deren Namen Shadow vergessen hatte, falls sie ihm überhaupt vorgestellt worden war, »ist das beste Städtchen in den North Woods. Wissen Sie, wie viele Arbeitslose wir in Lakeside haben?«
»Nein«, sagte Shadow.
»Unter zwanzig«, sagte sie. »Dabei leben über fünftausend Menschen in dieser Stadt und rundherum. Wir sind vielleicht nicht reich, aber jedenfalls haben alle Arbeit. Es ist nicht wie in den Minenstädten oben im Nordosten – die meisten von denen sind heute Geisterstädte. Es gibt viele Bauernorte, die von den sinkenden Milchpreisen ruiniert wurden, oder von den niedrigen Schweinepreisen. Wissen Sie, was die häufigste Todesursache bei den Farmern im Mittelwesten ist?«
»Selbstmord?«, sagte Shadow aufs Geratewohl.
Sie schien fast etwas enttäuscht zu sein. »Ja. Das stimmt. Sie bringen sich um.« Sie schüttelte den Kopf. Dann fuhr sie fort: »Es gibt zu viele Orte in dieser Gegend, die nur für die Jäger und für die Urlauber existieren, Orte, die dankend deren Geld nehmen und sie dann mit ihren Trophäen und Mückenstichen nach Hause schicken. Dann gibt es noch die Firmenstädte, bei denen läuft es immer so lange ganz prima, bis Wal-Mart sein Verteilungszentrum woandershin verlegt oder 3M seine Produktion von CD-Hüllen einstellt oder was auch immer, und plötzlich gibt es dann eine ganze Bootsladung von Leuten, die ihre Hypotheken nicht mehr abbezahlen können. Verzeihung, ich hatte Ihren Namen nicht verstanden.«
»Ainsel«, sagte Shadow. »Mike Ainsel.« Das Bier, das er trank, war ein einheimisches, mit hiesigem Quellwasser gebraut. Es war gut.
»Ich bin Callie Knopf«, sagte sie. »Dollys Schwester.« Ihr Gesicht war von der Kälte noch gerötet. »Was ich also sagen will: Lakeside ist glücklich dran. Wir haben ein bisschen von allem hier – Landwirtschaft, Leichtindustrie, Tourismus, Handwerk. Gute Schulen.«
Shadow sah sie verwirrt an. Hinter all ihren Worten war Leere. Es war, als würde man einem Vertreter zuhören, einem gewieften Vertreter, der an sein Produkt glaubte, der aber doch in erster Linie darauf aus war, dass man ihm auch wirklich alle Bürsten oder den vollständigen Satz von Lexika abkaufte. Offenbar konnte man Shadow diesen Gedanken im Gesicht ablesen. Jedenfalls sagte sie nun: »Tut mir Leid. Wenn man etwas liebt, kann man nicht aufhören, darüber zu reden. Was machen Sie denn so, Mister Ainsel?«
»Mein Onkel kauft und verkauft im ganzen Land Antiquitäten. Er beschäftigt mich, um die großen, schweren Sachen zu transportieren. Es ist ein guter Job, aber die Arbeit fällt unregelmäßig an.« Eine schwarze Katze, das Kneipenmaskottchen, wand sich um Shadows Beine und rieb die Stirn an seinem Stiefel. Dann sprang sie neben ihn auf die Sitzbank und legte sich schlafen.
»Wenigstens kommen Sie herum«, sagte Brogan. »Machen Sie sonst noch etwas?«
»Haben Sie vielleicht acht Vierteldollarmünzen dabei?«, fragte Shadow.
Brogan kramte nach seinem Kleingeld. Er brachte fünf Quarter zusammen und schob sie über den Tisch. Callie Knopf steuerte die restlichen drei bei.
Shadow legte die Münzen aus, je vier in einer Reihe. Dann vollführte er, fast ohne etwas fallen zu lassen, den »Münzen-durch-den-Tisch«-Trick, das heißt, er schlug die Hälfte der Münzen scheinbar von der linken Hand durch die Holzplatte des Tischs in die rechte.
Danach nahm er alle acht Münzen in die rechte Hand, ein leeres Wasserglas in die linke, bedeckte das Glas mit einer Serviette und schien die Münzen, eine nach der anderen, aus seiner Rechten verschwinden und mit hörbarem Klimpern im Glas unter der Serviette landen zu lassen. Schließlich öffnete er die rechte Hand, um zu zeigen, dass sie leer war, und zog dann die Serviette vom Glas, um zu zeigen, dass die Münzen darin lagen.
Er gab die Münzen zurück – drei an Callie, fünf an Brogan –, nahm Brogan dann aber wieder einen Quarter aus der Hand, sodass vier übrig blieben. Er blies auf den Quarter, und da war es plötzlich ein Penny; er gab ihn Brogan, der daraufhin seine Quarter zählte, nur um voller Verblüffung festzustellen, dass er noch immer alle fünf in der Hand hielt.
»Sie sind ja ein wahrer Houdini«, gackerte Hinzelmann entzückt. »Mein lieber Mann!«
»Bin nur Amateur«, sagte Shadow. »Ich muss noch viel lernen.« Dennoch verspürte er einen Hauch von Stolz. Das hier war sein erstes erwachsenes Publikum gewesen.
Auf dem Weg nach Hause machte er beim Lebensmittelladen Halt, um eine Tüte Milch zu kaufen. Das rotblonde Mädchen an der Kasse kam ihm bekannt vor. Ihre Augen hatten vom Weinen rote Ränder, das Gesicht war eine einzige große Sommersprosse.
»Ich kenne Sie«, sagte Shadow. »Sie sind …« Gerade wollte er »das Alka-Seltzer-Mädchen« sagen, biss sich aber auf die Zunge und sagte stattdessen: »Sie sind Alisons Freundin. Aus dem Bus. Ich hoffe sehr, dass alles gut wird.«
Sie nickte schniefend. »Ich auch.« Sie schneuzte sich energisch in ein Papiertuch, das sie sich anschließend in den Ärmel schob.
Auf ihrer Plakette stand: HI! ICH BIN SOPHIE! FRAGEN SIE MICH, WIE SIE IN 30 TAGEN 10 KILO ABNEHMEN KÖNNEN!
»Ich habe heute den ganzen Tag nach ihr gesucht. Bisher haben wir noch kein Glück gehabt.«
Sophie nickte und blinzelte gegen die Tränen an. Sie schwenkte die Milchtüte vor einem Abtastgerät, das daraufhin zwitschernd den Preis bekannt gab. Shadow reichte ihr zwei Dollar.
»Ich geh weg aus dieser Scheißstadt«, sagte das Mädchen mit erstickter, aber heftiger Stimme. »Ich werde bei meiner Mutter in Ashland wohnen. Jetzt ist Alison weg. Sandy Olsen ist letztes Jahr verschwunden. Jo Ming im Jahr davor. Vielleicht erwischt es mich ja nächstes Jahr?«
»Ich dachte, Sandy Olsen wurde von seinem Vater mitgenommen.«
»Ja«, sagte das Mädchen mit bitterer Stimme. »Aber sicher. Und Jo Ming ist nach Kalifornien ausgewandert, und Sarah Lindquist hat sich beim Wandern verirrt und wurde nie wieder gefunden. Ist ja egal. Ich will jedenfalls nach Ashland.«
Sie atmete tief ein und hielt für einen Moment die Luft an. Auf einmal, ganz unerwartet, lächelte sie ihm zu. Es lag nichts Unaufrichtiges in diesem Lächeln. Wahrscheinlich war es nur so, dass sie dazu angehalten war, die Kunden anzulächeln, wenn sie ihnen das Wechselgeld gab. Sie wünschte ihm noch einen schönen Tag. Dann wandte sie sich der Frau mit dem vollen Einkaufswagen hinter ihm zu und langte nach den Waren, um sie einzuscannen.
Shadow nahm die Milch und fuhr weiter, an der Tankstelle vorbei, vorbei auch an der Rostlaube auf dem Eis, und schließlich über die Brücke bis nach Hause.