Die neue Computerassistentin des Hospitals von Seatac bekam nach kurzem Warten Verbindung mit Max Allgood, nachdem der Sicherheitsdienst ihn aufgespürt hatte. Seine Augen lagen tief in den Höhlen, sein Mund war zu einem dünnen Strich verkniffen.
»Ja?« sagte er, »du bist es?«
»Es ist etwas ganz Wichtiges passiert«, meldete sie. »Svengaard ist im Tankraum und untersucht den Embryo der Durants unter dem Mikroskop.«
Allgood rollte die Augen. »Oh, zum Teufel … Und deshalb ruft ihr mich an?«
»Aber es war doch ein Geräusch, und du hast gesagt …«
»Ach, laß …«
»Ich sage dir aber, daß es irgendein Getümmel in dem Raum gegeben hat, und jetzt ist Dr. Svengaard verschwunden. Ich habe ihn aber nicht weggehen sehen.«
»Vielleicht hat er eine andere Tür benützt.«
»Es gibt aber keine andere Tür.«
»Hör mal, meine Süße. Ich habe ein halbes Hundert Agenten, die den Raum völlig abriegeln. Keine Fliege könnte sich drinnen bewegen, ohne daß unsere Spione sie entdecken.«
»Dann frag sie doch, wohin Svengaard gegangen ist.«
»Ach, zum Teufel …«
»Frag sie!«
»Na schön.« Allgood nahm über seinen heißen Draht mit dem diensttuenden Agenten Verbindung auf. Die Computerassistentin konnte ihm zuhören. »Wo ist Svengaard?«
»Kam gerade herein«, berichtete eine gedämpfte Stimme, »und untersuchte den Durantembryo unter dem Mikroskop. Dann ging er weg.«
»Ging er zur Tür hinaus?«
»Er ging hinaus.«
Allgoods Gesicht erschien wieder auf dem Bildschirm der Computerassistentin. »Hast du das gehört?«
»Natürlich hab’ ich’s gehört, aber ich war in der Halle, seit er hineinging. Er ist aber nicht wieder herausgekommen.«
»Vielleicht hast du ihm nur fünf Sekunden lang den Rücken gekehrt.«
»Nun …«
»Das hast du doch, oder?«
»Vielleicht eine Sekunde lang, aber …«
»Na also. Und da hast du ihn übersehen.«
»Aber ich hab’ dort drinnen ein Getümmel gehört.«
»Meine Leute hätten mir sofort Bericht erstattet, wäre etwas nicht in Ordnung. Nun, denk nicht mehr dran. Svengaard ist überhaupt kein Problem. Sie haben vielleicht gesagt, er könnte dies oder jenes tun, und wir könnten das übersehen. In solchen Dingen irren sie nie.
»Wenn du glaubst …«
»Das glaube ich bestimmt.«
»Aber sag mal, warum sind sie denn an diesem Embryo so interessiert?«
»Das brauchst du nicht zu wissen, meine Süße. Geh an die Arbeit und laß mich schlafen.«
Sie legte auf. Aber das Geräusch dort drinnen hatte so geklungen, als habe man jemanden zusammengeschlagen …
Allgood starrte auf den erloschenen Bildschirm. Lärm? Getümmel? Er pfiff leise durch die Zähne. Dieses verrückte Frauenzimmer!
Er sprang auf. Die Gefährtin, die er für die Nacht mitgebracht hatte, lag da im rosigen Licht eines Glühzerstäubers und sah ihn aus halbwachen Augen an; die langen Wimpern verbargen kaum ihre aufsteigende Wut.
»Scher dich zum Teufel!« brüllte er.
Sie starrte ihn an.
»Raus!« schrie er und deutete auf die Tür.
Sie taumelte aus dem Bett, griff nach ihren Kleidern und rannte zur Tür hinaus.
Erst als sie verschwunden war, wußte er, an wen sie ihn erinnerte: an Calapine: eine langweilige Calapine. Er schüttelte den Kopf über sich selbst. Der Cyborg hatte gesagt, die Berichtigungen, die sie vorgenommen, die Instrumente, die sie ihm eingepflanzt hatten, würden ihn vor Gefühlsausbrüchen bewahren, ihm gestatten, mit größter Selbstverständlichkeit sogar die Regenten anzulügen. Und dieser Ausbruch jetzt … er entsetzte ihn. Er starrte den einzelnen Pantoffel an, der auf dem grauen Teppich lag, versetzte ihm einen Tritt und lief ruhelos auf und ab.
Etwas stimmte nicht.
Hatte der Cyborg ihn angelogen? Hatten sie faule Tricks an ihm ausprobiert? Er stolperte über den Pantoffel. Geräusche. Getümmel … Fluchend stellte er die Verbindung zum diensttuenden Agenten her. Der Mann sah wie ein Kind aus mit seinen großen, eifrigen Augen und dem aufgeworfenen Mund.
»Geh sofort hinunter in den Bruttankraum und durchsuche ihn«, befahl Allgood. »Aber behutsam. Schau nach Anzeichen für eine Rauferei aus.«
»Aber wenn uns jemand sieht …«
»Verdammt noch mal! Tu, was ich dir sage!«
»Jawohl, Sir.« Der Agent legte auf.
Allgood warf die Kleider ab. Seine Müdigkeit war verflogen. Er stellte sich unter die Dusche und zog sich an.
Irgend etwas stimmte nicht. Das fühlte er. Bevor er seine Wohnung verließ, gab er Befehl, Svengaard zu suchen und ihn zum Verhör zu bringen.