Kostproben



Er hatte eine Tätowierung auf dem Oberarm, ein kleines Herz in Rot und Blau. Darunter war ein Streifen rosa Haut, wo ein eintätowierter Name entfernt worden war.

Er leckte langsam über ihre linke Brustwarze, während seine rechte Hand ihren Nacken streichelte.

»Was ist los?«, fragte sie.

Er sah auf. »Was soll sein?«

»Du scheinst so … Ich weiß nicht. Abwesend«, sagte sie. »Oh … das ist schön. Das ist wirklich schön.«

Sie waren in einer Hotelsuite. Es war ihre Suite. Er wusste, wer sie war, hatte sie auf den ersten Blick erkannt, aber man hatte ihn gewarnt, sie nicht beim Namen zu nennen.

Er hob den Kopf, damit er ihr in die Augen sehen konnte, und ließ die Hand auf ihre Brust hinabgleiten. Sie waren beide von der Taille aufwärts unbekleidet. Sie hatte noch ihren Seidenrock an, er trug Blue Jeans.

»Also?«, hakte sie nach.

Er legte die Lippen auf ihre. Ihre Zunge schnellte gegen seine. Sie seufzte und lehnte sich zurück. »Was ist mit dir? Gefall ich dir nicht?«

Er grinste. »Nicht gefallen? Ich finde dich wunderbar.« Er umarmte sie ganz fest. Dann umfasste seine Hand ihre linke Brust und drückte sie behutsam. Sie schloss die Augen.

»Was ist es dann?«, flüsterte sie. »Was stimmt denn nicht?«

»Nichts«, sagte er. »Es ist wunderbar. Du bist wunderbar. Und sehr schön.«

»Mein Exmann hat immer gesagt, ich benutze meine Schönheit«, eröffnete sie ihm. Sie ließ den Handrücken vorn an seiner Jeans auf und ab gleiten. Er drängte näher, wölbte sich ihr entgegen. »Ich nehme an, er hatte Recht.« Er hatte ihr seinen Namen genannt, doch sie war sicher, es war nicht sein richtiger, nur eine Erfindung, und darum weigerte sie sich, ihn so zu nennen.

Er berührte ihre Wange. Dann nahm er ihren Nippel wieder in den Mund und als er diesmal daran sog, schob er gleichzeitig eine Hand zwischen ihre Beine. Die Seide fühlte sich weich an und er wölbte die Finger um ihr Schambein und erhöhte langsam den Druck.

»Wie auch immer, irgendwas stimmt nicht«, beharrte sie. »Irgendwas geht vor in deinem hübschen Kopf. Bist du sicher, dass du nicht darüber reden willst?«

»Es ist albern«, erwiderte er. »Und ich bin nicht zu meinem Vergnügen hier, sondern zu deinem.«

Sie knöpfte seine Jeans auf. Er rollte sich auf den Rücken und streifte sie ab, ließ sie neben dem Bett auf den Boden fallen. Er trug einen scharlachroten Slip darunter und sein erigierter Penis zeichnete sich deutlich unter dem dünnen Stoff ab.

Während er die Hose auszog, entledigte sie sich ihrer Ohrringe, zwei komplizierte Gebilde aus Silberdrahtschlaufen. Sorgsam legte sie sie auf den Nachttisch.

Plötzlich lachte er.

»Worüber lachst du?«, fragte sie.

»Eine Erinnerung. Strip Poker. Als ich ein Junge war, ich weiß nicht mehr, dreizehn oder vierzehn, haben wir das immer mit den Nachbarsmädchen gespielt. Sie haben sich immer mit allen möglichen tschotschkes behängt, Halsketten, Ohrringe, Schals und solches Zeug. Und wenn sie verloren, dann zogen sie einen Ohrring aus oder so. Nach zehn Minuten waren wir immer splitternackt und verlegen und sie noch vollständig bekleidet.«

»Warum habt ihr dann trotzdem noch mit ihnen gespielt?«

»Hoffnung«, sagte er. Er griff unter ihren Rock und begann, durch ihr weißes Baumwollhöschen die Schamlippen zu massieren. »Die Hoffnung, dass wir wenigstens mal einen Blick auf irgendwas erhaschen würden.«

»Und? Habt ihr?«

Er zog die Hand zurück und legte sich auf sie. Sie küssten sich. Sie drängten sich aneinander während des Kusses, zärtlich, Becken an Becken. Ihre Hände krallten sich in seine Arschbacken. Er schüttelte den Kopf. »Nein. Aber träumen darf man immer.«

»Hm. Und was ist daran albern? Und warum sollte ich es nicht verstehen?«

»Weil es wirklich zu dämlich ist. Weil … ich nicht weiß, was du denkst.«

Sie zog seine Jockey-Shorts herunter und strich mit dem Zeigefinger seitlich über seinen Penis. »Er ist tatsächlich groß. Natalie hat mich schon vorgewarnt.«

»Ah ja?«

»Ich bin wohl nicht die Erste, die dir sagt, dass er groß ist.«

»Nein.«

Sie senkte den Kopf, küsste sein Glied am Ansatz, der in buschigem goldblonden Haar versteckt lag, dann ließ sie ein wenig Speichel darauftropfen und fuhr langsam mit der Zunge daran entlang. Schließlich hob sie den Kopf und starrte mit ihren braunen Augen in seine blauen.

»Du weißt nicht, was ich denke? Was heißt das? Weißt du denn für gewöhnlich, was andere Leute denken?«

Er schüttelte den Kopf. »Na ja. Nicht direkt.«

»Vergiss nicht, was du sagen wolltest. Bin sofort wieder da«, sagte sie.

Sie stand auf, ging ins Bad, schloss die Tür, aber sperrte nicht ab. Man hörte Urin in die Toilette plätschern. Es schien ewig zu dauern. Dann wurde die Spülung betätigt und er hörte Bewegungen im Bad, eine Schranktür ging auf und zu, Rascheln.

Sie öffnete die Tür und kam wieder heraus. Sie war jetzt völlig nackt. Zum ersten Mal wirkte sie ein wenig unsicher. Er saß auf dem Bett, ebenfalls unbekleidet. Sein Haar war blond und sehr kurz geschnitten. Als sie näher trat, streckte er die Hände aus, legte sie um ihre Taille und zog sie näher. Sein Gesicht war auf einer Höhe mit ihrem Bauchnabel. Er leckte darüber, senkte dann den Kopf, steckte die Zunge zwischen die großen Schamlippen und schleckte.

Ihr Atem beschleunigte sich,

Während er ihre Klitoris mit der Zunge bearbeitete, steckte er einen Finger in die Vagina. Sie war schon nass und der Finger glitt mühelos hinein.

Die andere Hand ließ er über ihren Rücken bis zur Rundung ihres Hinterns gleiten und ließ sie dort.

»Also. Weißt du immer, was andere Leute denken?«

Er hob den Kopf, ihre Säfte auf seinem Mund. »Es ist ein bisschen verrückt. Ich meine, ich möchte eigentlich nicht drüber reden. Du wirst mich für wunderlich halten.«

Sie legte einen Finger unter sein Kinn, zwang seinen Kopf hoch und küsste ihn. Sie biss in seine Lippe, nicht zu hart, zerrte sanft mit den Zähnen daran.

»Du bist wunderlich. Aber es gefällt mir, wenn du redest. Und ich möchte wissen, was mit dir los ist, Mister Telepath.«

Sie setzte sich neben ihn aufs Bett. »Du hast fantastische Brüste«, sagte er. »Wirklich wunderschön.«

Sie verzog den Mund. »Sie sind nicht mehr das, was sie mal waren. Und wechsle nicht das Thema.«

»Das tu ich doch gar nicht.« Er ließ sich zurückfallen. »Ich kann nicht wirklich Gedanken lesen. Nur in gewisser Weise. Wenn ich mit einer Frau im Bett bin, weiß ich, was sie anmacht.«

Sie kletterte auf ihn, setzte sich rittlings auf seinen Bauch. »Du willst mich auf den Arm nehmen.«

»Nein.«

Er streichelte sanft ihre Klitoris. Sie wand sich. »Schön.« Sie rutschte ein Stück nach hinten, bis sie auf seinem Penis saß, ihn zwischen ihren Körpern einklemmte. Dann bewegte sie sich darauf hin und her.

»Ich weiß … Ich kann normalerweise … Weißt du eigentlich, wie schwierig es ist, mich zu konzentrieren, wenn du das tust?«

»Rede«, befahl sie. »Rede mit mir.«

»Steck ihn dir rein.«

Sie nahm seinen Penis in eine Hand. Dann hob sie ihren Körper ein wenig an, dirigierte den Penis in die richtige Position und führte sich die Spitze ein. Er wölbte sich, stieß aufwärts in sie hinein. Sie schloss die Augen, öffnete sie wieder und sah ihn unverwandt an. »Nun?«

»Es ist einfach so: Beim Vögeln oder auch schon vorher, na ja … weiß ich gewisse Dinge. Dinge die ich vorher ehrlich nicht wusste, nicht wissen konnte. Dinge, die ich gar nicht wissen will. Missbrauch. Abtreibungen. Wahnvorstellungen. Inzest. Ob sie insgeheim Sadisten sind oder ihren Boss bestehlen.«

»Zum Beispiel?«

Er war jetzt ganz in sie eingedrungen, glitt langsam rein und raus. Ihre Hände ruhten auf seinen Schultern. Sie beugte sich vor und küsste ihn auf den Mund.

»Na ja, so läuft es eben auch mit Sex. Normalerweise weiß ich, ob ich gut bin. Mit Frauen. Im Bett. Ich weiß, was ich tun muss. Ich brauch nicht zu fragen. Ich weiß es. Ob sie mich auf sich oder unter ihr will, ob sie einen Gebieter oder einen Sklaven braucht. Ob sie es braucht, dass ich fortwährend ›ich liebe dich‹ flüstere, während ich sie ficke oder wir nebeneinander liegen, oder ob sie es braucht, dass ich ihr in den Mund pisse. Ich werde der, den sie haben will. Das ist der Grund, warum … O Gott. Ich kann nicht glauben, dass ich dir das erzähle. Das ist der Grund, warum ich meinen Lebensunterhalt damit bestreite.«

»Ja. Natalie schwört auf dich. Sie hat mir deine Nummer gegeben.«

»Sie ist so cool. Natalie. Und sieht so klasse aus für ihr Alter.«

»Und worauf steht Natalie im Bett?«

Er lächelte sie an. »Betriebsgeheimnis. Ich hab absolute Geheimhaltung geschworen. Großes Pfadfinderehrenwort.«

»Warte.« Sie kletterte von ihm herunter und rollte sich auf den Bauch. »Von hinten. Ich hab’s gern von hinten.«

»Das hätte ich wissen müssen«, sagte er, es klang beinah verärgert. Er richtete sich auf, ging hinter ihr in Stellung und fuhr mit dem Finger die weiche Haut über ihrer Wirbelsäule entlang. Er legte eine Hand zwischen ihre Beine, umfasste seinen Penis und schob ihn in ihre Vagina.

»Ganz langsam«, sagte sie.

Er schob die Hüften vor, glitt ganz in sie hinein. Sie keuchte.

»Ist das gut?«, fragte er.

»Nein. Es hat ein bisschen wehgetan, als er ganz drin war. Nicht so tief beim nächsten Mal. Also du weißt bestimmte Sachen über die Frauen, wenn du sie vögelst. Was weißt du über mich?«

»Nichts Besonderes. Ich bin ein großer Fan von dir.«

»Verschon mich.«

Er hatte einen Arm auf ihre Brüste gelegt, die andere Hand führte er an ihre Lippen. Sie saugte an seinem Zeigefinger, leckte darüber. »Na ja, vielleicht kein ganz großer Fan. Aber ich hab dich in ›Letterman‹ gesehen und ich fand dich wunderbar. Wirklich komisch.«

»Danke.«

»Ich kann nicht glauben, dass wir das tun.«

»Was? Ficken?«

»Nein. Reden, während wir ficken.«

»Ich rede gern dabei. Das reicht jetzt. Meine Knie werden taub.«

Er zog sich zurück und setzte sich aufs Bett.

»Du weißt also, was Frauen denken und was sie wollen? Hm. Funktioniert es auch bei Männern?«

»Ich weiß es nicht. Ich war noch nie mit einem Mann im Bett.«

Sie starrte ihn an. Legte einen Finger auf seine Stirn, ließ ihn über den Wangenknochen und abwärts zum Kinn wandern. »Aber du bist so hübsch.«

»Vielen Dank.«

»Und du bist eine Hure.«

»Männlicher Begleiter.«

»Und eitel obendrein.«

»Vielleicht. Bist du nicht eitel?«

Sie grinste. »Touché. Du weißt also nicht, was ich jetzt will?«

»Nein.«

Sie legte sich auf die Seite. »Zieh ein Kondom über und fick mich in den Arsch.«

»Hast du Gleitgel?«

»Nachttisch.«

Er holte ein Kondom und das Gel aus der Schublade und streifte das Kondom über sein Glied.

»Ich verabscheue Kondome«, sagte er. »Sie jucken. Und ich bin absolut gesund. Ich hab dir die Bescheinigung gezeigt.«

»Das ist mir egal.«

»Ich dachte nur, ich erwähne es mal. Das ist alles.«

Er verteilte das Gleitmittel in und um ihren Anus und schob die Spitze des Penis’ hinein.

Sie stöhnte. Er hielt inne. »Ist das … okay?«

»Ja.«

Er bewegte sich vor und zurück, drang tiefer ein. Sie keuchte in seinem Rhythmus und nach ein paar Minuten sagte sie: »Genug.«

Er glitt heraus. Sie rollte sich auf den Rücken, zog das verschmierte Kondom ab und ließ es auf den Teppich fallen.

»Du kannst jetzt kommen«, sagte sie ihm.

»Ich bin noch nicht so weit. Und wir könnten noch stundenlang weitermachen.«

»Das ist mir gleich. Spritz auf meinen Bauch.« Sie lächelte zu ihm auf. »Mach’s dir selbst. Jetzt.«

Er schüttelte den Kopf, aber seine Hand lag schon um seinen Penis, bewegte sich ruckartig auf und ab, bis ein glitzernder Strahl hervorschoss und sich auf ihren Bauch und die Brust ergoss.

Sie hob eine Hand und verteilte den milchigen Samen gemächlich auf ihrer Haut.

»Ich denke, du solltest jetzt gehen«, sagte sie.

»Aber du bist nicht gekommen. Willst du nicht … willst du keinen Orgasmus?«

»Ich hab, was ich wollte.«

Er schüttelte verwirrt den Kopf. Sein Penis war schlaff und geschrumpft. »Ich hätt es wissen müssen«, murmelte er ratlos. »Aber ich wusste es nicht. Ich weiß gar nichts mehr.«

»Zieh dich an«, befahl sie. »Verschwinde.«

Mit geübten, sparsamen Bewegungen zog er seine Sachen an, er begann mit den Socken. Dann beugte er sich über sie, um sie zu küssen.

Sie drehte den Kopf weg. »Nein.«

»Kann ich dich wiedersehen?«

Sie schüttelte den Kopf. »Ich glaube nicht.«

Er zitterte am ganzen Leib. »Was ist mit dem Geld?«, fragte er.

»Ich habe dich schon bezahlt. Als du reingekommen bist. Weißt du nicht mehr?«

Er nickte nervös, so als könne er sich nicht erinnern, wage aber nicht, das einzugestehen. Dann klopfte er seine Taschen ab, bis er den Umschlag mit dem Geld ertastete, und nickte noch einmal. »Ich fühle mich so leer«, sagte er kläglich.

Sie nahm kaum zur Kenntnis, dass er ging.

Sie lag auf dem Bett, eine Hand auf ihrem Bauch, wo sein Sperma langsam erkaltete und trocknete und sie kostete ihn in Gedanken.

Sie kostete jede Frau, mit der er geschlafen hatte. Sie kostete, was er mit ihrer Freundin tat, und lächelte über Natalies kleine Perversitäten vor sich hin. Sie schmeckte den Tag, als er seinen ersten Job verloren hatte. Den Morgen, da er betrunken in seinem Wagen inmitten eines Kornfelds aufgewacht war und, zu Tode erschrocken, der Flasche für immer abgeschworen hatte. Sie kannte seinen wahren Namen. Sie erinnerte sich an den Namen, der einmal auf seinem Arm eintätowiert gewesen war, und verstand, warum er nicht mehr dort sein konnte. Sie kostete die Farbe seiner Augen von innen betrachtet und sie schauderte über seinen Albtraum, in dem man ihn zwang, Stachelfische in den Mund zu nehmen, und aus dem er Nacht für Nacht in Panik aufschreckte. Sie ließ sich seinen Geschmack in Essen und Büchern und Filmen auf der Zunge zergehen und entdeckte den dunklen Himmel, zu dem er als kleiner Junge aufgestarrt und die Weite und Unermesslichkeit der Sterne bestaunt hatte, diesen Himmel, den er selbst längst vergessen hatte.

Selbst im uninteressantesten Material, das so gar nichts zu versprechen schien, konnte man manchmal echte Schätze entdecken, hatte sie festgestellt. Und er hatte die Gabe im kleinen Rahmen gar selbst besessen, auch wenn er sie nie verstanden oder für irgendetwas anderes als Sex genutzt hatte. Während sie in seinen Erinnerungen und Träumen dahinschwamm, fragte sie sich, ob er sie vermissen würde, ob er überhaupt merken würde, dass sie verschwunden waren. Und dann endlich kam sie, schaudernd, ekstatisch in blendenden Blitzen, die sie wärmten und aus sich heraus in die Nirgendwo-Vollkommenheit eines kleinen Todes transportierten.

Unten auf der Straße erklang ein Scheppern. Irgendwer war über eine Mülltonne gestolpert.

Sie setzte sich auf und wischte die klebrige Masse von ihrem Körper. Und dann begann sie sich anzuziehen, ohne zuvor zu duschen. Sie tat es bedächtig, begann mit ihrem weißen Baumwollslip und endete mit den ausgefallenen Silberohrringen.




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