4


Der Jared-Pilot hielt den Gleiter genau auf halber Höhe zwischen den Eismassen unter ihnen und der Wolkendecke über ihren Köpfen. An der Unterseite der riesigen Wolkenbänke war der Wind heftig, aber gleichmäßiger als oben in den Wolken, und die anhaltenden, stürmischen Regenfälle hatten die wenigen Erhebungen in der arktischen Eismasse abgetragen. Inzwischen war es heller geworden, da die Wolkendecke nicht mehr so dicht war wie in der Nähe des Wirbelsturms. Die Druckwelle, die aus der plötzlichen Vergrößerung des Lochs und dem Zusammenbruch des Sturmauges entstanden war, hatte auch hier ihre Spuren hinterlassen. An einigen Stellen schimmerten Wasserflächen in metallischem Grau, und inzwischen taute das Eis rascher, als Schmelzwasser und Regenwasser verdampfen konnten.

»Alles ruhig«, sagte Gurk, was eine deutliche Untertreibung war. Die Wolkenformationen bewegten sich auf dem Radarschirm nach Nordwesten, der Erdrotation vorauseilend. »Es sieht nicht so aus, als wenn sich das Ereignis so bald wiederholen würde. Zumindest nicht, bis wir aus diesem Unwetter heraus sind.«

Stone zog die Jacke enger um seine Schultern. Es war ziemlich kalt und naß geworden im Gleiter. Der Riß in der Hülle ließ sich nicht abdecken, und anscheinend gehörte auch die Kabinenheizung zu den Bordsystemen, die die Druckwelle nicht überstanden hatten. Der Gleiter hatte deutliche Schlagseite bekommen, und jedesmal, wenn Stone in einer heftigen Windböe das Gleichgewicht verlor, begann seine Nase wieder zu bluten.

»Was ist mit dem Loch?« fragte er.

»Es wächst und gedeiht«, antwortete Gurk. »Davon gehe ich zumindest aus. Auf diese Entfernung kann ich mit dem Radar nur erkennen, daß sich ein neues Auge gebildet hat, anderthalbmal so groß wie das alte.«

»Ich dachte, der Durchmesser des Lochs habe sich verdoppelt?«

»Natürlich.« Gurk nieste plötzlich und wischte sich ungeniert mit dem Ärmel seiner Jacke über das Gesicht. »Das Auge wächst weniger rasch als das Loch selbst. Noch ein oder zwei Sprünge, und der Wirbelsturm bricht in sich zusammen.« Er drehte sich zu Stone um. »Sie hängen sehr an dem Ding, was?«

»Bitte?« Er folgte dem Blick des Zwergs und erkannte, daß er noch immer die Tüte mit der linken Hand umklammerte. Er war nicht einmal dazu gekommen, sie zu benutzen.

»Ach so«, sagte er peinlich berührt und warf die zerknäulte Tüte weg. Erst jetzt bemerkte er, wie verkrampft seine Hände waren.

»Wieso plötzlich dieser Sprung?« fragte er hastig.

Gurk grinste. »Sie sind doch ein helles Köpfchen, Stone. Denken Sie nach.« Er winkte mit der Hand. »Na, lassen Sie es lieber bleiben.«

Der Gleiter taumelte wieder. Stone verzichtete auf einen Kommentar.

»Ich bin fest davon überzeugt, daß das nicht die erste plötzliche Erweiterung war«, meinte Gurk, plötzlich wieder ernst geworden. »Wir haben die anderen nur nicht bemerkt, vermutlich, weil sie sehr viel kleiner ausgefallen sind. Und wir haben die Schwarze Festung ziemlich eilig geräumt, nachdem unseren neuen Freunden hier das Malheur passiert ist.«

»Und woher kommt die Energie für diese Sprünge?«

»Das ist die spannende Frage.« Der Zwerg wippte auf seinem Sitz, dann hielt er inne und nieste wieder. »Haben Sie schon einmal einen Stein in eine Pfütze geworfen, Governor?«

»Wie bitte?«

Gurk schneuzte sich lautstark in seinen Ärmel. »Ob Sie schon einmal einen Stein in einer Pfütze geworfen haben.«

Stone nickte ergeben.

»Na, und was ist passiert?«

»Der Stein ließ Wellen entstehen«, antwortete Stone ungeduldig. »Was hat das mit Transmittern zu tun?«

»Sie kommen schon noch dahinter«, antwortete der Zwerg ungerührt. »Denken Sie an die Pfütze. Die Wellen laufen nach außen, und wenn der Rand der Pfütze langsam ansteigt, dann werden sie einfach verschluckt. Aber wenn die Pfütze von irgendeiner Wand begrenzt wird, von geraden, glatten Kanten, dann werden die Wellen dort reflektiert und laufen dahin zurück, wo sie entstanden sind. Einige Wellen sind früher wieder da als andere, und einige sind schwächer als andere ...« Gurk breitete die Hände aus. »Doch am Ende kommen sie alle zurück.«

Stone runzelte die Stirn. »Und?«

Eine Serie von heftigen Windstößen schüttelte den Gleiter wie eine leere Plastiktüte und hinderte den Zwerg minutenlang an der Antwort. Sie hielten sich an den Konsolen fest, während der Jared-Pilot sich die Kontrolle über den Gleiter erkämpfte. In der Zwischenzeit hatten sie gefährlich an Höhe verloren, und der Pilot setzte die Triebwerke unter Vollast, um Abstand zum Boden zu gewinnen.

»Nun, unser Stein war die Black-Hole-Bombe«, sagte Gurk, als es wieder ruhiger geworden war. »Was die Pfütze ist, das können Sie sich selbst ausrechnen.«

Tatsächlich, dachte Stone mit aufgesetzter Fröhlichkeit. Vor seinem inneren Auge entstand das Bild eines vielfach verzweigten und verästelten Geflechtes von Röhren und Tunneln, in dem plötzlich an einer abgelegenen Stelle ganz am Rand eine Granate gezündet wurde. Er hatte sich das Transmitternetz der Moroni immer wie eine überdimensionale Spinnwebe oder wie eine Art Kanalisation vorgestellt. Der größte Teil der Energie, die die Black-Hole-Bombe freigesetzt hatte, war in das Netz hineingegangen, und nur ein Bruchteil war bei der Orbitstadt, in der Schwarzen Festung und aus Hunderten kleinerer Transmitter im Sonnensystem wieder herausgekommen. Der größte Teil der Energie, die ausgereicht hätte, die Sonne in Stücke zu reißen, befand sich noch immer innerhalb des Hyperraumgeflechts, das die Transmittertore miteinander verband. Er konnte förmlich sehen, wie sich die einzelnen Verbindungsstränge dehnten und bis zum Zerreißen spannten, während die Schockwelle der Explosion sich im Netz ausbreitete. An einigen Stellen würde wie beim Nordpol vielleicht der Raum selbst aufreißen, und an anderen würden die Transmitter Hitze, Strahlung, Tod und Zerstörung ausspucken auf das, was auf der anderen Seite lag, so wie es bei der Orbitstadt geschehen war. Aber überall dort, wo die Transmitter abgeschaltet oder verschlossen waren, würde die Schockwelle zurückprallen, die Richtung umkehren und den Weg zurücklaufen, den sie gekommen war. Zurück zur Erde. Zurück zum Nordpol.

»Ich hatte nicht damit gerechnet, daß die ersten Rückschläge so schnell kommen«, sagte der Zwerg nachdenklich, »oder so heftig. Es hängt von der Entfernung zu den nächsten Durchgängen ab und ob diese verschlossen sind oder nicht.« Er zuckte die Achseln und warf dem Gouverneur einen Blick zu. »Es wird eine Weile dauern, aber die richtig schweren Rückschläge kommen erst noch. Wenn wir das Loch nicht vorher geschlossen haben, dann schaffen wir es nie.«

»Rückschläge«, wiederholte Stone verständnislos und dachte an den übermächtigen Mahlstrom, der zwei Gleiter zermalmt hatte, als wären es Fliegen, und den dritten Gleiter so zugerichtet hatte, daß er schrottreif war. Falls nur ein paar Prozent der Energie, die die Bombe in das Transmitternetz gepumpt hatte, zur Erde zurückgelangten, dann kam es nicht mehr darauf an, ob Moroni oder Jared den noch immer andauernden Krieg auf der Erdoberfläche und im Orbit gewannen. Die Erde würde einfach in einer unregelmäßigen Kette von Explosionen verschwinden, die zum Schluß die Sonne in eine Nova verwandeln würden.

Der Gleiter schwankte erneut, und Stone mußte sich wieder an seiner ausgefallenen Funkanlage festhalten. »Der Pilot könnte sich etwas mehr Mühe geben«, sagte er mißmutig, »und uns davor bewahren, über die Eisfläche zu schrammen.«

»Er tut seit einer Viertelstunde nichts anderes mehr«, erwiderte Gurk boshaft. »Seit die Triebwerke von einem Blitzschlag beschädigt worden sind.«

Stone schluckte mühsam. Die schmutziggraue Eisfläche unter ihnen schien plötzlich viel näher herangerückt zu sein. Falls der Gleiter in dieser Einöde abstürzen würde, würden sie es nie schaffen, dem Wirbelsturm zu entkommen. Die Wetterbedingungen und die Bodenverhältnisse hätten eine gut ausgerüstete, durchtrainierte und erfahrene Polarexpedition aufgerieben, ganz zu schweigen von einem Zwerg, einer Ameise und einem Mann mit Nasenbluten.

»Nur die Ruhe«, sagte Gurk, dem die Angelegenheit anscheinend ungeheuren Spaß machte. »Wir schaffen es.«

»Bis nach Köln?« fragte Stone ungläubig. »Diese Nußschale kommt nicht einmal bis nach Island zurück.«

»Bis zum Ring«, sagte Gurk. »Sehen Sie nach vorn.«

Er kniff die Augen zusammen und starrte in die angegebene Richtung. Ein schwarzer, gleichmäßig geschwungener Streifen trennte das dunkelgraue Eis vom nicht viel helleren Wolkenhimmel.

»Die Jared werden uns einen anderen Gleiter zur Verfügung stellen«, sagte Gurk.

»Hoffentlich.« Stone rückte näher an die noch intakten Sichtscheiben heran und spähte zum Horizont. Das schmale Band rückte rasch näher, und während sich die Entfernung verringerte, erkannte er Einzelheiten. Der Ring war gewaltig, dreimal so dick wie der Ring, der in der Schwarzen Festung gestanden hatte. Berücksichtigte man allerdings den tausendfach größeren Durchmesser, dann war dieser Ring in Wirklichkeit fragil und zerbrechlich, verglichen mit den anderen Transmittern, die die Explosion nicht hatten eindämmen können. Er fragte sich unwillkürlich, ob die Jared nicht schon daran scheitern mußten, daß sie trotz vieler Millionen Tonnen Material aus den zerstörten Großstädten und den abgerissenen Moroni-Festungen gleichsam nur einen Hauch von Metall um das Loch herum aufbauen konnten. Winzige Gebilde bewegten sich zwischen den Maschinenhallen, die Läufer genannten Schrottsammler, die verschiedene Bauteile an ihren Bestimmungsort bugsierten. Wie Libellen schwebten drei der mächtigen Transportgleiter über dem Ring. Hinter den Maschinen konnte er die Kuppeln der großen Kraftwerke erkennen, zu denen die Jared die erbeuteten großen Moroni-Gleiter umgebaut hatten. Baustelle reihte sich an Baustelle, von einem Rand des Blickfelds bis zum anderen, spannte sich über die gesamte Eisfläche hinweg.

Mit heulenden Triebwerken setzte der Gleiter zum Sinkflug an, und der Ring wuchs zu einer gleichmäßigen, glatten Barriere, die alles andere hinter sich verbarg.

»Die Jared haben sich ganz schön beeilt«, sagte Stone, der angesichts der hektischen Aktivität am Boden zum ersten Mal wieder so etwas wie Hoffnung empfand.

»Sie werden sich noch um einiges mehr beeilen müssen«, erwiderte der Zwerg geringschätzig.


*


Irgend jemand weckte sie, indem er begann, daumenlange Hufnägel in ihren Hinterkopf zu schlagen. In ihrer gegenwärtigen Verfassung hatte sie dagegen nicht viel einzuwenden, aber daß der unbekannte Plagegeist dazu eine Preßluftramme benutzte, war schlicht unverzeihlich.

»Nein«, stieß sie wütend hervor und wollte sich aufrichten. Ihr Kopf platzte gemächlich auseinander, und die Einzelteile tanzten einen verhaltenen Tango, bevor sie wieder zusammenfanden. Charity war sich nicht sicher, ob alle Teile wieder an ihrem ursprünglichen Platz angekommen waren, aber immerhin war ihr wenigstens der eigene Name wieder eingefallen.

Vorsichtig öffnete sie das linke Auge und schielte in die Richtung, die sie für oben hielt. Eine helle, weiße Scheibe schimmerte, nur eine Handbreit von ihrem Auge entfernt. Der Mond, dachte sie zusammenhanglos. Dann erkannte sie das Gesicht.

»Verdammter Mist«, murmelte sie.

»Alles in Ordnung?« flüsterte er, und ihre Trommelfelle wölbten in ihren Kopf und verwandelten ihr Gehirn in Kartoffelbrei. Sie schloß das Auge wieder und atmete ein Dutzend Mal tief ein. Dann hob sie die rechte Hand und schwenkte sie vorsichtig.

»Sieht aber nicht so aus.«

»Ruhe«, schnappte sie und öffnete beide Augen. Das Licht tat weh, aber als der Tränenschleier ihren Blick nicht mehr trübte, erkannte sie, daß es um sie herum fast vollkommen dunkel war. Sie lag in etwas, das sie nach längerer Betrachtung als einen wirren Haufen von Proviantrationen, Schlafsäcken, Ersatzteilen, Schußwaffen und Munitionskanistern identifizieren konnte. Ein verbogenes, längliches Ding links unterhalb von ihr erwies sich als ihr linkes Bein. Den Schmerzen nach zu urteilen hatte sie dort ein paar heftige Prellungen davongetragen, aber die Knochen waren intakt. Ob sie das auch von ihrem Kopf sagen konnte, war längst nicht so klar.

»Nicht zu fassen«, murmelte sie und stützte die Ellenbogen auf.

»Was?« fragte Skudder besorgt.

»Hör auf zu brüllen!« schnauzte sie und schloß gleich darauf wieder die Augen.

»Ich brülle nicht«, antwortete er beleidigt.

»Tut mir leid«, brachte sie schwerfällig heraus. »Ich fühle mich nicht besonders.«

»Das kommt bei Frauen immer wieder mal vor«, versetzte er mißmutig.

Sie schüttelte den Kopf in ihrem Helm und bereute es umgehend. »Nein«, sagte sie. »Du mußt einfach nur leiser atmen, und hör auf, mit deiner Haut zu knistern.«

Anscheinend war er ernsthaft in Sorge gewesen. Er lächelte sie erleichtert an.

»Da«, sagte sie und fragte sich flüchtig, wie sie wohl aussehen mochte. »Du machst es schon wieder. Hör auf zu grinsen.«

Er ignorierte sie, schloß sie wortlos in seine Arme und drückte sie an sich. Vermutlich zersplitterten dabei einige ihrer angebrochenen Knochen, aber seltsamerweise war ihr das gleichgültig. Sie erwiderte die Umarmung, so gut sie konnte, und ließ sich von ihm auf die Knie helfen. Ihre Beine zitterten zu sehr, als daß sie hätte aufstehen können.

Langsam sah sie sich um, und ihr Verstand weigerte sich, das Bild zu akzeptieren, das von allen Seiten auf sie herabzustürzen schien. Halb rechts von ihr hingen die auseinandergebrochenen Reste der Brücke aus der Dunkelheit herab, und ein Gewirr von Kabel, Schläuchen und Leitungen spannte sich wie eine Kreuzung aus Spinnennetz und Hängematte bis zu der in drei Teile gebrochenen Zwischendeck-Plattform. Über ihr erkannte sie nach einiger Zeit die schemenhaften Umrisse der tonnenschweren Maschinenblocks und Energiespeicher, die sich ursprünglich unter dem Zwischendeck befunden hatten. Einige der gewaltigen Aggregate aus dem Keller hatten sich aus ihren Verankerungen gelöst, hingen in einem Gewirr aus Trägerholmen und Spannseilen. Ein paar Lichter leuchteten noch, wo einige der Konsolen wie durch ein Wunder nicht von der Notstromversorgung getrennt worden waren. Eine dunkelblaue, dünne Flüssigkeit schwappte zwischen den Trümmerstücken, und Dampfschwaden zogen sich nach oben. Sie wollte gar nicht wissen, welche bizarre Substanz so lange brauchte, um sich ins Vakuum zu verflüchtigen. Ein paar Kanister schwammen in der seltsamen Brühe. Auf der anderen Seite erkannte sie undeutliche Bewegungen.

»Was ist mit den anderen?« fragte sie.

»Dubois und Harris sind drüben, bei Steiner und Estevez«, antwortete Skudder. »Die anderen beiden Soldaten sind unter einem Maschinenteil begraben worden.« Er sagte nichts weiter.

»Keine Hoffnung mehr.« Ein bitterer Geschmack lag auf ihrer Zunge. In letzter Zeit war es zu einer schlechten Gewohnheit geworden, daß sie ihre Begleiter überlebte. »Was ist mit Bender?«

Skudder schüttelte stumm den Kopf. Sie erinnerte sich daran, wie der Mann die Gurte abgeworfen hatte, unmittelbar vor dem Aufprall, und unterdrückte einen Anfall von Übelkeit. »Verdammter Mist.«

»Henderson ist draußen«, sagte Skudder in dem Bemühen, sie aufzumuntern. »Dieser Tolpatsch hat es ohne einen Kratzer überstanden.«

»Dann wollen wir hoffen, daß er sich nicht verläuft«, sagte sie. Mühsam rappelte sie sich hoch. Er mußte sie stützen, damit sie nicht das Gleichgewicht verlor. Trotz der geringen Schwerkraft schien es ihr im ersten Moment, als würde ein Tonnengewicht auf ihren Schultern lasten.

»Wir sind unten«, sagte sie dann. »Ich glaube nicht, daß wir noch weiter runter kommen könnten.« Später einmal sollte sie sich für diese voreilige Bemerkung selbst verfluchen. »Ich will hoffen, daß es für diese endlose Katastrophe wenigstens einen guten Anlaß gibt.«

»Wir sind am Rand von Grube I runtergekommen«, sagte Skudder. »Bisher ist alles ruhig geblieben. Es sieht ganz danach aus, als wenn hier draußen niemand wäre.«

»Wie weit sind wir vom Massetreiber entfernt?«

»Zwanzig, dreißig Kilometer«, antwortete er. »Henderson behauptet, daß er die Leitungstürme sehen kann. Warum?«

»Die Magnetschienen können Schlitten für Container transportieren, aber auch kleine Personenwagen. Falls die Moroni uns einsammeln wollen, dann werden sie wohl von dort kommen.« Sie humpelte versuchsweise einen Schritt weit. »Und wenn wir uns verdrücken wollen, haben wir dort die besten Chancen. Oder auf einem der Transportbänder, wenn eins in der Nähe ist.«

Skudder half ihr über den Berg aus Trümmern. Der kleine blaue Teich war inzwischen fast ganz verschwunden. Irgendwo in der Dunkelheit sah sie winzige, weiße Lichter, und es dauerte einen Moment, ehe sie die Umrisse des riesigen, langgezogenen Lochs in der Hülle erfaßte, das den Blick auf den Sternenhimmel freigab. Sie hatte den Anblick des Sternhimmels immer geliebt. Tatsächlich war es dieser Anblick gewesen, der ihr auf der Universität und später auf der Militärakademie in den harten Zeiten die Kraft gegeben hatte, durchzuhalten und weiterzumachen. Jetzt, als sie in einem Wrack über die zertrümmerten Überreste von Maschinen, Gerät und vielleicht auch Menschen humpelte, begann sie den Anblick zu hassen.

Ein Lichtkegel streifte sie. »Da sind Sie ja«, sagte Dubois. Sie hockte zwischen den beiden auseinanderklaffenden Hälften eines Maschinenblocks, dessen Zweck jetzt noch weniger zu erkennen war als vorher. Esteban, eine schlanke, hochgewachsene Frau, deren aufrechte und beinahe steife Haltung auch im unförmigen Druckanzug noch zu erkennen war, nickte ihr wortlos zu. Sie hatte irgendwo einen Schneidlaser gefunden und hantierte damit zwischen einem wirren Drahtspaghetti, das Charity schließlich als die Überbleibsel des Zentralachsen-Kabelschachts erkennen konnte. Der im Vakuum unsichtbare Laserstrahl zerschnitt ein Bündel von Leitungen, und irgendwo über ihr erloschen die letzten Lichter an einer der verbeulten Konsolen.

»Wir haben Daniela gefunden«, sagte Dubois. »Nichts mehr zu machen.«

»Und Cortez?« fragte Charity ohne rechte Hoffnung.

»Da unten«, sagte die Estevez und deutete vielsagend auf einen Fetzen von einer Druckkombination, der anderthalb Meter tief zwischen den Trümmern begraben lag, ein schwacher roter Schimmer im Scheinwerferlicht.

»Irgendeine Chance, ihn da raus zu holen?«

Dubois schüttelte stumm den Kopf. Im seltsamen Halblicht des reflektierten Scheinwerferlichts konnte Charity an Estevez' Gesichtsausdruck erkennen, daß die Frau keineswegs einverstanden war, aber den Mund hielt.

»Wo sind Steiner und Harris?«

»Versuchen es von der anderen Seite«, sagte Dubois gleichmütig.

»Vergewissern Sie sich, daß er tot ist«, sagte Charity. »Aber beeilen Sie sich. Wir müssen hier weg.« Sie richtete sich auf und blickte auf die andere Seite der Trümmerbarriere. »Harris, wie nahe sind Sie an ihn herangekommen?«

»Überhaupt nicht.«

»Dann kommen Sie hierher und helfen Sie Estevez. Ich will wenigstens sicher sein.«

Die Silhouetten von Harris und Steiner tauchten auf der anderen Seite auf. Charity nickte Estevez zu, die wieder in die Hocke ging und weiterarbeitete, dann wandte sie sich ab, auf das Loch in der Hülle zu. Skudder folgte ihr stumm und fing sie auf, als sie unterwegs den Halt verlor.

»Was ist das?« sagte sie angeekelt und befreite ihren Stiefel von der glitschigen, hellen Masse.

»Sieht aus wie Honig«, meinte Skudder. »Vielleicht Teil des Proviantes?«

Charity nahm ihm den Scheinwerfer aus der Hand und leuchtete auf den Boden. Ein Teil der Trümmerstücke kam ihr bekannt vor. Dann sah sie drei ziemlich große, dunkle Klumpen.

»Die Eier«, sagte sie.

Skudder ließ einen leisen Pfiff aus. »Himmel«, sagte sie, »sind die Dinger zäh.«

Sie beugte sich über den nächstgelegenen der Klumpen und berührte ihn vorsichtig mit dem Handschuh. Die Schale fühlte sich wie Hartgummi an, im ersten Moment nachgiebig, dann aber hart wie Granit. Die Metallstangen, in denen das Ei lag, waren verbogen und erinnerten in ihrer Anordnung entfernt an ein Vogelnest.

»Sieht ganz intakt aus«, meinte sie und warf einen Blick auf die Temperaturanzeige an ihrem Handgelenk. »Es ist noch ziemlich warm. Sollte mich nicht wundern, wenn es unversehrt ist.« In ihrer Stimme klang Unglauben. Dieser Teil der Mondrückseite lag noch in Dunkelheit, und die Temperaturen im Schiff waren rapide gefallen, seit die Hülle das erste Loch bekommen hatte. Es war unvorstellbar, daß ein lebendes Wesen ohne Schutzanzug diese Bedingungen länger als ein paar Minuten hätte überstehen können.

»Wie viele siehst du?« fragte Skudder. Sie ließ den Lichtkegel die gesamte Fläche vor ihnen absuchen. »Mindestens drei«, sagte sie. »Kann sein, daß die anderen weiter unten liegen.«

»Was sollen wir machen?«

»Nichts«, entschied sie nach einem Moment. »Offiziell wissen wir nichts davon.« Und, fügte sie in Gedanken hinzu, solange Harris sich nicht beschwert, ist es wohl in Ordnung. Sie warf Skudder einen warnenden Blick zu und wies mit einer Kopfbedeckung auf die vier Gestalten, die hinter ihnen im Lichtkreis versuchten, ein größeres Wandstück aus dem Trümmerhaufen zu lösen. Er nickte rasch.

»Laß uns hier verschwinden«, sagte sie und gab ihm den Scheinwerfer zurück.

Draußen versank sie bis zu den Knöcheln im Staub. Der Mondboden war gleichmäßig mit feinem Abrieb bedeckt, ein weiches Polster, das ihren Aufprall abgemildert hatte. Sie sah sich um, konnte aber keine Felsen oder Kraterformationen in der Nähe entdecken. Der Himmel war tiefschwarz und gesprenkelt mit den Sternen der Milchstraße. Sie stand inmitten einer ausgedehnten Ebene, die sich sanft zu ein paar entfernten Hügeln aufschwang. Die Landschaft war schwarz in schwarz, wie am Grunde des Meeres oder in einem Kohlenkeller bei Nacht. Es gab keine scharfen Konturen, keine harten Kanten, keine rechten Winkel, nur watteweiche Dunkelheit. Der Verlauf des Horizonts ließ sich am leichtesten daran erkennen, daß die ungleichmäßige Verteilung der Sterne plötzlich ein abruptes Ende fand, je tiefer sie den Blick senkte. Ihr Gleichgewichtssinn geriet außer Kontrolle. Erneut kämpfte sie mit Übelkeit, und ein überwältigendes Gefühl der Desorientierung breitete sich in ihr aus, bis sie nach Skudders Arm griff und festen Halt fand. Dann sah sie eine tiefe Furche, die sich zwischen Felsbrocken zum Horizont hinzog.

»Um Himmels willen«, brachte sie heraus.

Skudder folgte ihrem Blick. »Unsere Schleifspur«, stellte er mit ungläubigem Erstaunen fest.

»Das sind mindestens zehn Kilometer«, sagte sie und setzte sich in Bewegung. Er folgte ihr. Die Furche war stellenweise drei oder vier Meter tief. In unregelmäßigen Abständen entdeckten sie Teile der Panzerung, die gebrochenen Holme von Verstrebungen und Maschinentrümmer. Hier und da glitzerte ein Hauch feiner Splitter, Überreste der Panzerglasscherben aus den Sichtkuppeln vermutlich. Charitys Gedanken waren wie eingefroren. Trägheit, Masse und Geschwindigkeit hatten nicht einmal eine Minute gebraucht, um ein kompliziertes, widerstandsfähiges und leistungsfähiges Stück menschlicher Technologie in herumliegenden Müll zu verwandeln.

Skudder holte sie ein. Sie legte einen Arm um ihn, ehe sie tief Luft holte und sich nach der HOME RUN umdrehte. Sie hatten sich rund fünfzig Meter von dem Wrack entfernt, und trotz der Dunkelheit waren die grausamen Wunden zu erkennen, die in die Hülle hineingerissen worden waren. Die Panzerung war in großen Stücken abgerissen worden. Sie konnte einige der Verriegelungen erkennen, an denen Abschußrohre für Raketen oder Außentanks befestigt gewesen waren. Der größte Teil des Hitzeschildes und der Antriebsaggregate fehlte, war einfach verschwunden, zurückgelassen irgendwo auf der Oberfläche des Mondes.

»Die Konservendose hat ein paar Beulen bekommen, was?« witzelte sie, aber ihre Stimme klang gequält.

»Es ist ein Wunder, daß wir noch am Leben sind«, versetzte Skudder mit seltenem Ernst. Eine rotgekleidete Gestalt kletterte über eine lange, zweimal geknickte Röhre und winkte ihnen zu.

»Captain?« vergewisserte sich Henderson über Funk.

»Ja, wir sind hier«, antwortete Charity nach einem Moment. »Haben Sie irgendwelche Zeichen von Leben gesehen?«

»Nein. Es ist alles ruhig.«

»Kein Besuch also«, meinte Charity ohne wirkliche Erleichterung. »Dann gehen Sie rein und helfen Sie den anderen. Versuchen Sie, Waffen und Ausrüstung zu bergen, vor allem diesen Computer und diese verdammte Bombe, wenn irgendwas davon noch auffindbar ist.«

»In Ordnung«, sagte Henderson und bewegte sich auf das Loch in der Hülle zu. »Ich habe den Transportschlitten gefunden. Er sieht etwas mitgenommen aus, aber vielleicht funktioniert er noch.«

Sie sah ihm nach, bis der rote Druckanzug in der Dunkelheit des Wracks verschwunden war. Der Anblick erinnerte sie an etwas anderes.

»Gehen wir ein paar Schritte«, sagte sie. »Wo ist der Massetreiber?«

Skudder deutete nach Nordwesten. »Da drüben. Henderson ist ein Stück die Hülle hinaufgeklettert, bevor er sich sicher war.«

»Ich sehe nichts«, sagte sie nach einer Weile. »Na, bei der Entfernung kein Wunder.«

Skudder warf ihr einen skeptischen Blick zu.

»Immerhin sind wir auf dem Mond«, erklärte sie. »Besonders weit sehen kann man bei der Oberflächenkrümmung nicht.« Sie hob die Hand und legte den Zeigefinger vor ihre Lippen an den Helm, dann tippte sie auf den Schalter für die Funkanlage. Skudders Blick zeigte Verwirrung, dann rasches Begreifen. Sie schaltete den Helmfunk ab, und er folgte ihr ohne Zögern. Vorsichtig neigte sie ihm den Helm entgegen, bis sich die Visierscheiben berührten.

»Kannst du mich hören?«

»Ganz gut«, kam seine Antwort, deren Undeutlichkeit eher das Gegenteil aussagte.

»Schallübertragung«, erklärte sie hastig. »Dieses Plastikglas dämpft leider zu gut, aber dafür ist es auch bruchsicher. Es gibt eben nichts umsonst im Leben.« Sie grinste ihn an. »Ich verlasse mich ungern auf Hendersons Beobachtungsgabe, aber für den Moment sind wir hier wohl noch sicher. Wenn sie Gleiter hätten, dann wären sie schon lange über uns hergefallen.«

Er nickte. »Alles in Ordnung?« fragte er besorgt.

»Nein«, gestand sie nach einer Weile. »Ich fühle mich wie ausgewrungen, wenn ich ehrlich sein soll.« Sie wechselte rasch das Thema. »Ist dir an Dubois etwas aufgefallen?«

»Sie ist kalt wie ein Hai«, erwiderte Skudder. »Und genauso tüchtig.«

»Kommt Sie dir nicht irgendwie bekannt vor?«

»Bekannt?« Skudder lachte unwillkürlich auf. »Ich kenne sie genausolange wie du.«

»Stimmt genau«, sagte Charity knapp. »Und zwar vor zwei Monaten, in Köln.«

»Vor zwei Monaten?« wiederholte Skudder. »Blödsinn.«

»Harris war dabei, du ... und Stone.«

»Stone?«

»Und ein paar Jared, die uns leider nie vorgestellt wurden.« Ihre Stimme klang jetzt eiskalt und überhaupt nicht mehr nach Gehirnerschütterung. »Marie Dubois hat zu unserer Unterhaltung nicht viel beigetragen. Tatsächlich bestand ihr Beitrag darin, reglos auf einem Untersuchungstisch zu liegen, während unsere Verbündeten ihre sauberen Klauen in ihr Gehirn gesteckt haben. Nun, fällt es dir wieder ein?«

»Du meinst, diese Frau auf dem Tisch war Dubois?«

»Ich bin absolut sicher.« Charity verzog das Gesicht zu einem düsteren Lächeln. »Es ist erschreckend, wie sehr ein menschliches Gesicht allein durch den Ausdruck verändert werden kann. Damals, auf diesem Tisch, da war es ein Durcheinander aus Schmerz und Entsetzen, die panische Angst eines Kindes, dem ein unglaublich schreckliches Erlebnis widerfahren ist. Und heute ist es eine kalte, präzise Maske, wie der Helm einer Rüstung, und Gefühlsregungen sind nur durch die Sehschlitze hindurch wahrzunehmen.«

»Wir haben seit drei Wochen jeden Tag mit ihr zu tun«, entgegnete der Indianer skeptisch.

»Es ist dieselbe Frau.« Sie packte Skudder bei den Schultern. »Während der Schlacht im Orbit hat sich die Maske etwas gelockert. Das und die unzureichende Beleuchtung waren der Grund, warum ich sie plötzlich wiedererkannt habe.« Sie merkte, daß ihre Stimme in ihren eigenen Ohren gellte, und ließ ihn verlegen los.

»Entschuldige«, sagte sie nach einem Moment. »Seit Tagen hatte ich ein komisches Gefühl, wann immer ich Dubois angesehen habe.«

»Und Harris.«

»Das ist nicht dasselbe. Harris traue ich nicht. Himmel, jeder von uns ist Strandgut aus einer anderen Zeit, und dieser Krieg hat jeden von uns umgekrempelt. Und jeder von uns trägt Narben, außen und innen. Nur Harris nicht, der seinen ausstehenden Sold im Sparstrumpf trägt, Schach spielt, seinen Würfel programmiert und dumme Witze reißt. Und geflissentlich allem zustimmt, was wir sagen. Dieser Mann ist eine einzige Karikatur.«

»Das ist nicht fair«, sagte Skudder.

»Weil eine Karikatur dich nicht im Schachspiel schlagen darf?« fragte sie heftig. Er wich von ihr zurück. Sie streckte die Hand aus, legte sie auf sein Helmvisier.

Beugte ihren Kopf nach vorn, bis sich die Glasplatten wieder berührten.

»He, tut mir leid«, sagte sie nach einer Weile. Seine Augen gaben die ihren nicht frei. »Es wächst mir alles über den Kopf, weißt du.«

»Nein, weiß ich nicht«, sagte er unversöhnlich.

»So.« Sie unterdrückte mit aller Kraft die unvernünftige Wut, die in ihr emporstieg. »Benders Tod ist meine Schuld. Ich habe ihn auf der Brücke gelassen. Wenn er mit uns gekommen wäre, dann wäre er noch am Leben.«

»Dann wären wir alle tot«, erwiderte Skudder sanft.

»Du redest wie ein Teil von mir«, erwiderte sie langsam. »Eine innere Stimme sagt, daß die letzte Kurskorrektur notwendig war. Eine andere meint, daß er sich hätte beeilen müssen. Das ist ein ganzer Chor, der Rechtfertigungen skandiert und Entschuldigungen in allen Tonarten singt. Weißt du, mit allen diesen Stimmen habe ich keine Probleme.« Sie strich mit den behandschuhten Fingern über die Glasscheibe vor seinem Gesicht. Immer wenn sie ihm nahe sein wollte, gerieten sie in solche Situationen, in halb gepanzerten Druckanzügen, hinter bruchsicherem Glas und getönten Blendvisieren. »Die anderen Stimmen sind es, die mir Schwierigkeiten machen. Und dann sind da noch andere, die von Daniela Reilly reden, von Cortez, von Hartmann, von Net, von Jean und Tribeaux und ...« Ihre Stimme versagte. Skudder schloß die Arme um sie, und sie hielt sich an ihm fest. Das ist die Gehirnerschütterung, wisperte ihr eine zynische, bösartige Stimme zu. »Die Liste ist schon so lang geworden«, sagte sie. »Weißt du, es kommt gar nicht darauf an, daß ich die Moroni nicht erfunden habe und daß ich sie nicht hergebracht habe. Es kommt überhaupt nicht darauf an.«

Und, fügte die böse Stimme hinzu, vielleicht hast du sie ja doch hergebracht. Du hattest ja unbedingt den Ehrgeiz, bei der ersten Begegnung mit einer nichtmenschlichen Intelligenz dabei zu sein. Ohne deinen Einsatz und deine Fähigkeiten hätte die Space Force das Rendezvous mit dem fremden Schiff nie geschafft.

»Ich verliere den Verstand«, murmelte sie. Skudder schüttelte sie in ihrem Schutzanzug.

»Hör mit dem Unsinn auf«, brüllte er, und die unverfälschte, tiefe Angst und Hilflosigkeit in seiner Stimme riß sie aus ihrer Apathie. Mühsam machte sie sich los und hob abwehrend die Hand, als er nach ihr greifen wollte. Sie kniff die Augen zusammen und schüttelte ein paarmal den Kopf, begrüßte die Kopfschmerzen, die sofort wieder da waren.

»Es geht schon wieder«, sagte sie, als sie wieder voreinander standen. »Für einen Augenblick wenigstens.« Sie ergriff seine Hand und drückte sie. »Ich bin wohl ziemlich am Ende.«

»Aber du bist nicht verrückt«, sagte er nach einem Moment. »Du hörst dich an wie eine Irrsinnige, aber du siehst nicht so aus.« Was ein seltsames Kompliment war, dachte sie bei sich. »Ich werde Dubois im Auge behalten, okay?«

»Und Harris«, ergänzte sie. »Spiel ruhig noch ein paar Partien mit ihm.«

Er nickte wortlos. Sie schaltete das Funkgerät wieder ein, und er folgte ihrem Beispiel.

»... ist eigentlich da draußen los«, klang Harris' Stimme in ihren Ohren. Sie blickte auf und sah drei rote Gestalten vor dem Schiffswrack stehen. Weder sie noch Skudder hatten auf die Umgebung geachtet.

»Alles in Ordnung«, sagte sie mit fester Stimme. »Wir kommen zurück.«

»Na großartig«, sagte Harris sarkastisch. »Wir haben Sie die ganze Zeit über nicht erreichen können. Es hätte sonstwas passieren können.«

»Das heißt, es ist nichts passiert?« fragte Charity und setzte sich in Bewegung.

Daraufhin hielt Harris einen Moment lang den Mund. »Wir haben Ausrüstung und Waffen geborgen«, sagte er dann. »Proviant für zwei Monate und Sauerstoff für vier Tage.«

»Cortez?«

»Tot«, kam die knappe Antwort. »Die Bombe scheint intakt zu sein. Soweit man das ohne einen Trost sagen kann.«

»Wie schön«, murmelte Skudder hinter ihr. Sie erreichten die kleine Gruppe. Henderson und Dubois standen hinter Harris und sahen ihnen stumm entgegen.

»Und Ihr Spielzeug, dieser Würfel?«

»Estevez schneidet ihn gerade aus dem ganzen Gerümpel heraus.« Harris kam ihr die letzten drei Schritte entgegen und verstellte ihr den Weg. »Sagen Sie, wieso haben Sie sich aus dem Funk geschaltet?«

»Privatgespräch«, antwortete sie dreist und ging an ihm vorbei, ignorierte den verwirrten Blick Hendersons und den mißtrauischen Blick Dubois'.

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