Viertes Kapitel

In ihrer Kabine saß sie noch für eine Weile da und hörte zu, nahm schließlich mit Geran auf dem Unterdeck Kontakt auf und übertrug ihr die Überwachungsaufgaben. »Faha«, war Gerans einziger Kommentar.

»Hilfy weiß Bescheid«, sagte Pyanfar.

»So«, murmelte Geran. Und dann: »Ich habe Dienst. Ich habe es mitbekommen.«

Pyanfar schaltete ab und seufzte schwer, saß auf der Bettkante, die Arme auf den Knien — nahm schließlich ein leichtes Beruhigungsmittel, zog sich aus und rollte sich für eine köstliche Zeit des Vergessens in dem schüsselförmigen Bett zusammen, versuchte, nicht an Notfälle und Unwägbarkeiten zu denken und an die Kif-Horde, die das System durchsuchte.

Das schaffte sie nicht, aber dafür tat es das Beruhigungsmittel. Sie ging unter wie ein Stein im Teich und erwachte wieder, aufgeschreckt durch den Alarm — aber es war nur der Wecker, und sie lag in den Bettüchern, während ihr Herz langsam wieder in einen normalen Rhythmus zurückfiel.

»Irgendwas Neues?« fragte sie durch den Kom neben dem Bett das Unterdeck. »Was passiert, während ich weg war?«

»Nein, Käpt‘n.« Harals Stimme antwortete ihr. Ein Schichtwechsel hatte während ihres Schlafes stattgefunden. »Die Situation scheint sich in einem vorübergehenden Stillstand zu befinden. Die Station sendet im Moment nur operatives Gerede. Von den Kif ist nicht viel zu hören. Nichts Alarmierendes. Wir hätten dich geweckt, hätte es Neuigkeiten gegeben.«

Also verlief alles ordnungsgemäß. Interpretationen von Notlage waren unterschiedlich, aber Haral war der klügste Kopf in der Mannschaft, die Umsichtigste. Pyanfar lag da, starrte für einen Moment an die Decke und kam letztlich zu dem Entschluss, dass sie sich Zeit lassen konnte. Nichts drängte zur Eile. Die unter Schwerkraftzug überspannten Rippenmuskeln hatten sich versteift. »Wie steht es mit der Überprüfung der Systeme? Hat jemand die Zeit gefunden, sich daranzumachen?«

»Wir sind noch dabei, Käpt‘n, aber es sieht durchweg gut aus. Die Absprengung war völlig sauber, und die Neukalibrierung stimmte fast um Haaresbreite.«

»Mehr Glück, als wir verdienen. Was macht der Außenseiter?«

»Arbeitet wieder an seinen Tasten. Chur und Geran haben jetzt frei, und Tirun hat Dienst, aber ich hatte nicht das Gefühl — mit deiner Erlaubnis, Käpt’n —, dass sie in ihrem Zustand bei ihm ihren Platz hat, und ich war zur Gänze mit den visuellen Prüfungen der Trennungsablesungen beschäftigt — wieder mit deiner Erlaubnis.«

»Du hattest recht.«

»Er hat ein wenig geschlafen, und er hat auch keinerlei Schwierigkeiten gemacht. Götter, er blieb bei der Arbeit, bis er fast umkippte, sagte Chur, und in dieser Schicht ist er schon wieder dabei, so schwach er auch ist. Wir haben ihn gefüttert, sobald er aufgewacht war, und er hat alles gegessen und sich wieder an seine Paukerei gemacht, so höflich, wie es einem gefällt. Ich überwache seinen Zimmerkom und seinen Computeranschluss von der Op-Station aus, also hören wir ihn zumindest mit einem Ohr.«

»Gut.« Pyanfar fuhr sich mit einer Hand durch die Mähne und kniff in der heller werdenden Zimmerbeleuchtung die Augen zusammen. Der Wecker hatte den Tageszyklus im Zimmer in Gang gesetzt. »Lass den Außenseiter arbeiten! Wenn er umfällt, lass ihn schlafen! Wie geht es Tirun?«

»Humpelt und hat Schmerzen und stützt das Bein bei der Arbeit auf. Sie ist noch ziemlich weiß um die Nase.«

»Mir geht es gut«, mischte sich Tiruns Stimme ein.

»Du nimmst dir frei«, sagte Pyanfar, »wann immer dir danach ist. Wir driften nur, und jemand anders kann den Flautendienst aufnehmen, wenn ihr mit den ersten Überprüfungen fertig seid. Du achtest darauf, Haral. Sonst noch etwas, das ich wissen sollte?«

»Das war‘s«, meinte Haral. »Soweit alles klar.«

»Huh«, sagte sie wieder, erhob sich aus den von Federn gehaltenen Laken und schaltete den Kom ab, zog sich die schwarze Hose an und legte sich Gürtel, Armband und Ohrringe an — schüttelte sie zurecht und kämmte Mähne und Bart rasch durch. Zum Teufel mit der Eitelkeit.

Sie verließ ihre Kabine und stattete der Küche einen kurzen Besuch ab, verzehrte ein einsames Frühstück und fühlte sich daraufhin etwas besser. Dabei schaltete sie das Funkgerät auf den Monitorkanal und lauschte dem Gerede, das sie erreichte, stellte fest, dass es weitgehend dem entsprach, was Haral gesagt hatte, eine Flaute in den Ereignissen, die natürlich lästige Möglichkeiten in sich barg. Inzwischen hatten sich die Kif sicherlich ausgerechnet, was geschehen war, und waren jetzt gewiss auf einer verstohlenen Jagd — daher die verdächtige Ruhe. Die Stolz hatte einer starken seitlichen Abtrift von ihrem Ankunftspunkt unterlegen, aber wenn sie dieser Kif-Kapitän gewesen wäre und versucht hätte, den Ankunftspunkt eines frachtlosen Flüchtlings nach einem fast die Möglichkeiten des Schiffes überschreitenden Sprung zu berechnen, dann wäre sie von einem Grenzbereichsprung in gerader Linie von der Masse des Treffpunktes zu der von Urtur ausgegangen. Und das würde die Jagdzone beträchtlich verengen, von den gewaltigen Gebieten des linsenförmigen Urtursystems zu einer spezifischen Zone an dessen Rand, die Richtung des Systemdriftes und bestimmte Stellen, wo ein deckungssuchendes Schiff sich hinwenden konnte. Die Zeit war der andere Faktor; die Zeit definierte das Raumsegment, in dem sie logischerweise einhertrieben, zwei fragliche Stellen, die dann immer enger gefasst werden konnten.

Zeit, Zeit und wieder Zeit.

Sie lief unerbittlich ab.

Pyanfar schaltete das Funkgerät ab, ging zurück in ihre Kabine, breitete die Diagramme ihrer jüngsten Bemühungen aus, stellte eine Computerverbindung her und begann mit Berechnungen, so exakt wie nur möglich, über die ihnen verbliebenen Möglichkeiten.

Von dem Hani-Schiff — sie unterbrach sich, um Haral und Tirun darüber zu befragen — war im Verlauf der zurückliegenden Wache nichts weiter zu hören gewesen. Überhaupt keine Sendung. Die Besatzung der Sternjäger arbeitete sicher fieberhaft an ihren eigenen Vorhaben, entleerte das Schiff und provozierte nichts in diesem kritischen Augenblick.

Warten. Alle aufgefangenen Sendungen ließen darauf schließen, dass Schiffe aller Arten mit größtmöglicher Eile Kurs auf die Urtur-Station nahmen, für einige Schiffe eine Reise von Tagen, sogar von Wochen für andere der systeminternen Operatoren… aber selbst schon die Geste unterrichtete die Kif davon, dass die Mahe die Urtur-Station selbst verteidigen wollten und dabei andere Stellen allem aussetzten, was die Kif zu tun beliebten. Die ankommenden Sprungschiffe hatten ihr Ziel längst erreicht, sich im Versteck verkrochen. Es handelte sich um bewaffnete Schiffe, aber zumindest eines davon war Stsho, und seine Bewaffnung war nur geringfügig und der Wille seiner Besatzung zum Kampf praktisch nicht vorhanden.

Erneut überlegte sich Pyanfar, dass sie, wenn sie der kommandierende Kif gewesen wäre, diese systeminternen Schiffe nicht ungeschoren davonkommen lassen würde. All die, die aus dem verdächtigen Vektor kamen, wo sich ein Hani-Schiff versteckte, würden genau untersucht werden — um sicherzustellen, dass nicht eine clevere Hani im übrigen einwärts gehenden Verkehr versteckt mit hineintrieb. I.D.-Sendungen würden geprüft und durch den Computer gejagt werden, Schiffe möglicherweise geentert… jede Art von Unannehmlichkeit.

Die meisten würden eine visuelle Inspektion bestehen. Es gab recht wenig Ähnlichkeit zwischen einem leergepusteten Sprungfrachter mit seinen gewaltigen Maschinen und einem klobigen Bergbauschlepper mit seinem bloß systeminternen Antrieb, der eben dazu ausreichte, ihn mit vollem Schleppzug in Bewegung zu bringen.

Nur die Minenschiffe, die das Pech hatten, vom entferntesten Rand des möglichen Verstecks der Stolz zu kommen, würden vielleicht angehalten und ihre Aufzeichnungen untersucht werden, ihre Computer geleert und ihre Besatzungsmitglieder schweren Unbequemlichkeiten unterzogen, bis sie freiwillig Informationen gaben, wenn sich die Kif gemäß ihrer Gewohnheiten verhielten.

»Jemand ist gesprungen, Kapitän.«

Tiruns Stimme aus dem Kom. Pyanfar drehte sich sofort in ihrem Sessel und griff nach dem Antwortregler. »Wer? Wo?«

»Nur das charakteristische Gespenst auf dem Bildschirm, sonst nichts. Ich weiß es nicht. Es ist schon eine ganze Weile her und war an der gegenüberliegenden Seite des Systems. Keine weiteren Daten, aber es stimmt mit unserer Zeitlinie überein. So knapp.«

»Gib mir die Abbildung!«

Tirun schaltete sie auf den Schirm. Nadir-Bereich und eine wüst vermengte Aufnahme: zuviel Trümmergestein lag im Weg.

»Richtig«, sagte sie zu Tirun. »Nichts zu erkennen.«

»Weg damit?« fragte Tirun.

»Ja«, bestätigte Pyanfar und schaltete auch die Abbildung aus, starrte mürrisch auf die Diagramme und Zahlen, die, egal wie man sie drehte, immer wieder zu demselben Ergebnis führten: es gab keine Möglichkeit, mit einem einzigen Sprung ein Ziel jenseits von Urtur zu erreichen, so sehr sie jetzt auch ihre Masse reduziert hatten.

Der gerade empfangene Sprungschatten mochte von jemandem stammen, der erfolgreich hatte fliehen können. Vielleicht waren schon mehr Schiffe als nur dieses von hier weggesprungen, verloren im Gas und den Trümmern von Urturs Umgebung.

Aber äußerst wahrscheinlich war, dass es sich bei diesem Schiff um einen Kif handelte, ein überzähliges Schiff, das weitergeflogen war, um am logischsten Sprungpunkt, den die Stolz vielleicht benutzte, einen Hinterhalt aufzubauen.

Mochte Akukkakk verfaulen. Sie erinnerte sich an die flachen schwarzen Augen mit den roten Rändern, das lange graue Gesicht, die vom winselnden Tonfall geringerer Kif so stark verschiedene Stimme. Ein bitterer Geschmack bildete sich in ihrem Mund.

Wie viele waren es? fragte sie sich, zog die verstreuten Diagramme auf dem Tisch zu sich her und machte sich wieder Gedanken wie ein Kif, fragte sich einfach, wo er wohl seine bei Urtur gebliebenen Schiffe stationierte, nachdem er sich jetzt unvermeidlicherweise ausgerechnet hatte, was die Hani im Schilde führten.

Diese einwärtige Flucht, die der Station größere Sicherheit verschaffte, gewährte andererseits auch diesem Akukkakk ein freies Operationsfeld. Es gab nur eine endliche Zahl von undurchsichtigen Stellen in dem Quadranten, wo der Bogen aus Trümmergestein möglicherweise die Stolz versteckte. Eine geringere Zahl anderer Flüchtlinge, um ihn zu verwirren… schließlich nur noch sie und er mit den anderen Kif-Schiffen, die er herbeigerufen hatte.

Vier Kif hatten am Treffpunkt gelegen. Einige oder alle mochten mit ihm gekommen sein, und ebenso viele waren vielleicht schon bei Urtur gewesen, als die Hinukku eintraf. Acht Schiffe, konnte man sagen. Durchaus möglich.

Sie ging ihre Berechnungen noch einmal durch und stieß sich dann vom Schreibtisch zurück, zuckte mit den Ohren, um sich durch das Klimpern der Ringe beruhigen zu lassen.

So. Sie zumindest kannte ihre Optionen — beziehungsweise deren Fehlen. Wirklich ein übles Spiel, in das sie hineingeraten war. Sie stemmte den schmerzenden Körper aus dem Sessel, in dem er zu viele Stunden lang gesessen hatte, streckte sich wieder und rechnete sich aus, dass es etwa die Zeit sein musste, wo Chur und Geran wieder ihren Dienst antraten. Und Hilfy; kein Wort war von ihr zu hören gewesen. Möglicherweise hatte der Balg erst spät wieder Schlaf gefunden nach den Neuigkeiten, mit denen sie in ihrer Freizeit überfallen worden war. Wenn sie geschlafen hatte, umso besser.

Pyanfar ging hinaus in den Korridor und durch diesen in die matt erleuchtete Zone der Brücke hinter dem Bogengang, wo die meisten Lampen gelöscht waren und die toten Schirme dunkle Bereiche bildeten, die eigentlich vor Lichtern hätten blitzen sollen. Es gab einen unerwarteterweise hellen Fleck, eine beleuchtete Konsole in dieser Seitennische der Brücke hinter der Hauptbank des Computers. Jemand war zurückgekommen und hatte dann nicht abgeschaltet, dachte sie, und ging hin, um sie auszuschalten. Und fand dort Hilfy, die davor saß und ihre Aufmerksamkeit auf den Übersetzer gerichtet hielt, die Stirn in die linke Hand gestützt und die rechte Hand über der Tastatur des Übersetzers schwebend. Der Schirm vor ihr wurde von Mahendo‘sat-Symbolen belebt. Über Audio kam die klägliche Außenseiterstimme herein, die zu sprechen versuchte. Pyanfar runzelte die Stirn und ging näher heran, und Hilfy bemerkte die Bewegung und drehte sich halb um, wandte sich dann hastig wieder zurück, um den Audio der Brücke abzuschalten. Pyanfar lehnte sich an den Sessel, um die Symbolreihen auf dem Schirm zu betrachten, und Hilfy erhob sich schnell.

Gehen, versuchte der Außenseiter zu sagen. Das war das Symbol, welches momentan auf dem Schirm stand. Ich gehe.

»Ich dachte, du solltest schlafen«, sagte Pyanfar.

»Ich hatte keine Lust mehr dazu.«

Pyanfar nickte zum Schirm hin, der jetzt die gehende Figur zeigte. »Was macht es?«

»Er.«

»Es, er, wie macht er es?«

»Seine Aussprache ist nicht sonderlich gut.«

»Du hast dich in seine Lektionen eingemischt, dich mit ihm unterhalten?«

»Er erkennt mich nicht an der Maschine«. Hilfy hatte die Ohren angelegt, war auf der Hut vor Zurechtweisungen. »Man kann das zweite Handbuch nicht ohne Hilfe bearbeiten; es enthält Sätze. Er braucht Stichwörter. Ich habe mit ihm zusammen einen größeren Wortschatz erzielt. Wir sind jetzt schon voll bei abstrakten Begriffen, und ich konnte schon etwas von seinem Satzbau ableiten, wobei ich davon ausgegangen bin, was er bei unserem für Fehler macht.«

»Hm. Und hast du zufällig zwischen all den Fehlern auch einen Namen aus ihm herausbekommen? Seine Rasse? Einen Hinweis, woher er kommt? Eine Ortsangabe?«

»Nein.«

»Na ja, habe ich auch nicht erwartet. Aber gut gemacht, trotzdem. Ich werde es mir anschauen.«

»Siebenhundertdreiundfünfzig Wörter. Er hat das ganze erste Handbuch durch. Chur hat den Wechsel der Tastatur und der Kassette demonstriert, und er hat wieder alles durchgemacht, einfach so, machte sich an das zweite Buch und versuchte sich mit Sätzen. Aber er hat keine vernünftige Aussprache, Tante; es kommt einfach alles nur auf diese klägliche Art heraus.«

»Seine Mundform ist anders. Man kann auch noch nicht sagen, dass wir mit seiner Sprache einmal viel anfangen können. Es ist, als versuchte man, mit den Tc‘a oder den Knnn zu reden… vielleicht hat das Gehör sogar einen anderen Bereich, und sicherlich hat er nicht dieselbe Sprechausstattung. Götter, es gibt nicht einmal eine Garantie auf dieselbe Logik, aber ich denke, die haben wir vielleicht mit ihm. Manches von dem, was er tut, ergibt halbwegs Sinn.« Sie ließ sich in den freigewordenen Sessel sinken, streckte die Hand aus und schaltete einen zweiten Schirm ein. »Geh und überrede Tirun, ihre Arbeit unten im Op einzustellen, Kleine! Sie hat Dienst geleistet und sollte das eigentlich nicht. Ich werde versuchen, deine siebenhundertdreiundfuznfzig Wörter auf ein Übersetzerband aufzunehmen.«

»Habe ich schon gemacht.«

»Oh, tatsächlich?«

»Während ich hier saß.« Hilfy griff hastig an die Konsole und zeigte ihr die Kassette im Eingabeschlitz des Übersetzers. »Ich habe das grundlegende Muster gezeichnet und die Wörter darin eingeordnet. Auch die Satzlogik. Es ist fertig.«

»Funktioniert es?«

»Ich weiß nicht, Tante. Er hat mir nicht einen einzigen Satz in seiner eigenen Sprache genannt. Nur Wörter. Es ist niemand da, mit dem er in seiner eigenen Sprache reden könnte.«

»Aha — na ja.« Pyanfar war beeindruckt. Sie ließ etwas von dem Audioband ablaufen, schaltete ab und blickte zu Hilfy auf, die ungewöhnlich stolz auf sich selbst aussah. »Bist du dir bezüglich des Bandes sicher?«

»Das Hauptprogramm schien eindeutig zu sein. Ich, ich habe die Übersetzungsprinzipien ziemlich gut gelernt; Vater hat das nicht so sehr mit der Raumfahrt in Verbindung gebracht. Ich konnte dieses Studium von Anfang an betreiben, aber ich wusste, wofür ich es wollte. Wie Computer. Ich bin gut darin.«

»Warum versuchen wir es dann nicht?«

Hilfy nickte, war immer mehr von sich selbst eingenommen.

Pyanfar stand auf und durchsuchte die Fächer in der Kom-Konsole, zog die Schachtel mit den hygienisch eingewickelten Audio-Ohrstöpseln hervor und drückte eine Handvoll davon Hilfy in die Hand, entdeckte dann im selben Fach ein weiteres Funkgerät. Sie setzte sich an den Hauptkom und ging die Doppelkanäle des Übersetzers über die Bänder Zwei und Drei für die Funkgeräte durch. Sie nahm einen Stöpsel und steckte ihn sich ins Ohr, testete ihn mit einer momentanen Verbindung zum Zimmerkom des Außenseiters, empfing nichts außer Ausbrüchen von weißem Rauschen, durchsetzt mit zerfetzten Hani-Wörtern, die ein Teil des schizoiden Übersetzergehirns sich als Wörter anzuerkennen weigerte. »Wir sind zwei, er drei«, sagte sie zu Hilfy, hatte den Audio für einen Moment abgeschaltet. »Bring ihn herauf!«

»Hierher, Tante?«

»Du und Haral. Dieser Außenseiter, der versucht, uns mit seinen siebenhundertdreiundfünfzig Wörtern zu beeindrucken… wir werden ein für alle Mal herausfinden, wie seine Manieren in der Öffentlichkeit sind. Geh keine Risiken ein, Kleine!

Wenn der Übersetzer versagt, tu es nicht. Wenn der Außenseiter in seinem Verhalten nicht stabil ist, auch nicht. Geh!«

»Ja, Tante.« Hilfy stopfte sich die Audio-Geräte und das zusätzliche Funkgerät in die Taschen und hastete in einem Anfall von Wichtigtuerei den Bogengang hinaus.

»Hm«, knurrte Pyanfar im Nachhinein, stand da und starrte ihr hinterher. Ihre Ohren zuckten nervös und klimperten mit den Ringen. Das Alien konnte etwas anstellen. Es hatte ihr Schiff ausgesucht, um darin einzudringen, und es hatte es einer Reihe bequemerer Möglichkeiten vorgezogen. Es… Er! Hilfy und die Besatzung schienen unerschütterlich vom er überzeugt zu sein, analog zur Hani-Struktur. Aber darauf gab es nach wie vor keine Garantie.

Schließlich gab es noch die Stsho. Möglicherweise machte das die Kreatur in ihren Augen tragischer.

Götter. Nackthäutig, mit stumpfen Zähnen und Fingern… es hatte nur geringe Chancen in einer handgreiflichen Auseinandersetzung mit einem Haufen Kif gehabt. War unglaublich wehrlos — auf eine herausfordernde Weise. Es sollte für seine augenblickliche Situation dankbar sein.

Nein, schloss sie. Sollte es nicht. Jeder, der diese Kreatur in die Hand bekam, würde seine Pläne mit ihr haben, von der einen oder anderen Art, und vielleicht spürte sie das; daher ihr ständig trauriger und missmutiger Gesichtsausdruck. Auch Pyanfar hatte natürlich ihre eigenen Pläne.

Er, beharrte Hilfy bei jeder Gelegenheit. Ihre erste Reise, ein tragischer (und absolut unerreichbarer) fremder Prinz.

Reifezeit.

Götter!

Aus der Hauptsektion der Kom-Konsole summten und wimmerten die Sendungen von draußen, glitten in eine verschlungene Folge von Heulern und rückenmarkquälenden Piepsern hinein. Pyanfar sprang unwillkürlich auf, setzte sich wieder und verband den Übersetzer mit dem Kom.

Knnn, informierte sie der Schirm, was sie längst wusste. Lied. Keine erkennbare Identität.

Kein numerischer Inhalt. Umfangunzulängliche Eingabe. Auch diese Rasse besuchte Urtur, Bergleute, die ohne Lebenserhaltungseinrichtungen in der Methan-Hölle des Mondes Uroji arbeiteten und sich dort heimisch fühlten. Seltsames Volk in jeder Beziehung; vielbeinige Haarnester, schwarz und das Licht hassend. Sie besuchten die Station, um Erze und Abfälle abzuladen und verstohlen jedweden erreichbaren Handel zu tätigen, bevor sie zurück in die Dunkelheit ihrer Schiffe eilten. Die Tc‘a begriffen sie vielleicht.., und die Chi, die noch weniger rational waren — aber niemand hatte jemals eine ausreichend klare Übersetzung aus einem Tc‘a herausbekommen, um zu bestimmen, ob die Tc‘a ihrerseits aus den Knnn irgendwie schlau wurden. Die Knnn sangen irrational, selbstgenügsam oder in der Liebe verloren oder eine Sprache sprechend.

Niemand wusste etwas über sie (aber möglicherweise die Tc‘a, und diese diskutierten niemals irgendein Thema, ohne sich in tausend Abschweifungen zu ergehen, bevor sie die zentralen Fragen beantworteten, und waren in ihren Gedankengängen so schlangenartig wie in ihren körperlichen Bewegungen). Niemand hatte die Knnn jemals dazu bringen können, eine ordentliche Navigation zu betreiben; alle anderen mieden sie, denn es blieb ihnen nichts anderes übrig. Im allgemeinen verbreiteten sie numerische Botschaften, mit denen die mechanischen Übersetzer fertig wurden — aber dabei handelte es sich um einen Kode für besondere Situationen… Handel, Einlaufen, oder ein Signalkode. An der Anwesenheit von Knnn hier war nichts Ungewöhnliches, denn sie waren Geschöpfe, die sich überall herumtrieben, wie es ihnen gefiel, und die blind waren gegenüber den Streitigkeiten von Sauerstoffatmern.

Gelegentlich war immer noch das Pingen oder Hallen von Staub und Felsstücken auf der Hülle der Stolz zu hören, das konstante Rumpeln des Rotationskernes, das Flüstern der Luft in den Leitungen. Die toten Instrumente bedrückten Pyanfar. Schirme starrten zurück in den Schatten der Brücke wie viele blinde Augen.

Und sie waren hier draußen und trieben mit Kif und Felsen und einem Knnn einher, der keine Ahnung hatte, was los war.

»Kapitän«, brach Tiruns Stimme in die Stille ein.

»Ich höre dich.«

»Da draußen ist ein Knnn.«

»Habe ich auch mitbekommen. Was machen Hilfy und Haral bezüglich des Außenseiters?«

»Ich bekomme mit, dass sie ihn holen. Er macht keine Schwierigkeiten.«

»Verstanden. Sie sind auf dem Weg herauf. Pass weiter auf den Kom-Fluss von außen auf; hier oben wird es geschäftig zugehen.«

»Ja, Käpt‘n.«

Die Verbindung brach ab. Pyanfar stellte das Funkgerät auf den Übersetzerkanal ein und empfing das weiße Rauschen von Hani-Wörtern. Alles schien ruhig zu sein. Endlich hörte sie das Geräusch des Aufzuges und Schritte im Korridor, die auf die Brücke zukamen.

Er erschien wie ein Geist vor dem helleren Licht des Korridors hinter ihm, hochgewachsen und eckig, mit zwei Hani-Gestalten dicht an seinen Fersen. Zögernd trat er in das matte Licht der Brücke, dem Auge jetzt deutlich erkennbar… erstaunlich blasse Mähne und Bart, bleiche und mit Quetschungen und den gewundenen Streifen seiner Wunde gesprenkelte Haut, mit einem Gel verschlossen, aber zornrot. Irgend jemandes blaue Arbeitskniehosen, mit Zugband um die Taille und losen Knien, passten zu seiner hochgewachsenen Statur.

Unter der niedrigeren Decke der Brücke ging er mit leicht gebeugtem Kopf — nicht, dass er das hätte tun müssen, aber vielleicht fühlte sich die Decke für ihn ein wenig niedriger an, als er es gewohnt war. Er blieb stehen, mit Hilfy und Haral zu beiden Seiten hinter ihm.

»Komm näher!« forderte ihn Pyanfar auf und erhob sich von ihrem Platz, um sich mit verschränkten Armen an die Computerkonsole zu lehnen. Der Außenseiter hatte immer noch einen kränklichen Ausdruck und war wackelig auf den Beinen, aber sie langte nach hinten, um die Sicherung des Computers einzuschalten — die nur durch einen Kode wieder aufgehoben werden konnte, richtete dann den Blick wieder auf den Außenseiter… der nicht sie betrachtete, sondern sich mit verlangendem Gesicht auf der Brücke umsah, mit einem Gefühl, wie es jemand haben mochte, der erst kürzlich die Freiheit einer derartigen Einrichtung verloren hatte. Also kam er von einem Schiff, dachte sie. Es musste so sein.

Hilfy stand hinter ihm. Haral baute sich im anderen Zwischengang auf und blockierte den Rückzug in diese Richtung, sollte ihn irgendein plötzlicher Impuls überkommen. Auf diese Weise umgaben sie ihn mit einem schützenden Dreieck — sie, Hilfy und Haral. Aber er lehnte nur schwankend am Sessel des zweiten Piloten, der ihm am nächsten stand, und zeigte keinerlei Neigung zur Flucht. Er trug das Funkgerät an der Hüfte und hatte sich den Audio- Stöpsel ins Ohr gesteckt, gleichgültig der Tatsache gegenüber, wie unbequem er für ihn sein musste. Pyanfar langte hinauf und befestigte ihren eigenen, schaltete das Funkgerät auf Empfang und richtete dann von ihrem Platz an der Konsole aus den Blick wieder auf ihn.

»Alles klar?« fragte sie ihn, und er wandte ihr sein Gesicht zu. »Du verstehst wirklich«, sagte sie. »Dieser Übersetzer funktioniert in beiden Richtungen. Du hast sehr hart daran gearbeitet. Du wusstest sehr gut, was du tatest, vermute ich, und so hast du erreicht, was du wolltest. Du verstehst uns. Du kannst jetzt sprechen und es uns verständlich machen. Möchtest du dich setzen? Bitte!«

Er griff nach der Beuge des Sessels und ließ sich auf die Armlehne sinken.

»So ist es besser«, meinte Pyanfar. »Wie heißt du, Außenseiter?«

Lippen wurden zusammengepresst. Keine Antwort. »Hör mir zu!« sagte Pyanfar ruhig. »Seit du auf mein Schiff gekommen bist, habe ich meine Ladung verloren und sind Hani gestorben — getötet von den Kif. Begreifst du das? Ich möchte wissen, wer du bist, woher du kommst und warum du zu meinem Schiff gelaufen bist, wo du doch zu jedem anderen Schiff im Dock auch hättest gehen können. Also sag es mir! Wer bist du? Woher kommst du? Was hast du mit den Kif zu schaffen und warum mein Schiff, Außenseiter?«

»Ihr sein nicht Freunde von Kif.«

Laut und deutlich. Pyanfar holte Atem, stieß die Hände vor sich in den Hosenbund und betrachtete den Außenseiter mit lächelnd geschürzten Lippen. »So. Na ja. Nein, das sagten wir schon. Ich arbeite nicht für die Kif und bin nicht mit ihnen befreundet. Negativ. Kennst du das Wort blinder Passagier? Illegaler Fahrgast? Jemand, der auf ein Schiff geht und nicht bezahlt?«

Er dachte über das nach, was er davon verstand, aber er hatte keine Antwort darauf. Er atmete tief, als sei er müde… sprang auf, als eine plötzliche Knnn-Sendung durch den offenen Kom kam. Angsterfüllt blickte er zur Konsole, die Hände um die Sessellehne geklammert.

»Nur ein Nachbar«, sagte Pyanfar. »Ich möchte eine Antwort, Außenseiter! Warum bist du zu uns gekommen und nicht zu einem anderen Schiff?«

Sie hatte seine Aufmerksamkeit wiedergewonnen. Er betrachtete sie, wobei er gedankenvoll auf der Unterlippe nagte, machte schließlich eine Bewegung, die ein Achselzucken sein konnte. »Ihr sein weit von Kif-Schiff. Und ihr lachen.«

»Wir lachen?«

Er vollführte eine vage Handbewegung in Richtung auf Haral und Hilfy. »Deine Besatzung arbeiten draußen vor dem Schiff, sie lachen. Sie sagen mir gehen, gehen ##### keine Waffen auf mich. ### Ich kommen zurück. ###.«

»In den Rampengang hinein, meinst du.« Pyanfar machte ein finsteres Gesicht. »So. Was wolltest du in meinem Schiff? Stehlen? Dir Waffen besorgen? Ist es das, was du wolltest?«

»#### nein ####.«

»Langsam. Sprich langsamer, damit der Übersetzer mitkommt! Was wolltest du auf meinem Schiff?«

Er holte tief Luft und schloss kurz die Augen, als versuche er, Worte oder Gedanken zu sammeln, öffnete sie dann wieder. »Ich wollen keine Waffen. Ich sehen Rampengang hier bei Hani, kleine Angst.«

»Vor uns hattest du weniger Angst, nicht wahr?« Sie fühlte sich nicht so recht geschmeichelt. »Wie heißt du? Name, Außenseiter.«

»Tully«, sagte er. Sie hörte es, wie die gelegentlichen Äußerungen des Kom, mit dem anderen Ohr… ein Name wie der natürliche Fluss seiner Sprache, die aus Schnurren, Keuchen und Stöhnen bestand, kombiniert mit noch seltsameren Lauten.

»Tully«, wiederholte sie; er nickte, erkannte offensichtlich den Versuch. Sie berührte die eigene Brust. »Pyanfar Chanur heiße ich. Die Namen kann der Übersetzer nicht für dich verstehen. Pyanfar. Chanur.«

Er probierte es. Pyanfar war herauszuhören… zumindest, dass er den Rhythmus in seiner Sprache schnurrte. »Recht gut«, meinte sie. Sie setzte sich entspannter hin und legte die Hände im Schoß zusammen. »Zivilisierte Wesen sollten mit Namen umgehen. Tully — stammst du von einem Schiff, Tully, oder haben dich die Kif von einer Welt geholt?«

Er dachte darüber nach. »Schiff«, gab er schließlich zu. »Habt ihr zuerst auf sie geschossen? Habt ihr zuerst auf die Kif geschossen, Tully?«

»Nein. Keine Waffen. Mein Schiff haben keine Waffen.«

»Götter, so kann man doch nicht reisen! Was soll ich mit dir machen? Dich zu welcher Welt zurückbringen, Tully?«

Seine Hände packten die Sessellehne fester. Er starrte düster daran vorbei auf Pyanfar.

»Du wollen, was sie wollen. Ich nicht sagen!«

»Du kommst auf mein Schiff und du willst mir nichts sagen. Hani sind wegen dir tot, und du willst mir nichts sagen.«

»Tot?«

»Kif haben ein Hani-Schiff getroffen. Sie wollten dich, Tully. Sie wollten dich! Meinst du nicht, dass ich da Fragen stellen sollte? Das hier ist mein Schiff. Du bist an Bord gekommen. Meinst du nicht, dass du mir ein paar Antworten schuldest?«

Er sagte nichts. Wollte nichts sagen, das war klar. Die Lippen hatte er zusammengepresst.

Schweiß stand auf seinem Gesicht und glitzerte im matten Licht.

»Mögen die Götter diesen Übersetzer verfaulen lassen«, sagte Pyanfar nach einem Moment. »In Ordnung, also hat jemand auch dich schlecht behandelt. Ist es auf diesem Schiff besser? Geben wir dir die richtige Nahrung? Hast du genug zum Anziehen?«

Er strich über die Hose und nickte ohne Begeisterung.

»Du musst nicht zustimmen. Gibt es etwas, das du willst?«

»Wollen meine Tür # offen #.«

»Was — offen?«

»Offen.«

»Aha.

Seine Schultern sackten herab. Er hatte keine Zustimmung dazu erwartet, das konnte man sehen. Er machte eine vage Handbewegung auf das, was ihn umgab. »Wo sein wir? Die Geräusche…«

Staub scharrte über die Schiffshülle. Es war ein Hintergrundgeräusch gewesen, ein verrücktmachendes Flüstern, mit dem sie lebten. Unten, auf dem Unterdeck, hatte er wohl viel davon gehört. »Wir treiben«, sagte Pyanfar. »Gestein und Staub da draußen.«

»Wir sitzen auf ein Sprungpunkt?«

»Ein Sternsystem.« Sie streckte die Hand aus und schaltete das Teleskop in der Observationskuppel hinzu, brachte das Bild auf den Hauptschirm. Das Teleskop schwenkte sich auf Urtur ein, das Energie-Inferno im Zentrum des staubigen und linsenförmigen Systems, ein beringter Stern, der Ranken ausstreckte, deren Bewegung nur in Jahrhunderten zu messen war, seilartige Fäden, die dunkel vor den Flammen des Zentrums standen. Das Bild warf Licht auf das Gesicht des Außenseiters, ein Moment des Staunens: den verdiente Urtur. Pyanfar sah sein Gesicht und erhob sich, trat an die Seite dieses zottelmähnigen Außenseiters — eine kalkulierte Bewegung, denn es war ihre Kunst, Handel zu treiben, den Augenblick zu erkennen, wenn eine Zurückhaltung fiel. »Ich werde es dir erzählen«, sagte sie und packte ihn am Arm.

Er erzitterte, protestierte aber nicht dagegen, auf die Füße gezogen zu werden. Er überragte sie, während sie auf den Mittelpunkt des Bildes deutete. »Ein Teleskopbild, wie du siehst. Ein großes System, eine Horde von Planeten und Monden…, die dunklen Ringe dort, die entstehen, wenn die Planeten und Monde den Staub und die Felsen aufsaugen. Auf diesem entferntesten Ring gibt es eine Station, die diesen Gasriesen umkreist. Das System ist unbewohnt, abgesehen von Mahendo‘sat-Bergleuten und ein paar Knnn und Tc‘a, die es für gemütlich halten. Methanatmer. Aber viele Bergleute, viele Leute aller Rassen sind jetzt in Gefahr, dort, in diesem Zentrum. Urtur ist der Name des Sterns. Und irgendwo da draußen sind die Kif. Sie sind uns gefolgt, als wir hierher sprangen, und jetzt sind wegen dir eine Menge Leute in Gefahr. Kif sind da, verstehst du?«

»Regierung.« Seine Haut fühlte sich kalt an unter ihren Fingerballen, seine Muskeln waren hart und bebten, ob nun wegen der vergleichsweisen Kälte im großen Raum der Brücke oder aus irgendeinem anderen Grund. »Regierung dieses Systems. Hani?«

»Mahendo‘sat-Station. Auch sie mögen die Kif nicht sonderlich. Niemand tut das, aber man kann sie nicht loswerden. Mahendo‘sat, Kif, Hani, Tc‘a, Stsho, Knnn, Chi… alle treiben hier Handel. Wir mögen uns nicht alle gegenseitig, aber wir kümmern uns um unsere eigenen Angelegenheiten und tauschen Waren und manchmal Informationen aus.«

Schweigend hörte er allem zu, was er von dem verstand, was sie sagte. Wieder meldete sich der Kom mit dem Pfeifen und Wimmern der Knnn.

»Manche von ihnen«, sagte Pyanfar, »sind noch fremdartiger als du. Aber du kennst die Namen nicht, oder? Diese ganze Region des Alls ist dir fremd.«

»Weit, weit von mein Welt«, sagte er.

»Tatsächlich?«

Das trug ihr einen zweifelnden Blick von ihm ein. Er entzog sich ihrer Hand, betrachtete sie und die anderen.

»Wo auch immer sie sein mag«, sagte Pyanfar lässig. Sie wandte sich zu Haral und Hilfy um. »Ich glaube, das dürfte genug sein. Unser Fahrgast ist müde und kann in sein Quartier zurück.«

»Ich wollen mit dir reden«, sagte TuIIy. Er hielt sich am nächststehenden Sessel fest, widerstand jedem Versuch, ihn wegzuführen. »Ich wollen reden.«

»Wirklich?« fragte Pyanfar. Er streckte die Hand nach ihr aus. Sie hielt mühsam still, aber er berührte sie gar nicht, sondern zog die Hand zurück. »Worüber willst du reden?«

Stehend stützte er sich mit beiden Händen auf den Sessel. Seine blassen Augen waren aufmerksam und wild, und welche Emotion sein Gesicht auch immer anzeigte, es legte stets ein hohes Maß von Erregung an den Tag. »Du #### mich. Arbeiten, verstehen. Ich bleiben dieses Schiff, und ich arbeiten wie Besatzung. Alles du wollen. Wohin zu gehen. # geben mir ###.«

»Ah«, sagte sie. »Du bietest an, für deine Passage zu arbeiten.«

»Arbeiten auf dieses Schiff, ja.«

»Verstehe.« Sie hätte lieber auf ihn hinabgeblickt, aber war gezwungen, aufzublicken. »Du machst einen Handel, nicht wahr? Du arbeitest für mich, Außenseiter? Du tust, was ich sage? In Ordnung. Du ruhst dich jetzt aus. Du gehst zurück in deine Kabine und lernst deine Wörter und machst dir darüber Gedanken, wie du mir sagst, was die Kif von dir wollen — denn die Kif wollen dieses Schiff immer noch, verstehst du; sie wollen dich, und sie suchen nach diesem Schiff.«

Er dachte einen Augenblick lang darüber nach. Beinahe schien es, als würde er reden; seine Lippen formten ein Wort und nahmen es wieder zurück, wurden zusammengepresst.

Und etwas schloss sich hinter seinen Augen, als er das tat, eine Ödnis, schlimmer als sie je dort gewesen war. Ein Prickeln lief ihre Wirbelsäule hinab. Diese Kreatur denkt ans Sterben, erkannte sie. Es war der Blick wie von der Wand her und aus der Ecke des Waschraums, nur noch kälter. »Hör zu!« sagte sie in ihrer besten Umgangsart und legte ihm die Hand auf die gebeugte Schulter, grob, aber vorsichtig mit den Krallen. Sie schüttelte ihn. »Tully, du bist noch nicht stark genug, um zu arbeiten. Es reicht, wenn du dich ausruhst. Du bist in Sicherheit, verstehst du? Hani handeln nicht mit Kif.«

Daraufhin gab es ein Aufflackern, einen plötzlichen Bruch in diesem Siegel. Er streckte völlig unerwartet die Hand aus und ergriff ihre andere, und seine stumpfen Finger hielten und erforschten sie gleichzeitig, die pelzige Schwimmhaut, die ihm fehlte, die Ballen an den Fingerspitzen. Ein Druck traf das Zentrum der Hand und die Krallen führen heraus, aber nur ein wenig; sie war vorsichtig, obwohl ihre Ohren sich warnend senkten. Zu ihrer weiteren Beunruhigung legte er ihr die andere Hand auf die Schulter, zog dann beide Hände wieder zurück und sah sich zu Haral und Hilfy um, dann wieder zu ihr. Sie hielt ihn für verrückt. Und dann dachte sie an die Kif und ging davon aus, dass er das Recht auf ein wenig Seltsamkeit hatte. »Ich werde dir etwas sagen«, begann sie, »und zwar umsonst. Die Kif sind dir durch das Treffpunkt-Dock zu meinem Schiff gefolgt. Sie folgten meinem Schiff hierher nach Urtur, und jetzt sitzen wir hier und versuchen nichts anderes, als so ruhig zu sein, dass die Kif uns nicht finden. Versuchen zu entscheiden, wie wir am besten wieder von hier wegkommen. Es gibt einen bestimmten Kif, der den Befehl über ein Schiff namens Hinukku hat. Akukkakk.

»Akukkakk«, wiederholte er und versteifte sich plötzlich. Sein Gesicht wurde noch weißer.

Das Wort erreichte sie, wie bei Namen nicht anders möglich, durch das andere Ohr, durch seine eigene Stimme. Seine Augen waren geweitet.

»Aha. Du weißt Bescheid.«

»Er wollen mich bringen sein Schiff. Großes. Autorität.«

»Sehr groß. Sie haben ein Wort dafür; kennst du es? Hakkikt. Das bedeutet: er jagt, und andere sammeln die Reste auf, die er liegen lässt. Ich habe am Treffpunkt etwas verloren: ein Hani-Schiff und meine gesamte Ladung; und das hat dieser große Hakkikt, dieser große und mächtige Kif angerichtet. Du bist ihm entkommen! Du bist ihm davongelaufen. Also ist es mehr als Profit, worauf er in dieser Sache aus ist. Er will dich, Tully, um Rechnungen zu begleichen. Sein Stolz ist es, der auf dem Spiel steht, sein Ruf. Für einen Kif ist das das Leben selbst. Er wird nicht aufgeben. Weißt du, er hat versucht, dich mir abzukaufen. Gold hat er mir angeboten, viel Gold. Vielleicht hätte er sich sogar an den Handel gehalten und sich nicht mit Piraterie aufgehalten. Er ist dermaßen verzweifelt.«

Tullys Augen schweiften von ihr zu den anderen und wieder zurück. »Du handeln mit ihm?«

»Nein. Ich will etwas für tote Hani und verlorene Fracht. Ich will diesen großen Hakkikt. Verstehst du mich, Tully?«

»Ja«, sagte Tully plötzlich. »Ich wollen auch.«

»Tante«, protestierte Hilfy mit schwacher Stimme.

»Du willst arbeiten«, sagte Pyanfar, ohne sich um die Besorgnis ihrer Nichte zu kümmern.

»Du wirst Gelegenheit dazu bekommen. Aber du wirst warten, Tully, dich ausruhen. Bei Schichtwechsel rufe ich dich wieder. Du wirst mit uns essen. Essen, verstehst du? Aber zuerst wirst du etwas schlafen, hörst du? Du arbeitest auf meinem Schiff, also nimmst du als erstes Befehle entgegen. Befolgst die Anweisungen. Richtig?«

»Ja«, sagte er.

»Dann geh! Haral und Hilfy bringen dich wieder nach unten. Geh!«

Er nickte und überließ sich wieder Haral und Hilfy; keine von beiden blickte zurück, als sie ihn hinausführten. Und er auch nicht. Pyanfar schaute ihnen nach und ertappte sich dabei, wie sie die Hand rieb, die er berührt hatte.

Das Wimmern des Knnn-Liedes verklang wieder. Die Knnn waren Nachbarn der Kif. Das trug Erinnerungen in sich. Dieser Knnn war ungewöhnlich gesprächig. Niemand wusste jemals, was die Knnn dachten oder was ihre Reisen von Stern zu Stern bewirkte.

Sie wandte sich der Kom-Bank zu, schaltete auf Aufzeichnung und ließ den Gesang noch einmal durch den Übersetzer laufen. Er gab ihr auch diesmal nicht mehr Informationen als beim vorherigen Mal. Der Gesang endete, und es blieb nur das Flüstern des Staubes.

Überall im Urtur-System war es sehr still geworden.

Der Übersetzer sendete weiterhin weißes Rauschen, auch Harals Stimme oder Hilfys. Der Außenseiter sagte nichts, während er zu seinem Quartier zurückgebracht wurde. Pyanfar fühlte sich etwas unbehaglich, weil er sich nicht mehr in ihrem Blickfeld befand. Vielleicht war er letztlich doch wahnsinnig. Vielleicht brachte er sich um und ließ ihnen nichts anderes mehr als eine Fehde mit den Kif, als einziges, was sie für den Zusammenstoß vorzuweisen hatten. Bis zu einem gewissen Punkt konnte sie ihn nicht daran hindern, sich zu töten, außer eben Maßnahmen zu ergreifen, die ihn zu dem Entschluss nicht ermutigten.

Aber Rache war etwas, das einen Zweck lieferte, etwas, das das Leben lohnend machte.

Sie hatte es ihm angeboten.

Sie rief sich sein Gesicht in Erinnerung, wie es sich dicht vor ihr befunden hatte, lebhafte, verrückte Augen, eine Hand, so kalt wie eine Stunde nach Eintritt des Todes eine Kreatur, erinnerte sie sich, die allein mit einem Feind gekämpft hatte, der einen Stsho hätte zu Brei machen können.

Sie grinste leicht, wobei sie die Lippen zurückzog und die Nase runzelte, und starrte gedankenvoll auf das Bild des Teleskops.

Rückzug war unmöglich. Unmöglich bei diesem Kif-Prinzen, diesem Hakkikt Akukkakk, dessen persönliches Überleben von dieser Außenseitergeschichte abhing. Seine eigenen Sykophanten würden sich auf ihn stürzen, wenn er in dieser Sache das Gesicht verlor. Er selbst hatte den Außenseiter verloren.., vielleicht durch irgendeine kleine Unvorsichtigkeit in dem alten Kif-Spiel, das darin bestand, Opfer mit Versprechungen und Drohungen und der Zerstörung ihres Willens zu quälen. Ein altes Spiel — das die Hani begriffen; unwiderstehlich für einen Kif, der an der Angst seiner Opfer sich weidete und gedieh.

Akukkakk musste diese Peinlichkeit wieder wettmachen, die ihm am Treffpunkt unterlaufen war. Er wäre schon zur Vergeltung gezwungen gewesen, wenn ihm auch nur ein Spielzeug auf dem Dock gestohlen worden wäre. Aber dieser Außenseiter Tully war weit mehr als das.

Eine bislang unbekannte, kommunikative, raumfahrende Rasse, von der den Kif ein Exemplar in die Hände geraten war. Zivilisiertere Gebiete der Galaxis, von denen man nichts gewusst hatte. Die Kif hatten neue Nachbarn. Nur — wo befanden sie sich?

Eine mögliche Gefahr für sie. Eine mögliche Ausdehnung der Kif-Jagdgründe — in eine Richtung, in der Hani und Mahendo‘sat unberührt blieben. Das waren hohe Einsätze, zu hoch für die Schultern eines einzelnen armen Flüchtlings.

Urtur würde von Kif wimmeln, bevor alles gesagt und getan war. Das war gewiss.

»O Götter!« Pyanfar vergrub sich in den Kom-Lagerfächern und fing damit an, Bauteile für einen Sender von beträchtlicher Stärke zu suchen, weckte auch Chur und schickte sie los, in den dunkleren Bereichen des Schiffskörpers der Stolz nach weiterem Gerät zu suchen.

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