Nachwort Quellenangaben

Der Verfasser historischer Romane hat seinen Lesern gegenüber eine besondere Verantwortung, besonders wenn er über nicht weithin bekannte Zeiten und Orte schreibt. Er sollte Tatsachen und Ereignisse nicht verdrehen, wenn sie bekannt sind, und wenn er sie erfindet, wie er es oftmals tun muss, dann ist er gehalten, die Trennlinie zwischen Phantasie und Wirklichkeit deutlich zu markieren.

Der Verfasser von Science-Fiction-Romanen hat dieselbe Verantwortung, nur in noch höherem Maß. Mit den folgenden Angaben will ich mich nicht nur dieser meiner Verpflichtung entledigen, sondern auch dem Leser zusätzliche Unterhaltung bieten.

Taprobane und Ceylon

Aus handlungstechnischen Gründen habe ich drei mindere Veränderungen an der Geografie von Ceylon (heute Sri Lanka) vorgenommen. Ich schob die Insel achthundert Kilometer südwärts, bis sie auf dem Äquator saß — wie sie es tatsächlich vor zwanzig Millionen Jahren getan hat und eines Tages womöglich wieder tun wird. Im Augenblick dagegen befindet sie sich zwischen sechs und zehn Grad nördlicher Breite.

Weiterhin habe ich die Höhe des Heiligen Berges verdoppelt und ihn näher an »Jakkagala« herangesetzt. Beide Orte gibt es nämlich fast so, wie ich sie beschrieben habe.

Sri Pada, oder Adams Peak, ist ein beeindruckender, kegelförmiger Berg, der den Buddhisten, Moslems, Hindus und Christen in gleicher Weise heilig ist und auf seinem Gipfel einen kleinen Tempel trägt. Im Innern des Tempels befindet sich ein Steinblock mit einer Vertiefung, die, obwohl zwei Meter lang, als Fußabdruck Buddhas gilt.

Seit vielen Jahrhunderten unternehmen jedes Jahr Tausende von Pilgern den langen Aufstieg zum 2240 Meter hohen Gipfel. Die Kletterei ist nicht mehr gefährlich, seitdem man zwei Treppen angelegt hat (gewiss die längsten der Welt), die bis zur Spitze führen. Ich bin dort einmal auf Anregung Jeremy Bernsteins vom New Yorker hinaufgestiegen, und meine Beine waren etliche Tage danach noch gelähmt. Aber es war die Mühe wert, denn wir bekamen das einmalige und beeindruckende Schauspiel des Bergschattens bei Sonnenaufgang zu sehen, eines vollendet symmetrischen Kegels, der nur wenige Minuten unmittelbar nach dem Aufgang der Sonne sichtbar ist und sich auf den Wolken tief drunten fast bis zum Horizont erstreckt.

Ich habe seitdem den Berg mit weitaus weniger Mühe an Bord eines Hubschraubers der Luftwaffe von Sri Lanka erforscht und bin dabei dem Tempel nahe genug gekommen, um die resignierten Mienen der Mönche zu sehen, die sich inzwischen an solch lärmende Eindringlinge gewöhnt haben.

Die Felsenfestung Jakkagala ist in Wirklichkeit Sigirija (oder Sigiri, »Löwenfelsen«), die von Natur aus so atemberaubend ist, dass ich daran nichts habe zu ändern brauchen. Die einzige Freiheit, die ich mir damit erlaubt habe, ist chronologischer Art, denn der Palast auf dem Gipfel wurde gemäß der singhalesischen Chronik »Culavamsa« während der Regierung des königlichen Vatermörders Kasjapa gebaut (478–495 n. Chr.). Es erscheint jedoch unglaublich, dass ein derart gewaltiges Unterfangen in nur achtzehn Jahren von einem Usurpator, der ständig damit rechnen musste angegriffen zu werden, hätte durchgeführt werden können, und es ist durchaus denkbar, dass die wahre Geschichte Sirigijas weit über die genannten Daten hinaus in die Vergangenheit reicht.

Charakter, Motivierung und das tatsächliche Schicksal Kasjapas sind seit langem umstritten, und dieser Streit hat vor kurzem durch die posthume Veröffentlichung »The Story of Sigiri« (Lake House, Colombo) des singhelesischen Gelehrten Professor Senerat Paranavitana neue Nahrung erhalten. Ebenso bin ich seiner zweibändigen Monumentalstudie der Inschriften auf der Spiegelwand, »Sigiri Graffiti« (Oxford University Press, 1956), zu Dank verpflichtet. Einige der voranstehend zitierten Verse sind echt; andere habe ich erfunden.

Die Fresken, die Sigirijas größte Attraktionen darstellen, sind in dem Band »Ceylon: Paintings from Temple, Shrine and Rock« (New York Graphic Society/UNESCO, 1957) kunstgerecht wiedergegeben. Das interessanteste unter ihnen — das 1960 von unbekannten Vandalen zerstört wurde — ist in der Tafel V dargestellt. Die Dienerin hört eindeutig einer geheimnisvollen, mit Scharnieren versehenen Schachtel zu, die sie in der rechten Hand hält. Die Schachtel bleibt bis auf den heutigen Tag unidentifiziert, da die örtlichen Archäologen meinen Vorschlag, es handle sich um ein frühes singhalesisches Transistorradio, nicht ernst nehmen wollen.

Die Legende von Sigirija ist kürzlich von Dimitri de Grunwald verfilmt worden. In seiner Produktion The God King spielt Leigh Lawson sehr eindrucksvoll die Rolle des Kasjapa.

Der Fahrstuhl zu den Sternen

Diese scheinbar hirnverbrannte Idee wurde im Westen zuerst durch einen Leserbrief präsentiert: »Satellite Elogation into a True ›Sky-Hook‹« von John D. Isaacs, Hugh Bradner und George E. Backus am Scripps Institute of Oceanography und Allyn C. Vine am Wood's Hole Oceanographic Institute, veröffentlicht in der Zeitschrift Science, Ausgabe vom 11. Februar 1966. Wer es als merkwürdig empfindet, dass ausgerechnet Ozeanografen sich mit solchen Ideen herumschlagen, der bedenke, dass sie seit den Tagen des Fesselballons die Einzigen sind, die sich mit langen, unter dem Einfluss des eigenen Gewichts hängenden Kabeln befassen. (Dr. Allyn Vines Name hat übrigens durch die Taufe eines Unterwasser-Forschungsfahrzeugs auf den Namen »Alvin« Unsterblichkeit erlangt.)

Man stellte später fest, dass das Konzept bereits sechs Jahre früher und in weitaus größerem Maßstab von einem Leningrader Ingenieur, Y. N. Artsutanow (Komsomolskaja Prawda, 31. Juli 1960) entwickelt worden war. Artsutanow stellte sich eine »himmlische Seilbahn« vor, um seine anziehende Benennung des Apparats zu gebrauchen, die pro Tag nicht weniger als 12 000 Tonnen zur synchronen Umlaufbahn emporlupfte. Es scheint erstaunlich, dass dieser kühnen Idee so wenig Beachtung zuteilwurde. Der einzige Bezug auf sie, der mir je zu Gesicht kam, erscheint in dem hübschen Bildband von Alexej Leonow und Sokolow, »The Stars are Awaiting Us« (Moskau, 1967). Eine Farbtafel (Seite 25) zeigt den »Aufzug zu den Sternen« in Tätigkeit. Die Bildunterschrift lautet: »… der Satellit befindet sich sozusagen an einem festen Punkt am Himmel. Wenn von ihm ein Kabel zur Erde hinabgelassen wird, dann haben wir eine fertige Seilbahn. Ein Erde-Sputnik-Fahrstuhl kann sodann gebaut werden, für Fracht sowohl wie auch für Passagiere, und er wird ohne Raketenantrieb funktionieren.«

Obwohl General Leonow mir ein Exemplar des Buches anlässlich der Konferenz zur Friedlichen Nutzung des Weltraums in Wien, 1968, zum Geschenk machte, nahm ich die Idee einfach nicht bewusst zur Kenntnis — und das, obzwar der Fahrstuhl als genau über Sri Lanka hängend dargestellt ist! Ich dachte mir wahrscheinlich, dass Kosmonaut Leonow, ein bekannter Spaßmacher, sich einen Witz mit mir machen wollte.

Der Aufzug zu den Sternen ist ganz eindeutig eine Idee, deren Zeit jetzt gekommen ist. Das wird verdeutlicht durch den Umstand, dass er innerhalb eines Jahrzehnts seit dem Isaacs-Brief von 1966 mindestens dreimal, und zwar in voneinander unabhängigen Fällen, wiedergefunden wurde. Eine sehr ins Detail gehende Studie wurde in der September/Oktober-Ausgabe 1975 der Acta Astronautica von Jerome Pearson an der Wright-Paterson Air Force Base veröffentlicht (»The Orbital Tower; a spacecraft launcher using the Earth's rotational energy«). Dr. Pearson war sehr überrascht, von der Existenz früherer Studien zu hören, die seiner Computersuche entgangen waren. Er fand sie, indem er meine Aussage vor dem Raumfahrtkomitee des Repräsentantenhauses im Juli 1975 las. (Siehe (»The View from Serendip«.)

Sechs Jahre zuvor (Journal of the British Interplanetary Society, Vol. 22, S. 442–457, 1969) hatten A. R. Collar und J. W. Flower in ihrem Artikel »A (Relatively) Low Altitude 24-hour Satellite« im Wesentlichen dieselben Schlüsse gezogen. Sie untersuchten die Möglichkeit, einen geosynchronen Kommunikationssatelliten weit unterhalb der 36 000 Kilometer hohen Synchronumlaufbahn aufzuhängen. Ihre Diskussion ließ die Möglichkeit, das Kabel bis zur Oberfläche der Erde zu verlängern, außer Acht. Die Extrapolation liegt indes auf der Hand.

Und jetzt ein verlegenes Hüsteln: Schon im Jahr 1963, in einem Essay, der von der UNESCO in Auftrag gegeben und im Februar 1964 in Astronautics unter dem Titel »The World of the Communication Satellite« (jetzt erhältlich in (»Voices from the Sky«) veröffentlicht wurde, schrieb ich: »Auf längere Sicht erscheint es, dass es eine Anzahl theoretischer Möglichkeiten gibt, einen Vierundzwanzig-Stunden-Satelliten in niedriger Umlaufbahn zu etablieren; ihre Verwirklichung hängt jedoch von technologischen Weiterentwicklungen ab, die in diesem Jahrhundert wahrscheinlich nicht mehr stattfinden werden. Ich überlasse es dem Leser, sie zu überdenken.«

Die erste dieser »theoretischen Möglichkeiten« war selbstverständlich Collar und Flowers baumelnder Satellit. Meine überschlägigen Berechnungen, auf der Belastbarkeit verfügbarer Materialien beruhend, flößten mir eine derartige Skepsis gegenüber der Idee ein, dass ich mir nicht die Mühe machte, sie in Einzelheiten zu beschreiben. Wenn ich ein bisschen weniger konservativ gewesen wäre — oder wenn mir mehr Schmierpapier zur Verfügung gestanden hätte —, wäre ich womöglich jedermann, Artsutanow ausgenommen, zuvorgekommen.

Da dieses Buch eher ein Roman (so hoffe ich wenigstens) als eine ingenieurtechnische Abhandlung ist, sei der an technischen Einzelheiten interessierte Leser auf die mittlerweile rasch proliferierende Literatur zu diesem Thema verwiesen. Jüngste Beispiele sind Jerome Pearsons »Using the Orbital Tower to Launch Earth-Escape Payloads Daily« (Proceedings of the 27th International Astronautical Federation Congress, Oktober 1976) und ein bemerkenswerter Artikel von Hans Moravec, »A Non-Synchronous Orbital Skyhook« (American Astronautical Society Annual Meeting, San Francisco, 18.–20.10. 1977).

Sehr großen Dank schulde ich meinen Freunden, dem inzwischen verstorbenen A. V. Cleaver von Rolls-Royce, Dr.-Ing. Hans O. Ruppe vom Lehrstuhl für Raumfahrttechnik an der Technischen Hochschule München, und Dr. Alan Bond, Culham Laboratories, für ihre wertvollen Informationen zum Thema des Orbitalturms. Für die Modifikationen, die ich angebracht habe, sind sie selbstverständlich nicht verantwortlich.

Walter L. Morgan (meines Wissens ohne Bezug zu Vannevar Morgan) und Gary Gordon von den COMSAT Laboratories sowie L. Perek in der United Nations Outer Space Affairs Division haben höchst wertvolle Daten bezüglich der stabilen Regionen des Synchronorbits beigetragen. Sie weisen darauf hin, dass natürlich vorhandene Kräfte (insbesondere die Gezeiteneffekte des Mondes und der Sonne) stärkere Schwingungen verursachen müssten, hauptsächlich in der Nord-Süd-Richtung. Taprobane könnte daher ein ungünstigerer Bauplatz sein, als ich angedeutet habe. Aber er wäre immer noch besser als jeder andere.

Die Wichtigkeit eines Bauplatzes an hochgelegenem Ort ist ebenfalls nicht eindeutig. Ich bin Sam Brand von der Naval Environmental Prediction Facility in Monterey für Informationen bezüglich der Äquatorialwinde zu Dank verpflichtet. Wenn es sich herausstellt, dass der Turm in der Tat auf Meereshöhe verankert werden könnte, dann wäre womöglich die Malediven-Insel Gan (erst vor kurzem von der Royal Air Force evakuiert) das wertvollste Stück Grund und Boden des zweiundzwanzigsten Jahrhunderts.

Schließlich erscheint es ein eigenartiger — vielleicht gespenstischer — Zufall, dass ich Jahre, bevor mir die Grundidee für diesen Roman in den Sinn kam, unbewusst an den Ort gravitierte, an dem er sich am besten hätte abspielen können. Denn das Haus, das ich vor einem Jahrzehnt an meinem ceylonischen Lieblingsstrand erwarb (siehe »The Treasure of the Great Reef« und »The View from Serendip«), steht genau an dem Ort, der, wenn man von Punkten im Ozean absieht, der Stelle maximaler geosynchroner Stabilität am nächsten ist.


Colombo

1969–1978

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