Drittes Kapitel

In später Nacht erreichten sie den Hügel, über dem der Rumpf des Raumschiffes aufragte. Um den Marsch zu beschleunigen, aber auch, um einer Begegnung mit den Bewohnern der Schonung auszuweichen, hatten sie sie dort durchquert, wo die Büsche gut ein Dutzend Meter auseinandertraten.

Es war, als hätte ein gewaltiger Pflug das Gestrüpp beiseite geräumt, auf den umgelegten Schollen wucherten nur die samtenen Flechten. Jähe Dämmerung legte sich über die Ebene, als die schräge Silhouette der Rakete schon deutlich zu erkennen war. Sie konnten also auf die Taschenlampen verzichten. Hunger quälte sie, aber noch mehr die Erschöpfung. So beschlossen sie, das Zelt draußen aufzustellen. Vom Durst gepeinigt, denn das Wasser war ihnen auf dem Rückmarsch ausgegangen, begab sich der Physiker durch den Tunnel in die Rakete. Er blieb lange weg. Sie pumpten gerade das Zelt auf, als sie ihn unter der Erde schreien hörten. Sie eilten zum Eingang und halfen ihm heraus.

Seine Hände zitterten. Er war so aufgeregt, dass er kaum ein Wort hervorbrachte.

„Was ist los! Beruhige dich!“ redeten sie auf ihn ein. Der Koordinator packte ihn fest bei den Schultern. „Da“, er deutete auf den dunklen Rumpf über ihnen, „da war jemand.“

„Wie?“

„Woran hast du das erkannt?“

„Wer war da?“

„Das weiß ich nicht.“

„Woran hast du erkannt, dass jemand da war?“

„An … an den Spuren. Ich betrat versehentlich den Steuerraum. Wir hatten ihn vorher mit Sandvollgeschüttet, jetzt ist keiner da.“

„Wieso ist keiner da?“

„Er fehlt. Es ist fast sauber.“

„Und wo ist der Sand geblieben?“

„Das weiß ich nicht.“

„Hast du in die anderen Räume geschaut?“

„Hab ich. Das heißt, ich hatte vergessen, dass im Steuerraum Erde lag, und dachte mir zunächst gar nichts, ich wollte ja nur trinken. Ich ging also in das Lager, fand das Wasser, hatte aber nichts zum Schöpfen, so ging ich in deine Kabine — und da … “

„Was zum Teufel!“

„Alles war mit Schleim bedeckt.“

„Mit Schleim?“

„Ja, mit durchsichtigem, klebrigem Schleim. Sicherlich habe ich noch was an meinen Schuhen! Ich sah gar nichts, erst später merkte ich, dass die Sohlen klebten.“

„Vielleicht sind die Behälter leck, oder es ist eine chemische Reaktion eingetreten. Du weißt doch, dass die Hälfte der Gefäße im Labor zerschlagen ist.“

„Red keinen Unsinn! Leuchte hier, auf die Füße.“ Der Lichtfleck wanderte nach unten. Die Schuhe des Physikers glänzten an einigen Stellen, als hätten sie einen Überzug aus farblosem Lack. „Das ist noch kein Beweis dafür, dass dort jemand gewesen ist“, erwiderte der Chemiker.

„Aber ich kam ja da noch gar nicht darauf! Ich nahm einen Becher und kehrte zum Lager zurück.

Dass die Schuhsohlen klebrig waren, fühlte ich, aber ich beachtete es nicht. Ich trank das Wasser, und als ich zurückging, fiel mir ein, mal in der Bibliothek nachzusehen. Warum, weiß ich selbst nicht.

Etwas unruhig war ich ja, aber daran habe ich nicht im geringsten gedacht. Ich mach die Tür auf, leuchte hinein, und da ist es sauber. Keine Spur von Sand! Ich hatte den Sand doch selbst hineingeschüttet, deshalb stieß mir das gleich auf, und auch, dass welcher im Steuerraum gewesen ist!“

„Und was weiter?“ fragte der Koordinator.

„Nichts, dann lief ich her.“

„Er ist vielleicht noch da, im Navigationsraum oder in dem anderen Lager“, sagte der Kybernetiker leise. „Glaub ich nicht“, murmelte der Koordinator. Die Taschenlampe, die der Doktor nach unten hielt, erhellte ein Stück Boden. Sie standen um den Physiker herum, der noch immer heftig atmete.

„Ob wir hingehen?“ überlegte der Chemiker laut, aber es war zu sehen, dass es ihn nicht sonderlich danach drängte. „Zeig doch noch mal deine Schuhe“, bat der Koordinator. Er betrachtete aufmerksam die eingetrocknete glänzende Schicht, die an dem Leder klebte. Fast wäre er mit dem Kopf des Doktors zusammengestoßen, als sich der ebenfalls bückte. „Wir müssen etwas unternehmen“, sagte der Kybernetiker verzweifelt.

„Es ist ja nichts geschehen. Irgendein Vertreter der lokalen Fauna ist in das Raumschiff gekrochen und dann verschwunden, nachdem er nichts gefunden hat, was für ihn von Belang sein könnte“, entschied der Koordinator. „Wohl ein Regenwurm, was? Ungefähr so groß wie ein Hai oder wie zwei Haie“, spottete der Kybernetiker. „Was ist mit dem Sand geschehen?“

„Das ist tatsächlich sonderbar. Vielleicht…“ Ohne den Satz zu beenden, begann der Doktor die nächste Umgebung abzusuchen. Sie konnten seinen Schatten im Schein der Taschenlampe verfolgen. Der Lichtstrahl beleuchtete den Boden oder huschte blaß in die Finsternis. „He!“ rief er plötzlich. „He, kommt mal her! Ich hab's.“

Sie rannten zu ihm hin. Er stand vor einem mehrere Meter langen Erdwall, der hier und da von Fetzenglänzender dünner Haut bedeckt war. „Scheint tatsächlich irgendein Regenwurm zu sein“, stammelte der Physiker. „Demnach müssen wir also doch in der Rakete übernachten“ entschied der Koordinator plötzlich. „Zuerst durchsuchen wir sie, um Gewißheit zu haben, dann schließen wir die Klappe.“

„Mann, das wird die ganze Nacht dauern“, stöhnte der Chemiker. „Wir haben noch kein einziges Mal in alle Räume geschaut.“

„Es muss sein!“ Sie überließen das aufgeblasene Zelt seinem Schicksal und tauchten in den Tunnel.

Lange suchten sie im Schiff umher, leuchteten in alle Winkel und Ecken. Der Physiker glaubte zu bemerken, dass im Steuerraum die Bruchstücke der Schalttafeln umgestapelt seien, aber keiner wusste das mit Sicherheit zu sagen. Dann zweifelte wieder der Ingenieur, ob er das Werkzeug, das er zur Anfertigung der Hacken gebraucht hatte, in der Ordnung liegengelassen habe, in der es sich nun befand.

„Das ist nicht so wichtig“, sagte der Doktor ungeduldig. „Spielen wir doch jetzt nicht die Detektive, es ist gleich zwei.“ Erst um drei legten sie sich zum Schlafen auf die Matratzen, die sie aus den Kojen geholt hatten, und das auch nur, weil der Ingenieur beschloss, in den beiden Etagen des Maschinenraums nicht nachzusehen, sondern die Tür im stählernen Schott, die dorthin führte, von innen abzuriegeln. Die Luft in dem abgeschlossenen Raum kam ihnen stickig vor. Ein unangenehmer Geruch hielt sich darin. Sie fielen um vor Erschöpfung, und kaum hatten sie die Kombinationen und die Schuhe abgelegt und das Licht gelöscht, sanken sie auch schon in einen schweren, unruhigen Schlaf.

Der Doktor schrak in völliger Dunkelheit auf und war gleich hellwach. Er hielt die Uhr vor die Augen. Eine Weile konnte er nicht erkennen, wie spät es war. Die Zeit wollte nicht zu der herrschenden Dunkelheit passen. Er hatte vergessen, dass er sich in der Rakete unter der Erde befand.

Schließlich entzifferte er auf dem Kranz der grünen Fünkchen, dass es schon acht war. Er wunderte sich, dass er nur so kurz geschlafen hatte, und wollte sich schon auf die andere Seite legen, da stutzte er. Im Raumschiff ging etwas vor. Er konnte das eher spüren als hören. Der Fußboden war von einem leichten Zittern erfaßt. Weit weg klirrte etwas kaum hörbar. Sofort setzte er sich auf. Sein Herz schlug wild. Es ist wieder da! Er dachte an das Geschöpf, dessen Schleimspuren der Physiker entdeckt hatte. Es versucht, die Eingangsklappe einzudrücken, war sein nächster Gedanke. Die Rakete erbebte plötzlich, als wollte eine gewaltige Kraft sie noch tiefer in die Erde stoßen. Einer der unruhig Liegenden stöhnte im Schlaf auf. Der Doktor hatte einen Augenblick lang das Gefühl, als ob sich seine Haare in glühende Drähtchen verwandelten. Das Raumschiff wog sechzehntausend Tonnen! Der Fußboden bebte. Es war ein ungleichmäßiger, reißender Schauer. Plötzlich begriff er: Das war eines der Antriebsaggregate! Jemand versuchte es in Gang zusetzen!!

„Auf!“ schrie er und suchte im Dunkeln nach der Taschenlampe. Die Männer fuhren hoch, rempelten einander in der ägyptischen Finsternis an, schrien laut durcheinander. Endlich hatte der Doktor die Taschenlampe gefunden und knipste sie an. Mit wenigen Worten erläuterte er, was los war.

Schlaftrunken lauschte der Ingenieur den fernen Geräuschen. Erschütterungen schüttelten den Rumpf, lautes Heulen erfüllte die Luft. „Die Kompressoren der linken Düsen!“ zischte der Ingenieur. Der Koordinator knöpfte wortlos seine Kombination zu. Die anderen zogen sich ebenfalls schnell an. Der Ingenieur rannte so, wie er war, in Hemd und Turnhose, in den Gang. Im Laufen riss er dem Doktor die Taschenlampe aus der Hand. „Was hat du vor?“ Sie rannten hinter ihm her zum Navigationsraum.

Der Fußboden unter ihnen dröhnte und bebte immer stärker. „Er kann die Schaufeln abbrechen!“ stöhnte der Ingenieur und stürzte in den Navigationsraum, den der Eindringling gesäubert hatte. Er sprang zu den Hauptklemmen, warf den Hebel herum. Ein Licht flammte in der Ecke auf. Der Ingenieur und der Koordinator zerrten einen Elektrowerfer aus dem Wandverschlag, befreiten ihn von dem Futteral und schlössen ihn mit größter Eile an die Ladeklemmen an. Die Kontrolluhr warzerschlagen, aber das längliche Röhrchen am Lauf leuchtete blau auf: Ladestrom war vorhanden!

Der Fußboden bebte. Alles, was nicht befestigt war, hüpfte. In den Regalen rasselte das Metallwerkzeug, ein gläserner Gegenstand fiel herunter und zersprang. Die Reste des Plastikumbaus dröhnten mit lauter Resonanz, dann brach Stille herein, gleichzeitig erlosch das einzige Licht. Der Doktor schaltete sofort die Taschenlampe ein.

„Ist er geladen?“ fragte der Physiker. „Höchstens für zwei Serien, aber auch das ist gut“, schrie der Ingenieur zurück, wobei er die Klemmen mehr abriß als herauszog. Er packte den Elektrowerfer, hielt ihn mit dem Aluminiumrohr nach unten, legte die Hand an den Griff und ging den Korridor entlang in Richtung Maschinenraum. Sie waren bereits auf halbem Weg, neben der Bibliothek, als ein lang anhaltendes höllisches Knirschen ertönte. Zwei oder drei krampfartige Zuckungen erschütterten das Raumschiff, im Maschinenraum stürzte etwas mit entsetzlichem Krachen um, und wieder trat Totenstille ein. Der Ingenieur und der Koordinator schritten Schulter an Schulter zur gepanzerten Tür.

Der Koordinator schob den Deckel vom Guckloch zurück und blickte hinein. „Die Taschenlampe her“, zischte er.

Der Doktor gab sie ihm. Durch die schmale, verglaste Öffnung ins Innere zu leuchten und gleichzeitig etwas zu sehen fiel nicht leicht. Der Ingenieur öffnete das zweite Visier, legte die Augen daran, atmete aus und hielt die Luft an. „Da liegt er“, sagte er nach einer Weile. „Wer? Was?“

„Der Gast. Leuchte mal besser, tiefer, noch tiefer — ja! Er rührt sich nicht. Er rührt sich überhaupt nicht. Groß wie ein Elefant“, sagte er dumpf. „Ist er an die Sammelschienen gekommen?“ fragte der Koordinator. Er konnte nichts erkennen, weil ihm die Taschenlampe das Guckloch verdeckte. „Er wird wohl eher zwischen die gerissenen Leitungen gekrochen sein. Ich sehe die Enden unter ihm hervorragen.“

„Was für Enden?“ fragte der Physiker ungeduldig.

„Die vom Hochspannungskabel. Stimmt, er bewegt sich nicht. Also was, machen wir auf?“

„Wir müssen.“ Der Doktor schob den Hauptriegel zurück. „Vielleicht verstellt er sich nur?“ gab hinten jemand zu bedenken. „Sich so gut zu verstellen, das kann nur eine Leiche.“ Der Doktor presste das Gesicht an das zweite Visier, bis der Koordinator die Taschenlampe wegnahm.

Die Stahlriegel schnappten weich zurück. Die Tür war offen. Eine Weile wollte niemand über die Schwelle treten. Der Physiker und der Kybernetiker schauten ihren Vordermännern über die Schultern. Im Hintergrund lag eine im Licht schwach glänzende, bucklige, nackte Masse auf den zertrümmerten Platten der Bildschirme, eingezwängt zwischen die gewaltsam beiseite geschobenen Trennwände. Hin und wieder huschte ein leises Zittern über die Masse. „Er lebt“, flüsterte der Physiker mit einem Würgen in der Kehle. Scharfer, ekelhafter Brandgeruch, wie von versengtem Haar, stand in der Luft. Ein zarter graublauer Rauchfaden zerfloß im Lichtkegel.

„Für alle Fälle“, sagte der Ingenieur, hob den Elektrowerfer, drückte den durchsichtigen Kolben an die Hüfte und richtete ihn auf die unförmige Masse. Es zischte. Die funkenlose Entladung traf den schwappenden Leib unterhalb des Buckels, der sich in der Mitte wölbte. Der mächtige Körper spannte sich und blähte sich auf, sackte dann in sich zusammen und lag noch platter da als zuvor. Die oberen Ränder der weißen Trennwände erbebten dabei, die große Masse bog sie auseinander. „Schluß“, erklärte der Ingenieur und trat über die hohe stählerne Schwelle. Alle folgten ihm. Vergebens suchten sie nach den Beinen, den Tastorganen, dem Kopf dieses Wesens. Als träge Masse ruhte es auf der herausgerissenen Sektion des Transformators, ohne feste Form — der Buckel hing nach einer Seite über, wie ein loser Sack voll Gelee. Der Doktor berührte den toten Leib. Er bückte sich. „Das alles ist eher wohl…“, murmelte er. „Riecht mal daran.“ Er hielt seine Hand hin. An den Fingerspitzen glitzerte es wieTropfen von Fischleim. Der Chemiker überwand als erster seinen Ekel. Er schrie erstaunt auf.

„Kennst du das?“ fragte der Doktor.

Alle schnupperten nun und erkannten den bitteren Geruch wieder, der die „Fabrikhallen“ erfüllt hatte.

Der Doktor fand in der Ecke einen Hebel, der sich von der Achse ziehen ließ. Er schob das breitere Ende unter den Leib und versuchte, ihn auf die Seite zu wälzen. Auf einmal rutschte er aus, das Ende des Hebels durchstach die Haut, und der Stahl drang fast bis zur Hälfte in das Gewebe.

„Ein Pech ist das“, knurrte der Kybernetiker. „Jetzt haben wir nicht nur ein Wrack, sondern auch noch einen Friedhof!“

„Du tätest besser daran, uns zu helfen!“ schimpfte der Doktor, der sich allein bemühte, den gewaltigen Leib umzudrehen. „Warte, mein Lieber“, sagte der Ingenieur. „Wie ist das möglich, dass so ein Stück Vieh ein Aggregat in Gang setzen kann?“ Alle sahen ihn verblüfft an.

„In der Tat.…“, stammelte der Physiker. „Was macht's?“ fügte er dümmlich hinzu. „Selbst wenn wir dabei platzen sollten, wir müssen ihn umwenden, ich sage euch, wir müssen!“ befahl der Doktor.

„Kommt mal alle her, nein, nicht von der Seite. So! Nicht ekeln! Was ist?“

„Warte!“ Der Ingenieur ging hinaus und kam nach einer Weile mit den Stahlstangen wieder, die sie zum Graben des Tunnels benutzt hatten. Sie schoben sie wie Hebebäume unter den toten Leib und hoben sie auf das Kommando des Doktors an. Der Kybernetiker schüttelte sich, seine Hand war am glatten Stahl abgerutscht und hatte die nackte Haut des Geschöpfes berührt. Mit entsetzlichem Klatschen wälzte es sich träge auf die Seite. Sie sprangen zurück. Jemand schrie auf.

Wie aus einer riesigen, spindelförmig verlängerten Auster schob sich ein zweihändiger kleiner Rumpf aus den dicken, flügelartig zusammengelegten, faltigen fleischigen Hüllen und glitt durch das eigene Gewicht nach unten, bis er mit den knotigen Fingerchen den Fußboden berührte. Er war kaum größer als ein Kinderrumpf, wie er so an den sich dehnenden Häuten der blaßgelben Bindelappen baumelte und nach und nach aufhörte zu wackeln. Der Doktor faßte als erster Mut, ging heran, ergriff ein Ende der weichen, vielgelenkigen Hand, und der kleine, blaß geäderte Torso spannte sich und zeigte ein flaches Gesichtchen, ohne Augen, mit klaffenden Nüstern und etwas Zerfetztem, das wie eine zerbissene Zunge aussah, dort, wo beim Menschen der Mund ist. „Ein Edenbewohner…“, sagte der Chemiker dumpf. Der Ingenieur, der vor Erschütterung kein Wort hervorbrachte, setzte sich auf den Generator und rieb sich, ohne es zu merken, an seiner Kombination die Hände ab. „Ist das ein Wesen, oder sind es zwei?“ fragte der Physiker, der aus der Nähe zuschaute, wie der Doktor die Brust des hilflosen kleinen Rumpfes berührte.

„Zwei in einem oder eins in zweien — oder sind es vielleicht Symbionten? Nicht ausgeschlossen, dass sie sich periodisch trennen.“

„Ja, wie dieses Teufelswerk mit dem schwarzen Haar“, meinte der Physiker. Der Doktor nickte, ohne seine Untersuchung zu unterbrechen. „Dieser Große hier hat weder Beine noch Augen noch einen Kopf, gar nichts!“ sagte der Ingenieur und steckte sich eine Zigarette an, was er sonst nie tat. „Das wird sich erst erweisen“, antwortete der Doktor. „Ich denke, ihr habt nichts dagegen, wenn ich eine Sektion vornehme. Wir müssen ihn so oder so zerstückeln, weil wir ihn sonst nicht hinaustragen können. Ich hätte gern jemanden, der mir assistiert, aber das kann unangenehm werden. Wer meldet sich freiwillig?“

„Ich.“ — „Meinetwegen ich.“ Fast gleichzeitig riefen es der Koordinator und der Kybernetiker. Der Doktor erhob sich von den Knien. „Zwei, noch besser. Ich suche jetzt die Instrumente, das wird eine Weile dauern. Ich muss gestehen, unser Aufenthalt hier ist mit ziemlichen Komplikationen verbunden. Noch etwas mehr davon, und wir brauchen eine ganze Woche, um einen Schuh sauber zu bekommen — man kriegt nichts fertig, was man angefangen hat.“Der Ingenieur und der Physiker traten auf den Gang hinaus. Der Koordinator kehrte gerade aus dem Verbandsaal zurück. Er hatte eine Gummischürze umgebunden und die Ärmel hochgekrempelt und trug ein Nickeltablett voll chirurgischer Instrumente. Er blieb bei ihnen stehen. „Ihr wißt, wie ein Reiniger arbeitet. Wenn ihr rauchen wollt, macht es oben.“ Sie gingen zum Tunnel. Der Chemiker schloss sich ihnen an. Für alle Fälle nahm er den Elektrowerfer mit, den der Ingenieur im Maschinenraum zurückgelassen hatte.

Die Sonne stand hoch am Himmel, klein und abgeflacht wie immer. In der Ferne zitterte die erhitzte Luft wie Gelee über dem Sand. Sie setzten sich in den langen Schattenstreifen der Rakete. „Ein sehr seltsames Tier und eine sehr seltsame Geschichte, wie es den Generator in Gang bringen konnte.“ Der Ingenieur rieb sich die Wange, die Stoppeln stachen nicht mehr. Sie hatten alle Barte bekommen und sagten stets, dass sie sich rasieren müssten, aber irgendwie fand keiner Zeit dazu. „Jetzt freut mich, offen gesagt, von alledem noch am meisten, dass der Generator überhaupt Strom gibt. Das bedeutet, dass wenigstens die Wicklungen ganz sind.“

„Und der Kurzschluss?“ bemerkte der Physiker. „Macht nichts, da ist eine automatische Sicherung herausgesprungen, völlig belanglos. Der mechanische Teil ist zwar ganz und gar zu Bruch gegangen, aber dagegen werden wir schon Rat wissen. Die Lager, wir haben welche zur Reserve da, man muss sie nur suchen. Natürlich, theoretisch kann man die Wicklung ebenfalls reparieren, aber so mit bloßen Händen würden wir dabei grau werden. Ich glaube jetzt, ich habe einfach deshalb keine Hand gerührt, um mir alles genau anzusehen, weil ich Angst hatte, ich finde dort nur noch Pulver vor, und ihr könnt euch denken, was dann aus uns würde.“

„Der Reaktor“, warf der Chemiker ein. Der Ingenieur schnitt eine Grimasse. „Ja, natürlich, auch der Reaktor. Der kommt auch noch dran. Aber erst müssen wir Strom haben. Ohne Strom können wir nichts anfangen. Das Leck in der Kühlung ist in fünf Minuten repariert, aber die Leitungen müssen geschweißt werden. Dazu brauche ich wieder Strom.“

„Was, du willst dich jetzt an die Maschinen heranmachen?“ fragte der Physiker mit Hoffnung in der Stimme.

„Ja. Wir arbeiten einen Plan für die Reihenfolge der Reparaturen aus. Ich habe schon darüber mit dem Koordinator gesprochen. Zuerst müssen wir wenigstens ein leistungsfähiges Aggregat haben.

Natürlich lässt sich ohne Risiko nichts machen, denn das Aggregat muss ohne Atomenergie in Gang gesetzt werden, weiß der Teufel wie! Wohl mit einem Göpel… Solange der elektrische Regler nicht arbeitet, habe ich keine Ahnung, was in der Säule vor sich geht.“

„Nichts Besonderes, die Neutronenblenden arbeiten auch ohne Fernsteuerung“, meinte der Physiker.

„Die Atomsäule ist selbsttätig in Leerlauf übergegangen. Höchstens beim Anlassen könnte eine etwas zu hohe Temperatur entstehen, wenn die Kühlung…“

„Danke schön! Die Säule kann schmelzen, und du sagst dazu ›nichts Besonderes‹?“

Sie stritten sich eine Weile heftig, diskutierten bald aber sachlicher, und da keiner die Lust verspürte, in die Rakete hinunterzugehen, zeichneten sie die Schemata in den Sand. Plötzlich erschien im Tunneleingang der Kopf des Doktors. Sie sprangen auf. „Gibt's was Neues?“

„In gewisser Hinsicht wenig, in anderer wieder viel“, antwortete der Doktor. Er wirkte komisch, wie er so sprach, da nur sein Kopf aus dem Boden ragte. „Wenig“, fuhr er fort, „weil, so seltsam es klingen mag, ich mir noch immer nicht sicher bin, ob das ein Tier ist oder zwei. Jedenfalls ist es ein Tier. Es besitzt zwei Blutsysteme, aber sie sind nicht völlig voneinander getrennt. Das große Tier, der Träger, bewegt sich, wie ich glaube, mit Sprüngen oder mit Schritten vorwärts.“

„Das ist ein großer Unterschied“, sagte der Ingenieur. „Ja und nein“, erwiderte der Doktor. „Was wie ein Buckel aussieht, enthält die Speiseröhre.“

„Die Speiseröhre auf dem Buckel?“

„Das ist kein Buckel! Als der Strom das Tier niederschlug, fiel es eben mit dem Bauch nach oben!“„Was! Willst du damit sagen, dass das kleinere, das so ähnlich aussah wie…“ Der Ingenieur stockte.

„Wie ein Kind“, ergänzte der Doktor gelassen. „Ja, es ritt gewissermaßen auf diesem Träger — jedenfalls ist das möglich. Nun, es ritt nicht obenauf“, berichtigte er sich. „Am häufigsten wahrscheinlich sitzt es mitten in diesem größeren Rumpf. Er hat da so ein taschenförmiges Nest. Das einzige, was sich damit vergleichen lässt, ist die Bauchfalte eines Känguruhs, jedoch besteht nur wenig Ähnlichkeit damit und funktionell gar keine.“

„Und du nimmst an, dass es ein intelligentes Geschöpf ist?“ fragte der Physiker.

„Sicherlich, es muss intelligent sein, wenn es die Tür öffnen und schließen kann, ganz zu schweigen davon, dass es die Maschinen in Gang setzte“, erwiderte der Doktor, der wenig Lust zeigte, nach oben zu kommen. „Die Sache ist bloß die — es besitzt kein Nervensystem in unserem Sinne.“

„Wieso?“ Im Nu war der Kybernetiker bei ihm. Der Doktor hob die Brauen. „Da ist nichts zu machen. Es ist eben so. Organe sind da, von deren Bestimmung ich keine Ahnung habe. Mark ist vorhanden, aber in dem Schädel, in dem kleinen Schädel, ist kein Gehirn. Das heißt, etwas ist schon drin, aber jeder Anatom würde mich als unwissend bezeichnen, wenn ich ihm einzureden versuchte, dass das ein Gehirn sei…

Irgendwelche Drüsen, eher lymphatisch, und zwischen den Lungen wieder — es hat nämlich drei Lungen — habe ich das Sonderbarste von der Welt gefunden. Etwas, was mir gar nicht gefallen will.

Ich habe es ins Spiritusbad gelegt. Später könnt ihr es euch ansehen. Im Augenblick haben wir wichtigere Dinge vor. Der Maschinenraum sieht leider wie ein Schlachthaus aus. Es muss alles hinausgetragen und vergraben werden, denn es ist ziemlich warm in der Rakete, Eile wäre geboten, vor allem bei dieser Hitze. Ihr könnt euch dunkle Brillen aufsetzen und die Gesichter verbinden. Der Geruch ist nicht unangenehm, aber so eine Menge rohes Fleisch…“

„Du scherzt?“ fragte der Physiker unsicher. „Keineswegs.“

Jetzt erst trat der Doktor aus dem Tunnel. Über dem Gummimantel trug er einen zweiten weißen, der von oben bis unten rot bespritzt war.

„Wirklich, man kann dabei umfallen, es ist mir äußerst unangenehm. Aber was soll ich tun? Es muss sein. Kommt gleich.“ Der Doktor wandte sich um und verschwand. Die anderen blickten einander an und folgten ihm in den Tunnel. Ihre Totengräberarbeit, wie der Chemiker sie nannte, war erst am späten Nachmittag beendet. Sie arbeiteten halbnackt, um die Kombinationen nicht zu beschmutzen, und schleppten die schreckliche Last hinaus, wie es gerade ging, in Kübeln, auf blechernen Tragen.

Sie vergruben die zerstückelten Teile ungefähr zweihundert Schritt von der Rakete entfernt, auf dem Gipfel des Hügels, und verbrauchten trotz der Ermahnungen des Koordinators fünf Eimer Wasser zum Waschen. Solange das Blut des großen Geschöpfes nicht gerann, erinnerte es an menschliches, aber es wurde rasch orangerot und trocknete zu gelblichem rasch sich zerstreuendem Pulver. Die erschöpfte Mannschaft lagerte am Fuß der Rakete. Niemand mochte auch nur an Essen denken, alle schlürften gierig ihren Kaffee und nickten einer nach dem anderen ein, obwohl sie eigentlich vorgehabt hatten, sich die erste Etappe der Reparaturarbeiten zu überlegen. Als sie erwachten, wurde es Nacht. Wieder mussten sie zurück in die Rakete, um Lebensmittel zu holen, mussten sie Konservendosen öffnen, sie erwärmen und nach dem Essen das Geschirr waschen. Dabei wurde es Mitternacht. Da alle ausgeschlafen waren, beschlossen sie, sich nicht hinzulegen, sondern die Instandsetzungsarbeiten in Angriff zu nehmen.

Die Herzen schlugen ihnen höher, als sie das Plastik— und Metallgerümpel wegräumten, das von dem Gehäuse des schadhaften Generators übriggeblieben war. Sie arbeiteten mit Brecheisen und Winden und verwandten Stunden darauf, den stählernen Schutt auf der Suche nach jedem Ersatzteil, nach jeder Kleinigkeit, ob Libelle oder Schlüssel, zu durchwühlen.Schließlich hatten sie es geschafft. Der seitliche Generator war vollständig überprüft, das schadhafte Lager ausgewechselt, auch die Schaufeln des kleinsten Kompressors waren wieder gebrauchsfähig.

Der Ingenieur hatte das übrigens auf eine ebenso einfache wie primitive Weise fertiggebracht: Da zuwenig Reserveschaufeln vorhanden waren, schnitt er jede zweite Schaufel ab. Der Rotor musste auf die Weise freilich mit geringerer Effektivität arbeiten, war aber jedenfalls wieder funktionstüchtig.

Gegen fünf Uhr früh verkündete der Koordinator das Ende der Arbeiten. Er meinte, sie würden ohnehin noch manchen Ausflug machen müssen, sei es auch nur, um den Wasservorrat zu ergänzen.

Anlässe würde es noch manche geben, doch der Schlaf— und Wachrhythmus dürfe deswegen nicht gestört werden. Bis zum Morgengrauen sollten sie noch schlafen, dann ginge es wieder ans Werk. Der Rest der Nacht verlief ruhig. Nach der Ruhe verspürte keiner Lust, die Rakete zu verlassen. Alle waren bereit, unverzüglich weiterzuarbeiten. Der Ingenieur hatte sich einen Satz der wichtigsten Werkzeuge zusammengesucht, sie brauchten nun nicht mehr wegen jeder Kleinigkeit durch alle Kajüten zu rennen. Zuerst überprüften sie die Schalttafel, in der es von Kurzschlüssen wimmelte. Sie mussten sie fast von neuem bauen. Den Bruch ersetzten sie durch Teile, die sie rücksichtslos aus anderen, nicht funktionierenden Anlagen ausbauten. Dann gingen sie daran, den Generator anzulassen. Der vom Ingenieur ausgearbeitete Plan war ziemlich riskant: Den Dynamo drehten sie mit dem Kompressor, der in eine Turbine mit Sauerstoffantrieb aus der Flasche umgewandelt wurde.

Unter normalen Bedingungen wurde der Havariekomplex durch Hochdruckwasserdampf aus dem Reaktor angetrieben. Der Reaktor, das Herz des Raumschiffs, galt als der widerstandsfähigste aller Mechanismen. Aber daran war jetzt nicht im entferntesten zu denken, immerhin war die gesamte elektrische Installation demoliert. Sie mussten also die eiserne Sauerstoffreserve antasten. Aber das unschätzbare Gas würde nur scheinbar vergeudet werden.

Sie rechneten nämlich damit, die leeren Flaschen wieder mit atmosphärischem Sauerstoff füllen zu können, sobald der ganze Maschinenraum erst in Betrieb war. Sie hatten einfach keine andere Wahl.

Die Atomsäule ohne Strom anzulassen wäre Wahnsinn gewesen. Der Ingenieur war allerdings, ohne jemandem etwas davon zu sagen, auch dazu bereit, falls der Plan mit dem Sauerstoff schiefginge; denn ob der flüssige Sauerstoff ausreichen würde, bis die Säule angelassen war, war nicht vorauszusehen. Der Doktor stand in einem kleinen Stollen unter dem oberen Maschinenraum und las laut den fallenden Druck auf den Sauerstoffmanometern ab. Die anderen fünf arbeiteten oben emsig.

Der Physiker hatte sich vor dem provisorischen Schaltbrett der Säule postiert, das so meisterhaft montiert war, dass jedem Spezialisten auf der Erde die Haare zu Berge gestanden hätten. Der Ingenieur hing mit dem Kopf unter dem schweren Gehäuse des Generators und befestigte die Bürstenringe. Er war von der Schmiere schwarz wie ein Neger. Der Koordinator und der Kybernetiker starrten auf die zunächst noch blinde Scheibe des Neutronenzählers, und der Chemiker rannte wie ein Laufbursche zwischen ihnen hin und her.

Der Sauerstoff zischte, der Kompressor in seiner Rolle als Gasturbine rauschte ärgerlich, klirrte leise und bebte, denn der vom Ingenieur so barbarisch behandelte Rotor war nicht genau ausgewuchtet. Die Umdrehungen des Generators nahmen zu, sein Summen ging in ein immer höheres Singen über. Die Lampen, die an den behelfsmäßig unter der Decke gespannten Kabeln baumelten, strahlten bereits einen starken weißen Schein aus. „Zweihundertachtzehn — zweihundertzwei — hundertfünfund-neunzig…“, ertönte die monotone, vom blechernen Echo entstellte Stimme des unsichtbaren Doktors.

Der Ingenieur kroch unter dem Generator hervor und wischte sich die Schmiere und den Schweiß vom bärtigen Gesicht. „Es geht“, keuchte er. Die Hände zitterten ihm von der großen Anstrengung, er war nicht einmal erregt, als der Physiker sagte: „Ich schalte die erste ein.“

„Hundertsiebzig, hundertdreiundsechzig, hundertsechzig …“, rezitierte der Doktor gleichmäßig, das Heulen des Dynamos übertönend, der bereits den Anlaßstroman den Reaktor gab und mit jedem Augenblick mehr Sauerstoff brauchte, um die Umdrehungszahl zu halten. „Volle Belastung!“ schrie der Ingenieur, der die elektrischen Uhren beobachtete. „Ich schalte alles ein!“ rief der Physiker mit brüchiger, verzweifelter Stimme, duckte sich, wie in Erwartung eines Schlages, und drückte mit beiden Händen die schwarzen Hebel nach unten. Er riss den Mund auf.

Unbewußt presste der Koordinator seinen Arm. Sie starrten auf die rechteckigen Scheiben, von denen das Glas abgesplittert war, und die provisorisch geradegebogenen Zeiger. Sie beobachteten den Zähler für die Stromdichte der schnellen Neutronen, die Kontrolluhr für die Zirkulation der elektromagnetischen Pumpen, die Anzeiger der Isotopenverunreinigungen und die vereinten Thermodämpfe im Innern der Säule. Der Elektrogenerator stöhnte und heulte, Funken sprühten zwischen den ungenau anliegenden Ringen. Hinter dem dicken, glänzenden Panzer der Säule herrschte Totenstille. Die Zeiger zuckten nicht einmal. Plötzlich wurde vor den Augen des Physikers alles trübe und verschwamm. Er kniff die Augen zu, und als er sie aufschlug, noch voller Tränen, sah er die Zeiger auf Arbeitspositionen. „Der kritische Punkt ist überschritten!“ schrie der Physiker laut und schluchzte, ohne die beiden Hebel loszulassen. Er spürte, wie seine Muskeln erschlafften. Die ganze Zeit erwartete er eine Detonation. „Die Zeiger klemmen wahrscheinlich“, sagte der Koordinator ruhig, als sähe er nicht, was mit dem Physiker geschah. Er konnte nur mit Mühe sprechen, so fest presste er die Kiefer zusammen. „Neunzig, achtzig, zweiundsiebzig…“, rief der Doktor. „Jetzt!“ brüllte der Ingenieur und warf mit der Hand, über die er einen großen roten Handschuh gezogen hatte, den Hauptschalter herum. Der Generator stöhnte auf und verlor sofort an Umdrehungen.

Der Ingenieur stürzte zum Kompressor und schloss beide Zuführventile. „Sechsundvierzig, sechsundvierzig, sechsundvierzig“, wiederholte der Doktor gleichmäßig.

Die Turbine bekam keinen Sauerstoff mehr aus der Flasche. Die Lampen erblaßten rasch; es wurde immer dunkler. „Sechsundvierzig, sechsundvierzig…“, rief der Doktor aus dem Stollen.

Plötzlich erstrahlten die Lampen von neuem. Der Generator bewegte sich kaum noch, aber Strom war da, denn alle angeschlossenen Uhren zeigten wachsende Spannung an. „Sechsundvierzig… sechsundvierzig…“, wiederholte nach wie vor der Doktor, der in seinem stählernen Brunnen noch nichts wusste. Der Physiker ließ sich auf den Fußboden fallen und bedeckte das Gesicht mit den Händen. Es war fast still. Der Rotor des Generators drehte sich immer langsamer, schaukelte aus, wackelte noch einmal und blieb stehen.

„Sechsundvierzig… sechsundvierzig“, hallte die Stimme des Doktors unablässig. „Was macht das Leck?“ fragte der Koordinator. „Normal“, erwiderte der Kybernetiker. „Offenbar ist vorher auf dem Höhepunkt der Drosselung etwas durchgesickert, aber der Automat hat das Leck zementiert, ehe der Kurzschluss eintreten konnte.“ Er sagte nichts weiter, doch sie begriffen, wie stolz er auf diesen Automaten war. Mit der einen Hand hielt er heimlich die Finger der anderen, weil sie zitterten.

„Sechsundvierzig…“, rief der Doktor noch immer. „Mann, hör auf!“ brüllte der Chemiker plötzlich in den Stollen. „Nicht mehr nötig! Die Säule gibt Strom!“ Ein kurzes Schweigen folgte. Die Säule arbeitete geräuschlos wie immer. In der stählernen Umrandung tauchte das blasse, vom dunklen Bart gerahmte Gesicht des Doktors auf. „Wirklich?“ Keiner antwortete. Sie blickten auf die Uhren, als ob sie sich an den Zeigern nicht satt sehen konnten, die, ohne zu zittern, auf Arbeitspositionen standen.

„Wirklich?“ fragte der Doktor noch einmal und lachte lautlos. „Was ist mit dem los?“ fragte der Kybernetiker ärgerlich. „Laß das!“ Der Doktor kroch heraus, hockte sich neben den Physiker und schaute wie die anderen auf die Uhren. Keiner wusste, wie lange das dauerte. „Soll ich euch mal was sagen?“ begann der Doktor mit jugendlicher, frischer Stimme. Alle sahen ihn an, als habe er sie aufgeweckt. „Ich war noch nie so glücklich“, flüsterte er und wandte das Gesicht ab.

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