6. KAPITEL

Harry hob den letzten der schweren Holzbalken weg, und die Tür schwang quietschend auf. Helen spähte zum Eßplatz hinüber und dann in den halbverdunkelten Wohnraum. Harry, der hinter seiner Frau stand, war voller Anspannung und Ablehnung. Außerdem war er wütend auf sich, weil er wegen des Kellers nachgegeben hatte. Auch Helen war überreizt durch die Härte der Auseinandersetzung mit Harry und weil sie jetzt fremde Menschen unter so seltsamen Bedingungen kennenlernen sollte.

Im Wohnzimmer waren jedoch nur Tom und Barbara, und die schlief, nachdem sie ihre nervöse Erschöpfung und den Schock allmählich überwunden hatte, inzwischen unruhig auf der Couch vor dem Kaminfeuer.

Tom bemühte sich, freundlich zu sein, und sagte: »Wir können die Fernsehübertragung sehen, glaube ich - falls das Gerät funktioniert. Ich werde jetzt hochgehen und Ben dabei helfen, es herunterzubugsieren. Judy ist in der Küche. Ich hole sie, dann kann sie sich jetzt um Karen kümmern, während Sie hier oben fernsehen.«

Helen gelang es, sich zum Dank ein Lächeln abzuringen. Tom machte dann auch gleich abrupt auf dem Absatz kehrt und lief in die Küche, um seine Freundin zu holen.

Helen ging zum Kamin hinüber, genoß erleichtert dessen Wärme und warf Barbara einen freundlichen Blick zu. Sie strich ihr das Haar aus dem Gesicht und zog ihr den Mantel über die Schultern.

»Armes Ding... sie muß eine Menge mitgemacht haben«, murmelte Helen vor sich hin.

Unterdessen war Harry durch das Haus marschiert, von der Tür zum Fenster, von dort zur Küche und dann zurück ins

Wohnzimmer. Er wollte überprüfen, welches Maß an Sicherheit es hier oben gab, aber er hatte den Eindruck, daß es nicht sehr groß war. Dabei fürchtete er sich sofort wieder vor einem Angriff, der jede Minute möglich schien.

Tom und Judy kamen aus der Küche, und Tom erklärte Helen: »Ich glaube, ihr Bruder ist dort draußen umgebracht worden.« Und dann deutete er mit dem Kinn auf Barbara, die in ihrem unruhigen Schlaf leise stöhnte, als habe sie seine Bemerkung gehört.

Ben tauchte oben an der Treppe auf und rief nach unten.

»Tom! He, Tom! Werden Sie mir jetzt hier helfen oder doch nicht?«

Tom machte ein schuldbewußtes Gesicht und sprang die Stufen hoch, um Ben zu helfen, während Judy die Kellertür öffnete und nach unten ging, um auf Karen aufzupassen.

Harry war die ganze Zeit voller Angst auf und ab gewandert. Jetzt aber trat er neben seine Frau, die sich um Barbara kümmerte.

»Ihr Bruder ist getötet worden«, sagte Helen leise, als ob diese Neuigkeit Harry beruhigen und aus seinem Brüten reißen würde.

»Der Schutz, den dieses Haus bietet, ist doch lächerlich«, schimpfte Harry. »Hier oben gibt es eine Million undichte Stellen.«

Und als er dann plötzlich ein Geräusch hörte, bekam er es mit der Angst zu tun. Er blieb stehen, wanderte nicht mehr im Zimmer umher, sondern lauschte. Doch bald konnte er zu seiner Erleichterung feststellen, daß es nur Tom und Ben waren, die sich mit dem Fernsehgerät abmühten und die Treppe herunterkamen.

Helen warf Harry einen finsteren Blick zu. »Dein Verhalten ist wirklich unerträglich«, sagte sie zu ihm. »Warum kannst du dich in dieser Situation nicht zusammenreißen und den anderen behilflich sein - anstatt die ganze Zeit über rumzujammern?«

Harry hörte ihr allerdings gar nicht zu, sondern spähte durch eine Lücke in der Barrikade vor dem Vorderfenster. Draußen herrschte Dunkelheit.

»Ich kann dort draußen überhaupt nichts erkennen!« stieß er hervor. »Da könnten fünfzig Millionen von diesen Kreaturen herumlungern, und ich kann nichts sehen - zu mehr sind diese verfluchten Fenster nicht gut!«

Ben und Tom, die mit dem schweren Fernseher unten an der Treppe angekommen waren, konnten gerade noch die letzten Worte von Harry hören. Ben schaute ihn wütend an, den schweren Fernsehapparat noch immer in den Händen, aber er verkniff sich jeden Kommentar. Er und Tom schoben zwei Stühle zusammen und stellten das Gerät vorsichtig darauf. Der improvisierte Fernsehturm stand jetzt mitten im Zimmer. Sie suchten nach einer Antennensteckdose, fanden auch schließlich eine und steckten den Apparat ein. Dann schoben sie die beiden Stühle mit dem Gerät so lange durch das Zimmer, bis die Schnur straff gespannt war.

Als Ben sich hinkniete, um den Stecker einzustecken, verlangte Harry plötzlich: »Wecken Sie das Mädchen auf. Falls die etwas in der Glotze sagen, dann ist es besser, wenn sie auch weiß, woran sie ist. Ich möchte für sie nicht verantwortlich sein.«

»Harry, hör endlich auf, dich wie ein Kind zu benehmen«, platzte Helen erbittert heraus.

Ben stand auf. Seine Augen verrieten Verärgerung. »Von Ihnen will ich jetzt keinen Ton mehr hören, Mister. Wenn Sie hier oben bleiben wollen, dann nehmen Sie von mir Anweisungen entgegen - und dazu gehört auch, daß Sie das Mädchen in Ruhe lassen. Sie braucht Ruhe, sie ist im Moment nicht ganz bei sich. Wir lassen sie so lange schlafen, bis es ihr wieder bessergeht. Und niemand wird sie auch nur anrühren, es sei denn, ich ordne das an.«

Ben schaute Harry einen Augenblick lang an, bis er sich sicher war, daß der wenigstens für die nächste Zeit den Mund hielt, dann fuhr seine Hand schnell zum Fernsehapparat hinüber. Als er ihn eingeschaltet hatte, kamen auch die anderen näher, um sich davorzusetzen. Ein paar unendlich lange Sekunden herrschte Stille, während sie warteten, bis das Gerät endlich warm wurde. Alle Augenpaare waren auf den Fernseher gerichtet. Zuerst war allerdings nur ein Zischen zu hören, das allmählich anschwoll. Ben drehte die Lautstärke voll auf. Dann tauchte ein helles Band auf und wurde so breit, daß es schließlich den ganzen Bildschirm einnahm.

»Er ist an! Er ist an!« rief Helen.

Aufgeregt und erwartungsvoll murmelten sie vor sich hin -aber auf dem Bildschirm war nichts zu sehen. Kein Bild, kein Ton. Nur der helle Bildschirm und das Rauschen des Apparates. Ben fummelte hektisch am Knopf für die einzelnen Programme herum.

Harry sprang auf und zappelte herum. »Nehmen Sie doch die Zimmerantenne. Dann kriegen wir bestimmt was rein.«

Ben spielte an den beiden Antennenarmen und drehte an den Reglern für die Helligkeit und den Kontrast herum. Auf einem Kanal erwischte er schließlich ein Geräusch und drehte daraufhin die Lautstärke höher. Das Bild war zuerst kaum erkennbar, aber er fummelte weiter an dem Knopf herum, bis er endlich den Sender eingestellt bekam. Ein Berichterstatter nahm den ganzen Bildschirm ein. Er war offenbar gerade mitten in seiner Durchsage.

Schweigend lehnten sich die Menschen in dem Raum zurück, schauten auf den Bildschirm und lauschten.

»... VERLEIHEN DER THEORIE WENIG GLAUBWÜRDIGKEIT, DASS DIESE ATTACKE DAS

ERGEBNIS EINER MASSENHYSTERIE IST...«

»Massenhysterie!« fauchte Harry. »Was glauben die denn! Daß wir uns das alles einbilden?«

»Halten Sie die Klappe!« bellte Ben. »Ich will hören, was die sagen!«

»... BEHÖRDEN RATEN ZU ÄUSSERSTER VORSICHT, BIS DIE SITUATION UNTER KONTROLLE IST. AUGENZEUGENBERICHTE SIND UNTERSUCHT UND DOKUMENTIERT WORDEN. DIE LEICHEN VON ÜBERWÄLTIGTEN AGGRESSOREN WERDEN ZUR STUNDE VON PATHOLOGEN UNTERSUCHT, ABER DIE ERGEBNISSE DER AUTOPSIEN WERDEN DURCH DEN VERWESUNGSZUSTAND DER LEICHEN ERSCHWERT. ZU DEN SICHERHEITSMASSNAHMEN IN DEN GROSSSTÄDTEN GEHÖREN EINE STRIKTE AUSGANGSSPERRE UND BEWAFFNETE

SICHERHEITSPATROUILLEN. DIE BÜRGER SIND ANGEHALTEN, IN IHREN HÄUSERN ZU BLEIBEN. WER AUCH IMMER SICH DIESER WARNUNG WIDERSETZT, BEGIBT SICH IN ÄUSSERSTE GEFAHR - DIE VON DEN AGGRESSOREN SELBST UND AUCH VON DER BEWAFFNETEN BÜRGERWEHR AUSGEHT, DIE MÖGLICHERWEISE ZUERST SCHIESST UND DANN ERST FRAGEN STELLT. LÄNDLICHE ODER SONSTIGE SIEDLUNGEN, DIE ABSEITS LIEGEN, SIND ZUNEHMEND MEHR DAS ANGRIFFSZIEL DER KONZERTIERTEN ANGRIFFE DER AGGRESSOREN GEWESEN. BESONDERS ISOLIERTE FAMILIEN SIND IN GEFAHR. FLUCHTVERSUCHE SOLLTEN NUR IN SCHWERBEWAFFNETEN GRUPPEN UNTERNOMMEN WERDEN UND AUCH NUR MIT EINEM WAGEN. SCHÄTZEN SIE IHRE SITUATION VORSICHTIG AB, BEVOR SIE SICH FÜR EINE FLUCHTTAKTIK ENTSCHEIDEN. FEUER HAT SICH ALS EINE EFFEKTIVE

WAFFE ERWIESEN. DIESE WESEN SIND SCHNELL ENTFLAMMBAR. FLÜCHTLINGS GRUPPEN SOLLTEN DIE NÄCHSTE STÄDTISCHE SIEDLUNG ANPEILEN. BEMANNTE VERTEIDIGUNGSPOSTEN SIND IN DEN EINZELNEN GEMEINDEN AN ALLEN HAUPTSTRASSEN ERRICHTET WORDEN. DIESE POSTEN SIND DAHINGEHEND AUSGERÜSTET WORDEN, DASS SIE FLÜCHTLINGE VERTEIDIGEN UND IHNEN MEDIZINISCHE VERSORGUNG GEWÄHRLEISTEN KÖNNEN. DIE POLIZEI UND

BÜRGERWEHRPATROUILLEN SIND GERADE DABEI, ABGELEGENE GEBIETE ZU DURCHKÄMMEN, DIE AGGRESSOREN DORT AUFZUSPÜREN UND ZU VERNICHTEN. DIESE GRUPPEN BEMÜHEN SICH DARUM, ISOLIERTE FAMILIEN ZU EVAKUIEREN. DOCH DIE RETTUNGSBEMÜHUNGEN KOMMEN AUFGRUND DER ERHÖHTEN GEFAHR BEI NACHT UND DER VIELZAHL DER EINSATZORTE NUR LANGSAM VORAN. DIE RETTUNG ISOLIERTER MENSCHEN IST EXTREM SCHWIERIG. SIE SOLLTEN SICH NICHT DARAUF VERLASSEN, VON EINEM RETTUNGSTRUPP ABGEHOLT ZU WERDEN, ES SEI DENN, SIE HABEN KEINE FLUCHTMÖGLICHKEIT. WENN SIE NUR WENIGE SIND UND ES MIT VIELEN AGGRESSOREN AUFNEHMEN MÜSSEN, DANN WERDEN SIE HÖCHSTWAHRSCHEINLICH ÜBERWÄLTIGT WERDEN, WENN SIE BLEIBEN, WO SIE SIND. DIE AGGRESSOREN VERHALTEN SICH IRRATIONAL UND SIND ZURÜCKGEBLIEBEN. IHR HAUPTINTERESSE GILT MENSCHLICHEM FLEISCH. SHERIFF CONAN W. MCCLELLAN VOM DEPARTMENT FÜR ZIVILE VERTEIDIGUNG WURDE, NUR WENIGE MINUTEN NACHDEM ER UND SEINE BÜRGERWEHRTRUPPE MEHRERE DER AGGRESSOREN ÜBERWÄLTIGT

HATTEN, IN EINEM INTERVIEW BEFRAGT. GENAU DIESES INTERVIEW BRINGEN WIR IHNEN JETZT...«

Auf dem Fernsehbildschirm wurde das Bild des Kommentators durch Aufnahmen ersetzt, die offensichtlich ein paar Stunden zuvor gemacht worden waren. Man konnte einen dichten Wald sehen, eine unbefestigte Straße, Suchscheinwerfer, deren Strahlen zwischen den Bäumen tanzten, während Männer systematisch das Dunkel durchkämmten und sich Informationen zuriefen. Hin und wieder übertönten Schüsse die Geräusche im Wald. Dann wurden Bilder von Wachen gezeigt, die am Rand einer kleinen Lichtung stationiert waren. Immer noch konnte man aus der Ferne Schüsse hören. Einige der Männer rauchten, andere tranken Kaffee aus Pappbechern oder unterhielten sich in kleinen Gruppen. Das ganze Gebiet wurde vom Schein eines großen Lagerfeuers erhellt. Schließlich gab es eine Nahaufnahme von Sheriff McClellan, der Hauptfigur dieser Aktion, der brüllend Befehle ausgab, die Verteidigungsmaßnahmen überwachte und gleichzeitig versuchte, die Fragen des Reporters zu beantworten, während er auf und ab lief. Sein Bewegungsradius war durch das Kabel und das Mikrofon eingeschränkt, das an seinem Hals hing.

McClellan war ein großer, barscher Mann, der es offensichtlich gewohnt war, Männern Befehle zu erteilen und sie dazu zu bringen, daß sie das taten, was zu tun war, und zwar in etwa in der Reihenfolge, wie es sein sollte. Er trug keine Uniform, hatte aber ein großkalibriges Gewehr mit passendem Patronengurt dabei.

In diesem Augenblick ließ er gerade ein paar seiner Männer Leichen zu dem Lagerfeuer schleppen, die dort verbrannt wurden. Das Zischen des Feuers, die Rufe und anderen Geräusche, die von der Vielzahl der Tätigkeiten seiner Männer herrührten, bildeten eine konstante Geräuschkulisse für McClellans Kommentar. Der Sheriff beantwortete alle Fragen so gut wie möglich - aber natürlich konzentrierte er sich weitaus mehr auf die Kontrolle seiner Suchtrupps und ihr Vorgehen gegen die Aggressoren.

»Hier läuft es nicht allzu schlecht«, sagte McClellan. »Die Männer werden ziemlich gut mit der Situation fertig. Gerade erst haben wir neunzehn von diesen Zombies vernichtet, direkt hier in dieser Gegend. Die letzten drei, die wir aufgespürt haben, versuchten in einen Minenschacht zu flüchten. Drinnen ist niemand gewesen, aber diese Kreaturen wollten um jeden Preis dort hinein. Sie müssen wohl gedacht haben, daß dort Menschen drinnen sind. Wir hörten den Lärm, schlichen uns an sie ran und haben sie umgeblasen.«

»Was meinen Sie denn nun, Sheriff? Können wir mit diesen Zombies fertigwerden?«

»Da sehe ich eigentlich keine Probleme, man muß sie nur rechtzeitig erwischen, bevor sie alle Leute umgebracht haben, die in der Falle sitzen. Aber ich und meine Männer, wir werden ganz gut mit ihnen fertig. Wir haben niemanden verloren, haben keine Toten zu beklagen. Man muß ihnen in den Kopf schießen, direkt ins Gehirn, das können Sie jedem dort draußen sagen. Man muß nur richtig zielen und ihnen ins Hirn schießen - oder sie niederschlagen und ihnen den Kopf abhacken. Wenn man ihnen den Kopf abgeschlagen hat, dann können sie nirgendwo mehr hin. Danach muß man sie verbrennen.«

»Dann hätte ich also eine relativ gute Chance, selbst wenn ich es mit zweien oder dreien zu tun hätte?«

»Wenn Sie einen Prügel oder eine richtige Fackel haben, können Sie sie sich vom Hals halten oder sie verbrennen. Die sind dann wirklich hin. Die fangen sofort Feuer und gehen wie Wachspapier in Flammen auf. Aber das beste ist, ihnen ins Hirn zu schießen. Man sollte ihnen nicht zu nahe kommen, es sei denn, es geht nicht anders. Warten Sie nicht darauf, daß wir Sie retten, denn wenn die Ihnen zahlenmäßig stark überlegen sind, dann sind Sie vorher dran. Ihre Stärke liegt darin, daß sie viele sind. Wir tun unser Bestes - aber wir haben nur eine begrenzte Anzahl von Männern und ein großes Gebiet, das wir durchkämmen müssen.«

»Aber Sie glauben, daß Sie die Situation irgendwann unter Kontrolle bringen können?«

»Wenigstens in unserem Bezirk. In mancher Hinsicht sind wir jetzt im Vorteil. Es ist nur eine Frage der Zeit. Wir wissen nicht, wie viele es von ihnen gibt... aber wir wissen, daß wir alle fertigmachen können, wenn wir sie finden. Daher ist es also nur eine Frage der Zeit. Sie sind schwach - aber es sind eben ziemlich viele. Warten Sie nicht auf einen Rettungstrupp. Bewaffnen Sie sich bis zu den Zähnen, formieren Sie eine Gruppe, und versuchen Sie, sich zu einer Rettungsstation durchzuschlagen - das ist die beste Möglichkeit. Wenn Sie allerdings allein sind, dann müssen Sie sich ruhig verhalten und auf Hilfe warten... und wir werden unser Letztes geben, um zu Ihnen zu kommen, bevor sie es tun.«

»Was sind diese Dinger, Sheriff? Was sind sie Ihrer Meinung nach?«

»Sie sind... sie sind tot. Das sind tote Menschen. Mehr sind sie nicht. Was sie jedoch zurückgebracht hat und sie zu dem gemacht hat, was sie jetzt sind, ich wünschte bei Gott, ich wüßte es -«

Die Fernsehübertragung endete, und der Sprecher tauchte wieder auf dem Bildschirm auf. Mit gelassener Stimme verlas er seine Meldung.

»... SIE HABEN SHERIFF CONAN W. MCCLELLAN VOM DEPARTMENT FÜR ZIVILE VERTEIDIGUNG GEHÖRT. SIE HÖREN DAS RADIO DER ZIVILEN VERTEIDIGUNG MIT STÜNDLICHEN BERICHTEN, SOLANGE DIESE BEDROHUNG ANHÄLT. BLEIBEN SIE IN IHREN HÄUSERN. HALTEN SIE IHRE FENSTER UND TÜREN VERSCHLOSSEN. GEHEN SIE UNTER KEINEN

UMSTÄNDEN...«

Ben streckte die Hand aus und schaltete das Fernsehgerät ab.

Erregt fragte Tom: »Warum haben Sie ihn denn jetzt ausgeschaltet?«

Ben zuckte mit den Achseln. »Der Mann sagte, daß die Berichte nur stündlich kämen. Wir haben alles gehört, was wir wissen müssen. Wir müssen versuchen, von hier wegzukommen.«

Helen stimmte ihm zu. »Er sagte doch, daß es in den Rettungsstationen Ärzte und Medikamente gibt... wenn wir dorthin gelangen könnten, könnten die meiner Tochter helfen.«

Harry lachte höhnisch. »Wie sollen wir denn von hier fortkommen? Wir haben ein krankes Mädchen und eine Frau, die nicht mehr alle beisammenhat - und dort draußen wimmelt es nur so von diesen Kreaturen.«

»Willard ist die nächste Stadt«, erklärte Tom, ohne auf Harrys Einwände einzugehen. »Dort gibt es einen Kontrollpunkt -ungefähr siebzehn Meilen von hier.«

»Sie sind von hier? Sie kennen die Gegend?« fragte Ben aufgeregt.

»Sicher«, antwortete Tom entschieden. »Judy und ich waren gerade auf dem Weg. Wir wollten ein paar Meilen weiter schwimmen gehen. Wir hörten die Neuigkeiten über unser Transistorradio, und dann sind wir sofort hierhergekommen. Und dann haben wir die Dame dort oben tot vorgefunden. Nicht lange danach sind Harry und seine Frau und Tochter hier eingetroffen. Sie haben sich bis zum Haus durchgekämpft -zwar hatte ich Angst, aber ich habe die Kellertür trotzdem aufgemacht und sie reingelassen.«

»Tja, ich meine, wir sollten hierbleiben und auf einen Rettungstrupp warten«, erklärte Harry. »Dieser Kerl dort im Fernsehen sagte, wenn man zahlenmäßig unterlegen ist, hat man

keine Chance. Wir können doch nicht siebzehn Meilen querfeldein wandern, während eine Armee von diesen Zombies dort draußen lauert...«

»Wir brauchen ja nicht zu Fuß zu gehen«, sagte Ben. »Mein Transporter steht doch vor der Tür.«

Das brachte Harry zum Schweigen. Lange Zeit herrschte Stille, während sich jeder an den Gedanken gewöhnte, daß es den Transporter gab.

»Ich habe nur kein Benzin«, fuhr Ben fort. »Dort hinten, bei dem Schuppen, gibt es allerdings ein paar Zapfsäulen, aber sie sind beide abgeschlossen.«

»Irgendwo wird der Schlüssel doch wohl sein«, meinte Tom. »Im Keller liegt ein riesiger Schlüsselbund. Ich werde mal nachsehen gehen.«

Voller Begeisterung darüber, daß die Flucht so greifbar nah zu sein schien, stürzte er auf die Kellertür zu und sprang die Stufen hinunter.

Ben wandte sich jetzt an Harry. »Ist dort unten ein Vorratskeller?«

»Ja. Weshalb?«

»Wir werden eine Menge Behälter brauchen. Wir können vielleicht Molotowcockrails mixen... diesen Zombies Angst einjagen und sie zurückdrängen... und uns dann zu den Zapfsäulen durchkämpfen und den Transporter auftanken.«

»Dann werden wir Benzin brauchen«, sagte Harry. »Unten im Keller gibt es davon sogar einen Kanister.«

Helen bot sofort ihre Hilfe an: »Judy und ich können auch helfen. Wir können Laken und andere Sachen in Fetzen reißen.« Dann fügte sie mit gedämpfter Stimme hinzu: »Ich glaube allerdings nicht, daß Barbara uns eine große Hilfe sein dürfte.«

»Woher kennen Sie ihren Namen?« fragte Ben verwirrt.

»Sie murmelte ihn im Schlaf. Irgend etwas über ihren Bruder,

der ihr immer und immer wieder sagte: Barbara, du hast Angst. Aber dann ist er anscheinend gestorben.«

Plötzlich war ein Klappern zu hören, und Tom kam aus dem Keller hoch. »Hier ist der Schlüsselbund«, sagte er. »Der Zapfsäulenschlüssel ist mit einem Klebestreifen gekennzeichnet. Ich habe mit Judy gesprochen. Sie ist auch dafür, einen Fluchtversuch zu wagen.«

»Gut«, erwiderte Ben. »Dann kann uns ja nichts mehr aufhalten. Jeder, der noch eine andere Meinung dazu hat, sollte sich jetzt besser entscheiden. Falls das wirklich der Schlüssel sein sollte, dann haben wir das große Los gezogen - aber für den Fall, daß der Schlüssel doch nicht paßt, sollten wir trotzdem noch ein Brecheisen mitnehmen. Außerdem ist dieses Brecheisen auch 'ne gute Waffe für den, der mich begleitet. Vor allem aber will ich nicht die ganze Tour durchziehen und dann feststellen müssen, daß wir die Zapfsäule nicht zum Funktionieren bringen können.«

»Ich werde mitkommen«, sagte Tom. »Sie und ich, wir können uns bis zur Säule durchkämpfen. Die Frauen können im Keller bleiben und sich um das Mädchen kümmern. Wir brauchen auch eine Tragbahre - vielleicht können Helen und Judy eine improvisieren.«

Ben wandte sich an Harry und erklärte mit ernster Stimme, wobei er jedes einzelne Wort nachdrücklich betonte: »Harry, Sie werden oben Wache schieben müssen. Wenn wir erst einmal die Bretter von der Vordertür gerissen haben, dann können diese Zombies mühelos hier eindringen. Aber die Tür muß unverschlossen bleiben, damit Tom und ich wieder reinkommen können, wenn wir den Transporter hergebracht haben. Sie müssen die Tür bewachen und sie für uns aufmachen, weil wir wahrscheinlich wie die Blöden rennen müssen, denn man kann getrost davon ausgehen, daß ein paar von diesen Kreaturen uns auf den Fersen sein werden. Wenn wir erst mal wieder in Sicherheit sind, also im Haus, werden wir die Tür so schnell wie möglich verrammeln. Falls wir nicht zurückkommen sollten, tja, dann werden Sie das ja von oben mit ansehen können. Sie müssen dann die Tür wieder verbarrikadieren und in den Keller gehen - Sie und die anderen können sich dann dort verkriechen und auf einen Rettungstrupp warten.«

Harry hatte Ben die ganze Zeit unverwandt angeschaut. Jetzt meldete er sich zu Wort: »Dann will ich das Gewehr. Das ist für mich die beste Waffe. Sie werden nicht die Zeit haben, stehenzubleiben und zu zielen -«

Ben schnitt ihm das Wort gleich ab. Sein Standpunkt war eindeutig:

»Ich behalte diese Waffe. Niemand anderer kriegt sie. Ich habe sie gefunden, und sie gehört mir.«

Harry fragte: »Wie sollen wir eigentlich wissen, daß Sie und Tom nicht einfach den Transporter auftanken und dann abhauen?«

Ben warf ihm einen finsteren Blick zu. Es kostete ihn Anstrengung, seine Wut im Zaum zu halten. »Das ist nun mal das Risiko, das Sie eingehen müssen«, sagte er gelassen. »Falls wir abhauen sollten, dann haben Sie doch noch Ihren gottverdammten Keller. Den haben Sie ja oft genug ins Spiel gebracht.«

»Wir werden hier sterben«, sagte Helen flehend, »wenn wir nicht alle zusammenarbeiten.«

Ben schaute sie prüfend an. Er hatte sich schon eine Meinung über sie gebildet: Sie war im Gegensatz zu ihrem Ehemann nicht feige. Es wäre ihm fast lieber gewesen, wenn sie die Vordertür bewachte, aber sie war lange nicht so stark wie Harry, falls man davon ausgehen konnte, daß er nicht kniff.

Dann wandte sich Ben noch einmal an alle. Er hatte jetzt einen Befehlston angeschlagen.

»Dann lassen Sie uns mal in die Startlöcher gehen. Die da draußen werden mit jeder Minute mehr. Und wir haben eine ganze Menge zu erledigen, wenn wir dort hinaus wollen. Falls alles gutgeht, werden wir in zwei oder drei Stunden in Willard im Hotel unter der Dusche stehen.«

Keiner lachte.

Sie gingen auseinander, und jeder wandte sich seiner Aufgabe zu.

Ben schaltete wieder das Radiogerät ein. Die aufgezeichnete Nachricht wurde wiederholt. Es war jetzt genau 23 Uhr 30. Noch eine halbe Stunde bis Mitternacht, und dann würde wieder eine neue Nachrichtensendung übertragen werden.

Die würde mitten in ihre Fluchtvorbereitungen fallen. Aber sie konnten ja eine Pause machen und die Sendung im Fernsehen anschauen. Es war gut möglich, daß sich die neusten Informationen noch als hilfreich erwiesen.

In der Zwischenzeit konnten sie nichts anderes tun... als hart arbeiten... und hoffen.

Helen und Harry stiegen in den Keller hinunter und sahen, wie Judy sich um ihre kranke Tochter bemühte, die jetzt in einem leichten Delirium zu sein schien. Karen warf sich auf dem selbstgezimmerten Arbeitstisch hin und her, drehte sich fortwährend und stöhnte dann und wann leise auf.

»Hat sie nach mir gefragt?« erkundigte Helen sich eifrig. »Hat sie überhaupt etwas gesagt?«

Harry streckte die Hand aus und deckte seine Tochter wieder zu. In ihrem Delirium hatte Karen den Mantel, der über sie gebreitet war, wieder abgeschüttelt.

»Sie hat die ganze Zeit über gestöhnt und immer wieder aufgeschrien«, sagte Judy. Auf ihrem Gesicht spiegelten sich Angst und Besorgnis um das Kind wider.

»Armes Baby!« seufzte Helen. Sie legte die Hand auf Karens Stirn und fühlte, daß das Fieber weiter gestiegen war.

»Schnell, hol noch ein feuchtes Tuch«, sagte Harry. »Ich werde anfangen, eine Tragbahre zu bauen. Judy, zuerst werde ich dir mit der Kiste mit den Einmachgläsern dort drüben helfen, und die bringst du gleich zu Toni hoch. Er wird mit nach unten kommen müssen, um den Kanister da zu holen. Wir wollen Molotowcocktails herstellen.«

Die Vorstellung, so etwas zu machen, war für Judy ein bißchen merkwürdig. Es erinnerte sie an Filmszenen, die sie gesehen und nur zur Hälfte verstanden hatte. Sie wußte, daß ein Molotowcocktail etwas war, das Feuer fing, wenn man es auf einen Panzer warf, aber sie hatte nicht die geringste Ahnung, wie man einen machte. Doch sie stand geduldig da und wartete, während Harry die alte, verstaubte Kiste mit den Gläsern herausfischte und sie ihr auf den Arm hob. Sie war nicht schwer, aber sie war zu sperrig, als daß sie noch etwas anderes hätte

tragen können.

»Du mußt unbedingt daran denken, daß du Tom wegen des Kanisters hier runterschickst«, wiederholte Harry. »Helen und ich werden uns um Karen kümmern und anfangen, eine Trage zu bauen. Sag Tom, daß er uns ein paar alte Laken oder Decken mitbringen soll.«

Harry schaute ihr hinterher, als sie die Kellertreppe hochstieg, so als wäre es unwahrscheinlich, daß sie alles richtig machte, wenn er nicht zusah. »Wir müssen schon verdammtes Glück haben, wenn wir es schaffen wollen«, sagte er zu Helen. »Es wäre schon für ein halbes Dutzend Männer schwer genug, an diesen Dingern vorbeizukommen.«

Helen blickte auf. Sie hatte gerade ein feuchtes Tuch auf Karens Stirn gelegt. Sie sagte nichts gegen Harrys Pessimismus, sondern zitterte nur. Als ihr Blick auf das fiebrige, schmerzverzerrte Gesicht ihrer kleinen Tochter fiel, hielt sie den Atem an und wagte beinah nicht zu denken, daß sie es vielleicht doch schaffen würden.

»Lieber Gott, hilf uns«, murmelte sie, als sie wieder atmete.

Harry hatte beim Arbeitstisch angefangen, auf etwas einzuschlagen, das am Ende eine Tragbahre ergeben sollte.

Ben war in das leerstehende Zimmer zurückgekehrt, in dem der verstümmelte Leichnam der alten Dame lag, die hier gewohnt hatte. Von diesem Zimmer aus konnte man auf den vorderen Rasen schauen. Genau hier mußte Harry Stellung beziehen und die Molotowcocktails aus dem Fenster werfen.

Ben hielt den Atem an und versuchte, die Leiche einfach nicht anzusehen, aber er wußte ganz genau, daß er sie aus dem Zimmer schaffen mußte. Wenn Harry die Tote erst sah, dann würde er unter Garantie durchdrehen. Seine Feigheit würde wieder zum Vorschein kommen, und er würde in Panik geraten und weglaufen. Und dann konnte er die Aufgabe nicht übernehmen, für die er vorgesehen war.

In dem Zimmer hatte sich der Gestank des verwesenden Leichnams breitgemacht, weil die Tür seit Stunden verschlossen gewesen war. Ben mußte eine Zeitlang in den Korridor hinausgehen, bis das Zimmer richtig ausgelüftet war. Er ging in das Badezimmer, schob das Fenster einen Spalt auf und atmete die Kühle der Nachtluft ein. Doch der Geruch der Zombies, die dort draußen standen, drang schwach zu ihm hoch. Er hatte sich mit dem Geruch der Feuchtigkeit, des gemähten Rasens und der umgepflügten Felder vermischt, aber er war trotzdem nicht zu verleugnen. Ben schob das Badezimmerfenster zu und kehrte widerstrebend in das Zimmer zurück.

Dort fing er an, die Leiche in den Korridor hinaus und zum Zimmer des kleinen Jungen zu ziehen, das gegenüberlag. Die Leiche lag auf dem blutverkrusteten Teppich, und der rutschte fast mühelos über den blanken Boden, doch als Ben vor dem Kinderzimmer stand, hatte sich der Teppich verdreht und war nur noch schwer zu ziehen. Ben stöhnte. Vom Gestank der toten Frau mußte er würgen. Mehr als verzweifelt bückte er sich trotzdem und hievte schließlich den Teppich samt Leiche in das

Zimmer. Er ließ die Last neben dem Bett liegen, machte einen Schritt darüber und beeilte sich, das Zimmer zu verlassen. Dann warf er hinter sich die Tür ins Schloß.

Wieder ging er in das Badezimmer, öffnete das Fenster einen Spalt und atmete die Nachtluft ein.

Als er in das leere Zimmer zurückkehrte, hing der widerliche Gestank zwar immer noch in der Luft, aber es war nicht mehr so schlimm wie zuvor. Er lief dicht an der Wand entlang zum Fenster, damit er nicht gesehen werden konnte, denn das Fenster hatte keine Vorhänge. Vorsichtig wischte er ein kleines Guckloch auf den verdreckten Scheiben frei.

Inzwischen standen mindestens dreißig von diesen Kreaturen dort unten auf dem Rasen. Und auf den Feldern dahinter waren noch ein paar mehr zu sehen, die schwerfällig auf das alte Haus zugelaufen kamen.

Barbara saß am Kaminfeuer. Ihr Gesichtsausdruck war mißmutig, ja so leer, als ob sie sich nicht länger darum scherte, ob sie lebte oder starb.

In der Ecke des Raumes, wo einmal der Eßplatz gewesen war, fabrizierten Tom und Judy Molotowcocktails. Judy schnitt mit einer Schere alte Bettlaken in schmale Streifen, während Tom das Benzin aus dem Kanister in die Obstgläser goß. Dann begannen sie beide, die Stoffstreifen in eine Schüssel mit Kerosin zu tauchen und zogen diese improvisierten Zündschnüre durch die Löcher, die Tom in die Deckel der Gläser geschnitten hatte.

Die beiden arbeiteten ziemlich lange, ohne ein Wort zu sagen, aber als Judy zu Barbara hinüberschaute, die so in sich gekehrt und trübsinnig auf dem Sofa saß, hatte sie das Bedürfnis, sich zu unterhalten - um dem Schweigen zu entrinnen.

»Tom... meinst du wirklich, daß wir das Richtige tun?« fragte sie unvermittelt und schaute von ihrer Arbeit auf. Dann betrachtete sie ihre Hände, die nach Benzin rochen.

Tom schaute sie an und lächelte ihr angespannt, aber zuversichtlich zu. »Sicher, Liebling. Ich glaube nicht, daß wir irgendeine Chance haben, wenn wir hierbleiben. Die Zombies werden von Minute zu Minute mehr. In der Fernsehsendung hat man jedem, der in so einer Situation ist wie wir, geraten, einen Fluchtversuch zu unternehmen.«

»Aber - was ist denn mit den Rettungstrupps?«

»Wir können nicht das Risiko eingehen, so lange zu warten, bis endlich einer kommt. Vielleicht kommt nie jemand, um uns zu helfen. Denk doch mal daran, wie viele Leute genau wie wir in der Falle sitzen.«

Judy verstummte und machte sich wieder an ihre Arbeit. »Ich glaube wirklich, daß wir es schaffen werden«, sagte Tom. »Wir sind nicht allzu weit weg von den Zapfsäulen. Und Ben sagte, daß er vorhin allein mit drei von diesen Kreaturen fertiggeworden ist. Und jetzt haben wir sogar ein Gewehr.«

Er schaute sie aufmerksam an und registrierte einen sorgenvollen Gesichtsausdruck bei ihr, der ihm in der kurzen Zeit, in der sie zusammen waren, bisher kaum aufgefallen war.

»Aber... wieso mußt eigentlich du derjenige sein, der nach draußen geht?« fragte sie schließlich.

»Liebling, jetzt redest du schon wie Harry Cooper. Irgend jemand muß ja schließlich gehen. Wir können nicht einfach hier rumsitzen und darauf warten, daß diese Zombies uns töten. Außerdem, wir werden es schon schaffen - warte nur ab. Du wirst sehen. Wir werden es schaffen.«

Sie beugte sich vor und legte unbeholfen ihre Arme um ihn, weil sie ihn nicht mit ihren benzinfeuchten Händen anfassen wollte.

Gerade in dem Augenblick, als sie sich küssen wollten, wurden sie von Harrys polternden Schritten aufgeschreckt, der aus dem Keller hochkam. Mit einem angespannten Gesichtsausdruck betrat er das Zimmer und knurrte verärgert: »Was ist denn los? Denkt denn hier eigentlich keiner mit? Es ist gleich soweit, die nächste Nachrichtensendung kommt gleich.«

»Das dauert noch fünf Minuten«, sagte Tom, nachdem er einen Blick auf seine Armbanduhr geworfen hatte.

»Wir müssen aber zusehen, daß das verdammte Ding rechtzeitig warm wird«, sagte Harry, lief zu dem Fernsehapparat hinüber und schaltete ihn im selben Moment an, als Ben aus dem oberen Stockwerk herunterkam.

»Was ist denn los?« fragte Ben.

»Die nächste Sendung fängt gleich an«, antwortete Tom, und um Ben zu demonstrieren, daß er nicht gefaulenzt hatte, machte er mit den Zündschnüren weiter und stopfte sie in die Glasbehälter.

Ben ging zu Barbara hinüber, musterte sie und schüttelte traurig den Kopf.

»Verflucht sei dieser Fernseher«, schimpfte Harry. »Der braucht ja eine Ewigkeit, bis er endlich warmgelaufen ist. Da stirbt man ja eher, als daß der funktioniert.«

Nervös wie er war, holte er ein Streichholz heraus und zündete eine Zigarette an, während der Bildschirm langsam hell wurde und der Ton kam.

»Wir müssen dieses Mädchen nach unten in den Keller bringen«, schlug Harry vor und warf einen Blick zu Barbara hinüber. »Hier oben nützt sie weder sich noch jemand anderem.«

Niemand erwiderte etwas auf Harrys Kommentar. Schweigend saßen sie vor dem Gerät und warteten darauf, daß die Sendung anfing. Sie sahen einen anderen Sprecher, aber denselben Redaktionsraum, in dem Unmengen von Uhren an den Wänden hingen, die anzeigten, wie spät es in den verschiedenen Gegenden des Landes war. Im Hintergrund tickerten die Fernschreiber, und sie konnten verschiedene leise Stimmen hören.

»GUTEN ABEND, MEINE DAMEN UND HERREN. ES IST JETZT MITTERNACHT AN DER OSTKÜSTE. SIE SEHEN EINE SENDUNG DER ZIVILEN VERTEIDIGUNG, MIT BERICHTEN ZU JEDER VOLLEN STUNDE, SOLANGE DIESER... AUSNAHMEZUSTAND ANDAUERT. LASSEN SIE DIESEN SENDER EINGESCHALTET. HIER ERHALTEN SIE ALLE INFORMATIONEN, DIE FÜR IHR ÜBERLEBEN WICHTIG SIND.

MEINE DAMEN UND HERREN... SO UNGLAUBLICH ES SCHEINEN MAG... DIE LETZTE MELDUNG DES FORSCHUNGSTEAMS DES PRÄSIDENTEN IM WALTER-

READE-HOSPITAL BEKRÄFTIGT DAS, WAS VIELE VON UNS ALS TATSACHE AKZEPTIERT HABEN, OHNE AUF EINE OFFIZIELLE BESTÄTIGUNG ZU WARTEN. DIE ARMEE DER AGGRESSOREN, DIE VIELE REGIONEN DES OSTENS UND MITTELWESTENS UNSERES LANDES BELAGERT, BESTEHT AUS TOTEN, MENSCHLICHEN WESEN.«

Judy erschauderte, als der Nachrichtensprecher eine kurze Pause machte, damit diese Meldung sich bei den Zuschauern richtig setzen konnte. An seinem Gesicht konnte man ablesen, daß er selbst Schwierigkeiten hatte, das alles zu glauben.

»Na, das braucht er mir nun wirklich nicht zu sagen«, meinte Ben.

»Ruhe!« brüllte Harry.

»DIE VOR KURZEM VERSTORBENEN SIND WIEDER LEBENDIG GEWORDEN UND ESSEN MENSCHENFLEISCH. TOTE AUS LEICHENSCHAUHÄUSERN, HOSPITÄLERN, BEERDIGUNGSINSTITUTEN... ABER AUCH VIELE VON DENEN, DIE WÄHREND DES CHAOS GESTORBEN SIND, DAS DIESEN NOTSTAND HERVORGERUFEN HAT... SIND INS LEBEN ZURÜCKGEKEHRT. SIE WIRKEN HERUNTERGEKOMMEN UND IRGENDWIE UNVOLLSTÄNDIG... SIE STEHEN UNTER DEM ZWANG, LEBENDE MENSCHLICHE WESEN ZU TÖTEN UND IHR FLEISCH ZU FRESSEN. ERKLÄRUNGEN FÜR DIE URSACHE DIESES UNGLAUBLICHEN PHÄNOMENS GIBT ES WEDER AUS DEM WEISSEN HAUS NOCH VON ANDEREN EINRICHTUNGEN. DIE SPEKULATIONEN KREISEN MOMENTAN VOR ALLEM UM DIE AUSSETZUNG EINER VENUSSONDE, DIE VOR KURZEM EINGELEITET WURDE UND FEHLGESCHLAGEN IST. JENE RAKETE IST, WIE SIE SICH ERINNERN WERDEN, VOR EINER WOCHE IN RICHTUNG VENUS

LOSGEFLOGEN - ABER DORT NIE ANGEKOMMEN. STATT DESSEN KEHRTE SIE ZUR ERDE ZURÜCK UND WAR MIT EINER GEHEIMNISVOLLEN STRAHLUNG VERSEUCHT. IST ES MÖGLICH, DASS DIESE STRAHLUNG FÜR DEN MASSENMORD VERANTWORTLICH IST, DEM WIR JETZT AUSGESETZT SIND? SPEKULATIONEN ÜBER DIE ENTSCHEIDENDE ANTWORT ODER AUCH MEHRERE ANTWORTEN AUF DIESE FRAGE KURSIEREN IN WASHINGTON UND AUCH SONST ÜBERALL. DAS WEISSE HAUS HAT UNTERDESSEN EINE NACHRICHTENSPERRE VERHÄNGT UND VERSUCHT, MIT PHYSISCHEN MITTELN DIESER BEDROHUNG HERR ZU WERDEN -DAS HEISST, INDEM DER WIDERSTAND UND SUCHAKTIONEN ORGANISIERT WERDEN, BEI DENEN DIE... AGGRESSOREN VERNICHTET WERDEN. ZU TREFFEN IM PENTAGON UND IM WEISSEN HAUS HATTEN REPORTER KEINEN ZUTRITT, UND ALLE ANGEHÖRIGEN DER MILITÄRISCHEN UND ZIVILEN RÄTE HABEN SICH GEWEIGERT, INTERVIEWS ZU GEBEN ODER FRAGEN ZU BEANTWORTEN, DIE IHNEN VON REPORTERN AUF DEM WEG ZU DIESEN ODER VON SOLCHEN TREFFEN GESTELLT WURDEN.

DAS LETZTE OFFIZIELLE KOMMUNIQUE DES PENTAGONS HAT JEDOCH BESTÄTIGT, DASS DIE AGGRESSOREN TOT SIND. ES HANDELT SICH NICHT UM EINE INVASION VON EINEM ANDEREN PLANETEN, SONDERN UM MENSCHEN, DIE VOR KURZEM HIER AUF DER ERDE VERSTORBEN SIND. NICHT ALLE VON IHNEN SIND WIEDER ZUM LEBEN ERWACHT - IN BESTIMMTEN TEILEN DES LANDES, VOR ALLEM IM OSTEN UND MITTELWESTEN, IST DAS PHÄNOMEN JEDOCH BESONDERS STARK. WARUM GERADE DER MITTELWESTEN SO STARK BETROFFEN IST, KANN

NICHT SO LEICHT ERKLÄRT WERDEN, NICHT EINMAL DURCH DIE WEITREICHENDSTEN SPEKULATIONEN. DIE VENUSSONDE IST, WIE SIE SICH VIELLEICHT ERINNERN, NICHT WEIT VON DER OSTKÜSTE IN DEN ATLANTIK GESTÜRZT.

VIELLEICHT WERDEN WIR DIE GENAUE URSACHE FÜR DIES GRAUENHAFTE PHÄNOMEN NIE ERFAHREN, DAS WIR JETZT MITERLEBEN MÜSSEN.

GEGENWÄRTIG BESTEHT ALLERDINGS AUCH DIE VAGE HOFFNUNG, DASS DIE BEDROHUNG UNTER KONTROLLE GEBRACHT WERDEN KANN... UND SEI ES EINE FRAGE VON TAGEN ODER WOCHEN. DIE... AGGRESSOREN... KÖNNEN DURCH EINEN GEWEHRSCHUSS ODER DURCH DAS ABSCHLAGEN DES KOPFES GETÖTET WERDEN. SIE HABEN ANGST VOR FEUER UND BRENNEN LEICHT. SIE HABEN ALLE MERKMALE VON TOTEN MENSCHEN... BIS AUF DIE TATSACHE, DASS SIE NICHT ENDGÜLTIG TOT SIND, DENN AUS GRÜNDEN, DIE WIR NOCH NICHT VERSTEHEN, IST IHR GEHIRN WIEDER AKTIVIERT WORDEN. SIE SIND KANNIBALEN.

DARÜBER HINAUS BESTEHT DIE MÖGLICHKEIT, DASS JEDER, DER DURCH EINE WUNDE STIRBT, DIE IHM DIE MENSCHENFLEISCHFRESSER ZUGEFÜGT HABEN, IN DERSELBEN GESTALT WIE DIE AGGRESSOREN ZURÜCKKOMMEN WIRD. WAS DIESE KREATUREN BEFALLEN HAT, IST ÜBER OFFENE WUNDEN ODER KRATZER ÜBERTRAGBAR. DIE AUSWIRKUNGEN ZEIGEN SICH INNERHALB VON MINUTEN NACH DEM TOD DER VERWUNDETEN PERSON. JEDER, DER WÄHREND DIESES NOTSTANDES STIRBT, SOLLTE UMGEHEND ENTHAUPTET ODER VERBRANNT WERDEN. DIE ÜBERLEBENDEN WISSEN SICHER AUCH, DASS DIESE MASSNAHMEN OFTMALS

NICHT LEICHTFALLEN, ABER SIE MÜSSEN IN JEDEM FALL DURCHGEFÜHRT WERDEN. WENN SIE ES NICHT TUN KÖNNEN, DANN MÜSSEN DIE BEHÖRDEN INFORMIERT WERDEN. DIE WERDEN DAS FÜR SIE ERLEDIGEN. DIEJENIGEN, DIE WÄHREND DIESES NOTSTANDES STERBEN, SIND NICHT TOTE IM EIGENTLICHEN SINNE. SIE SIND TOTES FLEISCH -ABER EXTREM GEFÄHRLICH UND EINE BEDROHUNG FÜR JEDES LEBEWESEN AUF DIESEM PLANETEN. ICH WIEDERHOLE, SIE MÜSSEN ENTHAUPTET ODER VERBRANNT WERDEN...«

Harry lief ein eiskalter Schauer den Rücken hinunter, und aller Augen richteten sich auf ihn.

»Wie ist Ihr Kind verletzt worden?« fragte Ben.

»Einer dieser Zombies packte Karen, als wir wegzulaufen versuchten. Ich bin mir nicht sicher - aber ich glaube, sie wurde am Arm gebissen.«

Alle starrten Harry an und empfanden Mitleid mit ihm, aber sie erkannten gleichzeitig auch, was für eine Bedrohung Karen sein würde, falls sie starb.

»Es ist besser, wenn Sie oder Helen die ganze Zeit bei ihr sind«, warnte Ben ihn. »Wenn sie nicht durchkommen sollte... tja...«

Er verstummte.

Harry legte die Hände vors Gesicht, als versuche er, sich an den Gedanken zu gewöhnen, was er dann tun mußte. Zu wissen, daß seine Tochter sterben könnte, war schon schlimm genug gewesen, aber jetzt -

Wieder durchzuckte ihn ein Schauer.

Die Menschen im Wohnraum blickten starr auf den Fernsehapparat und vermieden es, in Harrys Richtung zu schauen.

»Sie werden Helen erzählen müssen, was vielleicht auf sie zukommt«, riet Ben ihm. »Andernfalls wird sie nicht wissen, wie sie damit umgehen soll, falls es passiert.«

Ben dachte an seine eigenen Kinder und zitterte vor Angst um sie. Er hatte Sehnsucht nach ihnen. Dann zwang er sich, seine Konzentration wieder auf den Fernseher zu richten, für den Fall, daß er etwas erfahren konnte, das bei einem Fluchtversuch hilfreich sein konnte.

Aber der Bildschirm blieb leer.

Die Nachrichtensendung war vorbei.

Tom klapperte mit seinem Stuhl und stand dann auf. »Wir kommen besser in die Gänge«, sagte er. »Es gibt nichts, was wir hier noch tun könnten.«

Ben warf sein Gewehr über die Schulter und bückte sich, um den Hammer und das Brecheisen aufzuheben. Dann wandte er sich an Harry: »Sie müssen in dem leeren Zimmer dort oben Stellung beziehen. Die Frauen bleiben alle im Keller. Sobald Tom und ich die Bretter von der Vordertür gerissen haben, fangen Sie an, die Molotowcocktails zu schmeißen. Achten Sie darauf, daß die richtig brennen, und schmeißen Sie alle runter. Lassen Sie aber den Transporter in Ruhe! Wenn es Ihnen gelingen sollte, daß ein paar von diesen Zombies in Flammen aufgehen, um so besser. Wenn wir Ihre Schritte auf der Treppe hören, dann machen Tom und ich uns auf die Socken. Dann wird es an Ihnen liegen, Harry, Sie müssen die Vordertür bewachen. Haben Sie ein ordentliches Stück Rohr?«

»Ich habe eine Mistgabel.«

»Gut... in Ordnung.«

Während Ben seine Instruktionen ausgab, kniete Tom vor dem Kamin, suchte ein Tischbein heraus und tränkte es mit Benzin, damit er eine richtige Fackel bekam.

Mit ein bißchen Überredungskunst brachte Judy schließlich auch Barbara dazu, daß sie aufstand und mit ihr in den Keller ging. Als Tom jedoch die Schritte nur eines Menschen auf der Kellertreppe hörte, drehte er sich um. Judy stand hinter der halbgeöffneten Kellertür und schaute ihn an. Verärgerung spiegelte sich auf ihrem Gesicht, als Harry mit seiner Kiste Molotowcocktails den Raum verließ und Tom anfing, zusammen mit Ben die Bretter von der Vordertür zu reißen.

Schweigend und sorgenvoll beobachtete Judy den Mann und den Jungen, die beide umsichtig und wortlos die Barrikade abbauten und sorgfältig darauf achteten, daß die lauernden Gestalten draußen im Garten nichts davon mitbekamen. Langsam und vorsichtig holten Tom und Ben mit dem Brecheisen und dem Tischlerhammer die einzelnen Holzbretter herunter. Jedes Nagelquietschen war gefährlich. Sie waren sich der drohenden Gefahr wohl bewußt. Doch endlich hatten sie die Vordertür freigelegt.

Tom zündete die Fackel an und reichte sie Ben. Dann stellten sie sich neben der Tür auf und warteten darauf, daß der Molotowregen einsetzte.

Ben hob den Vorhang ein wenig hoch und spähte nach draußen. Er versuchte, einen Plan zu entwickeln, wie sie durchkommen konnten. Auf dem Rasen unter den Bäumen lauerten mehrere der bedrohlichen Gestalten. Stumm standen sie dort in der Dunkelheit. Einige der Zombies standen auch in der Nähe des Transporters - es würde für Ben und Tom ganz schön schwer werden, dort hineinzukommen. Und entlang der Straße, die sie zu den Zapfsäulen nehmen mußten, standen auf dem Feld noch viel mehr von diesen Kannibalen einfach da, beobachteten und warteten.

Falls irgend etwas schieflief, dann würden sie es nicht lebend zum Haus zurückschaffen.

Judy war immer noch nicht in den Keller gegangen. Ihre Augen fixierten Tom, als wollte sie jede Sekunde auskosten, die sie ihn noch anschauen konnte, denn wenn er erst einmal in die Nacht hinausgegangen war, sah sie ihn vielleicht nie mehr wieder.

Plötzlich - ein Schrei von oben. Ein Fenster flog auf, und das erste brennende Glas erleuchtete den Garten.

Ben riß die Vordertür auf und beobachtete im Schein des Feuers, wie die Kreaturen stöhnten, und hörte ihr typisches Rasseln. Schwerfällig hielten sie sich aneinander fest und wichen langsam zurück. Weitere Brandsätze folgten und zerbarsten lautstark im Garten. Die Flammen schlugen hoch und erleuchteten den alten Transporter und die unheimlichen toten Gestalten, die sich darum versammelt hatten.

Einige der Zombies fingen Feuer und liefen stolpernd und brennend davon - ihr totes Fleisch zischte, knackte und verbreitete einen scheußlichen Gestank. Und dann brannten sie lichterloh und fielen hilflos zu Boden, nicht tot, aber bewegungsunfähig. Sie bewegten sich immer noch, ihr Rasseln war unüberhörbar, bis nicht mehr genug von ihrem Körper übrig war, als daß sie sich noch hätten rühren können...

Ununterbrochen regnete es Bomben aus dem ersten Stock. Das Rasenstück direkt vor dem Haus war jetzt vollständig erhellt. Die Schatten der Bäume und Büsche tanzten unheimlich und veränderten ihre Form, wann immer noch mehr Flammen aufstiegen und in der Nacht hochloderten.

Ben und Tom standen auf der Veranda und sahen zu, wie die Untoten brannten und zurückwichen. Die ganze Zeit über hielten sie ihre Waffen bereit, um auf eine der Kreaturen einzudreschen, falls diese auf die Idee kam, sie anzugreifen, bevor sie bereit waren, zum Transporter hinüberzurennen.

»Das war's, Ben - rennen Sie los!«

Harry rief es ihnen von oben zu, warf die Tür des leerstehenden Zimmers zu und stürmte zur Treppe.

Seine Stimme hallte im ganzen Haus wider, als Tom und Ben in den Garten rannten. Überall waren Flammennester. Sie wurden trotzdem von den toten Wesen bedroht, und einige von ihnen kamen auf sie zugelaufen. Ihre Angst vor dem Feuer war offenbar lang nicht so stark wie ihre Gier nach menschlichem Fleisch.

Tom schlug mit dem Brecheisen auf einen der Angreifer ein. Sein Gegner ging zu Boden, kämpfte aber liegend weiter. Ben hielt die Fackel an den Körper, so daß er Feuer fing und in Flammen aufging. Der Zombie schlug die Arme um sich und lag bald im Sterben.

Harry hatte die Vordertür erreicht, kam aber zu spät, um Judy davon abzuhalten, in den Garten hinauszulaufen. »Ich gehe mit ihnen!« schrie sie. Harry konnte sie fast noch erwischen, aber sie flitzte an ihm vorbei und blieb dann abrupt stehen, als er die Vordertür zustieß.

Zwei dieser gräßlichen Wesen kamen ihr entgegen. Sie konnte nicht wieder ins Haus zurück, und der Weg zum Transporter war ihr abgeschnitten.

Sie schrie. Ben drehte sich um und entdeckte sie, während Tom auf den Fahrersitz des Transporters kletterte. Eine der Kreaturen grapschte nach ihm, und er mußte ihr hart in die Brust treten, um sie abzuwehren.

Ben schlug wie ein Besessener auf die beiden Zombies ein, die vor Judy standen. Der Gewehrkolben sauste auf ihre toten Schädel nieder und zwang sie in die Knie. Es knirschte abscheulich, und die Knochen derjenigen, die doch schon tot waren, zersplitterten.

Ben packte das verängstigte Mädchen und schubste es in den Transporter. Dann sprang er selbst auf das Trittbrett. Tom warf Judy nur einen Blick zu, als der Transporter in Gang kam.

Schlitternd und polternd machte der Wagen einen Bogen und raste dann auf den alten Schuppen und die Zapfsäulen hinter dem Feld zu. Ein paar von den Zombies, die sich am Transporter festhielten und nach den Menschen griffen, fielen hinunter, als der Wagen anfuhr, Ben ließ mit seiner Fackel noch einen Zombie in Flammen aufgehen und schlug auf ihn ein, weil er sich auch, festhielt, obwohl er schon brannte. Dann ließ er endlich los und fiel mit dem Kopf unter den Wagen. Der Reifen rollte über seinen Schädel.

Tom bretterte mit dem Transporter über das Feld, während viele der Kreaturen ihnen stolpernd folgten. Zwar waren sie langsam, aber sie blieben ihren Opfern auf den Fersen. Ben zielte und feuerte mehrere Schüsse ab, spannte den Hahn und feuerte wieder. Eigentlich verschwendete er die Munition, denn die meisten Kugeln verfehlten ihr Ziel, weil der Transporter immer wieder über Unebenheiten auf dem grasbewachsenen Feld polterte, aber ein Zombie fiel doch tot um. Die Hälfte seines Schädels war weggeblasen worden.

Die anderen liefen weiter auf den Transporter zu, als der mit quietschenden Reifen vor den Zapfsäulen stehenblieb.

Tom und Ben sprangen hinaus. Immer mehr Angreifer tauchten auf und stolperten in einzelnen Gruppen über das Feld. Tom fummelte mit dem Schlüssel an dem Schloß an den Pumpen herum. Ben gab ihm einen Schubs, richtete hektisch die Waffe darauf und schoß. Das Schloß zersprang, und Benzin sprudelte aus den Zapfsäulen. Ben gab Tom die Fackel, damit auch er eine Möglichkeit hatte, sich zu verteidigen. Sein Brecheisen hatte er im Wagen liegenlassen.

Judy starrte mit weit aufgerissenen Augen durch die Windschutzscheibe. Zuerst schaute sie Tom an, dann blickte sie auf das Feld und die näher kommenden Zombies hinaus. Einige von ihnen waren nur noch knapp dreißig Meter entfernt.

Tom rammte den Zapfhahn, aus dem das Benzin strömte, in die Tanköffnung. Dabei entglitt ihm die Fackel und fiel auf den benzingetränkten Boden. Augenblicklich stand alles in Flammen - und auch der Transporter brannte.

Der hintere Kotflügel stand in Flammen. Ben registrierte das alles aus dem Augenwinkel heraus, als er sich hinkniete, zielte und schoß. Einer der Angreifer fiel hin, stand aber gleich wieder auf. In seinem Brustkorb, direkt unter dem Halsansatz, klaffte ein riesiges Loch.

Die Angreifer näherten sich jetzt in Scharen.

Wie gebannt schaute Tom den Transporter an, von dem die Flammen aufstiegen. Immer weiter breiteten sie sich aus. Auch Ben gaffte einen Augenblick lang den Wagen an, ohne zu wissen, was er tun sollte. Doch als Tom in den brennenden Transporter sprang, drehte er sich um und schrie. Schlingernd und polternd rauschte der Wagen über das Feld und mähte einige der Angreifer um, die im Weg standen. Tom wollte den Wagen offenbar von den Zapfsäulen wegschaffen, damit sie nicht explodierten. Ben schrie wieder, aber ohne Erfolg. Der brennende Transporter, mit dem verängstigten Tom am Steuer, preschte davon. Judy saß schreckensstarr und sprachlos neben Tom auf dem Beifahrersitz.

Ein paar Zombies fielen über Ben her. Er schlug um sich und drosch mit der Fackel und dem Gewehr auf sie ein. Da er davon ausging, daß Tom nicht mehr zu helfen war, war ihm klar, daß er selbst jetzt versuchen mußte, sich den Weg zum Haus zurück zu erkämpfen.

Es gelang Ben, zwei von den scheußlichen Figuren, die ihn angriffen, anzuzünden und einen dritten Gegner niederzuschlagen.

Er rannte, schwenkte die Fackel und das Gewehr und drehte sich immer wieder um die eigene Achse, damit sie keine Möglichkeit hatten, ihn von hinten anzugreifen. Allein schon der Gestank dieser verrottenden Kreaturen war entsetzlich, als sie in einem Pulk näher kamen, um ihn in Stücke zu reißen.

Harry hatte vom Haus aus nicht alles verfolgen können, was sich draußen abspielte, obwohl er von der Tür zum Fenster und wieder zurück sprang und durch die Bretter spähte, um zumindest etwas von dem mitzukriegen, was dort passierte. Von seinem Standort aus sah es so aus, als ob ihr Fluchtversuch total gescheitert wäre, und wenn das der Fall war, dann wollte er die Vordertür verschließen, in den Keller rennen und ihn mit Brettern verrammeln.

Harry sah, wie der Transporter Feuer fing, und beobachtete, wie Tom damit wegfuhr. Außerdem kam es ihm so vor, als ob Ben überwältigt worden wäre. Harry stürzte zu einem anderen Fenster.

Der Transporter brannte jetzt und jagte von dem Haus weg auf eine Anhöhe zu. Die Fahrt wirkte gespenstisch, denn der Transporter leuchtete mit den Flammen seine Route aus, während er über das pechschwarze Feld hüpfte.

Plötzlich blieb er quietschend stehen. Harry konnte eine Gestalt, offenbar Tom, sehen, die vom Fahrersitz kletterte und Judy half, damit auch sie aussteigen konnte. Dann - eine gewaltige Detonation. Der Transporter explodierte, und Krach und Flammen erschütterten die Nacht.

In seinem Kampf mit den Zombies sah auch Ben auf. Ein eiskalter Schauer lief ihm den Rücken hinunter. Ihm war klar, was mit Tom und Judy geschehen war. Die Flammen, die von dem Transporter aufstiegen, halfen ihm, seinen Weg zu finden und sich ein wenig näher ans Haus heranzukämpfen. Mit mächtigen, verzweifelten Schlägen mit dem Gewehr und der Fackel hieb Ben auf seine Gegner ein. Es ging um Leben und Tod. Und er wollte leben.

Mittlerweile waren ein paar der gräßlichen Kreaturen an der Vordertür und versuchten, ins Haus einzudringen. Drinnen war Harry und wußte nicht mehr ein noch aus. Schließlich ließ er alle Bedenken beiseite, dachte nur noch an sein eigenes Schicksal und stürzte voller Panik auf den Keller zu.

Aber Ben hatte sich durch die Angreifer hindurch auf die

Veranda vorgekämpft - und klopfte jetzt gegen die Tür, um eingelassen zu werden. Er wirbelte auf dem Absatz herum, machte einen Satz und schubste den letzten Gegner von der Veranda. Dann warf er sich gegen die Tür, die krachend aufging. Ben platzte gerade noch rechtzeitig ins Haus, um Harry an der Kellertür zu erwischen.

Aber er hatte gar keine Zeit, Harry zurückzurufen. Blitzschnell wirbelte er herum und verrammelte wie ein Wilder die Tür. Für den Bruchteil einer Sekunde traf sein Blick den von Harry, und sie beide packten zu. Es hatte beinah den Anschein, als ob Harry dachte, er könne einen Hauch von Respekt von Ben erwarten, wenn er jetzt einsprang und ihm half. Es gelang ihnen, die Tür zu verbarrikadieren. Für diesen Moment war das Haus sicher.

Die beiden Männer drehten sich um und blickten sich an. Harry zitterte vor Angst. Schweißbäche liefen ihm übers Gesicht. Beide Männer wußten, was kommen würde - und Bens Faust landete genau in dem Augenblick in Harrys Gesicht, als er zurückzuweichen versuchte.

Harry wurde Schlag auf Schlag zurückgetrieben, bis Ben ihn in die Ecke gedrängt und gegen die Wand gedrückt hatte. Dort hielt er ihn fest und schaute ihm unverwandt ins Gesicht. Als Ben dann sprach, spuckte er jedes Wort einzeln aus und unterstrich es, indem er Harry jedesmal gegen die Wand donnerte.

»Du... heruntergekommener... gottverdammter... Mistkerl... wenn... du... noch... einmal... so... etwas... tust... dann werde... ich dich rauswerfen und... dich... an diese Dinger... verfüttern!.«

Ben schlug ein letztes Mal auf Harry ein. Der rutschte kraftlos an der Wand hinunter und brach auf dem Boden zusammen. Sein Gesicht war mit blauen Flecken übersät, und aus seiner Nase strömte Blut.

Ben war zur Kellertür hinübergelaufen.

»Stehen Sie schon auf! Es gibt nur noch uns... Alles ist verloren... Tom und Judy sind tot!«

Doch dann machte er auf dem Absatz kehrt, rannte noch einmal quer durch den Raum zu einem der Fenster. Er sah, wie die unheimlichen Gestalten auf das Haus zukamen. Trotz seiner Erschöpfung schauderte es ihn.

Was, zum Teufel noch mal, hatten sie denn jetzt vor?

Um Mitternacht hatten Sheriff McClellan und seine Männer ihr Lager für die Nacht endgültig gesichert. Sie waren so lange marschiert, bis die Abenddämmerung es ihnen möglich machte, weiterzugehen. Dann hatte McClellan angeordnet, daß sie das Lager auf dem freien Feld aufschlugen, weil so jeder näher kommende Angreifer leicht auszumachen war. Hier gab es kein schützendes Buschwerk. Um doppelt sicherzugehen, daß sie nicht angegriffen wurden, hatten sie Wachen aufgestellt und andere Verteidigungsmaßnahmen ergriffen.

Glücklicherweise war die Nacht warm. Daß es regnen würde, war unwahrscheinlich. Die meisten Männer hatten Decken und Schlafsäcke, aber es gab auch ein paar Zelte. Der Trupp war in allergrößter Eile zusammengestellt worden, und ein Gutteil der Männer war unerfahren und hatte nicht die richtige Ausrüstung, um im Wald auszuharren. Zu den normalen Problemen wie der Verköstigung einer vierzig oder fünfzig Mann starken Gruppe hatte es noch unablässig nervtötende Beschwerden gehagelt, wie sie bei Neulingen nun mal normal sind. Sie litten unter giftigen Pflanzen wie Efeu und Blasen an den Füßen.

Bei all diesen Schwierigkeiten hatte McClellan die Männer abwechselnd angeschrien oder beruhigt, damit sie diszipliniert weiterzogen und die ländlichen Gegenden nach Menschen abkämmten, die Hilfe oder Rettung nötig brauchten. Doch jetzt, wo die Nacht einsetzte, war es unklug, weiterzumarschieren. Daher hatte der barsche Sheriff widerwillig den Befehl gegeben, ein Lager aufzuschlagen, hatte den Aufbau überwacht und darauf geachtet, daß die Verteidigung ordentlich organisiert wurde.

Die Männer waren müde. Doch die Wärme des Lagerfeuers und der Geruch von heißem Kaffee bewirkte Wunder, was die Wiederbelebung ihrer ermatteten Geister anbetraf. Kurz nach

Mitternacht trudelte sogar noch ein Lastwagen ein, der randvoll mit Essenspaketen für die Männer beladen war, damit sie nicht hungrig zu Bett gehen mußten. Kerzen und Laternen brannten im Lager, und aus der Ferne hätte man den Eindruck haben können, daß hier ein fröhliches Fest im Freien gefeiert wurde. Hier und da saßen Männer zusammen und spielten Karten, obwohl sie ganz genau wußten, daß sie zum Frühstück, also bei Sonnenaufgang, die Zelte abbrechen und losmarschieren mußten.

McClellan saß allein vor seinem Zelt, lauschte dem Murmeln der Stimmen und dem Kratzen von Gabeln, Löffeln und anderem Gerät. Seine Karte war auf einem Klapptisch vor ihm ausgebreitet und wurde von einer herunterhängenden Laterne erleuchtet. Sofort wurde McClellan das Ziel eines gewalttätigen Insektenangriffs. Mißmutig versuchte er, mit der Karte fertig zu werden, damit er die Laterne löschen und sich ins Zelt zurückziehen konnte.

Mit einem roten Stift kennzeichnete er den Punkt, an dem sie sich befanden: fünfzehn Meilen nördlich einer kleinen Stadt namens Willard. In dem Gebiet weiter nördlich gab es nur vereinzelte Bauernhäuser und ein oder zwei winzige Dörfer, deren Bewohner wahrscheinlich ziemlich isoliert waren. Man konnte davon ausgehen, daß sie Hilfe dringend nötig hatten, obwohl niemand ganz genau sagen konnte, wie es den einzelnen Familien in diesem Gebiet ging, das McClellans Truppe noch durchkämmen mußte. Was sie erwartete, darüber konnten sie nur spekulieren, weil das Kommunikationsnetz schon ganz zu Anfang des Notstandes zusammengebrochen war.

Der Bezirk war in Sektoren aufgeteilt worden, und jeder dieser Sektoren wurde von Freiwilligen und Truppenmitgliedern der Nationalgarde durchstreift. Ein Ziel war es, den Kontakt zur Außenwelt für die Menschen in diesem Gebiet wiederherzustellen. Zum einen waren die Telefonleitungen zusammengebrochen, zum anderen waren auch einige

Elektrizitätswerke stillgelegt. In diesen Gemeinden sollten außerdem wieder Sicherheit, Ruhe und Ordnung hergestellt werden, denn die Menschen in den Dörfern und Kleinstädten hatten nicht nur mit den grauenhaften Zombies zu kämpfen, sondern dort wurde die Ordnung auch von Plünderern und Vergewaltigern bedroht, die das Durcheinander ausnutzten. Außerdem sollten Rettungstrupps in die besonders einsamen Landstriche geschickt werden, weil es sehr gut möglich war, daß einige Leute in ihren Häusern festsaßen und keine Gelegenheit hatten, sich zu verteidigen oder um Hilfe zu rufen.

Zufälligerweise war McClellans Abschnitt besonders gefährlich. Zusätzlich zu den kürzlich Verstorbenen aus dem Krankenhaus, den Leichenschauhäusern und

Bestattungsunternehmen war noch ein Bus voller Menschen durch eine Absperrung gerast und eine Uferböschung hinuntergerauscht, weil der Fahrer zu Tode erschrak, als die Toten hinter einer Kurve plötzlich vor seinem Bus auftauchten. Man konnte davon ausgehen, daß alle Insassen den Tod gefunden hatten, denn als McClellans Truppe an der Unfallstelle auftauchte, wanderten dort nur wenige Zombies ziellos herum. Sie wurden abgeschossen und auf der Stelle verbrannt. Eine dieser scheußlichen Kreaturen, aus deren Brustkorb mehrere Rippen herausragten, trug die Uniform eines Busfahrers, und deshalb war McClellan klar, was mit den anderen geschehen war. Lange bevor die Wahrheit an die Öffentlichkeit drang, wußten McClellan und seine Männer, die in den gefährdeten Gebieten unterwegs waren, daß die Aggressoren wieder zum Leben erwachte Tote waren und daß jeder, der starb, eine gute Chance hatte, auch ein Aggressor zu werden. Obwohl viele Männer mit Messern und Macheten ausgerüstet wären, um sich vor Wunden und Verseuchung zu schützen, war ihr wichtigstes Anliegen, die Kannibalen nicht allzu dicht an sich heranzulassen. Wo es ging, schossen sie die Angreifer aus der Ferne nieder, zerrten die Toten dann mit Fleischerhaken an eine bestimmte Stelle, wo sie aufeinandergelegt wurden. Dann wurden sie mit Benzin überschüttet und angezündet. Jeder, der einen Fleischerhaken angefaßt hatte oder mit einem der gräßlichen Wesen in Berührung gekommen war, wusch sich die Hände mit Unmengen von Seife und Wasser und desinfizierte sie danach mit Alkohol. Es war nicht bekannt, ob diese Maßnahmen wirklich nützten, aber bis jetzt hatte es zumindest den Anschein - und außerdem wußte niemand, was man unter diesen Umständen sonst tun konnte.

Als McClellan vor ein paar Stunden sein Fernsehinterview gegeben hatte, hatte es in seiner Truppe weder Tote noch Verletzte gegeben, und daran hatte sich auch während der letzten acht Stunden auf dem Feld nichts geändert.

Hin und wieder hatten sie sich aufgeteilt, und es war ihnen gelungen, während dieses langen Tages einige isolierte Bauernhäuser zu sichern. Ein paar Menschen waren noch am Leben gewesen, aber sie waren auch über ein paar Tote gestolpert, die angefressen worden waren. Sie hatten auch einige Wesen abgeschossen, wenn es offensichtlich war, daß sie nicht mehr tot und auch keine Menschen mehr waren.

Jetzt, mit den Erfahrungen dieses Tages, hatte der Sheriff die Möglichkeit, die Aufgabe, die noch vor ihm lag, einschätzen und beurteilen zu können. Wieder betrachtete er die Karte, auf der das Gebiet eingezeichnet war, das noch durchkämmt werden mußte. Er ging davon aus, daß er drei oder vier Tage dafür brauchte, wenn er die Männer nur gehörig antrieb. Er haßte es, sie unter Druck zu setzen, könnte es aber mit Nachdruck, wenn es sein mußte. Und es gab Situationen, wie zum Beispiel diese hier, wo es absolut notwendig war. Jeder konnte sich ausrechnen, daß eine Menge Menschenleben davon abhing, wie schnell seine Truppe in der Lage war, zu ihnen zu stoßen.

Als McClellan auf eine Mücke schlug, die sich gerade auf seiner Stirn niedergelassen hatte, fiel ein großer Schatten auf seinen Kartentisch. Als er aufblickte, stand sein Hilfssheriff,

George Henderson, vor ihm.

George war ein kräftiger, drahtiger Mann mittlerer Größe, der Jagdkleidung trug, die schon gut eingetragen war und sich seinem Körper angepaßt hatte, wie es Kleidungsstücke nun mal tun, wenn sie sich an den Körper ihres Trägers gewöhnt haben. Er nahm sein Gewehr von der Schulter und kratzte sein stoppeliges Kinn.

»Sie stehen mir im Licht«, sagte McClellan mürrisch. Sein Kopf war nach vorne geneigt, als betrachte er immer noch die Karte.

George stieß ein kurzes Grunzen aus, das gerade noch als Lachen durchgehen konnte, und trat beiseite. Es ärgerte ihn, daß ihm keine schlagfertige Antwort einfiel, die er McClellan vor den Kopf knallen konnte. Statt dessen sagte er: »Ich habe die Wachen kontrolliert. Fünf von den Hundesöhnen haben gepennt.«

»Sie machen Witze«, sagte McClellan und schob den Kartentisch beiseite, als wolle er losziehen und über die fünf Männer herfallen.

»Ja«, sagte George.

Er meinte, ja, er habe einen Witz gemacht. Dann kicherte er, und diesmal war es McClellan, der nur kurz schnaubte.

»Alle Wachen sind auf ihren Posten gewesen«, sagte George. »Ich habe ihnen aufgetragen, schwarzen Kaffee mitzunehmen, damit sie wach bleiben.«

»Wenn eine dieser Kreaturen in dieses Lager gelangen sollte, während diese Männer in ihren Schlafsäcken -«

»Ein Großteil von ihnen hat eine Pistole mit in den Schlafsack genommen. Und die, die keine haben, haben ihre Gewehre oder Macheten in Reichweite.«

»Wir dürfen die Feuer nicht ausgehen lassen«, sagte McClellan. »Geben Sie beim nächsten Wachwechsel den Befehl

aus, daß die Lagerfeuer die ganze Nacht über mit Holz versorgt werden müssen.«

»In Ordnung«, sagte George. »Aber daran habe ich auch schon gedacht. Das wollte ich ihnen sowieso auftragen.«

McClellan grunzte, als ob George nicht fähig wäre, sich so etwas selbst einfallen zu lassen.

»Sie sind nur genervt, weil Ihnen das nicht gleich eingefallen ist«, sagte George. Er zog einen Klappstuhl heran und nahm in der Nähe des Tisches Platz. »Sitze ich Ihnen immer noch im Licht?« fragte er. In seiner Stimme schwang ein Hauch Sarkasmus mit.

»Warum gehen Sie nicht los und besorgen sich eine Tasse Kaffee?« war McClellans einzige Antwort - als schlage er das nur vor, um George loszuwerden.

»Haben Sie welchen?« fragte George.

»Nee. Ich will ja nicht wach bleiben.«

»Sie werden also wie ein großer Pandabär vor sich hin schnarchen, während diese Männer Wache schieben und ich die halbe Nacht lang unterwegs bin, um sie zu kontrollieren.«

»Wenn Sie in der Lage wären, die Kopfarbeit zu erledigen, dann würde ich sie Ihnen überlassen«, spottete McClellan. »Dann wären Sie derjenige, der sich hinlegt. Aber da das nicht der Fall ist, muß ich meinen Kopf frisch halten, damit die ganze Organisation nicht ein einziges Desaster wird.«

»Ha! Das war ein guter Witz!« rief George. »Wenn ich nicht da wäre, um die Drecksarbeit zu erledigen, dann würden diese Männer Karten spielen oder die Murmeln rollen lassen -«

»Ich will, daß alle um vier Uhr dreißig aus den Schlafsäcken steigen«, unterbrach McClellan ihn mit ernster Stimme.

»Was?«

»Vier Uhr dreißig. Dann werden wir die Zelte abbauen und uns in Marsch setzen, sobald wir genug sehen können, um uns zu orientieren. Jede Minute, die wir verschwenden, kann für jemanden den Tod bedeuten.«

»Was wollen Sie denn morgen alles ansteuern?«

»Ich habe da zehn Bauernhäuser, die ich vor Mittag sichern will. Sie können einen Blick auf die Karte werfen, dann sehen Sie, welche ich meine. Wenn wir das erledigt haben, dann machen wir eine Mittagspause. Dann können wir über Funk melden, wo wir sind, damit die anderen es wissen.«

George beugte sich über die Karte und warf einen Blick darauf. Die Bauernhäuser, die der Sheriff sichern wollte, waren rot eingezeichnet. Sie lagen am Rande einer Straße, die auf der Karte als zweispurig und asphaltiert gekennzeichnet war. Das Feld, auf dem die Truppe im Augenblick ihr Lager aufgeschlagen hatte, lag zwei oder drei Meilen südlich der Asphaltstraße, und den ganzen vorhergehenden Tag waren sie auf diese Straße zumarschiert. Hin und wieder waren einige kleinere Gruppen abgeschweift, hatten sich von den anderen getrennt und vereinzelte Wohnhäuser gesichert, bevor sie sich wieder dem Rest der Truppe angeschlossen hatten.

McClellan zündete eine Zigarette an und inhalierte den Rauch, während George die zurückgelegte Strecke musterte und sich dann der Route widmete, die vor ihnen lag.

Das letzte Haus auf ihrer morgigen Marschroute war die alte Miller-Farm, wo Mrs. Miller - falls sie noch am Leben war -mit ihrem Enkel Jimmy, einem elf Jahre alten Jungen, lebte.

»Wir sollten eine einzelne Patrouille zu diesem Haus schicken«, sagte George und zeigte auf das rote Kreuz, das auf McClellans Karte die Miller-Farm markierte. »Ich kenne Mrs. Miller. Sie ist ziemlich hilflos. Sie und ihr Enkel sind dort draußen allein.«

»Wir sollten vor Mittag dort sein«, sagte McClellan. »Wenn sie nicht sowieso schon tot sind, dann müßte es ihnen eigentlich ganz gutgehen.«

»Ich werde mir etwas Kaffee holen«, sagte George. »Und dann treibe ich alle die aus ihren Schlafsäcken, die für die zweite Wache eingeteilt sind.«

Überraschenderweise hatte der Transporter trotz der schweren Explosion schnell zu brennen aufgehört. Außer dem Rest Benzin im Tank, den das Feuer sofort aufgefressen hatte, war nicht mehr viel an dem Transporter, das brennbar war. Nur die Sitze und die Polsterung. Und die Menschen in dem Wagen.

Das Metall, dessen Lackierung aufgesprungen und abgeplatzt war, kühlte in der Nachtluft schnell ab.

Die gräßlichen Kreaturen kamen sofort wieder näher, zuerst allerdings langsam, und versammelten sich um den Wagen. Der Geruch von brennendem Fleisch zog sie an. Aber das heiße Metall hielt sie anfänglich noch davon ab, an das zu gelangen, was sie anzog und jetzt in ihrer Reichweite war.

Als das Metall so kalt war wie der Tod und die Rauchschwaden nicht länger aus dem Wrack des Transporters aufstiegen, kamen die Fleischfresser wie Geier näher.

Tom und Judy spürten nicht, wie ihre Gliedmaßen von ihren toten Leibern gerissen wurden. Sie konnten nicht hören, wie die Knochen und Knorpel verdreht, gebrochen und aus den Gelenken gezerrt wurden. Sie konnten nicht aufschreien, als die heißhungrigen Zombies ihre Herzen, Lungen und Nieren herausrissen.

Die abscheulichen Kreaturen bekämpften sich untereinander, schlugen sich und stritten sich um den Besitz der Organe, die vor Minuten noch den Lebenden gehört hatten. Dann, als alles verteilt worden war, liefen sie weg, um das Organ oder Körperteil zu verschlingen, das sie hatten an sich reißen können. Die, die etwas erwischt hatten, wollten allein sein, während die anderen immer noch suchend umher streunten. Sie waren wie Hunde, die einen Knochen in eine Ecke schleppen und abnagen, während die anderen gierig zuschauen.

Ein paar Zombies, die einen ruhigen Ort suchten, wo sie ihre Mahlzeit nicht gegen die anderen verteidigen mußten, zogen sich auf dem dunklen Rasen vor dem alten Bauernhaus unter einen großen, stillen Baum zurück.

Dort warteten sie geduldig, beobachteten das Haus und fraßen, während ihr lautes Beißen und Schmatzen, das Zerren an Menschenfleisch und Knochen, durch die Nachtluft drang. Unablässig war neben dem Zirpen der Grillen das Rasseln der toten Lungen, die schwer atmeten, zu hören. Es vermischte sich mit den anderen Geräuschen der Nacht.

Im Haus hatte sich Hoffnungslosigkeit und Verzweiflung breitgemacht. Barbara saß wieder auf dem Sofa, und ihre leblosen Augen starrten ins Leere. Harry saß trübsinnig in einer Ecke. Sein Kopf lag auf der Lehne eines Schaukelstuhls, der jedesmal quietschte, wenn er ihn bewegte, doch das geschah nicht allzu oft. Sein Gesicht war geschwollen. Auf das eine Auge drückte er einen Eispack. Das andere Auge folgte Ben wie eine umherwandernde Wache. Der große Mann lief im Zimmer auf und ab. Wann immer Ben in einen Winkel trat, wohin Harry ihm nicht mit Blicken folgen konnte, ruhte sich das gesunde, aber nervöse Auge ein wenig aus. Bens Bewegungen waren neben dem gelegentlichen Quietschen von Harrys Schaukelstuhl das einzige, was in dem Raum zu hören war.

Ben überprüfte ihre Barrikaden, aber mehr aus Gewohnheit, als daß er noch Hoffnung hatte. Das Gewehr hing immer noch über seiner Schulter. Nachdem ihr Fluchtversuch gescheitert war, hatte er sich fast ganz von seiner Niedergeschlagenheit überwältigen lassen. Er fühlte sich ebenso kraftlos wie die anderen, die mit ihm in diesem Haus festsaßen. Ihm fiel nichts ein, was er noch versuchen könnte, um zu fliehen. Gleichzeitig wußte er, daß sie schon bald verloren waren, wenn sie blieben, wo sie waren. Harry beobachtete ihn immer noch mit seinem gesunden Auge, während Ben von der Tür zur Küche und dann zum Fenster schlenderte. Dann ging er nach oben, blieb stehen, kehrte um und lief zur Tür zurück.

Plötzlich hörten sie ein Geräusch, und Helen betrat den Wohnraum. »Es ist zehn vor drei«, sagte sie, ohne sich an jemanden zu richten. »In zehn Minuten wird es wieder eine Nachrichtensendung geben.«

Keiner sagte etwas.

»Vielleicht hat sich die Situation ja irgendwie verbessert«, meinte Helen, ohne an das zu glauben, was sie da sagte.

»Sie oder Harry gehen besser nach unten und passen auf Ihr Kind auf«, sagte Ben.

»Ja, in ein paar Minuten«, sagte Helen nach einer längeren Pause. »Ich will zuerst die Fernsehsendung sehen.«

Ben blickte sie an, als wolle er gleich etwas gegen ihre Entscheidung einwenden, hielt sich dann aber zurück. Er war viel zu müde und deprimiert, als daß er noch mit jemandem streiten konnte. Er hoffte nur, daß das Mädchen nicht starb, während sie vor dem Fernseher saßen.

Dann kehrte er den anderen Menschen im Zimmer wieder den Rücken zu, schob den Vorhang zur Seite und spähte durch das Guckloch in der verbarrikadierten Tür. Auf einmal wurden seine Augen ganz groß vor Angst und Ekel, aber er schaute trotzdem eine ganze Weile lang hinaus. Viele dieser Zombies lauerten im Schatten der Baume. Einige dieser Kreaturen standen auch im Freien. Sie waren dem Haus jetzt viel näher gekommen, als sie sich bis dahin vorgewagt hatten. Die Überreste der verkohlten Leichen mehrerer Zombies, die während ihres Fluchtversuches endgültig den Tod gefunden hatten, lagen überall auf dem Rasen verstreut. Aus irgendeinem unerfindlichen Grund war den Fleischfressern nicht in den Sinn gekommen, ihre eigenen Leute aufzufressen. Sie gaben frischem Menschenfleisch den Vorzug.

Und ein paar von diesen abscheulichen Wesen hatten auch bekommen, was sie wollten. Ben beobachtete gebannt eine wahrlich gräßliche Szene, die sich dort draußen auf dem Rasen im Mondschein abspielte: mehrere Zombies verschlangen etwas, was vorher Tom... und Judy gewesen waren. Mit ihren Zombiezähnen bissen und rissen sie... an den Menschenleichenteilen... hackten ihre Zähne in menschliche Arme, Hände und Finger... kauten schmatzend an menschlichen Herzen und Lungen herum. Ben betrachtete die gräßliche

Szene... fasziniert... und angewidert...

Dann ließ er blitzschnell den Vorhangzipfel fallen, wirbelte total erschüttert herum und drehte sich den anderen im Zimmer zu. Auf seiner Stirn hatten sich Schweißperlen gebildet.

»Nein... nein... daß keiner von Ihnen dort hinausschaut«, keuchte er. Er hatte die Hand auf den Bauch gelegt und war kurz davor, sich zu übergeben. »Sie bekommen einen Horror, was Sie da zu sehen kriegen.«

Harrys gesundes Auge fixierte und beobachtete Ben. Mit Befriedigung und voller Geringschätzung registrierte er, daß der große Mann schwach und klein geworden war. Ben ging zum Fernsehapparat und schaltete ihn ein.

Plötzlich drang ein Schrei von Barbara durch den Raum. Ben sprang vom Fernsehgerät auf. Das Mädchen war aufgesprungen und schrie unkontrolliert.

»Nie im Leben werden wir hier rauskommen... Keiner von uns! Wir werden hier niemals lebend herauskommen! Johnny! Johnny!... Oh! Oh... Gott... Keiner von uns... Keiner von uns... Hilfe... O Gott... Gott...!«

Bevor auch nur einer zu ihr gelangen konnte, brach ihre Stimme genauso plötzlich ab, wie sie eingesetzt hatte. Das Mädchen sackte auf der Couch zusammen und schluchzte heftig, die Hände hatte es vors Gesicht geschlagen. Helen versuchte, Barbara zu trösten, aber die quälenden Schluchzer stiegen ganz tief aus ihr herauf. Nur allmählich beruhigte sie sich. Das Schluchzen wurde leiser und brach dann ganz ab, aber sie lag immer noch völlig gebrochen auf dem Sofa und hielt das Gesicht mit Händen bedeckt. Helen deckte sie mit dem Mantel zu, aber diese Geste schien absolut unnütz zu sein - Barbara reagierte überhaupt nicht.

Ben ließ sich langsam in einen Sessel vor dein Fernsehapparat fallen. Harrys gesundes Auge wanderte von Barbara zu Ben und blieb dann an dem Gewehr hängen, das Ben mit dem Kolben nach unten auf den Boden gestellt und an sein Bein gelehnt hatte. Den Arm hatte er durch die Kordel geschoben, und mit der Hand hielt er den Lauf fest. Harry beobachtete ihn aufmerksam.

Helen beugte sich über das Mädchen und legte ihre Hand ganz sanft auf Barbara. »Kommen Sie, meine Liebe... los, sprechen Sie mit mir. Dann wird es Ihnen ein bißchen bessergehen.«

Aber Barbara gab ihr keine Antwort. Helen setzte sich am anderen Ende auf das Sofa.

Ben saß verloren vor dem Fernseher. Er war in Gedanken versunken. Sein Gehirn suchte nach einem Ausweg: Der Benzinkanister im Haus war leer, und es gab auch kein Fahrzeug, mit dem sie fliehen konnten. Die Munition für das Gewehr ging langsam zur Neige. Auf dem Bildschirm war nichts zu sehen, nur ein schwacher Lichtschein war zu hören - er hatte den Apparat viel zu früh eingeschaltet.

Harrys gesundes Auge hing immer noch an der Waffe, an der Schlinge, die um Bens Arm gewickelt war.

»Wo ist eigentlich Ihr Wagen?« fragte Ben. Der Klang seiner Stimme schreckte die anderen auf. Das Schweigen war gebrochen.

Harry schaute weg und versuchte den Eindruck zu erwecken, als ob er nicht in Bens Richtung geschaut hätte.

»Wir haben versucht, ein Motel zu finden, bevor es dunkel wurde«, antwortete Helen. »Wir sind von der Straße runtergefahren, um einen Blick auf die Karte zu werfen, und diese... Dinger... haben uns angegriffen. Wir rannten... und rannten...«

»Er muß mindestens eineinhalb Meilen weit weg sein«, sagte Harry verbittert, als könnte er sich darüber freuen, daß sich Bens Idee in Luft auflöste, selbst wenn es zu Lasten seines eigenen Überlebens ging.

»Wir konnten nichts anderes tun, da wir Karen retten wollten«, fügte Helen hinzu.

»Meinen Sie, daß wir es bis zu dem Wagen schaffen könnten?« fragte Ben. »Besteht die Möglichkeit, aus allem herauszukommen, wenn es uns nur gelingt, aus diesem Haus zu fliehen?«

»Keine Chance«, antwortete Harry klipp und klar.

Ben rief wütend: »Sie geben viel zu leicht auf, Mann! Wollen Sie denn in dem Haus hier verrecken?«

»Ich habe Ihnen doch erzählt, daß diese Kreaturen unseren Wagen auf den Kopf gestellt haben!« fauchte Harry.

»Er liegt in einer Schlucht, mit den Rädern in der Luft«, sagte Helen.

»Tja... wenn wir es bis dorthin schaffen könnten, könnten wir ja vielleicht etwas tun...«, warf Ben ein.

»Wollen Sie ihn ganz allein umdrehen?« erkundigte Harry sich.

»Johnny hat die Schlüssel... Schlüssel...«, murmelte Barbara keuchend.

Aber niemand hörte sie - denn plötzlich knarzte der Fernseher laut, und ein Bild erschien auf dem Bildschirm.

»GUTEN MORGEN, MEINE DAMEN UND HERREN. HIER IST IHR NACHRICHTENSENDER DER ZIVILEN VERTEIDIGUNG. ES IST JETZT DREI UHR MORGENS AN DER OSTKÜSTE. IN DEN MEISTEN GEBIETEN, DIE VON... DIESEM TRAGISCHEN PHÄNOMEN HEIMGESUCHT WERDEN... SEHEN WIR DIE ERSTEN ANZEICHEN, DASS ES MÖGLICH IST, DIE SITUATION UNTER KONTROLLE ZU BRINGEN. DIE ZIVILEN BEHÖRDEN, DIE HAND IN HAND MIT DER NATIONALGARDE ARBEITEN, HABEN IN DEN MEISTEN REGIONEN, DIE BETROFFEN SIND, DIE ORDNUNG

WIEDERHERGESTELLT. WÄHREND DIE

AUSGANGSSPERREN WEITER IN KRAFT BLEIBEN, SCHEINT DIE INTENSITÄT DER ÜBERGRIFFE NACHZULASSEN. DIE BEHÖRDEN SPRECHEN DAVON, DASS DIE NORMALITÄT IN KÜRZE WIEDERHERGESTELLT SEIN DÜRFTE. VIELLEICHT SCHON IN DER NÄCHSTEN WOCHE. TROTZ DIESER ERMUTIGENDEN WORTE WARNEN DIE BEHÖRDEN JEDOCH DAVOR, IN DER WACHSAMKEIT NACHZULASSEN. NIEMAND KANN SAGEN, WIE LANGE DIE TOTEN NOCH AUFERSTEHEN WERDEN ODER WAS DIE EIGENTLICHE URSACHE FÜR DIESES PHÄNOMEN IST. JEDER, DER VON DIESEN AGGRESSOREN GETÖTET ODER VERLETZT WORDEN IST... IST EIN POTENTIELLER FEIND ALLER LEBENDEN MENSCHLICHEN WESEN. WIR MÜSSEN AUCH WEITERHIN ALLE LEICHEN VERBRENNEN ODER ENTHAUPTEN. SO ERSCHRECKEND DIESER RATSCHLAG AUCH KLINGEN MAG, ES IST ABSOLUT NOTWENDIG, IHN STRIKT ZU BEFOLGEN. DOKTOR LEWIS STANFORD VOM BEZIRKSGESUNDHEITSAMT BETONTE DIES NOCH EINMAL NACHDRÜCKLICH IN EINEM INTERVIEW, DAS VOR WENIGEN STUNDEN HIER IN DIESEM FERNSEHSTUDIO AUFGEZEICHNET WURDE...«

Der Sprecher verschwand, und das aufgezeichnete Interview erschien auf dem Bildschirm. Doktor Lewis Stanford wurde an seinem Schreibtisch von einem Reporter befragt, der ein Mikrofon hielt und einen Kopfhörer aufgesetzt hatte.

»DOKTOR, KÖNNEN SIE ODER EINER IHRER KOLLEGEN IRGEND ETWAS ÜBER DIE URSACHE DIESES PHÄNOMENS SAGEN?«

(Der Doktor rutschte unruhig auf seinem Stuhl hin und her und schüttelte den Kopf.)

»NUN... NEIN... ES GIBT NICHTS, DAS WIR SO EINFACH ERKLÄREN KÖNNTEN. ICH WILL NICHT SAGEN, DASS WIR NICHT IN NÄCHSTER ZUKUNFT EINE ANTWORT FÜR SIE HABEN WERDEN, ABER BIS JETZT HAT UNSERE FORSCHUNG KEINE SCHLÜSSIGEN ERGEBNISSE PRODUZIERT...«

»WIE STEHT ES MIT DER VENUSSONDE?«

»DER VENUSSONDE?«

»JA, SIR.«

»ÄH... ICH BIN... NICHT QUALIFIZIERT, DAZU EINEN KOMMENTAR ABZUGEBEN.«

»ABER DARUM DREHEN SICH DOCH DIE MEISTEN SPEKULATIONEN, SIR.«

»NICHTSDESTOTROTZ, ICH BIN KEIN LUFTFAHRTEXPERTE. MIT DIESEM BESONDEREN ERKLÄRUNGSANSATZ HABE ICH NICHTS ZU TUN. ICH BIN DOKTOR DER MEDIZIN, PATHOLOGE -«

»WAS KÖNNEN SIE DENN DAZU SAGEN, DOKTOR?«

»NUN... ICH HABE DEN EINDRUCK, DASS UNSERE BEMÜHUNGEN IN DIE RICHTIGE RICHTUNG GEHEN. WIR TUN DAS, WAS WIR TUN KÖNNEN... DAS HEISST, WIR VERSUCHEN EINE MEDIZINISCHE ODER PATHOLOGISCHE ERKLÄRUNG FÜR EIN PHÄNOMEN ZU FINDEN, DAS IN DER GESCHICHTE DER MEDIZIN BIS JETZT NOCH NICHT DAGEWESEN IST. WIR NEHMEN AN, DASS DAS, WAS MIT DIESEN... TOTEN... MENSCHEN GESCHEHEN IST, EINE KRANKHEIT IST, FÜR DIE ES SEHR WAHRSCHEINLICH EINE BIOLOGISCHE ERKLÄRUNG GIBT. IN ANDEREN WORTEN, SIE WIRD WAHRSCHEINLICH VON VIREN VERURSACHT, DIE UNS BIS JETZT NICHT BEKANNT WAREN ODER BIS JETZT KEINE BEDROHUNG FÜR UNS DARGESTELLT HABEN UND DIE AUF EINMAL

ZUFÄLLIG AKTIVIERT WURDEN. OB DIE VENUSSONDE DAMIT ETWAS ZU TUN HAT ODER NICHT, IST ETWAS, DAS WIR ERST DANN MIT BESTIMMTHEIT SAGEN KÖNNEN, WENN WIR DEN VIRUS ISOLIERT HABEN, ZUR VENUS GEFLOGEN SIND UND HERAUSGEFUNDEN HABEN, DASS ER DORT TATSÄCHLICH EXISTIERT.«

»BESTEHT DIE MÖGLICHKEIT, DASS DAS, WAS DIESES PHÄNOMEN HIER VERURSACHT HAT, SICH AUSBREITEN WIRD - UND PERMANENT VORHANDEN SEIN WIRD? WERDEN WIR AUCH IN ZUKUNFT UNSERE LEICHEN VERBRENNEN MÜSSEN?«

»ICH WEISS ES NICHT... ICH WEISS ES NICHT. ES IST JEDOCH MÖGLICH, DASS DIE ERKRANKTEN ORGANISMEN, DIE FÜR DIESES PHÄNOMEN VERANTWORTLICH SIND, KURZLEBIG SIND - DAS BEDEUTET, DASS SIE ALLE IN KÜRZE STERBEN WERDEN. VIELLEICHT HANDELT ES SICH UM EINE MUTATION, DIE UNFÄHIG ZUR REPRODUKTION IST. WIR HABEN WIRKLICH DIE HOFFNUNG, DASS DAS DER FALL SEIN WIRD.«

»WELCHE SCHLÜSSE HABEN SIE BIS JETZT GEZOGEN, DOKTOR STANFORD?«

»UNSERE FORSCHUNG STEHT ERST AM ANFANG. HEUTE MORGEN HATTEN WIR IM TIEFKÜHLRAUM DER UNIVERSITÄT EINEN LEICHNAM - EINEN LEICHNAM, VON DEM ALLE GLIEDMASSEN ABGETRENNT WORDEN WAREN. KURZE ZEIT, NACHDEM ER AUS DEM KÜHLRAUM GEHOLT WORDEN WAR, ÖFFNETE ER DIE AUGEN. ER WAR TOT, ABER ER ÖFFNETE DIE AUGEN UND FING AN, SICH ZU BEWEGEN. UNSER PROBLEM IST ES JETZT, WEITERE VON DIESEN LEICHEN ZU BEKOMMEN, UM SIE UNTERSUCHEN ZU KÖNNEN UND EXPERIMENTE MIT IHNEN ANZUSTELLEN - WIR MÜSSEN DAS MILITÄR

UND DIE ZIVILEN PATROUILLEN, DIE IM FELD DRAUSSEN SIND, BITTEN, NICHT ALLE VON DIESEN LEICHEN ZU VERBRENNEN, SONDERN EIN PAAR ZU DESAKTIVIEREN UND SIE NOCH LEBEND ZU UNS ZU BRINGEN, DAMIT WIR SIE UNTERSUCHEN KÖNNEN. BIS JETZT IST ES UNS NICHT GELUNGEN, GENUG VON DIESEN KADAVERN ZU KRIEGEN...«

»WIE PASST DAS DANN DAZU, DASS SIE DIE MENSCHEN AUFFORDERN, AUCH WEITERHIN JEDEN ZU VERBRENNEN ODER ZU ENTHAUPTEN, SELBST NÄCHSTE ANGEHÖRIGE, DIE WÄHREND DIESES NOTSTANDES STERBEN?«

»DIESER RATSCHLAG GILT NATÜRLICH IMMER NOCH FÜR DIE ALLGEMEINHEIT. FALLS WIR KADAVER ZU UNTERSUCHUNGSZWECKEN ERHALTEN SOLLTEN, DANN SOLL DABEI SEHR PLANVOLL VORGEGANGEN WERDEN, DAMIT SIE UNTER STERILEN BEDINGUNGEN UND MIT SO NIEDRIGEM RISIKO WIE MÖGLICH INS LABOR GELANGEN. DAS BETRIFFT SOWOHL DIE INVOLVIERTEN PARTEIEN ALS AUCH DIE GEFAHR, DASS DIESER NOTSTAND UNNÖTIG VERLÄNGERT WIRD. DIE ALLGEMEINE ÖFFENTLICHKEIT SOLLTE AUCH WEITERHIN ALLE LEICHEN VERBRENNEN. SCHAFFEN SIE SIE EINFACH NACH DRAUSSEN UND VERBRENNEN SIE SIE - ES HANDELT SICH NUR UM TOTES FLEISCH, DAS GEFÄHRLICH... «

Damit endete das Interview mit Doktor Stanford. Der Nachrichtensprecher tauchte wieder auf dem Bildschirm auf.

»DER BERICHT, DEN SIE GERADE EBEN GESEHEN HABEN, IST VOR WENIGEN STUNDEN IN UNSEREM FERNSEHSTUDIO AUFGEZEICHNET WORDEN. WIR MÖCHTEN NOCHMALS DARAUF HINWEISEN, DASS DOKTOR STANFORD BETONT HAT, DASS ALLE

ZIVILISTEN JEDEN, DER WÄHREND DIESES AUSNAHMEZUSTANDS STIRBT, VERBRENNEN ODER ENTHAUPTEN MÜSSEN. DAS IST SELBSTVERSTÄNDLICH SEHR SCHWIERIG, ABER DIE BEHÖRDEN RATEN IHNEN DRINGEND, DAS IN JEDEM FALL ZU TUN. WENN SIE SICH NICHT DAZU DURCHRINGEN KÖNNEN, ES SELBST ZU TUN, MÜSSEN SIE MIT IHRER ÖRTLICHEN POLIZEIBEHÖRDE ODER EINER BÜRGERWEHRSTELLE KONTAKT AUFNEHMEN, DIE DAS DANN FÜR SIE ERLEDIGEN WIRD. WIR GEHEN JETZT NACH WASHINGTON, WO ES DEN REPORTERN GESTERN AM SPÄTEN ABEND GELUNGEN IST, GENERAL OSGOOD UND SEINE MÄNNER ZU INTERVIEWEN, KURZ NACHDEM ER VON EINER WICHTIGEN KONFERENZ IM PENTAGON ZURÜCKGEKEHRT IST...«

Wieder verschwand der Sprecher, und ein neues Bild tauchte auf dem Bildschirm auf -

Auf einmal krachte es draußen jedoch laut, und die Lichter gingen aus. Der Bildschirm wurde schwarz, und das Haus war in Dunkelheit getaucht.

Gleich darauf war Bens Stimme zu hören:

»Ist dort unten im Keller ein Sicherungskasten?«

»Das liegt... das liegt nicht an den Sicherungen«, stammelte Harry. »Die Stromzufuhr muß zusammengebrochen sein!«

Ben spritzte etwas Brennflüssigkeit in die Glut des Kaminfeuers. Die Flammen schlugen laut zischend hoch. Dann warf er ein Bündel zusammengerolltes Zeitungspapier ins Feuer. Im Halbdunkeln öffnete er die Kellertür und tastete sich vorsichtig die Stufen hinunter.

Harry packte Helen am Arm und zog sie so nah zu sich herüber, daß er flüstern konnte. »Helen... ich muß das Gewehr kriegen. Wir können in den Keller gehen. Du mußt mir helfen!«

Er hatte den Eispack vom Auge genommen, und im Lichtschein des flackernden Kaminfeuers konnte Helen sein blauangelaufenes, geschwollenes Gesicht sehen - und die Verzweiflung in seinen Augen.

»Ich werde dir nicht helfen«, flüsterte sie heiser. »Hast du immer noch nicht genug? Er wird uns beide töten.«

»Dieser Mann ist verrückt!« warf Harry ein. Er hatte Schwierigkeiten, leise zu sprechen. »Er ist schon dafür verantwortlich, daß zwei Leute tot sind - ich muß dieses Gewehr kriegen -«

Harry wurde durch Bens Schritte unterbrochen. Er mußte nur noch ein paar Stufen hochsteigen und war gleich darauf im Zimmer. »Es liegt nicht am Sicherungskasten«, verkündete er. Ein Hauch Hoffnungslosigkeit lag in seiner Stimme. »Ich mußte mich vortasten - aber dort unten habe ich eine Taschenlampe gefunden. Die Sicherungen sind alle in Ordnung. Ich habe die Taschenlampe oben an der Treppe liegenlassen, damit wir Licht haben, wenn wir runter wollen. Es ist besser, wenn Sie nach unten gehen und nach Ihrer Tochter sehen. Sie wird -«

Polter! In der Küche splitterte Glas. Dann ein noch lauteres Krachen. Stöhnen und lautes Gerumpel. Die Hauswände fingen zu wackeln an. Die Zombies hatten sich zusammengerottet und griffen nun das Haus an. Einige von ihnen waren in das Arbeitszimmer eingedrungen und hämmerten gegen die verbarrikadierte Tür.

Ben war sofort auf den Beinen und versuchte, die Barrikaden zu verstärken. Mit dem Hammer und dem Brecheisen schlug er durch die zerbrochene Glasscheibe auf die toten Kreaturen ein und bemühte sich gleichzeitig, die Holzlatten zu sichern, die jeden Augenblick abzureißen drohten.

»Harry! Harry! Kommen Sie doch und helfen Sie mir hier!«

Harry trat hinter Ben, aber anstatt ihm zu helfen, riß er ihm die Waffe von der Schulter. Harry wich zum Keller zurück. Die

Waffe hielt er auf Ben gerichtet. Der drehte sich um und geriet in Panik. Die Zombies drangen in das Haus ein.

»Was haben Sie denn vor, Mann? Wir müssen diese Dinger draußen halten!«

»Jetzt werden wir sehen, wer hier wen erschießt«, sagte Harry, wich zurück und wedelte mit der Waffe vor Bens Gesicht herum. »Ich werde in den Keller gehen, und ich werde die beiden Frauen mitnehmen - und Sie können hier oben verrotten, Sie verrückter Hurensohn!«

Ben kümmerte sich gar nicht um Harry, sondern warf sich mit Wucht gegen das Fenster, wo die Holzverkleidung nach und nach abfiel. Mindestens ein halbes Dutzend Zombies stand vor dem Fenster. Sie schlugen so lange dagegen, bis die Nägel langsam nachgaben.

Harry stand einen Augenblick lang wie versteinert da. Weder verstand er die Heftigkeit dieses Angriffs noch Bens Gleichgültigkeit, was die Tatsache anbelangte, daß er die Waffe nicht mehr hatte. Harry war davon ausgegangen, daß Ben darum betteln würde, mit den anderen in den Keller gehen zu dürfen.

Ben ließ die Zombies absichtlich eine der größeren Holzplatten abreißen, die er auf die Wohnzimmertür genagelt hatte. Als die Platte schließlich lose war, wirbelte er herum und schleuderte sie auf Harry. Er traf das Gewehr, so daß es herunterfiel. Ein Schuß ging los, doch die Kugel drang nur in den Fußboden ein. Ben stürzte sich auf Harry, und nach einem kurzen, heftigen Kampf gelang es ihm, die Waffe wieder in die Hand zu bekommen.

Helen beobachtete die beiden Männer reglos. Der Lärm der Zombies dröhnte ihr in den Ohren.

Harry wich vor Ben zurück und ging weiter auf den Keller zu.

Ben spannte den Hahn und schoß. Harry schrie auf. Ein großer Blutfleck tauchte auf seiner Brust auf. Er legte die Hand auf die Wunde und ging in die Knie. Dann fiel er durch die Tür zum Keller, rollte noch einmal herum und klammerte sich am Geländer fest, stolperte schließlich und fiel vornüber in den Keller hinunter.

Ein paar der gräßlichen Kreaturen waren durch das Fenster gekommen, hatten Helen an den Haaren gepackt und ihren Hals umklammert, rissen und zerrten an ihr. Ben schlug mit dem Gewehrkolben auf sie ein, trat dann ein paar Schritte zurück und schoß zweien ein Loch in den Kopf. Befreit rannte Helen schreiend auf den Keller zu, und da es dort kein Licht gab, fiel auch sie und stolperte die Stufen hinunter. Ihr Schreien wurde lauter, als sie merkte, daß sie auf etwas Großes und Weiches gefallen war - die Leiche ihres Mannes. Ihre Hand war feucht von seinem Blut. Dann stolperte im Dunkeln etwas auf sie zu, stöhnte leise und streckte die Hände nach ihr aus.

»Karen?«

Es war Karen. Aber sie war tot. Ihre Augenlider flatterten in der Dunkelheit. Sie ließ das Handgelenk ihres Vaters los, das sie im Mund hatte. Sie hatte an dem zarten Fleisch auf der Unterseite seines Unterarms geknabbert.

Helen bemühte sich, in der Dunkelheit etwas erkennen zu können.

»Karen? Kleines?«

Das tote, kleine Mädchen hatte eine Gartenkelle. Schweigend hieb Karen die Kelle ihrer Mutter in die Brust. Mit einem Schrei taumelte Helen zurück, bedeckte ihren Brustkorb mit den Händen, während das Blut herausströmte und ihre Tochter immer wieder auf sie eindrosch. Helens Schreie vermischten sich mit dem Lärm der Zerstörung, der in dem alten Haus widerhallte.

Dann verstummte das Geschrei. Aber die Gartenkelle fuhr unablässig weiter auf Helen nieder und hackte ihren Körper in Stücke. Sie bohrte sich in das blutige Fleisch und riß es in Fetzen. Dann glitt Karen die Kelle aus den blutverschmierten

Händen, und sie beugte sich sabbernd über ihre Mutter und fletschte die Zähne... und dann tauchte sie ihre Hände in die blutigen Wunden...

Oben im Haus kämpfte Ben so heftig weiter, wie er konnte. Er hoffte immer noch, die Zombies vertreiben zu können.

Hysterisch und mit überschwenglichem Rachedurst hatte sich jetzt auch Barbara in den Kampf geworfen. Einem Angreifer schlug sie einen Stuhl auf den Kopf. Er ging zu Boden, und sie warf sich auf ihn und hieb ihm ihre Fäuste ins Gesicht. Dann aber packte der Zombie sie, und sie rollten über den Boden und kämpften miteinander. Die tote Kreatur klammerte sich an Barbara und biß ihr in den Hals. Ben trat neben die beiden Kämpfer, zielte mit seiner Waffe direkt auf das Gesicht des Zombies und feuerte. Die Wucht der Explosion schleuderte die Kreatur zurück, und Barbara wurde mit Blut und Knochenteilen bespritzt, als der Kopf ihres Gegners weggeblasen wurde. Schreiend kam sie wieder auf die Füße - und rannte direkt in einen Haufen von Zombies, die durch die Wohnzimmertür eingedrungen waren.

Die griffen nach Barbara, rissen und zogen an ihr und schleppten sie aus dem Haus. Sie blickte auf, als noch weitere Angreifer herbeigelaufen kamen, um sie zu töten, und fing wieder an, um ihren schon bald toten Körper zu kämpfen. Einer der Angreifer war ihr Bruder Johnny, der von den Toten wiederauferstanden war. Er starrte sie böse an. Seine Zähne waren abgebrochen, und sein Gesicht war mit getrocknetem Blut und Dreck verschmiert. Er kam auf Barbara zu und bohrte seine Finger in ihren Hals. Sie schrie wie wild auf und verlor das Bewußtsein. Der Schock lähmte sie. Die Zombies schleppten sie in die Nacht hinaus, rissen sie auseinander und bohrten ihre Hände und Zähne in ihren weichen Körper - während Gruppen von zwei oder drei Fleischfressern an ihren Armen und Beinen zogen, sie verdrehten und versuchten, ihre Knochen und Knorpel zu lösen, bis sie ausgeschlachtet war.

Ben, der immer noch drinnen im Haus war, war ebenfalls schon fast überwältigt. Jetzt waren mindestens zwanzig oder dreißig von diesen Zombies im Haus. Die Barrikaden waren durchbrochen worden. Ben sah keine Möglichkeit, wie er ihnen auch weiterhin entgegentreten und mit ihnen kämpfen konnte.

Einen Moment lang bewegte sich keiner. Die Zombies standen einfach nur da und glotzten. Sie betrachteten den Mann, den sie wie eine Ratte in die Ecke des Zimmers gedrängt hatten.

Ben lief rückwärts auf die Kellertür zu. Dabei packte ihn das kleine Mädchen, Karen, von hinten, klammerte sich an ihn -aber er drehte sich blitzschnell um, packte sie am Hals und schleuderte sie gegen die Wand. Sie kam aber bald wieder auf die Beine und lief auf ihn zu. Ihr Gesicht war mit dem Blut ihrer Mutter verschmiert. Auch die anderen Zombies hatten sich wieder in Bewegung gesetzt.

Ben stürzte in den Keller, warf die Tür hinter sich zu und verbarrikadierte sie hektisch, während die Zombies auf die Tür und die Wände einschlugen. Ihr rasselnder Atem und ihr krankes Schlagen und Hämmern dröhnten in seinen Ohren, während er zitternd abwartete, ob die Barrikaden hielten. Obwohl das Hämmern lange Zeit nicht aufhörte, schien die Tür doch zu halten. Anscheinend waren die gräßlichen Kreaturen nicht stark genug, sie einzuschlagen. Ben setzte sich im Dunkeln hin - die Hoffnungslosigkeit seiner Situation überwältigte ihn ebenso wie die Tatsache, daß alle anderen tot waren, die mit ihm versucht hatten, in dem alten Haus durchzuhalten.

Schließlich fanden seine Finger auch die Taschenlampe, die er vorhin auf dem Treppenabsatz deponiert hatte, als er den Sicherungskasten überprüft hatte. Er schaltete sie ein, leuchtete in den Keller und begann langsam, die Stufen hinunterzusteigen.

In dem schwachen Lichtschein der Taschenlampe untersuchte Ben seinen Arm und entdeckte entsetzt, daß er blutete. Das Mädchen Karen hatte ihn wohl während des Kampfes gebissen.

Wie versteinert blieb Ben auf der Treppe stehen und schaute auf die Abdrücke von Zähnen auf seinem Arm. Wenn er starb, würde er ein - es sei denn, man fand ein Gegenmittel -

Er gestand es sich nicht zu, den entsetzlichen Gedanken zu Ende zu denken, was mit ihm werden konnte.

Das Hämmern der Zombies an der Kellertür wurde schwächer. Die Kreaturen waren nur noch halbherzig bei der Sache.

Die Kannibalen gaben sich damit zufrieden, sich um die Überreste von Barbara zu streiten und sie zu verschlingen. Daher verließen sie das Haus und traten in den Garten, wo Gruppen von Zombies schon ihre Zähne in das warme Menschenfleisch und die Organe senkten und die menschlichen Knochen abknabberten.

Unten am Treppenabsatz lag Harry Cooper. Der Lichtschein der Taschenlampe fiel auf sein aschfahles Gesicht. Sein Arm war am Ellbogen fast durchgebissen.

Und nach ein paar Minuten begannen Harrys Augenlider ganz langsam zu flattern... und wurden dann aufgeschlagen...

Der Lärm, den die Männer beim Abbrechen der Zelte machten, störte die Stille und Ruhe, die im Morgengrauen normalerweise in den Wäldern herrschte. Feuchter Nebel hing über dem Feld, auf dem die Männer die Nacht verbracht hatten, und als sie sich langsam auf der Lichtung versammelten, die McClellan als Sammelpunkt ausgewählt hatte, strömte weißer Atem aus ihren Mündern und Nasenlöchern und schwebte über ihnen, während sie sich bewegten. Sie redeten nicht viel, blieben aber in kleinen Gruppen zusammen, für den Fall, daß die toten Kreaturen sie aus dem Nebel heraus angriffen.

George Henderson spuckte auf den Boden und sagte zum Sheriff: »Es ist doch seltsam, daß es die Nacht über so warm war und heute morgen so kalt ist. Vielleicht ziehen ja noch Regenwolken auf.«

»Nee«, antwortete McClellan. »Ich habe den Wetterbericht gehört. Wir werden Sonne kriegen, und der Nebel wird sich in ein paar Stunden in Luft auflösen.«

»Es wird die Hölle, falls es regnen sollte. Dann werden die Männer durch den Schlamm waten müssen«, sagte George. »Dann werden wir auch ein paar Leute weniger retten können.«

Während die beiden Männer sich unterhielten, pflügte ein weißer Lastwagen mit brummendem Motor in Kreisen durch das hohe, feuchte Gras. Einige Männer, die bis zu den Zähnen bewaffnet waren, folgten dem Jeep zu Fuß und blieben hier und da stehen, um zusammengerollte Schlafsäcke und eingepackte Zelte aufzuheben und sie in den Wagen zu werfen.

Die Lagerfeuer waren gelöscht worden. Überall auf dem Feld waren nasse, schwarze Feuerstellen neben den Zelten und Schlafsäcken zu sehen.

»Beeilt euch, Männer!« brüllte McClellan. »Wie würdet ihr euch fühlen, wenn eure Frauen oder Töchter darauf warteten, daß ihr auftaucht und sie vor diesen Kreaturen rettet?«

Die Männer beeilten sich ein bißchen.

Schon bald darauf hatten sie sich alle auf der Lichtung dort versammelt, wo McClellans Zelt unter den Bäumen gestanden hatte.

Der Lichtkegel auf Harry Coopers Gesicht wurde größer, als Ben die Stufen hinunterstieg. Ben ließ die Taschenlampe schnell kreisen, damit er das Ganze richtig erkennen konnte. Harry lag tot in einer Blutlache; sein Arm war halb abgekaut. Nicht weit entfernt lag Helen, auch tot. Eine Gartenkelle ragte aus ihrer aufgehackten Brust.

Wieder flackerten die Lider, und auf einmal riß Harry die Augen weit auf. Er setzte sich langsam auf. Ben hielt die Taschenlampe und das Gewehr und trat so nah an ihn heran, wie er wagte. Dann zielte er vorsichtig. Es schauderte ihn, aber er drückte trotzdem ab - und wurde vom Rückschlag zurückgeworfen, als Harrys Kopf weggeblasen wurde. Der Schuß hallte in dem feuchten Keller wider.

Ben blickte nach unten, schwenkte die Taschenlampe und richtete ihren Lichtkegel neu aus. Er zitterte, als er unten an seinem Hosenbein Blutspritzer zu sehen glaubte.

Dann fiel ihm Helen ein, und er schwenkte die Taschenlampe in ihre Richtung. Ihr Gesicht und ihr Haar waren mit Blut verklebt. Blutströme waren aus ihrem Mund und ihren Nasenlöchern gelaufen. Ein paar von ihren Zähnen waren abgebrochen oder verdreht. Ihre Rippen leuchteten an jenen Stellen, wo das Fleisch abgefressen war, weiß im Lichtschein der Taschenlampe. Nach einer Weile schlug sie die Augen auf -und Ben schoß. Ihr Körper hob sich und zuckte abrupt, als die Kugel in ihr Gehirn drang.

Ben warf das Gewehr fort und schlug die Hände vors Gesicht, Tränen rollten seine Wangen hinunter, als er einen Schritt über die toten Körper machte. Er leuchtete mit der Taschenlampe in jeden Winkel. Die Einsamkeit und Trübseligkeit des düsteren Kellers überwältigten ihn. Seine Augen fielen auf den selbstgezimmerten Tisch, der Karens Krankenlager gewesen war. In einem ohnmächtigen Wutanfall drehte er den Tisch um und schleuderte ihn auf den Boden. Dann stolperte er in seiner Trauer ziellos umher und stieß dabei im Dunkeln gegen verschiedene Gegenstände, die seine Taschenlampe nicht rechtzeitig sichtbar gemacht hatte.

Tom. Judy. Barbara. Harry. Helen.

Alle tot.

Wenn der Transporter nur nicht Feuer gefangen hätte!

Wenn nur...

Wenn nur...

Irgendwie kam Ben wieder zu sich, hob das Gewehr auf und spannte den Abzugshahn. Er schaute sich um, richtete das Gewehr und die Taschenlampe aus. Seine Augen suchten die nähere Umgebung nach möglichen Schwachpunkten ab, von denen Gefahr ausgehen konnte. Langsam und leise wanderte er umher und hielt immer wieder den Atem an. Er sprang hinter Kartons und in die dunklen Ecken des Kellers.

Es war niemand da. Niemand versteckte sich. Da gab es nur die toten Körper von Helen und Harry Cooper.

Ben saß an einer Betonwand gelehnt in einer Ecke und weinte leise.

Er betrachtete die Wunde an seinem Arm. Und die Blutspritzer auf seiner Hose.

Oben war der Lärm der Zombies verstummt. Vielleicht waren immer noch ein paar im Haus und lauerten schweigend.

Vor Erschöpfung sackte schließlich Bens Kopf nach unten, und er fiel in einen qualvollen, nervösen Schlaf.

Seine letzten Gedanken galten seinen Kindern.

Sonnenaufgang.

Vogelgezwitscher. Dann das Bellen von Hunden und menschliche Stimmen.

Die Sonne ging auf, strahlend hell und warm. Dunst lag über dem hohen Gras einer Weide.

Entfernte Geräusche.

Das Surren eines Hubschraubers.

Männer mit Hunden und Waffen, die durch einen Wald marschierten, der unterhalb der Weide lag. Schreie... gedämpfte Unterhaltung... Das Hecheln von Hunden, die an ihren Leinen zogen... Sheriff McClellans Truppe.

Ben schrak zusammen und wurde plötzlich wach - er schreckte auf und wußte nicht, was los war.

Er glaubte, einen Hubschrauber gehört zu haben. Oder vielleicht hatte er auch nur geträumt.

Er lauschte.

Nichts.

Dann, ein wenig entfernt, das Schlagen von Metallflügeln.

Ein Hubschrauber. Ganz bestimmt.

Ben umklammerte das Gewehr, horchte und schaute sich um. Der Keller war nicht mehr dunkel, aber richtig hell war es auch nicht. Es war staubig und feucht. Unterschiedliche Grautöne tauchten im Keller auf. Ein kleines bißchen Sonnenlicht drang durch die winzigen Kellerfenster weit oben.

Das Hubschrauberbrummen wurde zusehends lauter... und erstarb dann. Ben strengte seine Ohren an, aber er konnte nichts mehr hören, das auf menschliche Aktivitäten schließen ließ.

Schließlich stand er zaghaft auf und versuchte an den Leichen von Helen und Harry Cooper vorbeizukommen, ohne einen Blick auf sie werfen zu müssen. Langsam schlich er die Kellertreppe hoch.

Die Stufen knarzten. Das Geräusch irritierte ihn, aber er blieb nur einen kurzen Augenblick stehen. Dann stieg er weiter zur verbarrikadierten Tür hinauf.

Ein paar Männer, die Schäferhunde neben sich führten, kamen aus dem Wald und blieben am Rand der sonnenbeschienenen, dunstigen Weide kurz stehen. Sie blickten sich aufmerksam um, weil auf der Weide möglicherweise Gefahren lauerten. Die Stiefel und Hosenbeine der Männer waren feucht, denn sie waren lange Zeit durch das nasse Gras marschiert.

Sheriff McClellan war neben dichtem Buschwerk stehengeblieben. Er keuchte aufgrund seines Übergewichts und weil es eine schwierige Aufgabe war, die Männer durch den Wald zu führen. Keiner von ihnen hatte etwas gegessen oder eine Pause gemacht. McClellan hatte sein Gewehr und seine Pistole bei sich und einen Munitionsgürtel über die Schulter geworfen. Er warf einen Blick zurück und wischte sich mit einem zusammengeknäulten, schmutzigen Taschentuch den Schweiß von der Stirn.

Nach ihm kamen noch einige andere Männer aus dem Wald ins Freie gelaufen. McClellan brüllte ihnen entgegen.

»Na los - macht jetzt mal etwas schneller! Man kann ja nie sagen, womit wir's jetzt hier oben zu tun haben werden -«

Er brach ab, als sein Hilfssheriff, George Henderson, zu ihm trat und den Mund öffnete, um ihm etwas mitzuteilen.

Aber McClellan sprach zuerst.

»Haben Sie Kontakt zu den Streifenwagen gehalten, George?«

George trug ein Schweißband und war mit einem Gewehr und einer Seitenwaffe ausgerüstet - außerdem trug er ein Sprechgerät auf dem Rücken. Schwer atmend bewegte er die Schultern und zog die Riemen seines Gepäcks fest. »Ja... sie wissen, wo wir sind. Die sollten uns beim Bauernhof der Millers treffen.«

»Gut«, sagte McClellan. »Die Männer sind hundemüde. Die können eine Ruhepause und heißen Kaffee vertragen...« Dann drehte er sich zu den Männern um, die von hinten anmarschiert kamen, und rief: »Jetzt müssen wir uns ranhalten - die Streifenwagen erwarten uns mit Kaffee und belegten Broten beim Haus!«

Die Männer liefen über die Weide, und schon bald darauf kämmten sie vorsichtig das Waldstück auf der anderen Seite durch.

Ben stand oben auf der Kellertreppe, legte das Ohr an die verbarrikadierte Tür und lauschte angespannt.

Schon seit langem hatte er keinen Hubschrauberlärm mehr gehört; vielleicht war der irgendwo gelandet oder war wieder weggeflogen. Ben wünschte sich, er wäre oben gewesen, dann hätte er ihm vom Rasen aus zuwinken können.

Dann - ganz weit weg - hörte er das unverkennbare Bellen eines Hundes.

Er horchte lange Zeit, aber er hörte ansonsten nichts mehr.

Er war kurz davor, die Barrikade herunterzureißen und das Risiko einzugehen, nach draußen zu laufen und sich dort umzusehen.

Als sich die Männer durch den schmalen Baumgürtel auf der anderen Seite der Weide arbeiteten, kamen sie auf den Friedhof, den Barbara und John besucht hatten, um den Kranz für ihren Vater abzulegen. Die Truppe marschierte weiter und lief zwischen den Grabsteinen hindurch.

Ein Stück weiter die Straße hinunter, auf einem Abhang, stießen sie auf Barbaras Wagen, dessen Fensterscheibe eingeschlagen war. Das Licht war eingeschaltet, aber die Batterie war offenbar leer. Blutspuren waren nicht zu sehen, und die Männer konnten auch keine Leichen in der Nähe des Wagens entdecken.

»Wer auch immer hiermit gefahren ist, er konnte wahrscheinlich fliehen und ist entkommen«, sagte McClellan voller Hoffnung. »Weiter, Männer! Hier können wir nichts mehr ausrichten.«

Die Männer verließen den Friedhof und kamen auf die zweispurige Asphaltstraße, wo mehrere Streifenwagen standen und auf sie warteten. Außerdem waren da noch ein oder zwei Motorradpolizisten. Einer von ihnen stieg ab und salutierte vor McClellan.

»Hallo, Sheriff! Na, wie steht's?«

McClellan ging auf den Motorradpolizisten zu, tupfte seine Stirn ab und blieb stehen, um ihm die Hand zu schütteln. In der Zwischenzeit holte die Truppe auf und formierte sich neu.

McClellan sagte: »Bin wirklich froh, euch Jungs zu sehen, Charlie. Wir sind schon ganz schön fertig, aber ich will die Aktion nicht abbrechen, bevor wir dort drüben bei dem MillerHaus sind. Hoffentlich haben wir keine Zeit vertrödelt, während jemand auf unsere Hilfe wartet. Wir werden erst mal nachschauen und dann eine Pause einlegen und Kaffee trinken.«

Die beiden Männer drehten sich zu der Truppe um, die sich dicht hinter ihnen versammelt hatte. Die Kurve der Asphaltstraße war voll von McClellans Leuten.

»Dann mal über diese Mauer und quer übers Feld!« rief George Henderson mit seinem Sprechgerät auf dem Rücken. »Das Bauernhaus der Millers ist dort drüben.«

Dann nahm er das Gerät ab und reichte es einem der Polizisten in einen Streifenwagen. Anschließend übernahm er die Führung einer Gruppe von Männern und lief auf das Feld zu, das vor dem Miller-Haus lag.

Gleich darauf waren Gewehrschüsse zu hören.

»Zombies - es wimmelt nur so von ihnen!« rief eine Stimme, und ein Kugelhagel dröhnte durch die Luft.

Immer mehr Männer kamen angelaufen und schossen hinter den Bäumen hervor.

Die Spürhunde knurrten und zerrten an ihren Leinen. Sie konnten den Geruch der Zombies auf den Tod nicht ausstehen.

Die Truppe näherte sich in Gruppen, schlich über das Feld auf den Schuppen mit den Zapfsäulen zu - wo einige dieser Fleischfresser sich herumtrieben und zu fliehen versuchten, aber sie wurden niedergeschossen.

In der Nähe des Hauses lungerten noch weitere Zombies herum. Die Männer stürmten vor, feuerten unablässig und schossen die Zombies in einem Kugelhagel nieder.

Ein paar dieser grauenhaften Kreaturen versuchten sich im oder hinter dem ausgebrannten Transporter zu verstecken - aber das gelang ihnen nicht. Sie wollten weglaufen, aber die Truppe knallte sie ab.

Jedesmal, wenn einer der Zombies zu Boden ging, lief einer der Männer hinüber und hackte mit einer Machete den Kopf ab. Nur so konnten sie sichergehen, daß der Zombie nicht wieder auf die Beine kam.

Eine gute halbe Stunde lang hallten die Gewehrschüsse über die Felder, zwischen denen das alte Miller-Bauernhaus lag.

Ben, der immer noch oben auf dem Treppenabsatz stand, war sich jetzt ganz sicher, daß dort draußen Männer waren. Die Schüsse waren nicht zu überhören. Und er glaubte auch, den Motor eines Autos gehört zu haben. Aber er hatte trotzdem Angst, die Kellertür aufzumachen, denn es war ja möglich, daß immer noch einige dieser Kreaturen im Haus waren. Doch... er wußte, daß er die Tür öffnen mußte...

Ganz langsam fing er an, die schweren Bretter von der Tür zu reißen...

McClellan feuerte, und das tote Ding, das gute fünfzehn Meter vor ihm stand, bäumte sich auf, bedeckte sein Gesicht mit den Händen und fiel dann schwerfällig wie ein Sack Kartoffeln zu Boden. Es gab einen dumpfen Schlag.

Weitere Schüsse waren zu hören. Und wieder sackten zwei Zombies polternd zusammen.

»Kommt hierher, Jungs!« rief McClellan. »Da sind noch drei, die fertiggemacht werden müssen!«

Die Männer mit den Macheten kamen angelaufen und hackten schnell und voller Wut die Köpfe der toten Kreaturen ab.

Der Sheriff und seine Männer liefen über den Rasen vor dem alten Bauernhaus. Sie gingen geduckt und schossen immer wieder. Sie knallten alle die toten Kreaturen ab, die das Haus umzingelten.

»Zielt auf die Augen, Jungs!« brüllte McClellan. »Wie ich euch schon gesagt habe... zielt immer nur auf die Augen!«

Das Gewehrfeuer ließ nicht nach - boller! - boller! - boller! -, als die Truppe das Haus sicherte.

Als offensichtlich alle Zombies getötet worden waren, herrschte Totenstille. Die Augen der Männer suchten das alte Haus und seine nähere Umgebung daraufhin ab, ob es noch ein Ziel gab, auf das man schießen konnte.

Plötzlich drang lauter Krach aus dem Haus. George Henderson trat neben McClellan, und dann blieben die beiden wie angewurzelt stehen, schauten und horchten.

»Dort drinnen ist etwas«, sagte Henderson, wenn das auch überflüssig war. »Ich habe was gehört.«

Drinnen hatte Ben, der darauf vorbereitet war, zu schießen oder zu prügeln, die Kellertür mit der Schulter aufgedrückt. Er taumelte in den Wohnraum, der jedoch vollkommen leer war. Hier hingen keine Zombies herum. Die gnadenlose Zerstörung, das Ergebnis der Belagerung, die hier vor kurzem noch stattgefunden hatte, war nicht zu übersehen. Ben zwängte sich durch den Müll und die umgekippten Möbelstücke, bis er die Haustür erreichte. Im Haus gab es kein Licht mehr. Nur das morgendliche Sonnenlicht, durch das dichte Laub der Bäume gefiltert, drang in das Zimmer. Ein paar Barrikaden hingen noch dort, wo er sie angebracht hatte, doch sie konnten keinen Schutz bieten, denn sie waren von den plündernden Zombies beschädigt worden. Bens Hand tastete nach dem Vorhang, der noch am Fenster hing, zog ihn beiseite und spähte nach draußen. Doch dann krachte ein Schuß - und Ben taumelte nach hinten, ein kreisrunder Blutfleck zeichnete sich auf seiner Stirn ab, genau zwischen den Augen.

Im selben Augenblick schrie auch schon McClellan:

»Zum Teufel noch mal, warum hast du geschossen? Ich habe euch doch gesagt, daß ihr vorsichtig sein sollt - vielleicht sind ja Menschen dort drinnen!«

Der Mann von dem Bürgerwehrtrupp, der geschossen hatte, knurrte: »Ach was, man kann doch sehen, daß das Haus vollkommen demoliert ist. Jeder, der dort drinnen war, ist tot. Und wenn er tot ist, dann -«

Einige Männer gingen unter der Führung von George Henderson zu dem Haus hinüber und traten die Tür ein. Dann wichen sie erst einmal einen Schritt zurück und schauten hinein. Ihre Blicke streiften durch das Zimmer. Ein Streifen Sonnenlicht, der durch die geöffnete Tür fiel, fiel auch auf Ben. Er war tot. Die Männer betrachteten ihn mitleidslos, als sie über ihn wegstiegen und auf den Keller zuhielten. Sie wußten nicht, daß er vor kurzem noch ein wirklicher Mensch gewesen war.

Bald darauf stürmten Unmengen von Männern in das Haus, kämmten es mit militärischer Präzision durch und hielten nach

Aggressoren Ausschau, die sich möglicherweise noch im Haus versteckt hielten.

Zwei Männer mit Macheten traten hinzu und hackten Bens Kopf ab.

»Jemand hat hier ein ganz nettes Kämpfchen ausgetragen«, sagte McClellan später zu George Henderson, als sie draußen auf dem Rasen neben dem Streifenwagen Kaffee schlürften. »Es ist eine verdammte Schande, daß sie nicht noch ein bißchen länger durchhalten konnten.«

»Ich frage mich, wer es war«, erwiderte Henderson und biß in sein Sandwich. »Mrs. Miller ist es nicht gewesen. Das, was von ihr übrig war, haben wir oben in einem Zimmer gefunden. Aber von ihrem Enkel gibt es keine Spur.«

»Ich denke, daß wir das nie erfahren werden«, sagte der Sheriff, »aber andererseits gibt es eine Menge Dinge, die diese Angelegenheit betreffen, die wir niemals erfahren werden.«

Bens Kopf und sein Körper wurden mit allen anderen zusammen ins Feuer geworfen. Der Fleischerhaken wurde mit voller Wucht aus seinem Körper gerissen. Die Hand, die diese Arbeit erledigte, steckte in einem Handschuh.

Dann wurden das Holz und die Leichen von einem anderen Paar Handschuhe mit Benzin getränkt.

Jemand hielt eine Fackel an den Scheiterhaufen, der auch sofort in Flammen aufging.

Die Männer starrten in die züngelnden Flammen und sahen zu, wie das Fleisch blasenwerfend von den Knochen fiel, wie bei einer Fotografie, die sich im Feuer langsam auflöst. Schließlich wichen sie vor der Hitze zurück und gingen daran, ihre Fleischerhaken und Handschuhe abzuliefern. Anschließend reinigten sie sich die Hände mit Alkohol.

Aber dem Gestank der brennenden Leichen konnten sie nicht entfliehen.

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