5.

Victor Grego drückte seine Zigarette langsam aus.

„Ja, Leonard“, sagte er geduldig. „Das ist sehr interessant und zweifellos eine wichtige Entdeckung, aber ich verstehe wirklich nicht, weshalb Sie die Geschichte so aufbauschen. Haben Sie Angst, daß ich Ihnen Vorwürfe mache, weil Ihnen Leute zuvorgekommen sind, die nicht der Gesellschaft angehören? Oder fürchten Sie, daß irgend etwas, in das Bennett Rainsford verwickelt ist, automatisch ein diabolisches Komplott gegen die Gesellschaft ist?“

Leonard Kellogg verzog schmerzhaft den Mund.

„Worauf ich hinausmöchte, Victor, ist, daß sowohl Rainsford als auch dieser Holloway davon überzeugt scheinen, daß diese Wesen, die sie Fuzzys nennen, überhaupt keine Tiere sind. Sie halten sie für vernunftbegabte Wesen.“

„Aber das ist…“ Er verstummte, als ihm die ganze Tragweite dessen, was Kellogg gesagt hatte, klar wurde. „Großer Gott, Leonard! Ich bitte Sie vielmals um Entschuldigung, jetzt verüble ich es Ihnen nicht mehr, daß Sie es so ernst nehmen. Aber — dann würde Zarathustra ja automatisch zu einem bewohnten Planeten Klasse IV werden.“

„Ganz richtig — und unsere Verträge gelten für einen Planeten Klasse III“, fügte Kellogg hinzu. „Für einen unbewohnten Planeten. Sie würden automatisch ungültig werden, falls auf Zarathustra vernunftbegabte Wesen entdeckt würden.“

„Sie wissen doch, was geschehen würde, wenn das stimmte?“

„Nun, ich könnte mir vorstellen, daß die Verträge neu ausgehandelt werden müßten, und da das Kolonialbüro jetzt weiß, was für eine Art von Planet das ist, würden sie mit der Gesellschaft nicht gerade großzügig sein…“

„Sie würden überhaupt nicht verhandeln, Leonard. Die Föderationsregierung würde einfach die Stellung einnehmen, daß die Gesellschaft bereits ausreichenden Nutzen aus ihren ursprünglichen Investitionen gezogen hat und würde uns — wenigstens hoffe ich das — im Wert unserer gegenwärtigen Besitztümer entschädigen. Der Rest würde an den Fiskus verfallen.“

Und Nick Emmert, guter Freund und wichtiger Aktionär der Gesellschaft, würde verschwinden. An seine Stelle würde ein Generalgouverneur des Kolonialbüros mit Truppen aus der regulären Armee und einer komplizierten Bürokratie treten. Wahlen, eine gesetzgebende Körperschaft, Hinz und Kunz würden das Recht bekommen, für Gesetze zu stimmen, die keinem Menschen Vorteil brachten — oder wenigstens der Gesellschaft nicht — und schließlich sogar eine Kommission für Eingeborenenangelegenheiten, die ihre Nase in alles stecken würde.

„Aber sie können uns doch nicht einfach unsere Verträge wegnehmen“, protestierte Kellogg. „Das wäre doch nicht fair!“ Und dann, als gäbe das den Ausschlag: „Das ist doch nicht unsere Schuld!“

Grego bemühte sich, seine Ungeduld nicht offen zu zeigen. „Leonard, bitte, versuchen Sie sich doch darüber klar zu werden, daß sich die Föderationsregierung den Teufel darum schert, ob es fair ist oder nicht oder wessen Schuld es ist. Die Föderationsregierung bedauert die Verträge, die sie mit der Gesellschaft abgeschlossen hat — und zwar seit dem Zeitpunkt, wo ihr klargeworden ist, was für einen Fehler sie damit gemacht hat. Dieser Planet ist doch mehr wert als Terra jemals wert war, selbst vor den Atomkriegen. Nein, wenn sie auch nur die geringste Chance hätten, sie zurückzubekommen — und noch dazu mit Verbesserungen — glauben Sie dann vielleicht, daß sie diese Chance nicht wahrnehmen würde? Und was kann sie daran hindern? Wenn diese Kreaturen auf dem Betakontinent vernunftbegabte Wesen sind, ist unser Vertrag das Papier nicht mehr wert, auf den er geschrieben ist, und damit ist alles Schluß.“ Er schwieg einen Augenblick. „Sie haben doch das Band gehört, das Rainsford an Jimenez durchgegeben hat. Hat er oder Holloway denn ausdrücklich behauptet, daß diese Biester vernunftbegabte Wesen sind?“

„Nun, ausdrücklich nicht. Holloway bezeichnete sie zwar immer als Leute, aber er ist schließlich nur ein unwissender alter Prospektor. Rainsford hat sich natürlich nicht festgelegt — weder nach der einen noch nach der anderen Seite, aber er hat sich alle Wege offen gelassen.“

„Wenn wir einmal davon ausgehen, daß der Bericht stimmt — könnten diese Fuzzys dann vernunftbegabt sein?“

„Wenn wir die Richtigkeit des Berichtes unterstellen, ja“, bestätigte Kellogg verzweifelt. „Ohne weiteres.“

Kellogg schien das ganz und gar nicht zu gefallen.

„Ich werde Ernst Mallin mitnehmen“, erklärte er schließlich. „Dieser Rainsford versteht von Psychowissenschaften überhaupt nichts. Mag sein, daß er Ruth Ortheris imponieren kann, aber Ernst Mallin bestimmt nicht, wenigstens nicht, nachdem ich mit Mallin gesprochen habe.“ Er überlegte. „Wir müssen diesem Holloway die Fuzzys wegnehmen. Dann geben wir einen Bericht über die Entdeckung heraus, wobei wir sorgfältig darauf achten müssen, daß Rainsford und Holloway auch alle Entdeckerehren bekommen — wir werden sogar die Bezeichnung akzeptieren, die sie für sie geprägt haben -, aber wir werden ganz deutlich darauf hinweisen, daß die Fuzzys zwar hochintelligent, aber keineswegs vernunftbegabt sind. Wenn Rainsford an dieser Behauptung festhält, werden wir das Ganze als aufgemachten Schwindel bezeichnen.“

„Glauben Sie, daß er schon einen Bericht an das Institut für Xenowissenschaften geschickt hat?“

Kellogg schüttelte den Kopf.

„Nun, dann wird er es aber sicher tun, wenn man ihn nicht bald daran hindert, und in einem Jahr haben wir eine Armee von Schnüfflern von der Erde hier. Leonard, Sie müssen Holloway diese Fuzzys wegnehmen, und ich garantiere Ihnen persönlich, daß sie dann bis dahin nicht mehr für Untersuchungen zur Verfügung stehen. Fuzzys“, sagte er nachdenklich. „Es handelt sich doch um Pelztiere oder?“

„Holloway hat in seinem Bericht etwas von weichem, seidenartigem Pelz erwähnt.“

„Gut. Darauf müssen Sie in Ihrem Bericht besonders hinweisen. Sobald der Bericht veröffentlicht ist, wird die Gesellschaft zweitausend Sol pro Stück für Fuzzypelze anbieten. Bis Rainsfords Bericht uns die Leute von Terra hergelockt hat, sind die Biester vielleicht schon ausgerottet.“

Kellogg sah ihn bestürzt an.

„Aber, Victor, das wäre doch Rassenmord!“

„Unsinn! Unter Rassenmord versteht man die Ausrottung einer Rasse vernunftbegabter Wesen. Das hier sind Pelztiere. Es liegt an Ihnen und Ernst Mallin, das zu beweisen.“


Die Fuzzys, die auf dem Rasen vor dem Lager spielten, erstarrten und blickten nach Westen. Dann rannten sie alle zu der Bank neben der Küchentür und kletterten hastig hinauf.

„Was ist jetzt los?“ staunte Jack Holloway.

„Sie hören das Luftboot“, erklärte Rainsford. „So haben sie sich gestern auch benommen, als du mit deiner Maschine reinkamst.“ Er blickte auf den Picknicktisch, den sie unter den Federblattbäumen aufgestellt hatten. „Alles fertig?“

„Alles, außer dem Mittagessen. Das muß noch eine Stunde kochen. Jetzt sehe ich sie.“

„Du hast bessere Augen als ich, Jack. Oh, jetzt sehe ich es auch. Hoffentlich ziehen die Kleinen eine gute Schau für sie auf“, meinte er ängstlich.

Das Luftboot war zuerst ein kaum sichtbarer Fleck am Himmel, aber jetzt wurde es immer größer und landete schließlich auf der Lichtung. Als der Kontragravgenerator abgeschaltet war, gingen sie über das Gras darauf zu, und die Fuzzys sprangen von der Bank und rannten hinter ihnen drein.

Die drei Besucher kletterten aus ihrem Fahrzeug. Ruth Ortheris trug lange Hosen und einen Pullover, aber die Hosen waren in knöchelhohe Stiefel gestopft. Gerd van Riebeek trug robuste Stiefel, einen alten, verwaschenen Khakianzug und eine respekteinflößend aussehende Waffe, die zeigte, daß er sehr wohl wußte, was er hier in Piedmont zu erwarten hatte. Juan Jimenez trug den gleichen Sportanzug, den er gestern am Bildschirm angehabt hatte. Alle drei hatten fotografische Geräte bei sich. Sie schüttelten reihum die Hand, und dann begannen die Fuzzys herumzutoben, um die Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. Schließlich bewegte sich die ganze Versammlung — Fuzzys und Menschen zu dem Tisch unter den Bäumen hinüber.

Ruth Ortheris setzte sich mit Mama und Baby ins Gras; Baby interessierte sich sofort für ein silbernes Amulett, das sie an einer Kette um den Hals trug. Dann versuchte der Kleine, sich auf ihren Kopf zu setzen. Dagegen protestierte Ruth aber entschieden.

Juan Jimenez hockte neben Mike und Mitzi und untersuchte die beiden abwechselnd, wobei er immer wieder meist in lateinischer Sprache in das Mikrophon eines kleinen Bandgerätes sprach, das ihm auf der Brust hing. Gerd van Riebeek hatte auf einem Faltstuhl Platz genommen und beschäftigte sich mit Little Fuzzy, der ihm auf dem Schoß saß.

„Wissen Sie, das ist irgendwie erstaunlich“, sagte er. „Nicht nur, daß man nach fünfundzwanzig Jahren so etwas wie das hier findet, sondern daß man etwas so Einzigartiges findet. Sehen Sie doch, er hat nicht die geringsten Rudimente eines Schwanzes, und es gibt auf dem ganzen Planeten keine schwanzlosen Tiere. Ja, noch vielmehr — auf dem ganzen Planeten gibt es kein Säugetier, das auch nur im geringsten mit ihm verwandt wäre. Nehmen Sie doch unsere Rasse — wir gehören zu einer ziemlich großen Familie, etwa fünfzig Gattungen von Primaten. Aber dieser kleine Bursche hat überhaupt keine Verwandten.“

„Quiek?“

„Und dabei ist ihm das völlig egal, nicht wahr?“ Van Riebeek strich Little Fuzzy über den Flaum.


Während des Essens sprachen sie nur über Fuzzys. Die Objekte ihrer Unterhaltung knabberten an Leckerbissen, die man ihnen gab und unterhielten sich quiekend. Gerd van Riebeek gab der Vermutung Ausdruck, daß sie sich über die eigentümlichen Gewohnheiten der menschenartigen Wesen unterhielten. Juan Jimenez sah ihn etwas überrascht an, als fragte er sich, wie ernst Riebeek diese Bemerkung gemeint hatte.

„Wissen Sie, was mich in dem Bandbericht am meisten beeindruckte, war der Zwischenfall mit dem Scheusal“, sagte Ruth Ortheris. „Jedes Tier, das sich in die Gesellschaft von Menschen begibt, wird versuchen, seine Aufmerksamkeit zu erregen, wenn irgend etwas nicht stimmt, aber ich habe noch nie von einem gehört, nicht einmal einem freyanischen Kholph oder einem terranischen Schimpansen, der das mit Hilfe von Pantomimen tut. Little Fuzzy aber hat tatsächlich Symbole benutzt, indem er die hervorstechenden Merkmale eines Scheusals abstrahierte.“

„Sie meinen, diese Geste mit dem steifen Arm und das Bellen hätten ein Gewehr darstellen sollen?“ fragte Gerd van Riebeek. „Er hat sie schon vorher schießen sehen, nicht?“

„Ich glaube nicht, daß es etwas anderes hätte sein sollen. Er wollte mir sagen: 'Großes häßliches Scheusal draußen. Schieß es wie die Harpyie.' Und wenn er nicht an mir vorbeigerannt wäre und es mir gezeigt hätte, hätte mich das Scheusal umgebracht.“

„Sie sehen also, Ernst, das ist das Problem.“

Leonard Kellogg wartete. Ernst Mallin saß bewegungslos, die Ellbogen auf den Tisch und das Kinn in die Hände gestützt da.

„Ich müßte sie natürlich selbst sehen, ehe ich mir eine Meinung bilden kann. Haben Sie dieses Band von Holloway da?“

Als Kellogg nickte, fuhr Mallin fort: „Hat einer von ihnen ausdrücklich behauptet, es handele sich um vernunftbegabte Wesen?“

Kellogg gab die gleiche Antwort, die er Victor Grego gegeben hatte und fügte hinzu:

„Der Bericht besteht beinahe ausschließlich aus Holloways unbestätigten Behauptungen über Dinge, von denen er angibt, der alleinige Augenzeuge gewesen zu sein.“

„Ah.“ Mallin gestattete sich ein schwaches Lächeln. „Und er ist kein qualifizierter Beobachter. Was das betrifft, ist das auch Rainsford nicht, ganz gleich, welche Position er auch als Xenowissenschaftler einnehmen mag, ist er in der Psychowissenschaft doch ein völliger Laie. Er hat einfach die Behauptungen dieses anderen Mannes unkritisch übernommen. Und was die Beobachtungen betrifft, die er behauptet, selbst gemacht zu haben — woher wissen wir denn, daß darin nicht eine Menge falscher Eindrücke enthalten ist?“

„Woher wissen wir denn, daß er keinen bewußten Betrug verübt?“

„Aber Leonard, das ist doch eine sehr ernste Anschuldigung.“

„Mag sein, aber es ist jedenfalls unsere Pflicht, diese Geschichte zu verhindern, ehe sich daraus ein wissenschaftlicher Skandal größten Ausmaßes entwickelt.“

„Zuerst müssen wir dieses Band überprüfen, damit wir wissen, mit welchen Fakten wir zu tun haben. Dann müssen wir diese Tiere gründlich und unvoreingenommen überprüfen und Rainsford und seinem Komplizen zeigen, daß man der wissenschaftlichen Welt nicht ungestraft solche lächerlichen Behauptungen auftischen darf. Wenn wir sie nicht im guten überzeugen können, bleibt uns kein anderer Ausweg, als das in aller Öffentlichkeit zu tun.“

„Ich habe das Band schon gehört, aber wir können es ja noch einmal abspielen. Wir werden diese Tricks analysieren, die dieser Holloway den Tieren beigebracht hat und sehen, was sie beweisen.“

„Ja, natürlich, das müssen wir sofort tun“, erklärte Mallin. „Dann müssen wir überlegen, was für einen Bericht wir herausgeben und was für Beweismaterial wir zu seiner Unterstützung benötigen.“


Nach dem Abendessen durften die Fuzzys auf dem Rasen herumtollen, aber als dann die Dämmerung herankroch, gingen sie alle ins Haus, und ein jeder bekam eines der neuen Spielzeuge aus Mallorys Port — eine große Schachtel mit vielfarbigen Bällen und kurze Stäbe aus durchsichtigem Kunststoff. Sie wußten nicht, daß es sich um einen Molekülmodellbaukasten handelte, stellten aber bald fest, daß man die Stäbe in Löcher in den Bällen stecken konnte und daß man auf diese Weise dreidimensionale Gebilde bauen konnte.

Das machte viel mehr Spaß als die bunten Steine. Sie bauten zuerst ein paar kleinere Figuren, zerlegten sie dann aber wieder und begannen ein einzelnes großes „Bauprojekt“. Ein paarmal rissen sie es wieder ein und begannen von neuem, was gewöhnlich unter erheblichem Quieken und Gestikulieren vor sich ging.

„Sie haben eine künstlerische Ader“, meinte van Riebeek. „Ich habe schon eine Menge abstrakter Skulpturen gesehen, die nicht halb so gut waren wie das, was die hier bauen.“

„Und auch guten Ingenieurinstinkt“, meinte Jack. „Sie verstehen etwas von Gleichgewicht und vom Schwerpunkt. Sie stützen das Ganze gut ab und achten auch darauf, daß es nicht kopflastig wird.“

„Jack, ich habe über die Frage nachgedacht, die ich mir selbst stellen sollte“, sagte Jimenez. „Wissen Sie, ich kam nämlich voller Argwohn hierher. Nicht, daß ich an Ihrer Ehrlichkeit zweifelte; ich hatte nur gedacht, Sie sollten sich von dem Gefallen, den Sie offenbar an den Fuzzys haben, nicht dazu verleiten lassen, ihnen mehr Intelligenz zuzuschreiben, als sie wirklich besitzen. Jetzt dagegen glaube ich, daß Sie sie sogar unterschätzen. Abgesehen von tatsächlicher Vernunft habe ich noch nie etwas Ähnliches gesehen.“

„Warum abgesehen?“ fragte van Riebeek. „Ruth, Sie sind heute abend so ruhig gewesen. Was meinen Sie?“

Ruth Ortheris schien unschlüssig. „Gerd, es ist noch zu früh, um sich schon eine Meinung zu bilden. Ich weiß, daß die Art und Weise, wie sie zusammenarbeiten, nach zweckvoller Tätigkeit aussieht, aber ich kann aus diesem quiek-quiek-quiek einfach keine Sprache machen.“

„Lassen wir doch einmal die Sprache und die Feuer-Regel aus dem Spiel“, meinte van Riebeek. „Wenn sie an einem gemeinsamen Projekt zusammenarbeiten, müssen sie doch irgendwie untereinander in Verbindung stehen.“

„Einen Augenblick“, unterbrach Jack. „Ehe wir weiterreden, sollten wir einmal den Begriff 'Vernunft' definieren.“

Van Riebeek lachte. „Haben Sie schon einmal versucht, von einem Biologen eine Definition des Begriffes 'Leben' zu bekommen?“ fragte er. „Oder eine Definition des Begriffes 'Zahl' von einem Mathematiker?“

„Das ist es ja gerade.“ Ruth blickte zu den Fuzzys hinüber, die ihre Konstruktion aus bunten Bällen und Stäben betrachteten, als überlegten sie, ob sie noch etwas hinzufügen könnten, ohne die Wirkung zu stören.

„Ich würde sagen, ein gewisses Niveau geistiger Aktivität, das sich qualitativ darin von der Nonsapiens unterscheidet, daß es die Fähigkeit einschließt, Ideen zu symbolisieren, aufzuspeichern und weiterzuleiten, ebenso wie die Fähigkeit zu verallgemeinern und die Fähigkeit, abstrakte Ideen zu bilden. Da — jetzt habe ich kein Wort von Sprache und Feuermachen gesagt, oder?“

„Little Fuzzy symbolisiert und verallgemeinert“, sagte Jack. „Er symbolisiert ein Scheusal mit drei Hörnern und er symbolisiert ein Gewehr als ein langes Etwas, das Lärm macht. Gewehre töten Tiere. Harpyien und Scheusale sind beides Tiere. Wenn ein Gewehr eine Harpyie tötet, wird es auch ein Scheusal töten.“

Ehe jemand darauf antworten konnte, fing der Bildsprecher zu summen an. Die Fuzzys rannten alle vor den Schirm, und Jack schaltete ein. Der Anrufer war ein Mann in einem grauen Anzug mit welligem grauen Haar und einem Gesicht, das aussah, wie das von Juan Jimenez vielleicht in zwanzig Jahren aussehen würde.

„Guten Abend, hier ist Holloway.“

„Oh, Mr. Holloway, guten Abend.“ Der Anrufer schüttelte sich die Hand und lächelte. „Ich bin Leonard Kellogg, der Leiter der wissenschaftlichen Abteilung der Gesellschaft. Ich habe gerade das Band gehört, das Sie über die — die Fuzzys besprochen haben.“ Er blickte auf den Boden. „Sind das welche von den Tieren?“

„Das sind die Fuzzys.“ Jack hoffte, daß der andere die Korrektur bemerkte. „Dr. Bennett Rainsford ist jetzt bei mir, und das hier sind Dr. Jimenez, Dr. van Riebeek und Dr. Ortheris.“ Aus dem Augenwinkel sah er, wie Jimenez zusammenzuckte, als hätte ihn eine Ameise gebissen, während van Riebeek mit undurchdringlicher Miene in den Bildschirm starrte und Ben Rainsford ein Grinsen unterdrückte.

„Einige von uns sind außer Sichtweite, aber Sie wollen bestimmt viele Fragen stellen. Entschuldigen Sie einen Augenblick, wir kommen näher.“

Er achtete nicht auf Kelloggs Protest, daß das nicht nötig sei, bis die Stühle vor dem Bildschirm standen. Dann reichte er noch Fuzzys herum, wobei er Ben Little Fuzzy reichte, Gerd Ko-Ko, Ruth Mitzi, Jimenez Mike. Mama und Baby nahm er selbst auf den Schoß.

Baby fing sofort an, ihm auf den Kopf zu klettern, wie er es nicht anders erwartet hatte. Das schien Kellogg — ebenfalls wie erwartet — aus dem Konzept zu bringen. Er beschloß, zu einem späteren Zeitpunkt Baby beizubringen, eine lange Nase zu machen, sofern man ein entsprechendes Zeichen gab.

„So, und jetzt zu dem Band, das ich gestern abend besprach“, begann er.

„Ja, Mr. Holloway.“ Kellogs Lächeln wurde von Sekunde zu Sekunde mechanischer. Es schien ihm sichtlich schwerzufallen, die Augen von Baby zu wenden.

„Ich muß sagen, die hohe Intelligenzstufe, die Sie diesen Tieren zuschreiben, hat mich wirklich überrascht.“

„Und jetzt wollten Sie sehen, was für ein Riesenlügner ich bin. Ich nehm's Ihnen nicht übel; mir fiel's selbst schwer, es zu glauben.“

Kellogg lachte strahlend, wobei er noch mehr seine blendend weißen Zähne zeigte.

„Oh, nein, Mr. Holloway, bitte mißverstehen Sie mich nicht. Ich habe nie dergleichen gedacht.“

„Hoffentlich nicht“, warf Ben Rainsford nicht gerade freundlich ein. „Wenn Sie sich erinnern werden, habe ich mich für Mr. Holloways Angaben verbürgt.“

„Natürlich, Bennett, das steht außer Zweifel. Gestatten Sie mir, Ihnen zu einer wirklich bemerkenswerten wissenschaftlichen Entdeckung zu gratulieren. Eine völlig neue Säugetiergattung…“

„… bei der es sich um die neunte extrasolare vernunftbegabte Rasse handeln könnte“, fügte Rainsford hinzu.

„Herr im Himmel, Bennett!“ Kellogg mimte Überraschung. „Das ist doch nicht Ihr Ernst?“ Er sah wieder die Fuzzys an und lächelte.

„Ich dachte, Sie hätten das Band gehört“, meinte Rainsford.

„Natürlich, der Bericht war wirklich äußerst bemerkenswert. Aber Vernunft! Nur, weil man ihnen ein paar Tricks beigebracht hat und sie Stöcke und Steine als Waffen benutzen…“ Er zeigte jetzt eine ernste Miene. „Eine so extreme Behauptung kann man doch nur nach äußerst sorgfältiger Überlegung aufstellen.“

„Nun, ich möchte noch nicht behaupten, daß sie vernunftbegabt sind“, erklärte Ruth Ortheris. „Aber sie könnten es sehr leicht sein. Sie besitzen eine Lern- und Entscheidungsfähigkeit, die etwa der eines achtjährigen terranischen Kindes entspricht und die durchaus über der von erwachsenen Angehörigen anderer Rassen liegt, die als vernunftbegabt anerkannt sind. Und man hat sie keine Tricks gelehrt. Sie haben durch Beobachtung und Versuche gelernt.“

Kellogg hatte sich sichtlich darum bemüht, enthusiastisch zu erscheinen, und jetzt zeigte er diesen Enthusiasmus.

„Aber das ist ja wunderbar! Das wird Geschichte machen! Jetzt verstehen Sie natürlich alle, wie ungeheuer wertvoll diese Fuzzys sind. Sie müssen sofort nach Mallorys Port gebracht werden, wo qualifizierte Psychologen sie unter labormäßigen Bedingungen studieren können und…“

„Nein.“

Jack hob Baby Fuzzy von seinem Kopf und reichte ihn Mama. Dann setzte er Mama auf den Boden. Das war eine reine Reflexhandlung, denn er wußte sehr wohl, daß er nicht die Hände frei zu haben brauchte, wenn er mit dem elektronischen Bild eines zweitausendfünfhundert Meilen entfernten Mannes ins Streiten geriet.

„Vergessen Sie das und fangen Sie noch mal von vorne an“, riet Jack.

Kellogg ignorierte ihn. „Gerd, Sie haben Ihr Luftboot. Richten Sie ein paar hübsche, bequeme Käfige her -“

„Kellogg!“

Der Mann auf dem Bildschirm hörte zu reden auf und starrte sein Gegenüber überrascht und zugleich indigniert an. Das war das erstemal seit Jahren, daß jemand ihn einfach „Kellogg“ genannt hatte. Nicht Mr. Kellogg und nicht Sir — und wahrscheinlich das erste Mal überhaupt in seinem Leben, das man ihn angeschrien hatte.

„Haben Sie mich beim erstenmal nicht gehört, Kellogg? Dann quatschen Sie keinen Unsinn von wegen Käfigen. Diese Fuzzys werden nirgendwohin gebracht.“

„Aber, Mr. Holloway! Verstehen Sie denn nicht, daß diese kleinen Geschöpfe sorgfältig studiert werden müssen? Wollen Sie denn nicht, daß man ihnen den Platz in der Hierarchie der Natur zuweist, der ihnen entspricht?“

„Wenn Sie sie studieren wollen, dann kommen Sie hier heraus und tun Sie es hier. Das heißt — solange Sie weder sie noch mich belästigen. Und was das Studieren betrifft — sie werden hier auch studiert. Dr. Rainsford studiert sie und drei Ihrer Leute ebenfalls, und wenn es darauf hinausläuft, dann ich selbst auch.“

„Und ich möchte auch diese Bemerkung betreffs qualifizierter Psychologen klären“, fügte Ruth Ortheris mit einer Stimme hinzu, bei der einem das Blut in den Adern gefrieren konnte. „Sie wollen doch nicht etwa meine berufliche Qualifikation anzweifeln, oder?“

„Oh, Ruth, Sie wissen genau, daß nichts mir ferner liegt. Bitte, verstehen Sie mich nicht falsch“, bettelte Kellogg. „Aber das ist hochspezialisierte Arbeit…“

„Ja; wie viele Fuzzyspezialisten haben Sie denn im Center, Leonard?“ wollte Rainsford wissen. „Der einzige, den ich mir denken kann, ist Jack Holloway — und der ist hier.“

„Nun, ich hatte an Dr. Mallin, den Chefpsychologen der Gesellschaft, gedacht.“

„Der kann auch kommen, solange er begreift, daß er meine Genehmigung für alles braucht, was er mit den Fuzzys anfangen möchte“, erklärte Jack. „Wann dürfen wir Sie erwarten?“

Kellog meinte, vielleicht am nächsten Nachmittag. Dann versuchte er, die auf den Nullpunkt gesunkene Stimmung wieder zu heben, was ihm aber kläglich mißlang, und so schaltete er ab.

Загрузка...