Zwei Wochen waren seit dem ersten Meteoritenfang und dem Steinzeitfest der Astronauten vergangen.
Professor Mirsanow erschien freudestrahlend in der Speisekabine. Er rieb sich vergnügt die Hände. Nicht deshalb, weil es etwas Gutes zu essen gab, sondern weil er bei seiner Durchsicht von Tabellen bekannter Meteoritenströme eine vielversprechende Entdeckung gemacht hatte.
Er konnte seine Unruhe kaum verbergen.
Doch zunächst trat er erst einmal an den blitzsauberen Speiseautomaten. Er wählte ein gemüsereiches Gericht und einen Algensalat aus und ließ sich dann mit seiner Portion allein an einem Tisch nieder. Ganz gegen seine Gewohnheit beeilte er sich mit dem Essen.
Seine Eile und auch seine strahlende Laune fielen schließlich an den Nachbartischen auf.
„Haben Sie einen Raumpostbrief erhalten?“ erkundigte sich teilnahmsvoll Filitra Goma, die, ebenfalls allein, an einem Nachbartisch saß. Sie wartete auf Henry Lorcester, um mit ihm zu Mittag zu essen.
Mirsanow schüttelte den Kopf.
„Ich vermute vielmehr, daß heute nachmittag im Laboratorium für Antiteilchen ein interessantes Experiment gemacht werden soll“, hörte man statt einer Antwort des Professors den manchmal etwas vorlauten und ironischen Norbert Franken.
Mirsanow lächelte vor sich hin. Er ließ sich von dieser Bemerkung nicht beirren und schwieg vielsagend. Freundlich nickte er der Chemikerin am Nachbartisch zu und führte die Bissen zum Munde. Dank dem künstlichen Gravitationsfeld im Raumschiff konnte man von offenen Tellern mit Messer und Gabel essen.
Bald stand er wieder auf und brachte sein Geschirr zum Geschirrmagazin, einem Automaten, der schmutziges Geschirr wusch, spülte, trocknete und aufbewahrte, bis es wieder gebraucht wurde. Eilig verließ er den Speiseraum.
Im Hinausgehen, schon in der Tür, besann er sich. Er wandte sich an alle Anwesenden und sagte lächelnd und ebenfalls ein wenig ironisch:
„Wenn ihr euch nicht beeilt, wird euer Essen kalt werden. Schlemmt und praßt nicht soviel, ihr paßt sonst nicht mehr in die Sicherheitsanzüge hinein.“ Dann verschwand er.
Franken, Nikeria und Sagitta, die alle an einem Tisch saßen, warfen sich fragende Blicke zu. Auch an den anderen Tischen rätselte man an den Worten des Professors herum.
Mirsanow ging vom Speisesaal direkt zum Zentralposten. Salamah El Durham hatte Steuerwache. Mirsanow blickte zur Uhr und blinzelte dem Araber vergnügt zu.
„Na, Salamah, schon etwas gesehen?“ fragte er freundlich, mit einer Kopfbewegung zu den Radarschirmen deutend.
El Durham blickte verständnislos drein. Das Funk- und Radarpult hatte er nicht aus den Augen gelassen. Die Schirme zeigten keinerlei Reflexe. Durch die Frage Mirsanows mißtrauisch geworden, trat er an die Geräte. Sorgfältig prüfte, beobachtete und kontrollierte er sie. Es blieb alles, wie es war. Auf den Schirmen waren keinerlei Zeichen zu bemerken. Er zuckte mit den Schultern. „Nichts“, sagte er.
„Verdopple mal die Intensität des starren Radartasters“, riet Mirsanow.
Der Araber verstärkte die Leistung dieses Radargerätes, das, im Bug starr eingebaut, den Weg vor dem Raumschiff abtastete. Das „starre Auge“ der Rakete blickte weiter und weiter voraus. El Durham verdoppelte die Reichweite des Radars nicht nur, sondern er verdreifachte sie sogar. Doch der Radarschirm blieb noch immer leer.
Mirsanow erschütterte das nicht. „Das Rundsicht-Radar, bitte“, sagte er.
Der Triebwerksingenieur regelte den starren Voraustaster auf die normale Stärke herunter, die für die Sicherheit des Raumschiffes ausreichend war. Dann begann er den gleichen Versuch noch einmal am Rundsicht-Radar.
Beide, Mirsanow und El Durham, ließen kein Auge vom Bildschirm. Auch als hinter ihnen die Tür aufging und wieder ins Schloß schnappte, wandten sie sich nicht um. Jemand kam heran und stellte sich hinter sie.
„Die Zeit ist heran. Der Schwarm müßte schon zu erkennen sein“, sagte eine Stimme. Es war Kommandant Axel Kerulen, der den Steuerraum betreten hatte.
Kerulen weiß auch schon, daß irgend etwas im Kommen ist. Woher? dachte Salamah El Durham verwundert.
Das „bewegliche Auge“ der Rakete, das RundsichtRadar, hatte sein „Blickfeld“ beziehungsweise seinen „Horchbereich“, auf das Eineinhalbfache gesteigert.
„Dort!“ rief Mirsanow auf einmal, ganz aufgeregt auf eine Stelle des Radarschirmes weisend. „Dort ist der Schwarm!“
Kerulen zog fragend die Augenbrauen hoch. Er konnte noch nichts sehen. Auch El Durham konnte nichts feststellen, ihre Blicke waren aufmerksam auf den Schirm gerichtet. Augenblicke später entdeckten aber auch sie auf der zuvor von Mirsanow bezeichneten Stelle einen unscheinbaren, schwachen Schimmer, etwa knopfgroß. Dieser Schimmer verstärkte sich merklich.
„Genügt! Radarleistung auf das normale Maß reduzieren!“ wies der Kommandant an.
Sofort verblaßte das nebelhafte Gebilde auf dem Radarschirm und verschwand. Das Radarecho, das von dem angestrahlten Objekt zurückkam, wurde zusehends schwächer und konnte nicht mehr wahrgenommen werden.
Kerulen gab kurz entschlossen Alarm. Es schrillte durch das ganze Schiff.
„Hier Kommandant Kerulen“, klang es über den Bordfunk. „Ich bitte die gesamte Besatzung zu mir in den zentralen Steuerraum.“
Sagitta, Oulu Nikeria und Norbert Franken, auch Filitra Goma und andere Besatzungsmitglieder saßen noch in der Speisekabine, als der Alarm durch die Räume schrillte. Alle sprangen auf. Hastig wurden die Stühle in die Bodenrasten gestoßen, die das Mobiliar bei Schwerelosigkeit, Beschleunigungen oder Abbremsungen festhielten. Schnell wurden auch die Speisereste und das Geschirr in den Reinigungsautomaten gestopft. Dann drängten alle zur Tür.
„Mirsanow ist ein alter Fuchs“, stieß Norbert Franken im Laufen heraus. „Uns nichts zu sagen! Er hat doch gewußt, daß es Alarm geben wird. Woher?“
Die Astronauten aus dem Speisesaal kamen im Zentralposten als letzter Trupp an. Gleich nach ihrem Eintreffen begann der Kommandant mit seinem Situationsbericht.
„Ich lege jetzt das Radarbild auf den großen zentralen Bildschirm“, sagte er zu Beginn. Ein Schalter knackte. „Wie ihr seht, bleibt die Bildfläche leer. Aus welchem Grund ist Radaralarm gegeben worden, werdet ihr nun fragen. Ich kann euch mitteilen, daß uns das Radar vermutlich in Kürze einen Meteoritenschwarm melden wird.“
„Da werden wir in den nächsten zwölf bis vierzehn Stunden reichlich zu tun haben“, raunte Paro Bacos dem neben ihm stehenden Oulu Nikeria ins Ohr.
„Professor Mirsanow hat bei der Durchsicht von Tabellen bekannter Meteoritenschwärme festgestellt, daß heute mittag in den Bereich der Flottille ein Schwarm von Meteoriten einfliegen muß“, fuhr Kerulen fort. „Es handelt sich um den Meteoritenschwarm MRGC 763 (F 12). Die Überprüfung ergab, daß unser Raumschiff diesem Schwarm am nächsten ist. Die genannten Meteoriten sind vor rund siebzig Jahren von einer unbemannten Forschungsrakete registriert und katalogisiert worden; es sind nur die Bahnelemente des Schwarmes bekannt.
Wir werden also die Meteoriten suchen, anfliegen und vernichten. Ich ordne an, daß der Bereitschaftsdienst für den zentralen Steuerraum von vier auf sechs Astronauten verstärkt wird und daß sich die einzelnen Sechsergruppen ab sofort stündlich ablösen. Wir werden bei der Bekämpfung des Feldes viel systematische Kleinarbeit leisten müssen. Dazu brauchen wir eine gut ausgeruhte Mannschaft hier im zentralen Steuerraum.“
Kerulen mußte seine Erläuterungen abbrechen, denn alle Köpfe wandten sich auf einmal dem großen Bildschirm zu. Dort begann sich auf dem vergrößerten Radarbild eine tellergroße nebelhafte Radarreflexion abzuzeichnen. Sie wirkte wie eine dünne Staubschicht auf dem Glas des Schirmes. Kerulen dunkelte den Steuerraum ab. Sogleich trat das Objekt deutlicher hervor.
Die Astronauten begannen lebhaft zu debattieren. Sie zogen die verschiedenen Möglichkeiten der Bekämpfung der Meteoriten in Betracht.
„Ob wir andere Raumschiffe hinzuziehen müssen?“ fragte Sagitta, sich im Kreise umblickend. Paro Bacos wiegte ungewiß den Kopf. „Wir müssen uns erst einmal bis auf einige hundert Kilometer herantasten und die Größe des Schwarmes feststellen“, antwortete er. Filitra hörte zu. Unbehagen beschlich sie. Schnell warf sie einen Blick auf den großen Bildschirm, wo der Nebelfleck merklich wuchs. „Vielleicht sollte man den Schwarm erst einmal in einem großen Bogen umfliegen“, riet sie zaghaft. Sie erntete brausendes Gelächter. Die Asteroidenjäger, an den ständigen Kontakt mit den Feinden der Raumfahrt gewöhnt, dachten nicht daran, dem Meteoritenschwarm auszuweichen.
Kerulen schaltete inzwischen den Pilotron, den automatischen Astropiloten ab. Er mußte jetzt den weit rechts voraus liegenden Meteoritenschwarm ansteuern. Nachdem der Raumjäger auf neuem Kurs flog, vertraute er dem Pilotron wieder die Steuerung an.
Aus seinem Kommandantensessel aufstehend, sagte er: „Also, in zwei Stunden können wir da sein. Gegen fünfzehn Uhr werden wir den Schwarm eingeholt haben. Wir beginnen jetzt mit den üblichen Vorbereitungen.“ Die Raumfahrer verließen einer nach dem anderen den Steuerraum, um sich an ihre Alarmplätze auf den verschiedenen Stationen des Raumschiffes zu begeben.
„Ich bitte unsere vier kosmischen Reiseneulinge hierzubleiben“, sagte der Kommandant: „Ihr könnt euch an der Beobachtung des Feldes beteiligen, damit ihr Erfahrungen sammelt und euch mit der Methodik der Vorbereitung einer solchen Meteoritenbekämpfung vertraut macht. Habt ihr Fragen?“
Filitra Goma nutzte diese Aufforderung. „Wenn der MRGC-Nebel ein Meteoritenschwarm sein soll, müßte er doch auf dem Radarbild nicht als milchiger Fleck, sondern als eine Anhäufung zahlreicher kleiner Fünkchen zu sehen sein. Jeder einzelne Meteorit ergibt doch eine helle, punktartige Radarreflexion, nicht wahr? Da das nicht so ist, haben wir vielleicht keinen Meteoritenschwarm, sondern einen kleinen kosmischen Dunkelnebel vor uns.“
„Scheinbar richtig überlegt“, sagte der Kommandant. „Moment, überzeugen wir uns doch und machen wir eine Probe.“
Er nahm die Radarwiedergabe durch einige Schalterdrehungen von dem großen Bildschirm herunter und legte dafür ein Fernsehbild auf die zwei mal fünf Meter große Glasfläche. Wieder hatte man das Gefühl, als würde die Wand durchsichtig. Ein wunderschönes Bild von Licht und Dunkelheit tat sich auf. Filitra erschauerte, so großartig war für sie dieser Anblick.
Quer über den tiefschwarzen Hintergrund zog sich von links nach rechts das helle, ungleichmäßige, schmale und wolkige Lichtband der Milchstraße. Mitten in dieses helle Band ragte deutlich erkennbar und scharf abgegrenzt der schwarze Umriß eines Pferdekopfes hinein. Er wirkte wie ein Scherenschnitt.
„Was Sie hier sehen, Filitra, ist der berühmte Pferdekopfnebel im Sternbild des Orion, einer der bekanntesten und charakteristischsten Dunkelnebel. Er ist Hunderte Lichtjahre von uns entfernt“, erklärte Axel Kerulen. „Bei den Dunkelnebeln handelt es sich um Anhäufungen gas- und staubförmiger Materie. Diese Nebel bestehen zumeist aus metallischen Partikeln, die wie lichtundurchlässige Vorhänge vor den Sternenwolken verharren. Diese Vorhänge sind unvorstellbar dünn. Erst 1000 Kubikkilometer Weltraum enthalten 1 Gramm dieses metallischen Staubes.“
Wieder knackte der Schalter. Der Pferdekopf verschwand, und statt dessen erschien ein neues Sternenpanorama auf der Glasfläche.
„Ihr seht nun den Teil des Kosmos vor euch, in dem uns das Radar vorhin den MRGC-Nebel gezeigt hatte. Wäre an dieser Stelle ein Dunkelnebel, so müßte dort ein schwarzer Fleck wie im Sternbild des Orion sichtbar sein. Er müßte sich genauso deutlich vom Hintergrund der Sterne abheben wie der Pferdekopf. Wie ihr aber seht, ist dies nicht der Fall. Das kann auch gar nicht anders sein, denn Dunkelnebel sind stets viele Lichtjahre entfernt. Sie können wegen dieser großen Entfernung, wegen ihrer ungeheuren Ausdehnung und wegen ihrer geringen Dichte unmöglich auf einem Radarschirm sichtbar gemacht werden. Sie sind für uns nur optisch sichtbar. Der milchige Fleck auf unserem kombinierten Radar- und Fernsehschirm ist dagegen nur rund 10000 Kilometer entfernt. Später, wenn wir näher herangekommen sein werden, wird sich dieser matte Fleck in zahlreiche punktförmige Radarreflexionen auflösen. Wir können also mit Sicherheit annehmen, daß wir den Meteoritenschwarm MRGC 763 (F 12) vor uns haben.“
„Wenn man das Fernsehbild ohne die Radareinstellung betrachtet, sieht es aus, als gäbe es vor uns nichts, was uns gefährden könnte. Wie trügerisch ist das!“ sagte Oulu wie zu sich selbst in das entstandene Schweigen hinein, das nach der langen Erklärung des Kommandanten entstanden war. „Ohne Radar würden wir mitten in den Schwarm hineinrasen.“
„So ist es“, nickte Kerulen. Abermals knackte der Schalter. Das Fernsehbild mit den unzähligen Sternen zerging, und nur die Radarwiedergabe blieb auf dem Schirm sichtbar. Der milchige Fleck des Meteoritenschwarms hatte sich inzwischen weiter vergrößert. „Wenn sich also unser Meteoritenschwarm, der morgen um diese Zeit schon nicht mehr existieren wird, weil wir ihn ausgelöscht haben werden, jetzt noch nicht als eine Ansammlung nadelstichfeiner Lichtpunkte zeigt, so kann das daran liegen, daß unser Raumschiff noch zu weit weg ist oder daß die Meteoriten äußerst klein sind“, schloß Kerulen seine Erklärung. „Wir müssen uns selbstverständlich, bevor wir mit der Bekämpfung der Meteoriten beginnen, über den Aufbau und die Gliederung des Schwarmes, über seine Größe und seinen Umfang, seine Zusammensetzung und Dichte vergewissern.“ Damit wollte Kerulen eigentlich seinen kleinen Vortrag für die Jungkosmonauten beenden. Aber die vier gaben sich noch nicht zufrieden.
„Dann muß ich also mit meiner Aufklärungsrakete einen Ausflug machen?“ erkundigte sich der Pilot Kioto Yokohata erfreut. „Da werde ich in den Meteoritenschwarm hineinfliegen müssen.“
„Ja und nein“, sagte der Kommandant nach einigem überlegen. „Ausfliegen mußt du zwar, aber nicht in den Schwarm hinein, was übrigens mit kleinen Raumfahrzeugen bei angepaßten Geschwindigkeiten gar nicht allzu gefährlich ist. Du sollst nur seine räumliche Ausdehnung feststellen. Die flächenmäßige Ausdehnung aus unserer Anflugperspektive kennen wir ja schon, sie wird vom Radar aufgezeichnet. Du mußt also nur die Ausdehnung in der Tiefe erkunden. Die innere Struktur des Meteoritenfeldes stellen wir dann mit Hilfe von Testgeschossen fest.“
„Sollen wir bloß den Schirm beobachten, oder können wir uns auch an anderen Vorbereitungen beteiligen?“ erkundigte sich Rai Raipur, der Elektroniker aus Indien.
„Ich werde euch Aufgaben übertragen“, entgegnete Kerulen. „Nikeria, für uns ist das schon klar. Wir werden am Formax einen kleinen Rechenwirbel veranstalten. Kioto Yokohata, deine Aufgabe ist dir ja bereits gestellt worden. Du wirst jetzt gehen und die Kolibri-Rakete startklar machen. Du mußt eine Kamera mitnehmen. Wir brauchen fotografische Aufnahmen von einer zweiten Seite des Schwarmes.“
„Wie soll ich denn den Schwarm fotografieren? Er leuchtet doch weder mit eigenem noch durch reflektiertes Licht. Die Fotografie bleibt bestimmt schwarz“, sagte der Pilot.
„Stimmt genau“, lächelte Kerulen. „Du sollst auch lediglich das Bild fotografisch konservieren, das dir das Radargerät der Kolibri-Rakete auf den Schirm wirft.“
„Ach so, natürlich.“ Zu dumm, dachte Kioto. Wie hatte er bloß so eine unüberlegte Frage stellen können. Er hatte es doch während seiner Spezialausbildung auf der Erde gelernt, wie man in solchen Fällen Bilder vom Radar fotografiert.
„Filitra, du unterstützt bitte den Funker bei seinen verschiedenen Funkmessungen.“
„Halt, halt!“ mischte sich der Physiker Paro Bacos ein. „Für uns, die wir schon viele Jahre auf Meteoritenjagd mitgeflogen sind und die wir schon nicht mehr so ganz neu sind, bleibt ja rein gar nichts zu tun übrig. Wir wollen doch auch noch einen Auftrag abbekommen, Herr Kommandant!“
„Aber selbstverständlich, Herr Atomphysiker“, ging Kerulen auf den spaßhaften Ton des Ungarn ein. „Sie gehen jetzt unverzüglich schlafen.“
Paro Bacos machte ein betroffenes Gesicht. „Das kann doch nicht Ihr Ernst sein, Herr Kommandant“, klagte er.
„Doch, doch, Herr Atomphysiker. Das ist mein voller Ernst. Ich erteile Ihnen den Befehl, schlafen zu gehen. Warum? Ganz einfach. Der Herr Atomphysiker wird den Helicon bedienen, aber erst in einigen Stunden, wenn alle Vorbereitungen abgeschlossen sind und die Bekämpfung des Schwarmes beginnt. Bis dahin müssen Sie gut ausgeruht sein! Verstanden?“
„Jawohl, Herr Kommandant!“
Paro Bacos salutierte. „Für Sie, Salamah El Durham, habe ich auch etwas zu tun. Machen Sie bitte zwei Testgeschosse abschußfertig. Versehen Sie die automatischen Kundschafter mit einer kleinen Stoppladung aus pulverförmigem Raketentreibstoff.“
„Jawohl. Sollen die Testgeschosse außerdem noch eine Plutoniumladung erhalten?“
„Wieso? — Ach so. Ja. Für den Fall, daß wir die Testgeschosse nicht wieder einfangen können und durch Fernzündung zerstören müssen, könnten wir Plutonium einsetzen. Das ist richtig. Davon haben wir aus eigener Produktion genug. Der Gravitationsreaktor liefert davon eine ganze Menge. Gut, daß Sie mich daran erinnert haben.“
Kommandant Axel Kerulen setzte seine Anweisungen fort. Auch die anderen Besatzungsmitglieder erhielten Aufträge. Jeder ging danach an seine Arbeit.
Filitra Goma trat zum Funk- und Radarpult, um es näher in Augenschein zu nehmen. Da sah sie in einem der Sessel ein Buch liegen. Sie blieb stehen und nahm es in die Hand. Auf dem Einband stand in großen Buchstaben:
Meteoritenfelder Radar registriert General-Catalogue
Das war also der General-Katalog für radarregistrierte Meteoritenfelder. Interessiert blätterte sie in dem dicken Band. Es war unglaublich, wieviel Meteoritenfelder es gab. Eine ganze Anzahl hatte vor ihrer Registriernummer ein dickes, fettgedrucktes Minuszeichen. Das bedeutete, daß sie beseitigt worden waren und keine Gefahr mehr für die Raumfahrt bedeuteten. Die Mehrheit der Nummern hatte aber noch immer ein warnendes rotes Pluszeichen davor.
Filitra nahm sich vor, demnächst einmal in diesem General-Katalog zu lesen. Sie legte ihn wieder hin. Jetzt mußte sie ihren Auftrag ausführen und Norbert Franken bei einigen Funkmessungen helfen.
Henry Lorcester war einer derjenigen, die bei der Verteilung der Aufgaben leer ausgegangen waren. Das tat ihm aber nicht leid, denn er kannte den Arbeitsablauf, der jetzt einsetzen würde, nur zu gut. Er hatte ja schon zehn Monate Dienst auf dem Raumschiff der jungen Generation, auf AJ-417, hinter sich. Er begnügte sich damit, zuzusehen, wie Filitra an den Geräten hantierte.
Auf dem zentralen Bildschirm war der milchige Nebelfleck der Radarreflexion inzwischen beträchtlich angewachsen. Er hatte sich zu einem unregelmäßigen Gebilde von etwa eineinhalb Meter Durchmesser entwickelt. Dieses großflächige Radarbild wurde von Minute zu Minute größer. Hier und da begannen sich schon einzelne Fünkchen zu zeigen. Das waren die größten Meteoriten des Schwarmes.
Norbert Franken trat an Henry Lorcester heran. „Würdest du mich ein wenig unterstützen?“ fragte er. „Ich könnte noch einen Helfer brauchen.“
„Aber selbstverständlich“, antwortete Lorcester. „Was kann ich tun?“
„Sei so gut und nimm ein Radargerät zusätzlich in Betrieb. Je näher wir dem Feld kommen, desto mehr sind wir der Gefahr ausgesetzt, mit Außenseitern des Schwarmes zusammenzustoßen. Diese abseitsfliegenden Meteoriten könnten durch unser künstliches Gravitationsfeld angezogen und auf das Raumschiff abgelenkt werden.“
Franken hatte kaum diesen Satz ausgesprochen, als seine Befürchtung auch schon wahr wurde.
Henry Lorcester fühlte plötzlich, wie sein Körpergewicht aufhörte zu existieren. Ihm wurde ganz wunderlich und leicht zumute. Er hatte kein Gefühl mehr dafür, wo unten oder oben war. Alles schien sich um ihn zu drehen und durcheinanderzufallen. Schließlich nahm er wahr, daß er schwebte. Vorsichtig, jede ruckartige Bewegung vermeidend, griff er nach der Lehne eines Sessels. Er wollte sich hineinziehen und festschnallen. Man konnte nicht wissen, was jetzt alles passieren würde. Es gelang ihm aber nicht mehr.
Gleichzeitig mit dem Schwinden der Schwere durchdrang ein tiefer Brummton das ganze Schiff. Das war das akustische Signal dafür, daß das künstliche Gravitationsfeld vom Pilotron vorübergehend abgeschaltet worden war. Für einen kurzen Augenblick schlug die Radarklingel an.
Plötzlich gab es einen kleinen, aber scharfen Ruck. Die Rakete war einem Meteoriten ausgewichen.
Lorcesters Fingerkraft reichte nicht aus, sich bei dem Ruck an der Sessellehne festzuhalten.
Er erhielt einen Stoß und schwebte auf die hohe Front des Rechenzyklons zu.
Es war zum Lachen. Oulu machte unfreiwillig einen Handstand auf den Bedienungstasten des Elektronenhirns. Er hielt sich an ihnen fest. Kerulen war im Begriff, die Wand mit dem Kopf zu rammen. Der Kommandant warf sich herum und fing den Anstoß mit einer Schulter ab. Filitra war unter einen Sessel geschleudert worden.
Nur Salamah El Durham schlängelte sich mit erstaunlicher Gewandtheit katzengleich zum Helicon. Ein Spezialtraining, das er auf der Erde absolviert hatte, versetzte ihn in die Lage, in solchen ungewöhnlichen Situationen bis zu einem gewissen Grade Herr seiner Bewegungen zu bleiben und sich trotz Schwerelosigkeit oder körperlicher Überschwere bewegen zu können. Schon hing sein Gesicht vor dem Radarvisier des Helicons. Ein Knopfdruck — und ein Vernichtung bringendes Strahlenbündel fuhr aus der Rakete. Unweit des Raumschiffes glühte es auf. Das war der winzige Meteorit, der unvermittelt aufgetaucht war und der jetzt, von der Strahlung des Helicons getroffen, verdampfte. All das hatte sich in wenigen Sekunden abgespielt.
Langsam verklang das Tiefe Brummen. Die Gravitation kehrte zurück. Die Körper bekamen ihr normales Gewicht und sanken zum Boden herab. Die Menschen brachten sich wieder in die normale aufrechte Lage, atmeten tief auf und lächelten einander zu.
Dann ging jeder wieder seiner gewohnten Arbeit nach, als wäre nichts geschehen.
Filitra rappelte sich unter dem Sessel hervor. So ist das also, wenn das Raumschiff plötzlich einem Meteoriten begegnet, dachte das Mädchen. Bevor man einen klaren Gedanken fassen kann, ist schon alles vorbei.
Henry Lorcester machte sich, durch den Zwischenfall gewarnt, sofort an seine Aufgabe. Sorgfältig suchte er die Nachbarschaft des Raumschiffes nach diesen Außenseitern ab. Er entdeckte aber nur einige wenige Einzelgänger. Sie blieben der Rakete ungefährlich, denn sie flogen abseits der Bahn des Raumjägers. Dennoch ging Lorcester stets zum Helicon, zielte, und schon war der Meteorit verdampft.
Je mehr das Raumschiff den Schwarm einholte, um so größer wurde die Dichte der Mikrometeoriten. Sie richteten jedoch keinen Schaden an, da sie sich beim Aufprall auf das Schiff stark erhitzten und von allein verdampften.
„Partikel von 27 auf 43 gestiegen“, meldete Franken dem Kommandanten. Die Meßinstrumente registrierten also jetzt dreiundvierzig Zusammenstöße des Raumschiffes je Minute mit den mikroskopisch kleinen Staubteilchen des Kosmos. Gegen 15.00 Uhr hatte der Raumjäger den Meteoritenschwarm eingeholt. Nun begann die Ermittlungsarbeit, von der es abhing, in welcher Weise die kosmische Gefahrenquelle beseitigt werden mußte.
Zuerst startete der Pilot Kioto Yokohata, um Beobachtungen von der Aufklärungsrakete aus durchzuführen. Wenig später wurden dann die beiden von Salamah El Durham vorbereiteten Testgeschosse in den Schwarm abgefeuert. Die Geschosse erreichten die Meteoriten sehr schnell und drangen in den Schwarm ein. Sie waren mit verschiedenen Meßinstrumenten ausgestattet, die ununterbrochen Angaben sammelten und die Meßwerte zum Raumschiff zurückfunkten. Die Testgeschosse waren so klein, daß sie in den seltensten Fällen innerhalb des Schwarmes kollidierten; denn in einem Meteoritenfeld waren die einzelnen Meteoriten für irdische Begriffe weit voneinander entfernt.
Als die Testtorpedos das Feld durchflogen hatten und sich anschickten, ihm vorauszueilen, wurden die Bremsladungen durch ein Funksignal ferngezündet. Die verbrennenden Gase strömten gegen die Flugrichtung des Geschosses aus. Die Torpedos verloren einen Teil ihrer Geschwindigkeit, und die Meteoriten holten sie wieder ein. Auf diese Weise durchmaßen die Instrumententorpedos das Meteoritenfeld ein zweites Mal. Die Vorstellungen, die sich die Astronauten von der Struktur des Schwarmes gemacht hatten, wurden dadurch vollständiger. Schließlich blieben die Testgeschosse wieder hinter dem Schwarm zurück. Das Raumschiff fing sie ein und nahm sie an Bord. El Durham konnte die Plutoniumladung entfernen. Die automatischen Kundschafter waren glücklicherweise nicht außer Kontrolle geraten, so daß es nicht notwendig geworden war, sie zu zerstören.
Die Testgeschosse hatten ermittelt, daß es nur wenige große Meteoriten im Feld gab. Sie waren etwa so groß wie Taubeneier. Zwanzig Prozent des Schwarmes, das waren einige hundert Stück, waren kieselgroße Steinchen. Achtzig Prozent dagegen waren nicht größer als Sandkörner. Daneben gab es viel kosmischen Staub. Im Durchschnitt kamen auf einen Kubikkilometer nicht mehr als zwölf Gramm Masse. Für kosmische Verhältnisse war das allerdings sehr dicht.
Zusammen mit den Ermittlungen der Erkundungsrakete Kioto Yokohatas ergab sich ein ziemlich genaues Bild des Meteoritenfeldes. Der ganze Schwarm war eine annähernd kugelförmige Anhäufung von Kleinstmeteoriten mit einer durchschnittlichen Ausdehnung von 190 Kilometer. Nachdem diese und andere Einzelheiten bekannt waren, begannen die Asteroidenjäger mit der Bekämpfung des Schwarmes. Paro Bacos erschien gut ausgeruht im Steuerraum. Er nahm am Helicon Platz. Vor ihm lag eine große Tabelle, von Oulu Nikeria am Elektronenhirn errechnet. Sie enthielt die Richtwerte zur Einstellung und Bedienung des Strahlenwerfers für die Bekämpfung der einzelnen Abschnitte des Meteoritenfeldes.
Das Raumschiff flog mit einem Abstand von rund 320 Kilometern hinter dem Schwarm her. Man hatte dadurch einen guten Überblick über das ganze Feld.
Kerulen gab an die Gravitationsstation den Befehl, die Maschinensätze für die nächsten Stunden stillzulegen. Die Energie des Gravitationsreaktors sowie die Kraft aller anderen Energieerzeugungsanlagen einschließlich der Triebwerksreaktoren wurden für den Helicon benötigt.
„Achtung! Achtung! — Mitteilung an die gesamte Besatzung. Wir beginnen mit der Bekämpfung des Meteoritenschwarmes MRGC 763 (F 12). Das Gravitationsfeld des Raumschiffes schwindet. Bitte sofort Haftschuhe mit Magnetsohlen anlegen. — Ich wiederhole: Das Gravitationsfeld schwindet. Haftschuhe anlegen. — Ende.“
Im zentralen Steuerraum schnallte sich ein jeder auf seinem Platz vor der jeweiligen Kommandostelle mit Gurten fest. Paro Bacos begann mit der Arbeit. Er schaltete den Strahlenwerfer ein. Zuerst zog er mit dem unsichtbaren Strahlenbündel weit außerhalb des Feldes einen Kreis um den Schwarm, allmählich enger und enger werdend. Als er die äußeren Grenzen des Schwarmes erreicht hatte, begann sich ein matter Ring dunkelrot leuchtender Gase um den Meteoritenschwarm zu bilden. Er entstand aus den getroffenen und vernichteten Meteoriten und Partikeln. Nach und nach wurde der Kreis dieser leuchtenden Gase enger. Die Leuchtkraft des dunkelroten Scheines nahm beständig zu.
Am Elektronenhirn arbeitete Oulu. Er berechnete ständig neue Werte für den Helicon. Alle zehn Minuten reichte er zu Paro Bacos eine neue Zielkarte hinüber. Mirsanow überwachte die Arbeit der Reaktoren. Franken stand ständig über Funk mit der Aufklärungsrakete in Verbindung, und Kerulen kontrollierte den Flug des Raumschiffes, das immer genau hinter dem Schwarm bleiben mußte.
Sobald das Strahlenbündel des Helicons mit seiner geballten Kraft die sandkorn- oder kieselgroßen Meteoriten traf, verdampften sie unter dem Einfluß der hohen Temperaturen, die die Strahlung des Helicons beim Auftreffen auf die Meteoriten verursachte. Ab und zu glühte in dem dunkelroten Ring ein heller Funke auf. Dann war jedesmal einer der taubeneigroßen Steine getroffen worden. Je enger der Kreis wurde, den der Strahlenwerfer um den Meteoritenschwarm zog, desto öfter glühten getroffene Steine auf. Nach und nach entfesselte der Helicon ein funkensprühendes Feuerwerk.
Während der ganzen Zeit, in der das künstliche Gravitationsfeld abgeschaltet war und Schwerelosigkeit im Raumschiff herrschte, machte Sagitta Rundgänge. Das Laufen mit den Haftschuhen, an denen Magnetsohlen befestigt waren, war sehr anstrengend. Es war Aufgabe der Ärztin, jetzt ständig über den Gesundheitszustand der Besatzung zu wachen. Bei längerandauernder Schwerelosigkeit konnte es vorkommen, daß bei dem einen oder anderen Menschen funktionelle Störungen eintraten und ärztliche Hilfe notwendig wurde. Wenn Sagitta bei ihren Rundgängen durch das Raumschiff in den zentralen Steuerraum kam, verweilte sie etwas und ruhte sich aus. Zuerst überzeugte sie sich aber davon, daß noch alle im Zentralposten anwesenden Kosmonauten wohlauf waren. Erst danach gönnte sie sich etwas Zeit. Dabei verfolgte sie den Ablauf der Vernichtung des Meteoritenschwarmes.
Auf einen solchen stillen Betrachter, wie es die Ärztin war, wirkte der Anblick des Fernsehbildes des immer enger und enger werdenden Ringes der dunkelrot glühenden Gase so, als rase das Raumschiff Stunde um Stunde durch einen immer kleiner und schmaler werdenden, nie endenden Tunnel, dessen Wände kirschrot wie erhitztes Eisen glühten.
Nach etwa vier Stunden, als sich der Flammenkranz bis zu einem Durchmesser von 70 Kilometern verengt hatte, ergab sich durch die Radarkontrolle, daß der Helicon den dichter werdenden Vorhang der Meteoriten nicht mehr bis zur Spitze des Schwarmes zu durchdringen vermochte. Kerulen steuerte den Raumjäger näher an den Schwarm heran.
Die Distanz verringerte sich von 320 auf 130 Kilometer. Die Durchschlagskraft des Strahlenwerfers erhöhte sich damit.
Kioto Yokohata, der nach seinem Aufklärungsflug noch einmal zu Beginn der Aktion zusammen mit dem Navigator in den Weltraum gestartet war, um von einer zweiten Seite die Radarkontrolle auszuüben, meldete, der Meteoritenschwarm beginne sich pilzförmig umzubilden. Der Stiel des Pilzes, das Ende des Schwarmes, weise auf das Raumschiff. Und der Schirm, der dem Stiel voranfliege, beginne zu zerblättern.
Paro Bacos vergrößerte noch einmal den Kreis, den der Helicon um die Meteoriten zog, auf einen Durchmesser von 150 Kilometern. Nach weiteren zwei Stunden hatte er auch den Schirm, die Spitze des Schwarmes, auf 70 Kilometer begrenzt. Das Meteoritenfeld hatte damit gewissermaßen die Form eines langen, dicken Wurmes angenommen.
Kommandant Kerulen entschloß sich, den Meteoritenschwarm durch einen Eingriff so zu verformen, daß er dem Helicon mehr Angriffsfläche bot. Der Schwarm konnte dadurch schneller beseitigt werden. Er erteilte der Kolibri-Rakete über Funk den Auftrag, dem Schwarm eine Plutoniumbombe in den Weg zu werfen. Wenige Minuten später glühte etwa eintausend Kilometer vor dem Raumschiff mit gleißendem Schein eine Kernexplosion auf. Schnell dehnten sich die Explosionsgase nach allen Seiten aus. Die vorderen Meteoriten wurden stark abgebremst. Die letzten Raumsplitter des Schwarmes dagegen verloren kaum noch an Gechwindigkeit, weil die Gaswolke sehr schnell an Dichte verlor und dem Flug der Meteoriten kaum noch Widerstand bot. Die letzten Meteoriten des Feldes flogen jetzt also schneller als die ersten. Der Schwarm wurde kürzer und strebte dafür mehr und mehr in die Breite. Die Kraft des Helicons reichte nun aus, den Schwarm zu durchdringen.
Die Bekämpfung der Meteoriten und ihre vollständige Vernichtung näherte sich damit ihrem Abschluß. Der Strahlenwerfer arbeitete mit äußerster Energie. Der tunnelartige Feuerschlauch, durch den das Raumschiff zu fahren schien, verengte sich zusehends. Nach einer weiteren Stunde waren es nur noch 20 Kilometer Durchmesser und schließlich nur noch 10.
Dann kam der Augenblick, wo der letzte Meteorit verglühte. Das mächtige Strahlenbündel des Helicons stieß ins Leere. Vergebens tastete Paro Bacos nach Resten des Schwarmes. Auch die Radargeräte bestätigten, daß keine Meteoriten mehr vorhanden waren. Selbst die Dichte der Partikel sank für einige Zeit auf Null ab.
MRGC 763 (F 12) existierte nicht mehr. Im Katalog würde fortan vor den Symbolen dieses Schwarmes statt des warnenden roten Pluszeichens ein schwarzes Minuszeichen vermerkt sein. Die Weltraumfahrer der Erde hatten einen Feind weniger. AJ-408 konnte zum 520. Sonnenkreis zurückkehren.
Kommandant Kerulen schickte nun einen kurzen Bericht über den Bordfunk:
„Achtung! Achtung! — Die Bekämpfung des Meteoritenfeldes ist beendet. Es wurde die Vernichtung von 376 Meteoriten registriert. Die Anzahl der beseitigten sandkorngroßen Kleinstmeteoriten wird auf mehrere tausend geschätzt — Achtung! Das Gravitationsfeld wird eingeschaltet! Die Schwerkraft kehrt wieder. — Ende.“
Seit der Entdeckung des Schwarmes am Mittag waren vierzehn Stunden vergangen. Nach irdischer Zeit war es weit nach Mitternacht. Trotz dieses langen Arbeitstages herrschte eine großartige Stimmung unter den Astronauten; die hohe Abschußziffer ließ alle, auch die übermüdetsten Gesichter, freudig strahlen.
Das künstliche Schwerefeld kehrte langsam zurück. Die Astronauten legten ihre Schutzanzüge und Haftschuhe ab. überall im Schiff, auf allen Stationen und in allen Sektionen des Rumpfes, warfen die Astronauten einen letzten prüfenden Blick auf Skalen, Uhren und Instrumente. Dann verließen sie ihre Arbeitsplätze. Alle waren sie müde und hungrig. Das erste große Gefecht zwischen den Sternen war erfolgreich beendet.