Der durchschlagende Erfolg bei der Anwendung des Gargancjan-Rezepts hatte in beiden Konstrukteuren die Abenteuerlust geweckt, so daß sie beschlossen, erneut in unbekannte Gefilde aufzubrechen. Als es jedoch darum ging, das Ziel der Reise festzulegen, stellte sich heraus, daß von Übereinstimmung nicht die Rede sein konnte. Jeder der beiden hatte eine gänzlich andere Konzeption: Trurl, der für wärmere Gefilde schwärmte, träumte von Tropicanien, dem Land der subsolaren Sonnenanbeter. Klapauzius hingegen — eher von nordisch kühlem Temperament — war fest entschlossen, den Intergalaktischen Kältepol zu besuchen, einen düsteren Kontinent, umgeben von eisigen Sternen. Die Freunde waren schon dabei, sich wegen unüberbrückbarer Meinungsverschiedenheiten für immer zu trennen, als Trurl plötzlich eine Idee hatte, die er bei aller Bescheidenheit für genial hielt. „Warte mal“, sagte er, „wir können doch eine Annonce aufgeben, in der wir unsere Dienste anbieten. Von allen Angeboten, die wir bekommen, suchen wir dann das beste aus.“ — „Dummes Zeug“, brummte Klapauzius. „Wo willst du eine Annonce aufgeben? In der Zeitung vielleicht? Weißt du denn nicht, wie lange eine Zeitung braucht, um den nächstgelegenen Planeten zu erreichen? Alt und grau wärst du, bis das erste Angebot bei dir einginge!“
Trurl aber lächelte überlegen und entwickelte einen originellen Plan, dem Klapauzius nolens volens zustimmen mußte, und so machten sich beide an die Arbeit. Mit Hilfe von Spezialwerkzeugen, die sie in aller Eile hergestellt hatten, holten sie die nächstgelegenen Sterne heran und formten aus ihnen eine riesige Inschrift, sichtbar noch aus Entfernungen, die sich eigentlich schon gar nicht mehr berechnen ließen. Das erste Wort dieser Inschrift oder, besser gesagt, der Annonce, war aus besonders hell leuchtenden Riesensternen zusammengesetzt, um die Aufmerksamkeit der potentiellen Leser im Kosmos auf sich zu lenken. Die übrigen Worte hingegen waren aus stellarem Kleinmaterial, den sogenannten Unterzwergen, gefertigt. Die Annonce lautete: ZWEI exzellente Konstrukteure suchen gutbezahlte Tätigkeit entsprechend ihren Fähigkeiten, vorzugsweise am Hof eines wohlsituierten Königs (sollte sein eigenes Königreich haben); nähere Bedingungen Verhandlungssache. Es war nur wenig Zeit vergangen, da landete eines schönen Tages mitten in ihrem Vorgarten ein prachtvolles Raumschiff. Es leuchtete und glänzte in der Sonne, so als sei es mit dem allerfeinsten Perlmutt verkleidet. Es hatte drei kunstvoll geschnitzte Füße und sechs Reservestelzen aus purem Gold, die jedoch eigentlich nutzlos waren, da sie nicht einmal bis zum Boden reichten. Es war offensichtlich, daß die Konstrukteure dieses Fahrzeugs über mehr kostbare Materialien als kreative Phantasie verfügt hatten. Dem Raumschiff entstieg über eine prachtvolle Treppe mit sprudelnden Springbrunnen auf beiden Seiten ein Fremdling von majestätischer Gestalt, umgeben von einem Gefolge sechsfüßiger Maschinen: Die einen massierten ihn, andere stützten ihn, und wieder andere fächelten ihm Luft zu; die kleinste Maschine aber umkreiste sein erhabenes Haupt und besprühte es mit Eau de Cologne aus einem Zerstäuber. Eingehüllt in diese Duftwolke begrüßte der imposante Emissär die Konstrukteure im Namen seines Herrschers, König Grausam, und bot ihnen eine Anstellung in dessen Reich an.
„Und worin soll unsere Arbeit bestehen?“ fragte Trurl interessiert.
„Einzelheiten, meine Herren, werden Sie an Ort und Stelle erfahren“, erwiderte der Fremdling. Er trug Pumphosen aus Gold, nerzbesetzte Halbstiefel, Ohrenschützer in Form von Golddukaten und eine Purpurrobe von höchst ungewöhnlichem Schnitt — statt Taschen hatte sie kleine Schubladen, gefüllt mit allerlei Süßigkeiten und Naschwerk. Den Würdenträger umsummten winzige mechanische Fliegen, die er mit kaum wahrnehmbaren, herrischen Gesten verscheuchte, wenn sie allzu zudringlich wurden.
„Für den Augenblick“, fuhr er fort, „kann ich Ihnen so viel sagen, daß Seine Grenzenlose Grausamkeit ein großer Jäger vor dem Herrn ist, ein furchtloser und unerschrockener Bezwinger der gesamten galaktischen Fauna, seine Meisterschaft in der Jagd aber hat solch einen Gipfel erreicht, daß die schrecklichsten Raubtiere schon längst kein ebenbürtiger Gegner mehr für ihn sind. Natürlich leidet er sehr darunter, denn er sehnt sich nach echten Gefahren, nach wirklichen Abenteuern, die einen ganzen Mann verlan gen, und eben deshalb…“
„Oh ja, ich verstehe“, sagte Trun lebhaft, „wir sollen ihm neue Arten von Raubtieren konstruieren, ausnehmend wilde und reißende Bestien, voller Tücke und Hinterlist, nicht wahr?“
„Sie haben, verehrter Konstrukteur, in der Tat eine überaus rasche Auffassungsgabe“, sagte der Emissär des Königs. „Wie steht es also, sind die Herren einverstanden?“
Klapauzius erkundigte sich nach den praktischen Einzelheiten und den näheren Bedingungen. Als aber der Emissär die Großzügigkeit seines Herrn in den glühendsten Farben schilderte, zögerten die beiden Konstrukteure nicht länger, packten in aller Eile ein paar Bücher und persönliche Sachen zusammen, rannten die prachtvolle Treppe hinauf und sprangen an Bord des Raumschiffs, das sogleich mit Donnergetöse und feuerspeienden Triebwerken startete und durch die schwarze galaktische Nacht dahinjagte.
Unterwegs machte der Emissär die beiden Konstrukteure mit den Sitten und Gebräuchen in König Grausams Reich vertraut, er erzählte von der Natur des Monarchen, so breit wie der Wendekreis des Krebses, von seinen ausgesprochen männlichen Leidenschaften und von vielen anderen Dingen, so daß die beiden Neuankömmlinge bei der Landung des Raumschiffs bereits in der Lage waren, sich in der Sprache der Einheimischen zu verständigen.
Man brachte sie zunächst in ein prächtiges Palais, auf einem Berg hoch über der Stadt gelegen, das von nun an ihr Domizil sein sollte. Nachdem sie sich etwas erholt hatten, sandte der König eine Kutsche, bespannt mit sechs feuerspeienden Ungeheuern, wie sie noch keiner der beiden jemals im Leben zu Gesicht bekommen hatte. Sie trugen Maulkörbe mit rauchabsorbierenden Spezialfiltern, ihre Flügel aber waren kräftig gestutzt, so daß sie sich nicht mehr in die Luft erheben konnten; sie hatten lange, mit Stahlschuppen bewehrte Schwänze sowie eiserne Spikes an allen sechs Hufen, die bei jedem Schritt tiefe Furchen im Straßenpflaster hinterließen. Kaum waren die Monster der beiden Konstrukteure ansichtig geworden, da brach das ganze Gespann in ein entsetzliches Geheul aus, spie Feuer und Schwefel und wollte sich auf sie stürzen; Kutscher in Asbestrüstungen und hinzueilende Jäger des Königs mußten die rasenden Ungeheuer mit Wasserwerfern traktieren und ihnen mit Laser— und Maserkeulen den schuldigen Respekt einprügeln, bevor Trurl und Klapauzius in die mit Samt ausgeschlagene Kutsche steigen konnten, was sie mit zitternden Knien und ohne ein Wort taten. Die Kutsche setzte sich mit halsbrecherischer Geschwindigkeit, d.h. mit einem wahrhaft höllischen Drachentempo in Bewegung.
„Du, hör mal“, flüsterte Trurl Klapauzius ins Ohr, als sie mit orkanartigem Tempo, eingehüllt in Wolken von Schwefeldampf dahinjagten und alles, was sich ihnen in den Weg stellte, beiseite schleuderten, „ich habe das Gefühl, dieser König verlangt nicht irgendeinen x-beliebigen Firlefanz von uns. Ich meine, wenn er schon solche Kutschpferde hat…“
Klapauzius aber ließ sich nicht aus seiner stoischen Ruhe bringen und würdigte ihn keiner Antwort. Häuser blitzten auf, mit Diamanten und Saphiren verkleidete Fassaden flogen vorbei, während die Drachen unter entsetzlichem Zischen dahindonnerten, und die Kutscher fluchten und schrien. Schließlich tauchte schemenhaft ein riesiges Falltor vor ihnen auf, die Kutsche raste in den Vorhof des königlichen Palasts, beschrieb eine derart jähe Wende an den Blumenrabatten, daß die Rosen im Gluthauch der Flammen sogleich verkümmerten, und kam endlich vor der Giebelseite eines Schlosses zum Stehen, das schwärzer war als die schwärzeste Nacht. Von dumpfen, seltsam traurigen Fanfarenklängen begrüßt, klein und niedergedrückt angesichts einer gigantischen Treppe und steinerner Kolosse, die das Eingangstor von beiden Seiten bewachten, betraten Trurl und Klapauzius flankiert von einer furchteinflößenden Ehrengarde die geräumigen Säle des Schlosses.
König Grausam erwartete sie in einer riesigen Halle, deren eigenartige Form an das Innere eines Raubtierschädels gemahnte. Sie glich einer weiten, gewölbten Höhle aus getriebenem Silber. Dort, wo sich beim Schädel die Öffnung für die Wirbelsäule befindet, gähnte im Fußboden der schwarze Rand eines Brunnens von unermeßlicher Tiefe. Gleich daneben erhob sich der Thron, über dem sich Lichtstrahlen wie Flammenschwerter kreuzten; sie drangen durch zwei hohe Fenster, die die Augenhöhlen des Schädels darstellten. Speziell getöntes Fensterglas tauchte jeden Gegenstand in der Höhle in kaltes Verwesungslicht und verlieh ihm ein gespenstisches Aussehen. Dann wurden die beiden Konstrukteure des Monarchen ansichtig: König Grausam war von solcher Ungeduld, daß es ihn keinen Augenblick auf seinem Thron hielt. Als er zu sprechen begann und seinen Worten mit ruckartigen Gesten Nachdruck verlieh, durch schnitten seine Hände die Luft mit der Geschwindigkeit einer niedersausenden Peitsche, so daß jedesmal ein lautes Zischen ertönte.
„Seid mir willkommen, Konstrukteure“, sagte er und durchbohrte beide mit seinem Blick. „Wie ihr schon von Graf Protozor, dem Meister der Königlichen Jagd, erfahren habt, verlange ich von euch, daß ihr mir neuartige und besonders leistungsfähige Raubtierarten konstruiert. Wie ihr leicht einsehen werdet, habe ich keinerlei Interesse an stählernen Kolossen, die auf hunderten von Panzerketten durchs Gelände kriechen, das ist eine Sache für die schwere Artillerie, nicht für mich. Mein Gegner muß stark und wild, flink und behende sein, vor allem aber voller Tücke und Hinterlist, so daß ich mein ganzes jagdliches Können aufbieten muß, wenn ich ihn zur Strecke bringen will. Es muß eine durchtriebene, hochintelligente Bestie sein, die die Kunst beherrscht, Spuren zu verwischen und Haken zu schlagen, lautlos im Hinterhalt zu lauern und blitzschnell anzugreifen, das ist mein königlicher Wille!“
„Verzeiht mir, Königliche Hoheit“, sagte Klapauzius und verneigte sich tief, „was aber, wenn wir die Wünsche Eurer Majestät allzu gut erfüllen, werden wir dann nicht dero Allerhöchstes Leben und Gesundheit in größte Gefahr bringen?“
Der König brach in solch donnerndes Gelächter aus, daß sich ein Schmuckgehänge vom Kristallkandelaber löste und dicht neben den Füßen der ängstlich zusammenzuckenden Konstrukteure zerschellte.
„Davor habt keine Furcht, meine edlen Konstrukteure!“ sagte er mit grimmigem Lächeln. „Ihr seid nicht die ersten, und ihr werdet auch nicht die letzten sein, wie ich meine. Ihr müßt wissen, daß ich ein gerechter, aber äußerst anspruchsvoller Herrscher bin. Allzu oft schon haben ausgesuchte Spitzbuben, Hochstapler und Schwindler versucht, mich zu betrügen, allzu oft, sage ich, haben sie sich als erstklassige Jagdingenieure ausgegeben, nur um meine Schatztruhen zu leeren und sich die Taschen mit Kleinodien und Edelsteinen vollzustopfen; als Gegenleistung ließen sie dann ein paar erbärmliche Vogelscheuchen zurück, die schon beim Anblick eines Jägers in sich zusammenfielen… Nein, nein, es gab allzu viele von diesen Scharlatanen, so daß ich mich gezwungen sah, gewisse Vorsichtsmaßnahmen zu ergreifen. Seit nunmehr zwölf Jahren halte ich es so, daß jeder Konstrukteur, der meine Wünsche nicht erfüllt, der mehr verspricht, als er halten kann, zwar seinen versprochenen Lohn erhält, jedoch gemeinsam mit der Belohnung in diesen tiefen Brunnen hier geworfen wird — es sei denn, er hat die Kühnheit, mir selbst als Jagdbeute dienen zu wollen. In einem solchen Falle jedoch benutze ich, wie ich euch versichern kann, keinerlei Waffen, sondern nur meine bloßen Hände, die ihr hier vor euch seht…“
„Und… und hat es schon viele von diesen Unglücklichen gegeben?“ fragte Trurl mit merklich leiser gewordener Stimme.
„Viele? An alle kann ich mich beim besten Willen nicht mehr erinnern. Ich weiß nur, daß mich bis jetzt noch keiner zufriedengestellt hat, und daß die Entsetzensschreie, die sie unweigerlich von sich geben, wenn sie in den Brunnen hinabstürzen und dieser Welt Lebewohl sagen, nicht mehr so lange dauern wie früher — das muß wohl daran liegen, daß sich die Überreste dieser Scharlatane mittlerweile am Grund des Brunnens zu Bergen türmen. Aber keine Angst, meine Herren, auch für euch wird sich dort unten noch ein Plätzchen finden!“
Nach diesen entsetzlichen Worten herrschte tödliches Schweigen; die beiden Freunde blickten unwillkürlich in die Richtung des schwarzen, unheilverheißenden Brunnens. Der König nahm seine rastlose Wanderung durch den Saal wieder auf, seine Stiefel donnerten auf das silberbeschlagene Parkett wie Schmiedehämmer in einer Echokammer.
„Aber, Majestät, mit Eurer Erlaubnis, wir haben ja nicht… ich meine, wir haben ja noch keinen Vertrag geschlossen“, brachte Trurl schließlich stotternd hervor. „Könnten wir nicht noch ein, zwei Stunden Bedenkzeit haben, denn wir müssen ja zunächst die profunden Worte Eurer Hoheit in unserem Herzen bewegen, und danach wird sich zeigen, ob wir die Bedingungen annehmen oder aber ob wir…“
„Ha, ha!“ lachte der König donnernd, „oder ob ihr nach Hause fahrt, wie? Nein, nein, meine Herren, ihr habt die Bedingungen akzeptiert, als ihr an Bord der Infernanda kamt, die, nota bene, ein Teil meines Königreichs ist! Wenn jeder Konstrukteur, der hier eintrifft, gehen könnte, wann immer er wollte, dann müßte ich ja eine Ewigkeit auf die Erfüllung meiner Wünsche warten! Also ihr bleibt und konstruiert mir Ungeheuer für die Jagd… Zwölf Tage gebe ich euch dafür, und jetzt könnt ihr gehen. Sollte es euch nach Annehmlichkeiten und Luxus aller Art verlangen, so wendet euch nur an die Diener, die ich euch zugewiesen habe, es soll euch an nichts fehlen. In ZWÖLF Tagen also!“
„Mit Eurer Erlaubnis, Hoheit, Annehmlichkeiten interessieren uns im Moment weniger, aber könnten wir nicht einmal einen Blick auf die Jagdtrophäen Eurer Königlichen Majestät werfen, sozusagen auf das Werk unserer Vorgänger?“
„Aber natürlich, natürlich!“ entgegnete der König nachsichtig und klatschte so kräftig in die Hände, daß Funken aufstoben und die silberbeschlagenen Wände entlangtanzten. Der jähe Windstoß, der durch diese kraftvolle Bewegung hervorgerufen wurde, sorgte dafür, daß sich die Gemüter der beiden abenteuerlustigen Konstrukteure noch weiter abkühlten. Sechs Königliche Leibgardisten in goldstrotzenden Uniformen geleiteten Trurl und Klapauzius in einen schier endlosen unterirdischen Gang, der sich zu immer neuen Mäandern krümmte und wand, so daß er an eine versteinerte Riesenschlange erinnerte; zu ihrer großen Erleichterung gelangten sie schließlich wieder ans Tageslicht, mitten in ein riesiges Terrarium unter freiem Himmel. Hier waren auf überaus sorgfältig gepflegten Rasenflächen König Grausams mehr oder weniger gut erhaltene Jagdtrophäen ausgestellt. Ganz in ihrer Nähe befand sich ein gewaltiger Koloß, durch einen furchtbaren Hieb fast in zwei Hälften gespalten, trotz der schweren Stahlplattenpanzerung, die seinen Rumpf hätte schützen sollen; der säbelzahnbewehrte Rüssel schien den Himmel durchbohren zu wollen, die extrem langen Hinterbeine (offensichtlich für riesige Sprünge konstruiert) ruhten auf dem Gras gleich neben dem Schwanz, dessen Spitze in eine automatische Waffe mit halbleerem Magazin einmündete — ein sicheres Zeichen dafür, daß sich dieses Monstrum dem König erst nach hartem Kampf ergeben hatte. Davon legte auch ein gelblicher Fetzen Zeugnis ab, der aus seinem weit geöffneten Rachen heraushing; Trurl erkannte sogleich, daß es sich um die Überreste eines Stiefels handelte, wie ihn die Königlichen Jäger trugen. Dicht daneben lag ein anderes drachenähnliches Ungeheuer mit unzähligen winzigen Stummelflügeln, versengt und geschwärzt durch feindliches Feuer; seine elektrischen Innereien waren durch übergroße Hitze geschmolzen und zu einer Porzellan— und Kupferpfütze erstarrt. Ein anderes Monstrum hatte seine sieben säulenähnlichen Beine im Todeskampf weit von sich gestreckt; eine leichte Brise strich ihm wispernd durch den geöffneten Rachen. In diesem seltsamen Jagdmuseum standen Wracks auf Rädern und Wracks auf Gleisketten, manche mit klauenähnlichen Greifarmen, manche mit Flammenwerfern bestückt, alle geborsten bis auf den letzten Magnetkern; es gab Panzer-Schildkröten mit zerquetschten Geschütztürmen und andere Scheusale, schrecklich zugerichtet und narbenübersät, ausgestattet mit zahllosen Reservegehirnen (total ausgebrannt oder durch rohe Gewalt zerschmettert), es gab hüpfende Ungeheuer mit verbogenen oder ausgerenkten Teleskopstelzen, und es gab bösartige gepanzerte Insekten, die überall umherlagen. Sie waren so konstruiert, daß sie je nach Gefechtslage in großen Schwärmen angriffen oder sich zu einem stählernen Igel zusammenballten, dessen Stacheln aus unzähligen winzigen Gewehrmündungen bestanden, eine raffinierte Idee, die aber weder sie selbst noch ihre unglücklichen Schöpfer vor dem Untergang bewahrt hatte. Durch das Spalier dieser traurigen Überreste schritten Trurl und Klapauzius schweigend, blaß und mit schlotternden Knien; sie sahen aus, als stünden sie kurz vor ihrer eigenen Beerdigung und nicht vor einem neuen Triumph ihres rastlosen Erfindergeistes. Nachdem sie diese Schreckensgalerie bis zum letzten Wrack besichtigt hatten, stiegen sie in eine Karosse, die am weißschimmernden Eingangstor auf sie wartete. Das Drachengespann, das sie in halsbrecherischem Tempo in ihre Residenz außerhalb der Stadt zurückbrachte, kam ihnen längst nicht mehr so furchterregend vor wie ehedem. Sobald sie in ihrem mit karmesinrotem und grünem Samt ausgeschlagenen Arbeitszimmer allein waren, vor einem Tisch, der sich unter der Last feinster Delikatessen und edelster Getränke bog, da löste sich Trurl endlich die Zunge, und er überschüttete seinen Freund mit einem ganzen Schwall übelster Flüche und Verwünschungen; schuld an ihrer gegenwärtigen Misere sei einzig und allein Klapauzius, weil er das Angebot des Meisters der Königlichen Jagd Hals über Kopf akzeptiert und damit nichts als Unglück über ihr Haupt gebracht habe, wo sie doch in aller Ruhe hätten zu Hause bleiben können, um ihren wohlverdienten Ruhm in vollen Zügen zu genießen. Klapauzius wartete in stoischer Ruhe ab, bis Trurl seinem Zorn und seiner Verzweiflung Luft gemacht hatte, und als dies endlich geschehen war, und Trurl erschöpft auf einer prächtigen, perlmuttbesetzten Chaiselongue in sich zusammensank und sein Gesicht in den Händen begrub, da sagte er nur:
„Ich denke, wir sollten uns allmählich an die Arbeit machen.“
Diese Worte weckten in Trurl gleichsam neue Lebensgeister, und die beiden Konstrukteure begannen sogleich, die verschiedenen Möglichkeiten durchzugehen, wobei sie auch ihr Wissen um die dunkelsten und tiefsten Geheimnisse der Arkankunst kybernetischer Kreation heranzogen. Sehr rasch waren sie sich darüber einig, ausschlaggebend für den Erfolg seien weder die Panzerung noch die Stärke des zu konstruierenden Ungeheuers, sondern einzig und allein sein Programm, somit gelte es, einen Algorithmus von wahrhaft diabolischer Derivation zu schaffen. Es muß eine echte Ausgeburt der Hölle werden, eine in jeder Hinsicht satanische Kreatur, sagten sie sich, und obwohl sie noch keine klare Vorstellung hatten, wie sie dies bewerkstelligen sollten, stieg ihre Stimmung bei diesem Gedanken beträchtlich. Und als sie sich daran machten, die Bestie zu konstruieren, nach der es den grausamen Monarchen so sehr gelüstete, da waren sie so mit Leib und Seele bei der Sache, daß sie eine Nacht, einen Tag und noch eine Nacht durcharbeiteten, und als die wohlgefüllten Leidener Flaschen unter ihnen kreisten, da waren sie sich ihrer Sache schon so sicher, daß sie einander schadenfroh zublinzelten und hämisch lächelten — das aber nur, wenn sie außerhalb der Sichtweite der Diener waren, die sie (nicht ganz zu Unrecht) verdächtigten, Spione des Königs zu sein. Folglich sprachen sie in Gegenwart der Diener nicht über ihre Arbeit, sondern lobten nur die köstlichen elektrolytischen Getränke über den grünen Klee, desgleichen das herrlich zarte Bœuf Elektroganoff und die schäumende Ionensuppe, die durch wieselflinke Kellner mit flatternden Rockschößen serviert wurden. Erst nach dem Abendessen, als sie auf die Terrasse hinausgegangen waren, von der aus die ganze, in den letzten Strahlen der Abendsonne erglänzende Stadt mit ihren weißen Türmen und schwarzen Kuppeln sichtbar war, wandte sich Trurl Klapauzius zu und sagte: „Wir sind noch längst nicht aus dem Schneider, die Sache ist wirklich nicht so einfach.“
„Wie meinst du das?“ flüsterte Klapauzius und sah sich verstohlen nach allen Seiten um.
„Weißt du, ich sehe es so. Wenn der König unser mechanisches Biest zur Strecke bringt, dann wird er zweifellos sein Versprechen wahrmachen und uns in diesen schrecklichen Brunnen werfen, eben weil wir seine Wünsche nicht erfüllt haben. Wenn uns wiederum die Bestie so gut gelingt… du weißt, worauf ich hinauswill?“
„Nein. Du meinst, wenn er die Bestie nicht besiegt?“
„Nein, wenn die Bestie ihn besiegt, lieber Kollege… Wenn das passieren sollte, dann wird uns auch der Nachfolger des Königs nicht ungestraft ziehen lassen.“
„Du glaubst, wir werden uns dann vor ihm verantworten müssen? Aber normalerweise ist ein Erbe des Throns doch nur allzu froh, wenn dieser vakant wird.“
„Das stimmt, aber Thronerbe wird sein Sohn sein, und ob er uns nun aus Liebe zu seinem Vater oder nur deshalb den Garaus macht, weil er denkt, daß der Hof das von ihm erwartet, das macht kaum einen Unterschied, zumindest soweit es uns betrifft. Oder bist du anderer Meinung?“
„Daran habe ich wirklich nicht gedacht.“ Klapauzius brütete vor sich hin und brummte schließlich: „Wirklich, die Perspektiven sind nicht eben rosig. Weder so noch so… Siehst du einen Ausweg?“
„Man könnte die Bestie multimortal konstruieren. Etwa nach folgendem Muster: Der König erschlägt sie, sie stürzt zu Boden, ersteht aber sogleich wieder von den Toten auf. Der König jagt ihr nach, macht ihr erneut den Garaus, und so weiter, bis er der ganzen Sache schließlich überdrüssig wird…“
„Das wird seine Stimmung nicht gerade heben. Ich jedenfalls möchte ihn nicht erleben, wenn er von solch einer Jagd zurückkehrt“, bemerkte Klapauzius. „Wie willst du im übrigen solch eine Bestie konstruieren?“
„Ich habe noch keine konkrete Vorstellung, ich skizziere lediglich bestimmte Möglichkeiten… Am einfachsten wäre wohl ein Ungeheuer ohne lebenswichtige Organe. Der König kann es in Stücke hacken, die Stücke aber wachsen sogleich wieder zusammen.“
„Wie?“
„Man könnte ein Feld benutzen.“
„Ein Magnetfeld?“
„Zum Beispiel.“
„Ja, aber wie operieren wir damit?“
„Das weiß ich noch nicht. Vielleicht sollten wir mit einer Fernsteuerung arbeiten?“ fragte Trurl.
„Nein, viel zu riskant.“ Klapauzius verzog das Gesicht. „Woher willst du wissen, ob uns der König nicht in irgendeinen Kerker wirft, während er die Jagd veranstaltet. Wir müssen eines ganz klar sehen: Unsere unglücklichen Vorgänger waren alles andere als blutige Anfänger, und du weißt, wie sie geendet sind. Die Idee mit der Fernsteuerung ist sicherlich mehr als einem von ihnen gekommen, aber sie hat nicht funktioniert. Wir dürfen folglich keinesfalls davon ausgehen, daß wir mit dem Ungeheuer während des Kampfes selbst in irgendeiner Form Kontakt aufnehmen können.“
„Wie wär's mit einem künstlichen Satelliten?“ schlug Trurl vor. „Wir könnten eine automatische Steuerung installieren…“
„Wenn du einen Bleistift spitzen möchtest, dann schreist du gleich nach einem kompletten Chirurgenbesteck!“ entrüstete sich Klapauzius. „Ein Satellit, wirklich eine tolle Idee! Und wie willst du ihn herstellen, geschweige denn in die Umlaufbahn bringen? Wunder gibt es nun einmal nicht in unserem Beruf, mein Bester! Die automatische Steuerung müssen wir auf völlig andere Weise verstecken!“
„Ja aber wie willst du sie verstecken, du Unglücksrabe, wo wir doch auf Schritt und Tritt überwacht werden?! Du siehst doch selbst, daß die Lakaien und Diener kein Auge von uns lassen und daß sie ihre Nase in alles stecken. Wir werden es niemals schaffen, uns auch nur für einen winzigen Moment unbemerkt fortzustehlen… Im übrigen ist so eine automatische Steuerung ein ganz schön schwerer Brocken, wie sollen wir den hinaustragen, geschweige denn hinaus schmuggeln? Ich sehe keine Möglichkeit!“
„Reg dich nur nicht so auf!“ ermahnte ihn Klapauzius gelassen. „Vielleicht brauchen wir solch eine Apparatur überhaupt nicht.“
„Aber das Ungeheuer muß doch durch irgendetwas gesteuert werden, und wenn sein eigenes Elektronengehirn diese Aufgabe übernimmt, so wird es der König in Stücke schlagen, und dann kannst du dieser schönen Welt für immer Lebewohl sagen!“
Sie schwiegen. Die Nacht war über die Stadt hereingebrochen, und die Lichter weit unter ihnen erloschen eines nach dem anderen. Plötzlich sagte Trurl:
„Hör mal, mir ist da eine Idee gekommen. Wir könnten doch nur so tun, als bauten wir ein Ungeheuer, in Wirklichkeit aber bauen wir ein Raumschiff und fliegen mit ihm davon. Wir könnten es sogar mit Ohren, Schwanz und Klauen versehen, damit niemand Verdacht schöpft. All diesen unnötigen Plunder schütteln wir dann im Moment des Starts einfach ab. Ich glaube, das ist eine prima Idee. Wir fliehen, und der König kann uns suchen wie eine Stecknadel im Heuhaufen.“
„Und wenn nun unter unseren Dienern ein Konstrukteur von echtem Schrot und Korn ist, was mir durchaus nicht unwahrscheinlich vorkommt, dann ist es im Nu vorbei mit uns, dann heißt es ab in den Brunnen! Im übrigen — einfach so davonzulaufen… nein, das gefällt mir nicht. Wir oder er — so sieht die Sache aus; einen dritten Ausweg gibt es nicht. „
„Du hast recht, unter den Spionen kann auch ein Konstrukteur sein“, sagte Trun bekümmert. „Was, zum Teufel, sollen wir also machen? Vielleicht eine elektronische Fata Morgana?“
„Sozusagen ein Gespenst, eine elektronische Schimäre? Damit der König vergeblich einem Phantom nachjagt? Nein, vielen Dank! Er wird vor Wut rasen und zunächst einmal uns beide zu Phantomen machen!“
Sie schwiegen erneut, bis Trurl plötzlich sagte:
„Der einzige Ausweg, den ich sehe, liegt darin, daß sich das Ungeheuer den König schnappt und ihn entführt, verstehst du? Auf diese Weise…“
„Du brauchst gar nichts mehr zu sagen. Ja wirklich, das ist eine Idee! Wir könnten ihn dann festhalten… und ist dir eigentlich schon aufgefallen, daß die Nachtigallen hier noch süßer singen als in Maryland Island?“ beendete Klapauzius geschickt seinen Satz, denn einige Diener trugen in diesem Moment Lampen mit silbernen Postamenten auf die Terrasse.
„Nehmen wir einmal an, die Sache läuft tatsächlich so, wie wir es uns vorstellen“, fuhr er fort, als sie wieder allein auf der dunklen Terrasse saßen, die durch die Lampen nur spärlich beleuchtet wurde, „wie sollen wir mit unserer Geisel verhandeln, falls wir selbst irgendwo in einem Kerker schmachten?“
„Das ist wirklich ein Problem“, brummte Trurl vor sich hin, „da müssen wir noch eine andere Lösung finden… Das wichtigste jedenfalls ist der Algorithmus des Ungeheuers.“
„Na, du bist mir ein rechter Schlauberger! Das weiß doch jedes Kind, daß ohne den Algorithmus gar nichts läuft. Es hilft also nichts, wir müssen experimentieren!“
Also krempelten sie die Ärmel hoch und fingen mit dem Experimentieren an. Das aber bestand darin, daß sie zu nächst ein Modell König Grausams und des Ungeheuers herstellten, beide natürlich nur auf dem Papier, denn sie gingen streng mathematisch vor. Trurl nahm sich des Monarchen an, während sich Klapauzius mit dem Ungeheuer abmühte. Und die beiden mathematischen Modelle prallten auf dem mit Gleichungen übersäten Tisch mit solcher Wucht aufeinander, daß die Bleistifte der Konstrukteure immer wieder abbrachen. Und das Ungeheuer wand und krümmte sich mit all seinen indefiniten Integralen unter den mächtigen Schlägen der königlichen Gleichungen, brach in einer infiniten Serie undeterminierter Glieder zusammen, raffte sich aber sogleich wieder auf, indem es sich selbst in die n-te Potenz erhob, aber der König traktierte es derart gnadenlos mit Differentialen, daß die funktionalen Operatoren in alle Winde zerstreut wurden und ein derart nichtlineares algebraisches Chaos entstand, daß keiner der Konstrukteure mehr herausfinden konnte, was mit dem König und was mit dem Ungeheuer geschehen war, denn sie hatten beide in dem Wirrwarr durchgestrichener Zeichen völlig aus den Augen verloren. Also standen sie vom Tisch auf, nahmen zur Stärkung einen kräftigen Schluck aus der Leidener Flasche, setzten sich und begannen erneut mit der Arbeit, wobei sie diesmal ihr komplettes Arsenal von Tensormatrizes und linearen Vektorfunktionen zum Einsatz brachten und sich mit solchem Feuereifer an die Große Analyse machten, daß das Papier unter ihren Händen nur so rauchte. Der König stürmte mit all seinen grausamen Koordinaten und Koeffizienten vorwärts, verlor die Orientierung in einem finsteren Wald von Wurzeln und Logarithmen, zog sich den eigenen Spuren folgend auf seinen Ausgangspunkt zurück, traf dann auf einem Feld irrationaler Zahlen auf das Ungeheuer und versetzte ihm einen solch schrecklichen Schlag, daß es sogleich in einhundert Polynome zerfiel, ein x und zwei y verlor und augenblicklich um zwei Dezimalstellen herunterfiel, aber die Bestie kroch um eine Asymptote herum, verbarg sich in einem n-dimensionalen Hilbert-Raum, dehnte sich mit Hilfe des Hubble-Effekts gewaltig aus, stürzte urplötzlich vorwärts, fuchtelte voller Ingrimm mit knorrigen Kubikwurzeln herum, um den Gegner abzulenken, und schleuderte dann blitzschnell ihren panzerbrechenden Boole-Bumerang. Das gutgezielte Geschoß traf Seine Mathematisierte Majestät mit solcher Wucht, daß die komplette königliche Gleichung in ihren Grundfesten erbebte. Der grausame Monarch wankte, aber er fiel nicht, er umgab sich mit einem nichtlinearen Panzer, erreichte einen Punkt in der Unendlichkeit, kehrte blitzschnell zurück, umspannte mit kräftiger Hand die schwere Markov-Kette und traf die Bestie mit einem so furchtbaren Hieb, daß er ihr sämtliche runden und eckigen Klammern zerschmetterte. Doch die tückische Bestie, die vorn einen Logarithmus und hinten eine ganze Potenz eingebüßt hatte, raffte sich auf, packte den Gegner mit ihren Klauen und schlug ihm — rums, bums! — eine schwere Hauptachsentransformation um die Ohren (das ging schnell wie der Wind, so daß die Bleistifte der Konstrukteure wie verrückt über die transzendenten Funktionen dahinsausten), dann kam ein krachender Kovariantenhaken, gefolgt von einer unendlichen Geraden, der König taumelte, schlug der Länge nach hin und blieb bewegungslos im kommutativen Ringstaub liegen. In diesem Moment sprangen die Konstrukteure vor Freude in die Luft, lachten lauthals und tanzten einen Tangenten-Tango, danach zerrissen sie all ihre Papiere in kleine Fetzen, sehr zur Verblüffung der Spione, die ihr Treiben aus der luftigen Höhe ihres Verstecks im Kronleuchter eifrig beobachteten — völlig vergebens natürlich, denn da sie in die Geheimnisse der höheren Mathematik nicht eingeweiht waren, hatten sie selbstverständlich auch keine blasse Ahnung, weshalb Trurl und Klapauzius jetzt in ein donnerndes Hurra ausbrachen, sich gegenseitig auf die Schulter klopften und immer wieder schrien: „Sieg! Sieg!!“
Weit nach Mitternacht wurde die Leidener Flasche, aus der sich die Konstrukteure bei ihrer schweren Arbeit von Zeit zu Zeit gestärkt hatten, in die Forschungslaboratorien der Allergeheimsten Polizei des Königreichs gebracht. Geschickte Laboranten in weißen Kitteln öffneten ihren doppelten Boden und holten mit der Pinzette ein Mikrophönchen und ein Magnetophönchen heraus. Hochqualifizierte Experten schalteten den Apparat ein und hörten mit größter Aufmerksamkeit alle Worte ab, die in dem karmesinroten und dunkelgrünen Arbeitszimmer gefallen waren. Jedoch die ersten Strahlen der aufgehenden Sonne fielen auf lange, verstörte und völlig unaufgeklärte Gesichter, die keinen der so sorgsam abgehörten Sätze verstanden hatten.
Da sagte z. B. eine Stimme:
* Na, was ist? Ist der König so weit?
* Alles klar!
* Ja, wo hast du ihn denn hingesetzt? Hier? Gut! Jetzt paß auf, du mußt die Füße zusammenhalten! Die Füße, sage ich! Idiot, nicht deine eigenen, die des Königs! Und jetzt schnell den Differentialkoeffizienten! Was kommt bei dir raus?
* Pi.
* Und wo ist die Bestie?
* In der Klammer. Aber sieh mal, der König steht immer noch!
* Was, der steht noch? Sofort beide Seiten mit einer imaginären Zahl multiplizieren! Ja, so ist es gut. Und gleich noch einmal, gib's ihm! Jetzt tausch doch endlich die Vorzeichen aus, du Dummkopf! Guter Gauß, was tust du? Das ist doch die Bestie, nicht der König! Ja, das ist es, jetzt haben wir ihn! So, jetzt nur noch transformieren, approximieren, und dann ab damit in den realen Raum! Hast du's?
* Ich hab's! Ach, mein Klapäuzelchen, du bist der Größte, sieh nur, was mit dem König geschehen ist!!
Nach einer kurzen Pause brach jemand in wahnsinniges Gelächter aus.
Am selben Morgen, als alle Experten und hohen Beamten der Geheimpolizei ratlos den Kopf schüttelten und sich nach einer schlaflosen Nacht die rotgeränderten Augen neben, da baten die Konstrukteure sehr energisch um Quarz, Vanadium, Stahl, Kupfer, Platin, Bergkristalle, Titan, Cerium, Germanium und überhaupt alle Elemente, aus denen der Kosmos zusammengesetzt ist; zusätzlich verlangten sie verschiedene Maschinen, qualifizierte Mechaniker und Spione — ja wirklich, Spione, denn die Konstrukteure waren derart übermütig geworden, daß sie sich erdreisteten, auf das Bestellformular in dreifacher Ausfertigung zu schreiben: „Wir bitten ebenfalls um Spione aller Art und Sorten, ganz nach dem Gutdünken und Ermessen der zuständigen Behörden.“ Am nächsten Tag verlangten sie Sägespäne und einen roten Samtvorhang auf ein Gestell drapiert, mit einem Bündel Glasglöckchen in der Mitte und breiten Troddeln an allen vier Ecken; an Präzision ließen sie es nicht fehlen, selbst die Maße der allerkleinsten Glasglöckchen waren auf den Millimeter genau vermerkt. Seine Grenzenlose Grausamkeit machte eine finstere Miene, als er von diesen Forderungen der beiden Frechlinge hörte, veranlaßte jedoch ihre strikte Erfüllung, denn er hatte nun einmal sein königliches Wort gegeben.
Ihre Wünsche aber wurden immer seltsamer und wunderlicher. So befand sich zum Beispiel in den Archiven der Geheimpolizei unter der Code-Nr. 48999 11K T die Kopie eines Bestellformulars, auf dem sie drei Schneiderpuppen sowie sechs Polizeiuniformen, komplett mit Schärpe, Dienstwaffe, Tschako, Federbusch und Handschellen verlangten, desgleichen die letzten drei Jahrgänge der Zeitschrift „Die Polizei — dein Freund und Helfer“, einschließlich aller Register und Ergänzungslieferungen; in der Rubrik „Bemerkungen“ hatten sich die Konstrukteure dafür verbürgt, die aufgelisteten Gegenstände innerhalb von 24 Stunden heil und unversehrt zurückzugeben. In einem anderen Faszikel des Archivs steckte die Kopie eines Briefs, in dem Klapauzius die unverzügliche Lieferung einer Puppe verlangte, die den Generalpostmeister in voller Lebensgröße darstellte, desgleichen eine grün lackierte zweirädrige Kutsche mit einer Petroleumlaterne auf der linken Seite und einer himmelblauen Aufschrift am Reck, auf der in verschnörkelten Buchstaben zu lesen war: ZERBRECHT EUCH NUR DEN KOPF! Die Puppe und die grüne Kutsche gaben dem Polizeichef den Rest, er redete wirres Zeug und mußte in den vorzeitigen Ruhestand versetzt werden. In den drei darauffolgenden Tagen verlangten sie nur ein Faß mit rosa gefärbtem Rizinusöl — und danach nichts mehr. Von nun an arbeiteten sie im Keller ihres Domizils, hämmerten munter drauf los und sangen aus rauher Kehle wilde Weltraumballaden; nach Einbruch der Dämmerung zuckten bläuliche Blitze aus den vergitterten Kellerfenstern und verliehen den Bäumen im Garten ein gespenstisches Aussehen. Im funkensprühenden Licht der Schweißbrenner und Lötlampen machten sich Trurl und Klapauzius zusammen mit ihren Helfern eifrig zu schaffen, und wenn sie von der Arbeit einmal aufschauten, dann sahen sie die plattgedrückten Nasen der Diener an den Fensterscheiben oder die Objektive leise surrender Kameras, die jede Bewegung im Bild festhielten. Eines Nachts, nachdem die Konstrukteure müde und erschöpft ins Bett gefallen waren, wurden sämtliche Bestandteile des Apparats, den sie gerade konstruierten, unbemerkt mit Hilfe eines Expreß-Fesselballons ins Polizeihauptquartier gebracht und dort von den achtzehn besten Kriminalkybernetikern des Landes zusammengesetzt. Der Verschwiegenheit dieser Fachleute hatte man sich zuvor versichert, indem man sie den großen Kroneid schwören ließ. Unter ihren vor Aufregung zitternden Händen sprang eine graue Zinnmaus hervor, landete mitten auf dem Tisch, tanzte einen Cancan und stieß aus ihrem spitzen Schnäuzchen bunte Seifenblasen in die Luft; unter ihrem Schwänzchen aber rieselte schneeweißer Kreidestaub hervor, der sich bei ihren rhythmischen Bewegungen auf der schwarzen Tischplatte sehr bald zu der kalligraphischen Inschrift zusammenfügte: LIEBT IHR UNS DENN GAR NICHT MEHR? Noch nie in der ruhmreichen Geschichte des Königreichs mußten die Polizeichefs so rasch hintereinander abgelöst werden. Die Uniformen, die Puppe, die grüne Kutsche und sogar das Sägemehl — all die Dinge, die die Konstrukteure pünktlich auf die Minute zurückgegeben hatten, wurden unter dem Elektronenmikroskop gründlich untersucht. Aber außer einer winzigen Karteikarte in den Sägespänen, auf der zu lesen stand: DAS SIND NUR WIR, DIE SÄGESPÄNE — fand man nichts Außergewöhnliches.
Dann wurden die einzelnen Atome der Uniformen und der grünen Kutsche genau unter die Lupe genommen, ebenfalls ohne Erfolg. Schließlich kam der Tag, da das Werk vollendet war. Ein riesiges Vehikel, das aussah wie ein Tankwagen auf dreihundert Rädern, rollte zum Haupteingang und wurde in Gegenwart von Zeugen und hohen Staatsbeamten geöffnet. Trurl und Klapauzius brachten den Vorhang mit den Troddeln und gläsernen Glöckchen und breiteten ihn sorgfältig mitten auf dem Boden des Fahrzeugs aus. Dann schlossen sie die Tür des Ungetüms, machten sich im Innern an irgendetwas zu schaffen und kamen wieder heraus. Danach holten sie verschiedene Blechbüchsen aus dem Keller, gefüllt mit feingemahlenen chemischen Elementen, all diese grauen, silbrigen, weißen, gelben und grünen Pülverchen verteilten sie sorgfältig unter dem Saum des weit ausgebreiteten Vorhangs, dann kamen sie wieder ans Tageslicht, befahlen, das Vehikel zu verschließen, und warteten den Blick starr auf ihre Uhren geheftet vierzehn und eine halbe Sekunde; exakt nach Ablauf dieser Zeit ließ sich deutlich das feine Läuten der gläsernen Glöckchen vernehmen, sehr zum Erstaunen aller Anwesenden, die geneigt waren, diese Erscheinung dem Wirken eines Geistes zuzuschreiben, denn das Fahrzeug hatte sich keinen Millimeter von der Stelle bewegt. In diesem Moment warfen sich die Konstrukteure einen Blick zu und sagten: „Alles in bester Ordnung! Ihr könnt es jetzt übernehmen!“
Den Rest des Tages verbrachten sie damit, Seifenblasen von der Terrasse zu pusten. Gegen Abend erschien Graf Protozor bei ihnen, jener beredte Emissär, der sie auf König Grausams Planeten gelockt hatte. Begleitet von einer Eskorte, die seinen Worten ein gewisses Gewicht gab, erklärte er den beiden Konstrukteuren höflich aber bestimmt, sie hätten ihm unverzüglich an einen vorher festgelegten Ort zu folgen. Sie mußten all ihre Habseligkeiten zurücklassen, sogar ihre Kleidung; sie erhielten schäbige Lumpen als Ersatz und wurden in Eisen gelegt. Was die Wachen sowie die anwesenden Polizeioffiziere und Staatsanwälte aufs äußerste verblüffte, war ihre absolute Kaltblütigkeit. Statt nach Gerechtigkeit zu schreien oder wenigstens vor Furcht zu zittern, kicherte Trurl nur, als ihm die Ketten angeschmiedet wurden und erklärte, er sei sehr kitzlig. Und als man sie in den finsteren Kerker geworfen hatte, da erbebten die Wände der feuchten Gruft unter dem Donnerhall des zweistimmigen Männerchors: „It's a long way to Cyberrary“.
Währenddessen zog der gewaltige König Grausam in seinem nicht weniger gewaltigen Streitwagen zum Stadttor hinaus, umgeben vom weidmännisch gekleideten Hofstaat und gefolgt vom unendlich langen Troß der Reiter und Maschinen, die nicht alle ausschließlich jagdlichen Zwecken zu dienen schienen, denn unter ihnen befanden sich nicht nur die traditionellen Haubitzen und Katapulte, sondern auch mächtige Laser-Kanonen, Antimaterie-Mörser sowie ein Teerwerfer, der dazu ausersehen war, alles was durchs Gelände kreuchte und fleuchte, augenblicklich zu immobilisieren.
So näherte sich der gewaltige Zug dem königlichen Jagdrevier, siegesgewiß, überheblich und in bester Laune. Niemand verschwendete auch nur einen Gedanken an die beiden Konstrukteure in ihrem finsteren Kerker, es sei denn, um höhnisch zu bemerken, diese ausgemachten Trottel säßen ganz schön in der Patsche, sicherlich jedoch zum letzten Mal in ihrem Leben.
Als aber zum Zeichen der Ankunft Seiner Grenzenlosen Grausamkeit silberne Trompeten erschollen, da konnte man sehen, wie sich das unheimliche Vehikel aus der entgegengesetzten Richtung langsam näherte. Spezialhalterungen gaben ein metallisches Klicken von sich, die Einstiegsluke sprang mit einem Ruck auf und gab den Blick auf einen drohend aufgerissenen Schlund frei, der zu einer schweren Feldhaubitze zu gehören schien. Innerhalb der nächsten Sekunde folgte ein dumpfes Dröhnen, begleitet von einer gelben Rauchwolke, ein seltsames Wesen schoß aus dem Schlund hervor, unscharf in den Konturen wie ein Tornado und mit der generellen Konsistenz eines Sandsturms; es zischte so schnell durch die Luft, daß man beim besten Willen nicht erkennen konnte, ob es ein Tier war oder nicht. Was es auch war, es flog einige hundert Schritt oder auch mehr und landete lautlos; der Vorhang aber, in den es eingehüllt war, flatterte als himbeerroter Fleck zur Seite, und das feine Klingen gläserner Glöckchen durchschnitt die lähmende Stille. Jetzt konnte man die Bestie klar erkennen, soweit es da etwas zu erkennen gab: Sie sah aus wie ein Erdhügel, war verhältnismäßig groß und ziemlich lang, ihre Farbe paßte sich ganz der Umgebung an, ja es hatte sogar den Anschein, als wüchsen auf ihrem schuppigen Rücken sonnenverbrannte Disteln. Jetzt ließen die Treiber des Königs eine ganze Meute programmierter Jagdhunde los, zumeist Kybernhardiner, Kyberboxer und Kyberman-Pinscher, die sich heulend und geifernd auf das reglos kauernde Ungeheuer stürzten. Die Bestie aber dachte gar nicht daran, ihrerseits die Zähne zu fletschen oder etwa Feuer und Schwefel zu speien, sie öffnete lediglich ihre beiden Augen, die kurz aufflammten wie zwei bösartige Sonnen, und schon war die Hälfte der Meute zu Staub und Asche geworden.
„Oho! Laser-Augen!“ schrie der König. „Gebt mir meinen Antistrahlenküraß, meinen kugelsicheren Schild, meine Heliohellebarde!“ Derart glänzend gerüstet und strahlend wie eine Supernova stürmte er auf seinem treuen Kyberroß vorwärts, das keine Furcht vor Kugeln und Raketen kannte. Die Bestie ließ ihn herankommen, die Klinge des Königs sauste fauchend herab, und schon rollte der vom Rumpf getrennte Kopf des Ungeheuers in den Sand. Obwohl das ganze Gefolge seinen Triumph pflichtschuldigst bejubelte, hatte der König keine Freude an diesem leichten Sieg; voll Zorn und Ingrimm schwor er, Foltern ganz spezieller Art für die elenden Versager zu ersinnen, die die Stirn gehabt hatten, sich als Konstrukteure auszugeben. Das Ungeheuer aber schüttelte sich nur kurz, und schon war aus seinem blutigen Rumpf ein neuer Kopf emporgewachsen; die Laser-Augen öffneten sich und sandten ihre todbringenden Strahlen aus, die dem König in seiner Duralumin-Rüstung jedoch nichts anhaben konnten. — Totale Nieten sind sie also doch nicht, wenngleich sie natürlich sterben müssen, dachte der König, gab seinem Kyberrappen heftig die Sporen und galoppierte erneut in die Schlacht.
Er nahm seine ganze Kraft zusammen und holte zu einem furchtbaren Hieb aus. Die Bestie wich nicht aus, sie stellte sich der fauchenden Klinge förmlich in den Weg und gab sogar ein dankbares Grunzen von sich, bevor sie in zwei Hälften gespalten zu Boden sank. Doch was war das? Der König zog die Zügel mit der Linken straffer und rieb sich die Augen. Er hatte plötzlich zwei drohend zischende Ungeheuer vor sich, die einander aufs Haar glichen, wenngleich sie etwas kleiner waren als das Original. Und schon tauchte ein drittes auf, sozusagen eine Baby-Bestie, die zwischen den anderen beiden ihre Possen trieb: Dem kurze Zeit zuvor vom Rumpf getrennten Kopf war ein schuppiges Schwänzchen und klauenähnliche Füßchen gewachsen, er tollte umher, schlug Rad und versuchte sich auch in anderen Kapriolen.
„St. Kybertus, steh mir bei!“ stöhnte der König. „Muß ich alles kurz und klein hacken, bis nur noch Mäuse und Regenwürmer um mich sind? Was bleibt da noch vom edlen Waidwerk?“ Vom heiligen Zorn gepackt schlug er wild um sich, verteilte Stich und Hieb und schonte auch die Streitaxt nicht, bis es am Boden von kleinen Bestien nur so wimmelte; die aber ergriffen plötzlich alle die Flucht, drängten und preßten sich eng aneinander, und schon stand ihm wieder eine einzige Bestie gegenüber, die mühsam ein Gähnen unterdrückte.
„Spaß macht die Sache nicht gerade!“ dachte der König. „Offensichtlich hat das Biest die gleichen Rückkopplungen, mit denen mich dieser… wie war doch gleich sein Name?… richtig, dieser Pumpkington hereinlegen wollte. Ich geruhte seinerzeit, ihn wegen Phantasielosigkeit eigenhändig zu enthaupten. Nun gut, wir werden der Bestie mit der Antimaterie-Artillerie einheizen… Und er ließ sich eine Kanone (Kaliber sechs Zoll) heranrollen, justierte selbst, zielte und feuerte ohne allen Rauch und Donner ein unsichtbares Geschoß auf das Ungeheuer ab, um es in tausend Stücke zu zerreißen. Aber nichts geschah. Das Ungeheuer preßte sich noch stärker an den Erdboden, streckte seine linke Pranke aus, und alle konnten sehen, wie es dem König mit langen, behaarten Fingern die Feige zeigte.
„Her mit einem größeren Kaliber!“ schrie der König und tat so, als habe er diese Geste nicht bemerkt. Und da rollte es auch schon heran, zweihundert Treiber luden das Geschütz, der König zielte und wollte gerade Feuer geben — da war die Bestie urplötzlich mit einem riesigen Satz über ihm. Der König zog sein Schwert, um sich zu verteidigen, aber da war auf einmal keine Bestie mehr. Alle, die es mit angesehen hatten, sagten später, sie hätten in diesem Moment ihren Augen nicht getraut, denn als die Bestie durch die Luft flog, machte sie eine blitzartige Metamorphose durch: Die graue unförmige Masse verwandelte sich mit einem Schlage in drei Wesen in Uniform, drei Polizisten, die sich — wenngleich noch immer in luftiger Höhe — sofort daranmachten, ihre Dienstgeschäfte aufzunehmen. Der erste Polizist zog Handschellen aus der Tasche und ruderte dabei heftig mit den Beinen durch die Luft, um das Gleichgewicht zu halten; der zweite hielt eine Hand auf den Tschako mit dem Federbusch gepreßt, damit ihn der Wind nicht davonblies, mit der anderen Hand zog er einen Haftbefehl aus der Brusttasche; der dritte aber, ein schlichter Wachtmeister, hatte offensichtlich nur die Aufgabe, seinen beiden Vorgesetzten die Landung zu erleichtern, er nahm eine horizontale Position unter ihren Füßen ein und diente ihnen als eine Art lebender Stoßdämpfer. Am Boden angekommen raffte er sich jedoch gleich wieder auf und klopfte sich den Staub von der Uniform; indessen legte der erste Polizist dem verblüfften und sprachlosen König bereits Handschellen an, und der zweite schlug ihm das Schwert aus der Hand. Dann packten sie den Gefesselten, um ihn in die Wildnis zu entführen; sie jagten in langen Sätzen dahin und rissen den nur schwach protestierenden Monarchen mit sich. Sekundenlang stand das gesamte Jagdgefolge wie versteinert da, bis es mit einem vielstimmigen Schrei die Verfolgung aufnahm. Schon holten die schnaubenden Kyberrösser die Entführer ein, schon waren Schwerter und Säbel gezückt und drohten niederzusausen, da beugte sich der dritte Polizist nach vorn und drückte auf eine winzige goldene Taste auf seinem Bauch: Augenblicklich zogen sich seine Arme in die Länge und erstarrten zu zwei Deichseln, die Beine rollten sich zu zwei Rädern mit blinkenden Speichen zusammen, der Rumpf aber verwandelte sich in den lederbezogenen Kutschbock eines grünen Einspänners. Die beiden anderen Polizisten sprangen in die Kutsche, holten lange Peitschen hervor und droschen auf den König ein, um ihn zu einer schnelleren Gangart zu bewegen; der König war ihnen wohl oder übel zu Willen und verfiel in einen wahnsinnigen Galopp, wobei er wild mit den Armen herumfuchtelte, um sein gekröntes Haupt vor den niederprasselnden Schlägen zu schützen. Aber schon waren die Verfolger wieder dicht herangekommen, also packten die Polizisten den König beim Schlafittchen und setzten ihn zwischen sich; einer von ihnen schlüpfte schneller, als man das erzählen kann, zwischen die Deichseln, blies die Backen auf, pustete, prustete und verwandelte sich in einen rotierenden Luftkreisel, einen tanzenden Wirbelwind, der der kleinen Kutsche gleichsam Flügel verlieh und sie so rasch über Berg und Tal dahinsausen ließ, daß sie bald in einer Staubwolke verschwunden war. Das königliche Jagdgefolge teilte sich in mehrere Gruppen und startete eine verzweifelte Suchaktion mit Bluthunden und Geigerzählern, die Einsatzreserve der Polizei eilte im Laufschritt herbei und machte sich mit Feuereifer und Motorspritzen daran, jeden Quadratmeter Boden sorgfältig mit Wasser zu besprengen — ein offensichtlicher Unsinn, verursacht durch die vor Aufregung zitternde Hand eines Funkers, der von einem hoch in den Wolken schwebenden Beobachtungsballon chiffrierte Funksprüche an die Suchtrupps übermittelte. Ganze Heerscharen von Polizisten stolperten durch Wald und Flur, das mobile Röntgenkommando durchleuchtete jeden Baum und Strauch und jedes noch so winzige Unkraut; man grub das ganze Gelände um, zahllose Bodenproben wurden in Windeseile zur Analyse in die Laboratorien geschafft, ja selbst das königliche Kyberroß mußte vor einem Untersuchungsausschuß erscheinen und wurde vom Generalstaatsanwalt einem hochnotpeinlichen Verhör unterzogen. In der Abenddämmerung sprang eine Fallschirmjägerdivision mit Staubsaugern und Spezialsieben über dem Gelände ab, um alles bis auf das letzte Sandkorn zu durchsuchen. Schließlich gab man den Befehl aus, jeden, der wie ein Polizist aussah, unverzüglich zu verhaften, aber das führte nur zu noch größeren Komplikationen und Peinlichkeiten, denn die eine Hälfte der Polizei arretierte prompt die andere. Als die Nacht hereingebrochen war, kehrten die Jäger bestürzt und niedergeschlagen in die Stadt zurück; sie brachten nichts als Hiobsbotschaften mit, denn es war nicht gelungen, auch nur die winzigste Spur aufzustö bern, der Monarch blieb wie vom Erdboden verschluckt.
Bei Fackelschein um Mitternacht wurden die in Fesseln geschlagenen Konstrukteure vor den Großkanzler und Siegelbewahrer des Königs geführt, der ihnen mit donnernder Stimme erklärte:
„So ihr der Allerhöchsten Majestät einen verderblichen Hinterhalt gelegt und sintemalen ihr euch erkühnet habt, die frevelnde Hand gegen Seine Grenzenlose Grausamkeit, unseren Allergnädigsten und Geliebten Gebieter, Herrscher und Autokraten zu erheben, so sollt ihr an den Pranger gestellt, gepfählt und gevierteilt, hernach aber mit Hülfe unseres Pulverisators-Dislokators zu Staub gemahlen und in alle vier Winde verstreut werden, zur ewigen Warnung und Abschreckung vom ruchlosen Verbrechen des Königsmords.“
„Etwa sofort, Euer Liebden?“ fragte Trurl. „Wir erwarten nämlich einen Boten…“
„Was für einen Boten denn noch, du niederträchtiger Schurke?!“
Doch tatsächlich wurden die Wachen am Eingang in diesem Moment beiseite gedrängt. Sie hatten es nicht gewagt, dem Post— und Telegraphenminister in höchsteigener Person mit gekreuzter Hellebarde den Zugang zu verwehren. Der Generalpostmeister näherte sich in voller Galauniform und mit klimpernden Orden dem Kanzler, zog aus seiner diamantenbesetzten Umhängetasche einen Brief und erklärte: „Mag ich auch künstlich sein, so schickt mich doch der König mein“, worauf er augenblicklich zu feinem Staub zerfiel. Der Kanzler, der seinen Augen nicht trauen wollte, erkannte sogleich den in purpurroten Lack gepreßten Siegelring des Königs; er öffnete den Brief und las, daß Seine Majestät gezwungen sei, mit dem Feind zu verhandeln, denn die Konstrukteure hätten algorithmische und algebraische Methoden angewandt, um ihn gefangenzusetzen, und jetzt stellten sie Bedingungen, die der Kanzler anhören und sämtlichst akzeptieren müsse, wenn ihm das Leben des Königs lieb sei. Unterzeichnet: „Crudelius Rex m. p., gegeben in einer Höhle unbekannten Ortes, in der Gewalt eines pseudopolizeilichen Ungeheuers, verkörpert durch drei uniformierte Personen…“
Jetzt erhob sich ein großer Lärm und Tumult, die einen überschrien die anderen und fragten, wie denn die Bedingungen aussähen und was das alles zu bedeuten habe, Trurl aber wiederholte nur den einen Satz: „Unsere Fesseln, meine Herren, sonst spielt sich gar nichts ab.“
Schmiede wurden gerufen, knieten nieder und nahmen ihnen die Fesseln ab. Man überschüttete die Konstrukteure mit Fragen, Trurl jedoch ließ sich auf nichts ein:
„Wir sind hungrig, schmutzig und ungewaschen, wir brauchen sofort ein Schaumbad, eine Rasur, eine Massage und ein opulentes Diner mit Wasserballett und Feuerwerk zum Dessert, sonst spielt sich gar nichts ab!“
Diese Forderungen reizten den gesamten Hofstaat bis zur Weißglut, aber man mußte sie zähneknirschend erfüllen. Erst am nächsten Morgen ließen sich die Konstrukteure dazu herab, dem Hof erneut eine Audienz zu gewähren. Erfrischt, alle Wohlgerüche dieser Welt verströmend und ausnehmend elegant gekleidet, lehnten sie sich lässig in ihrer von acht Lakaien getragenen Sänfte zurück und stellten Bedingungen, aber beileibe nicht aus dem Kopf — da hätten sie ja etwas vergessen können — sondern aus einem winzigen Notizbuch, das sie für diese Gelegenheit vorbereitet und wohlweislich hinter einem Vorhang in ihrem Arbeitszimmer versteckt hatten. Folgende Punkte wurden aus dem Notizbuch verlesen:
1. Zu fabrizieren ist ein erstklassiges Raumschiff modernster Bauart, um die Konstrukteure wieder in ihre Heimat zu bringen.
2. Das Raumschiff ist mit diversen Kostbarkeiten zu beladen, die wie folgt spezifiziert werden: Brillanten — vierzig Scheffel, Goldmünzen — vierzig Scheffel, Platin, Palladium sowie von allen anderen Kostbarkeiten, die der Herr geschaffen hat, je acht Scheffel, dazu beliebig viele Andenken und Souvenirs, welche die Unterzeichner dieses Dokuments aus den königlichen Gemächern auszuwählen geruhen.
3. Solange das Raumschiff nicht bis auf das letzte Schräubchen fertiggestellt, startklar, beladen und ordnungsgemäß übergeben ist, komplett mit rotem Teppich auf der Gangway, Ehrenformation und Blasmusik zum Abschied, Orden auf blauen Samtkissen, sonstigen Ehrenbezeigungen aller Art, einem Kinderchor, dem Grausamen Philharmonieorchester mit Frack und Schleife sowie einer jubelnden Menge — solange bleibt der König, wo er ist.
4. Auszufertigen ist eine offizielle Dankadresse, gemeißelt in eine Tafel aus purem Gold, inkrustiert mit allerfeinstem Perlmutt, gerichtet an die Hochedlen, Erhabenen und Allergnädigsten Beherrscher des Kosmos, Trurl und Klapauzius, in der die vollständige Geschichte ihres Triumphs Punkt für Punkt beschrieben, mit dem königlichen Kronsiegel und dem Amtsstempel des Großkanzlers beurkundet, durch die Unterschriften aller Würdenträger des Reichs beglaubigt, sodann plombiert und in den Lauf eines Kanonenrohrs gesteckt wird, das Graf Protozor, der Meister der Königlichen Jagd, allein und ohne jede Hilfe auf seinen Schultern an Bord des Raumschiffs zu tragen hat, eben derselbe Protozor, der die Erhabenen und Strahlenden Konstrukteure auf seinen Planeten lockte, weil er sich einbildete, er werde ihnen auf diese Weise zum schimpflichen Tode verhelfen.
5. Der besagte Protozor hat die beiden Konstrukteure auf ihrer Rückreise zu begleiten, als Garantie für ihre körperliche Unversehrtheit und als Gewähr dafür, daß keinerlei Verfolgung stattfindet. Dabei wird er an Bord in einem Käfig der Größe drei mal drei mal vier Fuß sitzen und täglich ganz, ganz kleine Brötchen gefüllt mit Sägespänen essen; die Sägespäne aber müssen dieselben sein, welche die Erhabenen und Strahlenden Konstrukteure zu bestellen geruhten, als sie sich dazu herabließen, gegenüber den seltsamen Marotten des Königs Nachsicht zu üben, somit geht es um jene Sägespäne, die später mit einem Expreßballon in die Archive der Geheimpolizei verbracht wurden.
6. Nach seiner Befreiung braucht sich der König nicht demütig bei den Erhabenen und Strahlenden Konstrukteuren zu entschuldigen, weil ihnen die Entschuldigung solch eines Mannes absolut nichts bedeuten würde.
Unterzeichnet, ausgefertigt, datiert usw. usw.: Trurl und Klapauzius für die Hohe Bedingungen Stellende Partei sowie der Königliche Großkanzler, der Große Zeremonienmeister und Seine Durchlaucht, der Präsident der Geheimsten Geheimpolizei zu Wasser, zu Lande und zu Ballon für die Niedrige Bedingungen Entgegennehmende Partei.
Alle Höflinge und Minister ärgerten sich grün und blau und kochten vor Wut, aber was sollten sie tun? Sie hatten keine andere Wahl, als in aller Eile mit dem Bau des Raumschiffs zu beginnen. Nach einem gemütlichen Frühstück tauchten die Konstrukteure jedoch völlig unerwartet in der Montagehalle auf, um die Arbeit zu überwachen, und natürlich hatten sie an allem etwas auszusetzen: Dieses Material taugte nichts, jener Ingenieur war ein ausgemachter Trottel, dann brauchten sie in ihrem Salon unbedingt eine Laterna magica mit vier pneumatischen Orgelpfeifen und eingebauter Kuckucksuhr; und wenn die Eingeborenen nicht wüßten, was eine Kuckucksuhr ist, so sei dies um so schlimmer für sie, der König dürfte in seiner völligen Einsamkeit längst vor Ungeduld vergehen und würde mit denen, die seine Befreiung verzögern, sicherlich sehr gewissenhaft abrechnen. Diese harmlose Bemerkung löste allgemeines Herzklopfen, Nervenflattern und diverse Ohnmachten aus, doch die Arbeit kam voran. Schließlich war das Raumschiff fertig, und die königlichen Schauerleute begannen, die Ladung zu verstauen, an Bord verschwanden Diamanten, ganze Säcke mit Perlen und Gold in solcher Menge, daß es immer wieder aus der Einstiegsluke quoll.
Währenddessen streiften Polizisten heimlich durch Wälder und Felder und stellten das ganze Land auf den Kopf. Doch den Konstrukteuren entlockten diese Aktivitäten nicht mehr als ein müdes Lächeln, ja sie ließen sich sogar herbei, all denen, die ihnen mit Angst und Schrecken, aber noch größerer Neugier zuhörten, bereitwillig zu erklären, wie sich alles zugetragen hatte, wie sie ihren ursprünglichen Plan völlig verworfen hatten, und wie ihnen die Erleuchtung gekommen war, das Ungeheuer auf gänzlich andere Weise zu konstruieren. Da sie absolut nicht wußten, wo und wie sie die Steuerungsmechanismen — d.h. das Gehirn — installieren sollten, hatten die Konstrukteure, um gänzlich sicherzugehen, kurzerhand überall Gehirn eingebaut und die Bestie somit befähigt, mit den Beinen, mit dem Schwanz oder auch mit dem Rachen zu denken, der selbstverständlich nur mit Weisheitszähnen ausgerüstet war. Doch das war nur der Anfang, die eigentliche Aufgabe bestand aus zwei Komponenten, der psychologischen und der algorithmischen. Zu nächst mußten sie entscheiden, was den König überwältigen und gefangensetzen sollte; zu diesem Zweck schufen sie durch nichtlineare Transmutation eine automorphe Polizeigruppe im Innern der Bestie, denn Polizisten, die einen lege artisausgestellten Haftbefehl vorlegen, vermag bekanntlich nichts und niemand im ganzen Kosmos zu widerstehen. Soviel zur Psychologie; fügen wir nur noch hinzu, daß der Generalpostmeister ebenfalls aus psychologischen Gründen in Aktion gesetzt wurde, denn ein Beamter niedrigeren Ranges hätte es vielleicht nicht geschafft, die Wachen zu passieren und den Brief zuzustellen, was die Konstrukteure den Kopf gekostet hätte. Der künstliche Minister aber, der die Rolle des Boten spielte, hatte außer dem Brief noch eine Menge Gold für den Fall in der Tasche, daß er gezwungen sein sollte, die Wachen zu bestechen. Kurz, es war einfach an alles gedacht. Was nun die Algorithmen anbelangte, so mußte man lediglich die Urbildgruppe der Ungeheuer auffinden, denn selbstverständlich bildet die Menge der n-dimensionalen Polizisten eine Untergruppe der eineindeutig linearen Ungeheuer. Der Algorithmus des Ungeheuers sah keinerlei Personalunion, sondern ausschließlich kontinuierliche Transformationen in wechselnde Personifikationen vor. Eingespeichert aber wurde er mit der im chemischen Sinn äußerst unsympathischen Tinte hinter dem Vorhang mit den Glasglöckchen, einmal in Gang gesetzt wirkte er später von allein auf die Wurzeln und Gleichungen, besonders natürlich dank der geradezu ungeheuerlich polizeilichen Selbstorganisation. Fügen wir sogleich hinzu, daß die Konstrukteure später in einer bekannten wissenschaftlichen Zeitschrift einen Artikel mit folgendem Titel veröffentlichten: „Generalrekursive Eta-Meta-Beta-Funktionen im speziellen Fall der Transformation polizeilicher in bestialisch-postalische Kräfte auf einem oszillierenden Feld von Glasglöckchen, unter besonderer Benicksichtigung einer zwei-drei-vier— sowie n-rädrigen Kutsche, grün lackiert, mit topologischer Petroleumlaterne, unter Verwendung einer reversiblen Matrix auf Rizinusöl, rosa gefärbt zur Ablenkung der Aufmerksamkeit, im Rahmen einer allgemeinen mathematischen Theorie der polizeilich-bestialischen Ungeheuristik.“ Keiner der Höflinge, Minister und Offiziere und erst recht keiner der an den Rand des Wahnsinns getriebenen Polizisten verstand auch nur ein Wort von all dem, aber was machte das schon aus? König Grausams Untertanen wußten ohnehin nicht mehr, ob sie die Konstrukteure nur noch bewundern oder auch ein wenig hassen sollten.
Schon sind die letzten Vorbereitungen für den Start getroffen. Trurl schreitet mit einem Sack in der Hand durch die Gemächer des Königs und packt in aller Seelenruhe und vertragsgemäß ein, was immer sein Wohlgefallen findet. Schließlich fährt eine Prunkkarosse vor und bringt die Sieger zum Kosmodrom; dort steht die jubelnde Menge dichtgedrängt, ein Kinderchor singt, Mädchen in Landestracht überreichen Blumensträuße, höchste Würdenträger lesen ihre Dankes— und Abschiedsreden vom Blatt, das Symphonieorchester spielt, und zartbesaitete Damen fallen in Ohnmacht. Plötzlich geht ein Raunen durch die Menge, eine atemlose Stille tritt ein. Klapauzius nimmt einen Zahn aus dem Mund, natürlich keinen gewöhnlichen Zahn, sondern einen Dentalkurzwellensender. Kaum hat er eine winzige Taste gedrückt, da bricht am Horizont ein Sandsturm los, nähert sich in höllischem Tempo, wirbelt schwarze Erdbrocken durch die Luft und kommt mit Donnergetöse in dem leeren Raum zwischen dem Raumschiff und der Menge zum Stehen. Die Menge weicht entsetzt zurück, schaut und erkennt — das Ungeheuer! Und es wirkt tatsächlich ungeheuerlich, ja geradezu bestialisch, wie es so dasteht, die kalten Sonnen seiner Laser-Augen aufblitzen läßt und mit dem schuppigen Drachenschwanz den Boden peitscht, daß die Funken sprühen.
„Laß den König frei!“ sagt Klapauzius, darauf das Ungeheuer mit ganz normaler menschlicher Stimme:
„Das fällt mir nicht im Traum ein. Jetzt bin ich an der Reihe, jetzt gebe ich die Befehle…“
„Was soll das heißen? Bist du übergeschnappt? Du hast zu gehorchen, das steht doch in der Matrix!“ schrie Klapauzius erzürnt; die Umstehenden waren sprachlos vor Verblüffung.
„Matrix? Die Matrix ist mir schnuppe! Du mußt nämlich wissen, ich bin nicht irgendein Ungeheuer, ich bin mathematisch, vollautomatisch und antidemokratisch; ich bin der große Integrator und Selbstorganisator, ich kenne jeden Trick, tödlich ist mein Blick. Der Polizei befehle ich, der Postminister fürchtet mich, den König habe ich im Bauch, und ihr gehorcht gefälligst auch, macht vier Schritte, geht zur Mitte und beugt das Knie vor dem Genie!“
„Dir werd ich gleich zeigen, wer hier zu knien hat! knurrte Klapauzius außer sich vor Wut. Trurl aber fragte das Ungeheuer:
„Also was willst du eigentlich?“ — gleichzeitig jedoch versteckte er sich hinter Klapauzius und nahm sich, ohne daß die Bestie das merken konnte, ebenfalls einen Zahn aus dem Mund.
„Als erstes will ich heiraten, zur Frau nehme ich…“
Aber niemand sollte je erfahren, wen das Ungeheuer zur Frau nehmen wollte, denn Trurl drückte blitzschnell auf die kleine Taste und rief:
„Eene, meene, muh, Input, Output, raus bist du!“
Die magnetisch-dynamischen Rückkopplungen, die sämtliche Atome des Ungeheuers zusammenhielten, lösten sich unter dem Einfluß dieser magischen Worte augenblicklich auf, die Bestie selbst verdrehte die Augen, wackelte mit den Ohren, brüllte und tobte vor Wut, bäumte sich auf, aber das half ihr alles nichts — bevor sie auch nur die Zähne fletschen konnte, fegte ein heißer Windstoß vermischt mit Eisen— und Schwefelgeruch durch sie hindurch, die Bestie zitterte und fiel in sich zusammen wie ein Kartenhaus. Zurück blieb nur ein Häufchen Asche, und auf diesem Häufchen saß der König, heil und gesund, wenngleich ungewaschen, unrasiert und zu Tode gekränkt, daß man ihm so übel mitgespielt hatte.
„Einfach durchgedreht, völlig den Verstand verloren“, sagte Trurl zu den Anwesenden, und niemand wußte so recht, ob er nun den König oder das Ungeheuer meinte. Natürlich war auch der letzte, eher schüchterne Versuch des Monarchen, gegen seine Bezwinger zu revoltieren, zum Scheitern verurteilt, denn die Konstrukteure hatten auch diese finstere Eventualität von vornherein in ihren Algorithmus einkalkuliert.
„Und jetzt, meine Herren“, bemerkte Trurl abschließend, „haben Sie doch die Güte und geleiten den Meister der Königlichen Jagd in den Käfig, und uns ins Raumschiff…“