Acht

Weitere zwölf Stunden waren vergangen, und einer der Monde im Orbit um einen Gasriesen wies drei neue Krater auf. In Riones Augen funkelte mühsam beherrschter Zorn. »Der Syndik-CEO hat sich wieder bei uns gemeldet.«

»Und?«

»Sie können sich die Nachricht ansehen, wenn Sie sich ein wenig aufregen wollen. Aber um eine lange Mitteilung kurz zu fassen: Der CEO bekundet sein Bedauern, sieht sich aber nicht in der Lage, unserer Bitte nachzukommen, solange wir uns nicht auf eine für beide Seiten akzeptable Entschädigungssumme geeinigt haben.« Rione verzog die Lippen zu einem humorlosen Lächeln. »Wie es scheint, haben ihn unsere Waffen nicht allzu sehr beeindrucken können.«

Geary schloss die Augen und zählte stumm bis zehn, dann machte er sie wieder auf. »Verstößt er damit nicht gegen den Vertrag?«

Sie schaute finster drein, was aber nicht ihm galt. »Vermutlich.«

»Vermutlich? Was ist denn noch nötig, damit er den Vertrag verletzt?«

»Das weiß ich auch nicht. Aber ob eine solche Streitigkeit genügt, um von einer Vertragsverletzung zu reden, das ist eine Sache, über die Anwälte bis in alle Ewigkeit diskutieren können.«

Geary fragte sich, wie stur und wütend er wohl dreinblicken mochte. »Wir haben aber nicht bis in alle Ewigkeit Zeit, und ich werde ganz sicher nicht diskutierende Anwälte über das Schicksal dieser Gefangenen entscheiden lassen.«

Er hatte vergessen, dass Desjani dieser Unterhaltung noch immer zugeschaltet war, bis sie sich mit trügerisch sanfter Stimme zu Wort meldete: »Wir haben zwar wenig Zeit und noch weniger Anwälte, aber wir haben noch ganz, ganz viele Steine.«

Anstatt den Einwurf mit einer verächtlichen Bemerkung abzutun oder gleich völlig zu ignorieren, schwieg Rione und dachte einen Moment lang nach. »Eine weitere Demonstration könnte eine gute Idee sein, aber nicht weil ich glaube, dass wir damit diesen CEO zum Einlenken bringen, sondern weil wir einen anderen Weg finden müssen, wie wir Druck auf ihn ausüben können. Wir brauchen etwas, womit wir der Bevölkerung zeigen können, dass das Verhalten ihres Führers ihre Welt in Gefahr bringt. Die Menschen von Dunai müssen ihn dazu drängen, uns nicht länger zu provozieren.«

Eine sichtlich inspirierte Desjani hob einen Finger und sah zu Geary. »Warten Sie mal kurz.« Dann wandte sie sich an den Gefechtswachhabenden. »Lieutenant, haben Sie schon von springenden Steinen gehört?«

»Ja, Captain. Wenn ein Berechnungsfehler oder ein unerwartet auftretender Faktor dafür sorgt, dass ein kinetisches Geschoss durch die obere Atmosphäre springt, anstatt in sie einzutauchen und geradewegs auf sein Ziel zuzusteuern.«

»Richtig. Stellen Sie fest, ob wir das auch absichtlich so machen können. Dabei muss gewährleistet sein, dass der Stein entweder komplett verglüht, bevor er die Planetenoberfläche erreichen kann, oder dass er abprallt und nach ein paar Sprüngen ins All zurückkehrt. Wir brauchen einen absichtlichen Fehlschuss, der sich durch die Atmosphäre brennt.«

»Ein Lichterspektakel?«, fragte Geary lächelnd.

»Ein richtig großes Lichterspektakel«, erwiderte sie. »Nehmen wir diesmal mehr als nur drei Steine, damit wir dem Planeten des CEO ein Licht aufgehen lassen können.«

Wie üblich bezog Rione Desjani nicht in ihre Antwort mit ein, sondern sprach nur an Geary gerichtet: »Eine exzellente Idee. Lassen Sie dieses Spektakel von einer Nachricht an die Bevölkerung begleiten; einer Nachricht von Ihnen, Admiral. Ich glaube, das könnte genügend Druck auf den CEO erzeugen, damit er endlich nachgibt.«

»Und wenn nicht«, meinte Geary, »dann lasse ich einen Stein genau auf seinen Kopf fallen, und dann können die Anwälte gerne darüber diskutieren, ob ich damit gegen den Vertrag verstoßen habe oder nicht.«

Das brachte ihm ein ironisches Grinsen von Rione ein. »Ich hatte gehofft, Sie würden einen mäßigenden Einfluss auf Ihren Captain ausüben, aber wie es aussieht, werden Sie von Ihrem Captain beeinflusst.«

Während Riones Bild verschwand, schaute Geary zu Desjani, die vor Freude strahlte. »Wissen Sie«, vertraute sie ihm an, »das ist das erste Mal, dass diese Frau etwas sagt, was ich wirklich gern höre.«

Er entgegnete darauf nichts, doch er wunderte sich, wieso ihm etwas an dem so wichtig erschien, was Rione soeben gesagt hatte. Seine Gedanken schweiften ab, er dachte zurück an seine ersten Begegnungen mit Desjani, an den Eindruck, den er damals von ihr bekommen hatte, an den Schock, als er feststellen musste, welche brutalen Akte sie zu der Zeit noch als ganz normale Bestandteile einer Militäroperation der Allianz angesehen hatte … »Genau, das ist es!«

Desjani musterte ihn fragend, und ihm wurde klar, dass sie in Schweigen verfallen war, als sie bemerkt hatte, dass er in seine Gedanken versunken war. Mittlerweile machte sie das ganz automatisch, um ihm Zeit zu geben, damit er auf eine Lösung für welches Problem auch immer kommen konnte. Ihm fiel das nur viel zu selten auf. »Ich nehme an, Sie reden von etwas Wichtigerem als davon, welche Meinung ich von einer Politikerin habe«, sagte sie.

»Danke, dass Sie mir Zeit zum Denken gegeben haben. Sie machen das immer, und das kommt mir sehr entgegen. Nein, ich rede davon, welche Meinung ein Politiker von mir hat.« Er deutete auf sein Display, wo die bewohnte Welt in leuchtenden Farben dargestellt wurde. »Dieser Syndik-CEO. Er weiß, er hat mit mir zu tun. Nicht mit irgendeinem beliebigen Offizier der Flotte, sondern mit mir

Ihre Augen blitzten verstehend auf. »Mit dem Mann, der nicht einfach eine Welt in Grund und Boden bombt. Mit dem Mann, der noch nach dem alten Prinzip der Ehre kämpft. Wir wissen, dass Ihre Verhaltensweisen sich bei den Syndiks ziemlich schnell herumgesprochen haben.«

»Richtig, und während des Kriegs meistens zu unserem Vorteil. Aber dieser CEO glaubt, er kann sich mit mir ein Spielchen erlauben, weil ich zurückhaltend und zivilisiert reagieren werde.« Er zog eine düstere Miene. »Möchte wissen, ob sich seine Einstellung ändern würde, wenn er mit einem anderen Offizier der Allianz-Flotte zu tun hätte.«

»Mit einem, der nicht so zivilisiert ist?«, fragte sie.

»Tanya, ich meine nicht …«

»Ich weiß genau, was Sie meinen, und das ist auch in Ordnung. Ich glaube nämlich, dass Sie ins Schwarze getroffen haben.« Sie sah ihn ernst an. »Ich kann sehr einschüchternd wirken, aber …«

»Ich finde, die nächste Nachricht an diesen CEO muss von einem Offizier kommen, dem die Aufgabe zugeteilt worden ist, sich um alles zu kümmern, was mit dem Thema Kriegsgefangene zu tun hat, und Sie …«

»Aber sind Sie sich ganz sicher, dass ich das sein sollte?«, warf sie mit schneidigem Tonfall ein. »Ich kann nicht für all Ihre Aufträge die erste Wahl sein.«

»Ein gutes Argument.« Obwohl Desjani für diese Aufgabe bestens qualifiziert war, durften sie vor den anderen Offizieren nicht den Eindruck erwecken, dass ihr eine Sonderbehandlung zuteil wurde. Nach kurzem Überlegen sagte er: »Tulev.«

»Hervorragend«, pflichtete sie ihm bei. »Wenn die Syndik-Akten über das Allianz-Personal etwas taugen, wird Tulev bei ihnen als Überlebender von Elyzia geführt. Dieser Syndik-CEO wird wissen, dass er es mit dem Mann zu tun hat, dessen Heimatwelt von den Syndiks in eine unbewohnbare Ruine verwandelt wurde.«

»Ich informiere Tulev, kümmern Sie sich um Ihr Lichterspektakel. Tulevs Botschaft und Ihre Steine dürften den CEO dazu veranlassen, seine Einstellung doch noch einmal zu überdenken.«

Die Allianz-Flotte war nur noch dreißig Lichtminuten vom zweiten Planeten entfernt, als das Lichterspektakel begann.

»Was halten Sie davon?«, fragte Desjani ein wenig selbstgefällig.

»Ich weiß nicht, welchen Effekt das auf die Syndiks haben wird, aber ich bin davon auf jeden Fall beeindruckt«, antwortete Geary. Auf einem Teil seines Displays, das auf die ausschließliche Darstellung von sichtbarem Licht eingestellt worden war, wurde die Kugel des zweiten Planeten zu einem Drittel als eine weiß und blau gesprenkelte Murmel angezeigt, während der in die Schwärze der Nacht getauchte Rest von den Lichtern der Städte auf dieser Welt durchwirkt war. Aber all diese Lichter verblassten, als glühende feurige Streifen über den Nachthimmel zogen, und selbst als sie die Tagseite des Planeten erreichten, waren sie noch immer heller als jeder von der Sonne beschienene Flecken.

Tulevs Nachricht sollte eine halbe Stunde zuvor empfangen worden sein, ehe die kinetischen Projektile absichtlich von ihrer Flugbahn abgekommen waren. Seine übliche gelassene Art war dabei noch deutlicher zutage getreten, was ihn so kalt wie Stein hatte rüberkommen lassen, während sein sachlicher Tonfall noch viel bedrohlicher wirkte, als wenn er wutentbrannt geredet hätte. »Ihr Führer spielt mit Ihrer aller Leben, nur weil er von dieser Flotte Geld erpressen will. Meine Aufgabe ist es sicherzustellen, dass alle Allianz-Angehörigen in diesem Sternensystem aus der Kriegsgefangenschaft befreit und an Bord der Flotte gebracht werden. Ich werde diesen Auftrag mit allen notwendigen Mitteln in die Tat umsetzen und keine weiteren Verzögerungen hinnehmen. Sie haben drei Stunden Zeit, um uns Ihre Bereitschaft mitzuteilen, friedfertig alle Gefangenen in unsere Obhut zu übergeben. Wenn dieser Zeitraum verstreicht, ohne dass etwas geschieht, werde ich alle erforderlichen Maßnahmen ergreifen. Auf die Ehre unserer Vorfahren. Captain Tulev Ende.«

Die Flotte war inzwischen dem Planeten so nahe gekommen, dass die Antwort nur eine Stunde benötigte. Geary befand sich unverändert auf der Brücke der Dauntless, als beide Gesandten sich bei ihm meldeten.

»Er hält uns immer noch hin.«

Geary ließ ein paar Sekunden verstreichen, ehe er sich an Rione wandte, um sich zu vergewissern, dass er das richtig verstanden hatte. »Der Syndik-CEO in diesem System will immer noch Lösegeld von uns erpressen?« Er hielt es für notwendig, das so auszusprechen, damit es auch ja keine Missverständnisse gab.

»Ja, und er gibt sich sogar äußerst trotzig.« Neben Riones Kopf öffnete sich ein weiteres Fenster.

Die dort wiedergegebene Mitteilung zeigte den Syndik-CEO mit einem Gesichtsausdruck, den Geary mittlerweile als den Versuch eines einschüchternden Blicks deutete, der ebenfalls einstudiert sein musste, da er ihn zuvor schon bei etlichen anderen CEOs hatte beobachten können. »Wir haben von Admiral Geary etwas Besseres erwartet als solch fadenscheinige Versuche, die unschuldige Bevölkerung dieser Welt in Angst und Schrecken zu versetzen. Das sind keine Verhandlungstaktiken, wie sie von zivilisierten Menschen angewandt werden. Ich bin mir sicher, dass die lebenden Sterne so etwas nicht gerne sehen.«

Der CEO veränderte seinen Gesichtsausdruck in etwas, das Geary in die Kategorie »Finsterer Blick« eingeordnet hätte. »Wir haben keine Angst davor, auf unseren Rechten zu bestehen, wie sie in dem Vertrag festgehalten wurden, mit dem ein langer und schrecklicher Krieg durch die gemeinschaftlichen Anstrengungen unserer Völker beendet werden konnte. Wenn nötig, sind wir bereit, uns mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln zur Wehr zu setzen. Es liegt in meiner Verantwortung, jeden Angriff und jeden Versuch einer Landung auf unserer friedfertigen Welt zu unterbinden.«

Desjani gab einen röchelnden Laut von sich.

Nun wechselte der CEO zum Mienenspiel »Betrübt, aber vernünftig«. »Es wäre sehr unerfreulich, wenn jemand zu Schaden kommen würde, nur weil Sie sich weigern, über eine realistische Entschädigung zu reden. Geld ist nicht wichtiger als Menschenleben. Ich erwarte ein Zeichen Ihrer Bereitschaft, nicht weiter mit Gewalt zu drohen, sondern zu verhandeln, damit wir zu einer für beide Seiten annehmbaren Beilegung unserer Differenzen gelangen können.«

Als das Bild des CEO verschwunden war, starrte Geary weiter auf den Schirm, ohne einen Ton zu sagen. Er wusste nicht, ob er seiner Stimme würde trauen können.

»Okay«, sagte Desjani ganz gelassen. »Ich brauche jetzt nur einen einzelnen Stein und die Koordinaten von diesem Syndik-Abschaum.«

»Er gibt einfach nicht nach«, stellte General Charban fest, was allen bewusst war. »Wir müssen noch mehr Druck auf ihn ausüben. Wir müssen ihm zu verstehen geben, wie ernst wir es meinen. Irgendeine noch größere, deutlichere Demonstration.«

Zwar konnte Charban nicht sehen, wie Desjani daraufhin die Augen verdrehte, aber ihre Antwort war laut genug, um von den Gesandten gehört zu werden: »Die spielen immer noch mit uns, weil sie glauben, dass der ehrbare Black Jack sie nicht bombardieren wird. Die halten uns hin und wiederholen weiter ihre Forderungen, weil wir tun können, was wir wollen – sie werden es immer für einen Bluff ansehen.«

Geary nickte und fühlte sich endlich wieder in der Lage, ruhig zu reden. »Ich glaube, Sie haben völlig recht. Und wenn dieser CEO so denkt, dann werden andere Syndik-CEOs die gleiche Ansicht vertreten: Sie halten mich für weich, weil ich zivile Opfer und rücksichtslose Bombardements vermeiden will.«

»Und«, ergänzte Desjani, »das bedeutet auch, wenn dieser CEO damit durchkommt, wird man uns in jedem Sternensystem, in dem wir unsere Leute aus der Kriegsgefangenschaft holen wollen, mit ähnlichen Lösegeldforderungen konfrontieren.«

Er blickte erneut die beiden Gesandten an. Charban sah skeptisch drein und schüttelte den Kopf, während Rione Geary einfach nur anschaute und nicht erkennen ließ, ob sie seine Einschätzung teilte oder nicht. »Uns bleiben nur fünf Stunden, bis wir den Orbit dieses Planeten erreichen«, machte Geary klar. »Wir haben unsere Haltung bereits erklärt, eine Haltung, die in jeder Hinsicht den Bestimmungen des Friedensvertrags entspricht. Meiner Ansicht nach lassen uns diese Syndiks keine andere Wahl, als ihnen und jedem, der ihnen nacheifern will, zu zeigen, wie wir auf solche Taktiken reagieren. Sie müssen begreifen, dass ich zwar ehrbar bin, dass man deswegen aber nicht so mit mir umspringen kann. Und sie müssen auch erkennen, dass Erpressung keine Methode ist, mit der man der Allianz kommen kann.«

»Was haben Sie vor?«, fragte Rione. »Wir haben mit diesen Leuten Frieden geschlossen.«

»Einen Frieden, der sie dazu verpflichtet, bestimmte Dinge zu tun, die sie genau jetzt aber nicht tun. Dieser CEO hat erklärt, dass er uns mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln daran hindern wird, die Gefangenen zu befreien, also auch mit militärischen Mitteln.«

»Ja, richtig«, stimmte Rione ihm zu, woraufhin Charbans finsterer Blick von Geary zu ihr wanderte.

»Also beabsichtige ich nun, mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln die Gefangenen zu befreien und dafür zu sorgen, dass unserem Personal bei diesem Einsatz nichts zustößt. Das heißt, wir schalten jede Verteidigungseinrichtung aus, die unsere Landestreitkräfte oder die Schiffe im Orbit gefährden können, wir riegeln das Lager ab, um Verstärkungen der Bodentruppen den Weg dorthin zu versperren, und wir reagieren auf jeden wie auch immer gearteten Versuch, uns anzugreifen oder unsere Operation zu stören.«

Neben ihm stieß Desjani ein lautloses Jawohl! aus.

Charban dagegen schüttelte nachdrücklich den Kopf. »Es ist noch zu früh, um zu so drastischen Maßnahmen zu greifen. Die rechtlichen Folgen …«

Im Augenblick hatte Geary von allen Politikern die Nase voll, daher unterbrach er den Mann: »Das mag Ihre Meinung sein, General, aber das Kommando über die Flotte liegt bei mir, nicht bei Ihnen!«

Der General bekam einen roten Kopf und schaute zu Rione. »Wir können diese Vorgehensweise nicht genehmigen.«

Rione schwieg weiter und ließ nun auch gegenüber Charban nicht erkennen, ob sie seiner Meinung war oder nicht.

»Sofern keiner von ihnen dazu autorisiert ist, mich meines Kommandos zu entheben«, redete Geary weiter, während sein Finger sich der Taste näherte, die die Unterhaltung beenden würde, »werde ich so vorgehen, ganz gleich ob Sie mir das genehmigen oder nicht. Ich danke Ihnen für Ihren Beitrag.« Er betätigte die Taste, gleich darauf erloschen die Gesichter der beiden Gesandten.

Desjanis Augen leuchteten, als sie sich zu ihm umdrehte und seinen Arm packte, damit er sich ihr zuwandte. Sie beugte sich vor und sprach so leise, dass man ihre Unterhaltung nicht einmal bei abgeschalteter Privatsphäre hätte belauschen können: »Die perfekte Entscheidung und der perfekte Umgang mit diesen Politikern. Bei den lebenden Sternen, ich liebe dich!«

»Es ist nicht sehr professionell, so etwas zu sagen, Tanya«, erwiderte er genauso leise.

»Zum Teufel damit. Komm, Darling, lass uns den Syndiks in den Hintern treten!«

Die hastig einberufene Flottenkonferenz hatte zweifellos bei einigen Leuten Erstaunen ausgelöst, aber als Geary seinen Entschluss erklärte, wichen alle Anzeichen von Besorgnis einer breiten Zustimmung. Niemand in der Flotte hatte ein Problem damit, auf Syndiks einzuschlagen, völlig ohne Rücksicht auf den geschlossenen Friedensvertrag. Genau das war auch der Grund, weshalb er so großen Wert darauf legte, seine Beweggründe ausführlich darzulegen. »Wir müssen ein solches Handeln auf die Situationen beschränken, die mit dem Vertrag gerechtfertigt werden können. Die Syndiks in diesem Sternensystem verletzen beharrlich die Vereinbarungen, und sie drohen uns mit militärischen Mitteln für den Fall, dass wir unsere vertraglich verbrieften Rechte wahrnehmen. Damit geben sie uns das Recht, unsere Leute mit aller erforderlichen Härte aus dem Gefangenenlager zu holen. Wir werden Gewalt dabei nur in einem Maß anwenden, das für die Durchführung absolut notwendig ist. General Carabali.«

Sie nickte Geary zu und war die Ruhe selbst.

»Die Zielerfassungssysteme der Flotte werden eine Liste der Ziele erstellen, die bombardiert werden müssen, um einen sicheren Transitkorridor für Ihre Leute zu schaffen. Ich möchte, dass Sie und Ihre Shuttlekommandanten sich diese Liste ansehen und sicherstellen, dass die erforderlichen Sicherheitsmargen erfüllt werden.«

Wieder nickte sie. »Wie sehen die Verhaltensregeln für meine Marines aus?«

»Ihrer Landung wird eine Durchsage an alle Syndiks vorangehen, mit der sie aufgefordert werden, sich unseren Streitkräften nicht in den Weg zu stellen, wenn sie sich nicht zur Zielscheibe machen wollen. Jeder, der auf Ihre Leute feuert, der Ihre Leute als Ziel erfasst oder der auch nur eine Waffe auf sie richtet oder der auf andere Weise versucht, unseren Streitkräften das Vorankommen zu erschweren, wird mit den jeweils notwendigen Mitteln neutralisiert.«

Tatsächlich ließ Carabali ein flüchtiges Lächeln erkennen. »Das sollte für meine Marines eine ausreichende Richtlinie sein.«

General Charban meldete sich zu Wort, er gab sich so umgänglich wie ein Kamerad unter seinesgleichen. »Es ist von äußerster Wichtigkeit, dass unsere Marines sich exakt an diese Vorgaben halten und dass sie bei ihrem Vorgehen ein hohes Maß an Zurückhaltung üben.«

»Das versteht sich von selbst«, erwiderte Carabali höflich.

»Und außerdem«, warf Duellos ein, »sind Marines für ihre Zurückhaltung bekannt.«

Gelächter machte sich am Konferenztisch breit. Carabali nickte Duellos zu und lächelte immer noch, während Charbans verspätetes Lächeln aufgesetzt wirkte.

»Auf dem Weg ins Lager werden wir ein ziemlich großes Gebiet verwüsten«, erläuterte Tulev. »Das ist nicht notwendig, um die Sicherheit unserer Leute zu gewährleisten, aber wir erteilen damit anderen Syndik-CEOs eine Lektion. Sie werden lernen, dass keiner von ihnen versuchen kann, Lösegeld für Gefangene zu fordern, ohne dafür teuer zu bezahlen.«

»Ganz genau«, bestätigte Geary. »Eine wichtige sekundäre Absicht dieser Operation ist es, jedem Syndik-CEO zu zeigen, dass sie alliierte Kriegsgefangene nicht als Mittel einsetzen können, um uns zu erpressen. Wenn es jemand versucht, wird ihn das mehr kosten, als er zu kassieren gehofft hatte. Wir wollen uns diesem Unsinn nicht in jedem anderen Sternensystem aufs Neue ausgesetzt sehen. Es gibt hier keine Kriegsschiffe, von denen eine Gefahr für uns ausgehen könnte, daher müssen wir uns nur mit den Verteidigungsanlagen auf der Planetenoberfläche und den Orbitaleinrichtungen befassen. Unterschätzen Sie allerdings nicht die Gefahr, die von diesen Anlagen ausgehen könnte. Ein Partikelstrahl, der von einer Energiequelle auf dem Planeten gespeist wird, kann leistungsfähig genug sein, um sich sogar bei einem Schlachtschiff durch Schilde und Panzerung zu fressen. Alle Schiffe führen deshalb nach dem Zufallsprinzip Ausweichmanöver im Rahmen der ihnen zugewiesenen Position durch. Irgendwelche Fragen?«

»Die im Bau befindlichen Kriegsschiffe in diesem System können wir nicht zerstören?«, wollte Commander Neeson wissen.

»Nein. Sie stellen bei dieser Operation keine Bedrohung für uns dar. Ihre Zerstörung würde über das hinausgehen, was wir im Rahmen der Wahrnehmung unserer Rechte aus dem Friedensvertrag tun dürfen.« Geary sah sich am Tisch um. »Wir machen genau das, was uns möglich ist. Wir tun das nicht aus Sorge darüber, was die Syndiks über unser Auftreten sagen könnten, sondern weil diese Flotte im Rahmen des Erlaubten handelt. Lassen Sie mich betonen, dass niemand ›versehentlich‹ das Feuer auf ein anderes als die genehmigten Ziele eröffnen wird. Es gibt auch keine ›unerklärlichen Vorkommnisse‹ bei den Feuerkontrollsystemen und keine ›Ausrutscher‹ bei den Abschussmechanismen.«

Einige seiner Offiziere gaben sich alle Mühe, eine Unschuldsmiene zur Schau zu stellen, andere täuschten Entsetzen angesichts eines solchen Gedankens vor, ein paar versuchten gar nicht erst, sich ein Grinsen zu verkneifen. Dennoch ging er davon aus, dass alle sich an seine unmissverständlichen Anweisungen halten würden. »Sonst noch Fragen? Wir haben nicht viel Zeit, um diese Operation vorzubereiten. Wenn also einer von Ihnen irgendein Hindernis entdeckt, dann soll er mich sofort darauf aufmerksam machen, damit wir entsprechend reagieren können.«

Niemand sagte etwas dazu, doch als er die Konferenz für beendet erklärte, warf Jane Geary ihm einen langen Blick zu, ehe sich ihr Bild auflöste. Viele Fragen hatte er ohnehin nicht erwartet, schon gar nicht von dieser Flotte. Die wirklich heiklen Fragen wären ihm hingeworfen worden, wenn er sich unter diesen Umständen gegen Gewaltanwendung ausgesprochen hätte.

Die große Mehrheit der Captains zog sich in einer Flut aus verschwindenden Bildern zurück, auch die beiden politischen Gesandten beendeten ihre Teilnahme, bis nur noch Badaya und Duellos Geary und Desjani Gesellschaft leisteten.

Badaya sah Geary mit strahlender Miene an. »Ich habe diesen Politikern angemerkt, wie unglücklich die über Ihre Entscheidung sind. Diese Operation wird dazu beitragen, den Syndiks ihre Grenzen aufzuzeigen, aber sie macht auch allen Beteiligten noch einmal klar, wer tatsächlich das Sagen hat.«

»Ich will es hoffen«, erwiderte Geary und gab sich so, als wäre er einer Meinung mit Badaya, während er sich so vage wie möglich äußerte. Sich selbst wie ein Politiker benehmen zu müssen, ging ihm zwar gegen den Strich, aber er hatte keine andere Wahl, wenn er Badaya unter Kontrolle halten wollte.

Nach einem erneuten breiten Lächeln und einem Zwinkern in Desjanis Richtung salutierte Badaya und verschwand ebenfalls.

Desjani sah zu Duellos. »Ich hoffe, Sie werden nicht irgendetwas hineininterpretieren.«

»Ich? Etwas hineininterpretieren?« Der Captain zog vielsagend eine Augenbraue hoch. »Ich würde nur gern wissen, wie Sie das angestellt haben.«

Sie reagierte darauf mit einem ehrlich gemeinten unschuldigen Blick. »Ich hatte damit nichts zu tun. Der Admiral hat aus eigenem Antrieb die angemessenen Schlussfolgerungen gezogen.«

»Völlig aus eigenem Antrieb?«

»Ja«, antwortete sie. »Fast völlig.«

»Fast völlig?« Duellos spreizte die Hände. »Ich lechze nicht danach, Blut zu vergießen, Admiral, aber ich finde, was die notwendige Vorgehensweise angeht, haben Sie fast völlig allein die richtigen Entscheidungen getroffen.«

»Ich nehme Ratschläge aus allen Richtungen an«, gab Geary zurück. »Aber da ich Ihre Erfahrung und Ihr Urteilsvermögen zu schätzen weiß, bedeutet mir Ihre Zustimmung umso mehr.«

Duellos stand auf und deutete im Scherz eine Verbeugung an. »Wir vergeuden hier wertvolle Zeit«, sagte er dann. »Das ist ein Umweg, der uns nur Zeit kostet. Wieso hat die Regierung darauf bestanden, wenn es doch zuerst hieß, dass die oberste Priorität lautet, möglichst schnell möglichst viel über diese Aliens in Erfahrung zu bringen?«

»Sagen Sie mir Bescheid, wenn Sie die Antwort darauf finden können.«

Duellos wollte schon aufbrechen, dann hielt er doch noch inne. »Wie ironisch. Wir haben Monate für den Heimweg gebraucht, und immer wieder mussten wir versuchen, den Motiven und der Denkweise einer fremden Rasse auf den Grund zu gehen, von der wir nur vermuten konnten, dass sie existiert. Und jetzt verbringen wir unsere Zeit damit, den Motiven und der Denkweise unserer eigenen Regierung auf den Grund zu gehen. Da fällt mir ein, Sie werden doch die Marines im Auge behalten, richtig? Diese Verhaltensregeln lassen sich nämlich zu leicht als eine Lizenz zum Töten auslegen, mit der sie alles aus dem Weg räumen können, was ihnen als feindselig erscheint.«

»Ich kann darauf vertrauen, dass Carabali ihre Leute unter Kontrolle hat, aber ich werde ihr noch einmal eintrichtern, wie wichtig es ist, dass wir jeden einzelnen abgefeuerten Schuss auch rechtfertigen können.«

»Das wäre vermutlich gut, genau wie Ihre Ermahnung an die anderen Commander.« Sekundenlang schien Duellos auf irgendeinen Punkt in weiter Ferne zu starren. »Ein Leben lang auf alles zu schießen, was nach einem Syndik aussieht, ist eine Angewohnheit, die man nicht so einfach ablegt«, ergänzte er dann noch mit einem betrübten Unterton.

Nachdem Duellos verschwunden war, schaute Geary eine Weile auf die Stelle, an der sich der Mann gerade eben noch befunden hatte. Zeitvergeudung. Ja, Duellos hatte es auf den Punkt gebracht, es ist Zeitvergeudung, und es lenkt mich von meiner eigentlichen Aufgabe ab – und das könnte auch noch der Fall sein, wenn wir diese Gefangenen an Bord geholt haben. »Tanya, achten Sie bitte mit darauf, dass ich ganz auf die Aliens konzentriert bleibe.«

Sie sah ihn verwundert an. »Das macht Ihnen Sorgen?«

»Ich weiß nicht, was uns in diesem Gefängnis erwartet – oder besser gesagt: wer uns da erwartet. Aber wir können es uns nicht leisten, dass ich mich mit Dingen beschäftige, die sich darum drehen, wenn ich mir eigentlich Gedanken über das machen muss, was vor uns liegt. Wenn sich irgendetwas ergibt, das sich als zu große Ablenkung entpuppt, dann helfen Sie mir, mich auf das Wesentliche zu konzentrieren.«

»Ich wünschte, Sie hätten das gesagt, solange Roberto Duellos noch hier war. Sie können manchmal so starrsinnig sein, dass ich ein zweites Paar Hände gut gebrauchen könnte, um Ihnen die Augen zu öffnen.«

Eine Anzahl Satelliten, die bis vor Kurzem den Planeten umkreist und mit ihren Sensordaten den Syndik-Streitkräften gedient hatten, waren in tote Objekte verwandelt worden, die aus ihrer Bahn geworfen in die Atmosphäre eintauchten und dort verglühten. Zudem hatte man vier Orbitalplattformen ausgeschaltet, da die mit Marschflugkörpern bestückt gewesen waren.

Als die Flotte in einen Orbit um die Primärwelt von Dunai einschwenkte, warf Geary wieder einen Blick zu Rione, die weiterhin nicht zu erkennen gab, was sie von seiner Vorgehensweise hielt. »Noch immer keine Reaktion von diesem Syndik-CEO?«

»Nein, nur eine Litanei von Beschwerden über Ihre ›grundlose‹ Zerstörung mehrerer Satelliten.«

Er öffnete ein Komm-Fenster zu seiner Linken. »General Carabali, wie sieht’s aus?«

Carabali, die einen anderen Teil ihres Displays im Auge behielt und daher an Geary vorbeisah, nickte respektvoll. »Es ist ein guter Tag für eine nichterlaubnispflichtige Personenbefreiungsoperation, Admiral.«

»Sind sie immer noch bereit, Widerstand zu leisten?«, fragte er.

»Bodentruppen sind rund um das Gefangenenlager in Gefechtsformation verteilt«, erwiderte Carabali. Ein Fenster öffnete sich vor Geary und zoomte das Gebiet rund um das Lager heran. »Aber bislang haben wir keine Versuche feststellen können, die Gefangenen aus ihren Kasernen zu holen und sie als menschliche Schutzschilde zu benutzen. Die Syndiks haben sämtlichen Flugverkehr eingestellt, aber es gibt zahlreiche Artillerie- und Raketenabschussbasen in Reichweite des Gefangenenlagers.«

»Glauben Sie, sie werden kämpfen?«

»Meine Einschätzung ist, Admiral, dass sie davon ausgehen, dass wir im allerletzten Moment doch noch einen Rückzieher machen werden. Das würde erklären, warum sie die Gefangenen nicht noch offensichtlicher als Geiseln benutzen, denn das könnte uns ja erst so richtig sauer machen. Wenn das der Fall ist, kapitulieren sie vielleicht in dem Augenblick, in dem wir landen. Aber sie könnten natürlich auch den Befehl haben, sich zur Wehr zu setzen, wenn wir tatsächlich die Marines zu ihnen schicken.«

Geary drückte eine Hand gegen seine Stirn und überlegte. »Madam Gesandte, ich würde es zu schätzen wissen, wenn Sie mir sagen, was diesem CEO wohl im Augenblick durch den Kopf geht.«

Sekundenlang fragte er sich, ob sie überhaupt antworten würde, aber dann begann sie doch zu reden: »Er hat seine ganze Autorität und Urteilsfähigkeit auf die Annahme gestützt, dass Sie auf seine Forderungen eingehen. Durch Ihre Weigerung und sein Beharren hat er sich selbst in eine Ecke manövriert. Wenn er jetzt keinen Widerstand leistet, wird er als Schwächling und Dummkopf dastehen. Wenn er kämpft, wird man ihn zwar auch für dumm halten, weil er die Situation so völlig falsch eingeschätzt hat, aber er wird nicht als schwach dastehen. Ein Führer, der sich eine Dummheit leistet, kann politisch trotzdem überleben, vor allem wenn die Leute sehen, dass er bis zum bitteren Ende kämpfen will. Aber ein Führer, der dumm und schwach ist, hat keine Überlebenschancen. Das geht meiner Ansicht nach in diesen Minuten durch seinen Kopf.«

Desjani legte die Stirn in Falten und sah zu Rione, dann zuckte sie wie verärgert mit den Schultern. »Das sehe ich auch so«, flüsterte sie Geary zu.

»Dann bleibt mir also keine andere Wahl.« Er aktivierte den Befehl zur Bombardierung, der Countdown zum Start des Feuers näherte sich der Null, dann tippte er auf eine andere Taste, um seinen Befehl zu bestätigen. Minuten später war die Zeit abgelaufen, und die Kriegsschiffe begannen, kinetische Geschosse abzuwerfen.

Das Sperrfeuer durchdrang die Planetenatmosphäre wie ein tödlicher Hagel, jedes massive Stück Metall jagte mit enormer Geschwindigkeit der Oberfläche entgegen und speicherte dabei Energie, die im Augenblick des Aufpralls in einer vernichtenden Detonation freigesetzt wurde. Die Bewohner dieser Welt konnten die Geschosse bei ihrem Eintritt in die Atmosphäre beobachten, und es war ihnen auch möglich, ziemlich genau zu bestimmen, wo sie einschlagen würden. Aber sie konnten nichts tun, um die Projektile aufzuhalten, und es blieben ihnen allein wenige Minuten, um auf die nahende Gefahr zu reagieren. Menschen konnten dabei beobachtet werden, wie sie zu Fuß oder in Fahrzeugen aus befestigten Stellungen flohen, während die Truppentransporter nahe dem Gefangenenlager bemüht waren, möglichst schnell die Gefahrenzone zu verlassen.

Das Bombardement war so abgestimmt worden, dass jede Salve möglichst simultan die verschiedenen Ziele erreichte, um die psychologische Wirkung der Treffer noch zu verstärken. Die physikalische Wirkung musste dagegen nicht erst verstärkt werden. Wo die kinetischen Projektile einschlugen, verwandelten sich Geschützstellungen in Krater; Gebäude, in denen Sensoren, Kommando- oder Überwachungsanlagen untergebracht waren, wurden in Stücke gesprengt; Brücken und Straßen wurden restlos ausgelöscht. Auf einem breiten Streifen entlang der Strecke, die die Shuttles mit den Marines an Bord fliegen würden, und in weitem Umkreis um das Lager selbst hörten alle planetaren Verteidigungseinrichtungen von einer Sekunde zur nächsten auf zu existieren.

»Schicken Sie die Marines los«, befahl Geary.

Shuttles starteten von den vier Sturmtransportern, aber auch von mehreren Schlachtschiffen und Schlachtkreuzern. Carabali hatte entschieden, eine erdrückend große Streitmacht zu entsenden, und Geary war damit ohne zu zögern einverstanden gewesen, da er die Kämpfe auf Heradao noch zu deutlich in Erinnerung hatte.

Als die Allianz-Shuttles in die Atmosphäre eintauchten und Kurs auf das Gefangenenlager nahmen, bemerkte Geary, dass Desjani ihn mit bleicher Miene ansah. »Stimmt was nicht?«

»Ich musste nur gerade an etwas denken.« Weiter sagte sie nichts, und er hakte auch nicht nach. Er wusste, dass Desjani noch nicht dazu bereit war, über alle Erinnerungen zu reden, die ihr zu schaffen machten. Möglicherweise würde sie sogar niemals dazu in der Lage sein.

Die Syndik-Verteidigung schien durch das Bombardement in völlige Verwirrung gestürzt worden zu sein. Von den versprengten Bodentruppen rings um das Gefangenenlager abgesehen tat sich eigentlich nichts. »Fünfundzwanzig Minuten bis zur Landung des ersten Shuttles«, meldete Carabali. Sie befand sich an Bord eines Shuttles, das als eines der letzten landen würde. »Kein Widerstand feststellbar.«

»Wir registrieren Raketenstarts auf der Oberfläche«, meldete der Gefechtswachhabende im gleichen Moment, in dem auf Gearys Display ein Alarm aufblinkte. »Ballistische Mittelstreckenraketen von einer Einrichtung im Nordwesten des Lagers, tief fliegende Marschflugkörper irgendwo aus östlicher Richtung.«

Drei Tastendrucke waren notwendig, dann lieferten die Gefechtssysteme eine Empfehlung. »Fearless, Resolution, Redoubtable, sorgen Sie dafür, dass diese ballistischen Raketen gestoppt werden. Leviathan und Dragon, löschen Sie die Abschussvorrichtungen mit kinetischen Bomben aus.«

Die Marschflugkörper waren dagegen ein ganz anderes Thema. Ihre Flugbahn führte in geringer Höhe über eine weitläufige Metropole mit zahlreichen Vororten hinweg. Sie zu treffen, ohne dabei die darunter befindliche Zivilbevölkerung in Mitleidenschaft zu ziehen, stellte ein Problem dar. »Colossus und Encroach, zerstören Sie sofort die Abschussbasis der Marschflugkörper, aber warten Sie mit der Vernichtung der Raketen selbst, bis die sich nicht mehr über den Vororten dieser Stadt befinden.«

»Diese Vororte liegen ganz in der Nähe des Gefangenenlagers«, machte Desjani ihm klar. »Sie lassen unseren Leuten nicht viel Spielraum, um die Marschflugkörper abzufangen.«

»Wir können nicht einfach zivile Bebauung mit unseren Höllenspeeren durchbohren.«

»Die zwingen Sie zu dieser Entscheidung!«, beharrte Desjani, während Höllenspeere der Schiffe Fearless, Resolution und Redoubtable die ballistischen Raketen auf dem Scheitelpunkt ihrer Flugbahn zerstörten und die Steine von der Leviathan und der Dragon auf dem Weg zu den Abschussrampen waren. Es war eine verspätete Reaktion, da man bereits auf sie gefeuert hatte, aber von dieser Anlage würden keine weiteren Angriffe mehr ausgehen, wenn sie erst mal in eine Kraterlandschaft verwandelt worden war.

»Ich weiß, aber …« Geary unterbrach sich, da etwas auf dem Display ihn ablenkte. »Was macht denn die Dreadnaught?« Das Schlachtschiff hatte sich nach unten gedreht und verließ den hohen Orbit, um in die obersten Lagen der Atmosphäre einzudringen. Wütend schlug Geary auf die Komm-Taste. »Dreadnaught, was soll das geben?«

Jane Geary wirkte in Gedanken, als sie antwortete. Ihre Konzentration war auf etwas neben dem Bild des Admirals auf ihrem Display gerichtet. »Die Dreadnaught reagiert auf Bedrohungen für die Landetrupps und die Gefangenen, Admiral.«

Die einzige Bedrohung, die die Dreadnaught meinen konnte, waren die drei Marschflugkörper. »Die Colossus und Encroach kümmern sich um diese Ziele, Dreadnaught. Kehren Sie auf Ihre Position zurück.«

»Wenn wir irgendeine Anlage auf dem Planeten übersehen haben, die Partikelstrahlen abfeuern kann, dann könnte die Dreadnaught so tief im Orbit davon durchbohrt werden«, gab Desjani zu bedenken.

»Ich weiß!« Die Dreadnaught war noch immer auf ihrem Kurs in Richtung Planet. »Captain Geary, kehren Sie sofort in den höheren Orbit zurück und nehmen Sie Ihre alte Position ein!«

Jane Geary verzog keine Miene und war voll konzentriert, weshalb sie auf seinen Befehl auch nicht reagierte.

»Die Dreadnaught feuert Höllenspeere ab«, meldete der Gefechtswachhabende.

Zehn Marschflugkörper waren gestartet, die Dreadnaught feuerte exakt zehn Höllenspeere ab. Geary hatte sein Display auf maximale Vergrößerung eingestellt und sah mit an, wie jeder Höllenspeer einen Marschflugkörper in dem Moment zerriss, da der sich über einem freien Gelände wie einer Straße oder einem schmalen Streifen Wald befand.

»Ziele zerstört«, berichtete Jane Geary. »Keine Kollateralschäden. Dreadnaught kehrt auf ihre Position zurück.«

»Gut.« Mehr traute sich Geary nicht zu sagen, während sich Jane Gearys Bild vor ihm in Luft auflöste.

Desjani räusperte sich. »Sie werden entscheiden müssen, ob Sie ihr einen Orden verleihen oder ihr das Kommando entziehen.«

»Verdammt noch mal, Tanya, ich brauche keine …«

»Und in dieser Flotte«, fuhr sie fort, »wissen Sie ja, welche Reaktion als gerechtfertigt angesehen wird.«

»Sie hat sich über meinen ausdrücklichen Befehl hin …«

»Sie hat die Bedrohung beseitigt«, unterbrach Desjani ihn und deutete auf den Planeten. »Und sie ist aggressiv und mit Stil vorgegangen. Denken Sie darüber nach, bevor Sie handeln, Sir.«

Er atmete tief durch, dann nickte er. »Na gut.« Was um alles in der Welt hat Jane sich nur dabei gedacht? Sie glaubt wohl, sie muss Black Jack spielen. Und das hat sie auch noch verdammt gut gemacht, wie Tanya gesagt hat. Aber was passiert beim nächsten Mal, wenn sie einen Befehl missachtet, nur um zu beweisen, dass sie eine »echte« Geary ist? Vielleicht gibt es dann eine Katastrophe, weil sie wieder unüberlegt gehandelt hat. Durch ein solches Verhalten haben wir schon die Paladin bei Lakota verloren. Aber ich kann mich jetzt nicht damit befassen, weil meine Marines jeden Moment landen. Tanzt sonst noch jemand aus der Reihe?

Die Invincible fiel ihm auf seinem Display ins Auge, aber nicht, weil der Schlachtkreuzer aus der Formation ausscherte, sondern weil er überhaupt nichts tat. Alle Schiffe veränderten laufend ihre Position ein wenig, um den Waffensystemen auf der Oberfläche die Zielerfassung zu erschweren. Nur die Invincible folgte stur ihrer Flugbahn um den Planeten, als wäre sie dort eingefroren. »Invincible, beginnen Sie Ausweichmanöver wie zuvor angeordnet.«

Captain Vente, der bei den Flottenkonferenzen nicht ein einziges Mal den Mund aufgemacht hatte, klang ein wenig beleidigt. »Es wurden keine spezifischen Befehle gegeben.«

»Sie sollen ja auch willkürliche Ausweichmanöver fliegen, Captain Vente. Nehmen Sie zufällige Kurskorrekturen vor«, wies Geary ihn an.

»Welche Art von zufälligen Kurskorrekturen?«

Desjani gestikulierte, um Geary auf sich aufmerksam zu machen. »Gefechtsmanöver-Subroutine 47A.«

»Führen Sie Gefechtsmanöver-Subroutine 47A durch«, gab Geary weiter.

»Oh. Gut, wird erledigt.«

Die Orion. Was war mit der Orion los? Wenn es ein Schiff gab, das Probleme haben würde, seine Befehle zu befolgen, dann …

Aber die Orion war auf ihrer Position und bewegte sich auf ihrer Flugbahn mal in die eine, mal in die andere Richtung.

Die ersten Shuttles setzten zur Landung innerhalb des Gefangenenlagers an. Die Rampen waren bereits ausgefahren, damit die Marines im Augenblick des Bodenkontakts in voller Gefechtsmontur aus dem Fahrzeug springen und in Deckung gehen konnten. Die Waffensysteme der nachfolgenden Shuttles beschossen weiter die Wachtürme und andere Verteidigungseinrichtungen, um sicherzustellen, dass die Gefängniswärter weiter in Deckung bleiben mussten. Innerhalb weniger Augenblicke war die erste Welle gelandet. Die Shuttles hoben gleich wieder ab, um sich in Sicherheit zu bringen, während die Marines auf ihre Ziele vorrückten und die zweite Welle dicht hinter ihnen war.

Die Gebäude erinnerten an mehrstöckige Unterkünfte, während die Unterkünfte in den bisher aufgesuchten Arbeitslagern der Syndiks mehr wie flache, lang gestreckte Lagerhallen ausgesehen hatten. Lange Fensterreihen säumten die zum Hof gewandten Gebäudeseiten, aber niemand eröffnete von dort das Feuer auf die Shuttles oder die Marines.

Geary betrachtete ausgiebig sein Display. Die Dreadnaught war fast wieder zurück auf ihrer alten Position, und es sah aus, als ob sich alle anderen an seine Befehle hielten. Die Auslöschung der Raketenbasen schien das Militär von weiteren Angriffen auf das Lager abzuhalten, und sogar die Bodentruppen der Syndiks hielten sich zurück. Ihr Führer mag ja dumm sein, aber das gilt nicht für seine Untergebenen. Keiner von denen will die Feuerkraft dieser Flotte herausfordern, nur um den Stolz des CEO zu retten.

Er rief die Fenster für die Führer der Marines-Einheiten auf und war einen Moment lang über die große Zahl an Fenstern überrascht. Mehr als doppelt so viele Marines wie zuvor standen ihm zur Verfügung, was natürlich auch doppelt so viele Einheiten mitsamt Führern bedeutete. Er berührte ein Gesicht. Das Unterdisplay zeigte die Aktivität der betreffenden Person im Gefangenenlager, zugleich markierte ein Lichtpunkt die Position des Offiziers, der sich in diesem Fall in der Nähe der Shuttles aufhielt. Er unternahm einen neuen Versuch und erwischte eine Lieutenant, die sich in einem Gebäude befand und einen Zug anführte. Dann öffnete er ein neues Fenster und ließ sich den Blick der Kamera in der Gefechtspanzerung der Marine anzeigen.

Ein Gefühl der Desorientierung verschwand gleich wieder, als Gearys Verstand die Bilder einordnen konnte. Er sah einen düsteren, von Türen gesäumten Korridor. Die Marines bewegten sich mit feuerbereiten Waffen zügig bis zum Ende des Gangs, dann fasste einer von ihnen auf Befehl der Lieutenant nach dem Türknauf und knackte das mit lautem, metallischem Kreischen protestierende Schloss, indem er die zusätzliche, mechanische Kraft ihre Arbeit verrichten ließ, die ihm seine Gefechtspanzerung verlieh.

Zwei Männer in verschossenen Uniformen der Allianz-Bodentruppen standen in dem Raum dahinter, hielten die Hände hoch und rührten sich nicht. Beide waren klug genug, beim Anblick von Marines, die ihre Waffen auf sie gerichtet hatten, keine unbedachten Bewegungen zu machen. »Wo sind die Wachen?«, fragte die Lieutenant sie.

»Jeweils auf den ungeraden Etagen, in der Wachstation ganz am Ende«, antwortete einer der Gefangenen sofort. »Normalerweise sind sie zu dritt.«

»Alles klar. Sie bleiben hier, bis die nächsten von unseren Leuten hier eintreffen.« Die Lieutenant schickte ihre Leute zur Treppe am Ende des Korridors. Deren Gefechtsrüstung erlaubte es ihnen, mehrere Stufen mit einem Satz zurückzulegen, dann durchbrachen sie die Türen auf der nächsten Etage.

Der Raum war verlassen, auf einem Monitor blinkten Alarmsymbole auf, aber es war niemand da, der sie hätte beachten können. »Die Wachstation in diesem Gebäude ist verlassen«, meldete die Lieutenant. »Roger«, hörte Geary den Captain antworten, der eindringlich weitersprach: »Achten Sie darauf, dass Sie alle Räume überprüfen. Gefechtsingenieure sind auf dem Weg zu Ihnen, um die Alarmmeldungen abzuschalten und um sicherzustellen, dass nichts an einen Totmannschalter gekoppelt ist. Und sagen Sie Ihren Marines, dass sie ja nichts anfassen sollen.«

»Verstanden.« Gleich darauf brüllte sie zwei ihrer Leute an: »Orvis! Rendillon! Sie sollen diese verdammten Tasten nicht berühren!«

Geary schloss das Fenster und verspürte ein schlechtes Gewissen, weil er sich auf diesen einen, winzigen Aspekt des Geschehens konzentriert hatte, obwohl er für die gesamte Flotte Verantwortung trug. »Wie kommt es eigentlich, dass Matrosen und Marines auf jeden Knopf und jede Taste drücken müssen, die sie sehen?«

»Haben Sie sich schon mal gefragt, was die eigentlich gemacht haben, bevor die Menschen Knöpfe und Tasten erfunden haben, auf die man drücken kann?«, gab Desjani zurück. »Da muss es auch schon irgendetwas gegeben haben, was sie nicht tun sollten.«

»Kein Widerstand«, berichtete Carabali. »Die Wachen kauern in ihren Unterständen und haben sich den ersten Marines ergeben, die ihnen die Tür eingetreten haben.«

Das lief dann also gut. »Irgendwelche Schwierigkeiten?«

»Noch nicht. Fünfundsiebzig Prozent des Lagers sind jetzt gesichert, geschätzte Zeit bis zur vollständigen Sicherung fünf Minuten.«

»Danke.« Das lief alles viel zu glatt ab, doch er konnte nichts entdecken, was als Problem irgendwo lauerte und darauf wartete, sie anzuspringen. Er versuchte sich zu entspannen, ohne dabei in seiner Wachsamkeit nachzulassen. Sein Blick wanderte zwischen den diversen Displays hin und her, während das Schiff sich weiter leicht hin- und herbewegte, um eine Zielerfassung von der Planetenoberfläche aus zu erschweren. Dabei sah er mit an, wie immer neue Bereiche des Lagers grün aufleuchteten, sobald sie als gesichert galten. Er wartete geduldig, während die Marines sicherstellten, dass nirgendwo Sprengfallen installiert waren, bevor sie eine geschlossene Tür eintraten, um weitere Gefangene zu befreien, die auf den Hof zu den wartenden Shuttles geführt wurden.

Gleich neben Geary öffnete sich ein Fenster. »Wir erhalten jetzt die Identifizierung der Gefangenen, Admiral«, sagte Lieutenant Iger. »Sieht ganz so aus, als hätten wir es hier mit einem VIP-Arbeitslager zu tun.«

»Einem was?«

»VIPs. Fast jede Gefangenen-ID steht für einen Admiral oder General. Es gibt auch Offiziere mit niedrigerem Dienstgrad, aber damit meine ich in diesem Fall Captains und Colonels. Es scheint sich durchweg um hochdekorierte und einflussreiche Männer und Frauen zu handeln, die man hier festgehalten hat. Jetzt wissen wir auch, warum es in den Lagern, die wir zuvor geräumt haben, keinen Senioroffizier über dem Dienstgrad eines Captains oder Colonels gegeben hat. Bislang haben wir nur ein paar Zivilisten identifiziert, aber selbst bei ihnen handelt es sich um hochrangige Amtsträger oder politische Führer, die bei Überfällen auf Allianz-Welten entführt wurden. Es gibt keinerlei Unteroffiziere.«

»Hoch dekoriert und einflussreich«, wiederholte Geary, der unwillkürlich das Gefühl bekam, dass diese Worte von größter Wichtigkeit waren.

»Ja, Sir. So wie … ähm … beispielsweise Captain Falco.«

Captain Falco. Ein Mann, der im Alleingang eine Meuterei gegen Geary angezettelt hatte, die mit dem Verlust einiger Schiffe endete. Und in diesem Gefangenenlager wimmelte es von Leuten mit ähnlicher Vorgeschichte wie Falco. »Danke, Lieutenant.«

»Gibt es sonst noch etwas, Sir?«

»Nein, vielen Dank« Er musste erst mal in Ruhe darüber nachdenken. Waren diese Gefangenen für die Allianz noch von Bedeutung? Oder für die Regierung? Aber wenn sie vom gleichen Schlag waren wie die, die Geary bislang erlebt hatte, dann würden sie für die Regierung eher lästig sein. »Warten Sie, Lieutenant. Ich möchte, dass Sie sich deren Akten ansehen, und zwar aus der Zeit vor ihrer Gefangennahme. Vor allem möchte ich wissen, ob diese VIPs über besonderes Wissen oder außergewöhnliche Fähigkeiten verfügen oder ob ihre früheren politischen Beziehungen noch immer so wichtig sind, dass man sie umgehend zur Allianz zurückkehren lassen will.« Er musste es so formulieren, damit nicht herauszuhören war, dass er nur herausfinden wollte, aus welchem Grund die Regierung ihn hergeschickt hatte.

»Jawohl, Sir.«

»Was hat er gesagt?«, fragte Desjani, als Geary das Gespräch beendet hatte. Ihr besorgter Tonfall verriet ihm, dass sein Gesichtsausdruck viel zu offensichtlich gewesen war.

»Reden wir später darüber.« Im Augenblick hatte er anderes zu tun. War es besser, die VIPs auf die Dauntless zu holen, wo er sie kontrollieren konnte? Oder waren sie auf einem der Transporter besser aufgehoben, wo sie ihm nicht in die Quere kommen würden? Ich kann sie problemlos auf andere Schiffe versetzen, wenn ich das will, nachdem ich sie erst mal irgendwo zwischengelagert habe. Er nahm Kontakt mit Carabali auf. »General, kleine Planänderung. Bringen Sie bitte alle befreiten Gefangenen auf die Typhoon und die Mistral. Die Sturmtransporter sind besser dafür geeignet, die Leute ärztlich zu untersuchen.«

Carabali dachte kurz nach, dann nickte sie. »Ja, Sir. Ich werde die Shuttles entsprechend umleiten. Sind beide Schiffe über diese Planänderung informiert worden?«

Für eine Marine konnte Carabali sehr diplomatisch sein. »Ich werde sie gleich nach unserer Unterhaltung informieren.«

»Gut, Admiral. Ich sollte Sie wohl besser wissen lassen, dass das erste Shuttle bereits gestartet ist und Kurs auf die Dauntless genommen hat. Soll ich dieses Shuttle auch umleiten?«

Verdammt. Wenn er das Shuttle jetzt noch zu den Sturmtransportern schickte, würde das nur zu viele Fragen aufwerfen. »Nein, diese Leute nehmen wir an Bord.«

An Desjani gewandt sagte er: »Die Dauntless bekommt nur ein Shuttle, die übrigen fliegen zur Typhoon und zur Mistral

Sie sah ihn ein wenig verwundert an. »Von mir aus. Wir hatten mit mehr gerechnet, aber es ist Ihre Flotte. Wissen die Typhoon und die Mistral bereits …«

»Ich lasse es sie jetzt wissen!«

»Man wird ja noch mal fragen dürfen«, murmelte sie gerade so laut, dass er sie verstehen konnte, dann hob sie die Stimme an: »Lieutenant Mori, wir bekommen nur ein Shuttle. Geben Sie das bitte an die Teams weiter, die bereitstehen, um unsere Leute in Empfang zu nehmen.«

Nachdem er die Befehlshaber der Typhoon und der Mistral informiert hatte, musste er daran denken, wie viel hektische Arbeit er den Besatzungen durch diese Änderung in letzter Minute aufhalste. Geary sah zu Desjani, die mit versteinerter Miene dasaß. »Tut mir leid. Das liegt daran, dass es sich um VIPs handelt.«

»Bei wem handelt es sich um VIPs?«

»Bei den Gefangenen.«

»Bei allen?«

»So gut wie.«

Es dauerte ein paar Sekunden, dann fragte Desjani: »Militär-VIPs?«

»Ja. So wie Falco.«

»Himmel!«

»Ganz meine Meinung.«

Da sie nirgends auf Gegenwehr stießen, kamen die Marines sehr schnell voran. »In diesem Lager waren nicht einmal dreihundert Gefangene untergebracht«, berichtete Carabali. »Die wenigsten Zellen waren belegt. Wir lassen jetzt die letzten befreiten Gefangenen an Bord der Shuttles gehen. Ich habe auch schon damit begonnen, meine Leute zurückzuziehen. Rechnen Sie damit, dass in fünfzehn Minuten das letzte Allianz-Personal den Planeten verlassen wird.«

»Exzellent.« Das lief alles wie am Schnürchen, auch wenn Geary dasaß und damit rechnete, dass jeden Moment doch noch irgendetwas schiefging. Aber auch der letzte Marine sprang in eines der Shuttles, die letzte Rampe wurde geschlossen, und schließlich erhob sich das letzte Shuttle in die Lüfte, um Reihen von entwaffneten Syndik-Gefängniswärtern zurückzulassen, von denen keiner zu wissen schien, was er als Nächstes tun sollte.

»Shuttle im Anflug«, meldete der Steuerwachhabende. »Geschätzte Zeit bis zum Andocken fünf Minuten.«

»Wie lange, bis alle anderen Shuttles in ihren Docks sind?«, wollte Geary wissen.

»Vierzig Minuten, Sir.«

Jeder Syndik auf dem Planeten schien in Deckung gegangen zu sein. Nichts rührte sich in der Luft oder auf den Straßen der Städte und auch nicht weiter draußen auf dem Land. »Sieht so aus, als hätten die Syndiks doch noch begriffen, dass es keine gute Idee war, sich mit dieser Flotte anzulegen«, merkte Desjani an, was ihren Wachhabenden ein Grinsen entlockte.

Geary stand auf. »Ich gehe nach unten, um die befreiten Gefangenen zu begrüßen, Captain Desjani. In einer halben Stunde werde ich zurück sein. Ich muss mit ein paar von diesen VIPs reden.« Vielleicht komme ich ja dann schon dahinter, warum wir hergeschickt wurden.

Desjani nickte nur, ihr Blick war auf das Display gerichtet, und sie zeigte eine nachdenkliche Miene.

Er ging zügig durch die Korridore, während er versuchte, jegliches Unbehagen vor den Besatzungsmitgliedern zu verbergen, die ihm unterwegs begegneten. Alle waren bester Laune nach dem so leicht errungenen Sieg, der sich bereits überall in der Flotte herumgesprochen hatte. Im Shuttlehangar angekommen, blieb er stehen und betrachtete die Matrosen, die sich in Reih und Glied aufgestellt hatten, um eine Ehrengarde zu bilden und gleichzeitig die ehemaligen Gefangenen in Empfang zu nehmen, ihre Personalien aufzunehmen, ihnen Quartiere zuzuweisen und sie medizinisch zu beurteilen, damit sie die notwendige Behandlung erhielten.

»So sieht man sich wieder«, murmelte Rione, die sich plötzlich neben ihn stellte.

»Was macht denn eine Gesandte hier unten?«, fragte er.

»Ich bin zwar keine Senatorin mehr, aber es ist immer noch meine Pflicht, jenen im Namen der Regierung Respekt zu zollen, die in Gefangenschaft geraten waren.«

Und vermutlich will sie herausfinden, ob jemand etwas über das Schicksal ihres Ehemanns weiß. Er sprach es nicht laut aus, da er wusste, er hätte an ihrer Stelle ganz genauso gehandelt.

Das Shuttle kam näher und war hinter dem Schild deutlich zu erkennen, der dafür sorgte, dass die Atmosphäre nicht aus dem Schiff entweichen konnte. Dann landete es, die äußeren Tore schlossen sich, und der Schild wurde abgeschaltet. Geary wartete, bis die Rampe ausgefahren war und sich die Luke geöffnet hatte, dann sah er, wie die Männer und Frauen das Shuttle verließen. Trotz ihres VIP-Status sahen sie genauso aus wie alle anderen Gefangenen, die diese Flotte auf dem monatelangen Heimflug befreit hatte. Alle Altersklassen waren vertreten, und einige waren so lange in Gefangenschaft gewesen, dass sie bereits ein hohes Alter erreicht hatten. Alle waren sie infolge der Kombination aus körperlich anstrengender Arbeit und einem Minimum an Essen dünn und ausgezehrt. Am Körper trugen sie abgewetzte und durchgescheuerte Uniformen sowie das eine oder andere abgelegte Syndik-Kleidungsstück. Ihre Augen spiegelten eine Mischung aus Unglauben und Freude wider, als fürchteten sie, sich in einem Traum zu befinden, aus dem sie jeden Moment erwachen könnten.

Der einzige Unterschied zu den zuvor Befreiten bestand darin, dass so viele von ihnen einen hohen Dienstgrad innehatten. Geary konnte in der Gruppe nur den einen oder anderen Commander oder Major ausmachen, alle anderen mindestens Colonel oder Captain, und fast die Hälfte von ihnen trug die verfärbten Abzeichen eines Admirals oder Generals. Iger hatte nicht im Mindesten übertrieben.

Er betrachtete die Gefangenen und hielt dabei Ausschau nach Captain Michael Geary, obwohl er wusste, dass die Chancen minimal waren, dass sein Großneffe noch lebte und ausgerechnet in dieses Lager gebracht worden war. Ein ungewohntes Geräusch von Rione gleich neben ihm ließ ihn aufhorchen. Es war ein wortloses Keuchen, das sich irgendwie im Hangar ausbreitete. Etliche ehemalige Gefangene drehten sich um, und ein Mann in der Gruppe blieb erst abrupt stehen, dann rannte er los. »Vic!«, rief er. »Bei den lebenden Sternen! Bist du das wirklich?«

Geary ging einen Schritt zur Seite, als die beiden sich um den Hals fielen. Es war ihm peinlich, solche Gefühlsregungen mitanzusehen, zumal Rione die Tränen kamen, während sie den Mann an sich drückte.

Er wollte wegschauen, doch dann konzentrierte er sich wieder auf Riones Gesicht. War das tatsächlich Entsetzen, das er da in diesem Wechselbad aus Unglauben und Freude sah? Wie konnte das sein?

Als sie Gearys Blick bemerkte, schaute sie selbst kurz zur Seite. Gleich darauf zeigte ihr Gesicht nur die Gefühlsregungen, die zu einer solchen Wiedersehensfreude gehörten. Sie löste sich aus der Umarmung, und als sie sich Geary zuwandte, strahlte sie die übliche unerschütterliche Beherrschung aus. »Admiral, darf ich Ihnen Commander Paol Benan vorstellen, meinen Ehemann?«

Geary wartete vergeblich auf einen Salut, dann erst fiel ihm ein, dass all diese Offiziere während jener Zeit in diesem Lager gewesen waren, als er den Salut in der Flotte wiedereingeführt hatte.

Benan grinste ihn breit an. »Das sind wirklich Sie. Verdammt, natürlich sind Sie es. Die Marines haben uns schon gesagt, dass Black Jack die Flotte befehligt. Wer sonst hätte so tief in Syndik-Gebiet vordringen können? Die Syndiks müssen vor Ihnen auf der Flucht sein. Jetzt können wir sie schlagen und ihnen eine so vernichtende Niederlage beibringen, dass sie für die Allianz nie wieder eine Bedrohung darstellen können. Jetzt, wo Sie uns von diesem Planeten geholt haben, können Sie ihn mit allem bombardieren, was Sie haben.«

Sowohl Rione als auch Geary benötigten einen Augenblick, ehe sie begriffen, dass die Syndik-Behörden dieser Welt den Gefangenen die Neuigkeit vom Kriegsende verschwiegen hatten. »Paol«, sagte sie leise. »Der Krieg ist vorbei. Wir haben bereits gewonnen.«

»Was?« Benan schaute sekundenlang verständnislos drein. »Wann? Wie?«

»Admiral Geary. Er hat die Syndik-Flotte ausgelöscht und sie gezwungen, einem Friedensvertrag zuzustimmen.«

»Frieden …«, sagte Benan und sprach das Wort aus, als hätte er es noch nie gehört und als sei ihm die Bedeutung unbekannt. »Aber Sie haben den Planeten angegriffen. Die Marines haben das Lager gestürmt.«

»Der Syndik-CEO wollte seinen Pflichten aus dem Friedensvertrag nicht nachkommen«, erklärte Geary. »Wir haben die erforderlichen Maßnahmen ergriffen, um Sie und Ihre Mitgefangenen befreien zu können.«

»Ja.« Benan machte immer noch einen unschlüssigen Eindruck. »Wir können Ihnen behilflich sein und Ihnen ein paar Ziele für Ihr nachfolgendes Bombardement nennen. Es gibt da einige gut getarnte Einrichtungen, die sich tief unter der Oberfläche befinden, und wir kennen deren Positionen.«

»Es werden keine weiteren Bomben abgeworfen, Commander.«

»Aber … die Fabriken … die Großstädte …«

Geary bemerkte, wie seine Stimme einen kühleren Tonfall annahm. »Diese Flotte führt nicht länger Krieg gegen Zivilisten, Commander. Wir greifen ausschließlich militärische Ziele an, und das auch nur, wenn es unbedingt erforderlich ist, damit die Syndiks sich an den Friedensvertrag halten.«

Benan sah Geary an, als hätte der in einer fremden Sprache auf ihn eingeredet.

Rione nahm ihn sanft am Arm und erklärte für sie beide: »Die Daten müssen aufgenommen werden, und seine medizinische Untersuchung steht auch noch an, Admiral. Während das alles geschieht, werde ich Zeit genug haben, um ihn auf den neuesten Stand der Dinge zu bringen. Ich hoffe, Sie entschuldigen uns.«

»Ja, natürlich.« Es war ihm peinlich, dass er eben so wütend geworden war. Benan und seine Mitgefangenen standen immer noch unter dem Stress der langen Gefangenschaft und der sich überschlagenden Ereignisse der letzten Minuten. Sie mussten erst einmal verdauen, wie sich die Dinge verändert hatten und dass die Flotte zu den ehrbaren Verhaltensweisen der Vorfahren zurückgekehrt war.

Beim Blick zurück zu den anderen befreiten Gefangenen entdeckte Geary einen Admiral und einen General, die beide auffällig in seine Richtung schauten. Zeit zum Rückzug, bevor ich gar nicht mehr von hier wegkomme. »Ich muss jetzt zurück auf die Brücke«, sagte er mehr oder weniger in den Raum, laut genug, um von den anderen gehört zu werden. Er winkte den Ex-Gefangenen zu und lächelte sie aufmunternd an, dann eilte er davon, bevor irgendwer die Schlange verlassen und zu ihm kommen konnte.

Nach nur zwanzig Minuten war er wieder auf der Brücke, wo noch immer alles nach Plan lief. Natürlich hätte er die Operation auch von einem beliebigen anderen Ort auf der Dauntless durchführen können, aber die Geschichte hatte gezeigt, dass Führungspersönlichkeiten von den Menschen bei ihrer Arbeit gesehen werden mussten und dass sie ihre Befehle besser von einem ihrem Rang angemessenen Ort aus erteilten. Geary hatte feststellen müssen, dass die alte (und offenbar wahre) Geschichte von dem Admiral nach wie vor kursierte, der seine Befehle von seinem gemütlichen Quartier aus erteilt und dabei Bier getrunken hatte.

Carabalis Shuttle landete als Letztes auf der Tsunami. »Alle Shuttles zurückgekehrt, alle Marines vollzählig, alle Gefangenen gefunden und befreit«, meldete sie Geary. »Kein Shuttle beschädigt, Verletzungen beschränken sich auf ein paar Verstauchungen, die die betreffenden Marines sich während der Landung zugezogen haben.«

»Hervorragende Arbeit, General.« Geary atmete erleichtert aus und hatte das Gefühl, als habe er seit Stunden den Atem angehalten. »Alle Einheiten, nehmen Sie bei Zeit vier null Formation November ein.«

Die Flotte nahm die Form von fünf Rechtecken an, die breite Seite nach vorn ausgerichtet, das größte Rechteck mit der Dauntless in seiner Mitte. Dann beschleunigten die Schiffe in Richtung des Sprungpunkts, der sie nach Hasadan zurückbringen sollte. Diesmal jedoch sollte die Flotte von Hasadan aus das dortige Hypernet-Portal benutzen, um nach Midway zu gelangen.

Geary stand wieder auf und streckte sich, um die angestaute Anspannung loszuwerden. »Ich glaube, ich lege eine kleine Pause in meinem Quartier ein, Captain Desjani.«

»Vergessen Sie nicht, etwas zu essen«, sagte sie.

Er widerstand der Versuchung, mit einem »Jawohl, Ma’am« zu antworten, salutierte vor der Brückencrew und machte sich auf den Weg zu seinem Quartier, wobei er jedoch einen Abstecher zur Offiziersmesse einlegte, um sich eine Gefechtsration mitzunehmen. Es war nicht das beste Essen, und in der Flotte wurde zum Teil hitzig darüber diskutiert, ob es sich dabei per Definition überhaupt um Essen handelte, doch die Rationen waren sättigend und erfüllten alle Anforderungen an die tägliche Dosis Nährstoffe.

Er hatte fast sein Quartier erreicht, als ihm aus der anderen Richtung Desjani entgegengeeilt kam. Ihr Gesichtsausdruck zeigte keine Regung, und sie deutete wortlos auf Gearys Quartier, ließ ihn eintreten und folgte ihm sofort. Nachdem sie die Luke ordentlich hinter sich geschlossen hatte, drehte sie sich um und sah ihn mit kaum verhohlener Wut an. Das war umso beängstigender, da das Feuer in ihren Augen eisigkalt loderte. »Ich bitte um Erlaubnis frei reden zu dürfen, Sir.«

»Sie benötigen nicht erst meine Erlaubnis, um das zu tun«, erwiderte er in betont ruhigem Tonfall.

»Ich habe soeben von der Identität eines der befreiten Gefangenen erfahren. Er ist ihr Ehemann.«

»Das ist richtig.« Er fragte sich, ob ihr Zorn ihm galt, doch er hatte das Gefühl, dass es dafür ein anderes Ziel gab.

»Was für ein erstaunlicher Zufall. Sie kommt mit neuen Befehlen an Bord, lässt die Flotte von ihrem geplanten Kurs abweichen, der sie von ihrer Mission abhält, nur damit wir Kriegsgefangene aus einem Lager in diesem System holen – Kriegsgefangene, unter denen sich zufällig auch ihr Ehemann befindet.« Desjani sprach abgehackt und so energisch, als würde eine Salve Kartätschen abgefeuert. »Sie hat uns zu ihren persönlichen Laufburschen gemacht!«

»Das ist möglich, aber …«

»Möglich? Sie hat diese Flotte für ihre persönlichen Zwecke benutzt …«

»Tanya, hör mir doch erst einmal zu.« Er wartete, während sie tief durchatmete und das Lodern in ihren Augen ein wenig nachließ. »Ich hatte Zeit, um darüber nachzudenken. Mein erster Eindruck war, dass sie schockiert war, ihren Ehemann wiederzusehen. Aber sie ist sehr gut darin, ihre wahren Gefühle zu verbergen, deshalb sagt mein Eindruck nichts Endgültiges aus.«

»Sie ist …«

»Mehr Sorge bereiten mir all die anderen VIPs.«

Desjani atmete langsam und gleichmäßig weiter, zwar immer noch aufgebracht, aber nun in einer deutlich beherrschten Weise. »VIPs wie Falco.«

»Richtig, und die gleich zu Hunderten.«

Sie kniff die Augen zusammen, während das Feuer in ihnen weiß aufglühte. »Wieso? Du konntest Falco nicht ausstehen. Und die Regierung konnte ihn auch nicht leiden. Warum lässt man dann Leute von seinem Schlag dutzendfach auf uns los?«

»Das weiß ich nicht.« Er setzte sich hin, eine Hand an seiner Stirn, während er versuchte seine Verärgerung und seinen Frust zu unterdrücken. Die Gefechtsration stand unangetastet auf dem Tisch, jeglicher Appetit war für den Augenblick vergessen. »Mit Sicherheit weiß ich nur, dass diese Leute hier sind und dass wir mit ihnen ins Gebiet der Aliens fliegen.«

»Hunderte von Leuten, die sich nichts sagen lassen werden und die glauben, dass nur sie das Richtige tun.« Desjani schüttelte ratlos den Kopf. »Welchen Nutzen sollte das für uns haben?«

»Ich glaube, Rione weiß, warum wir losgeschickt wurden, um sie da rauszuholen.«

»Ihre geheimen Befehle. Aber warum will die Regierung diese Falco-Imitatoren nicht solange wie möglich in den Händen der Syndiks lassen? Warum ist ihre Befreiung wichtiger als unsere Mission?«

»Das weiß ich auch nicht.« Gearys Blick ruhte auf dem Sternendisplay, das über dem Tisch schwebte und in dessen Zentrum noch immer das Dunai-Sternensystem dargestellt wurde. »Selbst wenn Rione gewusst haben sollte, dass ihr Ehemann in Dunai zu finden ist, warum sollte die Regierung sich damit einverstanden erklären, dass sie die ganze Flotte wegen einer privaten Angelegenheit einen Umweg einlegen lässt? So viel Macht und Einfluss hat sie nicht. Sie wurde aus ihrem Amt gewählt. Und welchen Grund sollte die Regierung haben, ihr das zu erlauben, wenn sie auch nur eine Ahnung davon hatten, dass all diese Senioroffiziere hier zu finden sein würden?«

»Das muss eine Art Belohnung gewesen sein«, überlegte Desjani. »Etwas, das sie gefordert hat, damit sie im Gegenzug diese Mission annimmt und die Befehle ausführt, die man ihr erteilt hat.« Sie schien kurz davor zu stehen, Rione zu verhaften.

»Sie ist immer noch eine autorisierte Repräsentantin der Regierung, Tanya. Selbst wenn die Regierung ihr zugestanden hat, uns in dieses System zu schicken, damit sie eine persönliche Angelegenheit erledigen kann, ist es trotz allem das gute Recht der Regierung, so etwas zu tun.«

Auch Desjani setzte sich nun hin und sah ihn finster an. »Bist du dir ganz sicher, dass du kein Diktator sein willst?«

»Ja.« Allerdings brachte sie ihn damit auf einen anderen Gedanken. »Wir wissen, die Regierung fürchtet sich vor dieser Flotte. Sie hat Angst vor dem, was ich mit der Flotte im Rücken tun könnte. Aber jetzt haben sie dafür gesorgt, dass sich bei uns noch mehr Leute befinden, die einen Militärputsch befürworten würden. Entweder ist das völlig irrational oder so genial verdreht, dass es nur scheinbar keinen Sinn ergibt.«

»Und was ist, wenn diese geheimen Befehle die Sicherheit der Flotte gefährden?«

»Das wissen wir nicht …«

»Wir wissen auch alles andere nicht«, fiel sie ihm ins Wort, sprang von ihrem Sessel hoch und ging zur Luke, um sie wütend aufzureißen. »Das ist das Gleiche wie bei den Aliens.«

»In solchen Fällen ist ein gewisses Maß an Desorientierung ganz normal«, erklärte der Chefarzt der Flotte an Geary gewandt. »Aber für diese Individuen sind die Schwierigkeiten bei der Eingewöhnung deutlich ausgeprägter. Es war eine gute Idee, so viele von ihnen auf die Mistral zu bringen, denn so konnte ich sie persönlich untersuchen.«

Geary nickte lächelnd, als wäre das tatsächlich seine vorrangige Absicht gewesen.

»Bezeichnen Sie mich ruhig als altmodisch«, fuhr der Arzt fort, »aber ich glaube, dass selbst die beste virtuelle Untersuchungssoftware Dinge übersieht. Für sich betrachtet nur Kleinigkeiten, aber von entscheidender Bedeutung bei der Beurteilung eines Individuums.«

»Können Sie Ihre Eindrücke zusammenfassen?«, fragte Geary.

»Das habe ich bereits gemacht.« Der Mediziner zögerte. »Ich schätze, ich könnte noch etwas mehr ins Detail gehen. Sie alle haben mindestens mehrere Jahre in einem Syndik-Arbeitslager zugebracht, viele von ihnen sogar mehrere Jahrzehnte. Sie haben sich daran gewöhnt, sich in einem eng gefassten Gebiet zu bewegen, sich den Vorschriften anderer unterzuordnen, ohne etwas dagegen einwenden zu können.«

Das klingt ganz so wie beim Militär, dachte Geary.

»Aber hinzu kommt, dass gewisse Konstanten sich verändert haben. Der Krieg ist vorüber, und damit ist ein wesentlicher Faktor einer als unveränderlich wahrgenommenen Realität verschwunden. Anders als bei uns, die wir als freie Menschen die Entwicklung der jüngsten Zeit miterleben konnten, werden sie nun schlagartig mit komplett neuen Verhältnissen konfrontiert. Sie müssen erfahren, dass jenseits des von Menschen besiedelten Alls eine fremde, intelligente Spezies existiert. Und dann wären da auch noch Sie, dieser Black Jack, der allen rationalen Erwartungen zum Trotz wahrhaftig von den Toten auferstanden ist – natürlich nur im übertragenen Sinn. Und dann haben Sie auch noch das Unmögliche möglich gemacht. Diesen ehemaligen Gefangenen muss das so vorkommen, als wären sie in einer Traumwelt gelandet, aber nicht in dem Universum, in dem sie vor ihrer Gefangennahme lebten.«

Der Flottenarzt schaute vor sich ins Leere, seufzte einmal und konzentrierte sich dann wieder auf Geary. »Bei diesen Gefangenen hat sich ein weiterer besonderer Faktor gezeigt. Wie Sie vermutlich bereits wissen, handelt es sich größtenteils um recht hochrangige Offiziere. Vor ihrer Gefangenschaft waren sie daran gewohnt, dass sie das Sagen hatten oder dass sie einen beträchtlichen Einfluss auf die Dinge nehmen konnten, die sich um sie herum abspielten. Viele von ihnen glaubten, wegen ihrer eigenen Fähigkeiten eine außergewöhnliche und sehr persönliche Rolle im Krieg zu spielen. Sie glaubten, dass das Schicksal Großes für sie vorgesehen hatte. Es gibt für diese Überzeugungen einen medizinischen Begriff.«

Geary konnte seinerseits einen Seufzer nicht verhindern. »Das Geary-Syndrom.«

»Genau! Davon haben Sie gehört?«, fragte der Arzt überrascht, als sei es für ihn fast unvorstellbar, dass ein Nicht-Mediziner mit diesem Begriff vertraut war.

»Man hat mich darauf hingewiesen.«

»Dann bin ich mir sicher, Sie können verstehen, dass es für diese Leute schwer zu akzeptieren ist, mit einem Mal in dieser Flotte keinerlei Autorität zu besitzen, obwohl sie den nötigen Dienstgrad und auch das entsprechende Dienstalter vorweisen können. Viele von ihnen haben trotz ihrer Gefangenschaft daran geglaubt, die Syndiks besiegen und die Allianz retten zu können. Dieser Glaube hat sie durchhalten lassen. Aber Sie haben diesen Krieg bereits gewonnen und damit jenen Männern und Frauen ihrem Gefühl nach ihr eigenes Schicksal weggenommen.«

Er benötigte keine weiteren Erklärungen, um zu erkennen, wie viel Ärger ihm diese Desorientierung bescheren konnte. »Ich werde mit ihnen als Gruppe reden. Das Treffen wird in zehn Minuten stattfinden.«

»Diese Leute erwarten, dass Sie mit Ihnen Gespräche unter vier Augen führen. Ich habe bereits viele von ihnen sinngemäß sagen hören: ›Ich bin davon überzeugt, dass ich in kürzester Zeit einen angemessenen Kommandoposten übertragen bekomme.‹ Einige von ihnen rechnen fest damit, das Kommando über diese Flotte zu übernehmen.«

»Ich verstehe das, aber ich habe vor dem Sprung nach Hasadan keine Zeit für individuelle Gespräche.« Die Unmöglichkeit, im Sprungraum zwischen den Schiffen mehr als nur extrem kurze Nachrichten auszutauschen, war üblicherweise ein Ärgernis, aber in diesem Fall stellte diese Tatsache einen wahren Segen dar.

»Dieses Treffen dürfte sehr interessant verlaufen«, merkte der Arzt an. »Dürfte ich dabei anwesend sein?«

»Aber sicher.« Das gibt Ihnen die Gelegenheit, Geary dabei zu erleben, wie er mit einem Haufen Geary-Syndrom-Geschädigter redet. Das dürfte einen schönen Aufsatz für Ihre Medizinerkollegen ergeben. »Weisen Sie jedoch das System an, Sie auszublenden, damit niemand sonst von Ihrer Anwesenheit weiß.«

Einige Minuten später wuchs der Konferenzraum in seinen Dimensionen massiv an, da über zweihundert ehemalige Gefangene mit ihrer virtuellen Präsenz am Tisch Platz nahmen. Sogar diejenigen unter ihnen, die sich an Bord der Dauntless befanden, nutzten die Software, da der reale Raum zu klein war, um ihnen allen Platz zu bieten. Geary hatte mit den befreiten Gefangenen eigentlich allein reden wollen, aber während er wartete, sah er, dass auch die virtuellen Präsenzen von General Carabali, Captain Tulev, Rione und General Charban Gestalt annahmen. »Captain Desjani deutete an, dass Sie mich dabeihaben wollten«, erklärte Carabali, woraufhin die anderen drei bestätigend nickten.

Also gut, Tanya. Vielleicht ist es gar nicht so verkehrt, jemanden zu haben, der mir den Rücken stärken kann. Von einem plötzlichen Verdacht erfasst, überprüfte er die Software und stellte fest, dass Desjani selbst im ausgeblendeten Modus an der Sitzung teilnahm.

Geary ließ seinen Blick über den Tisch schweifen. Er wusste längst, dass sich unter den Befreiten kein Michael Geary befand, dennoch musste er sich persönlich davon überzeugen.

Gerade eben erhob er sich von seinem Platz, um zu den Anwesenden zu sprechen, da sprang ein Admiral auf und platzte heraus: »Es ist unbedingt notwendig, Kommandofragen zu behandeln, damit …«

Es war nicht das erste Mal seit dem Beginn eines langwierigen Rückzugs aus dem Syndik-Heimatsystem, dass Geary mit so etwas konfrontiert wurde. Sein Finger ruhte vorsorglich auf den entsprechenden Kontrollen, und im nächsten Moment war die Tonübertragung dieses Offiziers verstummt. »Ich bin Admiral Geary«, sagte er, als hätte niemand einen Ton von sich gegeben. »Ich befehlige diese Flotte.«

Rione machte eine knappe Geste, als könnte sie sich nicht beherrschen, was Geary einen Moment lang innehalten ließ. Erst dann wurde ihm klar, dass er mit dieser Pause seinen Worten mehr Nachdruck verliehen hatte. Will sie mir helfen?

Schließlich redete er weiter, hieß die befreiten Allianz-Angehörigen willkommen und erläuterte ihnen seine Mission: »Zwar verdienen Sie es alle, so schnell wie möglich ins Gebiet der Allianz zurückgebracht zu werden, aber dafür befinden wir uns schon zu tief im Syndik-Territorium. Ich kann keinen Sturmtransporter zurückschicken, weil der von einer schlagkräftigen Streitmacht aus Kriegsschiffen begleitet werden müsste. Weil wir aber nicht wissen, was uns bei den Aliens erwartet, gefällt mir der Gedanke nicht, auf einen Teil meiner Schiffe zu verzichten. Ebenfalls ist es mir bedauerlicherweise nicht möglich, mit jedem Einzelnen von Ihnen unter vier Augen zu reden. Wir werden in Kürze zum Sprung zurück nach Hasadan ansetzen und anschließend das Hypernet-System der Syndiks benutzen, um nach Midway zu gelangen. Daher wird für eine Kommunikation zwischen den Schiffen kaum Gelegenheit bleiben.« Nach einer kurzen Pause fügte er das hinzu, was er am liebsten vermieden hätte: »Gibt es irgendwelche Fragen?«

Mehr als zweihundert Männer und Frauen redeten gleichzeitig drauflos, aber zum Glück blockierte die Software von sich aus den Ton und kennzeichnete jedes Individuum, damit Geary entscheiden konnte, wer zu hören sein sollte. »Einer nach dem anderen bitte«, sagte er lauter als eigentlich nötig, da er gar nicht alle gleichzeitig, sondern nur jeden Einzelnen übertönen musste. Dann ergab er sich seinem unvermeidbaren Schicksal und ließ den Admiral zu Wort kommen, der sich als Erster gemeldet hatte. »Sie haben eine Frage?«

Mit entschlossener Miene stand der Offizier auf und sah sich am Tisch um, während seine Worte an Geary gerichtet waren. »Ungeachtet der Umstände müssen die Flottenvorschriften eingehalten werden. Wir sind alle erfahrene und angesehene Gefechtskommandanten. Unsere erste Amtshandlung muss darin bestehen, dass wir uns auf einen Flottenbefehlshaber einigen …«

Diesmal wurde der Admiral von einem anderen ehemaligen Gefangenen unterbrochen, ebenfalls ein Admiral, der auf Geary zeigte: »Chelak, benutzen Sie Ihren Kopf mal für was anderes als dafür, nur Lärm von sich zu geben. Das ist Black Jack. Er hat den gleichen Dienstgrad wie wir, er hat das Kommando, und jeder Matrose und jeder Offizier, mit dem ich gesprochen habe, steht hinter ihm.«

»Ich habe meinen Dienstgrad schon viel länger inne als er! Ich habe mir dafür Respekt verdient, so wie jeder von Ihnen!«, beharrte Chelak.

»Er hat sich auch einigen Respekt verdient«, wandte eine Frau ein, die die Abzeichen eines Generals trug. »Ich versuche, mir ein Bild von den Ereignissen zu machen, die seit unserer Gefangennahme passiert sind, aber es ist offensichtlich, dass keiner von uns die gegenwärtige Situation so umfassend versteht, um jemanden zu ersetzen, der weiß, was da draußen los ist.«

»Das heißt noch lange nicht, dass wir Ehre und Tradition über Bord werfen sollten«, hielt eine Admiralin dagegen.

»Wir sollen Black Jack etwas über Ehre und Tradition erzählen?«

»Wir wissen ja nicht mal, ob er tatsächlich …«

»Lesen Sie nach, was in den letzten Monaten passiert ist!«, ging der zweite Admiral dazwischen.

Gleich darauf begannen hundert andere zu reden.

General Carabali stand auf und lenkte die allgemeine Aufmerksamkeit auf sich. »Die Marines dieser Flotte werden die Befehle von Admiral Geary befolgen.« Dann setzte sie sich wieder hin, während ihre Worte noch durch den Raum hallten.

»Einige von Ihnen kennen mich«, meldete sich General Charban zu Wort. »Ich kann Ihnen versichern, dass die Regierung und das Hauptquartier Admiral Geary völlig rechtmäßig das Kommando übertragen haben.«

»Als ob uns interessiert, was die machen«, rief jemand dazwischen, und gleich schaltete die Software hunderte gleichzeitige Wortmeldungen stumm, während sich die Bilder der hochrangigen Offiziere gegenseitig anbrüllten.

Tulev sah zu Geary und sagte auf einer privaten Leitung: »Denen ist nicht beizukommen. Sie könnten noch wochenlang mit ihnen reden und trotzdem nichts erreichen.«

Carabali nickte. »Zu viele Alphas in einer Flotte. Am besten verfrachten Sie sie alle auf die Haboob und schalten die Komm-Systeme ab.«

»Ganz meine Meinung«, ertönte Desjanis Stimme in seinem Ohr.

Geary sah zu Charban und Rione. »Was will die Regierung mit ihnen machen?«

Rione erwiderte sofort: »Ich habe keine Anweisungen, wie mit den befreiten Gefangenen verfahren werden soll.«

»Ich ebenfalls nicht«, fügte Charban hinzu.

Geary schaltete auf einen privaten Kanal um, der ihn nur mit den beiden verband. »Die Regierung hat uns den Befehl erteilt, diese Horde zu befreien. Ich bekam den Befehl, meine Flotte hierher zu bringen. Wieso? Was will sie von diesen Leuten? Warum mussten wir sie befreien, bevor wir die Aliens aufsuchen?«

»Ich habe keine Anweisungen erhalten«, wiederholte Rione, deren Mienenspiel nichts verriet.

Jetzt reichte es ihm. »Dann betrachte ich das als eine Angelegenheit, die mithilfe meiner Autorität geklärt werden muss. Keiner von Ihnen ist ein gewählter Vertreter der Regierung. Nach den Gesetzen der Allianz besitzt ein Flottenkommandant außerhalb des Allianz-Territoriums die Befehlsgewalt über Zivilisten, die für die Regierung oder für jemanden tätig sind, der mit der Regierung zusammenhängt. Sie und General Charban werden hiermit zu Verbindungsoffizieren für die befreiten Gefangenen bestimmt. Sie sind für sie die erste Anlaufstelle, und Sie werden alles versuchen, um die Dinge zu klären, die diese Leute betreffen. Sie werden mich umgehend informieren, wenn jemand durch sein Handeln oder durch seine Erklärungen eine Bedrohung für die Flotte darstellt oder gegen Vorschriften oder Gesetze der Allianz verstößt. Die Regierung wollte diese Leute, dann soll sie sie auch haben.«

Während General Charban ihn ungläubig anstarrte und Rione einen leicht geröteten Kopf bekam, betätigte Geary wieder eine Taste und wandte sich an die Anwesenden insgesamt. »Ich danke Ihnen für Ihre Opfer im Dienst an der Allianz. Die Regierungsgesandten Rione und Charban werden ab sofort in allen Angelegenheiten Ihre ersten Ansprechpartner sein. Ich freue mich schon darauf, Sie sicher und unversehrt zur Allianz zurückzubringen.« Bei den lebenden Sternen, darauf freue ich mich mehr, als sich irgendjemand vorstellen kann. »Vielen Dank. Auf die Ehre unserer Vorfahren.«

Dann klinkte er sich, Carabali und Tulev aus der Besprechung aus, sodass sie für die anderen nicht mehr zu sehen waren. Geary verließ umgehend den Besprechungsraum.

Eine Weile spazierte er durch die Korridore der Dauntless, da er nicht im Quartier mit seinen Gedanken allein sein wollte. Zudem war er zu rastlos, um sich irgendwo hinzusetzen. Unterwegs mit ein paar Matrosen zu reden, hatte etwas Tröstendes und gab ihm ein wenig das Gefühl, als wäre dieses Jahrhundert im Kälteschlaf nie geschehen. Die Ausrüstung mochte eine andere sein, aber Matrosen waren und blieben Matrosen.

Irgendwann begegnete ihm Tanya und schloss sich ihm an. Nach einer Weile sagte sie: »Diese Leute den Gesandten aufs Auge zu drücken, war genial, aber es ist keine dauerhafte Lösung.«

»Ich weiß. Ein paar von ihnen können uns immer noch viel Ärger machen.«

»Sie haben die Flotte heute viel fester im Griff als zu der Zeit, als wir Falco befreit hatten. Außerdem hat man Ihnen ganz förmlich das Kommando übertragen. Und soweit wir wissen, gibt es auf keinem der Schiffe gegenwärtig einen Captain, der gegen Sie arbeitet.«

»Soweit wir wissen«, betonte Geary.

Mehr konnte er nicht sagen, da in dem Moment vor ihnen im Gang Rione auftauchte, die allem Anschein nach auf der Suche nach ihm gewesen war. Sie blieb vor ihnen stehen und versperrte ihnen den Weg. »Admiral, ich muss mit Ihnen reden.«

»Sie und General Charban können unter sich ausmachen …«

»Darum geht es nicht.« Sie atmete tief durch und schien nach den richtigen Worten zu suchen, was so ungewöhnlich war, dass sogar Desjani mit einem Stirnrunzeln reagierte. »Mein … Commander Benan … jemand hat ihm davon erzählt, was in der Vergangenheit … zwischen uns war.«

Aus irgendeinem Winkel seines Gehirns kam die Frage: »Sind Sie in Gefahr?«

»Nein, ich nicht.«

»Sie nicht?« Dann blieb nur noch einer übrig.

Aber Rione schüttelte den Kopf. »Ich glaube nicht, dass er …«

Als Geary Desjani erschrocken ausatmen hörte, folgte er ihrem Blick und sah Commander Benan geradewegs auf sie zukommen.

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