Elf

Elf Stunden bis zum Sprung. Eine Stunde, nachdem die Flotte Kurs auf den Sprungpunkt genommen hatte, drehten die in vorderster Front befindlichen Kriegsschiffe der Aliens plötzlich bei und beschleunigten, um die Allianz-Flotte nicht entwischen zu lassen.

»Captain Smythe, Sie müssen aus Ihren Hilfsschiffen mehr herausholen!«, forderte Geary ihn auf.

»Ja, ja, Sir! Ich geh schon raus und schiebe sie persönlich an!« Seinen Worten ließ er einen überschwenglichen Salut folgen. »Bitte um Erlaubnis, je zwanzig metrische Tonnen Rohstoffe aus der Tanuki, Kupua, Titan und Domovoi auszustoßen.«

»Zwanzig metrische Tonnen?« Das war eine Menge.

»Von jedem Schiff. Macht zusammen achtzig Tonnen. Das ist Material, das wir unterwegs überall finden, zum Beispiel Roheisen. Im nächstbesten System können wir ohne langsamer zu werden ein paar Asteroiden einfangen, aus denen wir uns das herausholen, was wir brauchen. Aber ohne das Gewicht der Schiffe zu verringern kann ich mehr Beschleunigung nicht herausholen.«

Ihm blieb damit praktisch keine andere Wahl. Die Beschleunigung der vier großen Hilfsschiffe reichte nicht aus, und wenn diese Schiffe hier zerstört wurden, konnte er mit deren achtzig Tonnen Rohmaterial auch nichts mehr anfangen. »Erlaubnis erteilt.«

»Sollen wir mit dem Material auf irgendjemanden oder irgendwas zielen?«, wollte Smythe wissen. »Je nachdem wo das landet, gibt das einen ordentlichen Knall.«

»Nein, schicken Sie es einfach nur in einen sicheren Orbit. Wir sollen mit den Enigmas friedliche Beziehungen herstellen, und da wäre es wohl nicht sehr hilfreich, sie mit achtzig Tonnen Rohmaterial zu bewerfen.«

Als Smythes Bild verschwand, sagte Desjani leise: »Sie müssen sich ein wenig ausruhen, Admiral.«

»Während wir damit rechnen müssen, dass wir in letzter Minute von dem Hypernet-Portal da ausgelöscht werden?«

»Ja, weil wir nämlich ohnehin nichts unternehmen können. Die Flotte können Sie auch von Ihrem Quartier aus im Auge behalten.« Sie sah ihn lange schweigend an. »Sie wirken nervös.«

Er war auch nervös, aber er verstand, was sie meinte. Jeder an Bord der Dauntless würde ihn beobachten, um herauszufinden, ob er die Ruhe selbst oder doch eher ein Nervenbündel war.

Fast lässig stand er von seinem Platz auf. »Ich bin unten in meinem Quartier und werde was essen«, ließ er Desjani laut genug wissen, um auch von den anderen auf der Brücke gehört zu werden.

»Gute Idee, Admiral«, gab sie zurück. »Ich wünschte, ich wäre auf den Gedanken gekommen.«

Aber kaum war er in seinem Quartier angelangt, wurde er von einem Ruf gestört, gerade als er sich ein Bild davon machen wollte, wie weit Smythe mit den Hilfsschiffen war.

General Carabali verzog entschuldigend den Mund. »Tut mir leid, wenn ich störe, Admiral, aber ich fand, ich sollte Sie davon in Kenntnis setzen, dass ich Admiral Chelak in seinem Quartier an Bord der Haboob unter Arrest gestellt habe.«

»Was hat Chelak denn gemacht?«

»Er wollte seinen Dienstgrad spielen lassen und das Kommando über die Marines an Bord der Haboob an sich reißen. Genau genommen war das nicht sehr schlau, denn er hätte zweihundert Marines davon überzeugen müssen, statt auf mich auf ihn zu hören.«

Geary seufzte leise. »Danke für die Information.«

»Es wird noch schlimmer kommen, Admiral. Die sitzen auf der Haboob und der Mistral rum und langweilen sich, und das sind fast alles Leute, die daran gewöhnt sind, etwas zu tun und Befehle zu erteilen. Ich glaube, wir haben nur deshalb noch nicht mehr Ärger am Hals, weil die meisten von ihnen noch unter dem Eindruck der langen Gefangenschaft stehen. Außerdem sind einige von ihnen mit beachtlichen Dosen Medikamenten vollgepumpt worden, die die Flottenärzte ihnen verschrieben haben.«

»Danke, General. Ich versuche, mir einen Zeitvertreib für sie zu überlegen.« Nach dem Gespräch mit Carabali saß Geary eine Weile da und starrte vor sich hin, während er sich den Kopf darüber zerbrach, was er den Leuten zu tun geben sollte. Ich kann sie nicht alle dazu einteilen, die Systeme auf der Haboob und der Mistral zu überprüfen. Selbst wenn sie diese Aufgabe übernehmen würden, gibt es eine ganze Menge Kandidaten, denen ich den Zugang zu so kritischen Systemen nicht anvertrauen würde.

Zu schade, dass sie uns nicht bei den Aliens behilflich sein können.

Der Gedanke zog nicht weiter, sondern verharrte in seinem Kopf. Wieso eigentlich nicht?

Er nahm sich die Zeit, um einen Blick auf den Status der Hilfsschiffe und den Rest der Flotte zu werfen. Dabei entdeckte er, wie tonnenweise ausgestoßenes Rohmaterial hinter den Schiffen herzog und dabei wie seltsam rechteckige Asteroiden aussah.

Alles lief offenbar so gut, wie es nur möglich war, also nahm Geary Kontakt mit der Mistral auf. Im Verlauf der kurzen und unerfreulichen Besprechung mit den befreiten Gefangenen hatte einer der Admiräle sich schnell hinter Geary gestellt und kein Verständnis für Chelaks Haltung gezeigt. Eine Überprüfung der Personalakte des Mannes hatte ergeben, dass er als zuverlässig und fähig bezeichnet werden konnte. Er war ehrgeizig genug, um einen hohen Dienstgrad anzustreben, aber er schien nicht an einem politischen Amt interessiert zu sein. Er war jemand, mit dem Geary schon längst hätte reden sollen, wie ihm erst jetzt bewusst wurde. Lieber spät als nie. »Admiral Lagemann.«

Lagemann sah Geary an. »Was verschafft mir denn diese Ehre?«

»Ich hatte gehofft, Sie und Ihre Kameraden könnten mir bei einer sehr wichtigen Aufgabe behilflich sein.«

»Ich persönlich hab’s Ihnen nicht übel genommen«, sagte Lagemann skeptisch, »dass Sie keine Zeit erübrigen konnten, um bei uns Händchen zu halten. Und ich weiß auch, dass es nur eine sehr kleine Zahl an Kommandoposten gibt, auf denen Sie Admiräle und Generäle gebrauchen können. Ich würde mich freuen, irgendetwas Sinnvolles zu tun zu bekommen. Falls es Sie interessiert, kann ich Ihnen durchgeben, wie viele Wollmäuse in den Korridorecken rumliegen. Wir hatten Zeit genug für eine genaue Bestandsaufnahme.«

»Soweit ich weiß, gehören Wollmäuse nicht zu den gefährdeten Arten, Admiral. Sie wissen, wir befinden uns im Territorium einer intelligenten nichtmenschlichen Spezies, die sich bislang als sehr feindselig erwiesen hat. Wir verfügen über wenige Daten und kaum Erfahrung mit diesen Aliens, aber wir müssen davon ausgehen, dass es weiter zu bewaffneten Auseinandersetzungen kommen wird. Sie und Ihre Kameraden haben zwar schon eine Weile keine Gefechtserfahrung mehr sammeln können, aber Sie verfügen über genügend Wissen und Übung im Umgang mit einem Feind. Sie könnten das Problem auch aus einem ganz anderen Blickwinkel betrachten als wir, weil wir mittlerweile alle mit einer bestimmten Einstellung an das Thema herangehen, die Sie noch nicht entwickelt haben. Ich möchte Sie bitten, unsere Aufzeichnungen zu begutachten, die aus Material von den Syndiks und von unserer Flotte bestehen, und zu versuchen, die Denkweisen und Gefechtstaktiken der Aliens zu analysieren. Wie werden sie sich in einem Gefecht am wahrscheinlichsten verhalten? War die Situation bei Midway eine Anomalie, oder werden die Aliens beim nächsten Mal wieder so agieren? Welche anderen Taktiken müssen wir von ihnen noch erwarten?«

Admiral Lagemann dachte kurz nach, dann nickte er. »Also keine reine Beschäftigungstherapie? Ich kann zwar nichts versprechen, aber darum geht es ja auch gar nicht. Wenn wir etwas herausfinden, dann könnte das beim nächsten Gefecht eine entscheidende Rolle spielen. Wenn wir nichts finden, haben Sie nichts verloren.«

»Genau. Wären Sie dazu bereit, Admiral?«

»Ja, und ich weiß, dass viele meiner Kameraden dabei werden mitmachen wollen.« Lagemann schaute kurz zur Seite und atmete einmal tief durch. »Wissen Sie, das ist keine leichte Rolle, die wir derzeit spielen. Es wird uns viel bedeuten, wenn wir uns wieder sinnvoll betätigen können. Dürfte ich Sie um einen Gefallen bitten?«

»Gegen das Essen auf der Mistral kann ich auch nichts unternehmen.«

Lagemann grinste ihn an. »Nach siebzehn Jahren Syndik-Rationen schmeckt das Flottenessen wieder richtig gut. Nein, ich wollte Sie eigentlich um eine Gelegenheit bitten, etwas länger mit Ihnen reden zu dürfen, vor allem über das Thema Taktik. Ich und einige andere hier würden gern die Gelegenheit bekommen, von Ihnen mehr darüber zu erfahren, wie Sie diese Gefechte geführt haben, die den Syndiks letztlich das Genick gebrochen haben. Die Art, wie unsere Vorfahren gekämpft haben, meine ich.«

»Natürlich, Admiral.« Geary bekam ein schlechtes Gewissen, dass er so viele fähige Senioroffiziere zusammen mit den Unruhestiftern auf den Sturmtransportern quasi eingesperrt hatte. »Ich werde alle erwähnten Aufzeichnungen für Sie zur Mistral senden. Wenn jemand auf der Haboob daran mitarbeiten will, erteile ich Ihnen hiermit die Erlaubnis, die Aufzeichnungen weiterzuleiten. Wären Sie bereit, heute Abend mit mir zu reden?«

»Das wäre wunderbar.« Lagemann schaute auf seine Hand, dann salutierte er ungelenk. »Ich habe gehört, das ist in der Flotte die neueste Mode. Bis heute Abend, Admiral.«

Geary erwiderte lächelnd den Salut. Vielleicht wollte mir ja jemand einen Klotz ans Bein hängen, als er sich den Befehl ausdachte, all diese Senioroffiziere aus der Gefangenschaft zu befreien. Aber das heißt noch lange nicht, dass ich diese Leute nicht zum Nutzen der Flotte einsetzen kann.

Knapp eine Stunde, bevor die Flotte den Sprungpunkt nach Alihi erreichen sollte, kehrte Geary zurück auf die Brücke. Damit verblieben noch gut fünfunddreißig Minuten, bis die Flotte möglicherweise von der Druckwelle eines kollabierenden Hypernet-Portals erfasst wurde, die sie mit der Wucht einer Nova treffen würde. Da nicht nur die größeren Hilfsschiffe, sondern auch einige Schlachtschiffe Mühe hatten, die optimale Beschleunigung zu erreichen, hinkte die Flotte hinter dem Zeitplan her. Damit war die Zeitspanne größer geworden, in der sie der Gefahr der völligen Zerstörung ausgesetzt war.

»Die Orion konnte nicht mithalten«, sagte Geary mehr zu sich selbst.

»Die Revenge und die Indomitable auch nicht«, ergänzte Desjani. »Man kann so viel testen und basteln wie man will, aber manche Probleme mit der Ausrüstung zeigen sich erst, wenn man sie zu Höchstleistungen antreibt.«

»Das weiß ich.«

»Ich weiß, dass Sie das wissen.«

Er beschloss, diese Unterhaltung nicht weiterzuführen.

Noch zehn Minuten bis zu dem Moment, da das Hypernet-Portal kollabieren konnte. Geary starrte auf die Darstellung des Hypernets auf seinem Display, obwohl sich da in den nächsten Minuten nichts tun konnte – es sei denn, die Aliens hatten die Zerstörung bereits befohlen, noch bevor die Flotte Kurs auf den Sprungpunkt genommen hatte.

Zwei weitere Alien-Kriegsschiffe hatten sich den beiden angeschlossen, die mit einem Abstand von einer Lichtstunde hinter der Allianz-Flotte herjagten und dabei die gleiche unfassbare Manövrierfähigkeit demonstrierten wie zuvor bereits bei Midway.

Fünf Minuten. Die Wachhabenden auf der Brücke versuchten, sich alle so zu verhalten, als würden sie routinemäßig ihre Arbeit erledigen. Aber Geary entging nicht, dass die Blicke immer wieder zu einem bestimmten Punkt auf dem jeweiligen Display wanderten – jenem Punkt, an dem das Hypernet-Portal angezeigt wurde.

Eine weitere Aktion war notwendig, auch wenn die jedem Instinkt widersprach, der nichts anderes wollte, als mit Höchstgeschwindigkeit auf den Sprungpunkt zuzufliegen. Aber ein Schiff, das zu schnell flog, konnte nicht in den Sprungraum überwechseln. »Alle Schiffe bei Zeit fünf null um eins acht null Grad drehen und auf 0,1 Licht abbremsen.« Ab dem Moment würde die Flotte langsamer werden, und damit verlängerte sich der Zeitraum, in dem sie schutzlos war. Allerdings gab es nichts, was man dagegen hätte unternehmen können.

Eine Minute.

Desjani gähnte. »Es wäre schön, mal irgendwo hinzukommen, wo es für uns was zu tun gibt, nicht wahr, Lieutenant Yuon?«

Yuon musste schlucken, ehe er mit halbwegs fester Stimme antwortete: »Ja, Captain.«

»Wie geht es Ihrer Familie auf Kosatka?«, fragte sie weiter.

»Gut, Ma’am. Alle wollten die ganze Zeit nur über … Sie wissen schon was reden.«

Geary sah zu Yuon und versuchte, Desjanis Plauderton zu treffen. »Ich hoffe, Sie haben Gutes über mich berichtet, Lieutenant.«

»Ähm … natürlich, Sir.«

»Eintritt in die kritische Phase«, meldete der Steuerwachhabende.

Desjani zog einen Verpflegungsriegel aus der Tasche. »Hunger?«, fragte sie Geary.

»Ich habe schon gegessen. Ist das ein Yanika Babiya?«

»Nein, das ist …« Sie schaute auf das Etikett. »Hühnchencurry, extra gewürzt.«

»Ein Hühnchencurryriegel? Wie schmeckt der?«

Desjani biss ein kleines Stück ab und begann zu kauen, wobei sie so tat, als würde sie nichts davon merken, dass alle auf sie schauten, aber nicht auf die Darstellung des Hypernet-Portals der Aliens. »Da ist auf jeden Fall Curry drin. Extra gewürzt würde ich nicht sagen. Ein Teil von dem Rest schmeckt wie Hühnchen.«

»Das hat nicht viel zu sagen«, meinte Geary.

»Jedes Fleisch in einem Verpflegungsriegel schmeckt wie Hühnchen«, warf Lieutenant Castries ein. »Außer Hühnchen.«

»Stimmt, Lieutenant«, gab Desjani zurück. »Echtes Hühnchen schmeckt wie … was? Hammel?«

»Schinken«, sagte Yuon. »Schlechter Schinken.«

»Dann kann das hier kein Hühnchen sein, weil es dann nicht nach Hühnchen schmecken dürfte«, folgerte sie.

»Fünfzehn Minuten bis zum Sprung«, meldete der Steuerwachhabende.

Geary überprüfte das Bremsmanöver seiner Schiffe und stellte fest, dass die gesamte Flotte im richtigen Maß abbremste, um beim Erreichen des Sprungpunkts mit 0,1 Licht zu fliegen.

»Was glauben Sie, wie die Aliens schmecken?«, fragte Desjani.

»Wir können sie nicht essen, sie sind intelligent«, wandte Geary ein.

»In Notsituationen essen Menschen manchmal sogar andere Menschen«, machte sie klar. »Zum Beispiel wenn man sich auf einem Schiffswrack befindet und keine Lebensmittelvorräte mehr vorhanden sind. Das ist bei der Marine fast schon so etwas wie eine Tradition.«

»Davon habe ich gehört«, sagte Geary. »Werden nicht zuerst die Junioroffiziere mit dem niedrigsten Dienstalter verspeist?«

»Soweit ich weiß ja.« Desjani musterte ihre Wachhabenden. »Nur damit wir das frühzeitig festlegen können: Wer von Ihnen wurde als Letzter befördert?«

Die Lieutenants sahen sich und grinsten dann. »Genau genommen, Captain«, antwortete Castries, »wurden Yuon und ich am gleichen Tag befördert.«

»Hm, wir können Sie aber nicht beide gleichzeitig essen. Ich nehme an, Sie hätten etwas gegen die alphabetische Reihenfolge einzuwenden, oder, Lieutenant Castries?«

»Nicht, wenn wir nach den Vornamen vorgehen, Captain«, gab Castries zurück. »Meiner lautet Xenia.«

»Das wird schwer zu überbieten sein, nicht wahr, Lieutenant Bhasan Yuon?«

Yuon schüttelte den Kopf. »Ich glaube aber, dass Lieutenant Castries die bessere Mahlzeit ergibt, Captain. Ich werde zu zäh und zu sehnig sein.«

»Fünf Minuten bis zum Sprung«, rief der Steuerwachhabende dazwischen.

»Vielleicht sollten Sie beide eine Münze werfen«, schlug Desjani vor, hob dann aber den Finger und machte eine Miene, als sei ihr ein genialer Einfall gekommen. »Ich weiß was. Ich teile diesem Team einfach einen Ensign zu.«

»Einen Notfallrations-Ensign?«, hakte Geary nach.

»Wir müssen das ja nicht in der Stellenausschreibung erwähnen. Das könnte potenzielle Freiwillige abschrecken.«

»Wie wär’s mit Master Chief Gioninni?«, schlug Yuon vor.

»Lieutenant Yuon«, sagte Desjani mit gespielter Entrüstung. »Wenn Master Chief Gioninni mit uns in einer Rettungskapsel sitzt, wird er uns so austricksen, dass wir zuerst gegessen werden, und dann wird er bei seinem Glück mit möglichen anderen Überlebenden auf einem Planeten landen, dessen Bewohner er davon überzeugen kann, ihn auf Lebenszeit zu ihrem Herrscher zu machen.«

Gearys Aufmerksamkeit war jetzt ganz auf seine Flotte gerichtet, während er das Hypernet-Portal, das noch immer keine Anzeichen eines Zusammenbruchs erkennen ließ, nur von Zeit zu Zeit mit einem flüchtigen Blick bedachte. Kein Schiff hinkte mehr hinter der Flotte her, alle flogen gleich schnell. Noch zwei Minuten. Die Flotte würde automatisch zum Sprung ansetzen, sobald die Steuersysteme feststellten, dass die richtige Position erreicht war. Das bedeutete, er musste den Sprung nicht erst noch befehlen, was nur weitere entscheidende Sekunden gekostet hätte.

»Eine Minute bis zum Sprung«, sagte der Steuerwachhabende.

»Das Portal benötigt zum Kollabieren mehr als eine Minute«, erklärte Desjani. »Bislang ist nichts passiert, also haben wir es geschafft.«

»Ja«, bestätigte Geary. »Wir haben es geschafft.« Er tippte auf seine Kontrollen. »An alle Einheiten: Die Aliens könnten ihre überlichtschnellen Komm-Fähigkeiten einsetzen, um ihre Streitkräfte bei Alihi zusammenzuziehen. Halten Sie sich gefechtsbereit, wenn wir den Sprungraum verlassen.«

Vierzig Sekunden später vollzog die Flotte den Sprung nach Alihi.

Desjani seufzte und stand von ihrem Platz auf, als das Grau des Sprungraums die Bedrohung durch die Aliens bei Hina ersetzte. »Ich bin müde und aus irgendeinem Grund wie ausgehungert. Ich werde mir was zu essen holen.« Sie beugte sich zu Geary vor. »Nächstes Mal denken Sie sich was aus, wie wir alle abgelenkt bekommen.«

»Mit Ihnen kann ich es aber nicht aufnehmen.«

»Ich weiß, trotzdem können Sie ja Ihr Bestes geben, Admiral.« Nach einem letzten Blick verließ Desjani die Brücke.

Der Sprungraum neigte dazu, bei Menschen Unbehagen auszulösen. Menschen gehörten nicht in den Sprungraum, und möglicherweise gehörte überhaupt nichts in den Sprungraum. Vielleicht waren die vorbeiziehenden Lichter Spiegelungen von etwas, das irgendwo anders geschah. Auf einer unterbewussten Ebene konnten sich Menschen hier einfach nicht wohlfühlen, und je mehr Zeit sie im Sprungraum zubringen mussten, umso gereizter wurden sie.

Doch was Geary während des Sprungs nach Alihi verspürte, das war anders als das übliche Unbehagen. Es hatte etwas mit Desjanis Bemerkung zu tun, die wie der Schatten einer Erinnerung durch seinen Kopf geisterte. Wenn man ein Messer hat … Was störte ihn so sehr an dem Bild, das die Aliens mit einem Messer in der Hand zeigte?

Während des Sprungs war eine normale Kommunikation zwischen zwei Schiffen nicht möglich, aber seit jener Zeit vor hundert Jahren, als er die Schlacht bei Grendel ausgetragen hatte, und der Gegenwart, in der er aus seinem Kälteschlaf erwacht war, hatte die Menschheit immerhin eine Methode entwickelt, wie man kurze und knappe Nachrichten von einem Schiff zum anderen schicken konnte. Am vierten Tag im Sprungraum, keine acht Stunden vor der Ankunft im Alihi-System, ging von der Mistral eine Nachricht für Geary ein.

So kurz diese Mitteilung auch war, las er sie dennoch wieder und wieder. Wegen der Aliens: Denken Sie an Rückendeckung. Lagemann.

Er bat Desjani, zu ihm in sein Quartier zu kommen und einen Blick auf die Übermittlung zu werfen.

»Wir wissen, wir können den Aliens nicht vertrauen«, sagte sie irritiert, nachdem sie die wenigen Worte gelesen hatte. »Ist das alles, was er uns sagen will?«

»Das glaube ich nicht. Er und seine Kollegen sollten sich mit der Frage beschäftigen, wie die Aliens vermutlich kämpfen werden.«

»Das klingt eher nach einer Warnung, dass jemand einem ein Messer in den Rücken jagen will.«

»Was?« Geary riss den Kopf herum und starrte sie an.

Ihre Verwunderung galt nun seiner Reaktion. »Ich sagte, das klingt nach einer Warnung, dass die Aliens versuchen könnten, uns ein Messer in den Rücken zu jagen.«

»Ein Messer. In den Rücken.«

»Das habe ich nicht wörtlich gemeint.«

Geary ballte die Faust vor der Stirn und ließ sie von seinem Kopf abprallen. »Verdammt! Genau das bedeutet es! Das ist es, was mich so gestört hat!« Er rief ein Display auf, das das Alihi-System zeigte – oder besser gesagt das Alihi-System, wie es zu der Zeit ausgesehen hatte, als sich dort noch die Außenposten der Syndiks befanden. »Sie schlagen aus dem Verborgenen zu. Ein Hinterhalt. Wenn die Würmer nicht mehr helfen, die eigene Position zu verschleiern, wo versteckt man sich dann in einem Sternensystem?«

Desjani zuckte mit den Schultern. »Hinter dem Stern oder hinter einem Planeten oder einem Mond.«

»Hinter einem Sprungpunkt?«

»Nein.« Sie tippte mit dem Finger auf das Display. »Sie reden von einer Streitmacht, die hinter einem Sprungpunkt in Position gegangen ist, um eine Flotte von hinten anzugreifen, die den Sprungpunkt verlässt. Das geht nicht. Das kann gar nicht gehen. Die Physik spricht dagegen.«

»Wieso?«

»Erstens wissen Sie nicht, ob und wann jemand einen Sprungpunkt verlässt. Es ist schon schwierig, eine relative Position zu einem Sprungpunkt beizubehalten, und es ist noch schwieriger, genau dahinter zu bleiben. Und wie lange wollen Sie da verharren? Tage, Wochen oder Monate? Zweitens bewegt sich ein Schiff, das den Sprungpunkt verlässt, mit 0,1 Licht von Ihnen weg. Sie selbst stehen im Raum und müssen erst einmal beschleunigen, um das Schiff zu verfolgen. Vielleicht schaffen Sie es, das Schiff einzuholen, aber das wird eine Weile dauern. Und dabei werden Sie von diesem Schiff aus auch noch beobachtet. Als Überraschungsangriff kann man das nicht bezeichnen.«

Geary nickte. »Aus genau diesen Gründen haben wir auch vor hundert Jahren nie einen Hinterhalt auf diese Art und Weise geplant. Aber was ist, wenn einem Überlicht-Kommunikation zur Verfügung steht?«

Sie verstummte kurz. »Dann kann jemand seine Komplizen in Zielsystem warnen, dass wir unterwegs zu ihnen sind.«

»Und sie wüssten auch ziemlich genau, wann wir dort eintreffen, weil die Physik des Sprungraums immer gleich ist. Wenn man zum Zeitpunkt X in den Sprungraum wechselt, dann kommt man zum Zeitpunkt Y am Ziel wieder aus dem Sprungraum.«

Desjani schüttelte den Kopf. »Aber selbst dann wüssten sie nicht exakt, wo man auskommt. Sie müssten in der Lage sein, viel schneller zu manövrieren und zu beschleunigen als … o verdammt!« Sie sah ihn entsetzt an. »Genau das können sie ja!«

»Eben.« Geary ließ sich in seinen Sessel sinken und starrte vor sich. »Auf diese Idee sind wir gar nicht gekommen, weil wir die entsprechenden Fähigkeiten nicht besitzen. Aber sie haben zwei große Vorteile, die es möglich machen. Und dank ihrer Überlicht-Kommunikation wissen sie vielleicht sogar, wie unsere Formation aussieht. Wir müssen den Sprungraum in der gleichen Formation verlassen, in der wir hineingeflogen sind, weil wir hier nicht manövrieren können.«

»Sie werden als Erstes die Hilfsschiffe und vielleicht auch noch die Sturmtransporter erwischen, weil die sich ganz hinten befinden und sie von keiner Eskorte begleitet werden.« Desjani drückte die Handballen auf ihre Augen. »Können wir die Flotte schnell genug drehen lassen, um diesen Schiffen Deckung zu geben?«

»Es dauert einen Moment, um sich vom Sprung zu erholen«, knurrte Geary. »Außerdem vergeht Zeit, bis die Schiffe gewendet und abgebremst haben, damit die Hilfsschiffe an ihnen vorbeifliegen können, um sich in deren Deckung zu begeben. Ich habe das unangenehme Gefühl, dass es auf jede Sekunde ankommen wird.«

Desjani zeigte auf die Nachricht von der Mistral. »Formulieren Sie den Befehl ganz einfach, dann können wir ihn im Sprung senden.«

Etwas Einfaches, um einer Situation zu begegnen, die er überhaupt nicht einkalkuliert hatte.

»Sie haben immer noch fast sieben Stunden Zeit, um sich etwas auszudenken, bevor wir den Sprungraum verlassen«, fügte sie hinzu.

»Na, da fühle ich mich ja gleich viel besser.«

»Oh, tut mir leid.«

Die Aliens warteten bei Alihi auf sie.

Gearys Gehirn hatte sich noch gar nicht an die normale Umgebung gewöhnt, da spürte er bereits, wie die Dauntless zu wenden begann, um die Steuerbefehle auszuführen, die eingegeben worden waren, während sich das Schiff noch im Sprung befunden hatte. Die Dauntless ließ die Haupttriebwerke mit voller Leistung arbeiten, um die Geschwindigkeit des Schiffs so schnell wie möglich zu verringern, ohne die Belastung für Material und Besatzung zu groß werden zu lassen. In diesem Moment begann eine Alarmmeldung der Gefechtssysteme zu plärren. Als Geary endlich klar sehen konnte, fuhr ein leichtes Zittern durch die Dauntless, da eine Salve Phantome auf Befehl der Gefechtssysteme abgefeuert wurde, die so programmiert worden waren, dass sie selbständig das Feuer auf als feindselig eingestufte Ziele eröffneten.

Seine Nachricht war an die anderen großen Kriegsschiffe der Flotte gegangen – an die Schlachtkreuzer Dauntless, Daring, Victorious und Intemperate sowie an die Schlachtschiffe Warspite, Vengeance, Revenge, Guardian, Fearless, Resolution und Redoubtable. Sie alle hatten die kurze Nachricht erhalten, die der Sprungraum ihm erlaubte. Beim Verlassen sofort ausführen. Drehen eins acht null, bremsen 0,05, Feuer eröffnen. Das war die kürzeste Form, in die er seinen Befehl hatte bringen können, falls die Aliens am Sprungpunkt lauerten und die Flotte unter Beschuss nehmen wollten.

Es war durchaus möglich, dass die Enigma-Kriegsschiffe nicht hinter, sondern vor dem Sprungpunkt auf sie warteten, aber die verbliebenen Schweren und Leichten Kreuzer sowie die Zerstörer würden hoffentlich genügen, um mit ihnen kurzen Prozess zu machen.

Endlich gelang es ihm, einen Blick auf sein Display zu werfen, gerade als die Dauntless begann, Höllenspeere abzufeuern. Enigma-Schiffe näherten sich von ihrer Position hinter dem Sprungpunkt der Allianz-Flotte, die gedrungenen schildkrötenartigen Raumfahrzeuge reichten in ihrer Größe von den Zerstörern der Allianz bis hin zu einem Format, das über die Masse eines Schweren Kreuzers hinausging. Dreißig … nein, vierzig … einundvierzig. Ihr Kurs änderte sich geringfügig, als die Dauntless, die Daring, die Victorious und die Intemperate langsam genug geworden waren, damit die Hilfsschiffe sie passieren und sich hinter ihnen in Sicherheit bringen konnten. Die Schlachtkreuzer drehten und bremsten dabei schneller ab als die Schlachtschiffe.

Wiederholt durchfuhr ein Zittern die Dauntless, als die Aliens ihr Feuer auf die vier Schlachtkreuzer konzentrierten. Obwohl die ihren Bug dem Feind zugewandt hatten, versagten die schwächeren Schilde, und einzelne Schüsse drangen weit genug vor, und trafen auf die leicht gepanzerte Hülle. Geary blieb nur eine Sekunde, um sich eine Reaktion darauf zu überlegen. Seine Hand landete auf der Komm-Kontrolle, gerade als die Daring von einem besonders heftigen Sperrfeuer erfasst wurde. »Dauntless, Daring, Victorious, Intemperate, bremsen Sie weiter maximal ab!«

Während die unter Beschuss genommenen Schlachtkreuzer weiter ihre Fahrt verlangsamten, beschleunigten die Aliens, um Kurs auf die acht Hilfsschiffe zu nehmen. Von den Schlachtkreuzern abgefeuerte Kartätschen trafen die gegnerischen Schiffe, und der Victorious gelang es, mit ihrem Nullfeld aus einem von ihnen ein großes Stück herauszutrennen.

Auf seinem Display konnte Geary keine weiteren Alien-Schiffe in unmittelbarer Nähe des Sprungpunkts ausmachen, also erteilte er schnell den nächsten Befehl: »Alle Schiffe nach eigenem Ermessen steuern, um den Feind zu attackieren. Captain Smythe, bringen Sie Ihre Schiffe in Sicherheit!«

Von der Flotte der Aliens waren nur noch fünfundzwanzig Schiffe einsatzfähig, die das Feuer auf die Hilfsschiffe eröffnet hatten, als die Allianz-Schlachtschiffe endlich die leicht bewaffneten Eskorten eingeholt hatten. Die Kreuzer und Zerstörer zu beiden Seiten der Hilfsschiffe sowie die vor ihnen drehten sich nun auch, und die Schweren Kreuzer feuerten einige Phantome auf den Feind ab.

Es waren allerdings die Schlachtschiffe, die den Ausschlag gaben, da sie zunächst die in unmittelbarer Nähe befindlichen Enigma-Schiffe auslöschten und dann deren zweite Reihe dezimierten.

Nur sechs Kriegsschiffen der Aliens gelang es, dem Beschuss zu entkommen, indem sie Flugmanöver beschrieben, zu denen kein menschliches Schiff in der Lage war, und dann mit unglaublicher Geschwindigkeit davonjagten.

Obwohl die Schlacht geschlagen war, kam es immer noch zu Detonationen im All, da die flugunfähig geschossenen Alien-Schiffe sich eines nach dem anderen selbst zerstörten.

»An alle Einheiten: Formation wieder einnehmen, abbremsen auf 0,02 Licht.« Er musste sich erst einmal einen Eindruck davon verschaffen, wie übel man seiner Flotte mitgespielt hatte, bevor sie tiefer in dieses Sternensystem vordringen konnten.

»Hier gibt es auch ein Hypernet-Portal«, fauchte Desjani, während sie die eingehenden Schadensberichte begutachtete. »Diese Bastarde!«

Geary widmete sich ebenfalls den Schadensmeldungen, die von der Dauntless und den drei anderen Schlachtkreuzern übermittelt wurden. Beim Anblick der Liste musste er unwillkürlich zusammenzucken. Die Daring hatte es am schlimmsten erwischt, der Bug war massiv zerschossen worden, mehrere Systeme waren ausgefallen, und fast hundert Crewmitglieder waren tot oder verwundet. Auf der Victorious waren sechzig Opfer zu beklagen, sie hatte zudem die Hälfte ihrer Höllenspeere verloren. Dreiundfünfzig Crewmitglieder der Intemperate waren tot oder verletzt, und die Backbordseite des Bugs wies schwere Schäden auf.

Und dann die Dauntless. »Achtundzwanzig Tote«, sagte Desjani, deren Stimme keinerlei Gefühlsregung verriet. »Einundvierzig Verwundete, sechs davon schwer. Ich habe noch vier funktionstüchtige Höllenspeer-Batterien.« Sie nahm einen weiteren Bericht entgegen, der soeben einging. »Korrektur: dreieinhalb Batterien.«

Geary nahm eine Art Taubheit in sich wahr, als er erneut die Komm-Kontrolle betätigte. In einem Zeitraum, der sich eher nach Sekunden als nach Minuten bemaß, hatten so viele Menschen ihr Leben verloren. »Captain Smythe, ich brauche so schnell wie möglich die Unterstützung der Hilfsschiffe für die Dauntless, die Daring, die Victorious und die Intemperate. Daring, Victorious, Intemperate, melden Sie sich umgehend, wenn Sie medizinische Hilfe benötigen. General Carabali, stellen Sie sicher, dass die medizinischen Teams auf der Mistral, Haboob, Tsunami und Typhoon sich bereithalten, um sofort zum Einsatz zu kommen.«

Er sah zu Desjani, deren versteinerte Miene ihren Tonfall widerspiegelte. »Benötigt die Dauntless medizinische Hilfe?«

Sie fragte in der Krankenstation nach, dann nickte sie. »Wir können Hilfe gebrauchen, Admiral, vor allem bei den Schwerverletzten.«

»Typhoon, nehmen Sie Kurs auf die Dauntless, um medizinische Unterstützung zu leisten.« Geary bemerkte, dass Desjani noch immer auf etwas von seiner Seite wartete. »Kümmern Sie sich um Ihr Schiff, Captain. Ich nehme mir den Rest der Flotte vor.«

»Danke, Admiral.«

Da sie nur von ein paar Alien-Schiffen angegriffen worden waren, hatten die Schlachtkreuzer von der gesamten Flotte die heftigsten Treffer einstecken müssen. Die kleineren Treffer an den Hilfsschiffen ließen sich schnell reparieren, und die Schlachtschiffe hatten nur oberflächliche Schäden erlitten.

Während die Allianz-Flotte in aller Eile die Reparaturen durchführte, trafen durch das Hypernet-Portal weitere Alien-Kriegsschiffe ein. Die Sensoren hatten währenddessen einen Scan des Systems durchgeführt. Es verfügte über zwei Planeten, die von den Syndiks als in minimalem Umfang bewohnbar eingestuft worden waren, einer davon sechs Lichtminuten von seinem Stern entfernt, der andere rund zehn Lichtminuten. Keine der Welten war für Menschen angenehm, aber sie waren auch nicht völlig unwirtlich. In zwanzig Lichtminuten Abstand zur Sonne gab es einen dichten Asteroidengürtel, dahinter zogen vier Gasriesen ihre Kreise.

Die Enigmas hatten den sechs Lichtminuten entfernten Planeten besiedelt, und nach den Sensoranzeigen zu urteilen hatten sie dabei die immens schwierige Aufgabe übernommen, die Umgebung zu modifizieren, um angenehmere Lebensbedingungen zu schaffen. »Menschen machen so etwas nicht«, erklärte einer der Ingenieure. »Es ist nicht so, als könnten wir das nicht. Die Grundlagentechnologie haben wir vor langer Zeit auf diesem Planeten nahe der Alten Erde geschaffen … wie hieß er noch gleich? Mars, ja, genau. Aber das war noch in der Zeit, bevor die Sprungtechnologie interstellare Reisen zu einer Leichtigkeit machte. Seitdem ist es viel einfacher und kostengünstiger, in einem anderen Sternensystem nach einem passenden Planeten zu suchen, anstatt sich die Mühe zu machen, auf einer halbwegs lebenswerten Welt bessere Bedingungen zu schaffen.«

»Irgendeine Ahnung, warum die Aliens das hier trotzdem unternommen haben?«

Der Ingenieur dachte kurz darüber nach. »Ich könnte mir zwei Gründe vorstellen. Einer wäre der, dass planetare Modifikationen für sie mit deutlich weniger Aufwand und Kosten verbunden sind. Der andere wäre, dass sie einfach nicht genügend geeignetere Welten finden. Dadurch, dass sie hier auf die Syndiks gestoßen sind, wurde ihre Expansion in diese Richtung schon mal gestoppt.«

»Keine Anzeichen für die Anwesenheit von Menschen«, meldete Lieutenant Iger. »Aber so wie bei Hina wird auch hier durch ihre Gegenmaßnahmen verhindert, dass unsere Sensoren die bewohnte Welt gründlich analysieren.«

Dr. Setin machte keinen Hehl daraus, wie frustriert er war. »Wir können nur mutmaßen, was die Bevölkerungszahl angeht. Wenn wir die Anzahl der Städte als Grundlage nehmen, dann dürften dort mehr Aliens leben als auf dem Planeten im Hina-System. Können wir nicht näher an diese Welt dort heranfliegen? Jetzt haben wir endlich eine andere intelligente Spezies entdeckt, und trotzdem können wir nichts über sie in Erfahrung bringen!«

Wie es schien, gab es keinen plausiblen Grund, länger in Alihi zu bleiben.

»Das Hypernet-Portal ist nur zwei Stunden von diesem Sprungpunkt entfernt«, erklärte Geary ernst. Die Bilder der befehlshabenden Offiziere der Flotte waren auf das über dem Konferenztisch schwebende Sternendisplay gerichtet. »Es ist nicht möglich, einen anderen Sprungpunkt zu erreichen, ohne das Risiko einzugehen, auf dem Weg dorthin ausgelöscht zu werden. Aber dieser Sprungpunkt führt nach Hina und zu einem anderen Stern tiefer im Territorium der Enigma-Rasse. Die Syndiks hatten ihm den Namen Laka gegeben, aber zwei Erkundungsmissionen in dieses System verschwanden vor über hundert Jahren spurlos. Wir können davon ausgehen, dass Laka auch von den Enigmas bewohnt wird. Sobald unsere vier beschädigten Schlachtkreuzer wiederhergestellt sind, machen wir uns auf den Weg nach Laka.«

»Ich nehme an, wir werden diesen Sprung mit einer angepassten Formation unternehmen, oder, Admiral?«, wollte Armus wissen.

»Ja, wir werden darauf gefasst sein, auf einen Angriff aus jeder beliebigen Richtung zu reagieren.«

»Warum bleiben wir nicht hier«, warf Captain Vitali von der Daring ein, »und bombardieren sie in Grund und Boden, bis nur noch Ruinen übrig sind? Dann gehen wir runter und erkunden das, was noch übrig ist.«

General Charban machte eine missbilligende Miene und wandte ein: »Unsere Mission verlangt von uns, dass wir versuchen, friedliche Beziehungen zu …«

»Diese Kreaturen greifen uns jedes Mal an, wenn wir ihnen begegnen! Die reden nicht mit uns, weil sie das gar nicht wollen! Die wollen uns nur umbringen. Also gut, dann revanchieren wir uns eben auf die gleiche Weise!«

Leise zustimmendes Gemurmel machte sich am Tisch breit.

Daraufhin seufzte Duellos laut genug, um von allen gehört zu werden. »Das Problem, das sich uns stellt, ist das verdammte Hypernet-Portal. Selbst wenn wir auf dem Planeten alles zerstören würden, wäre das keine Garantie, dass es an dem Portal keinen Totmannmechanismus gibt, der es zusammenbrechen lässt und uns mit einer gewaltigen Detonation auslöscht.«

»Warum schießen wir dann nicht auch auf das Portal?«, wollte Vitali wissen.

Commander Neeson schüttelte den Kopf. »Wenn wir damit anfangen, Portaltrossen zu zerschießen, verlieren wir die Kontrolle über den Prozess, der das Portal kollabieren lässt. Und sobald wir damit anfangen, könnten wir damit eine von den Aliens vorbereitete Sequenz auslösen, die unsere Vernichtung zur Folge hat.«

»Wenn wir genügend Steine auf die richtigen Trossen abfeuern …«, fuhr Vitali stur fort.

»Rund um das Portal sind Verteidigungsanlagen aktiv. Die müssen nur einen einzigen unserer Steine ein klein wenig aus der Bahn bringen, und schon ist unsere Planung hinfällig.«

»Vielleicht«, warf Charban ein, »sollten wir ein paar Stellen auf ihrer Welt bombardieren, um ihnen zu zeigen, wozu wir in der Lage sind …«

»Das hat schon bei den Syndiks nicht funktioniert«, unterbrach Badaya ihn. »Ich hätte nicht gedacht, dass ich das mal sagen würde, aber im Gegensatz zu diesen Enigmas sind die Syndiks richtiggehend vernünftig. Wenn wir die Syndiks nicht zum Einlenken bringen konnten, wird es uns bei diesen Aliens erst recht nicht gelingen.«

»Da kann ich nur zustimmen«, sagte Duellos.

»Das muss uns aber nicht davon abhalten zurückzuschlagen«, warf Desjani ein. »Bombardieren wir ein paar von ihren Städten. Sie haben uns Grund genug für einen Vergeltungsschlag geliefert. Wir können ihnen zeigen, dass sie nicht einfach davonlaufen können, wenn sie uns angegriffen haben.«

Charban zögerte. »Ein von hier aus gestartetes Bombardement können sie früh genug sehen, um die Bevölkerung zu evakuieren. Wir können damit unsere Fähigkeiten auf eine Weise demonstrieren, die sich von ihnen nicht ignorieren lässt, aber gleichzeitig vermeiden wir einen Vergeltungsschlag von deren Seite, weil wir zivile Opfer verhindern.«

Dr. Shwartz und Dr. Setin waren zu dieser Konferenz eingeladen worden, und es war Shwartz, die nun zögerlich das Wort ergriff: »Wir wissen nicht, ob die Enigmas so wie wir zwischen Militär und Zivilbevölkerung unterscheiden. Möglicherweise ist ihnen ein solches Konzept völlig fremd.«

»Laut den Syndik-Unterlagen«, meldete sich erneut Duellos zu Wort, »haben die in dieser Region etliche Schiff verloren, bevor sie überhaupt begriffen, dass es die Enigmas gibt. Viele von diesen Schiffen waren nur leicht oder sogar überhaupt nicht bewaffnet. Falls die Aliens zwischen Militär und Zivilbevölkerung unterscheiden können, machen sie zumindest keinen Unterschied darin, auf wen sie das Feuer eröffnen.« Alle sahen sie zu Geary, der nachdenklich den Kopf nach vorn gebeugt hatte und schließlich nickte. »Ja. Wir werden ihnen noch eine Nachricht schicken und ihnen abermals erklären, dass wir an einer friedlichen Koexistenz interessiert sind. Falls sie dann immer noch die Konfrontation und den Krieg suchen, sollen sie beides bekommen. Ich sehe keine andere Möglichkeit.«

Das anschließende Schweigen wurde vom Captain der Victorious unterbrochen. »Beerdigen wir unsere Toten hier? Schicken wir sie in diesen Stern?«

»Nein«, beharrte Vitali sofort.

Geary nickte abermals. »Ich bin Captain Vitalis Meinung. Das Risiko ist zu groß, dass die Reise unserer geehrten Toten zu diesem Stern von den Aliens gestört wird. Auf den Sturmtransportern finden sich Räume für die vorübergehende Unterbringung von Gefallenen. Wir bringen unsere Toten dorthin und warten, bis wir ein System finden, in dem wir sie ohne Risiko bestatten können. Captain Smythe, wie lange noch, bis alle vier beschädigten Schlachtkreuzer wieder gefechtsbereit sind?«

Smythe kratzte sich nachdenklich am Hals. »Keiner der Schlachtkreuzer wird in Bestzustand sein, aber geben Sie mir noch drei Tage, dann funktionieren die Waffen wieder, die Löcher in den Außenhüllen sind geflickt und die Schilde haben ihre alte Leistungsfähigkeit zurück.«

Desjani rechnete etwas aus, dann sagte sie: »Ein von hier gestartetes Bombardement benötigt einundsechzig Stunden, bis es den Planeten mit den Enigma-Städten erreicht.«

»Also gut«, sagte Geary. »Wir beginnen die Bombardierung innerhalb der nächsten Stunde, begleitet von der Nachricht, dass dies nur ein Vorgeschmack auf das ist, was eine wirklich wütende Menschheit zu leisten imstande ist. Das wird den Aliens genügend Zeit geben, um auf eine andere Weise als nur wieder mit einem Angriff zu reagieren. Und wir haben genug Zeit, um mit anzusehen, wie die Steine einschlagen, und das Ergebnis zu bewerten, bevor unsere Reparaturarbeiten abgeschlossen sind und wir nach Laka springen.«

Die meisten Offiziere zogen sich schnell zurück, als die Konferenz zu Ende war, lediglich Smythe blieb noch lange genug, um Desjani anzusehen und den Kopf zu schütteln. »Da mache ich mir die Mühe und rüste Ihre Schiffssysteme auf, und Sie lassen einen Großteil der Ausrüstung zerschießen, noch bevor ich mit meiner Arbeit fertig bin.«

»Ich versuche nur, Ihren Ingenieuren etwas zu tun zu geben«, gab sie zurück und ließ den ersten Hauch eines Lächelns erkennen, seit sie so viele Crewmitglieder verloren hatte.

»Ich weiß Ihre Anstrengungen zu schätzen, aber ich möchte den Admiral wissen lassen, dass eine der Höllenspeer-Batterien an Bord der Dauntless nicht durch den Beschuss ausgefallen ist. Jedenfalls nicht unmittelbar. Einer der Verteilerknoten, der sie mit Energie versorgt, hat versagt.«

»Alter?«, fragte Geary.

»Alter und Belastung«, bestätigte Smythe. »Ich kann unserer Ausrüstung nicht das Meditieren beibringen, darum arbeite ich daran, sie zu verjüngen.«

Charban saß da und starrte vor sich auf den Tisch, nachdem Smythe gegangen war. »Wenn sie doch nur mit uns reden würden. Das ist so sinnlos. Krieg ist immer sinnlos, aber wir wissen ja nicht mal, wieso sie eigentlich so feindselig sind. Glauben Sie nicht, dass ich die Einstellung Ihres Captain Vitali nicht nachvollziehen kann. Ich habe zu meiner Zeit viele von meinen Leuten verloren.«

Dann stand er auf und ging nach draußen. Etwas an der Art, wie er sich bewegte, ließ Charban mit einem Mal viel älter wirken.

Desjani sah zu Rione, die immer noch an ihrem Platz saß, und stand mit den Worten auf: »Ich muss eine Bombardierung planen, Admiral.«

»Danke. Nehmen Sie ungefähr die Hälfte der Städte auf dem Planeten unter Beschuss.«

»Die Hälfte?« Sie lächelte wieder, diesmal auf eine wilde Art. »Ich dachte, Sie würden mir nur ein Viertel geben.«

Nachdem sie gegangen war, saß Geary da und wartete, dass Rione zu reden begann. Nach einer scheinbaren Ewigkeit sah sie ihn endlich an. »Ich weiß, dass Worte wie ›es hätte schlimmer kommen können‹ in einem Moment wie diesem nur einen schwachen Trost darstellen. Aber sie treffen auch zu. Sie könnten den Verlust Ihrer halben Flotte beklagen, verbunden mit Tausenden von Toten.«

»Ich weiß.« Geary lehnte sich nach hinten und versuchte den dumpfen Schmerz zu verdrängen, den die erlittenen Verluste ihm bereiteten. »Wenn wir nicht so schnell reagiert hätten, wären jetzt vermutlich die meisten Hilfsschiffe nichts weiter als Wracks, was diese Flotte in eine sehr unangenehme Lage bringen würde. War das die Absicht, Madam Gesandte?«

»Ich weiß nicht, was Sie meinen.«

»Ich glaube doch. Ich wünschte nur, ich hätte eine Ahnung, warum Sie sich bereit erklärt haben könnten, bei dem Ganzen mitzumachen.«

»Sie wissen, dass ich schon immer bereit war, mich aus den richtigen Gründen zu opfern.« Mit diesen Worten erhob Rione sich von ihrem Platz und verließ ebenfalls den Konferenzraum.

Vier Stunden später stand Geary in Habachthaltung da, er trug seine beste Uniform. Neben ihm befand sich Captain Desjani, ähnlich gekleidet, in gleicher Haltung. Daneben standen Matrosen und Marines der Dauntless in zwei Reihen unmittelbar vor einer Luke. Von der Luke, die nach außen ins All führte, verlief ein unter Druck gesetzter Verbindungsschlauch bis hin zur Typhoon. Jeder von ihnen trug ein Armband, das einen breiten goldenen Balken zeigte, gefolgt von einem schwarzen und einem weiteren goldenen Balken. Es symbolisierte, dass die Nacht nur ein Intervall zwischen dem Licht war.

Geary hob den Arm zum Salut, als der erste von neunundzwanzig versiegelten Leichenbehältnissen von weiteren Crewmitgliedern an ihm vorbeigetragen wurde, die mit bedächtigen Schritten ihren Weg zurücklegten. Die sterblichen Überreste der anderen Opfer folgten und wurden zwischen den in Reih und Glied stehenden Kameraden hindurch zur Luke gebracht, um von dort zur Typhoon getragen zu werden, wo sie in speziellen Räumen untergebracht wurden, die allein für diesen traurigen Zweck bestimmt waren.

Normale Fracht wurde einfach durch das All von Schiff zu Schiff geschickt, doch so ging die Flotte nicht mit ihren Toten um.

Nachdem das letzte Behältnis die Reise zur Typhoon angetreten hatte und außer Sichtweite war, ließ Geary den Arm sinken. Desjani folgte seinem Beispiel, dann wandte sie sich an die Ehrengarde. »Ich danke Ihnen. Wegtreten.«

Alle verließen den Bereich vor der Luke, um wieder ihre normale Uniform anzuziehen und um zu ihrer Arbeit zurückzukehren, die niemals getan war und die nur dann eine Pause einlegte, wenn die Tradition es erforderte.

Die Tage, die für die Durchführung der Reparaturen notwendig waren, vergingen recht schnell. Geary fiel auf, dass die Crewmitglieder, die sich über die Aliens unterhielten, zunehmend wütend wirkten. Auch die Wachhabenden auf der Brücke trugen einen Gesichtsausdruck zur Schau, als würden sie Waffen auf ein Ziel richten, das sie tot sehen wollten. Verstanden die Enigmas, wie sich ihr Verhalten auf die Gefühle der Menschen ihnen gegenüber auswirkte? Kalixa war verheerend gewesen, aber diese Todesfälle hier hatten etwas Persönliches. Hier ging es um Männer und Frauen, die Freunde und Kameraden gewesen waren, und je mehr Zeit verstrich, umso eher schienen die Besatzungen bereit, den Enigmas mit Gewaltanwendung zu begegnen, anstatt weitere vergebliche Versuche zu unternehmen, mit ihnen einen Dialog zu beginnen.

»Wir haben eine weitere Nachricht von der Enigma-Rasse erhalten«, ließ Rione ihn wissen. »Möchten Sie sie sehen?«

»Hat sie was Neues zu bieten?«, fragte Geary.

»Nein. Der gleiche Avatar, die gleiche falsche Brücke, der gleiche Text. Wenn wir den Enigmas die Formulierungen ›Gehen Sie weg‹ und ›Sie werden sterben‹ verbieten würden, hätten sie uns so gut wie gar nichts mehr zu sagen.«

Charban verzog den Mund. »Sie nehmen nichts von dem zur Kenntnis, was wir sagen oder was hier geschieht. Es ist so, als würde man gegen eine Wand reden.«

Geary konnte sich ein finsteres Lächeln nicht verkneifen, als er auf sein Display zeigte. Die vor Tagen abgefeuerten Geschosse tauchten nun endlich in die Atmosphäre des zweiten Planeten ein. »Wir sind im Begriff, diese Wand einzureißen. Ob es etwas bewirkt, weiß ich nicht, aber wenigstens werden wir alle uns ein bisschen besser fühlen. Und vielleicht werden die Enigmas ja begreifen, was sie sich mit ihrem Verhalten einhandeln.«

»Wenn sie den Menschen in irgendeiner Weise ähnlich sind, dann könnte es einen Hoffnungsschimmer geben. Glauben Sie, sie haben die Städte evakuiert?«, fragte Rione.

»Wir haben keine Ahnung. Diese verschwommenen Flächen lassen einfach keine Details erkennen.«

»Sind Sie sich sicher, dass das nicht auch von irgendwelchen Enigma-Würmern verursacht wird?«, wollte Charban wissen.

Desjani schüttelte den Kopf. »Falls aber doch, dann sind das Würmer, die nach einem völlig anderen Prinzip arbeiten. Wir haben Leute darauf angesetzt, jede Möglichkeit zu untersuchen; vor allem die, die unmöglich zu sein scheinen. Aber niemand hat bislang etwas gefunden. Unsere Techniker glauben einhellig, dass es sich um eine echte Interferenz handelt, die in unmittelbarer Nähe der Objekte erzeugt wird, die wir beobachten wollen.«

Charban nickte und senkte den Blick. »Mich würde auch wundern, wenn es diesmal Würmer wären. Immerhin ist es den Enigmas ja ebenso nicht gelungen, ihre Schiffe vor uns unsichtbar zu machen, als wir hier eintrafen.« Er stand auf und wandte sich zum Gehen.

»Wollen Sie nicht die Bombardierung miterleben?«, fragte Desjani ihn.

Der General schüttelte den Kopf, ohne sie anzusehen. »Ich habe schon zu viele Städte sterben sehen, Captain Desjani.«

Sie schloss die Augen und öffnete sie erst wieder, als Charban gegangen war. Sie drehte sich zu Geary um: »Wir sind also wieder an dem Punkt angekommen, an dem wir Städte bombardieren.«

»Sie hatten Zeit genug für eine Evakuierung«, gab Geary zurück.

»Ich weiß. Diesmal hatten sie genügend Zeit. Aber was ist nächstes Mal?«

»Dazu werde ich es gar nicht erst kommen lassen.«

»Mögen unsere Vorfahren uns vergeben, dass wir wieder so tief gesunken sind, ganz gleich wie sehr die uns auch provoziert haben«, sprach Desjani leise.

Die Stimmung auf der Brücke war nicht ausgelassen, sondern betrübt, als sie die mit Zeitverzögerung eintreffenden Bilder sahen. Als die Bomben den Planeten erreichten, war der fünfeinhalb Lichtstunden von dem Sprungpunkt entfernt, an dem sich die Allianz-Flotte aufhielt. Das Licht der Geschehnisse war fünfeinhalb Stunden lang unterwegs gewesen, und jetzt sahen sie, wie die kinetischen Projektile in die Atmosphäre eintauchten und vom Himmel gerast kamen, um alles in Trümmer zu verwandeln – Wohnhäuser, Büros, Fabriken. Aber besaßen die Enigmas überhaupt Dinge von der Art, wie Menschen sie begriffen?

Lieutenant Iger meldete sich und erklärte ernst: »Was immer sie auch benutzen, um die Bilder verschwommen zu zeigen, es hat die Bombardierung überlebt. Wir können zwar bestätigen, dass diese Gebiete getroffen wurden, aber mehr lässt sich nicht sagen.«

»Okay.« Geary überprüfte ein letztes Mal den Status der Reparaturarbeiten. Selbst an Bord der am schlimmsten betroffenen Daring hatte man auch noch die letzten Systeme wieder zusammengeflickt, und das Schiff war einsatzbereit. »Machen wir, dass wir von hier wegkommen.«

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