In unserer Welt war Challenger nicht der Name einer Marsfähre, sondern der Raumfähre, die im Januar 1986 explodierte und die siebenköpfige Besatzung in den Tod riß. Anstatt eine Landung auf dem Mars in Angriff zu nehmen, markierte dieses Desaster den Tiefpunkt des amerikanischen Raumfahrtprogramms.
Doch es hätte auch ganz anders kommen können.
Nach dem Start von Apollo 11 im Juli 1969 forderte ein überschwenglicher Vizepräsident Spiro Agnew, >daß die USA das ebenso klare wie ehrgeizige und optimistische Ziel formulieren sollten, bis zum Ende des Jahrhunderts ein bemanntes Raumschiff zum Mars zu schicken<. Und die NASA sah sich durchaus in der Lage, dieses Ziel zu erreichen.
Wenn Amerika jemals bereit war, den Plan eines Flugs zum Mars zu verwirklichen, dann im Jahr 1969.
Doch was ging schief im Jahr 1969? Weshalb hat Präsident Nixon sich gegen die Mars-Option entschieden?
Und wie hätten Dinge sich in einem alternativen Universum entwickelt, in dem Natalie York auf dem Mars gelandet ist?
Im Februar 1969, ein paar Monate vor der ersten ApolloMondlandung, richtete die neu gewählte Regierung Nixon eine >Arbeitsgruppe Weltraum< unter dem Vorsitz von Vizepräsident Agnew ein, um Ziele für die Zeit nach Apollo zu formulieren. Die Arbeitsgruppe sollte dem Präsidenten im September berichten. (Präsident Nixons Memorandum hatte Ähnlichkeit mit dem im Roman reproduzierten Dokument -jedoch ohne den handschriftlichen Zusatz.)
Die Planung für die Raumfahrt nach Apollo trat in diesen Monaten in die entscheidende Phase. Und in dieser Phase verlor die NASA den Kampf um den Mars.
Für die Raumfahrt-Befürworter des Jahres 1969 legte die technische Logik es nahe, auf der Grundlage der Leistungen von Apollo Zug um Zug die Kolonisierung des Sonnensystems zu betreiben, Missionen zum Mars eingeschlossen. Doch die politische Logik war eine andere.
Die Apollo-Ära - in der die Anstrengungen einer halben Million Amerikaner in die Raumfahrt geflossen waren -, war aus einer Reihe besonderer Umstände geboren worden, die 1969 nicht mehr vorlagen. Schon eine Woche nach Juri Gagarins erstem Flug ins All sandte Präsident Kennedy ein Memorandum an Vizepräsident Johnson, in dem er um Optionen bat: >Haben wir die Chance, die Sowjets zu schlagen, indem wir ein Weltraumlabor einrichten, den Mond umkreisen, eine Rakete zum Mond schicken oder eine bemannte Rakete zum Mond schicken. Gibt es irgendein anderes Weltraumprogramm, das spektakuläre Ergebnisse verspricht, die uns den Sieg bringen.. .?<
Obwohl die NASA zu diesem Zeitpunkt schon einen Zeitplan für ein Mondprogramm erstellt hatte, gab es keinen Grund, unbedingt das Mondziel zu favorisieren. Vielmehr tadelte Kennedy hinter den Kulissen seine technischen Berater, weil sie keine Empfehlungen für substantiellere, für die Erde relevante Projekte wie Meerwasserentsalzungsanlagen vorlegten.
Als Kennedy nun im Jahre 1961 die berühmte Erklärung abgab, binnen eines Jahrzehnts einen Menschen zum Mond zu schicken, war das neue Programm keineswegs ein Grundstein für die methodische Erforschung des Weltraums. Kennedy reagierte damit nur auf den sowjetischen Vorsprung in der Raumfahrt und auf das Desaster in der Schweinebucht, das zu einem Ansehensverlust der Regierung geführt hatte.
Somit existierte 1969 also keine innere Logik, die in gerader Linie von Apollo zum Mars geführt hätte. Dieser Sachverhalt wurde seinerzeit offensichtlich von vielen Angehörigen der NASA übersehen. In technischer Hinsicht war Apollo
Selbstzweck - ein System, das dafür ausgelegt war, zwei Menschen zum Mond zu befördern, und genau das leistete es auch; die politischen Ziele waren genauso klar definiert - die Sowjets im Weltraum zu überholen - und wurden ebenfalls erreicht. Nachdem Apollo seinen Zweck erfüllt hatte, lagen keine Gründe mehr vor, die eine Definition neuer Ziele erfordert hätten. Zumal 1969 keine Bedrohung wahrgenommen wurde, die einem neuen Programm die notwendige politische Unterstützung gesichert hätte.
Dennoch hatte die NASA zwischen 1961 und 1968 in sechzig Studien die technische Durchführbarkeit einer Mars-Mission geprüft. Deshalb war es für die Visionäre ein Schlag ins Kontor, als die Bilder, welche die frühen Mariner-Sonden vom Mars zur Erde sandten, nur eine öde, mondähnliche Kraterlandschaft zeigten. Die wissenschaftliche Begründung für einen Marsflug wurde dadurch zwar nicht tangiert, doch als Kolonialwelt war der Mars nicht geeignet. Das hatte für die NASA zur Folge, daß manche Programme gestreckt und andere gestrichen wurden.
Erschwerend kam hinzu, daß während der Apollo-Periode die NASA die Langfristplanung vernachlässigte und deshalb schlecht auf 1969 vorbereitet war.
Allerdings war das eine bewußte Politik von James Webb, dem NASA-Direktor von 1961 bis 1968. Webb war nämlich der Ansicht, daß der Erfolg von Apollo das Selbstbewußtsein der Bevölkerung der USA stärken und daß auch nur der geringste Hinweis auf die Planung eines ebenso langfristigen wie kostspieligen Mars-Programms die NASA des Quentchens Kraft berauben würde, die sie für die Durchführung von Apollo brauchte.
Schon 1966 geriet der NASA-Etat unter Druck.
Am 16. September 1968 trat Webb zurück, nachdem er sich mit Johnson wegen der letzten Kürzungen überworfen hatte.
Als die >Arbeitsgruppe Weltraum< die Arbeit aufnahm, waren nur die Finanzierung der Apollo-Mondlandungen sowie eines Anschlußprogramms für die Apollo-Anwendung gesichert.
Präsident Nixon war an sich kein Gegner der Raumfahrt. Doch war die neue Regierung nicht imstande, mit Blick auf den andauernden Vietnamkrieg große Summen in die Raumfahrt zu investieren. Davon wurde der neue NASA-Direktor Thomas O. Paine in Kenntnis gesetzt, während er mit Nixon zu der Stelle flog, wo Apollo 11 gewassert war.
In Anbetracht derart deutlicher Signale taktierte die NASA unter Paine politisch äußerst ungeschickt.
Schon in der Vorlage an die >Arbeitsgruppe Weltraum< klagte die NASA solch hehre Ziele ein wie >Kommonalität<23, >Wiederverwendbarkeit< und >Wirtschaftlichkeit< - das Programm, mit dem die NASA liebäugelte, war ausbaufähig und teuer und umfaßte eine Raumstation, eine bemannte MarsMission, eine neue Generation automatisierter Raumschiffe sowie Forschungs- und Technik-Programme. Diese Taktik war kontraproduktiv. Selbst Befürworter bescheidenerer Programme, für die der Weg - sprich der Flug zum Mars - das Ziel war, gingen auf Distanz.
Als die NASA dann noch versuchte, den Nutzen staatlich geförderter Forschung und Entwicklung hervorzuheben, trat sie in den nächsten Fettnapf. Es bestand kein Zweifel daran, daß die NASA ein erstaunlicher Erfolg war - als technokratische Übung in Managementwissenschaften und Projektsteuerung. Zumal nur ein Fünftel der Rede, die Kennedy 1961 gehalten hatte, der Raumfahrt gewidmet war: Kennedy hatte das
Raumfahrtprogramm nämlich als Teil einer umfassenden technokratischen Lösung für diagnostizierte Bedrohungen und Probleme betrachtet - Bekämpfung der Armut im eigenen Land, Eindämmung der kommunistischen Expansion, Hilfe für die Dritte Welt.
1969 stand bereits fest, daß die Technokratie bei der Verwirklichung der großen Ziele versagt hatte. Profitiert hatte allein der Machtkomplex des technokratischen Staats. Nixon schien die antitechnokratische Grundströmung seiner Zeit zu spüren, und er erkannte auch, daß die Technokratie im Widerspruch zu Amerikas älterer, Jefferson’scher Tradition stand, die Politik auf kommunaler Ebene sowie demokratische Mitsprache favorisierte.
Im Verlauf des Jahres 1969 wurden auch die Mittel für NERVA gekürzt, das Forschungsprogramm für nukleare Raketen, an dem man seit 1957 in Nevada arbeitete. Obwohl die Versuchsstation in Nevada erst 1972 geschlossen werden sollte, machten die Einschnitte im Jahr 1969 bereits alle Hoffnungen auf die Flugerprobung einer nuklearen Rakete zunichte. Ohne NERVA, die als Grundvoraussetzung für eine Mars-Expedition betrachtet wurde, war die Schlacht um den Mars verloren. (Im Roman gelingt NASA-Managern es, diese Kürzungen zu verhindern.)
Vor diesem Hintergrund - und ohne einen starken und engagierten Fürsprecher, dessen Rolle Jack Kennedy im Roman übernahm -, war die Weltraumbehörde bald gezwungen, ihre ehrgeizigen Vorschläge zu den Akten zu legen. Im Manuskript des Berichts, den die NASA im April 1969 für die Arbeitsgruppe Weltraums abfaßte, klang das dann so: >Wir empfehlen, daß die USA sich auf eine bemannte MarsExpedition zu einem frühen Termin vorbereiten.< In der veröffentlichten Version war der Satz dann dergestalt
verwässert worden: >Bemannte Expeditionen zum Mars
könnten 1981 beginnen< (Hervorhebung von mir).
Mit Agnew gab es sogar im Weißen Haus einen Befürworter der Mars-Mission - auch wenn er ausgebuht wurde, als er das Projekt der Öffentlichkeit präsentierte. Der Berater des Weißen Hauses, John Ehrlichman, sagte später, daß es ihm nicht gelungen sei, Agnew davon abzubringen, eine Landung im Jahr 1981 auf die Liste der Empfehlungen der Arbeitsgruppe Weltraums zu setzen, obwohl damals schon feststand, daß die Mars-Mission mit den Budget-Prioritäten der Regierung Nixon kollidierte. Agnew bestand dennoch darauf, die Angelegenheit mit Nixon zu diskutieren. Es ist nicht überliefert, was Nixon zu Agnew sagte, doch nach einer Viertelstunde rief Agnew Ehrlichman an und erklärte ihm, daß die Mars-Mission von der Liste der >Empfehlungen< in eine andere Kategorie überführt würde, die unter >Technisch machbar< firmierte.
Die Vorschläge des Berichts der >Arbeitsgruppe Weltraum<, der dem Präsidenten im September 1969 vorgelegt wurde, entsprechen weitgehend den jeweiligen Inhalten des Romans.
Die >Arbeitsgruppe Weltraum< schlug eine Reihe von Elementen vor: eine Raumfähre, Raumstation-Modul e, einen Weltraumschlepper, nukleare Raumfähren und ein Mars-Exkursions-Modul (MEM). Die Vielzweck-Module konnten für eine Reihe von Missionsprofilen konfiguriert werden; nur das MEM wäre marsspezifisch gewesen.
Die früheste Mars-Mission wäre am 12. November 1981 von der Erde gestartet. Bestanden hätte sie aus zwei Schiffen mit Nuklearantrieb, die jeweils eine Besatzung von sechs Mann gehabt hätten. Die Expedition hätte am 14. August 1983 zurückkehren sollen, wobei die Astronauten von Raumfähren zur Erde zurückgebracht worden wären.
Eine Reihe von Finanzierungsvorschlägen wurde vorgelegt, die von einem >Sprint< zum Mars im Jahr 1982 bis zu einer
Minimallösung reichten, wonach alle bemannten Flüge nach Apollo gestrichen werden sollten. Drei zentrale Optionen wurden präsentiert: Option I umfaßte eine Marslandung 1984 mit einem Kostenmaximum von neun Milliarden Dollar pro Jahr. Option II umfaßte eine Marslandung 1986 mit einem Kostenmaximum von acht Milliarden Dollar pro Jahr, und Option III nannte keinen festen Termin bei fünf Milliarden Dollar pro Jahr.
Die Vorschläge der Arbeitsgruppe sahen die Möglichkeit einer kontinuierlichen Revision der Programme vor, während Entscheidungen über ehrgeizigere Programme - wie der Mars - verschoben werden konnten.
In Anbetracht der massiven Lobbyarbeit der Luft- und Raumfahrtindustrie wurde erwartet, daß wenigstens ein paar Elemente dieser Vision überlebten. Doch die Öffentlichkeit und die Politik reagierten unverzüglich - und die Reaktion war negativ.
Während die NASA noch auf Nixons offizielle Antwort auf den Vorschlag der >Arbeitsgruppe Weltraum< wartete, geriet die Weltraumbehörde bei der Aufstellung der Etats für das Haushaltsjahr 1971 erneut in Bedrängnis.
Der von weiteren Kürzungen bedrohte Paine bemühte sich, Prioritäten zu setzen. Eine Skylab-Station und das Apollo-Sojus-Test-Projekt (ASTP) waren die einzigen Überlebenden des Apollo-Anwendungs-Programms. Apollo 20 fiel weg, um eine Saturn V für Skylab freizumachen. Die verbleibenden Apollo-Missionen, 13 bis 16, sollten so gestreckt werden, daß zwei Missionen im Anschluß nach Skylab folgten. Für ein Mondprogramm nach Apollo gab es keine Perspektive. Viking wurde auf 1975 verschoben.
Im Januar legte Nixon Paine die Ergebnisse einer Meinungsumfrage vor, wonach 56 % aller Amerikaner der Ansicht wären, die Kosten für Apollo seien zu hoch. Nixon brachte sein Bedauern wegen der Kürzungen zum Ausdruck, doch für ein teures Raumfahrtprogramm fehlten einfach die Mittel. Paine verlangte jedoch vom Präsidenten, sich nachhaltiger für die Belange der NASA einzusetzen, was zu schweren Verstimmungen zwischen beiden führte. Mitarbeiter des Weißen Hauses gelangten daher zu folgendem Schluß: >Wir brauchen einen neuen Direktor, der dem Größenwahn der NASA Einhalt gebietet. jemanden, der mit uns anstatt gegen uns arbeitet und. das Programm so gestaltet, daß es dem Präsidenten zum Vorteil und nicht zum Nachteil gereicht.<
Im März 1970 genehmigte Nixon offiziell die dritte und kostengünstigste Option der >Arbeitsgruppe Weltraum<. Er formulierte es vorsichtig: >Wo die ganze Zukunft und das ganze Universum noch vor uns liegen. sollten wir nicht zuviel auf einmal verlangen. Bei der Erschließung des Weltraums müssen wir kühn, aber auch überlegt handeln.< Nixon gab sechs spezifische Ziele vor: die verbleibenden Apollo-Missionen, Skylab, eine stärkere internationale Zusammenarbeit in der Raumfahrt (insbesondere ASTP), die Reduzierung der Kosten von Weltraumoperationen (Space Shuttle-Studien), die beschleunigte praktische Anwendung der Weltraum-Technik sowie unbemannte planetare Erforschung. Nixon erwähnte dabei ein großes, aber langfristiges Ziel, das wir im Auge behalten sollten. um schließlich Menschen zum Planeten Mars zu schicken (Hervorhebung von mir). Nixon distanzierte die NASA in organisatorischer Hinsicht von der Apollo-Vergangenheit: >Wir müssen die Weltraum-Aktivitäten als Teil eines kontinuierlichen Prozesses begreifen. und nicht als eine Abfolge einzelner Sprünge, von denen ein jeder eine massive Konzentration an Energie und Willen erfordert und der in kürzester Zeit erfolgen muß.<
In diesem Stadium hatte die NASA den Kampf um den Mars bereits verloren, und Nixon hatte sich (zunächst einmal) für das
Space Shuttle entschieden. In dieser ebenso kurzen wie wichtigen Rede faßte Nixon praktisch die amerikanische Weltraum-Politik für die siebziger Jahre zusammen.
In der Zeitlinie von Mission Ares nimmt Nixon diesen Erlaß noch vor der Veröffentlichung zurück; an dieser Wegscheide nimmt die Geschichte dann einen ganz anderen Verlauf.
Auch nach Nixons Erwiderung auf den Bericht der >Arbeitsgruppe Weltraum< war die Zukunft der bemannten Raumfahrt der USA noch lange nicht gesichert. Um Rücklagen für zukünftige Programme zu bilden, strich Paine am 2. September 1970 zwei weitere Apollo-Missionen. Doch Paine war bei der Regierung Nixon in Ungnade gefallen und trat am 15. September zurück.
Kritiker im Kongreß indes forderten weitere Kürzungen des NASA-Etats. Das bekannte Konzept der teilweise wiederverwendbaren Raumfähre wurde aus der Notwendigkeit geboren, die Entwicklungskosten zu halbieren. Doch nicht einmal das stellte die Kritiker zufrieden. Im November 1971 übersandte der neue NASA-Direktor James Fletcher dem Präsidenten ein geharnischtes Memorandum, in dem er ihn darauf hinwies, daß die USA es sich nicht leisten könnten, ganz auf die bemannte Raumfahrt zu verzichten, daß die Raumfähre das einzige sinnvolle Programm sei, das mit dem bescheidenen Etat verwirklicht werden könne und daß die Luft- und Raumfahrtindustrie schwer darunter leiden würde, wenn die Raumfähre nicht startete.
Doch wußte Fletcher zu diesem Zeitpunkt noch nicht, daß die NASA mit Caspar Weinberger einen mächtigen Verbündeten innerhalb der Regierung gefunden hatte. Weinberger hatte in seiner Eigenschaft als Stellvertretender Leiter des Verwaltungs- und Haushaltsausschusses Nixon am 12. August 1971 einen Brief geschrieben, in dem er sich für die Raumfähre (nicht für ein Mars-Programm!) aussprach. Der NASA-Etat war nach wie vor von Kürzungen bedroht, und nur aus dem Grund, weil es dort etwas zu kürzen gab, sagte Weinberger. Weitere Einschnitte im NASA-Etat würden nur bestätigen, daß unsere besten Jahre vorbei seien, daß wir den Rückzug antreten, die Verteidigungsanstrengungen reduzieren und uns freiwillig des Status als Supermacht und Nummer Eins in der Welt begeben. Nixon fügte in einem handschriftlichen Zusatz auf dem Memo hinzu, >Ich stimme Cap zu.<
Im Dezember erfuhr Fletcher, daß Nixon grundsätzlich bereit war, die Raumfähre weiterhin zu unterstützen. Die für diese Entscheidung ausschlaggebenden Faktoren waren Weinbergers und Fletchers Memos, der Umstand, daß ohnehin schon so viele HighTech-Programme gestrichen worden waren und - in Anbetracht der Entscheidung, das Hyperschall-TransportProjekt (SST) zu streichen -, der Wunsch, ein neues Raumfahrtprogramm aufzulegen, um im Wahljahr 1972 die Arbeitslosigkeit im Zaum zu halten.
Am 5. Januar 1972 verkündete Nixon die Entscheidung, mit der Entwicklung eines >völlig neuen Typs eines WeltraumTransportsystems fortzufahren, das dazu dienen soll, das unbekannte Weltall der siebziger Jahre in vertrautes Terrain zu verwandeln, das in den achtziger und neunziger Jahren für die Erschließung durch die Menschheit bereit ist.<
So endete der mühsame Prozeß der Entscheidungsfindung für die Zeit nach Apollo. Im Januar 1972 initiierte Nixon das Space Shuttle-Projekt anstelle des Mars-Programms.
Der Mars war verloren. Doch auch die Raumfähre hatte auf der Kippe gestanden - der traurige Rest der großen Vision der >Arbeitsgruppe Weltraum< -, und mit ihr das bemannte Raumfahrtprogramm der Vereinigten Staaten.
Dadurch, daß in Mission Ares Präsident Kennedy das Attentat des Jahres 1963 überlebte, hat die Geschichte einen Weg beschritten, der von unserer Trajektorie abwich: langsam zwar, aber doch weit genug, daß am Ende das amerikanische Raumfahrtprogramm auf den Mars zielte. Die Stationen der Entscheidungsfindung, die in Mission Ares nachgezeichnet werden, weisen enge Parallelen zu den Ereignissen in unserer Welt auf. Es hätte - mit einer kleinen Ausnahme - so ablaufen können.
Doch selbst wenn man sich 1969 für den Mars entschieden hätte, wäre es unbedingt erforderlich gewesen, eine politische Koalition für das Mars-Programm zu schmieden, die dann über Jahre oder Jahrzehnte hätte aufrechterhalten werden müssen -eine Periode, in der ständig das Damokles-Schwert der Etatkürzungen über der NASA geschwebt hätte. Um den Mars zu erreichen, hätte es für die NASA eines Fred Michaels’ bedurft: eines zweiten Webbs - keines zweiten Paines.
Zumal ein Mars-Programm im Stil von Apollo in vielerlei Hinsicht Segen und Fluch zugleich gewesen wäre.
Wie Nixon schon gesagt hatte: falls das Mars-Programm realisiert worden wäre, hätte die NASA sich weiterhin als >heroische< Behörde profilieren können, anstatt die organisatorische Reife zu erlangen, die der jetzige NASA-Direktor Dan Goldin noch immer anstrebt. In wissenschaftlicher Hinsicht hat Apollo in den sechziger Jahren andere Weltraumprogramme dominiert - oft zu deren Nachteil. Die Programme >Lunar Orbiter< und >Surveyor< wurden zu Kartographen für Apollo degradiert. Falls das Mars-Programm doch aufgelegt worden wäre, hätte Viking vielleicht ein ähnliches Schicksal erlitten, und die Finanzierung von Programmen, die nicht im Zusammenhang mit dem MarsProjekt standen - wie die unbemannte Erforschung der äußeren Planeten -, wäre erst recht gefährdet gewesen.
Andererseits wurden durch die Aufgabe des Mars-Projekts und anderer großer Pläne der NASA keine Mittel für andere Projekte frei; das Geld wurde schlicht und einfach nicht bereitgestellt. Wenn ein Mars-Programm durchgeführt worden wäre, hätte es gewiß viele positive Nebeneffekte gehabt: so hätten die USA zum Beispiel Erfahrung in der orbitalen Montage und bei Langfrist-Missionen gesammelt.
Nicht zuletzt bedauern wir, daß wir das Schauspiel verpaßt haben, das Natalie York uns geboten hätte, wenn sie 1986 in Mangala Vallis auf dem Mars spazierengegangen wäre.
Stephen Baxter
flßES-AlSSIOnSPPOfIL
Missions-Zeitplan | |
Hinflug | 368 Tage |
Aufenthalt | 30 Tage |
Rückflug | 196 Tage |
Gesamt | 594 Tage |
8. September 1985 Rückkehr zur Erde •' *V _ 6. November 1986
Abstoßen des Mars-Exkursionsmoduls Repositionierung der Kommandokapsel und der Betriebsund Versorgungseinheit Transposition des Missionsmoduls
Abtrennung und Wiedereintritt der Kommandokapsel und der Betriebs- und Versorgungseinheit
Spiro Agnew, unter Nixon Vizepräsident der USA. - Anm. d. Übers.
Walter Cronkite, ein prominenter Nachrichtensprecher der USA - Anm. d. Übers.
Lyndon Baines Johnson, Vorgänger von Nixon - Anm. d. Übers.
Direktor der NASA - Anm. d. Übers.
nach Mare Tranquilitatis auf dem Mond - Anm. d. Übers.
TCM: Trajectory Correction Maneuver = Flugbahn-Korrekturmanöver
MEM: Mars Excursion Module = Mars-Landefähre
LEM: Lunar Excursion Module = Mond-Landefähre
LEO: Low Earth Orbit = Niedrige Erdumlaufbahn
TOTE-Einheit (Konstruktionslehre): Veränderungs- und Prüfprozeß -
Anm. d. Übers.
MIT = Massachusetts Institute of Technology - Anm. d. Übers.
ECLSS = Enviroment Control and Life Support System: Umweltüberwachungs- und Lebenserhaltungs-System
MET = Modular Equipment Transporter: Modularer AusrüstungsTransporter
EVA = Extra Vehicular Activities: Aufenthalt/Tätigkeit außerhalb des Fahrzeugs
SEP = Surface Experimental Package: Oberflächen-Experimental-Paket
CELSS = Controlled Enviroment Life Support System: Umweltüber-wachungs- und Lebenserhaltungssystem
ISPP = In Situ Propellant Production: Treibstoffherstellung vor Ort
MOI = Mars Orbital Injection: Einschießen in eine Marsumlaufbahn
DOI = Descent Orbit Insertion: Einlenken in eine Abstiegsbahn
MSOB = Manned Spacecraft Operation Building: Gebäude für Operationen der Bemannten Raumfahrt
VAB = Vehicle Assembly Building: Fahrzeug-Montagegebäude
HUT = Hard Upper Torso
Verwendung von gleichen Bauteilen bei verschiedenen Modellen - Anm. d. Übers.