ANMERKUNG DES AUTORS

Nicholas und Perenelle Flamel haben tatsächlich gelebt. Dr. John Dee ebenfalls. Mit Ausnahme der Zwillinge fußen tatsächlich alle Figuren in Der unsterbliche Alchemyst auf historischen Persönlichkeiten oder mythologischen Wesen.

Ganz am Anfang, als mir die Idee zu meinem Buchprojekt kam, dachte ich noch, mein Held müsse Dr. John Dee sein.

John Dee hat mich schon immer fasziniert. Zur Zeit von Königin Elisabeth I. – einer so wichtigen, prägenden Epoche – war er eine herausragende Persönlichkeit. Dee zählte zu den genialsten Männern der damaligen Zeit, und alles, was in meinem Roman über sein Leben erzählt wird, ist geschichtlich verbürgt. Er war Alchemist, Mathematiker, Geograf, Astronom und Astrologe. Er legte das Datum für die Krönung von Königin Elisabeth fest, und als er Teil ihres Spionagenetzwerks war, unterzeichnete er seine verschlüsselten Nachrichten tatsächlich mit »007«. Die beiden Nullen standen für die Augen der Königin, und das, was aussah wie eine 7, war Dees persönliches Kürzel. Gewisse Anhaltspunkte lassen darauf schließen, dass Dee das Vorbild für Shakespeares Prospero war, der Hauptfigur in seinem Drama Der Sturm.

Die Idee, eine Buchreihe zu entwickeln, die einen Alchemisten zur Hauptperson haben würde, hatte sich über mehrere Jahre in meinem Kopf verfestigt, und ich hatte bereits ganze Stapel von Notizbüchern mit Entwürfen gefüllt. Es schien irgendwie logisch, dass es Dees Reihe werden sollte. Während ich andere Bücher schrieb, kam ich immer wieder auf diese Idee zurück, fügte neues Material hinzu, verflocht die Legenden der Welt miteinander und schuf so den komplexen Hintergrund für die einzelnen Bände. Ich erkundete die Schauplätze, besuchte sie immer wieder und fotografierte alles, was ich in der Reihe beschreiben und verwenden wollte.

Jede Geschichte beginnt mit einer Idee, aber erst die Figuren – die nach und nach lebendig werdenden Figuren – treiben diese Idee voran. Die Zwillinge sind mir als Erstes eingefallen. Es ging in meiner Geschichte immer um einen Jungen und ein Mädchen und in der Mythologie sind Zwillinge stets etwas ganz Besonderes. So ziemlich jedes Volk und jede Überlieferung kennt eine Zwillingsgeschichte. Als meine Geschichte weiter Form annahm, kamen die Nebenrollen dazu: Scathach und die Morrigan und später Hekate und die Hexe von Endor. Aber ich hatte den Helden noch nicht gefunden – den Mentor und Lehrer der Zwillinge. Dr. John Dee war als Romanfigur zwar wunderbar, aber für meinen speziellen Zweck einfach nicht der Richtige.

Dann hatte ich im Spätherbst 2000 geschäftlich in Paris zu tun. Sich in Paris zu verirren, ist fast ein Kunststück, wenn man weiß, wo die Seine ist, denn man sieht für gewöhnlich immer eines oder mehrere der berühmten Wahrzeichen der Stadt wie den Eiffelturm, die Kirchen Sacré Cœur oder Nôtre Dame – aber ich habe es irgendwie geschafft. Ich war in der Kathedrale von Nôtre Dame gewesen, hatte auf der Pont d’Arcole die Seine überquert und war in Richtung Centre Pompidou gegangen … Und irgendwo zwischen dem Boulevard de Sebastopol und der Rue Beaubourg verirrte ich mich. Ich war nicht völlig orientierungslos, so ungefähr wusste ich noch, wo ich mich befand, aber es wurde langsam Nacht. Ich bog von der Rue Beaubourg in die schmale Rue du Montmorency ein, und als ich hochschaute, stand ich genau unter einem Schild mit der Aufschrift Auberge Nicholas Flamel. Es war das Haus, in dem Nicholas Flamel und seine Frau einst gewohnt hatten, und eine Tafel erklärte, dass es aus dem Jahr 1407 stammte und somit eines der ältesten Häuser von Paris war.

Ich ging hinein und stand in einem reizenden Restaurant, wo ich zu Abend aß. Es war ein seltsames Gefühl, in demselben Raum zu sitzen, in dem der legendäre Nicholas Flamel gelebt und gearbeitet hatte. Die freiliegenden Deckenbalken sahen aus, als stammten sie noch aus dem ursprünglich errichteten Gebäude – was bedeutet hätte, dass auch Nicholas Flamel sie gesehen hätte. Im Keller unter mir hätten er und Perenelle ihre Lebensmittelvorräte und den Wein gelagert, und ihr Schlafzimmer wäre in dem kleinen Raum direkt über mir gewesen.

Ich wusste damals schon eine ganze Menge über den berühmten Nicholas Flamel. Dee, der eine der größten Bibliotheken Englands sein Eigen nannte, besaß Flamels Bücher und hatte sie aller Wahrscheinlichkeit nach aufmerksam gelesen.

Nicholas Flamel war einer der berühmtesten Alchemisten seiner Zeit. Die Alchemie ist eine eigenwillige Mischung aus Chemie, Botanik, Medizin, Astronomie und Astrologie. Sie hat eine lange und bedeutsame Geschichte, wurde im alten Griechenland und in China studiert, und es heißt, dass sie die Grundlage der modernen Chemie bildet. Genau wie bei Dee entsprechen auch sämtliche in Der unsterbliche Alchemyst genannten Lebensdaten von Nicholas Flamel den Tatsachen. Wir wissen eine ganze Menge über ihn, da nicht nur seine eigenen Werke noch existieren, sondern zu seinen Lebzeiten auch viel über ihn geschrieben wurde.

Flamel wurde 1330 geboren und hielt sich als Buchhändler und Schreiber über Wasser, indem er für Kunden Briefe schrieb und Bücher kopierte. Eines Tages kaufte er ein ganz besonderes Buch: Abrahams Buch der Magie. Auch dieses Werk hat es wirklich gegeben, und Nicholas Flamel hat uns eine sehr detaillierte Beschreibung des kupferbeschlagenen Bandes hinterlassen, der auf einem rindenähnlichen Papier geschrieben war.

In Begleitung von Perenelle reiste Flamel über zwanzig Jahre lang quer durch Europa und versuchte, die seltsame Sprache zu entschlüsseln, in der das Buch verfasst war.

Niemand weiß, was Nicholas Flamel auf dieser Reise erlebte. Belegt ist, dass er, als er Ende des 14. Jahrhunderts nach Paris zurückkehrte, außerordentlich reich war. Rasch verbreitete sich das Gerücht, er habe in Abrahams Buch die beiden großen Geheimnisse der Alchemie entdeckt: wie man den Stein der Weisen herstellt, der gewöhnliches Metall in Gold verwandeln kann, und wie man den Tod überwinden und unsterblich werden kann. Weder Nicholas noch Perenelle wollten die Gerüchte bestätigen, aber sie gaben auch nie eine Erklärung dafür ab, wie sie zu ihrem enormen Reichtum gekommen waren.

Nicholas und Perenelle lebten dennoch weiterhin bescheiden und gaben einen Großteil ihres Geldes für wohltätige Zwecke aus. Sie gründeten Krankenhäuser und Waisenhäuser und ließen Kirchen bauen.

Aus Überlieferungen geht hervor, dass Perenelle zuerst starb. Kurz darauf, im Jahr 1418, wird der Tod von Nicholas Flamel vermerkt. Sein Haus wurde verkauft und die Käufer nahmen es auf der Suche nach seinem immensen Reichtum praktisch auseinander. Es wurde nie ein Geldschatz gefunden.

Eines Nachts wurde das Grab der Flamels geschändet, und man entdeckte – dass es leer war. Waren sie an einem geheimen Ort begraben worden oder etwa gar nicht gestorben? Die Gerüchteküche in Paris brodelte – und die Legende von den unsterblichen Flamels wurde geboren.

In den Jahren darauf will man die Flamels in ganz Europa gesehen haben.



Als ich die Auberge Nicholas Flamel an diesem Abend verließ, schaute ich mir das Haus noch einmal an. 600 Jahre zuvor lebte und arbeitete hier einer der berühmtesten Alchemisten der Welt, ein Mann, der sich der Wissenschaft verschrieben hatte, der ein riesiges Vermögen gemacht und es wieder weggegeben hatte und dessen Haus von der dankbaren Pariser Bevölkerung instand gehalten wurde. Sogar Straßen wurden nach ihm und seiner Frau benannt (die Rue Nicholas Flamel und die Rue Perenelle im 4. Arrondissement).

Ein Unsterblicher.


Und in diesem Augenblick wusste ich, dass der Mentor der Zwillinge nicht Dee sein konnte. Sophie und Josh würden von Nicholas und Perenelle ausgebildet werden. Als ich an diesem feuchten Herbstabend vor dem Haus der Flamels stand, fanden sich alle Teile des Buches zusammen, und die Geheimnisse des unsterblichen Nicholas Flamel nahmen Gestalt an.


Vordereingang zur Auberge Nicholas Flamel in der Rue du Montmorency in Paris

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