Sie machten Feuer, kochten Kaffee und etwas zu essen und verzehrten es am Feuer hockend. Der Mond ging auf, die Sterne funkelten, und die Nacht war einsam.
Lansing hielt seinen Becher in beiden Händen, nippte von Zeit zu Zeit und dachte an Chaos und an Jürgens, besonders an Jürgens. Hatte es wirklich keine Möglichkeit gegeben, den Roboter zu retten, fragte er sich. Hätte es nicht doch einen Weg gegeben, wenn er nur schnell genug reagiert hätte? Vielleicht hätte er seinen Freund noch erreichen und auf sicheren Grund zerren können? Aber Lansing wußte keine Antwort auf diese Frage, wußte nicht, wie er sich hätte verhalten sollen. Dennoch konnte er sich nicht dagegen wehren, daß sich ein Schuldgefühl seiner bemächtigte und ihn zu quälen begann: Er war dabeigewesen, als Jürgens verunglückte, und sicherlich hätte er irgend etwas dagegen unternehmen können. Er hatte sich natürlich Mühe gegeben, er hatte sich auf den unsicheren Hang gewagt, aber das war eben nicht das richtige gewesen. Es hatte nicht gereicht. Er hatte versucht, Jürgens zu helfen, und war gescheitert. Und Scheitern war mit Schuld schon nahe verwandt.
Was war mit Jürgens geschehen? Wohin war er gegangen, wo mochte er jetzt sein? Er, Lansing, hatte auch in diesem Punkt versagt, hatte nicht beobachtet, wohin sein Freund verschwunden war, hatte ihm diesen letzten Freundschaftsdienst verweigert! Er war damals zu emsig darauf bedacht gewesen, sein eigenes Leben zu retten. Und doch, er hätte verfolgen sollen, was mit dem Roboter geschah. Es schien, als sollte die Schuld niemals enden, dachte Lansing bitter. Wie ein Mensch sich auch verhalten mochte, er lud doch immer Schuld auf sich.
Die Vermutung lag nahe, daß Jürgens keine Möglichkeit gehabt hatte, seinen Sturz zu bremsen oder abzufangen. Er war also den Abhang hinuntergerutscht bis zu dem Punkt, wo der Sand in den donnernden schwarzen Vorhang von Chaos mündete (was immer Chaos auch sein mochte). Und was war danach geschehen? Wie lauteten Jürgens' letzte Worte? Das Ende aller Dinge. Dort versinkt das Universum, von der Schwärze verschlungen. Hatte Jürgens etwas gewußt, oder hatte er nur so dahergeredet? Lansing würde es niemals erfahren.
Es war schon sonderbar, dachte Lansing, auf welche Weise die einzelnen Gruppenmitglieder verschwunden waren. Der Pastor war durch eine Tür gegangen. Der General war von der Apparatur, die leise vor sich hin sang, übernommen (mitgenommen?) worden. Sandra war von dem singenden Turm ausgesaugt worden. Jürgens war ins Chaos gerutscht. Und Mary - Mary war fortgegangen. Aber bis jetzt war Mary noch nicht verschwunden, jedenfalls nicht auf die Weise wie die anderen. Für Mary gab es immer noch Hoffnung.
»Lansing, was ist mit Ihnen los?« fragte Jorgenson unvermittelt. »Sie wirken so gedankenverloren.« »Ich habe darüber nachgedacht, was wir morgen unternehmen sollen«, sagte Lansing.
Das war zwar gelogen, aber eine Antwort, die Jorgenson zufriedenstellen würde.
»Ich dachte, wir gehen zur Stadt zurück«, sagte Jorgenson, »das haben Sie doch selbst vorgeschlagen.«
»Sie wollen mich begleiten?« fragte Lansing.
»Ich will nicht in die Stadt«, schrie Melissa. »Ich bin schon einmal dort gewesen und.«
»Sie wollen nicht in die Stadt, und Sie wollen nicht nach Norden«, sagte Jorgenson. »Langsam bleiben Ihnen kaum noch Möglichkeiten zur Auswahl. Wenn Sie noch lange so weitermachen, dann ziehe ich ohne Sie weiter, bei Gott, das verspreche ich Ihnen. Ständig jammern und zetern Sie herum.« »Ich glaube, wir könnten Zeit sparen, wenn wir querfeldein marschieren«, sagte Lansing. »Was meinen Sie mit querfeldein?«
»Schauen Sie«, sagte Lansing. Er setzte die Kaffeetasse ab und glättete mit der Hand den Boden. Dann begann er, mit dem Zeigefinger eine Landkarte zu zeichnen. »Als wir die Stadt verlassen haben, sind wir dem Pfad durch die Badlands gefolgt. Wir sind im großen und ganzen nach Norden gezogen, ein paar Grad West vielleicht. Danach aber, vom Gasthaus zum Turm, sind wir direkt nach Westen gewandert. Es kommt mir so vor, als müßte es einen kürzeren Weg geben.«
Lansing hatte eine Linie gezeichnet, die den Weg durch die Badlands darstellen sollte, und eine zweite, fast im rechten Winkel dazu, die die Strecke vom Gasthaus zum Turm wiedergab. Jetzt verband er Turm und Stadt durch eine dritte. »Wenn wir so gehen«, sagte er, »haben wir eine kürzere Strecke zurückzulegen. Ein Dreieck, sehen Sie? Anstatt an den Schenkeln entlangzuwandern, sollten wir lieber der Basis folgen. Direkt nach Südosten.« »Aber dann müssen wir durch unbekanntes Gebiet gehen«, protestierte Jorgenson. Wir könnten uns in den Badlands verirren.
»Die Himmelsrichtung können wir mit dem Kompaß bestimmen«, erwiderte Lansing. »Außerdem ist es gut möglich, daß wir gar nicht durch die Badlands kommen. Vielleicht erstrecken sie sich nicht so weit nach Westen. Es wäre der kürzere Weg!«
»Ich weiß nicht«, sagte Jorgenson.
»Aber ich. Es ist der Weg, den ich nehmen werde. Wollen Sie mitkommen?«
Jorgenson zögerte lange, ehe er antwortete: »Ja, wir kommen mit.«
In aller Frühe brachen sie am nächsten Morgen auf. Nach ungefähr einer Stunde überquerten sie den Fluß, der sich zwei oder drei Kilometer stromabwärts mit dem Badlands-Fluß vereinigte. Sie fanden eine seichte Furt, so daß sie kaum naß wurden. Der Charakter der Landschaft änderte sich allmählich. Vom Fluß aus stieg das Land sanft an. Langgezogene Hügelketten erstreckten sich parallel zum Fluß, und jede Hügelkette war höher als die vorausgegangene. Nach und nach verlor die Landschaft den kargen, wüstenartigen Charakter, die Sandstriche wurden seltener, Grasstreifen häufiger. Bäume tauchten auf, und nach jedem Höhenzug wurden sie größer und zahlreicher. In manchen Tälern bahnten sich winzige Bächlein mit klarem, sprudelndem Wasser ihren Weg durch das Geröll. Gegen Ende des Tages erklommen sie einen Höhenzug, der deutlich höher war als alle vorhergehenden. Vor den Wanderern erstreckte sich ein Tal, viel größer und saftiger als die anderen, die sie durchquert hatten. Es war eine grüne Senke mit üppigem Baumbestand, und tief unten sahen sie einen Fluß von respektabler Größe. In einiger Entfernung, gegen Westen hin, kräuselten sich dünne Rauchfahnen zum Himmel empor. »Menschen!« rief Jorgenson. »Da unten müssen Menschen sein.«
Er wollte vorauseilen, aber Lansing hielt ihn fest.
»Was ist los?« fragte Jorgenson.
»Wir werden nicht losrennen.«
»Aber ich sage Ihnen, dort sind Menschen.«
»Das glaube ich auch. Trotzdem werden wir nicht losrennen. Und anschleichen werden wir uns auch nicht. Sie sollen sehen, daß wir hier sind, und die Möglichkeit haben, uns in Ruhe zu beobachten.«
»Sie wissen wohl über alles Bescheid«, sagte Jorgenson höhnisch.
»Über alles nicht«, erwiderte Lansing, »nur über angemessenes Verhalten. Entweder wir geben ihnen die Chance, uns zu begutachten, oder wir schleichen in weitem Bogen um das Lager herum.«
»Ich finde, wir sollten hingehen«, sagte Melissa. »Vielleicht ist Mary dort. Oder jemand, der etwas über sie weiß!« »Das halte ich für unwahrscheinlich«, sagte Lansing. »Ich bin fest davon überzeugt, daß sie zur Stadt zurückgegangen ist. Sie hatte gar keine Gelegenheit, hier vorbeizukommen.« »Wir werden hingehen«, sagte Jorgenson mit einem feindseligen Klang in der Stimme. »Vielleicht ist dort unten jemand, der weiß, was hier eigentlich gespielt wird. Die ersten Informationen, seit wir diese Welt betreten haben.« »Also gut«, sagte Lansing, »wir gehen zu ihnen.« Sie stiegen den Hügel hinab, bis sie das Tal erreichten, und näherten sich langsam dem Rauch. Irgend jemand mußte sie gesehen haben, denn man rief ihnen eine Warnung zu. Die drei blieben abwartend stehen. Kurz darauf erschien eine kleine Gruppe von etwa zehn Leuten, die ihnen durch das Tal entgegenkam. Die Gruppe hielt an, drei Männer traten vor und gingen auf die Neuankömmlinge zu.
Lansing, der vor Jorgenson und Melissa stand, sah sich die drei genau an. Einer der Männer war alt, sein Haar und Bart waren weiß. Die anderen beiden waren jünger - einer war ein Jüngling mit blondem Bart und Haaren, die ihm bis auf die Schultern reichten, der andere ein düsterer Geselle mit schwarzem Haar und dunklem Teint. Er trug keinen Bart, aber die Stoppeln auf seinem Kinn ließen erkennen, daß er sich seit Tagen nicht rasiert hatte. Die Kleidung der drei war zerlumpt. Ellenbogen und Knie waren durchgescheuert und die zahlreichen Risse und Löcher nur notdürftig zusammengeflickt. Der alte Mann trug ein Hemd aus Kaninchenfellen.
Ein paar Schritte vor den Neuankömmlingen hielten die drei an. Der blonde Jüngling sprach sie in einer fremden Sprache an. »Kauderwelsch«, sagte Jorgenson. »Warum spricht er nicht Englisch?«
»Ausländisch, kein Kauderwelsch«, sagte Lansing. »Vermutlich Deutsch. Spricht einer von Ihnen Englisch?« »Ja, ich spreche Englisch«, antwortete der alte Mann. »Außer mir noch ein paar andere im Lager. Ihre Vermutung war richtig, mein junger Freund hier ist Deutscher. Und Pierre ist Franzose. Ich kann beide recht gut verstehen. Mein Name ist Allen Correy. Ich nehme an, daß Sie vom Turm kommen. Sie müssen sich verirrt haben.«
»Um ehrlich zu sein, wir sind auf dem Weg zur Stadt«, sagte Lansing.
»Aus welchem Grund?« fragte Correy. »In der Stadt ist nichts los, das kann Ihnen jeder hier bestätigen.«
»Er sucht seine Freundin«, sagte Jorgenson. »Er glaubt, sie könnte in der Stadt sein.«
»Wenn das so ist«, sagte Correy, »hoffe ich aufrichtig, daß Sie sie finden. Sie wissen, wie Sie zur Stadt kommen?« »Nach Südosten«, sagte Lansing. »Das müßte der richtige Weg sein.«
»Ja, das denke ich auch«, stimmte Correy zu. »Wissen Sie etwas über das Land hier?«
»Ich kenne nur ein paar Kilometer im Umkreis. Wir entfernen uns normalerweise nicht sehr weit vom Lager.« »Ich nehme an, auch Sie sind Leute wie wir. Ich weiß nicht, als was man uns bezeichnen kann, darüber habe ich noch nie nachgedacht. Jedenfalls Menschen, die hierher gebracht worden sind.«
»Ja, solche sind wir«, sagte Correy. »Möglicherweise gibt es noch andere Gruppen wie die unsere, aber wir kennen sie nicht. Sie wissen ja, daß es immer nur wenige Überlebende gibt. Wir sind eine Gruppe von Überlebenden. Unser Lager besteht aus zweiunddreißig Personen, zwölf Männer und zwanzig Frauen. Ein paar von uns sind schon seit Jahren hier.« Der Franzose sagte etwas zu Correy, und dieser wandte sich an Lansing: »Ich muß mich bei Ihnen entschuldigen. Ich habe meine Kinderstube vergessen. Wollen Sie nicht ins Lager kommen und sich uns anschließen? Es wird bald dunkel, und das Abendessen ist schon in Vorbereitung. Es gibt Kaninchenragout, einen riesigen Topf voll, außerdem haben wir jede Menge Fische zum Braten. Und es würde mich nicht wundern, wenn es auch Salat gibt. Auf Soße müssen wir allerdings schon lange verzichten, statt dessen nehmen wir heißes Fett. Ich muß Sie auch darauf hinweisen, daß wir kaum Salz haben. Wir haben uns schon seit langem an diesen Mangel gewöhnt, und es macht uns nichts mehr aus.« »Uns wird es auch nichts ausmachen«, sagte Melissa. »Wir nehmen Ihre Einladung mit Freuden an.«
Sie gingen ein Stück ins Tal hinein, machten einen Bogen um ein kleines Wäldchen und erblickten ein Kornfeld, auf dem noch einige Garben standen. Jenseits des Feldes standen in einer geschützten Bucht, die durch eine scharfe Biegung des Flußlaufes gebildet wurde, ein paar erbärmliche Hütten und verwitterte Zelte. Einige Lagerfeuer brannten, und kleine Gruppen von Menschen standen abwartend herum. Correy deutete auf das Kornfeld. »Ein armseliger Acker«, sagte er. »Aber wir pflegen ihn gut und ernten jedes Jahr genug, um über den Winter zu kommen. Außerdem haben wir noch einen ziemlich großen Garten. Mrs. Mason hat uns das Saatgut für das Getreidefeld besorgt und auch alles, was wir benötigten, um einen Gemüsegarten anzulegen.« »Mrs. Mason?« fragte Melissa.
»Das ist die Wirtin des Gasthauses«, sagte Correy. »Eine habgierige Person, aber sie arbeitet mit uns zusammen. Manchmal schickt sie uns Rekruten, Leute wie wir, die nicht wissen, wohin sie gehen sollen, und im Gasthaus stranden. Aber Mrs. Mason wünscht keine Gäste ohne Geld. Nur die wenigsten haben welches, also entledigt sie sich ihrer, indem sie sie zu uns schickt. Die Stärke unserer Gruppe nimmt dadurch jedoch nicht wesentlich zu. Es gibt auch Todesfälle, besonders in den strengen Wintermonaten. Wir haben hier, unter anderem, auch einen ständig größer werdenden Friedhof.«
»Gibt es keinen Weg zurück?« fragte Jorgenson. »Zurück zu den Welten, aus denen wir gekommen sind?«
»Wir haben keinen entdeckt«, antwortete Correy. »Wir haben es auch aufgegeben, danach zu suchen. Einige natürlich nicht, aber die meisten haben sich hier häuslich niedergelassen.« Als sie das Lager erreichten, war das Abendessen fertig. Die drei Neuankömmlinge setzten sich zusammen mit allen anderen in einem großen Kreis um das Hauptlagerfeuer. Man reichte ihnen Schüsseln mit Kaninchenstücken und andere mit gekochtem Mischgemüse, dazu gab es knusprig gebratenen Fisch. Tee oder Kaffee wurde ihnen nicht angeboten, das einzige Getränk war Wasser. Es gab auch keinen Salat, wie Correy vermutet hatte. Viele Leute im Lager, vielleicht sogar alle (Lansing versuchte, sie zu zählen, aber es gelang ihm nicht), kamen zu ihnen herüber, um ihnen die Hand zu schütteln und sie willkommen zu heißen. Die meisten redeten in fremden Sprachen, ein paar sprachen gebrochen Englisch. Außer Correy gab es noch zwei Personen, deren Muttersprache Englisch war. Bei beiden handelte es sich um Frauen, die sich sofort zu Melissa setzten. Dann begannen die drei in atemberaubendem Tempo draufloszuschwatzen.
Das Essen war gut, wenn man von dem fehlenden Salz absah. »Sie erwähnten, daß Ihnen Salz fehlt«, wandte sich Lansing an Correy. »Und wahrscheinlich außer Salz noch eine Menge anderer Dinge. Wenn Mrs. Mason Ihnen das Saatgut besorgt hat, warum beliefert sie Sie nicht auch mit Salz und den anderen Sachen, die Sie brauchen?«
»Das würde sie mit dem größten Vergnügen tun«, erwiderte Correy. »Aber wir haben kein Geld. Der Schatz ist aufgebraucht. Vielleicht haben wir das Geld am Anfang zu großzügig ausgegeben.«
»Ich habe noch welches übrig«, sagte Lansing. »Wären Sie mit einer kleinen Spende einverstanden?«
»Ich möchte nicht um Geld bitten«, erwiderte Correy, »aber wenn es Ihre eigene freie Entscheidung ist.« »Ich werde Ihnen eine kleine Summe dalassen.« »Wollen Sie denn nicht bei uns bleiben? Sie sind hier willkommen, das wissen Sie ja.«
»Ich muß zur Stadt, das habe ich Ihnen doch schon gesagt.« »Ja, ich entsinne mich.«
»Aber ich würde mich freuen, wenn ich heute hier übernachten könnte«, sagte Lansing. »Morgen früh reise ich dann weiter.« »Vielleicht kommen Sie ja wieder zurück.« »Falls ich Mary nicht finde, meinen Sie?«
»Auch wenn Sie sie finden. Sie und Mary sind hier jederzeit willkommen.«
Lansing ließ seinen Blick über das Lager schweifen. Das war kein Ort, an dem er sich gerne niederlassen würde. Das Leben hier würde hart sein. Ununterbrochene Arbeit - Bäume fällen und Holz hacken, Arbeit im Garten und auf dem Feld, die niemals endende Nahrungssuche. Es würde häßliche kleine Rivalitäten geben, unaufhörliche Reibereien und Auseinandersetzungen.
»Wir haben uns auf eine primitive Lebensweise eingestellt und fahren ganz gut damit«, sagte Correy. »Im Fluß gibt es genug Fische und in den Tälern und Hügeln Wild. Einige von uns haben sich zu Experten im Fallenstellen entwickelt - hier gibt es jede Menge Kaninchen. In manchen Jahren mehr als in anderen. Vor ein paar Jahren hatten wir eine Dürreperiode, alle haben schwer gearbeitet, haben Wasser vom Fluß heraufgeschleppt, um den Garten und das Feld zu bewässern. Aber wir konnten die Ernte retten, wir hatten sogar eine ausgezeichnete Ernte.« »Es ist schon erstaunlich«, sagte Lansing, »bei einer so bunt zusammengewürfelten Gruppe Menschen. Ich nehme zumindest an, daß sie es ist.«
»O ja«, sagte Correy. »Ich, zum Beispiel, war in meinem früheren Leben Mitglied des diplomatischen Korps. Wir haben hier, unter anderem, einen Geologen, einen Großbauern, der früher Tausende Hektar Land bestellt hat, einen Wirtschaftsprüfer, eine ehemals berühmte und verwöhnte Schauspielerin, eine bedeutende Historikerin, einen Sozialarbeiter, einen Bankier und so weiter.«
»Sind Sie und die anderen in der langen Zeit, die Sie zum Nachdenken hatten, zu irgendeinem Schluß gekommen, warum wir hierhergebracht worden sind?«
»Nein, eine bündige Antwort haben wir nicht. Es gibt viele Spekulationen, wie Sie sich denken können, aber nichts Schlüssiges. Natürlich gibt es auch hier, wie überall, Leute die überzeugt sind, die Antwort gefunden zu haben. Das sind Menschen, denen es eine gewisse seelische Stabilität verschafft, wenn sie an irgend etwas glauben können, und sei es auch noch so phantastisch. Es stärkt ihr Selbstbewußtsein, wenn sie sich einreden können, im Besitz der Wahrheit zu sein, während alle anderen im dunkeln tappen.« »Und Sie? Wie steht es mit Ihnen?«
»Ich gehöre zu den Leuten, die dazu verdammt sind, immer alle Aspekte einer Frage zu sehen. Als Diplomat gehörte das ja auch zu meinem Aufgabenbereich. Ich halte es für notwendig, ehrlich gegen sich selbst zu sein. Ich will mir nichts vormachen.« »Sie haben demnach keine feste Überzeugung?« »Absolut keine. Für mich ist alles genauso rätselhaft wie am ersten Tag.«
»Was wissen Sie über das Land, das zwischen dem Lager und der Stadt liegt? Was wissen Sie über die Badlands?« »Das Land zwischen hier und der Stadt ist rauh und hügelig«, antwortete Correy. »So weit wir es durchforscht haben jedenfalls.
Meistens dicht bewaldet, aber das Wandern ist nicht mühselig. Über die Badlands weiß ich nichts; wir sind nicht dort gewesen. Sie müssen östlich von hier liegen.«
»Sind Sie denn zufrieden damit, immer hierbleiben zu müssen? Wollen Sie nicht wissen, was außerhalb des Tales liegt?« »Zufrieden bin ich nicht«, erwiderte Correy. »Aber mir bleibt nichts anderes übrig. Ein paar von uns sind nach Norden gezogen, zum Chaos. Sind Sie auch so weit gekommen?« »Ja, ich habe dort einen guten Freund verloren.« »Der Norden ist von Chaos abgeriegelt«, sagte Correy. »Es gibt keine Möglichkeit, es zu überwinden. Ich weiß nicht, was Chaos ist, aber es blockiert den Weg. Jenseits des Turmes erstreckt sich die Wüste über Hunderte von Kilometern. Der Süden ist auch nicht sehr vielversprechend, habe ich mir sagen lassen. Und Sie wollen also zur Stadt zurück, weil Sie hoffen, dort etwas zu finden, das Sie beim erstenmal übersehen haben?« »Ich will nicht irgend etwas finden«, erwiderte Lansing, »ich will Mary finden. Ich muß sie finden. Wir beide sind die einzigen, die von unserer Gruppe übriggeblieben sind. Die anderen vier haben wir verloren.« »Und Ihre beiden Begleiter?«
»Sie waren nicht von Anfang an dabei. Sie gehören zu einer anderen Gruppe. Wir haben sie im Gasthaus angetroffen.«
»Es scheinen nette Leute zu sein«, sagte Correy. »Da kommen sie ja.«
Lansing blickte auf und sah, daß Jorgenson und Melissa um den Kreis herum auf ihn zu kamen. Jorgenson hockte sich vor ihm auf den Boden, Melissa blieb stehen. »Melissa und ich möchten Ihnen etwas mitteilen«, begann Jorgenson. »Es tut uns leid, aber wir werden Sie nicht weiter begleiten. Wir haben uns zum Hierbleiben entschlossen.«
29
Daß Jorgenson und Melissa nicht mehr bei ihm waren, machte Lansing nichts aus. Jetzt kam er leichter und schneller voran. Seit seinem Aufbruch hatte er schon ein gutes Stück Weg hinter sich gebracht, mehr jedenfalls, als er mit den beiden im Schlepptau geschafft hätte. Überdies fand er alle beide nicht sonderlich sympathisch. Melissa war eine dumme Gans, Jorgenson auch nicht gerade ein liebenswürdiger Zeitgenosse. Wenn er den Abschied bedauert hatte, dann wegen Correy. Obwohl er nur ein paar Stunden mit ihm verbracht hatte, mochte er den Mann. Lansing hatte ihm etwas mehr als die Hälfte des ihm verbliebenen Geldes gegeben. Correy hatte die Spende dankbar angenommen und ihm nicht nur persönlich, sondern im Namen der ganzen Lagergemeinschaft gedankt. »Ich werde diesen unverhofften Reichtum gut verwalten und nur für gemeinschaftliche Interessen verwenden«, hatte er gesagt. »Ich weiß, daß alle hier Ihnen danken würden, wenn sie von der großzügigen Gabe wüßten.«
»Keine Ursache«, hatte Lansing erwidert. »Außerdem kommen Mary und ich ja vielleicht zurück.« »Ich werde Ihnen einen Platz am Feuer freihalten«, hatte Correy ihm versichert. »Aber ich hoffe aufrichtig, daß Sie nicht zurückkommen müssen. Das Leben hier ist nicht sehr verlockend. Vielleicht finden Sie ja einen Weg nach draußen. Einigen muß das doch gelingen. Ich wünsche Ihnen von Herzen, daß Sie es schaffen.«
Lansing hatte die Hoffnung, einen Weg aus seiner jetzigen Situation zu finden, schon vor langer Zeit aufgegeben, und wenn Correy nicht davon gesprochen hätte, daß noch Hoffnung bestehe, würde er wohl nicht mehr an ein Verlassen dieser Welt gedacht haben. Er mußte Mary finden, denn nur gemeinsam mit ihr konnte er dem entgegentreten, was das Schicksal für ihn bereithielt.
Nun mußte er wieder an diese vage Möglichkeit denken, während er durch den Wald stapfte. Correy, das wußte er, hatte sich optimistischer geäußert, als es seiner Überzeugung entsprach. Aber die Frage blieb bestehen - gab es doch noch eine Hoffnung? Der Verstand sagte ihm, daß sie gering war, und er schalt sich, überhaupt einen Gedanken an sie zu verschwenden. Aber während er wanderte, stellte er fest, daß sich tief in seinem Innersten ein schwacher Hoffnungsschimmer zu regen begann.
Die Reise war verhältnismäßig einfach. Die Berge waren zwar steil, dafür die Wälder licht. Probleme mit dem Trinkwasser gab es nicht, denn Lansing traf immer wieder auf kleine Bäche und Rinnsale, die sich die Hügel hinabschlängelten. Als die Nacht hereinbrach, stieß er auf einen Ausläufer der Badlands. Aber das war nicht die farbenprächtige Alptraumlandschaft, die die Reisegesellschaft auf dem Hinweg durchquert hatte. Es waren kleine Badlands, unvollendete Badlands. Hier hatten die urzeitlichen Wassermassen ihre Arbeit nicht zu Ende geführt. Der Regen hatte aufgehört, die Erosion war aufgehalten worden, bevor sich richtige Badlands entwickeln konnten. Es gab ein paar tiefe Schluchten, ein paar phantastische Felsformationen, aber sie waren unvollständig. Sie wirkten so, als habe ein Bildhauer Hammer und Meißel frustriert oder angewidert fortgeworfen, bevor er seine Arbeit vollendet hatte. »Morgen«, sagte Lansing laut, »werde ich es bis zur Stadt schaffen.«
Er erreichte sie am nächsten Tag, kurz nachdem die Sonne den höchsten Punkt überschritten hatte. Er stand auf einem der Berge, die die Stadt umgaben, und sah sie unter sich liegen. Dort unten, dachte er, mochte Mary auf ihn warten. Und als er es dachte, merkte er, wie er zitterte.
Er eilte den Berg hinab und fand eine Straße, die ins Zentrum führte. Der Anblick der Stadt war ihm vertraut - die roten, verwitterten Fassaden, die Steinbrocken, die die Straßen blockierten, die Staubschicht, die über allem lag. Auf dem Platz hielt er an und blickte nach allen Seiten, um sich zu orientieren. Als er sich über die Himmelsrichtung klar war, wußte er auch, wo er sich befand. Ihm gegenüber erhob sich die beschädigte Fassade des sogenannten Verwaltungsgebäudes, dessen einer Turm unverändert in die Höhe ragte, und die Straße hinab, im Winkel, würde er den Eingang zu der Maschine finden.
Er rief nach Mary, erhielt aber keine Antwort. Er rief noch ein paarmal, aber dann begann das Echo seiner Stimme ihm Grauen einzuflößen, und er verstummte.
Er ging über den Platz zum Verwaltungsgebäude und stieg die breite Treppe zur Eingangshalle hinauf, in der sie einst kampiert hatten. Seine Schritte erzeugten dröhnende Echos, die ihn ein wenig an Stimmen erinnerten, die mürrisch nach ihm riefen. Er schlich durch die Halle und traf überall auf Spuren ihres ersten Aufenthalts: auf eine oder zwei leere Konservendosen, eine leere Keksschachtel und einen Krug, den einer von ihnen vergessen hatte. Er wollte in den Keller gehen, um nach den Türen zu sehen, aber er fürchtete sich davor. Er versuchte es einigemal, konnte sich aber nicht überwinden. Wovor hatte er Angst, fragte er sich - war es die Angst, daß er eine Tür, vielleicht die der Apfelblütenwelt, geöffnet antreffen würde? Nein, dachte er, das würde Mary nicht tun. Jetzt jedenfalls noch nicht. Vielleicht später, wenn sie alle Hoffnung verloren hatte, ihn jemals wiederzufinden, wenn sie diese Hoffnung verloren hatte und alle anderen auch. Nein, jetzt noch nicht! Es war auch gut möglich, daß überhaupt keiner mehr diese Tür öffnen konnte. Der General hatte den Schraubenschlüssel an sich genommen und vermutlich irgendwo versteckt. Keine der Türen sollte je wieder geöffnet werden, hatte er gesagt. Während Lansing still und reglos in der Eingangshalle stand, schien es ihm, als höre er das damalige Gespräch noch einmal. Er vernahm deutlich die Stimmen der anderen, versuchte, seine Ohren dagegen zu verschließen, aber gegen die Stimmen in seinem Kopf konnte er nichts ausrichten.
Eigentlich hatte er vorgehabt, sein Lager an der alten Stelle aufzuschlagen, aber er brachte es nicht fertig. Die Stimmen quälten ihn, die Erinnerungen waren zu gegenwärtig. Also beschloß er, auf dem Platz zu übernachten. Er schleppte Holz herbei und arbeitete den ganzen Nachmittag daran, einen großen Holzstoß aufzuschichten. Als die Nacht hereinbrach, machte er Feuer und legte immer wieder Scheite nach, damit es schön groß und hell würde. Falls Mary in der Stadt war oder sich in der Nähe aufhielt, würde sie das Feuer sehen und wissen, daß sich jemand hier befand.
Lansing entfachte noch ein zweites, kleineres Feuer, auf dem er sich Kaffee und Abendbrot kochte. Während er aß, versuchte er einen Plan über sein weiteres Vorgehen auszuarbeiten. Aber das einzige, was ihm einfiel, war, die Stadt abzusuchen, wenn nötig jede Straße; obwohl sein Verstand ihm sagte, daß dies ein sinnloses Unterfangen war, bei dem er nur Kraft und Zeit vergeudete. Falls Mary in der Stadt war oder auf dem Weg zur Stadt, würde sie geradewegs auf den Platz zueilen und sich nicht in einem Winkel verkriechen.
Bei Mondaufgang stieg der Heuler auf seinen Hügel und sang sein einsames Klagelied. Lansing lauschte ihm eine Weile, dann stimmte er in die Klage ein.
»Komm runter und setz dich zu mir ans Feuer«, rief er dem Heuler zu, »dann können wir zusammen weinen.« Bis zu diesem Augenblick war Lansing der festen Überzeugung gewesen Mary eines Tages wiederzufinden. Nun traf ihn die Vorstellung einer immerwährenden Einsamkeit so unvermittelt wie ein Schlag. Er versuchte, sich ein Leben ohne sie vorzustellen, doch bei dem Gedanken griff eine kalte Hand nach seinem Herzen. Er rückte dichter ans Feuer, aber die Flammen konnten die innere Kälte nicht vertreiben.
Er versuchte zu schlafen, es gelang mehr schlecht als recht. Am Morgen begann er mit der Suche. Er biß die Zähne zusammen und ging zu den Türen. Keine war geöffnet worden. Danach suchte er die Maschine auf. Er stieg die Treppe hinab und lauschte lange Zeit dem Singsang der Apparatur, dann verließ er die Höhle wieder. Später begann er, die Straßen abzusuchen, zufällig und planlos und in dem Bewußtsein, nur Zeit damit zu vergeuden. Aber er suchte weiter, weil diese Beschäftigung ihn irgendwie von seinen verzweifelten Gedanken ablenkte. Er suchte vier Tage lang und fand nichts. Da schrieb er Mary eine Nachricht und legte sie neben das alte Lagerfeuer im Verwaltungsgebäude. Er beschwerte den Zettel mit dem vergessenen Krug und machte sich auf den Weg zurück zum Würfel und zum ersten Gasthaus.
Wie lang mochte es her sein, seit er zum erstenmal einen Fuß in diese Welt gesetzt hatte. Er versuchte die Tage zu zählen, aber Nebelschleier lagen über seiner Erinnerung, und er brachte alles durcheinander. Ein Monat, dachte er. War es möglich, daß er sich noch nicht länger als einen Monat auf dieser Welt aufhielt? Er wußte es nicht; die Zeit hier erschien ihm so lang wie sein halbes Leben.
Lansing suchte nach markanten Punkten auf dem Pfad. Er versuchte, die alten Lagerplätze wiederzufinden, die Stelle, wo Mary die Gesichter gesehen hatte, wo Jürgens die Quelle entdeckt und er selbst Holz gehackt hatte. Aber er war sich niemals sicher, ob es die richtige Stelle war. Es war schon zu lange her - einen Monat schon.
Schließlich erreichte er einen Hügel, von dessen Gipfel aus er den Würfel erblickte. Das Gebilde war immer noch genauso hell und schön, wie Lansing es in Erinnerung hatte. Einen Moment lang war er erstaunt, den Würfel zu sehen. Er hatte zwar erwartet, ihn zu finden, aber es hätte ihn auch nicht sonderlich überrascht, wenn er verschwunden gewesen wäre. Die Welt hatte für Lansing in den letzten Tagen einen Phantomcharakter angenommen, und manchmal glaubte er, durch ein Vakuum zu schreiten.
Lansing wanderte die Serpentine hinab, bis er den Talkessel erreichte, in dessen Mitte der Würfel aufragte. Er folgte gerade der letzten Biegung des Pfades, da entdeckte er auf der Talsohle einige Gestalten. Er hatte sie vorher nicht bemerkt, doch nun sah er sie deutlich vor sich. Sie saßen mit übereinandergeschlagenen Beinen auf dem Stein, den Mary und er freigelegt hatten, und waren in ihr niemals endendes Spiel vertieft. Die vier schienen Lansing nicht zu bemerken, als er den Weg entlang auf sie zu kam, sich neben sie stellte und ihnen beim Spiel zusah.
Nach einer Weile sagte Lansing: »Ich glaube, ich sollte Ihnen danken, meine Herren, daß Sie mir das Seil zugeworfen haben.« Bei diesen Worten blickten sie auf. Vier weiße Porzellangesichter starrten Lansing an, Gesichter mit dunklen, brauenlosen Augenhöhlen, aus deren Tiefe schwarze Edelsteine funkelten, Gesichter, mit einem Schlitz anstelle des Mundes und einem Doppelschlitz anstelle der Nase.
Die vier sagten nichts, starrten Lansing nur ausdruckslos an, obwohl er meinte, etwas wie Verärgerung auf den glatten, weißen Gesichtern zu entdecken. Wie polierte Türknäufe, dachte er, auf die irgend jemand Gesichter gemalt hat. Schließlich sagte einer der vier: »Würden Sie bitte zur Seite gehen Sie stehen uns im Licht.«
Lansing trat einen Schritt zurück. Nach einer Weile zog er sich so weit zurück, daß er wieder auf dem Weg stand. Aber da hatten sich die vier Kartenspieler schon wieder in ihr Spiel vertieft.
Mary war nicht in der Stadt gewesen, dachte Lansing. Sonst hätte sie sein Feuer bemerkt. Und hier war sie auch nicht. Er wußte keinen Ort mehr, wo er sie suchen konnte. Trotzdem stapfte er verbissen weiter. Er hatte keine Hoffnung mehr, wollte seine Suche aber auch nicht abbrechen, bevor er nicht jeden Winkel ausgekundschaftet hatte.
Bei Einbruch der Nacht erreichte er das Gasthaus. Die Fenster waren dunkel, kein Rauch quoll aus dem Schornstein. Irgendwo draußen im Wald schrie eine Eule.
Lansing ging zur Tür und drehte am Knauf; er rührte sich nicht. Offensichtlich war die Tür abgeschlossen. Er klopfte, erhielt aber keine Antwort. Er klopfte lauter und hielt dann inne, um zu lauschen, ob er keine Schritte vernähme. Als er nichts hörte, begann er mit beiden Fäusten zu hämmern. Unvermittelt öffnete sich die Tür, und Lansing stolperte über die Schwelle. Mine, der Wirt, stand im Schankraum, eine Hand auf der Klinke, in der anderen einen Kerzenstummel. Er hob die Kerze, damit er den Gast besser sehen konnte.
»Ach Sie sind es«, sagte er. Seine Stimme hatte einen bedrohlichen Unterton. »Was wollen Sie?« »Ich suche eine Frau. Mary. Erinnern Sie sich an sie?« »Sie ist nicht hier.«
»War sie hier und ist dann wieder abgereist?« »Seit Ihrem Aufbruch habe ich sie nicht mehr gesehen.« Lansing ging an dem Wirt vorbei quer durch den Schankraum und ließ sich auf einen Stuhl am Kamin fallen. Seine Energie war aufgebraucht. Er fühlte sich plötzlich schwach und unnütz. Das war das Ende. Jetzt konnte er nirgendwo mehr suchen. Mine schloß die Tür und folgte ihm. Er stellte die Kerze auf dem Tisch neben Lansing ab.
»Sie können nicht bleiben«, sagte er. »Ich verlasse das Gasthaus. Im Winter ist hier geschlossen.«
»Herr Wirt«, sagte Lansing, »wo bleiben Ihre Manieren? Sie verletzen die Gastfreundschaft. Ich werde heute nacht hierbleiben, und Sie werden mir etwas zu essen beschaffen!« »Ich habe kein Bett für Sie«, erwiderte Mine. »Die Betten sind schon alle für den Winter hergerichtet, und ich werde kein neues beziehen. Wenn Sie wollen, können Sie auf dem Boden schlafen.«
»Gern«, sagte Lansing. »Und wie steht es mit dem Essen?« »Ich habe mir einen Topf Suppe gekocht. Davon können Sie eine Schüssel haben. Außerdem könnte ich Ihnen noch Hammelbraten anbieten, beziehungsweise das, was von dem Braten übrig ist. Ein Brotkanten wird sich wohl auch noch finden lassen.«
»Schön«, sagte Lansing, »das wird reichen.«
»Aber Sie wissen, daß Sie nicht bleiben können. Morgen früh müssen Sie gehen.«
»Ja, ich weiß«, sagte Lansing, zu müde, um zu streiten. Von seinem Platz aus beobachtete er, wie Mine zur Küche schlurfte, in der schwaches Licht brannte. Abendbrot, dachte er, danach der Fußboden zum Schlafen, und morgen früh mußte er wieder fort. Wohin sollte er gehen, wenn er das Gasthaus verlassen hatte? Höchstwahrscheinlich würde er den Weg zurückgehen, am Würfel vorbei und wieder zur Stadt, immer noch auf der Suche nach Mary, aber mit immer geringerer Hoffnung, sie jemals wiederzufinden. Und am Ende bliebe ihm nur noch das Lager am Fluß, wo die anderen Gestrandeten ihr karges Dasein fristeten. Eine trostlose Aussicht, eine, die er sich nicht gern vor Augen führte. Aber ihm blieb wohl keine andere Wahl. Und falls er Mary doch noch fände, was dann? Müßten sie dann gemeinsam im Lager Zuflucht suchen? Ihn fröstelte bei dem Gedanken.
Mine brachte das Essen und stellte es unsanft vor Lansing auf dem Tisch ab. Wortlos drehte er sich um.
»Einen Augenblick«, sagte Lansing. »Ich brauche Verpflegung, bevor ich abreise.«
»Ich kann Ihnen die restlichen Lebensmittel überlassen«, sagte der Wirt, »aber alles andere ist schon weggepackt.« »In Ordnung«, sagte Lansing. »Ich benötige auch in erster Linie Lebensmittel.«
Die Suppe war gut, das Brot alt und hart, aber er tunkte es in die Suppe und aß es. Aus Hammel hatte er sich noch nie etwas gemacht, aus übriggebliebenem kaltem Hammel schon gar nicht. Trotzdem aß er ein paar dicke Scheiben und war dankbar für die Nahrung.
Lansing schlief schlecht. Am nächsten Morgen bereitet Mine ihm widerwillig etwas Haferbrei zum Frühstück. Nachdem Lansing sich einen Mundvorrat zusammengestellt und mit dem Wirt nach kurzem Streit über die Bezahlung einig geworden war, verließ er das Gasthaus und machte sich wieder auf den Weg.
Das Wetter hatte sich verschlechtert. Seit Lansing diese Welt betreten hatte, war es immer schön und sonnig gewesen, doch jetzt war der Himmel bedeckt, und ein scharfer Wind blies von Nordwesten. Hin und wieder gab es kurze Hagelschauer; die Eiskörnchen brannten auf seinem Gesicht.
Er erreichte den Hang, der in den Talkessel hinabführte, in dessen Mitte der Würfel stand. Heute, da Wolken den Himmel bedeckten, wies er eine mattgraue Farbe auf. Die Kartenspieler waren verschwunden.
Lansing erreichte die Talsohle. Mit gesenktem Kopf, den Körper gegen den Wind gestemmt, stapfte er auf den Würfel zu.
Ein Geräusch drang an sein Ohr, wie Rufen. Lansing riß den Kopf hoch, und da war sie, rannte den Pfad herunter auf ihn zu. »Mary!« schrie er und begann zu laufen.
Dann lag sie in seinen Armen und hielt ihn fest umklammert. Tränen liefen ihr über die Wangen, als sie den Kopf hob, um ihn zu küssen.
»Ich habe deinen Zettel gefunden«, sagte sie. »Ich habe mich so beeilt, dich einzuholen.«
»Gott sei Dank, daß du da bist«, sagte er. »Mein Gott - endlich habe ich dich gefunden.«
»Hat die Wirtin dir meinen Brief gegeben?«
»Sie hat deinen Brief erwähnt, aber sie hatte ihn verloren. Wir haben beide danach gesucht. Wir haben das ganze Gasthaus auf den Kopf gestellt, aber wir konnten ihn nicht finden.« »Ich habe dir geschrieben, daß ich zur Stadt zurückgehen und dort auf dich warten wollte. Dann habe ich mich in den Badlands verirrt. Ich bin vom Weg abgekommen und konnte ihn nicht wiederfinden. Tagelang bin ich durch die Gegend gelaufen, ohne zu wissen, wo ich war. Irgendwann bin ich auf einen Berg gestiegen, und plötzlich lag die Stadt unter mir.« »Ich habe dich die ganze Zeit gesucht, seit ich zum singenden Turm zurückgekehrt bin. Sandra ist tot, und.« »Sie war schon tot, als ich aufbrach. Ich wäre geblieben, wenn nicht plötzlich der Heuler aufgetaucht wäre. Er begann mich zu umkreisen, kam jedesmal ein wenig näher. Ich hatte solche Angst - mein Gott, wenn ich nur daran denke! Deshalb bin ich zum Gasthaus aufgebrochen. Er ist mir die ganze Zeit gefolgt. Ich wollte im Gasthaus auf dich warten; ich wußte, daß du mich dort suchen würdest. Aber die Wirtin hat mich rausgeworfen. Ich hatte kein Geld, aus diesem Grund wollte sie mich nicht dabehalten.
Also habe ich dir den Brief geschrieben und bin gegangen. Der Heuler hat sich nicht mehr gezeigt, und ich war guter Dinge, bis ich mich dann verirrt habe.«
Er küßte sie. »Jetzt ist alles gut«, sagte er. »Wir haben uns wiedergefunden.«
»Wo ist Jürgens? Ist er nicht bei dir?«
»Wir haben ihn verloren. Er ist ins Chaos gestürzt.«
»Chaos? Edward, was ist Chaos?«
»Ich werde es dir später erzählen. Wir haben ja viel Zeit. Jorgenson und Melissa sind von ihrer Reise nach Westen zurück, aber sie wollten mich nicht weiter begleiten.« Unvermittelt trat Mary einen Schritt zurück. »Edward«, sagte sie. »Ja, was ist Mary?«
»Ich glaube, ich kenne die Antwort. Es ist der Würfel. Er war es die ganze Zeit.« »Der Würfel?«
»Ich habe darüber nachgedacht, während ich dem Pfad folgte. Ich fragte mich, ob wir etwas übersehen hätten. Etwas, an das wir niemals gedacht hatten. Und dann wußte ich es auf einmal. Ich hatte gar nicht darüber nachgedacht, es war plötzlich da.« »Du wußtest es? Um Gottes willen Mary.« »Sicher bin ich natürlich nicht, aber ich glaube schon, daß ich recht habe. Erinnerst du dich noch an die flachen Steine, die wir damals gefunden haben, die drei Steinplatten, die in den Sand eingelassen waren? Wir mußten sie erst freilegen, sie waren völlig mit Sand bedeckt.«
»Ja, ich entsinne mich. Gestern saßen die Kartenspieler auf einem.«
»Die Kartenspieler? Warum sollten die denn.«
»Mach dir deswegen jetzt keine Gedanken. Was ist mit den Steinen?«
»Was würdest du dazu sagen, wenn dort noch weitere Steine sind?
Steine, die einen Gehweg zum Würfel bilden? Drei Gehwege. Sie sind so angelegt, daß man sicher zum Würfel gelangen kann, wenn man möchte. Aber sie sind mit Sand bedeckt, deshalb kann man sie nicht sehen.« »Du meinst.«
»Wir wollen nachschauen«, sagte sie. »Wir könnten einen Strauch abschneiden oder einen Ast und sie als Besen benutzen.«
»Ich werde das Kehren besorgen«, sagte er. »Du bleibst hinter mir.«
»In Ordnung«, sagte sie sanft, »ich bleibe hinter dir.«
Sie fanden einen Busch und schnitten einige Zweige ab.
Als sie sich dem Sandkreis näherten, rief Mary: »Das Schild ist umgefallen! Die Warntafel in russischer Sprache. Du hast sie doch so fest eingeschlagen, dennoch ist sie umgestürzt und schon fast wieder ganz mit Sand bedeckt.«
»Hier gibt es irgend jemanden, der sich alle Mühe gibt, den Menschen das Leben schwerzumachen«, bemerkte Lansing. »Briefe gehen verloren, Schilder fallen um, Gehsteige werden zugeschüttet. Mit welchem Stein sollen wir beginnen?« »Ich glaube, das ist egal. Wenn es beim ersten nicht funktioniert, werden wir den nächsten ausprobieren.«
»Falls da tatsächlich andere Steine sind und es tatsächlich einen Gehweg gibt, fängt das Problem erst an, wenn wir den Würfel erreicht haben - was sollen wir dann tun?« »Ich weiß es nicht«, antwortete Mary.
Lansing trat auf die Steinplatte und hockte sich vorsichtig auf die vordere Kante. Er streckte den Arm weit aus und begann, mit den Zweigen den Sand wegzufegen. Nach kurzer Zeit schimmerte eine zweite Platte durch den Sand. Er wischte heftiger.
»Du hast recht«, rief er aufgeregt. »Hier ist ein zweiter Stein. Warum haben wir nicht früher daran gedacht?« »Ein geistiger Lapsus«, erwiderte Mary. »Jürgens war schwer verletzt worden, dann passierte die Sache mit dern Pastor und dem General. Das hat unser Denkvermögen blockiert. Wir hatten Angst.«
»Ich habe auch jetzt Angst«, sagte Lansing.
Er legte das vordere Ende der zweiten Platte frei, stellte sich darauf und befreite sie dann vollständig vom Sand. Vorgebeugt wischte er weiter, ein dritter Stein kam zum Vorschein.
»Trittsteine«, sagte Mary, »direkt zum Würfel.«
»Wenn wir ihn erreicht haben, was wird dann geschehen?«
»Das werden wir sehen, wenn es soweit ist.«
»Und wenn nichts passiert?«
»Dann haben wir wenigstens alles versucht«, erwiderte sie. »Ein Stein noch«, sagte er und fragte sich, ob der Stein dasein würde. Es würde zu den Witzbolden passen, die dieses ganze Unternehmen arrangiert hatten, daß sie einen Gehweg anlegen, aber den letzten, entscheidenden Stein weglassen würden. Er beugte sich vor und wischte. Ein weiterer Stein erschien. Mary stellte sich neben ihn. Zusammen standen sie nun vor der graublauen Wand des Würfels. Lansing ließ seine Handfläche über die Wand gleiten.
»Nichts«, sagte er. »Die ganze Zeit über hatte ich mir vorgestellt, dort könnte eine Tür sein. Aber hier ist keine. Man müßte sonst wenigstens einen haarfeinen Spalt sehen. Aber hier ist nur die Wandfläche, sonst nichts.« »Stoß dagegen«, sagte Mary.
Er tat es, und eine Tür öffnete sich. Schnell schlüpften sie hindurch. Mit einem Zischen schloß sich die Tür hinter ihnen.
30
Sie standen in einem riesigen Raum, der durch blaues Licht erhellt wurde. Gobelins hingen an den Wänden, und zwischen den Gobelins waren Fenster - die Teile der Wände, die nicht von den Gobelins verhüllt waren. Überall im Raum verstreut befanden sich Gruppen von Sitzmöbeln. In einem gepolsterten Korb nahe bei der Tür lag zusammengerollt ein Tier und schlief. Es ähnelte einer Katze, war aber keine Katze. »Edward«, flüsterte Mary atemlos, »durch die Fenster kann man die Welt sehen, die wir gerade verlassen haben. Hier könnten sich Leute aufgehalten und uns beobachtet haben. Und beim erstenmal, als wir hier waren, auch schon.«
»Verspiegeltes Glas«, sagte Lansing. »Ein Besucher kann nicht hineinsehen, kann aber von drinnen gesehen werden.« »Es ist kein Glas«, sagte sie. »Natürlich nicht, aber das Prinzip ist das gleiche.«
»Sie haben hier gesessen und sich über uns amüsiert, als wir einzudringen versuchten«, sagte Mary.
Der Raum schien unbewohnt. Doch dann entdeckte Lansing auf einem breiten Sofa am hinteren Ende des Raumes die vier Kartenspieler. Sie saßen, warteten und starrten die Neuankömmlinge mit ihren weißen Totengesichtern an. Lansing stieß Mary an und wies auf die Spieler. Als Mary sie sah, zuckte sie zurück.
»Sie sind gräßlich«, sagte sie. »Können wir ihnen denn niemals entkommen?«
»Sie haben so eine Art, immer wieder aufzutauchen«, erwiderte er.
Lansing bemerkte mit einemmal, daß die Gobelins keine normalen Gobelins waren. Sie bewegten sich - oder vielmehr die Szenen, mit denen sie bestickt waren, bewegten sich. Ein Bächlein glitzerte in der Sonne. Es bahnte sich seinen Weg durch Kies und Steine, und die kleinen Wellen und Strudel, die sich dabei auf seiner Oberfläche bildeten, waren wirkliche Wellen und Strudel und keine illusionistische Darstellung. Die Zweige der Bäume, die den Bach säumten, bewegten sich im Wind. Vögel flogen zwischen ihnen hin und her. Ein Kaninchen hockte mummelnd in einem Kleefeld; dann hoppelte es weiter und setzte seine Mahlzeit an einer anderen Stelle fort. Auf einem anderen Gobelin sah man junge Mädchen in zarten Gazeschleiern, die fröhlich auf einer Waldlichtung tanzten. Ein Faun blies Flöte dazu und tanzte beim Musizieren. Sein Tanz war wilder, aber weniger anmutig als der der Mädchen. Im Rhythmus der Musik stampfte er mit seinen gespaltenen Hufen auf den Grasboden. Die Bäume am Rand der Lichtung waren keine gewöhnlichen Bäume, sondern groß und bizarr geformt. Sie bewegten ihre Zweige zum Flötenspiel des Fauns, als ob sie sich an dem Tanz beteiligen wollten.
»Wir könnten hinübergehen und sehen, was die vier von uns wollen«, schlug Mary vor.
»Falls sie überhaupt mit uns reden«, sagte Lansing. »Vielleicht bleiben sie auch stumm sitzen und starren uns weiter an.« Sie begannen den Raum zu durchqueren. Der Weg erschien ihnen unerträglich lang, denn die ganze Zeit über beobachteten sie die Kartenspieler mit unbewegten Mienen. Sie verkörperten die Sorte Menschen, falls sie Menschen waren, denen es unmöglich ist, die Lippen zu einem Lächeln zu verziehen, unmöglich ist, menschlich zu sein.
Die vier saßen reglos nebeneinander auf der Couch, die Hände auf die Knie gelegt, und ihre Gesichter waren so ausdruckslos, daß man nicht hätte entscheiden können, ob sie überhaupt etwas wahrnahmen.
Die vier waren sich so ähnlich wie ein Ei dem anderen. Es war Lansing unmöglich, sie als vier Einzelindividuen zu betrachten. Er sah sie als Vierer-Einheit. Er wußte nicht, wie sie hießen, niemals hatte jemand ihre Namen erwähnt. Er fragte sich, ob sie überhaupt Namen besaßen. Um sie voneinander unterscheiden zu können, verlieh er ihnen eine künstliche Identität, versah sie sozusagen mit geistigen Etiketten. Von links nach rechts, der Reihe nach, bezeichnete er sie als A, B, C und D. Energisch durchquerten Mary und Lansing den Raum. Zwei Meter vor den Spielern hielten sie an. Abwartend blieben sie stehen. Die Kartenspieler sahen durch sie hindurch, als ob sie Luft wären.
So wahr ich hier stehe, dachte Lansing, ich werde nicht als erster sprechen. Ich werde hier so lange stehenbleiben, bis sie den Mund aufmachen.
Er legte den Arm um Marys Schulter und zog sie zu sich heran. Dicht aneinandergeschmiegt standen die beiden Menschen vor den stummen Spielern und blickten sie unverwandt an. Schließlich begann A zu sprechen. Er öffnete seine Mundöffnung nur wenig, so als koste es ihn Mühe, die Worte zu formen. »So«, sagte er »Sie haben also das Problem gelöst.« »Sie versetzen uns in Erstaunen«, erwiderte Mary. »Uns war nicht bewußt, daß es ein Problem zu lösen gilt.« »Vielleicht hätten wir es eher gelöst«, sagte Lansing, »wenn wir das Problem gekannt hätten. Oder wenn wir gewußt hätten, daß es ein Problem gibt. Da wir es geschafft haben, was soll nun weiter geschehen? Können wir wieder nach Hause gehen?« »Keiner löst es beim erstenmal«, sagte B. »Alle müssen noch einmal zurückkommen.«
»Sie haben meine Frage nicht beantwortet«, sagte Lansing. »Was geschieht jetzt? Können wir wieder nach Hause?« »Aber nein«, erwiderte D. »Sie werden nicht nach Hause zurückgehen, das können wir nicht zulassen.«
»Sie müssen sich vergegenwärtigen«, begann C, »daß wir nur sehr wenige von Ihrer Art bekommen. Aus manchen Gruppen einen, ganz selten zwei wie in Ihrem Fall. Bei den meisten Gruppen gehen wir völlig leer aus.« »Sie schwirren in alle Himmelsrichtungen davon«, sagte A, »suchen ihr Heil in der Apfelblütenwelt. Oder der Übersetzer schlägt sie in ihren Bann oder.«
»Der Übersetzer?« fragte Mary. »Meinen Sie damit die singende Maschine?«
»Das ist nur der Name, den wir ihr gegeben haben«, sagte B. »Vielleicht fällt Ihnen ja ein besserer ein.«
»Ich werde mir nicht die Mühe machen, darüber nachzudenken«, entgegnete Mary.
»Und Chaos«, sagte Lansing. »Da werden sicher eine Menge aufgerieben. Trotzdem haben Sie mir ein Seil zugeworfen.« »Wir haben Ihnen das Seil zugeworfen, weil Sie versucht haben, den Roboter zu retten«, sagte A. »Sie haben ohne Zaudern Ihr Leben aufs Spiel gesetzt, um den Roboter zu retten.« »Ich glaube, er war es wert, gerettet zu werden. Er war mein Freund.«
»Vielleicht wäre er es wert gewesen«, sagte A. »Aber er hatte ein schwaches Urteilsvermögen. Für solche Leute haben wir keinen Platz hier.«
»Worauf, zum Teufel, wollen Sie eigentlich hinaus?« fragte Lansing wütend. »Mir gefällt die Art nicht, wie Sie hier sitzen und Gericht halten. Mir gefällt überhaupt nichts an Ihnen. Ich habe Sie, ehrlich gesagt, noch nie gemocht.« »So kommen wir nicht weiter«, sagte D. »Ich gestehe Ihnen eine gewisse Animosität uns gegenüber zu, kleinliches Gezänk jedoch kann ich nicht erlauben. Das hält uns nur davon ab, miteinander zu reden.«
»Noch etwas«, sagte Lansing. »Falls die Unterhaltung sich in die Länge ziehen sollte, fänden wir es nicht gut, vor Ihnen stehen zu müssen wie Bittsteller vor einem Thron. Sie könnten wenigstens soviel Anstand besitzen, uns einen Platz anzubieten.« »Um Gottes willen, setzen Sie sich nur«, sagte A. »Holen Sie sich zwei Sessel herüber, und machen Sie es sich bequem.«
Lansing ging zu einer Seite des Raumes und kam mit zwei Stühlen zurück. Die beiden setzten sich.
Das Wesen, das in dem Korb geschlafen hatte, kam quer durch den Raum auf sie zu. Es schnüffelte beim Näherkommen. Dann rieb es sich zärtlich an Marys Beinen und legte sich auf ihre Füße. Es starrte sie mit Augen an, die vor Freundlichkeit überflossen.
»Ist das eventuell der Schnüffler?« fragte sie. »Er hat immer unser Lager untersucht, aber es ist uns niemals gelungen, einen Blick auf ihn zu werfen.«
»Ja, das ist Ihr Schnüffler«, antwortete C. »Es gibt zahlreiche Schnüffler, aber dieser hier war Ihnen zugeteilt.«
»Der Schnüffler hat uns beobachtet?«
»Das hat er getan.«
»Und Bericht erstattet?«
»Natürlich«, sagte C.
»Sie haben uns also die ganze Zeit über beobachtet«, stellte Lansing fest. »Sie haben keine Minute verpaßt. Sie waren über alles, was wir unternommen haben, informiert. Sie haben uns studiert wie ein offenes Buch. Hätten Sie vielleicht die Güte, uns zu erklären, was das alles zu bedeuten hat?« »Gern«, sagte A. »Sie haben ein Recht, es zu erfahren. Dadurch, daß Sie hierhergekommen sind, haben Sie sich diese Berechtigung verdient.«
»Wenn Sie zuhören wollen«, sagte B, »werden wir versuchen, es Ihnen zu erklären.«
»Wir lauschen«, sagte Mary.
»Sie kennen selbstverständlich die Vielzahl der Welten; Welten, die sich an Krisenpunkten von anderen Welten abgespalten haben. Und ich setze voraus, daß Sie mit der Evolutionstheorie vertraut sind.«
»Wir kennen die Evolution«, sagte Mary. »Es ist ein Selektionsprozeß, der nur die Stärksten überleben läßt.« »Genau. Und wenn Sie darüber nachdenken, werden Sie feststellen, daß auch die Bildung von alternativen Welten ein Evolutionsprozeß ist.«
»Sie meinen, für die Selektion besserer Welten? Haben Sie keine Probleme mit der Definition einer besseren Welt?« »Ja, natürlich haben wir die. Und aus diesem Grunde sind Sie hier, aus diesem Grunde haben wir auch die vielen anderen hergebracht. Die Evolution als solche funktioniert nicht. Sie basiert auf dem Prinzip, überlegene Lebensformen zu entwickeln. Aber in vielen Fällen sind die Überlebensfaktoren, die zur Dominanz einer Lebensform führen, in sich selbst fehlerhaft. Alle haben Mängel, viele tragen in sich den Keim zur Selbstzerstörung.«
»Das ist wahr«, gab Lansing zu. »Auf meiner eigenen Welt hatten wir einen Mechanismus entwickelt, der uns zum kollektiven Selbstmord befähigte.«
»Die menschliche Rasse mit all ihrer Intelligenz«, sagte B, »ist als Lebensform zu wertvoll, um ihr zu erlauben, sich selbst zu verschenken, oder, wie Sie es ausgedrückt haben, kollektiven Selbstmord zu begehen. Natürlich wird auch sie einen Nachfolger haben, falls sie irgendwann einmal verlöschen sollte. Eine Lebensform mit einem Überlebensfaktor, größer und umfassender als Intelligenz, wird dann das Erbe der Menschheit antreten. Wie dieser Überlebensfaktor aussehen könnte, wissen wir nicht. Er müßte nicht notwendig etwas Höheres sein als Intelligenz. Das Problem liegt bei der menschlichen Rasse darin begründet, daß sie ihrer Intelligenz niemals die Gelegenheit gegeben hat, sich bis zur vollen Größe zu entwickeln.« »Und Sie glauben Sie hätten einen Weg gefunden, wie sich dieses Intelligenzpotential voll entwickeln könnte?« fragte Mary.
»Wir hoffen es«, sagte D.
»Sie haben die Welt gesehen, auf der Sie sich zur Zeit befinden«, sagte A. »Sie hatten anhand einiger Werke ihrer früheren Bewohner die Möglichkeit Vermutungen anzustellen, in welche Richtung sich ihre Technologie entwickelt haben mochte.« »Wir haben die Türen gesehen«, sagte Lansing, »die zu anderen Welten führten. Das Konzept scheint mir besser zu sein als das der Weltensucher in meiner Heimat. Auf meiner Welt träumten die Menschen von Sternenschiffen. Es war nur ein Traum, denn wahrscheinlich ist es unmöglich Sternenschiffe zu bauen. Doch da fällt mir ein, was Jürgens erzählte. Seine Welt sei leer gewesen, weil die Menschheit zu anderen Sternen aufgebrochen war.«
»Wissen Sie, ob sie jemals angekommen ist?« fragte C. »Ich vermute es, aber ich weiß es nicht«, erwiderte Lansing. »Und dann haben wir noch diese Apparatur gesehen, die Sie Übersetzer genannt haben«, sagte Mary. »Eine weitere Möglichkeit zu reisen - zu reisen und zu lernen. Ich vermute, man konnte das Gerät benutzen, um den gesamten Kosmos zu studieren. Die Menschen gelangten auf diese Weise zu Ideen und Konzepten, die sie sich niemals erträumt hätten. Edward und ich gerieten nur in den äußeren Wirkungsbereich der Maschine, aber der General lief mitten hinein und verschwand. Können Sie uns sagen, wohin er geraten ist?« »Das können wir Ihnen nicht sagen«, erwiderte A. »Aber der Übersetzer kann gefährlich sein, wenn man ihn unsachgemäß benutzt.«
»Trotzdem haben Sie ihn offengelassen«, rief Lansing empört. »Als Falle für voreilige Besucher! Das ist unmenschlich!« »Sie haben es auf den Punkt gebracht«, sagte D. »Die Voreiligen werden eliminiert. In unserem Vorhaben ist kein Raum für Menschen, die wie Narren handeln.«
»Auf diese Weise haben Sie auch Sandra beim singenden Turm eliminiert und Jürgens auf dem Abhang, der ins Chaos führte.« »Ich spüre Feindschaft«, sagte D.
»Sie liegen verdammt richtig mit Ihrem Gefühl«, sagte Lansing. »Sie haben vier von uns eliminiert!« »Dabei hatten Sie noch Glück«, sagte A. »Oft genug trifft es die ganze Gruppe. Aber nicht wir sind es, die sie aussortieren, die Fehler liegen in ihnen selbst.«
»Und die Leute im Lager? Das Flüchtlingslager in der Nähe des singenden Turms?«
»Das sind Gescheiterte. Sie haben aufgegeben. Haben aufgegeben und sich niedergelassen. Sie beide haben nicht aufgegeben, deshalb sind Sie jetzt hier.«
»Wir sind hier«, sagte Lansing, »weil Mary die ganze Zeit über geglaubt hat, die Antwort müsse im Würfel liegen.« »Und durch die Kraft ihres Glaubens haben Sie das Rätsel des Würfels gelöst«, ergänzte A.
»Das stimmt«, sagte Lansing. »Aber, ehrlich gesagt, warum bin ich denn hier? Weil ich die ganze Zeit über hinter Mary hergetrottet bin?«
»Sie sind hier, weil Sie auf Ihrer Wanderung die richtigen Entscheidungen getroffen haben.« »Beim Chaos habe ich mich falsch verhalten.« »Der Ansicht sind wir nicht«, widersprach C. »Das Überleben ist zwar wichtig, deckt sich aber nicht immer mit der richtigen Entscheidung. Es gibt Entscheidungen, die wertvoller sind.« Der Schnüffler war auf Marys Füßen fest eingeschlafen. »Sie fällen moralische Urteile«, sagte Lansing zornig. »Sie sind große Richter und überaus selbstsicher. Dann sagen Sie mir auch, wer, zum Teufel Sie sind. Sind Sie die letzten Überlebenden dieser Welt?«
»Nein, das sind wir nicht«, sagte A. »Die Bezeichnung >Men-schen< können wir für uns nicht in Anspruch nehmen. Unsere Heimat ist ein Planet am anderen Ende der Galaxis.« »Warum sind Sie dann hier?«
»Ich weiß nicht, ob Sie es verstehen werden, wenn wir es Ihnen erklären. In Ihrer Sprache gibt es keine adäquate Bezeichnung für das, was wir sind. Als Ersatz für einen angemessenen Terminus können Sie sich vielleicht mit dem Begriff Sozialarbeiter behelfen.«
»Sozialarbeiter!« rief Lansing. »O Jesus, so weit ist es mit uns gekommen! Die menschliche Rasse braucht Sozialarbeiter. Wir sind so tief ins galaktische Getto abgesunken, daß wir Sozialarbeiter brauchen!«
»Ich habe Ihnen doch gesagt, daß der Begriff ungenau ist«, sagte A. »Halten Sie sich bitte folgendes vor Augen: Innerhalb der Galaxis gibt es nur sehr wenige intelligente Lebensformen, die ein solch großes geistiges Potential haben wie die Menschen. Dennoch steuert ihr auf den Untergang zu, wenn nichts dagegen unternommen wird. Selbst eine so hochentwickelte Zivilisation, wie sie einmal auf dieser Welt bestand, löste sich in Nichts auf. Die Narrheit brachte sie zum Erlöschen -wirtschaftliche Narrheit, politische Narrheit. Und Sie Lansing, wissen recht gut, daß Ihre Welt genauso untergehen wird, wenn irgend jemand auf den entsprechenden Knopf drückt. Ihre Welt Miss Owen, treibt ebenfalls auf die Katastrophe zu. In nicht allzu ferner Zukunft werden die Imperien zusammenbrechen, und es wird Jahrtausende dauern, bis sich eine neue Zivilisation aus den Trümmern erhebt, falls das überhaupt geschehen wird. Und wenn, dann wird diese Zivilisation schlechter sein als die, welche Ihnen vertraut ist. Auf allen alternativen Welten drohen Katastrophen der unterschiedlichsten Art. Die menschliche Rasse hat schlecht begonnen und sich im Laufe ihrer Entwicklung nicht verbessern können. Sie war von Anfang an dem Untergang geweiht. Als einzigen Ausweg sehen wir folgendes: Wir rekrutieren ausgewählte Menschen von allen Alternativwelten, und dieser Kader soll ein Neubeginn für die Menschheit sein, ihre zweite Chance.«
»Rekrutieren nennen Sie das?« sagte Lansing. »Ich würde es anders bezeichnen: fangen, pressen, entführen. Sie bringen uns auf diese Welt, ohne irgendeine Erklärung abzugeben, und dann überlassen Sie uns unserem Schicksal. Wir irren über diese alberne Teststrecke, die Sie hier eingerichtet haben, und Sie beobachten uns dabei, sehen zu, wie wir uns machen, und fällen dann Ihr Urteil über uns.«
»Wären Sie freiwillig gekommen, wenn wir Sie gefragt hätten? Hätten Sie sich anwerben lassen?«
»Nein«, sagte Lansing. »Und ich glaube, für Mary gilt das gleiche.«
»Auf allen Welten haben wir unsere Agenten und Werber«, erläuterte B. »Die Menschen, die wir hierherbringen, sind handverlesen. Es sind Menschen, von denen wir annehmen, daß sie eine Chance haben, den Test zu bestehen. Wir nehmen nicht die erstbesten. Wir sind sehr wählerisch. Im Laufe der Zeit haben einige tausend den Test bestanden. Es sind Menschen, die so beschaffen sind, daß sie eine Gesellschaft aufbauen können, die der menschlichen Rasse angemessen ist. Wir verrichten diese Arbeit, weil wir überzeugt sind, daß Menschen Ihrer Art der Galaxis nicht verlorengehen sollten. Später einmal, in Zusammenarbeit mit anderen Intelligenzen, werden Sie vielleicht dazu beitragen können, eine galaktische Gesellschaft aufzubauen - eine Gesellschaft, die alle gegenwärtigen Vorstellungen übersteigt. Wir denken, daß Intelligenz die Krone der Evolution sein könnte, daß es nichts Besseres gibt als Intelligenz. Aber wenn die Intelligenz sich selbst zerstört, wie es nicht nur in Ihrem Fall, sondern auch anderswo geschieht, dann wird die Evolution nach einem anderen Überlebensfaktor suchen, und das Konzept der Intelligenz wird für alle Zeiten verloren sein.« »Edward«, sagte Mary, »seine Worte klingen plausibel; vielleicht hat auch das, was sie getan haben, Gültigkeit.« »Vielleicht«, sagte Lansing, »aber mir gefällt die Art nicht, wie sie die Sache angehen.«
»Möglicherweise ist das der einzige Weg«, wandte Mary ein. »Keiner würde sich freiwillig melden. Und diejenigen, die es doch tun würden, wären vielleicht genau die Art von Menschen, für die sie keine Verwendung haben.«
»Ich freue mich«, sagte A, »daß Ihre Haltung nicht mehr ganz so ablehnend ist.«
»Welche Alternativen bleiben uns sonst noch?« fragte Lansing verbittert.
»Nicht viele«, erwiderte B. »Wenn Sie es wünschen, können Sie in die Welt zurückkehren, die Sie gerade verlassen haben.« »Das möchte ich nicht«, sagte Lansing, denn er dachte an das Lager der Gestrandeten in dem Tal am Fluß. »Wie steht es mit unseren eigenen.«
Er sprach den Satz nicht zu Ende. Wenn sie zu ihren eigenen Welten zurückkehrten, konnten Mary und er nicht zusammenbleiben. Er tastete nach ihrer Hand und drückte sie fest. »Sie wollten fragen, ob Sie auf Ihre Heimatwelten zurückkehren können«, sagte D. »Es tut mir leid, aber das ist unmöglich.« »Wohin wir gehen, ist gleichgültig«, sagte Mary, »wenn Edward und ich nur zusammenbleiben können.«
»Gut«, sagte A, »das wäre also geklärt. Wir sind froh, daß wir Sie haben. Wenn Sie bereit sind, können Sie durch die Tür links in der Ecke gehen. Sie führt nicht auf die Welt, die Sie gerade verlassen haben, sondern auf eine völlig neue Welt.« »Noch eine Alternativwelt?« fragte Mary. »Nein, es handelt sich um einen erdähnlichen Planeten, sehr weit fort von hier. Nachts werden Sie dort fremde Sternbilder am Himmel sehen. Eine zweite Chance, haben wir gesagt. Sie erhalten einen ganz neuen Planeten für diese zweite Chance. Es gibt dort nur eine Stadt -im Grunde eher einen großen Universitätskomplex. Sie werden dort die Dinge lehren, die Sie kennen, und an Seminaren teilnehmen, um die Dinge zu studieren, von denen Sie nichts wissen. Es handelt sich um Disziplinen, von denen Sie möglicherweise noch nie etwas gehört, an die Sie niemals gedacht haben. Lehren und Lernen wird Sie viele Jahre lang beschäftigen, vielleicht Ihr ganzes Leben. Es wird dort eine Gesellschaft von höchstem intellektuellem Niveau heranwachsen, die mit einem besseren geistigen Rüstzeug versehen sein wird, als es irgendeine irdische Kultur jemals besessen hat. Diese Gruppe wird irgendwann, in hundert oder mehr Jahren, ganz selbstverständlich damit beginnen, eine Weltgesellschaft aufzubauen. Jetzt ist es dafür noch zu früh. Zu viel muß erst noch gelernt werden. Kein wirtschaftlicher Druck wird Sie während Ihrer Ausbildungszeit belasten, obwohl die Gruppe nicht umhinkönnen wird, irgendwann ein ökonomisches System aufzubauen. Aber im Moment ist für alles gesorgt. Das einzige, was wir verlangen, ist, daß Sie lernen und sich die Zeit nehmen, vollwertige Menschen zu werden.« »Mit anderen Worten«, sagte Lansing, »Sie kümmern sich auch weiterhin um uns.« »Ärgert Sie das?«
»Ich glaube schon«, erwiderte Mary. »Aber er wird darüber hinwegkommen.«
Lansing erhob sich, und Mary folgte seinem Beispiel.
»Welche Tür, haben Sie gesagt?« fragte sie.
»Diese dort«, sagte A und wies ihnen die Richtung.
»Eine Frage habe ich noch, bevor wir gehen«, sagte Lansing.
»Sagen Sie mir doch, wenn es Ihnen nichts ausmacht, was Chaos ist.«
»Auf Ihrer Welt«, begann D, »gibt es eine Chinesische Mauer.« »Ja, und ich nehme an, auf Marys ebenfalls.« »Chaos ist sozusagen eine chinesische Mauer der Superlative. Es war die letzte und größte Dummheit, die die früheren Bewohner dieses Planeten vollbracht haben. Sie beschleunigte ihren Untergang. Aber es würde zu weit führen, die ganze Geschichte zu erzählen.«
»Ich verstehe«, sagte Lansing und wandte sich zur Tür. »Würden Sie es uns übelnehmen«, fragte A, »wenn wir Ihnen sagten, daß Sie unseren Segen mit auf den Weg nehmen?« »Im Gegenteil«, sagte Mary. »Wir danken Ihnen für Ihre Freundlichkeit und für die zweite Chance.«
Sie gingen zur Tür, doch bevor sie sie öffneten, schauten sie sich noch einmal um. Die vier saßen reglos auf dem Sofa und sahen ihnen mit ihren weißen, blinden Totengesichtern nach. Lansing stieß die Tür auf, und die zwei überschritten die Schwelle.
Sie standen auf einer Wiese, und in der Ferne erblickten sie die Giebel und Türme der Universität. Die Abendglocken läuteten. Hand in Hand gingen sie auf die zweite Chance der Menschheit zu.