IV. DUELL MIT WAFFEN

Die Piraten versammelten sich auf der Außenhaut der Atlas und auf ihrem eigenen Schiff sirianischen Entwurfs. Einige standen, wobei die Magnetfelder ihrer Stiefel sie festhielten. Andere hatten sich, um besser sehen zu können, losgelassen und hielten ihren Standort durch ein kurzes magnetisches Kabel, das am Schiffsrumpf befestigt war.

80 Kilometer voneinander entfernt waren zwei Tore aus Metallfolie aufgestellt worden. In zusammengelegtem Zustand an Bord waren sie nicht größer als ein Quadratmeter, aufgeklappt erstreckten sich dreißig Meter weit nach allen Seiten dünngewalzte Beryllium-Magnesium-Bogen. In ihrer Helligkeit nicht beeinträchtigt und in den Weiten des Weltraums von Einflüssen unbeeinträchtigt, wurden sie in Rotation versetzt und die glitzernde Reflektion der Sonne auf ihrer glänzenden Oberfläche sandte Strahlen aus, die kilometerweit zu sehen waren.

»Ihr kennt die Regeln.« Antons Stimme erscholl lautstark in Luckys Ohren, und wahrscheinlich ging es Dingo ebenso.

Lucky konnte eine halbe Meile entfernt den Raumanzug seines Gegners als sonnenbeschienenen Fleck ausmachen. Das Rettungsboot, das sie beide hier abgesetzt hatte, flog jetzt eilig zum Piratenschiff zurück.

»Ihr kennt die Regeln«, sagte Antons Stimme. »Wer zu seinem eigenen Tor zurückgedrückt wird, hat verloren. Wird niemand zurückgedrückt, dann verliert derjenige, dessen Stoßpistole zuerst leer ist. Keine zeitliche Begrenzung. Kein Abseits. Ihr habt noch fünf Minuten. Die Stoßpistole darf bis zum Kommando nicht benutzt werden.«

Kein Abseits, dachte Lucky. Jetzt hatte sich Anton verraten. Stoßpistolen-Duelle durften als legale Sportart nicht mehr als hundertfünfzig Kilometer von einem Asteroiden entfernt abgehalten werden, dessen Durchmesser mindestens achtzig Kilometer betragen mußte. So war gewährleistet, daß immer eine fühlbare Anziehungskraft, sei sie auch noch so gering, auf die Spieler einwirkte. Nicht genug, um die Beweglichkeit zu beeinflussen, jedoch ausreichend, um einen Teilnehmer, der sich kilometerweit draußen im All mit einer leergeschossenen Pistole befand, zu retten. Selbst wenn man in dieser Lage nicht von einem Rettungsboot aufgefischt wurde, brauchte man sich nur ruhig zu verhalten, und in wenigen Stunden, schlimmstenfalls aber in ein bis zwei Tagen würde der Betreffende auf die Asteroidenoberfläche zurücktreiben.

Aber hier gab es hunderttausend Kilometer im Umkreis keinen Asteroiden von ausreichender Größe. Ein anständiger Stoß würde auf ewig seine Wirkung behalten. Es war mehr als wahrscheinlich, daß die Reise schließlich und endlich in der Sonne enden würde, lange nachdem der unglückliche Kämpfer aus Sauerstoffmangel erstickt war. Wurde ein Teilnehmer außerhalb bestimmter Grenzen getrieben, so galt es üblicherweise als abgemacht, daß die Begegnung bis zu seiner Rückkehr neutralisiert wurde.

»Kein Abseits« bedeutete »auf Leben und Tod«.

Über die vielen Kilometer zwischen Luckys im Helm eingebauten Sender und dem Piratenschiff hinweg, erklang Antons Stimme scharf und klar. »Noch zwei Minuten. Schaltet eure Körpersignale ein«, sagte Anton.

Lucky hob die Hand und legte den Schalter auf seiner Brust um. Die farbige Metallfolie, die vorher mit einem Magnet an seinem Helm angebracht worden war, begann sich zu drehen.

Es handelte sich um ein Tor in Kleinausgabe. Eben war Dingos Gestalt noch ein trüber Punkt gewesen, jetzt verwandelte er sich in ein flackerndes rotes Licht. Lucky wußte, daß sein eigenes Signal grün war. Die Tore strahlten perlweiß.

Selbst in diesem Augenblick war ein Teil seiner Gedanken weit, weit weg. Ganz am Anfang hatte er versucht, Einwände zu erheben. »Wissen Sie, mir ist es recht so, verstehen Sie mich richtig«, hatte er gesagt. »Aber während wir da draußen herumalbern, könnte ein Regierungskreuzer.«

Mit Verachtung in der Stimme hatte Anton geblafft: »Vergiß es. Kein Patrouillenschiff hat den Mumm, so tief zwischen die Felsen vorzustoßen. Wir haben hundert Schiffe in Rufweite, es gibt tausend Felsen, die uns aufnehmen können, falls wir flüchten müssen. Mach', daß du in deinen Anzug kommst.«

Hundert Schiffe! Tausend Felsen! Falls das stimmte, dann hatten sich die Piraten nie ganz in die Karten blicken lassen. Was ging hier vor?

»Noch eine Minute!« Antons Stimme durchs All.

Grimmig hob Lucky seine beiden Stoßpistolen. Dabei handelte es sich um >L<-förmige Objekte, die an elastischen Schläuchen an den Gaszylindern, die wie ein Rettungsring um seine Hüften gelegt worden waren, hingen. (Die Zylinder enthielten flüssiges Kohlendioxyd, das unter hohem Druck stand.) Vor Jahren waren die Verbindungsschläuche noch aus Metall gewesen. Das war haltbarer, aber gleichzeitig auch viel schwerer und hatte die Beweglichkeit und Treffgenauigkeit der Stoßpistolen beeinträchtigt. Bei Stoßduellen kam es auf flinkes Zielen und Feuern an. Als man ein mit Fluor veredeltes Silikon entwickelt hatte, das bei Weltraumtemperatur flexibel blieb und unter direkter Sonneneinstrahlung nicht klebrig wurde, begann man überall die leichtere Schlauchverbindung zu verwenden.

»Schießt, wenn ihr soweit seid!« rief Anton.

Eine von Dingos Stoßpistolen feuerte. Das flüssige Kohlendioxyd verbrodelte in einer heftigen Reaktion zu Gas und schoß aus der winzigen Mündung der Stoßpistole. Keine zwanzig Zentimeter von der Austrittsöffnung entfernt gefror das Gas zu einer Linie winziger Kristalle. Innerhalb einer halben Sekunde, nachdem der Abzug betätigt worden war, hatte sich eine kilometerlange Kristallspur gebildet. Während sie in die eine Richtung zeigte, wurde Dingo in die entgegengesetzte gedrückt. Ein Raumschiff und sein Antriebsstrahl in Miniaturausgabe.

Dreimal blitzte die »Kristallspur« auf und verlor sich in der Ferne. Sie deutete genau von Lucky weg, jedesmal gewann Dingo an Geschwindigkeit und kam auf Lucky zu. Das Ganze erweckte einen trügerischen Eindruck. Für das Auge bestand die einzige sichtbare Veränderung in dem allmählichen Hellerwerden von Dingos Signalscheibe, Lucky wußte aber, daß der Abstand zwischen ihnen rasend schnell überbrückt wurde.

Was Lucky nicht wußte, war, welche Strategie er zu erwarten hatte und welche Verteidigungstaktik er anwenden mußte. Er wartete ab, um zu sehen, wie sich der Angriff des anderen entwickelte.

Inzwischen war Dingo groß genug geworden, um ihn als menschenähnliche Gestalt mit einem Kopf und vier Extremitäten erscheinen zu lassen. Er schwebte auf einer Seite vorbei und traf keine Anstalten, seine Zielrichtung zu verändern. Er schien es zufrieden zu sein, sich weit links von Lucky zu halten.

Lucky wartete immer noch ab. Das Durcheinander der Rufe, die in seinem Helm aufklangen, war verstummt. Sie kamen von den eingeschalteten Sprechgeräten der Zuschauer. Obwohl sie zu weit entfernt waren, um die Kämpfer sehen zu können, waren sie sehr wohl in der Lage, die Bewegungen der Signalscheiben und die Kohlendioxydspuren zu verfolgen. Sie warteten auf etwas, dachte Lucky.

Es geschah plötzlich.

Rechts von Dingo erschien ein Kohlendioxydstoß, dann noch einer, und seine Flugbahn veränderte sich in Richtung auf die Position des jungen Ratsmitglieds. Lucky riß die Stoßpistole hoch, jederzeit bereit, nach unten zu schießen, um den Nahkampf zu vermeiden. Am sichersten war es, dachte er, genau das zu tun und sich so langsam und so wenig wie möglich zu bewegen, um mit dem Kohlendioxyd zu haushalten.

Aber Dingos Flug setzte sich nicht in Luckys Richtung fort. Er feuerte genau geradeaus, eine lange Spur stand im All, sie begann in der Ferne kleiner zu werden. Lucky beobachtete den Gegner aufmerksam, und viel zu spät erkannten seine Augen die Lichtspur.

Sicher, die von Dingo zuletzt abgefeuerte Kohlendioxydlinie kam auf ihn zu, aber sein Gegner hatte sich nach links bewegt und die Linie ebenso. Beide Bewegungen zusammen führten den Strahl genau auf Lucky zu, und die Spur traf ihn voll an der Schulter.

Für Lucky fühlte es sich wie ein harter Schlag an. Die Kristalle waren winzig, verteilten sich aber meilenweit und legten in der Sekunde viele Meilen zurück. Alle trafen seinen Anzug so schnell, daß ihm nicht einmal Zeit zu einem Blinzeln zu bleiben schien. Luckys Panzeranzug erzitterte, und der Aufschrei der Zuschauer erfüllte seinen Helm mit Lärm.

»Du hast ihn, Dingo!«

»Was für ein Treffer!«

»Genau auf das Tor zu. Sieh' nur!«

»Wunderbar, einfach großartig!«

»Guck' mal wie der Clown kreiselt!«

Im Hintergrund gab es ein Gemurmel, das sich irgendwie nicht ganz so begeistert anhörte.

Lucky kreiselte, oder besser gesagt, seinen Augen kam es so vor, als ob der Himmel und alle Sterne kreiselten. Vor seiner Sichtscheibe wurden die Sterne zu weißen Schlieren, als ob sie nun gleichfalls aus Kohlendioxydkristallen bestehen würden.

Außer den vielen verschwommenen Schemen konnte er nichts erkennen. Einen Augenblick lang hatte es den Anschein, als habe der Treffer die Fähigkeit zu denken bei ihm ausgeschaltet.

Ein Stoß in der Magengegend und einer ins Kreuz schickten ihn immer noch kreiselnd mit atemberaubender Geschwindigkeit weiter und weiter in den Weltraum hinaus.

Er mußte sich etwas einfallen lassen, sonst spielte Dingo von einem Ende des Universums bis zum anderen Fußball mit ihm. Als erstes mußte die Drehung aufhören, damit er sich orientieren konnte. Er überschlug sich diagonal zur Körperachse, linke Schulter über rechte Hüfte. Er richtete seine Stoßpistole in die entgegengesetzte Richtung. Mit blitzschnellen Stößen pumpte er Ströme von Kohlendioxyd heraus.

Die Sterne wurden langsamer, bis ihre Drehbewegungen nur noch ein gemessenes Marschtempo hatten, wodurch aus ihnen präzise definierbare Fixpunkte wurden. Das Firmament war wieder so, wie er es kannte.

Ein Stern flimmerte und war zu hell, Lucky wußte, daß es sich um sein Tor handelte. Beinahe diametral entgegengesetzt dazu befand sich Dingos in bösem Rot leuchtende Signalscheibe. Lucky konnte sich nicht hinter das Tor begeben, dann war das Duell vorbei, und er hätte verloren. Jenseits oder ein Kilometer vor dem Torraum war das Spiel in der Regel beendet. Andererseits konnte er es sich auch nicht leisten, näher an seinen Gegner heranzukommen.

Er richtete seine Stoßpistole pfeilgerade über seinen Kopf, löste den Kontakt aus und hielt fest. Er zählte bis sechzig, bevor er den Kontakt losließ, und während der gesamten Minute spürte er auf dem Weg nach unten den Druck gegen den Helm.

Das war eine Verzweiflungstat, denn in einer einzigen Minute verbrauchte er den Kohlendioxydvorrat einer halben Stunde.

Außer sich schrie Dingo: »Du schäbiger Feigling! Miese Flasche!«

Die Schreie der Zuschauer schwollen ebenfalls an.

»Seht mal, wie er türmt.«

»Er ist an Dingo vorbei. Schnapp' ihn dir, Dingo!«

»He, Williams. Kämpf wie ein Mann.«

Wieder konnte Lucky das blutrote Signal seines Feindes erkennen.

Er mußte in Bewegung bleiben. Etwas anderes konnte er nicht tun. Dingo war ein Profi, der einen vorbeiflitzenden zentimetergroßen Meteoriten treffen konnte. Was ihn selbst anging, dachte Lucky voller Reue, so würde er wahrscheinlich Schwierigkeiten haben, Ceres auf einen Kilometer zu treffen.

Er benutzte seine Stoßpistolen abwechselnd. Nach links, dann nach rechts; dann blitzartig nach rechts, wieder links und noch einmal nach rechts.

Das brachte nichts. Es war so, als ob Dingo im voraus wußte, wo es hinging. Er schnitt ihm den Weg ab und näherte sich erbarmungslos.

Lucky fühlte, wie ihm auf der Stirn der Schweiß ausbrach, und dann wurde ihm die Stille ringsumher bewußt. Er konnte sich nicht genau erinnern, seit wann das so war, aber sie hatte wie das Abreißen eines Fadens eingesetzt. Einen Augenblick vorher war da das Geschrei und die Lachsalven der Piraten gewesen, und gleich darauf diese Stille des Weltraums, in dem man nie ein Geräusch hören konnte.

War er aus dem Sendebereich des Schiffes getrieben? Unmöglich! Eingebaute Sender, selbst die primitivsten, reichten im All viele tausend Meilen. Er drehte die Regler auf seiner Brust auf Maximum.

»Captain Anton!«

Aber ihm antwortete nur Dingos rauhe Stimme. »Hör auf zu schreien, ich kann dich verstehen.«

»Auszeit! Mit meinem Radio stimmt etwas nicht.«

Dingo war inzwischen wieder nahe genug heran, um als menschliche Gestalt erkennbar zu sein. Eine blitzende Kristallspur, und er schwebte noch näher heran. Lucky wich zurück, aber der Pirat folgte dicht auf.

»Alles in Ordnung«, sagte Dingo. »Der Sender ist präpariert, das ist alles. Ich habe gewartet, lange gewartet. Hätte dich längst am Tor vorbeipusten können, aber ich wollte abwarten, bis der Sender ausfällt. Hab' nur 'nen kleinen Transistor abgeknipst, bevor du in den Anzug gestiegen bist. Mit mir kannst du dich immer noch unterhalten. Ein, zwei Meilen weit reicht er noch. Das heißt, ein Weilchen kannst du noch mit mir reden.« Sein eigener Witz schien ihm zu gefallen, er lachte bellend.

»Das verstehe ich nicht«, meinte Lucky.

In Dingos Stimme schwang abgrundtiefe Grausamkeit mit. »Du hast mich auf dem Schiff mit dem Blaster im Halfter erwischt. Du hast mich mattgesetzt. Mich wie einen Dummkopf aussehen lassen. Niemand legt mich so rein und macht den Molly mit mir, wenn der Captain dabei ist und lebt anschließend noch lange. Ich spare dich nicht auf, damit dich jemand anders kaltmacht, ich erledige dich hier! Und zwar höchstpersönlich!«

Dingo war jetzt viel näher. Lucky konnte beinahe das Gesicht hinter der dicken Glassitscheibe erkennen.

Seine Ausweichbewegungen gab er auf. Das konnte, so überlegte er, auf Dauer nur dazu führen, daß er ständig ausmanövriert wurde. Er dachte daran, schlicht und einfach die Flucht zu ergreifen, mit wachsender Geschwindigkeit davonzustoßen, bis der Gasvorrat zu Ende war.

Aber was geschah dann? Und würde er es zufrieden sein, sein Leben als Feigling zu beschließen?

Er würde sich einfach wehren müssen. Er zielte mit der Stoßpistole auf Dingo, aber als die Kristallspur durch den Punkt ging, an dem Dingo eben noch gewesen war, war der Pirat längst verschwunden. Er versuchte es wieder und wieder, aber Dingo war ein tanzender Derwisch.

Und dann spürte Lucky den harten Aufprall des Strahls aus der Stoßpistole seines Gegners, und wieder begann er zu kreiseln. Verzweifelt bemühte er sich, der Spiralbewegung zu entrinnen, aber bevor er das bewerkstelligen konnte, merkte er die dröhnende Gewalt eines Körpers, der mit dem seinen zusammenprallte.

Dingo hielt Luckys Anzug fest umklammert.

Helm zu Helm. Visier an Visier. Lucky starrte auf die weiße Narbe, die Dingos Oberlippe in zwei Hälften teilte. Als der Pirat lächelte, zog sie sich zusammen.

»Hallo, Kumpel«, sagte er. »Freut mich, dich zu sehen.«

Als er den Haltegriff der Arme löste, schwebte Dingo einen Augenblick lang davon, oder es hatte zumindest den Anschein. Mit den Oberschenkeln hielt der Pirat Lucky fest um die Knie gefaßt, und mit der Kraft eines Gorillas verdammte er Lucky zur Bewegungsunfähigkeit. Mit seinen drahtigen Muskeln wand sich das junge Ratsmitglied ohne Erfolg einmal nach hier und dann wieder in die andere Richtung.

Dingos teilweiser Rückzug bezweckte nur, daß seine Hände freikamen. Er streckte einen Arm hoch, mit dem Stoßpistolenkolben voran. Er traf das Visier voll, und Luckys Kopf schlug unter dem plötzlichen schmetternden Aufprall ins Genick zurück. Der gnadenlose Arm kam wieder hoch, während der andere sich um Luckys Kopf legte.

»Half die Birne still«, knurrte der Pirat. »Ich bring' das hier zu Ende.«

Lucky wußte, daß dies buchstäblich der Wahrheit entsprach, falls er nicht schnell handelte. Glassit war stark und haltbar, würde Rammstößen mit einem Metallgegenstand nur begrenzte Zeit standhalten.

Er preßte den Ballen seiner behandschuhten Hand gegen Dingos Helm, drückte den Arm durch und schob den Kopf des Piraten zurück. Dingo tauchte mit dem Schädel zur Seite und schüttelte Luckys Arm ab. Zum zweitenmal krachte der Kolben gegen das Visier.

Lucky ließ beide Stoßpistolen los, es kümmerte ihn nicht, daß sie an ihren Verbindungsschläuchen herabbaumelten. Mit sicherem Griff langte er nach Dingos Pistolenkabeln. Er ließ sie durch die Finger seiner Stahlhandschuhe gleiten. Seine Armmuskeln schwollen und zogen sich schmerzhaft zusammen. Er biß die Zähne zusammen und merkte, wie das Blut in den Schläfen zu pochen begann.

Während sich sein Mund in freudiger Erwartung verzog, vergaß Dingo alles um sich herum, außer dem nach oben gewandten Gesicht seines Opfers hinter der durchsichtigen Visierscheibe, das vor Angst verzerrt war, wie er annahm. Noch einmal krachte der Kolben auf das Glassit. Eine kleine sternförmige Bruchstelle erschien dort, wo das Metall getroffen hatte.

Dann gab etwas anderes nach, und das Universum schien verrückt zu werden.

Zuerst ging der eine der Verbindungsschläuche an Dingos Stoßpistolen ab und fast augenblicklich danach der andere. Ein unkontrollierter Kohlendioxydstrom schoß aus den zerrissenen Schläuchen.

Die Schläuche peitschten wie wildgewordene Schlangen umher. Lucky wurde durch die unkontrollierte und wahnwitzigen Beschleunigungen erst an die eine, dann gegen die andere Anzugseite geschleudert.

Dingos Griff lockerte sich, und er schrie überrascht auf.

Sie wurden beinahe von einander getrennt, aber Lucky hielt sich grimmig an der Ferse seines Gegners fest.

Der Kohlendioxydstrom wurde schwächer, und Hand über Hand arbeitete sich Lucky am Bein des Piraten hoch.

Sie schienen jetzt im Raum stillzustehen. Die zufälligen Jetstöße hatten sie noch nicht einmal in ein spürbares Trudeln versetzt. Dingos Stoßpistolenschläuche, inzwischen tot und schlaff, behielten ihre letzte Position bei. Alles schien stillzustehen, still wie der Tod.

Aber das war Einbildung. Lucky war sich darüber im klaren, daß sie jede Sekunde mehrere Meilen in die Richtung zurücklegten, in die der letzte Jetstrahl sie beide befördert hatte. Sie trieben allein und verloren im Weltraum.

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