VOM AUTOR
Schauen Sie in einer dunkeln, wolken- und mondlosen Nacht zum Himmel empor. Sie werden eine riesige Zahl von Sternen erblicken. Mit dem bloßen Auge kann man nicht mehr als fünftausend zählen; mit dem Fernglas dagegen werden Sie viel mehr beobachten können. Der berühmte Gelehrte Galilei (1564—1642) hat mittels eines selbstgefertigten Fernrohres mit zweiunddreißigfacher Vergrößerung viele bemerkenswerte Beobachtungen am Mond und an den Sternen gemacht.
Die Wissenschaft von den Bewegungen der Himmelskörper, ihre Beschaffenheit, Herkunft, Entwicklung und Zukunft heißt Astronomie. Dieses Wort ist aus den griechischen Wörtern »astron«, der Stern, und »nomos«, das Gesetz, zusammengesetzt.
Die Wissenschaftler beobachten die Sterne mittels spezieller Vorrichtungen, unter denen es sehr große Fernrohre, die Teleskope oder Refraktoren, gibt. Im Jahre 1919 wurde im Observatorium auf dem Berg Mount Wilson in USA ein Teleskopgigant erbaut. Seine Vergrößerungslinse hat einen Durchmesser von hundert Zoll. Dieses Teleskop sammelt hundertsechzigtausendmal mehr Licht als das menschliche Auge. Das Rohr des Teleskops hat eine Länge von 13 Metern.
Der sowjetische Gelehrte D. D. Makssutow, Forscher auf dem Gebiete der Optik, hat vor einiger Zeit ein Meniskteleskop konstruiert. Dieses ganz neuartige astronomische Gerät stellt eine bemerkenswerte Erfindung dar. Anstatt der üblichen beiderseitigen konvexen Vergrößerungsgläser hat Makssutow sogenannte Meniskengläser angewandt, das heißt Vergrößerungsgläser, bei denen eine Seite konvex und die andere konkav ist. Es hat sich erwiesen, daß solch ein Teleskop erstaunlich deutliche Bilder von den Himmelskörpern gibt, viel besser und deutlicher als irgendein beliebiges gewöhnliches Teleskop. Das Wesentliche aber ist, daß das Meniskteleskop viel kleiner, kompakter und billiger ist.
Die Astronomie ist eine sehr interessante und fesselnde Wissenschaft. Man kann aus ihr viele merkwürdige, aber feststehende Tatsachen erfahren, so zum Beispiel, daß die Temperatur im Innern der Sonne 20 Millionen Grad beträgt. Wenn es gelingen würde, einen Stecknadelkopf bis zu dieser Temperatur zu erwärmen, dann hätte die Hitze im Augenblick alles im Umkreis von 1500 Kilometern eingeäschert. Noch ein Beispiel: jeder Lichtstrahl besteht aus einer Masse, freilich einer sehr kleinen. Wie jede Masse, muß sie ein bestimmtes Gewicht haben. Die Astronomen haben ausgerechnet, daß eine elektrische Lampe von 40 Kerzen 1 Gramm der Masse ausstrahlen würde, wenn sie 700 Jahre ununterbrochen brennt. Und wieviel Masse strahlt unsere Sonne aus, die so riesige, funkelnde? In jeder Sekunde strahlt die Sonne aus und verliert ungefähr 4 Millionen Tonnen ihrer Materie. Folglich wiegt die Sonne in der Sekunde, wo Sie dieses Wort lesen, um 360 Milliarden Tonnen weniger als gestern um dieselbe Zeit. Aber das macht nichts aus. Die Sonne ist so riesengroß, daß sie erst in 46 Millionen Jahren so viel von ihrem Gewicht verloren haben wird, wie die Erde wiegt.
Wenn man von den Planeten, die um die Sonne und die andern Sternsonnen kreisen, spricht, dann taucht unwillkürlich der Gedanke auf: gibt es auf den andern Planeten Leben und denkende Lebewesen wie auf der Erde? Oder ist die Erde der einzige Planet im Weltall, auf dem Leben möglich ist?
Die feste Überzeugung, daß die Erde nicht der einzige bevölkerte Himmelskörper im Weltall ist, entstand schon vor sehr langer Zeit. Bereits vor zweitausend Jahren sagte der griechische Weise Metrodoros:
»Die Erde für die einzige bevölkerte Welt zu halten, wäre dieselbe zum Himmel schreiende Dummheit wie die Behauptung, daß auf einem riesigen Weizenfeld nur eine einzige Ähre gedeihen kann.«
Giordano Bruno (1548—1600), einer der größten Denker und Astronomen, hat ein bemerkenswertes Buch »Über die Unendlichkeit des Weltalls und über die Welten« geschrieben; es wurde zum erstenmal im Jahre 1584 in London herausgegeben. Giordano Bruno legt die erstaunlich gewagte Lehre von der Unendlichkeit des Weltalls und der Unzahl der bevölkerten Welten dar. In seinem Buch lesen wir:
»Es gibt unzählige Erden, unzählige Sonnen und einen unendlichen Äther . . . All diese verschiedenen Arten vereinigen sich und stellen das gesamte unendliche Weltall dar. Teile des Unendlichen sind ebenso unendlich . . . Diese Welten werden von Lebewesen bevölkert und von diesen bebaut . . . Wir sehen die Sonnen, die noch größer, sogar riesengroß sind, aber wir sehen nicht die Erden, die, weil sie viel kleinere Körper sind, für uns unsichtbar bleiben . . .«
Die zeitgenössischen Astronomen drücken diese Gedanken auf folgende Weise aus: »Wir sehen die Sterne, aber nicht ihre dunkeln Trabanten, das heißt die Planeten, die um die Sonnen dieser unzähligen Sterne des unendlichen Weltalls kreisen.« Die Arbeiten des schwedischen Astronomen Holmberg aus dem Jahre 1939 haben die volle Wahrscheinlichkeit des Gedankens von Giordano Bruno gezeigt. Es ist schon bewiesen, daß bei den uns nächsten Sternen dunkle Trabanten existieren, den Planeten unseres Sonnensystems ähnlich. Einige Erforscher des Planeten Mars — Lowell, Stovicek u. a. — kommen zu dem Schluß, daß auf ihm Voraussetzungen für Leben vorhanden sind.
Deshalb hat der Traum des Gelehrten Solnzew, daß er selbst den Planeten, auf dem Lebewesen leben, arbeiten und um Freiheit und Glück kämpfen, besucht hat, eine Grundlage. Der wissenschaftliche Fortschritt ist ohne Traum, ohne schaffende Phantasie undenkbar. Aber der ernste wissenschaftliche Traum wird auf die Voraussicht von Möglichkeiten aufgebaut. Wenn günstige historische Ereignisse eintreten, dann wird ein unmöglicher Traum zur realen Wirklichkeit. Solnzew hat für seinen Planeten keine besondern Bedingungen erdacht; deswegen besitzt sein zehnter Planet im Grunde genommen die Bedingungen, die denen des dritten ähnlich sind. Es erübrigt sich, zu sagen, daß es einen solchen Planeten, wie den Zehnten, in Wirklichkeit nicht gibt.
Wie gelangt man von der Erde auf einen andern Planeten? Solnzew ist Astronom und nicht Ingenieur; deshalb bleibt sein Traum nicht an den technischen Einzelheiten einer Planetenreise haften. Sein Traum vom Planetoplan gleicht dem, den die Menschen von der Aviatik träumten, bevor Motor und Flugzeug erfunden wurden. Der frühere schöne Traum von einer Reise in die Luft ist nun alltägliche Wirklichkeit geworden. Ebenso sicher werden sich auch einmal die Träume von einem Verkehr von Planet zu Planet in der Zukunft verwirklichen.
Um sich von der Erde loszureißen und die Anziehungskraft derselben zu überwinden, muß das Planetenflugzeug eine Anfangsgeschwindigkeit von nicht weniger als 12 Kilometern in der Sekunde haben. Es unterliegt keinem Zweifel, daß Wissenschaft und Technik das erreichen werden. Die Erschließung neuer Energiequellen und vielleicht die Ausnutzung der Photonen werden auch zur Verwirklichung des Traumes beitragen. All diese Momente haben auch die schöpferischen Gedanken und Arbeiten des hervorragenden russischen Gelehrten K. E. Ziolkowskij, des Erfinders und Konstrukteurs der Raketenmotoren, gelenkt.
Es gibt keinen zehnten Planeten. Die Reise des Gelehrten Solnzew ist nur seine astronomische Phantasie, die er im Zustand eines kurzen, nicht tiefen, sogenannten Halbschlafes erlebt, der nach wissenschaftlichen Feststellungen ein Schlaf mit Traumbildern ist. Es wurde festgestellt, daß Interessen und Eindrücke des Wachzustandes das Material für die Entstehung der Traumbilder bilden können. Der Wissenschaftler I. P. Pawlow stellt in seinen klassischen Vorlesungen über »Die Funktionen der Großhirnhemisphären« fest:
»Ein Traumbild ist die Folge einer zeitlich früher stattgefundenen Reizung.« (23. Vorlesung.)
Eine Reihe von Gelehrten stellte auch fest, daß in den Traumbildern neben der Zusammenhangslosigkeit, der Unterbrechung, dem Widerspruch und dem Zufall der Verbindungen auch die Fähigkeit zu einer höheren psychischen Tätigkeit — zu Geistesschärfe, schöpferischer Leistung, wertvollen Schlußfolgerungen usw. — bleibt.
Es ist bekannt, daß der berühmte französische Fabeldichter Lafontaine im Zustand einer Art von Halbschlaf eine interessante Fabel geschrieben hat.
Die Erlebnisse Solnzews sind die natürlichen eines sowjetischen Gelehrten, der die Epoche des Großen Vaterländischen Krieges tief empfunden und im Gedächtnis bewahrt hat. Nach 15 Jahren, also 1956, beherrschen ihn diese früheren Eindrücke und Erlebnisse noch sehr stark.
In der Erforschung der verschiedenen Formen des nicht tiefen Schlafes und der Traumbilder haben die Physiologen und die Psychologen erst die ersten Schritte gemacht.
Meiner Ansicht nach ist hier ein Gebiet, auf dem das künstlerische Schaffen des Schriftstellers der Wissenschaft dienen kann.
S. BELJAEW