„Natürlich ist die gewohnte Konzeption von Buch eins der Schöpfungsgeschichte völlig falsch“, sagte ich.
„Nehmt einen Billardsaal, zum Beispiel.“
Die drei anderen stellten sich einen Billardsaal vor.
Thetier hob sogar einen Zeigefinger, schloß die Augen und murmelte: „Billardsaal!“ Trotter sagte wie gewöhnlich nichts und blies statt dessen in seine zweite Tasse Kaffee. Der Kaffee schmeckte - auch wie gewöhnlich - scheußlich, aber ich war der Neuling in der Gruppe, und meine Magenwände waren noch nicht abgehärtet genug. Wir saßen in Dr. Trotters Laboratorium auf altersschwachen Drehstühlen, und keinem von uns fiel es schwer, in den Arbeitsflächen Billardtische, in den gläsernen Rohrstücken an der Wand Queues und in den Destillierkolben Billardkugeln zu sehen.
„Stellt euch das Ende einer Partie Lochbillard vor“, sagte ich. „Wir haben jede Kugel bis auf den Spielball in einem gegebenen Loch...“
„Nicht so schnell“, sagte Thetier, immer der Purist. „Es spielt keine Rolle, in welchem Loch, solange du sie in einer bestimmten Reihenfolge oder...“
„Tut nichts zur Sache. Wenn das Spiel vorbei ist, sind die Kugeln auf verschiedene Löcher verteilt, nicht wahr? Angenommen, jemand geht in den Billardsaal, wenn das Spiel vorbei ist, sieht nur diese endgültige Position und versucht, den Ablauf der vorausgegangenen Ereignisse zu rekonstruieren. Man hat da offensichtlich eine Anzahl von Alternativen.“
„Nicht, wenn du die Spielregeln kennst“, sagte Madend.
„Nehmen wir völlige Unwissenheit an“, sagte ich.
„Man kann folgern, daß die Kugeln in die Löcher gelangten, indem sie mit dem Spielball getroffen wurden, der wiederum vom Queue angestoßen wurde. Diese Folgerung würde der Wahrheit entsprechen, aber keine Erklärung darstellen, die dem ahnungslosen Betrachter spontan in den Sinn käme. Viel wahrscheinlicher wäre, daß er denken würde, die Kugeln seien von Hand in ihre entsprechenden Löcher gesteckt worden oder hätten schon immer in diesen existiert.“
„Na schön“, sagte Thetier. „Wenn du zur Schöpfungsgeschichte zurückkehrst, wirst du behaupten, daß wir das Universum per Analogieschluß entweder als schon immer existent, als willkürliche Schöpfung oder als ein im Zuge der Evolution entstandenes veränderliches Phänomen erklären können. Habe ich recht?“
„Das ist ganz und gar nicht die Alternative, an die ich denke“, sagte ich. „Gehen wir ruhig von einer absichtsvollen Schöpfung aus und bedenken wir nur die Methoden, mittels derer eine solche Schöpfung hervorgebracht werden konnte. Es ist einfach, sich vorzustellen, daß Gott sagte: ,Es werde Licht’ und daß es Licht ward, aber es ist nicht ästhetisch.“
„Es ist einfach“, sagte Madend, „und die Regeln der Logik verlangen, daß von alternativen Möglichkeiten die einfachere gewählt werde.“
„Warum gehst du dann nicht hin und beendest ein Billardspiel, indem du die Kugeln von Hand in die Löcher steckst? Das ist auch einfacher, aber wie gesagt, es ist nicht ästhetisch. Andererseits, wenn du mit dem Ur-atom anfängst...“
„Was ist das?“ fragte Trotter.
„Nun, nenne es meinetwegen die Massenenergie des Universums, zusammengepreßt zu einer einzigen Kugel und in einen Zustand minimaler Entropie. Wenn du diese Kugel so zur Explosion bringen könntest, daß alle Bestandteile von Materie und Energie sich in genau vorberechneter Art und Weise verhalten, reagieren und zusammenwirken würden - wäre das nicht viel zufriedenstellender, als einfach mit der Hand zu wedeln und zu sagen: ,Es werde Licht!’“
„Also wie ein Stoß mit dem Spielball gegen eine der Billardkugeln, wodurch alle fünfzehn in ihre vorbestimmten Löcher geschickt werden“, sagte Madend.
„In einem hübschen Muster“, sagte ich, ,ja.“
„Ich finde, in der Vorstellung eines ungeheuren direkten Willensakts liegt mehr Poesie“, meinte Madend.
„Das hängt davon ab, ob du die Sache als Mathematiker oder als Theologe siehst“, sagte ich. „Tatsächlich könnte das erste Buch der Schöpfungsgeschichte dem Billardsystem angepaßt werden. Der Schöpfer könnte seine Zeit mit der Berechnung aller notwendigen Variablen und Beziehungen in sechs komplizierten Gleichungen verbracht haben, eine Gleichung für jeden ,Tag’. Nach Auslösung der Urexplosion würde er dann am siebten ,Tag’ ruhen, wobei der besagte siebte Tag den gesamten Zeitraum von jenem Anfang bis zum Jahr 4004 v. Chr. umfaßt. Dieser Zeitraum, während das unendlich komplizierte Muster der auseinanderstrebenden Billardkugeln sich entfaltet, ist für die Verfasser der Bibel offenbar von keinem Interesse. Die Milliarden Jahre wurden bloß als ein einziger Schöpfungsakt begriffen.“
„Du postulierst da ein teleologisches Universum“, sagte Trotter kopfschüttelnd. „Ein Universum, das durch einen Zweck bestimmt ist.“
„Klar“, sagte ich. „Warum nicht? Ich gehe ja von einem Schöpfungsakt aus, und ein bewußter Schöpfungsakt ohne Zweck wäre lächerlich. Wenn du versuchst, den Gang der Evolution als das zufällige Ergebnis nicht zweckhafter Kräfte zu betrachten, siehst du dich übrigens einigen sehr kniffligen Problemen gegenüber.“
„Und die wären?“ fragte Madend.
„Zum Beispiel dem Untergang der Dinosaurier“, sagte ich.
„Was ist daran so schwer zu verstehen?“
„Es gibt keine logischen Gründe dafür. Versuche, welche zu nennen.“
„Nichts leichter als das“, erwiderte Madend. „Das Gesetz vom abnehmenden Wirkungsgrad. Der Bronto-saurus wurde so massiv, daß er Beine wie Baumstämme brauchte, und dann mußte er noch im Sumpf leben und die meiste Arbeit der Auftriebskraft des Wassers überlassen. Damit nicht genug, mußte er die ganze Zeit fressen, um sich mit Kalorien zu versorgen. Was die fleischfressenden Arten betrifft, so waren sie in ihrem Wettkampf gegeneinander gezwungen, sich derart zu panzern, daß sie unter einer halben Tonne Knochen und Schuppen ächzten. Die Entwicklung erreichte schließlich einen Punkt, wo sich alles das nicht mehr auszahlte.“
„Gut“, sagte ich. „Die großen Ungetüme starben also aus. Aber die Mehrzahl der Dinosaurier bestand aus kleineren und beweglicheren Arten, wo weder Körpergewicht noch Panzerung übertriebene Ausmaße angenommen hatten. Was wurde aus ihnen?“
„Möglicherweise wurde ihr Lebensraum von Klimaveränderungen eingeschränkt“, sagte Thetier. „Auf jeden Fall aber spielt die Konkurrenz der Säugetiere dabei eine Rolle. Als einige Reptilienarten sich ein Haarkleid zulegten und zu Warmblütern wurden, konnten sie sich von den jahreszeitlichen Klimaschwankungen weitgehend unabhängig machen. Sie wurden nicht träge, sobald die Temperatur unter einen gewissen Wert sank. Sie brauchten keinen Winterschlaf zu halten. Die Folge war, daß sie im Wettlauf um die Nahrung vorne lagen. Manche Paläontologen vermuten, daß es unter diesen rattengroßen Ursäugern Arten gegeben haben mag, die von den Eiern der Saurier lebten und so ihr Aussterben beschleunigten.“
„Das befriedigt mich nicht ganz“, sagte ich. „Ich glaube nicht, daß die verschiedenen Saurierarten so leicht verdrängt und ausgerottet worden sein sollen. Immerhin überdauerten sie einige dreihundert Millionen Jahre, was ungefähr zweihundertsiebenundneunzig Millionen mehr sind, als die Gattung Homo sich gutschreiben kann. Zweitens überlebten zahlreiche Arten von Wechselblütern bis auf den heutigen Tag, vor allem Insekten und Amphibien...“
„Das verdanken sie ihren hohen Reproduktionsraten“, sagte Thetier.
„Aber auch verschiedene Reptilien. Die Schlangen, Echsen und Schildkröten kommen ganz gut zurecht, und würden sie nicht von den Menschen zurückgedrängt und dezimiert, wäre die Welt noch heute voll von ihnen. Und wie steht es um den Ozean? Die Saurier paßten sich als Ichthyosaurier und Plesiosaurier diesem Element an, verschwanden aber auch hier, obwohl es keine neu entwickelten Lebensformen gab, die ihnen den Lebensraum streitig gemacht hätten. Abgesehen von den Walen und Delphinen, die erst viel später erschienen, stellen die Fische die höchste Form ozeanischen Lebens dar, und sie sind älter als die Ichthyosaurier. Wie erklärt ihr euch das? Der Fisch ist ebenfalls Wechselblüter und entwicklungsgeschichtlich noch primitiver als der Saurier. Wie die Wale zeigen, gilt das Gesetz vom abnehmenden Wirkungsgrad im Ozean nicht, da das Wasser große Körper genausogut trägt wie kleine. Der Blauwal ist größer als jeder Dinosaurier, der jemals gelebt hat. Und noch etwas. Hier kann niemand von den Nachteilen umweltabhängiger Körpertemperaturen reden und sagen, daß die Wechselblüter bei niedrigen Temperaturen träge würden. Fische fühlen sich bei Wassertemperaturen von wenigen Graden über Null recht wohl, und an einem Hai ist nichts Träges.“
„Warum haben sich die Dinosaurier dann so still von der Erde fortgestohlen und nur ihre Knochen zurückgelassen?“ fragte Madend.
„Sie waren Teil des Planes. Sobald sie ihren Zweck erfüllt hatten, waren sie überflüssig und wurden infolgedessen abserviert.“
„Wie? In einer arrangierten Katastrophe? Der Finger Gottes, und so weiter?“
„Nein, natürlich nicht. Sie starben auf natürliche Weise aus, weil die Notwendigkeit der ursprünglichen Vorberechnung bereits innewohnte.“
„Dann sollte es uns möglich sein, herauszufinden, von welcher Art dieses natürliche, notwendige Aussterben war.“
„Nicht notwendigerweise. Es könnte sich um eine Fehlentwicklung im Stoffwechselsystem der Saurier gehandelt haben, oder um einen Vitaminmangel...“
„Das ist reine Spekulation“, sagte Thetier abwinkend. „Du machst das alles viel zu kompliziert.“
„Es scheint bloß kompliziert“, verteidigte ich mich. „Angenommen, es wäre notwendig, eine gegebene Billardkugel mit einem Quartstoß ins Loch zu bringen. Würdest du wegen der relativ komplizierten Bahn des Spielballs davor zurückschrecken? Ein direkter Stoß würde weniger kompliziert sein, aber nichts bewirken. Und trotz der scheinbaren Kompliziertheit würde der Quartstoß dem Meister keine größeren Schwierigkeiten bereiten. Es würde eine einzige Bewegung des Queues bleiben, lediglich in eine andere Richtung. Alles übrige besorgten dann die natürlichen Eigenschaften elastischer Materialien und das Gesetz von der Erhaltung der Bewegungsenergie.“
„Wenn ich dich richtig verstehe“, sagte Trotter, „dann meinst du also, daß der Gang der Evolution den einfachsten Weg vom ursprünglichen Chaos zum Menschen darstellt.“
„Das meine ich, ja. Kein Sperling fällt ohne einen Zweck, und auch kein Pterodaktylus.“
„Und wie soll es deiner Meinung nach weitergehen?“ „Nirgendwohin. Mit der Entwicklung des Menschen ist die Evolution beendet. Die alten Regeln gelten nicht mehr.“
Alle lachten. „So, denkst du?“ sagte Madend. „Du schließt also das Fortdauern von Anpassungsveränderungen und Mutationen aus?“
„In einem Sinne tue ich es“, sagte ich fest. „Der Mensch beherrscht mehr und mehr seine Umwelt, und er versteht mehr und mehr vom Mechanismus der Mutationen. Ehe der Mensch auf der Bildfläche erschien, konnten die Lebewesen klimatische Veränderungen weder vorhersehen noch sich gegen sie schützen. Sie verstanden nicht, welche wachsenden Gefahren ihnen von neu sich entwickelnden Arten drohte. Aber nun legt euch diese Frage vor: Welche Lebensform, welcher Organismus könnte möglicherweise uns ersetzen, und wie sollte das geschehen?“
„Wir könnten damit anfangen“, sagte Madend, „daß wir die Insekten betrachten. Ich glaube, sie sind bereits im Begriff, es zu tun.“
„Sie haben nicht verhindern können, daß die Menschheit sich während der letzten zweihundertfünfzig Jahre ungefähr um das Zehnfache vermehrte. Konzentrierte der Mensch sich auf die Insektenbekämpfung, statt seine Anstrengungen anderen Arten des Kampfes zu widmen, würden besagte Insekten nicht lange aushalten. Es läßt sich nicht beweisen, aber das ist meine Ansicht.“
„Wie ist es mit Bakterien, oder, noch besser, mit Viren?“ sagte Madend. „Die Virusgrippe des Jahres 1918 erledigte eine ganze Menge unserer Mitbürger.“
„Nun ja“, sagte ich. „Ungefähr ein Prozent der Bevölkerung. Selbst die Pestepidemien des vierzehnten Jahrhunderts vermochten nur ein Drittel der Bevölkerung Europas zu töten, und das in einer Zeit, als es eine wissenschaftliche Medizin nicht gab. Die Seuche konnte ungehindert um sich greifen, und als Nährboden hatte sie obendrein die erschreckendsten Zustände mittelalterlicher Armut mit ihrem Schmutz und Unrat. Trotzdem überlebten zwei Drittel unserer zähen Vorfahren. Krankheitskeime werden es auch nicht schaffen, dessen bin ich sicher.“
„Da wir schon bei Spekulationen angelangt sind“, sagte Thetier. „Wäre es nicht denkbar, daß der Mensch selbst sich zu einer Art Übermensch weiterentwickelte und die Restbevölkerung von unseresgleichen verdrängte?“
„Denkbar schon, aber nicht wahrscheinlich“, sagte ich. „Der einzige Teil des Menschen, der ihn zum Herrn der Welt machen konnte, ist sein Nervensystem, besonders die Hirnrinde. Sie ist der am meisten spezialisierte Teil seines Organismus und daher eine Sackgasse. Wenn der Gang der Evolution etwas demonstriert, dann ist es das allgemeine Phänomen, daß mit einem gewissen Grad der Spezialisierung die Flexibilität verlorengeht und eine Weiterentwicklung nur in Richtung auf größere Spezialisierung möglich ist.“
„Ist das nicht genau das, was erwünscht ist?“ sagte Thetier.
„Vielleicht, aber wie Madend schon sagte, erreicht jede Spezialisierung früher oder später den Punkt, wo sie keine weiteren Vorteile mehr bringt. Wenn ihr mich fragt, so ist dieser Punkt beim Menschen bereits erreicht. Die Größe des menschlichen Kopfes schon beim Neugeborenen macht die Geburt zu einem schwierigen und schmerzhaften Prozeß. Die Kompliziertheit der menschlichen Denkart bringt es mit sich, daß die geistige und seelische Reife des Menschen so weit hinter seiner Geschlechtsreife herhinkt. Jeder von uns weiß, welche Fülle von Problemen und Schwierigkeiten daraus erwächst. Die Empfindlichkeit unserer geistigen Ausrüstung macht die meisten von uns zu Neurotikern. Wie viele Schritte können wir noch in diese Richtung gehen, ohne ins Verderben zu laufen?“
„Die Entwicklung“, sagte Madend, „könnte in die Richtung größerer Stabilität oder beschleunigter Reife gehen, statt in jene der höheren Gehirnleistung.“
„Vielleicht, aber es gibt keine Anzeichen dafür. Der Cromagnon-Mensch lebte vor mehr als zehntausend Jahren, und es gibt interessante Anhaltspunkte dafür, daß er dem modernen Menschen nicht nur körperlich, sondern auch in der Schädelkapazität überlegen war.“
„Zehn- oder zwanzigtausend Jahre“, sagte Trotter, „sind nicht viel, wenn man den Maßstab der Evolution anlegt. Außerdem besteht immer die Möglichkeit, daß andere Arten Intelligenz oder etwas Besseres entwik-keln, falls es etwas Besseres geben sollte.“
„Wir würden es nie dazu kommen lassen. Das ist der entscheidende Punkt. Es würde Hunderttausende von Jahren dauern, bis, sagen wir mal, Bären oder Ratten Intelligenz entwickeln könnten, und sobald wir merkten, was da im Gange ist, würden wir sie ausrotten -oder als Sklaven verwenden.“
„Na schön“, sagte Thetier. „Wie ist es mit diesen biochemischen Mangelerscheinungen, wie du sie im Falle der Dinosaurier postuliertest? Nimm Vitamin C, zum Beispiel. Die einzigen Lebewesen, die es in ihren eigenen Körpern nicht erzeugen können, sind Meerschweinchen und die Primaten einschließlich des Menschen. Angenommen, diese Tendenz hält an und wir werden von zu vielen wichtigen Nahrungsfaktoren abhängig? Oder die zivilisationsbedingte Anfälligkeit des Menschen für Herzkrankheiten und Krebs nimmt weiter zu. Was dann?“
„Das ist kein Problem“, sagte ich. „Es liegt im Wesen der neuen Situation, daß die Lebensverhältnisse der Menschheit sich nach den augenblicklichen Umwälzungen der industriellen Revolution ändern und stabilisieren werden. Und ich bin überzeugt, daß wir eines nicht zu fernen Tages lernen werden, wie Krebserkrankungen verhütet oder geheilt werden können.“
Trotter stand auf. Er hatte seinen Kaffee ausgetrunken, hielt die Tasse aber noch immer in der Hand. „Gut, du sagst also, wir wären entwicklungsgeschichtlich in einer Sackgasse. Aber wie, wenn alles das in die ursprüngliche Rechnung mit einbezogen wäre? Der Schöpfer war bereit, dreihundert Millionen Jahre zu spendieren, damit die Saurier dies oder das entwickelten, was schließlich zur Entwicklung des Menschen führen würde. Warum sollte er nicht eine Methode ausgeknobelt haben, daß der Mensch mittels seiner Intelligenz und der Herrschaft über seine Umwelt die nächste Runde des Spieles selbst vorbereitete? Das könnte ein recht amüsanter Teil des Billa rdkugel-Sy-stems sein.“
Das machte mich stutzig. „Wie meinst du das?“ fragte ich.
Trotter lächelte. „Ach, ich dachte bloß, daß es mehr als ein zufälliges Zusammentreffen sein und daß allein durch die Anstrengungen dieses Gehirnkastens eine alte Rasse untergehen und eine neue aufsteigen könnte.“ Und er klopfte sich mit dem Knöchel an die Schläfe.
„In welcher Weise?“
„Ich kann mich irren, aber erreichen die Wissenschaften der Atomphysik und der Kybernetik nicht gleichzeitig ihren Höhepunkt? Erfinden wir nicht zur gleichen Zeit Wasserstoffbomben und Denkmaschinen? Ist das bloßer Zufall oder Teil des göttlichen Planes?“
Weiter kamen wir in dieser Mittagspause nicht. Es hatte als ein logisches Denkspiel begonnen, aber seitdem - seitdem frage ich mich!
DARWINIAN POOL ROOM ist im wesentlichen ein Gespräch zwischen mehreren Personen. Ich hatte immer eine Neigung zu Geschichten dieser Art, vielleicht, weil ich selbst so oft Freude an der Lektüre von Geschichten hatte, die damit begannen, daß Leute in stürmischer Nacht um ein Feuer saßen und sich unterhielten, bis einer von ihnen anfing: „Es war in einer Nacht wie dieser, daß ich...“
Die vorliegende Erzählung entstand unter dem Einfluß der langen Diskussionen, die ich während der Mittagspausen mit anderen Fakultätsmitgliedern zu führen pflegte - besonders mit Burnham S. Walker, der Leiter der biochemischen Abteilung war, William C. Boyd von der immunbiologischen und Matthew A. De-row von der mikrobiologischen Abteilung. (Sie sind jetzt im Ruhestand, aber, soviel ich weiß, alle noch am Leben.)
Alle drei interessierten sich für Science Fiction, besonders aber Boyd, und er war es auch, der mich für eine bescheidene Dozentur vorgeschlagen hatte (zu dem mir damals großartig erscheinenden Jahresgehalt von fünftausend Dollar).
Gemeinsam mit Walker und Boyd verfaßte ich in der Folgezeit ein Lehrbuch für Biochemie mit dem Titel BIOCHEMISTRY AND HUMAN METABOLISM (Williams & Wilkins, 1952). Es erlebte in den Jahren 1954 und 1957 Neuauflagen, ohne jedoch ein Erfolg zu werden. Ein zweites Lehrbuch, das Walker und ich zusammen mit einer Krankenschwester von außerhalb der Universität schrieben und das für Schwesternschülerinnen bestimmt war, bekam den Titel CHEMISTRY AND HUMAN HEALTH (McGraw-Hill, 1956). Es erwies sich als ein noch größerer Fehlschlag.
Trotz des Mißerfolgs machte BIOCHEMISTRY AND HUMAN METABOLISM mich mit den Freuden des Schreibens von Fachliteratur vertraut, und weder ich noch meine schriftstellerische Laufbahn waren danach jemals wieder dieselben.
Ich hatte die Absicht gehabt, eine ganze Serie von Gesprächs-Geschichten wie DARWINIAN POOL ROOM zu schreiben, wurde davon aber (vielleicht zu meinem Glück) durch eine Fehleinschätzung von Horace Golds sauertöpfischer Annahme der Geschichte und durch Dr. Walkers Bemerkung abgebracht, der, nachdem er sie im Druck gelesen hatte, in seiner gewohnten lakonischen Art sagte: „Unsere Gespräche sind besser.“
Aber nichts war verloren. Die Zeit sollte kommen, da ich von neuem inspiriert wurde, diesmal durch die abendlichen Tischgespräche bei den ’Falltür-Spinnen’, einem eigentümlichen Klub, dem ich angehöre. In Anlehnung an DARWINIAN POOL ROOM schrieb ich eine ganze Serie Mysteriengeschichten in der Form von Tischgesprächen. Die meisten davon erschienen in verschiedenen Ausgaben von ELLERY QUEENS MYSTE-RY MAGAZINE, beginnend im Januar 1972. Zwölf dieser Erzählungen wurden in dem Band TALES OF THE BLACK WIDOWERS (Doubleday, 1974) gesammelt. Gegenwärtig habe ich zwölf weitere Erzählungen für den Ergänzungsband MORE TALES OF THE BLACK WIDOWERS fertiggestellt.
In dem Sammelband THE EARLY ASIMOV erwähnte ich die Tatsache, daß es elf Geschichten gab, die ich nie verkaufen konnte. Im selben Buch sagte ich, daß alle elf Geschichten nicht länger existierten und für immer in Vergessenheit geraten müßten.
Die Universität Boston sammelt jedoch all meine Papiere mit einem Fleiß und einer Gründlichkeit, die einer besseren Sache würdig sind, und als sie 1966 damit begann, übergab ich ihr ganze Stöße von Manuskriptblättern, die ich vorher nicht durchgesehen hatte.
Irgendein junger Verehrer tat es dann einige Zeit später. Anscheinend gestattet die Universität Boston die Einsichtnahme in ihre literarischen Sammlungen zu Forschungszwecken, und der junge Verehrer stellte sich offenbar als Literaturhistoriker vor und erhielt Zugang zu meinen Unterlagen. So stieß er auf das verblichene Manuskript von BIG GAME, einer Kurzgeschichte, die in THE EARLY ASIMOV als die elfte und letzte meiner verlorengegangenen abgelehnten Geschichten aufgeführt war.
Der Mann hatte THE EARLY ASIMOV gelesen und erkannte den Wert seiner Entdeckung. Sofort ließ er das Manuskript fotokopieren und schickte mir die Kopie. Und ich sorgte sofort dafür, daß die Geschichte gedruckt wurde. Sie erschien in BEFORE THE GOLDEN AGE.
Als ich das Manuskript von BIG GAME las, stellte ich jedoch fest, daß es in einer Weise niemals verloren gewesen war. Ich hatte es in ganz ähnlicher Form gerettet. Im Jahre 1950 bat mich Robert W. Lowndes, der damals mehrere Science-Fiction-Zeitschriften für die Columbia Publications herausgab, um eine Geschichte. Ich muß mich an BIG GAME erinnert haben, das acht Jahre zuvor entstanden war, denn ich schrieb für ihn DAY OF THE HUNTERS, was eine erweiterte Version der früheren Geschichte war, und Bob veröffentlichte sie in der Novemberausgabe 1950 von „Future Com-bined with Science Fiction Stories“.