Robert Silverberg Die Herausforderung

Als das Raumschiff fest auf dem Boden von Domerang V stand, begann Justin Marner an seinem Verstand zu zweifeln.

»Wir müssen verrückt sein«, sagte er leise. »Eine andere Erklärung gibt es nicht.«

Der andere Erdenmensch, der durch die Sichtscheibe den fremdartigen Anblick genossen hatte, wandte sich auf die Bemerkung Marners um. »Was?«

»Es gibt Grenzen, die man nicht überschreitet, um etwas zu beweisen«, sagte Marner. Er deutete auf die Szene draußen. »Diese Reise geht über die Grenzen hinaus. Nun, da wir hier sind, bin ich dessen sicher, Kemridge. Niemand tut Dinge dieser Art.«

Kemridges Blick war mürrisch. »Seien Sie nicht albern, Justin. Sie wissen, warum wir hier sind, und Sie wissen auch, wie es kommt, daß wir hier sind. Dies ist nicht der Zeitpunkt…«

»Also gut«, sagte Marner. »Ich nehme alles zurück.«Er musterte sekundenlang seine schmalen Hände, die eher die Hände eines Chirurgen als die eines erstklassigen Ingenieurs waren. »Beachten Sie nicht, was ich sage. Die Spannung hat mich nervös gemacht.«

Die Türglocke der Kabine schlug melodiös an.

»Herein«, sagte Marner.

Die Tür glitt auf, und ein Domerangi mit einer hellgelben Schärpe, graugrünen Halbstiefeln und einem blitzenden Diadem aus kostbaren Steinen, trat schwer in den Raum. Zur Begrüßung streckte er zwei seiner fünf lederhäutigen Fangarme aus.

»Ich sehe, daß Sie den Flug gut überstanden haben.«

»Was geschieht nun, Plorvash?« fragte Marner.

»Das Schiff ist auf einem Raumhafen außerhalb der Stadt gelandet«, sagte der Fremde. »Ich bin gekommen, um Sie zu Ihren Unterkünften zu bringen. Wir haben Ihnen zwei der besten Quartiere gegeben, die der Planet anzubieten hat. Wir legen Wert darauf, daß Sie unter den günstigsten Bedingungen arbeiten können.«

»Freut mich, das zu hören«, sagte Marner. Er warf seinem Begleiter einen schnellen Blick zu. »Sie sind rührend um uns besorgt, nicht wahr, Dave?«

Der größere der beiden Terraner nickte. »Ganz entschieden.«

Plorvash sagte: »Wir wär’s, wenn Sie jetzt mitkämen? Sie wollen sich bestimmt gut ausruhen, ehe Sie mit Ihrer Arbeit beginnen. Sicher legen Sie Wert darauf, sich von Ihrer besten Seite zu zeigen, da es um die Ehre Ihres Planeten geht.«

»Natürlich«, sagte Marner.

Der Fremde grinste. »Der Test kann beginnen, sobald Sie es wünschen. Darf ich Ihnen viel Glück wünschen?«

»Wir werden es nicht brauchen«, sagte Kemridge grimmig. »Das Ganze hat nichts mit Glück zu tun. Köpfchen muß man haben und an harte Arbeit gewöhnt sein.«

»Um das zu beweisen, sind Sie hier«, sagte Plorvash. »Auf alle Fälle wird es amüsant werden.«


* * *

Obwohl es noch keine Statistik darüber gibt, ist es doch eine vielbeobachtete Tatsache, daß die meisten ernsthaften Meinungsverschiedenheiten in Bars ihren Anfang nehmen. In einer New Yorker Bar an der Kreuzung der 46. und der 6. Straße geschah es, daß Justin Marner sich unklugerweise auf ein Wortgefecht mit einem zu Besuch in der Stadt weilenden Domerangi eingelassen hatte. Vier Wochen waren seitdem vergangen. In der gleichen Bar hatte die Kette der Ereignisse ihren Anfang genommen, die den Besuch der beiden Erdenbewohner auf Domerang V zur Folge hatte.

Zuerst war es ein simpler Streit gewesen. Marner hatte nachdenklich seinen Whisky genossen, während Kemridge, die langen Beine angezogen, auf dem Barhocker thronte und trübsinnig in sein leeres Glas starrte. Der Domerangi hatte die Bar mit schweren Schritten betreten.

Kemridge und Marner hatten überrascht aufgeblickt. Obwohl der Kontakt zu Domerang V vor über einem Jahrhundert aufgenommen worden war, waren die Bewohner dieses Planeten doch noch ein seltener Anblick in New York. Diesen Domerangi aber kannten Kemridge und Marner. Er gehörte zum Gefolge des Domerangikonsulats, und sie hatten seine Bekanntschaft gemacht, als das Beleuchtungssystem des Konsulats einen Umbau erforderlich machte. Domerangi mit ihrem außergewöhnlichen peripheralen Sehvermögen bevorzugten gedämpftes, indirektes Licht. Marner und Kemridge hatten die Zeichnungen für den Umbau angefertigt.

Der Domerangi erblickte sie sofort und schob seine massige Gestalt auf den Barstuhl neben ihnen. »Ah, die beiden tüchtigen Ingenieure«, murmelte er. »Sie erinnern sich natürlich an mich?«

»Ja«, sagte Marner schnell. »Wir haben die Lichtanlage in Ihrem Konsulat neugestaltet. Wie sind Sie damit zufrieden?«

»Sie hat gehalten, was wir uns davon versprachen«, sagte der Domerangi und gab dem Bartender einen Wink. »Zwei Bier, bitte.«

»Was meinen Sie damit?« fragte Kemridge, als die Biere gebracht wurden.

»Einen Augenblick bitte«, sagte der Fremde. Er legte je einen Fangarm um eines der Gläser und goß ihren Inhalt in die beiden Münder auf seinen Gesichtshälften. Dann gab er ein zufriedenes Rülpsen von sich. »Wunderbarer Stoff, Ihr Bier. Der eine Punkt, in dem die Erde Domerang klar überlegen ist, ist die Brautechnik…«

»Um auf die Lichtanlage zurückzukommen…«sagte Kemridge.

»O ja«, sagte der Fremde, »die Lichtanlage. Nun, Sie haben ganz gute Arbeit geleistet. Mehr konnten wir von einer rückständigen Technik nicht erwarten.«

»He, warten Sie einen Augenblick!« knurrte Marner hitzig, und damit begann es.


* * *

»Ich wünschte, wir hätten den Mund gehalten«, sagte Marner mürrisch, als er an die Szene zurückdachte. Er starrte unbehaglich an die makellos weiße Decke des Hotelzimmers, in dem der Domerangi sie untergebracht hatte.

Kemridge wirbelte herum und funkelte den kleineren Mann an. »Hören Sie, Justin. Wir sind hier und werden es ihnen zeigen. Dann kehren wir reich und berühmt nach Hause zurück. Haben Sie das kapiert?«

»Okay«, sagte Marner. Er fuhr sich mit dem Finger über die schmale Unterlippe. »Tut mir leid, daß ich immer wieder explodiere, aber es kommt mir verrückt vor, daß uns eine Barraumdebatte auf einen anderen Planeten geführt hat.«

»Ich weiß«, sagte Kemridge. »Vergessen Sie aber nicht, daß wir nicht hier wären, wenn die Regierung nicht von dem Streitgespräch gehört und eine Klarstellung für erforderlich gehalten hätte. Die Domerangi haben ihre Überlegenheit in der Technik hinausposaunt, solange wir sie kennen. Ich halte es für eine großartige Idee, zwei biedere Ingenieure von der Erde hierherzuschicken, um den Brüdern endlich zu beweisen, wer der Klügere von beiden ist.«

»Und wenn wir es nicht beweisen können?«

»Wir werden es ihnen beweisen! Wir beide werden mit allem fertig, was sie uns vorsetzen. Etwa nicht?« sagte er.

Marner lächelte gezwungen. »Sicher können wir das«, sagte er.

»In Ordnung«, sagte Kemridge. Er ging zur Tür, und seine feinfühligen Finger fanden sofort die kleine Platte, hinter der sich der Türmechanismus verbarg. Er klappte sie auf. »Sehen Sie zum Beispiel hier herein«, fuhr er nach kurzer Musterung fort. »Ein einfacher kybernetischer Mechanismus. Ich begreife noch nicht ganz, wie dieses grüne Keramikrelais hier den Strom kontrolliert, aber das ist nichts, was wir nicht mit einem guten Schraubenzieher herausfinden könnten.«

Marner hob sich auf die Zehenspitzen und starrte in die Öffnung. »Ein klar verständliches System«, sagte er. »Nicht annähernd so wirksam wie unsere Systeme.«

»Das ist es, worauf es ankommt«, nickte Kemridge. »Diese Domerangi sind keineswegs die Tausendsassas, wie sie sich einbilden. Sehen Sie, Justin. Wir haben behauptet, daß wir imstande sind, von allem, was sie uns geben, ein zweites Exemplar anzufertigen. Mit unserem Verstand und ein wenig Schweiß müßte es mit dem Teufel zugehen, wenn wir in diesem Wettstreit nicht Sieger blieben. Wenn wir hier oben bestehen und die beiden Domerangiingenieure auf der Erde versagen bei ihrer Hälfte des Tests, haben wir es geschafft. Die Regierung verläßt sich auf unsere Vielseitigkeit. Alles, was wir brauchen, Justin, ist Pfiffigkeit.«

Marners Augen wurden hell. »Und die haben wir, Dave. Tut mir leid, daß ich vorhin so wenig siegesgewiß war; klar schaffen wir es. Die Augen werden ihnen übergehen.«

Er reckte sich höher und schob die Hand in die Wandöffnung mit dem Servomechanismus.

»Was machen Sie da?« fragte Kemridge.

»Später. Gehen Sie ans Telefon und sagen Sie Plorvash, daß wir morgen bereit sind, mit der Arbeit zu beginnen. Während Sie das tun, werde ich mich ein bißchen mit dem Mechanismus hier befassen. Wäre doch gelacht, wenn wir nicht dahinterkämen.«Sein Gesicht strahlte von wiedergefundener Begeisterung.


* * *

Als Plorvash am nächsten Morgen kam, waren sie immer noch in großartiger Stimmung. Sie waren hellwach und überzeugt, mit jedem Problem fertig zu werden.

Plorvashs Klopfen tönte durch den Raum.

»Wer ist da?« fragte Marner laut.

»Ich bin’s«, sagte der Domerangi, »Plorvash.«

Sofort sprang die Tür auf, und der Domerangi starrte verblüfft auf die beiden Erdenbewohner, die noch in den Betten lagen. Er blickte mißtrauisch hinter die Tür und in den Kleiderschrank.

»Wer hat die Tür geöffnet?« fragte er verwirrt.

Marner setzte sich im Bett auf und grinste. »Versuchen Sie es noch einmal. Gehen Sie hinaus und rufen Sie ›Plorvash‹, wie Sie es eben taten.«

Plorvash befolgte die Aufforderung und zog die Tür hinter sich ins Schloß. Dann rief er seinen Namen, und im gleichen Augenblick öffnete sich die Tür. Er stürmte über die Schwelle, und sein Blick wanderte von Marner zu Kemridge. »Was haben Sie angestellt?« fragte er.

»Wir haben gestern abend mit dem Türöffner experimentiert«, sagte Kemridge. »Bevor wir ihn wieder einbauten, nahmen wir eine kleine Veränderung daran vor. Wir schalteten einen kleinen Vocoderstromkreis ein, der die Tür automatisch bei den Silben ›Plor-vash‹ öffnete. Wie Sie sehen, arbeitet er ausgezeichnet.«

Plorvash nickte unbehaglich. »Ja, sehr klug, muß ich sagen. Und nun zu den Bedingungen für den Test, dem Sie sich unterworfen haben. Wir haben ein mit allem Erforderlichen ausgerüstetes Labor für Sie in Sqorvik, einer Vorstadt ganz in der Nähe, errichtet. Die beiden ersten Aufgaben warten bereits auf Sie. Werden sie von Ihnen gelöst, so werden wir Sie vor das dritte Problem stellen.«

»Und wenn wir nicht mit ihnen fertig werden?«

»Nun, dann bedeutet das, daß Sie uns den Beweis Ihrer technischen Überlegenheit schuldig geblieben sind. Ein Versagen vor den ersten beiden Aufgaben kommt dem Eingeständnis der Niederlage gleich.«

»In Ordnung«, sagte Marner. »Wann aber steht unser Sieg fest? Wollen Sie uns immer neue Aufgaben stellen, bis wir versagen?«

Plorvash schüttelte den Kopf. »Davon kann keine Rede sein. Nach den Bedingungen des zwischen uns und Ihrer Regierung abgeschlossenen Vertrages brauchen die Versuchsgruppen auf den beiden Planeten nur drei Aufgaben zu erfüllen.«Plorvash lächelte unangenehm. »Die Lösung der drei Aufgaben wird uns als genügender Beweis für Ihre Geschicklichkeit und Überlegenheit dienen.«

»Mir gefällt die Art nicht, wie Sie das sagen«, erwiderte Kemridge. »Was führen Sie im Schilde?«

»Im Schilde? Was bedeutet diese Redensart?« fragte Plorvash.

»Vergessen Sie es. Es ist eine Phrase, wie wir sie oft auf der Erde gebrauchen«, sagte Kemridge.


* * *

Ein Wagen wartete auf sie vor dem Hotel — ein langes, niedrig gebautes Fahrzeug mit biegsamer, pulsierender Motorhaube. Plorvash öffnete die rückwärtige Tür und gab Marner einen Wink. »Steigen Sie ein«, sagte er. »Ich bringe Sie zum Labor, damit Sie anfangen können.«

Marner musterte den Domerangi, dann Kemridge. Kemridge nickte.

»Wie wär’s mit einem Scharfen für unterwegs?« schlug Marner vor.

»Was war das?«

»Eine andere Redensart«, erklärte Marner. »Ich meine einen Drink. Ein alkoholisches Getränk. Etwas zum Aufpulvern. Verstehen Sie?«

Der Fremde grinste boshaft. »Ich verstehe«, sagte er. »Warum nicht? In der nächsten Straße ist eine Bar. Uns liegt nichts daran, daß Sie sich Hals über Kopf in die Arbeit stürzen.«Er deutete auf das Gleitband für Fußgänger. »Steigen Sie auf, wir wollen uns einen genehmigen.«

Sie folgten dem Domerangi und fanden sich einen Augenblick später vor einem seltsamen Kuppelbau am Rand der Straße.

»Sieht nicht gerade sehr einladend aus«, stellte Kemridge fest, als sie das Gebäude betraten. Durchdringender Äthergeruch schlug ihnen entgegen. Ein halbes Dutzend Domerangi lag auf dem Boden, dünne Metallrohre in den Händen, die sich in der Mitte des Raumes vereinigten.

Plorvash ging die Stufen hinab und streckte sich auf dem Rücken aus. »Kommen Sie«, forderte er die beiden Erdenbewohner auf. »Nehmen Sie Ihren Drink.«Er griff nach einem Rohr, das über den Boden auf ihn zuglitt, und schob es in seinen linken Mund.

»Das soll eine Bar sein?« fragte Kemridge ruhig. »Sieht mehr nach Unfallstation eines Krankenhauses aus.«

Plorvash stand auf und tupfte einige Tropfen einer grünen Flüssigkeit von seinem Kinn. »Gut«, sagte er. »Kein Bier, aber doch schmackhaft. Ich dachte, Sie beide wollten einen Drink?«

Marner sog bestürzt die mit Äther geladene Luft ein und schüttelte den Kopf. »Wir sind nicht mehr durstig«, sagte er. »Wie es scheint, braucht man einige Zeit, um sich an fremde Sitten zu gewöhnen.«

»Wahrscheinlich«, stimmte Plorvash bei. »Also gut, machen wir uns auf den Weg zum Labor.«


* * *

Das Labor war in der Tat prachtvoll eingerichtet. Die beiden Erdenbewohner standen am Eingang des riesigen Raumes und waren sichtlich beeindruckt.

»Wir sind überrascht«, sagte Marner schließlich zu dem Domerangi.

»Wir bemühen uns, Ihnen alle Möglichkeiten für ein Gelingen zu bieten«, erwiderte Plorvash. »Der Ausgang ist für uns ebenso wichtig wie für Sie.«

Marner trat einige Schritte näher und sah sich um. Links erhob sich ein großes, grünlich schimmerndes Oszilloskop; von der rechten Wand blitzten komplizierte Servomechanismen aller Art. Die hintere Wand war zu einem mächtigen Werkzeugschrank umgestaltet, mehrere Werkbänke warteten darauf, benutzt zu werden. Die Beleuchtung war hell und angenehm für das Auge. Es war ein Versuchslabor, wie es sich ein normaler Ingenieur in seinen kühnsten Träumen nicht zu erhoffen wagte.

»Sie machen es uns zu leicht«, sagte Kemridge. »Es kann nicht schwer sein, in einem solchen Labor Wunder zu vollbringen.«

»Wir sind ehrliche Leute«, sagte Plorvash. »Wenn Sie unsere Tests bestehen, werden wir zugeben, daß Sie besser sind als wir. Sollten Sie versagen, so kann es nicht auf schlechte Arbeitsbedingungen zurückgeführt werden.«

»Das nenne ich fair«, sagte Kemridge. »Wann soll es losgehen?«

»Sofort.«Plorvash griff in die Falten seiner Schärpe und brachte eine kleine, etwa vier Zoll lange Plastikblase zum Vorschein, die eine dickliche weiße Flüssigkeit enthielt. Er hielt sie hoch, so daß die beiden Männer sie sehen konnten.

»Dies ist ein Enthaarungsmittel«, sagte er. Er drückte einige Tropfen davon auf das löffelförmige Ende eines Fangarmes und verteilte die Flüssigkeit über den dicken roten Bart, der auf seinem Kinn sproß. Sobald er zu reiben begann, löste sich ein Teil des Bartes.

»Sehr nützlich«, sagte der Domerangi. Er übergab Marner den Plastikbehälter. »Stellen Sie das gleiche her.«

»Aber wir sind Ingenieure, keine Chemiker«, protestierte Marner.

»Macht nichts, Justin.«Kemridge wandte sich an den Fremden.

»Gut, das ist also das erste Problem. Wie wär’s, wenn Sie uns zugleich auch mit der zweiten Aufgabe betrauten? Auf diese Weise hätte jeder von uns einen Job, mit dem er sich herumschlagen kann.«

Plorvash schien überrascht. »Sie wollen zur gleichen Zeit an zwei Aufgaben arbeiten? Gut, wie Sie wollen.«Er wandte sich um und ging hinaus. Als er kurz darauf zurückkehrte, trug er ein Gebilde, das wie eine große Mausefalle in einem Käfig aussah. Er übergab es Kemridge.

»Wir benutzen dieses Gebilde, um kleine Schädlinge zu fangen«, erklärte er. »Es ist eine Falle, die ihren eigenen Köder herstellt. Die meisten unserer Schädlinge sind farbempfindlich, und diese Falle lockt sie mit Farben an, die je nach der Art der Tiere wechseln.«Er betätigte einen kleinen Hebel, und die Hinterwand des Käfigs glühte in funkelndem Grün auf. Der nächste Schalter ließ sie in warmem Purpur aufleuchten. Zugleich entstieg ihr der unverkennbare Geruch moderner Vegetation.

»Ein vielseitiges Instrument, wie Sie sehen«, fuhr Plorvash fort. »Wir haben Sie zur Genüge mit Ungeziefer und kleinem Getier versorgt. Sie finden sie in den Käfigen dort hinten an der Wand. Ich zweifle nicht daran, daß es Ihnen gelingen wird, ein zweites Modell dieser Art herzustellen. Ich hoffe es jedenfalls.«

»Ist das alles?« fragte Kemridge.

Plorvash nickte. »Sie können sich soviel Zeit lassen, wie Sie wollen. Das gehörte zu den Bedingungen.«

»Einverstanden«, sagte Kemridge. »Wir melden uns, wenn wir uns am Ziel glauben.«

»Gut«, sagte Plorvash.

Nachdem er den Raum verlassen hatte, drückte Marner einige Tropfen des Enthaarungsmittels auf seine Handfläche. Er verspürte ein scharfes Brennen und schleuderte die Tropfen von seiner Hand.

»Lassen Sie die Finger davon, bis wir das Zeug analysiert haben«, warnte Kemridge. »Wenn es stark genug ist, Domerangibärte zu vernichten, dürfte es für unsere zarte Haut Gift sein. Diese Burschen haben eine verteufelt dicke Haut.«

Marner säuberte schnell seine Hände. »Was halten Sie im allgemeinen von den uns gestellten Aufgaben?« fragte er.

»Lächerlich einfach«, sagte Kemridge. »In zwei Wochen sollten wir diese beiden Aufgaben gelöst haben. Vorausgesetzt, daß keine Komplikationen eintreten. Meiner Meinung nach könnten sie uns vor härtere Probleme stellen.«

»Warten Sie, bis wir vor Nummer drei stehen«, sagte Marner. »Ich fürchte, die beiden ersten Aufgaben sind nur Versuchsballons.«


* * *

Vier Tage später, als sie die beiden Aufgaben gemeistert hatten, rief Marner Plorvash vom Labor aus an.

Die massige Gestalt des Fremden füllte den Bildschirm. »Hallo«, sagte der Domerangi. »Was gibt es Neues?«

»Wir sind fertig mit der Arbeit«, sagte Marner.

»Mit beiden Aufgaben?«

»Mit beiden.«

»Ich bin gleich bei Ihnen.«

Etwa fünfzehn Minuten später betrat Plorvash das Labor, und die an den Käfigen am Hintergrund beschäftigten Terraner winkten ihm ihren Gruß zu.

»Bleiben Sie, wo Sie sind«, rief Kemridge laut. Er hob den Arm, legte einen Hebel um, und dreißig Käfige klappten zu gleicher Zeit auf.

Plorvash sprang zurück, als das Ungeziefer in breitem Strom auf ihn zukam. »He, was soll das bedeuten?«

Die Tiere beachteten Plorvash nicht, sondern strebten zu seiner Überraschung einer blitzenden Apparatur zu, die hinter der Tür aufgestellt war. Bei der Annäherung der Tiere begann der summende Mechanismus in blitzschneller Folge die ganze Skala der Farben auszustrahlen. Dazu ertönte in unregelmäßigen Abständen ein metallisches Klicken, und seltsame Gerüche erfüllten den Raum. Als die Tiere dicht vor der Apparatur angekommen waren, schnellten zwei Greifer hervor und fegten die wirbelnde Masse in Sekundenschnelle in den zu ebener Erde angebrachten Trichter.

Marner kam, gefolgt von Kemridge, auf Plorvash zu. »Wir haben uns erlaubt, eine viel wirksamere Falle zu konstruieren«, sagte er. »Sie fängt alles Getier zur gleichen Zeit, während Ihre Falle sich jeweils nur mit einer Art befassen kann.«

Plorvash schluckte verlegen. »Sehr gut«, sagte er. »In der Tat sehr bemerkenswert.«

»Die Konstruktionspläne befinden sich in unserm Zimmer«, sagte Kemridge. »Ich nehme an, daß die Falle für Domerang von einigem Wert ist.«

»Wahrscheinlich«, nickte Plorvash. »Und wie sind Sie mit dem Enthaarungsmittel zurechtgekommen?«

»Das war leicht«, sagte Marner. »Mit den Mitteln, die uns zur Verfügung standen, war die Analyse eine Kleinigkeit. Ich fürchte allerdings, wir haben auch hier das Original verbessert.«

»Was meinen Sie damit?«

Marner rieb sich unbehaglich das Kinn. »Ich habe unser Mittel vor zwei Tagen an mir selbst erprobt. Mein Gesicht ist heute noch so glatt wie das eines Babys. Es sieht ganz so aus, als handle es sich um eine Dauerwirkung.«

»Sie werden uns einige Proben zur Verfügung stellen müssen«, sagte Plorvash. »Mir scheint, Sie haben die ersten beiden Aufgaben mit Anstand gelöst. Zufällig haben Ihre Gegenspieler auf der Erde ebenfalls die ersten beiden Tests bestanden. Ich bin mit unserm Konsul in New York in Verbindung getreten — soviel ich weiß, kennen Sie den Mann — und erfuhr von ihm, daß die beiden Domerangi die ersten zwei gesteckten Ziele erreicht haben.«

»Freut mich, das zu hören«, log Marner. »Dann wird also die dritte Aufgabe die Entscheidung bringen.«

»Genau«, stimmte Plorvash bei. »Damit keine Zeit verlorengeht, werde ich sie Ihnen gleich jetzt stellen.«


* * *

Fünf Minuten später standen Marner und Kemridge vor einem verwirrenden Arrangement blitzender Relais und Rohre, das den Kraftantrieb für zahlreiche Kolben und Kolbenstangen zu bilden schien.

Plorvash hatte das Gebilde mit äußerster Sorgfalt hereingetragen und auf einer der Werkbänke abgestellt.

»Was soll es darstellen?« fragte Marner.

»Sie werden es gleich sehen«, versprach Plorvash. Er griff hinter die Apparatur, brachte ein Kabel zum Vorschein und schob den Stecker in die Steckdose an der Wand. Eine kleine Röhre im Herz der Maschine glühte kirschrot auf, und Sekunden später begannen die Kolben sich zu bewegen, langsam zuerst, dann immer schneller.

Kemridge beugte sich herab und ließ seinen Blick aufmerksam über den Mechanismus wandern. Schließlich sah er auf. »Und?« fragte er. »Es ist eine Art Motor. Wo steckt die Aufgabe?«

»Es ist ein Motor eigener Art«, sagte Plorvash. »Überzeugen Sie sich selbst. Ziehen Sie das Anschlußkabel heraus.«

Kemridge folgte der Aufforderung. Er wandte sich, den Stecker in der Hand, um und musterte die Apparatur lange. Dann entglitt das Kabel seiner Hand und polterte zu Boden.

»Der Motor arbeitet weiter«, sagte er ruhig. »Die Kolben bewegen sich wie zuvor.«

»Das ist unsere Kraftquelle«, sagte Plorvash selbstzufrieden. »Wir benutzen sie in Fahrzeugen und anderen Geräten. Versuchen Sie, sie nachzubauen. Das ist die dritte Aufgabe.«

»Wir werden es versuchen«, sagte Marner. »Und wir werden es schaffen.«

»Das Resultat wird von großem Interesse für uns sein«, sagte Plorvash. »Und nun muß ich mich von Ihnen verabschieden.«

»Sicher«, sagte Marner unbehaglich. »Auf Wiedersehen!«

Sie warteten, bis der Domerangi die Tür hinter sich geschlossen hatte. Dann ging ihr Blick zu der Maschine zurück.

Sie arbeitete immer noch.

Marner fuhr sich mit der Zunge über die Lippen und blickte Kemridge zweifelnd an. »Dave«, sagte er leise, »können wir ein Perpetuum mobile bauen?«


* * *

Die Maschine arbeitete, sobald sie durch einen Stromstoß in Gang gesetzt war, weiter, gleichgültig, ob sie an das Stromnetz angeschlossen war oder nicht. Unermüdlich jagten die blitzenden Kolben auf und ab.

»Unser erster Schritt«, sagte Marner, »besteht darin, das verdammte Ding abzuschalten, damit wir einen Blick auf seine Eingeweide werfen können.«

»Und wie erreichen wir das?«

»Durch Umsteuerung der Kraftquelle, denke ich. Es müßte genügen, einen negativen Impuls durch die Eingangsenergie zu schicken, der die Polarität umkehrt.«

Eine halbe Stunde geschäftiger Tätigkeit mit Schraubenzieher und Lötkolben genügte, um der ersten Forderung gerecht zu werden. Sie schoben den Stecker in die Dose. Die Maschine sprang zweimal an, dann blieb sie stehen.

»Okay«, sagte Marner und rieb sich die Hände mit einer Begeisterung, die er keineswegs empfand. »Und nun nehmen wir das Ding auseinander, um festzustellen, wie es arbeitet.«Er wandte sich um und musterte Kemridge bedeutungsvoll. »Das Motto, unter dem unsere Arbeit steht, ist klar, Dave. Da die Domerangi diesen Apparat bereits gebaut haben, ist es nicht unmöglich.«

Kemridge nickte. »Das scheint die einzige Basis zu sein, mit der wir an unsere Arbeit gehen können.«

Sie beugten sich über die Apparatur, um hinter das Geheimnis ihrer Konstruktion zu kommen. Marner deutete auf ein blitzendes Teil des Mechanismus. »Dies scheint so etwas Ähnliches wie ein Rückkopplungsoszillator zu sein«, bemerkte er. »Und ich möchte wetten, daß dies da drüben eine Thyratronröhre ist. Ihre Technik weist Parallelen zu der unsern auf. Rein technisch gesehen, dürften sich uns kaum Schwierigkeiten bieten.«

»Hm«, murmelte Kemridge, »und das Ergebnis ist ein Regenerativsystem mit positiver Rückkopplung. Unbegrenzte Energie im ewigen Kreislauf. Ziehen wir hundert Watt oder mehr oder weniger ab, so ändert das nichts am Resultat. Unendlich weniger hundert bleibt immer noch unendlich.«

»Woran nicht zu zweifeln ist«, gab Marner zu. Er tupfte sich die Schweißtropfen von der Stirn. »Dave, wir müssen von Grund auf an dieses Rätsel herangehen und dürfen nicht versagen.«

Mit verbissener Miene griff er nach seinem Schraubenzieher.

»Erinnern Sie sich an unser Motto«, murmelte er. »Viel Köpfchen und ein wenig Schweiß, dann schaffen wir es.«


* * *

Drei Wochen später hatten sie das erste Versuchsmodell beendet. Es arbeitete eine halbe Stunde, dann gab es seinen Geist auf.

Einen Monat danach besaßen sie eine Maschine, die nicht mehr versagte.

Zögernd schickten sie nach Plorvash.

»Da steht sie«, sagte Marner und deutete auf das bizarre Gebilde neben dem Originalmodell. Beide Maschinen summten munter, obwohl die Verbindungskabel aus den Steckdosen gezogen waren.

»Sie arbeitet?« fragte Plorvash und erblaßte.

»Bis jetzt hat sie uns noch nicht im Stich gelassen«, sagte Marner. Tiefe Schatten lagen unter seinen Augen, sein Gesicht war hager, straff spannte sich die Haut über seinen Backenknochen. Zwei Monate unablässiger Arbeit lagen hinter ihnen, und man sah ihnen die Strapazen an.

»Sie arbeitet?« wiederholte Plorvash. »Und wie arbeitet sie?«

»Durch eine recht komplizierte Hyperspacefunktion«, sagte Kemridge. »Ich will nicht versuchen, es Ihnen zu erklären. Sie finden alle notwendigen Angaben in unserem Bericht. Wir mußten zu einem topologischen Kunstgriff Zuflucht nehmen. Wir konnten Ihr Modell zwar nicht nachbauen, erreichten aber denselben Zweck, womit nach der Vereinbarung die Aufgabe erfüllt ist.«

»Die Maschine ist das Ergebnis Ihrer Herausforderung«, sagte Marner. »Wir hätten nie gedacht, daß es uns gelingen würde. Aber wir mußten es schaffen, und darum schafften wir es.«

»Auch ich habe nicht geglaubt, daß es Ihnen gelingen würde«, sagte Plorvash heiser. Er ging zu dem zweiten Modell und beugte sich darüber. »Sie arbeitet tatsächlich?« Die Stimme drohte ihm zu versagen.

»Natürlich«, sagte Marner leicht gekränkt. »Sie sehen es doch.«

»Wir haben nur eine Frage«, sagte Kemridge. Er deutete auf ein kleines schwarzes Kästchen im Mittelpunkt des Leitungsgewirrs des Originalmodells. »Dieses Ding dort brachte uns fast zur Verzweiflung. Wir konnten es nicht öffnen, um es zu untersuchen, also mußten wir darüber hinweggehen und sehen, wie wir ohne es weiterkamen. Was zum Teufel hat es für eine Bedeutung?«

Plorvash wandte sich um und musterte die beiden Männer. »Das«, sagte er mit halb erstickter Stimme, »ist die Kraftquelle. Ein kleiner fotoelektrischer Verstärker, durch dessen Kraft das Modell vielleicht noch zwei Wochen weiterlaufen wird. Dann endet der Spaß.«

»Was heißt das?« fragte Marner überrascht.

»Es ist an der Zeit, Ihnen eine Erklärung zu geben«, sagte Plorvash müde. »Wir haben kein Perpetuum mobile. Wir haben uns den grausamen Scherz mit Ihnen erlaubt, Sie dieses Ding erfinden zu lassen. Es hört sich häßlich an, aber wir glaubten nicht, daß Sie Erfolg haben würden. Wir mußten unsere fähigsten Köpfe einsetzen, um Ihnen dieses Modell zu liefern.«

Marner zog sich einen Laborstuhl heran und setzte sich. Sein Gesicht war weiß vor verhaltener Wut. Kemridge blieb stehen, seine Miene zeigte Ungläubigkeit. Schließlich sagte Marner: »Sie meinen, wir erfanden dieses Ding, ohne daß Sie…«

Plorvash nickte. »Ich bin ebenso verblüfft wie Sie«, sagte er. Er ließ sich auf einem Laborstuhl nieder, der unter seinem Gewicht ächzte.

Kemridge gewann als erster seine Fassung wieder. »Unsere Aufgabe ist also beendet«, sagte er. »Wir werden unsere Maschine nehmen und zur Erde zurückkehren. Das macht unsere Vereinbarung natürlich ungültig.«

»Ich fürchte, Sie werden Ihre Absicht nicht ausführen können«, sagte Plorvash. »Ein vor siebenhundert Jahren erlassenes Gesetz bestimmt, daß alle Erfindungen, die in einem Regierungslabor von Domerang gemacht werden, automatisch in den Besitz der Regierung übergehen. Das bedeutet, daß wir gezwungen sind, Ihre Maschine zu beschlagnahmen.«

»Das kommt nicht in Frage«, sagte Marner hitzig.

»Darüber hinaus werden auch Sie unserer Regierung unterstellt«, fuhr Plorvash fort. »Wir legen Wert darauf, daß Sie bleiben und uns mit dem Mechanismus vertraut machen.«

»Das ist ein Kriegszustand«, sagte Kemridge. »Die Erde wird nicht zulassen, daß Sie mit einer Entführung unbeschadet davonkommen.«

»Möglicherweise nicht«, sagte Plorvash. »Aber in Anbetracht der Lage ist es das Vernünftigste, was wir tun können. Und ich glaube nicht, daß die Erde sich Ihretwegen zu einem Krieg entschließt.«

»Wir verlangen unseren Konsul zu sprechen«, sagte Marner.

»Selbstverständlich«, stimmte Plorvash bei. »Das ist Ihr gutes Recht.«


* * *

Der Erdkonsul war ein weißhaariger, kräftiger Mann namens Culbertson, der spät am gleichen Tage eintraf.

»Das ist sehr unangenehm für uns alle«, sagte er, als er mit der Lage vertraut gemacht worden war.

»Sie müssen uns aus der Klemme helfen«, sagte Marner. »Diese Maschine ist unser Eigentum. Sie haben kein Recht, uns hier zurückzuhalten, damit wir sie mit unserer Erfindung vertraut machen. Oder?«

»Nein, natürlich nicht«, nickte Culbertson. »Jedenfalls nicht nach Erdgesetzen. Unglücklicherweise bleibt es aber Tatsache, daß sie nach ihren Gesetzen Anspruch auf Ihre Erfindung haben. Nach dem Vertrag von 2716 unterstehen Erdbewohner auf Domerang den hiesigen Rechten, und umgekehrt.«

»Mit einem Wort — wir sitzen hier fest«, stellte Marner klar. Er schloß die Augen und sah wieder die in der »Bar«am Boden liegenden Domerangi vor sich. Die Vorstellung, den Rest seines Lebens auf diesem wenig einladenden Planeten zu verbringen, war unerträglich. »Raus mit der Sprache, sagen Sie uns die Wahrheit«, forderte er den Konsul auf.

Culbertson legte die Fingerspitzen gegeneinander. »Natürlich werden wir alle Anstrengungen unternehmen. Sie freizubekommen, weil wir in Ihrer Schuld stehen«, sagte er. »Ihrer Tüchtigkeit haben wir es zu verdanken, daß die Erde weiterhin ihre Vorrangstellung im Weltraum einnimmt.«

»Dafür können wir uns nichts kaufen«, sagte Marner.

»Wir werden versuchen, Sie für diesen unglücklichen Zwischenfall zu entschädigen«, sagte der Konsul. »Ich kann Ihnen versichern, daß wir alles in unseren Kräften Stehende tun werden, um Ihnen den Aufenthalt hier so angenehm wie…«

»Hören Sie zu, Culbertson«, unterbrach Kemridge grimmig. »Wir haben nicht die Absicht, unser Leben hier zu beschließen. Auch dann nicht, wenn man uns einen goldenen Käfig baut. Es gefällt uns hier nicht. Wir wollen nach Hause. Die Regierung hat uns in diese Klemme gebracht — soll sie sehen, wie sie uns wieder herausholt.«

Der Konsul sah noch unglücklicher als zuvor aus. »Ich wünsche, Sie hätten eine andere Formulierung gefunden«, sagte er. »Wir werden jedenfalls alles tun, was wir können.«Nachdenklich schwieg er einen Augenblick, dann sagte er: »Einen Faktor gibt es in der Sache, den wir bisher nicht beachtet haben.«

»Und das wäre?« fragte Marner unbehaglich.

»Erinnern Sie sich an die beiden Domerangiingenieure, die als Ihre Gegenspieler auf die Erde kamen?« Der Konsul blickte sich aufmerksam um. »Ist dieser Raum mit einer Abhörvorrichtung versehen?«

»Ich glaube nicht«, sagte Kemridge. »Sie können offen sprechen.«

»Was haben die beiden mit uns zu tun?«

»Ich sehe eine kleine Chance«, sagte der Konsul und dämpfte die Stimme. »Ich habe mit den Behörden auf der Erde in Verbindung gestanden und bin über die Fortschritte der beiden Domerangi auf dem laufenden gehalten worden. Wie Sie wissen, meisterten sie die beiden ersten Aufgaben mit der gleichen Leichtigkeit wie Sie.«

Die beiden Erdenbewohner nickten ungeduldig.

Mit einem Lächeln, das um Entschuldigung bat, fuhr der Diplomat fort: »Ich hasse es, das zuzugeben, aber es scheint, als hätte man auf der Erde die gleiche Idee wie die Domerangi gehabt.«

»Ein Perpetuum mobile, meinen Sie?«

»Nicht ganz«, sagte Culbertson. »Sie haben eine Antischwerkraftapparatur konstruiert und den beiden Domerangi die Aufgabe gestellt, ein zweites Modell zu bauen.«

»Und was geschah?« fragte Marner.

»Bis jetzt nichts«, erwiderte der Konsul. »Wie ich höre, arbeiten sie noch daran. Wenn sie so klug sind, wie sie vorgeben, sollten sie früher oder später die Lösung finden. Sie müssen sich nur in Geduld fassen und abwarten. Natürlich sorgen wir dafür, daß Ihnen in der Zwischenzeit nichts fehlt und…«

»Ich verstehe nicht. Was hat das mit uns zu tun?« fragte Marner.

»Wenn die beiden dabeibleiben, werden sie früher oder später die Aufgabe erfüllen. Dann, so hoffe ich, läßt sich über einen Austausch reden.«

Marner legte die Stirn in Falten. »Das kann Jahre dauern.«Er schüttelte den Kopf. »Vielleicht sogar ewig. Was geschieht mit uns, wenn es unmöglich ist, eine Erfindung zu machen, die die Schwerkraft aufhebt?«

Der Konsul zuckte leicht die Achseln.

Kemridges Augen begannen zu funkeln. Er wandte sich Marner zu und sagte: »Justin, verstehen Sie etwas von Spannungsanwendung und Schwerkraftfeldern?«

»Worauf wollen Sie hinaus?« fragte Marner.

»Wir haben hier ein ideales Labor zur Verfügung. Und ich bin überzeugt, daß die beiden Domerangi nichts dagegen hätten, fremden Ruhm für sich in Anspruch zu nehmen, wenn man sich ihnen geschickt nähert.«

»Sie meinen«, sagte der Konsul, »daß Sie die Maschine konstruieren wollen, um sie dann zur Erde zu schmuggeln, so daß wir sie den beiden Domerangi zuspielen können? Dann stünde Erfindung gegen Erfindung, und wir hätten eine feste Verhandlungsbasis.«

Er wandte sich um, als er merkte, daß ihm niemand zuhörte. Marner und Kemridge beugten sich über ihre Papiere und kritzelten eifrig Formeln auf das Papier.

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